Anmelden

Vollständige Version anzeigen : Da fasse ich mir echt an den Kopf…


Seiten : 1 2 3 4 5 6 7 8 9 10 11 12 13 14 15 16 17 18 19 20 21 22 23 24 25 26 27 28 29 30 31 32 33 34 35 36 37 38 39 40 41 42 43 44 45 46 47 48 49 50 51 52 53 54 55 56 57 [58] 59 60 61 62 63 64 65 66 67 68

Jörn
18.04.2019, 14:03
Solange solch schwerwiegende Begriffsverwirrungen herrschen, ist der Beweis nicht besser als irgendein Gottesbeweis.

Vielleicht besteht die Verwirrung auf Deiner Seite? Immerhin versuchst Du gerade, den Holocaust als einen Akt vollkommener und makelloser Güte hinzudrehen, dessen wunderbare Glorie wir Menschen jedoch nicht imstande sind zu verstehen. Du bestehst auf einem vollkommen allgütigen Gott, und bist nicht bereit, irgend ein irdisches Leid als Beweisstück anzuerkennen.

Überhaupt spielt die Welt keine Rolle in Deiner Argumentation. Ich nehme hier einen gewissen Zynismus wahr.

Es erinnert an einen Arzt, der sich kategorisch weigert, den Patienten auch nur anzusehen, und der stattdessen seine Diagnose nur aufgrund von Theorien stellt, und der den Patienten auch noch belehrt.

Trimichi
18.04.2019, 19:07
Vielleicht besteht die Verwirrung auf Deiner Seite? Immerhin versuchst Du gerade, den Holocaust als einen Akt vollkommener und makelloser Güte hinzudrehen, dessen wunderbare Glorie wir Menschen jedoch nicht imstande sind zu verstehen.



.

In Namen der israelischen Nation und das Staates Isreal tippe ich Folgendes ein:

WE ARE PISSED OF WHAT THE HOLOCAUST IS ABUSED FOR.

-- ENDE DER DURCHSAGE ---

M.

Trimichi
18.04.2019, 19:09
Immerhin versuchst Du gerade, den Holocaust als einen Akt vollkommener und makelloser Güte hinzudrehen, dessen wunderbare Glorie wir Menschen jedoch nicht imstande sind zu verstehen.


In Namen der israelischen Nation und das Staates Israel tippe ich Folgendes ein:

WE ARE PISSED OF WHAT THE HOLOCAUST IS ABUSED FOR.

-- ENDE DER DURCHSAGE --

M.

anlot
18.04.2019, 19:18
In Namen der israelischen Nation und das Staates Isreal tippe ich Folgendes ein:

WE ARE PISSED OF WHAT THE HOLOCAUST IS ABUSED FOR.

-- ENDE DER DURCHSAGE ---

M.

Uih. Nun sprichst Du also schon für ein ganzes Land und deren Bevölkerung. Respekt!

Trimichi
18.04.2019, 19:38
Uih. Nun sprichst Du also schon für ein ganzes Land und deren Bevölkerung. Respekt!

Klar. Das musste mal gesagt werden. Und eingetippt habe ich es und uebernehme auch die volle Verantwortung. Kannst Du gerne bezweifeln. Interessiert mich Nullkommanull.

M.

Jörn
18.04.2019, 21:55
Ich hatte ja ein paar Seiten zuvor angeregt, (https://www.triathlon-szene.de/forum/showpost.php?p=1446787&postcount=14230) zu beobachten, wie lapidar der Holocaust vom Tisch gewischt werden würde.

Die darauf folgenden Beiträge versuchten entweder, eine seltsame Definition von "Güte" anzudeuten, die dem Holocaust nicht widerspricht (man stelle sich vor!). Oder es wurde die Frage rundweg abgelehnt. Beide Haltungen entsprechen ungefähr der üblichen christlichen Debatte zu diesem Thema, nämlich, dass wir es einfach nicht richtig verstehen, oder dass wir die Frage gar nicht berühren sollten.

Da haben wir also eine Religion, deren offizielle Vertreter weismachen wollen, sie wüssten etwas über das Jenseits, über den Sinn und Zweck des Universums und über die Absichten des einzigen Gottes -- und zwar bis in winzige Details. Aber sie scheitern bereits an einer plausiblen Erklärung für die größten Unglücke und offensichtlichsten Katastrophen. Mehr noch: Sie verheddern sich, für alle sichtbar, in unsinnige Spekulationen oder hanebüchene Rettungsversuche.

Hier kann man klar sehen, dass noch nicht einmal der Versuch unternommen wird, logisch zu argumentieren: Es wird nicht zuerst ein Sachverhalt untersucht, um anschließend Schlüsse daraus zu ziehen. Sondern der Schluss steht von Anfang an unerschütterlich fest, und man bleibt dabei, egal wie monströs die Gegenbeweise auch ausfallen mögen. Selbst Berge von Leichen ändern an der Schlussfolgerung nichts.

Dieses Verhalten ist für mich schwer zu begreifen und zu akzeptieren. Ich finde, Christen sollten sich ehrlich fragen, ob sie unter diesen Umständen tatsächlich noch Christ sein wollen und können.

Klugschnacker
19.04.2019, 02:38
Bist Du also der Ansicht, daß es keine philosophischen Gründe gibt (oder geben könnte), die gegen den Materialismus sprechen und für Wissenschaftler bedenkenswert wären?

Ich bin nicht gefragt, wage mich aber trotzdem an eine Antwort:

Für mich kann diese Frage offen bleiben, solange, bis ich etwas Belastbares in der Hand habe. Wer mir einen Beweis oder ein überzeugendes Argument vorlegt, macht bei mir einen Punkt. Konkret bedeutet das: Wenn Du Argumente dafür vorträgst, warum dem Geist eine von der Materie unabhängige Existenz zukommt, werde ich sie anhören und abwägen. (Früher habe ich auch eher dualistisch argumentiert, bin davon aber abgekommen).

Bei Dir habe ich, wenn ich Dich richtig verstanden habe, eine weitaus entschiedenere Haltung wahrgenommen. Eine materialistische Erklärung für den Geist hältst Du von vornherein für falsch. Das empfinde ich als dogmatisch und unwissenschaftlich, da es jede Überprüfung Deines Arguments ausschließt. Damit möchte ich Dich jedoch nicht persönlich angreifen.
:Blumen:

Trimichi
19.04.2019, 08:36
Ich hatte ja ein paar Seiten zuvor angeregt, (https://www.triathlon-szene.de/forum/showpost.php?p=1446787&postcount=14230) zu beobachten, wie lapidar der Holocaust vom Tisch gewischt werden würde.

Geht es vielleicht auch eine oder zwei Nummern kleiner? Würde ja reichen, Du unterstelltest den Christen das Brennen im Fegefeuer wegen den Klimasünden und der Versündigung an der Schöpfung. Oder das der christliche Gott ein elender Versager ist, wenn er duldet, dass am Horn von Afrika Menschen verhungern. Oder das die Bundesregierung Waffen in den Jeman an alle beteiligten Konfliktparteien liefert, duldet er ja auch in seiner Güte.


Dieses Verhalten ist für mich schwer zu begreifen und zu akzeptieren. Ich finde, Christen sollten sich ehrlich fragen, ob sie unter diesen Umständen tatsächlich noch Christ sein wollen und können.

Ja, da pflichte ich Dir bei. Sind eben keine Tatchristen.

Viele Christen verstecken sich hinter ihrem Christengott und tun nichts, aber auch nichts wirksames, was Betroffenen hilft. Viele, nicht alle. Gibt auch Gegenbeispiele. Stattdessen laben sich die Meisten von denen an Schicksalen armer Leute und therapieren so ein Helfersyndrom, schaden den armen Leuten mehr als sie nutzen, erscheinen so aber als die Guten im Namen des christlichen Gottes. Blanker Egoismus ist das. Einem Alkoholiker, der Hilfe braucht, mit dem Christengott und der Bibel zu kommen. Was der braucht sind belastbare Freundschaften und kein christliches Gesoße, imho. Hochgeschalten: haben Christen Juden im zweiten Weltkrieg versteckt vor dem NS-Regime oder waren es Menschen mit Mumm und Mut in den Knochen wie zum Beispiel Oscar Schindler? (Die Konfession Schindlers weiss ich nicht. Aber: Christentum und Tatchristentum müssen sich ja nicht wechselseitig ausschließen, das ist m.E. ein wichtiger Punkt). Verhindert haben die Christen den Holocaust in Summe nicht, wäre aber ihre Aufgabe gewesen. Oder? Einige Nummern kleiner gedacht wieder: sind in meinen Augen Schwachmaten, also Feiglinge, die selbst nicht eingreifen und darauf bauen, dass dies Gott tut. Beten mit dem Alkoholiker, dann wird der Alkoholkranke schon gesund. Weil ja Gott so gütig ist usw. Laben sich am seelischen Striptease des Alkoholikers, so sieht's aus (nicht alle. Eine Bekannte z.B. hat die Wohnung des Alkoholikers in Eigenregie renoviert, so dass der wieder menschenwürdig hausen konnte). Damit haben solche Christen ihren Beitrag in der Welt geleistet. Wie gesagt, Schwachmaten und noch schlimmer. Verstecken sich hinter ihrem Christengott. Welcher bekanntlich genagelt wurde.

Insofern, d' accord. Ist für mich also auch nicht zu begreifen, so ein Verhalten. Was hat die Kirche gemacht im zweiten Weltkrieg? Zugeschaut? Besenfalls appelliert.

"Mit Ave Marias und Paternostern lässt sich ein Schiff nicht steuern." N. Machiavelli

LidlRacer
19.04.2019, 18:58
Ganz interessante Umfrage:
Christen und ihre Religion
Immer weniger Deutsche glauben an Gott
Gott wird nicht mehr gebraucht in Deutschland, immer mehr Menschen haben jedoch einen ausgeprägten Hang zum Wunderglauben. Das geht aus einer neuen SPIEGEL-Umfrage hervor. (https://www.spiegel.de/panorama/gesellschaft/christen-an-ostern-immer-weniger-deutsche-glauben-an-gott-a-1263630.html)

Die Frage
"Glauben Sie, dass es Wunder gibt?"
mit sehr hohen Zustimmungswerten scheint mir aber etwas schlecht gestellt, falls nicht weiter präzisiert wurde, was unter einem Wunder zu verstehen ist.
Im allgemeinen Sprachgebrauch sagt man ja z.B.:
"Es ist ein Wunder dass ich diesen Sturz überlebt habe." etc., obwohl das natürlich absolut kein Wunder ist.

Jörn
19.04.2019, 19:25
Programmtipp zu Karfreitag:

Was: Papst-Messe im/am Kolosseum in Rom
Wann: heute live ab 21:15
Wo: k-tv im Fernsehen, k-tv.org im Web, und vermutlich auch live bei YouTube.
Oder hier:
http://www3.k-tv.org/live-stream/hohe-qualität
http://www.ewtn.de/streaming/player.php

Was wird geboten: Der Papst wird eine Strecke abschreiten (ev. mit einem Fahrzeug), die mit mehreren Stationen den Leidensweg von Jesus symbolisiert (die Passion). Am Ende wird man das festlich erleuchtete Kolosseum erreichen, was natürlich sehr eindrucksvoll aussieht. Auf einer Anhöhe direkt neben dem Kolosseum wird dann eine Messe gefeiert.

Dies ist eine der stimmungsvollsten Messen des Vatikans, und wer sowas mal sehen möchte, sollte die Gelegenheit ergreifen, da die üblichen Messen im Vatikan recht steril sind.

https://cruxnow.com/wp-content/uploads/2016/03/496bd42320abd39055db4a10f1f575ec-1024x683.jpeg

Oben: Die wartenden Menschen zwischen Kolosseum und der Anhöhe, auf der die Messe gefeiert wird. Die Menschen haben Kerzen in den Händen.

http://www8.gmanews.tv/webpics/v3/2013/03/640_2013-03-29T204818Z_159828286_GM1E93U0DAM01_RTRMADP_3_POPE. JPG

Oben: Blick auf die Anhöhe, Papst Franziskus predigt. Im Hintergrund sieht man eine der vielen Palast-Ruinen des historischen Zentrums von Rom. Papst Franziskus blickt in Richtung Kolosseum.

https://www.cathkathcatt.ch/d/wp-content/uploads/sites/2/2016/03/Kreuzweg_Kolosseum_klein.jpg

Oben: Papst Benedikt von der Anhöhe aus gesehen.

https://www.br.de/themen/religion/kreuzweg-rom-papst-104~_v-img__16__9__xl_-d31c35f8186ebeb80b0cd843a7c267a0e0c81647.jpg

Oben: Die Szene vom Kolosseum aus gesehen.

Jörn
20.04.2019, 03:15
Geht es vielleicht auch eine oder zwei Nummern kleiner [als ein Beispiel mit dem Holocaust zu bringen]?

Gerne geht es ein paar Nummern kleiner. Es geht so klein, wie Du möchtest.

Denn egal ob es großes oder kleines Leid ist: Du kannst beides nicht erklären, weil beides einem allgütigem und gleichzeitig allmächtigen Gott widerspricht. Deswegen ist dieser Gott eine Erfindung.

Und selbst wenn Du es erklären könntest, wäre das Leid ja trotzdem noch vorhanden. Oder willst Du sagen, das Leid wäre nicht vorhanden?

Trimichi
20.04.2019, 08:59
Gerne geht es ein paar Nummern kleiner. Es geht so klein, wie Du möchtest.

Denn egal ob es großes oder kleines Leid ist: Du kannst beides nicht erklären, weil beides einem allgütigem und gleichzeitig allmächtigen Gott widerspricht. Deswegen ist dieser Gott eine Erfindung.

Und selbst wenn Du es erklären könntest, wäre das Leid ja trotzdem noch vorhanden. Oder willst Du sagen, das Leid wäre nicht vorhanden?

Hast Du bei Buddha nachgelesen? 8facher Pfad und die 4 edlen Wahrheiten?

Du, ich bin ehrlich gesagt froh, dass es Leid gibt. Das ist das, was uns als Menschen definiert durch unsere Sterblichkeit. Alles Leiden findet Erlösung im Tod. Liebe und Tod sind die großen Themen. Der, der sich so was ausgedacht hat, muss ein genialer Baumeister gewesen sein. Intelligent Design? Bleibt die Frage nach dem oder den Designer(n). Immerhin besteht die Möglichkeit es besser zu machen, um so weniger zu leiden. Insofern empfinde ich es schon als Güte, dass ich daran arbeiten kann mich selbst zu verbessern. Was die Allmacht anbelangt, erklären kann ich das nicht, dass kann niemand. Was für diejenigen, die sich damit beschäftigen ein unergründliches Mysterium ist. Es ist so, es passiert, aber warum weiss niemand.

Erfindung? Sometimes reality is stranger than fiction. Ein Mann wartet viele Monate lang auf einen sehr wichtigen Brief. Der Brief kommt und kommt nicht. Irgendwann beschließt der Mann Gott um Hilfe zu bitten. Im Gegenzug sagt der Mann Gott Dienste zu. Er würde das und das machen, wenn der Brief am nächsten Tag im Briefkasten ist. Der ist am nächsten Tag tatsächlich im Briefkasten und der Mann glaubt, es war Gott, der das gemacht hat. Wegen dem Brief hat er ein besseres Leben und daher ändert er wie gegenüber Gott versprochen sein Verhalten und macht Dinge, die ich persönlich für gaga halte. Na egal. Bisschen gaga sind wir alle, wäre sonst ja langweilig. Oder? Der Mann hat auf mich allerdings einen Eindruck gemacht, als ob er besessen ist wegen dem Vorfall. Oder nehm' John Lennon. Der hat gesagt vor dem legendären Auftritt der Beatles in Hamburg: "Ich weiss, dass ich Erfolg haben werde, denn ich habe dem Teufel meine Seele verkauft."

"Lachen tötet die Furcht
und ohne Furcht kann
es keinen Glauben
geben. Wer keine
Furcht vor dem Teufel
hat, der braucht keinen
Gott mehr."

Teil eines Dialoges aus dem Film „ Im Namen der Rose“ von Umbeto Eco (der Aphorismus geht auf Aristoteles zurück).

Jörn
20.04.2019, 16:04
Du, ich bin ehrlich gesagt froh, dass es Leid gibt. [Weiteres Geschwurbel]

Du sagst, dass Du froh bist, dass Leid existiert. Diese Aussage ist zwar aufschlussreich, beantwortet aber die Frage nicht. Es geht nicht darum, was Du gut findest. Du baust hier wie so oft eine Strohmann-Argumentation auf, die sehr umfangreich über Buddha und John Lennon Auskunft gibt, jedoch nicht die eigentliche Frage klärt.

Die Frage besteht darin, ob Leid mit einem allgütigen Gott in Einklang zu bringen ist.

Ich möchte hier gerne zwei Dinge demonstrieren:

Erstens, dass die gebildet und weise klingenden Worte des Pfaffentums über das Leid der Welt nichts weiter sind als leere Worthülsen. Sobald man etwas daran kratzt, entpuppt es sich als völlig substanzlos. Am Ende wird der Frage ausgewichen.

Zweitens, dass dieses Spielchen endlos fortgesetzt werden kann, und genau darin liegt der Trick. Die Antwort der Priester auf Fragen zur Moral, zum Leid oder zum Sinn des Lebens können völlig beliebig oder sogar widersprüchlich sein. Es spielt keine Rolle. Solange man nicht zugibt, dass alles nur Täuschung ist, kann man gefahrlos weitermachen. Man kann sogar jeden Tag eine andere Antwort geben, das ist egal.

Gläubige sollten sich ehrlich fragen, ob an dieser Behauptung etwas dran ist. Spielt es eine Rolle, welche Antworten die Priester geben?

Diesen Trick (dass man einen Betrug endlos fortsetzen kann), kann man selbst erlernen, und es ist nicht schwierig. Es ist in der Werbung ebenso gut bekannt wie bei Astro-TV oder in den Religionen. Der Trick besteht einfach darin, die Schuld für das Versagen der Thesen dem Zuhörer oder "den Umständen" zuzuschreiben.

Du hast nach unserer Wunder-Diät keinen Waschbrettbauch? Dann hast Du es eben nicht richtig gemacht, selber schuld! -- Du hast eine Menge Pech im Leben? Dann ist Dein Herz nicht rein, bzw. Gott hat einen großen Plan für Dich! -- Deine Gebete sind völlig wirkungslos? Bete weiter! Jehova!

Welche Eigenschaften die Götter haben, ist dabei irrelevant. Ob sie allgütig, allwissend, strafend, gerecht oder großzügig sind, spielt überhaupt keine Rolle. Eine Rolle spielt, dass man den Trick endlos verlängern kann.

Trimichi
20.04.2019, 16:44
Du sagst, dass Du froh bist, dass Leid existiert. Diese Aussage ist zwar aufschlussreich, beantwortet aber die Frage nicht. Es geht nicht darum, was Du gut findest. Du baust hier wie so oft eine Strohmann-Argumentation auf, die sehr umfangreich über Buddha und John Lennon Auskunft gibt, jedoch nicht die eigentliche Frage klärt.

Die Frage besteht darin, ob Leid mit einem allgütigen Gott in Einklang zu bringen ist.

#3 Zarathustra hatte diesen Widerspruch zu Null für mich 100.00% verständlich aufgelöst. Dieses hatte ich Dir bereits einmal in Erinnerung gerufen. Und tue es hiermit noch einmal. Gerne tue ich es auch noch einmal und klicke mich dann zu der Stelle durch, an der Zarathustra auf dieses in Zitation und Response von bzw. auf Klugschnackers Beitrage getan hat.

Da Du meine Argumentation als Strohmann-Argumentation bezeichnest, so macht es wohl wenig Sinn, würde ich erneut ausholen. Zumal Du ja Z. unterstelltest, er dulde den Holocaust, insofern, dass Gott dieses in seiner Güte zulässt. Empfinde ich als grob und Klugschnacker hatte bereits zurückgerudert.

Man möge mich bitte berichtigen und auch zurechtweisen, habe diesbezüglich nicht die Wahrheit eingetippt.

De facto müsstest Du Z. bitten, dass er es Dir erklären möge. Ganz einfach aus dem Grund, da ich in Sachen Logik freiwillig die diesbezügliche Erklärung besseren überlasse und mit Freuden hoffe, Z., also Zarathustra, möge er es auch Dir erklären, und nicht nur Klugschnacker. Der Vorteil wäre, dass Du dieses dann womöglich verstündest, weil ja in Worten an Dich adressiert, zumal ich nicht den grinsten Zweifel hege, dass Z. dieses, auf Grund modifizierter Sprechsprachwortwahl und somit verständlich, Dir zu trachten nahe zu bringen vermögen kann.

Ansonsten können wir diesen Dialog weiterhin fortsetzen. Insofern, als dass Allwissenheit und Güte nicht die einzigen Parameter oder besser Eigenschaften sind, die Gott zugeschrieben werden, da es ja ansonsten wohl kein Leid gäbe. Um ergo das von Dir erwähnte Leid ertragen zu können, sind meiner Meinung nach Demut und Gottesfürchtigkeit notwendig. So lässt sich eine Perspektive komponieren, man sagt ja auch die Wahrnehmung wird zusammenmontiert, die Dich das Attribut der Güte verstehen lässt oder ließe in dem Rahmen in dem Du bereit bist, diese Einstellung zu fokussieren oder eine Einstellungsänderung vorzunehmen.

So bleibt mir nur noch einmal der Verweis an Zarathustra, vor dessen logischer Klarheit ich mich verneige, so wie der Hinweis, dass ich auch mit meinen minderwertigen Fähigkeiten noch zig Male versuchen werde nicht abzulassen Dir die Sache mit der Güte, die mit Demut korreliert, näher zu bringen.


Welche Eigenschaften die Götter haben, ist dabei irrelevant. Ob sie allgütig, allwissend, strafend, gerecht oder großzügig sind, spielt überhaupt keine Rolle. Eine Rolle spielt, dass man den Trick endlos verlängern kann.

Das ist so nicht ganz richtig. Denn wie wir alle wissen:


"Gott ist Freund der starken Männer. Denn er zügelt die Schwächlinge durch die Starken".
N. Machiavelli

LG
M.:Blumen:

Jörn
20.04.2019, 17:20
Der Trick basiert auf zwei Elementen. Erstens, dass dem Zuhörer die Schuld gegeben wird, wenn die These nicht funktioniert. Zweitens, dass die Debatte mit leeren Worthülsen endlos verlängert wird, ohne je ein Ergebnis zu präsentieren.

Beide Elemente finden sich in Deiner Antwort. Tatsächlich besteht Deine Antwort aus nichts anderem. Ich bin eben zu blöd, um die Sache mit dem Leid zu verstehen. Anschließend versickert die Fragestellung in einem Morast aus Worthülsen und Ablenkungen.

Ich möchte lediglich darauf hinweisen, dass diese Argumentation einem Muster folgt. Man findet dieses Muster nicht nur hier, sondern auch in jeder Predigt und wann immer sich ein Priester dazu äußert. Das ist kein Zufall. So funktioniert der Trick.

Was ich erreichen möchte ist lediglich, dass die Zuhörer eines Priesters genau darauf achten, ob dieser Trick angewendet wird, oder ob tatsächlich eine stimmige Antwort gegeben wird.

Ich sage mal die nächste Stufe voraus. In der nächsten Stufe wird um der Debatte willen darum gebeten, nochmal die Antwort in wenigen, klar verständlichen Worten zu geben. Die Antwort wird jedoch sein: "Nö, jetzt haben wir keine Lust mehr". (Mit anderen Worten: Du bist schuld, und wir geben keine Antwort.)

Jörn
20.04.2019, 17:33
Könnte irgendwer nochmal bitte in wenigen und klar verständlichen Worten zusammenfassen, warum ein allgütiger und allmächtiger Gott eine Welt mit Leid geschaffen hat, und warum dies nicht seiner Allgüte widerspricht?

Trimichi
20.04.2019, 17:34
Der Trick basiert auf zwei Elementen. Erstens, dass dem Zuhörer die Schuld gegeben wird, wenn die These nicht funktioniert. Zweitens, dass die Debatte mit leeren Worthülsen endlos verlängert wird, ohne je ein Ergebnis zu präsentieren.

Beide Elemente finden sich in Deiner Antwort. Tatsächlich besteht Deine Antwort aus nichts anderem. Ich bin eben zu blöd, um die Sache mit dem Leid zu verstehen. Anschließend versickert die Fragestellung in einem Morast aus Worthülsen und Ablenkungen.

Ich möchte lediglich darauf hinweisen, dass diese Argumentation einem Muster folgt. Man findet dieses Muster nicht nur hier, sondern auch in jeder Predigt und wann immer sich ein Priester dazu äußert. Das ist kein Zufall. So funktioniert der Trick.

Was ich erreichen möchte ist lediglich, dass die Zuhörer eines Priesters genau darauf achten, ob dieser Trick angewendet wird, oder ob tatsächlich eine stimmige Antwort gegeben wird.

Falsch. Nicht Du bist doof. Sondern ich bin zu doof es Dir zu erklären. Und zwar so, dass es sich für Dich stimmig anfühlt. Das ist doch kein Trick. Ich bitte Dich. Erstens.

Und wo bitteschön habe ich Dir die Schuld für irgendetwas zugeschustert? Nirgendwo! Wie immer arbeitest Du mit Tatsachenverdrehung in Kombination mit Unterstellungen. Das hatten wir hier auch schon. Zweitens. Und drittens könnte ich aus Deinem rhetorischen Talent folgernd auch sagen, Du verschnörkelst Deine Botschaften zu Ungunsten Dritter, so wie Du vorgibst Priester täten dieses. So bist Du in Deine eigene Falle getappt, also selbst ein Beispiel dafür mit welchen Methoden die Kirche arbeitet. Wenn man so möchte. Das unterstelle ich Dir nicht. Deine Vorgehensweise ist aber auch so.

Um was genau geht es Dir eigentlich? Das jemand bei Dir vorbeikommt und durch die Luft fliegt? Klugschnacker argumentiert mit Glaubwürdigkeit. Wie glaubwürdig sind die Aussagen in der Bibel. Darauf kann man sich schon eher einlassen als auf Deine Wahrheit-Unwahrheit-Dichotomie. Und wolltest Du Dich selbst darauf einlassen, so bitte Zarathustra darum, er möge diesen Widerspruch durch die Wahrheit-Unwahrheit-Dichotomie generiert logisch klar auflösen. Wie gesagt, mir fehlt diesbezüglich im Rahmen meiner Doofheit die formal-logische Klarheit. Sorry!

P.S: habe post #16268 überlesen. Begründung: war am Tippen. Daher bitte post #14269 als gegenstandslos erachten. Danke.

Jörn
20.04.2019, 17:46
Wie glaubwürdig sind die Aussagen in der Bibel. Darauf kann man sich schon eher einlassen als auf Deine Wahrheit-Unwahrheit-Dichotomie.

Also gut, dann lassen wir uns auf diese Fragestellung ein. Wie glaubwürdig ist also die Behauptung, es handele sich um einen allmächtigen und allgütigen Gott, angesichts des Leids auf der Erde?

Ich möchte vorerst nur das Ergebnis.

merz
20.04.2019, 17:48
Könnte irgendwer nochmal bitte in wenigen und klar verständlichen Worten zusammenfassen, warum ein allgütiger und allmächtiger Gott eine Welt mit Leid geschaffen hat, und warum dies nicht seiner Allgüte widerspricht?

ich versuche es mal: eine Linie, die man öfters hört (aber nicht meine!):

Diese Welt ist ein Jammertal voller Prüfungen, dahinter gibt es das Ewige Leben.
Alles Leid hier ist vorübergehend und begrenzt.

Zusatzthese: Warum uns Gott prüft, werden wir nicht verstehen können, er macht es einfach - es ist vermessen nach Gründen dafür zu fragen, er ist uns keine schuldig.

m.
P.S.: Das Argument impliziert für mich ein Herunterreden und Relativieren von "weltlichem" Leid, dass ich schwer erträglich finde, aber sei es drum (deswegen: nicht meine Linie....)

Jörn
20.04.2019, 17:56
Um was genau geht es Dir eigentlich?

Es geht mir darum, zu demonstrieren, dass bei den "großen Fragen" (Leid, Moral, Sinn) niemals eine Antwort gegeben wird, die diese Bezeichnung verdient.

Stattdessen wird die Fragestellung laufend verändert, oder es wird endlos um den hießen Brei herumgeredet, oder es werden langatmige Betrachtungen angestellt, die am Ende zu keinem Ergebnis führen. Em Ende versickert die Debatte im Nirgendwo und es wird das nächste Thema eröffnet.

Jörn
20.04.2019, 17:59
Diese Welt ist ein Jammertal voller Prüfungen

Da Gott allwissend ist, kennt er das Ergebnis der Prüfung bereits. Die Prüfung kann also nicht der Zweck des Leids sein.

Man beachte, dass es bei dieser Art von Prüfung um Folter geht. Folter kann nicht übereinstimmen mit Allgüte.

Die Prüfung widerspricht also gleich zwei von Gottes angeblichen Eigenschaften: Sowohl der Allwissenheit als auch der Allgüte. Es ist daher ein ganz besonders unglaubwürdiges Argument. (Was nicht heißen soll, dass andere Argumente glaubwürdiger wären.)

nicht meine Linie...

Ja, ich weiß. Du trägst es nur "um des Arguments Willen" vor, und so ist auch meine Antwort zu verstehen. :)

merz
20.04.2019, 18:06
genau, so geht Philosophie :)

wir könnten jetzt nochmal über Allwissenheit und menschliche Freiheit sprechen und ob alles wissbar ist, was in der Zukunft liegt (selbst für Gott), aber ich muss los

(Ostermesse, kein Scherz , Gründe dafür privater Natur, keine Glaubenssache)


m.

Trimichi
20.04.2019, 18:07
Also gut, dann lassen wir uns auf diese Fragestellung ein. Wie glaubwürdig ist also die Behauptung, es handele sich um einen allmächtigen und allgütigen Gott, angesichts des Leids auf der Erde?

Ich möchte vorerst nur das Ergebnis.

Ja gut, dann müssen wir uns also von der formalen Aussagenlogik in die Wahrscheinlichkeitsrechnung verabschieden. Niemand weiss, ob morgen auf der Erde noch Leben möglich ist. Aber es ist äußerst wahrscheinlich (z.B. könnte die Erde von einem Gammastrahlenblitz getroffen werden). Die Sonne geht morgen mit einer Wahrscheinlichkeit von 99,99999999999999999 usw % auf. Sie kann aber auch nicht aufgehen. Dass die Sonne morgen aufgeht ist nicht 100.00% sicher. Jesus ist über das Wasser gewandelt. Ist äußerst unwahrscheinlich, aber nicht unmöglich, es sei denn, man argumentiert wie ein Vulkanier. ;) Nichts Unwirkliches existiert. - Kiri-kin-tha's erstes Gesetz der Metaphysik.

TakeItEasy
20.04.2019, 18:08
Darf ich mich hier auch einklinken? Ich lese immer mal wieder mit und finde es ganz interessant.

Und hier muss ich jetzt auch mal einhaken, weil ich die ganze Argumentation, wieso es einen Gott geben soll und welche Rolle die Menschen spielen, einfach nicht stimmig ist.

ich versuche es mal: eine Linie, die man öfters hört (aber nicht meine!):

Diese Welt ist ein Jammertal voller Prüfungen, dahinter gibt es das Ewige Leben.
Alles Leid hier ist vorübergehend und begrenzt.

Zusatzthese: Warum uns Gott prüft, werden wir nicht verstehen können, er macht es einfach - es ist vermessen nach Gründen dafür zu fragen, er ist uns keine schuldig.



Spontan fallen mir zwei Themen ein, die in diesem Kontext einfach kein klares Bild ergeben.

1) Es heißt doch, dass Gott uns zum Ebenbild geschaffen hat. So ganz salopp: Ihm war langweilig, und er wollte jemand auf Augenhöhe. Schwupps, hat er uns erschaffen. Und was macht er dann? Er versteckt sich, macht sich unsichtbar und stellt Prüfungen und sorgt für Chaos auf der Bühne seiner Ebenbilder. Ganz tolles Spiel, mein lieber :dresche

2) Es herrscht schon lange ein Streit, ob denn die Menschen nun einen freien Willen haben oder es doch alles von Gott vorherbestimmt ist, was man Prädestination (https://de.wikipedia.org/wiki/Pr%C3%A4destination) nennt. Wie passt das denn zur Aussage, dass die Menschen Ebenbilder Gottes sind? Was bringt es Gott, Menschen zu schaffen, wenn er sowieso alles vorherbestimmt hat? Und warum dann diese auch noch in Prüfungen zu schicken, wenn doch das Ergebnis klar ist.

Für mich sind die ganzen Geschichten und Erklärmodelle der Bibel und der Theologen voller Widersprüche. Da fehlt einfach ein klarer Faden. Das ist einfach absurd... viel zu komplex, um das ganze zu "glauben". :Huhu:

Jörn
20.04.2019, 18:20
Die Sonne geht morgen mit einer Wahrscheinlichkeit von 99,99999999999999999 usw % auf. Sie kann aber auch nicht aufgehen. Dass die Sonne morgen aufgeht ist nicht 100.00% sicher. Jesus ist über das Wasser gewandelt. Ist äußerst unwahrscheinlich, aber nicht unmöglich

Zwei Fragen, um Allgüte und Leid zu trennen:

Allgüte: Bedeutet das, dass die Wahrscheinlichkeit sehr gering ist, dass wir es mit einem allgütigen Gott zu tun haben? Vergleichbar mit der Wahrscheinlichkeit, dass am kommenden Montag die Sonne nicht aufgeht?

Leid: Bist Du der Meinung, dass eine (wenn auch geringe) Chance besteht, dass überhaupt kein Leid stattfand? Oder ist das Vorhandensein von Leid völlig sicher?

Trimichi
20.04.2019, 18:35
Zwei Fragen, um Allgüte und Leid zu trennen:

Allgüte: Bedeutet das, dass die Wahrscheinlichkeit sehr gering ist, dass wir es mit einem allgütigen Gott zu tun haben? Vergleichbar mit der Wahrscheinlichkeit, dass am kommenden Montag die Sonne nicht aufgeht?

Leid: Bist Du der Meinung, dass eine (wenn auch geringe) Chance besteht, dass überhaupt kein Leid stattfand? Oder ist das Vorhandensein von Leid völlig sicher?

Hiiilfe!

Allgüte kann ich nur im Rahmen der formalen Aussagenlogik verstehen. Nicht im Rahmen der Wahrscheinlichkeitsrechnung. Hierbei, bei Allgüte, brauche ich Klarheit. Zweifel ist der Feind des Glaubens. Daher existiert für mich zweifelsohne ein allgütiger Gott. Kann ich Dir so also nicht beantworten. Bitte verschone mich! :) Ich fühle, dass es etwas Größeres gibt als mich und wie klein ich doch bin. Rational betrachtet ergibt das für mich auch Sinn. Weil

zum Leid(wesen): wie wäre es, gäbe es kein Leid mehr? Würde Triathlon dann noch Spaß machen? Alle sub8er auf Lanzarote, keinem tut mehr was weh nach einer LD? Ist es das was Du willst? Icke? Nope. Deswegen trage ich sehr gerne mein Päckchen, manchmal auch mit Fassung. Sonst wäre es mir zu leicht. Geradezu langweilig. Alle kriegen alles? Hell on Earth! Nimm ein Schnappmesser und lass es aufschnappen. Glaube mir, Leid und Schmerz existieren. Aufschnappen reicht als Demo. Aber schon richtig, das nozizeptive System ist das einzige, das Erinnerungen nicht abspeichert.

Geht es Dir zu gut? Fühlst Du Dich zu leicht? Ich habe heute genug Zeit vor dem Flimmerkasten "verdattelt". Muss jetzt den Grill anwerfen.

Jörn
20.04.2019, 19:55
Also geht es plötzlich doch nicht mehr um Wahrscheinlichkeit? Sondern jetzt sind wir bei der "formalen Aussagenlogik"? Warum gibst Du nicht einfach die Antwort, ohne lange Hinleitung?

Es ist im Prinzip das, was ich demonstrieren wollte: die ständigen Ausflüchte, Themenwechsel, Ablenkungen und Nebelkerzen. Am Ende kommt nichts dabei heraus. Die Antwort wird niemals gegeben.

Was "die Gläubigen" möglicherweise übersehen, ist die Tatsache, dass sie selbst einen Anspruch auf eine Antwort haben. Die Fragen sind keine Ketzerei, gegen die man sich wehren müsste. Es ist kein böswilliger Hinterhalt. Sondern gerade die Gläubigen können eine klare Antwort erwarten. Ein Priester (oder Trimichi), der sich dieser Antwort zu entziehen versucht, sollte nicht den Beifall der Gläubigen finden.

Ich meine, jeder könnte sich selbst überprüfen. Ein Gläubiger könnte sich selbst fragen: "Warum tanze ich so kunstvoll um die Antworten herum?" Oder: "Warum fordere ich keine klare Antwort?" Diese Frage ist vielleicht sogar interessanter als die nach der Allgüte Gottes.

waden
20.04.2019, 23:04
#3 Zarathustra hatte diesen Widerspruch zu Null für mich 100.00 ... aufgelöst

So bleibt mir nur noch einmal der Verweis an Zarathustra, vor dessen logischer Klarheit ich mich verneige, so wie der Hinweis, dass ich auch mit meinen minderwertigen Fähigkeiten noch zig Male versuchen werde nicht abzulassen Dir die Sache mit der Güte, die mit Demut korreliert, näher zu bringen

Bei allem Respekt für Zarathustras Geduld und Sorgfalt bei seinen Antworten hat er diese Frage (und auch andere) nicht beantwortet.

Neben der ungeklärten Antwort auf den Widerspruch von Allgüte und Leid sehe ich auch weiterhin einen Widerspruch in der reklamierten Trennung von Glaube und Wissen und zugleich dem Anspruch der Religion, über letztgültiges Wissen über die über das Materielle hinausgehende Welt zu verfügen und daraus Handlungsanweisungen im Diesseits zu postulieren. Der Glaube beansprucht für sich einerseits die Trennung von Glaube und Wissen und andererseits zugleich exklusives Wissen von Höherem.

Trimichi
21.04.2019, 08:42
Bei allem Respekt für Zarathustras Geduld und Sorgfalt bei seinen Antworten hat er diese Frage (und auch andere) nicht beantwortet.

Sehe ich anders. Zarathustra hatte Leid in die Allgüte Gottes eingebettet oder zu einem heilsamen Ganzen zusammengefügt. Und somit den Widerspruch aufgelöst. Ich hatte das auch getan, in einem der letzen Posts (Beispiel Leid beim Triathlon).

Neben der ungeklärten Antwort auf den Widerspruch von Allgüte und Leid sehe ich auch weiterhin einen Widerspruch in der reklamierten Trennung von Glaube und Wissen und zugleich dem Anspruch der Religion, über letztgültiges Wissen über die über das Materielle hinausgehende Welt zu verfügen und daraus Handlungsanweisungen im Diesseits zu postulieren. Der Glaube beansprucht für sich einerseits die Trennung von Glaube und Wissen und andererseits zugleich exklusives Wissen von Höherem.

Sehe ich auch anders. Logik ist der Anfang aller Weisheit, nicht jedoch deren Ende. Glaube und höheres Wissen fängt da an, wo Wissenschaft aufhört. Glaube ist als das sichere Wissen über die Sinnzusammenhänge in der Welt definiert. :Blumen:

Trimichi
21.04.2019, 08:51
Also geht es plötzlich doch nicht mehr um Wahrscheinlichkeit? Sondern jetzt sind wir bei der "formalen Aussagenlogik"? Warum gibst Du nicht einfach die Antwort, ohne lange Hinleitung?

42. Die Antwort ist 42.

Es ist im Prinzip das, was ich demonstrieren wollte: die ständigen Ausflüchte, Themenwechsel, Ablenkungen und Nebelkerzen. Am Ende kommt nichts dabei heraus. Die Antwort wird niemals gegeben.

Welche Antwort soll es sein? die Antwort habe ich oben schon gegeben. Sie lautet #3: 42.

Was "die Gläubigen" möglicherweise übersehen, ist die Tatsache, dass sie selbst einen Anspruch auf eine Antwort haben. Die Fragen sind keine Ketzerei, gegen die man sich wehren müsste. Es ist kein böswilliger Hinterhalt. Sondern gerade die Gläubigen können eine klare Antwort erwarten. Ein Priester (oder Trimichi), der sich dieser Antwort zu entziehen versucht, sollte nicht den Beifall der Gläubigen finden.

Glaube ist das sichere Wissen über die Sinnzusammenhänge in der Welt. Wäre dem nicht so, könnte auch ein Computer entscheiden (KI) was in Zukunft zu tun ist. Beispiel: Klimathread. Wozu diskutieren, wenn ein Computer nach den Sätzen der Algorithmik und mit Weltwissen besten gefüttert (prozedural und deklarativ also) das könnte? Kann der Computer nicht? er hat kein Gewissen, keine Moral, der Computer glaubt an nichts, und daher kann ein Computer auch keine Richtung vorgeben. Wir müssen die Klimakatastrophe selbst meistern.

Ich meine, jeder könnte sich selbst überprüfen. Ein Gläubiger könnte sich selbst fragen: "Warum tanze ich so kunstvoll um die Antworten herum?" Oder: "Warum fordere ich keine klare Antwort?" Diese Frage ist vielleicht sogar interessanter als die nach der Allgüte Gottes.

Machen doch die Gläubigen. Es gibt eben Fragen, für die Sprechsprachwortwahl zu simpel ist, um diese zu beantworten. Glaube muss man erfahren, es ist eine persönliche subjektive Sache. Würde man Glaube in Logik fassen, so wäre die Antwort entweder a) 42 oder b) dass ein Computer (KI) für die Menschen entscheidet.

b) wird nie der Fall sein, da ein Computer niemals so komplex sein kann wie ein menschlicher, lebender Organismus. Das scheitert schon daran, dass Computer kein Leid empfinden können.

Aus a und b folgt also c) wir als Menschen müssen glauben. Es bleibt uns nichts anderes übrig. Wir sind also auf uns selbst gestellt, auf unser Wissen und unseren Glauben.

Klugschnacker
21.04.2019, 09:08
Glaube ist als das sichere Wissen über die Sinnzusammenhänge in der Welt definiert. :Blumen:

Glaube bedeutet, etwas für wahr halten. Oft noch nicht einmal das, denn es wird häufig wider besseren Wissens „geglaubt“. Dass Glaube sogar per Definition, also ohne weitere Prüfung, wahr sein soll, kann ich nicht nachvollziehen. Du müsstest noch erklären, warum sich Glaubensinhalte gegenseitig widersprechen.

Außerdem gehst Du meiner Meinung nach darüber hinweg, dass Religionen ja gerade das nicht können: Sinnzusammenhänge in unserer Welt plausibel benennen und erklären. Stattdessen entpuppen sich vermeintliche Erklärungen als Selbsttäuschungen der Menschen, etwa über unsere Stellung in der Natur (gegenüber den Tieren, sowie unsere Stellung im Kosmos) als auch sozial (Stellung von Frauen, Sklaven, Feudalherren, Andersgläubigen).

qbz
21.04.2019, 09:14
......
Sehe ich auch anders. Logik ist der Anfang aller Weisheit, nicht jedoch deren Ende. Glaube und höheres Wissen fängt da an, wo Wissenschaft aufhört. Glaube ist als das sichere Wissen über die Sinnzusammenhänge in der Welt definiert. :Blumen:

Hi Trimichi,

Du kannst das gerne so sehen und für Dich wie oben begründungslos, apriori, ex cathedra mit ein paar Ist-Sätzen etwas (Glaube ist sicheres Wissen über ...) behaupten. Auch die Behauptung "Glaube ist Unwissenheit", trifft nicht exakt die Sprachbedeutung von "Glauben", obwohl sie sicher näher am Bedeutungskern liegt wie die Deinige.

Interessant und relevant erscheint mir somit, welche Bedeutung Wörter wie Glaube in unserer Sprache, im Alltag besitzen und wie die meisten Menschen sie verwenden, damit wir uns verstehen. Ansonsten reden wir aneinander vorbei, was auf Dauer ziemlich mühsam ist und mich an absurdes Theater denken lässt.

"Das Wort Glaube (auch Glauben; lateinisch fides; indogermanisch leubh ‚begehren‘, ‚lieb haben‘, ‚für lieb erklären‘, ‚gutheißen‘, ‚loben‘)[1] bezeichnet eine Grundhaltung des Vertrauens, vor allem im Kontext religiöser Überzeugungen.

Während der ähnliche Begriff „Religiosität“ die Ehrfurcht vor der Ordnung und Vielfalt in der Welt und die allgemeine Empfindung einer transzendenten (nicht erklär- oder beweisbaren) Wirklichkeit bezeichnet,[2] beinhaltet „Glaube“ das Überzeugtsein von der Lehre einer konkreten Religion (oder Philosophie).[3]

Das deutsche Wort Glaube wird in dem hier behandelten Sinn verwendet als Übersetzung des griechischen Substantivs πίστις pistis mit der Grundbedeutung „Treue, Vertrauen“. Das zugehörige Verb lautet πιστεύω pisteúō „ich bin treu, vertraue“ (πιστεύειν pisteúein, „treu sein, vertrauen“). Ursprünglich gemeint war also: „Ich verlasse mich auf …, ich binde meine Existenz an …, ich bin treu zu …“. Das Wort zielt demnach auf Vertrauen, Gehorsam (vergleiche: Gelöbnis, Verlöbnis), Treue.[4]

Das lateinische Wort credere (vgl. Credo und Kreditor) – von cor dare: „das Herz geben/schenken“ – ist direkt verwandt mit der altindischen Wurzel sraddha- („glauben“) und ist eine sehr alte (indogermanische) Verbalkomposition. Die Bestandteile bedeuten: „Herz“ und „setzen, stellen, legen“, zusammen also etwa „sein Herz (auf etwas) setzen“. Das unbestimmte „ich weiß nicht“ entspricht hingegen dem lateinischen Wort putare („glauben, dass“).

Im Hebräischen gibt es die Vokabel aman: sich an etwas festmachen. Die Vokabel aman mit der Schreibung „Aleph-Mem-Nun“ wird nur in der Stammesmodifikation des Hif'il (Aussprache „hä’ämin“) mit dem Wort „glauben“ übersetzt. Diese Stammesmodifikation drückt im Allgemeinen einen kausativen Aspekt der Grundbedeutung aus. Die Grundbedeutung, die auch im ursprünglich hebräischen Wort Amen erscheint, ist „fest“ oder „unerschütterlich“, die Bedeutung im Hif'il ist also „jemanden fest sein lassen“." https://de.wikipedia.org/wiki/Glaube (https://de.wikipedia.org/wiki/Glaube)

Jörn
21.04.2019, 09:33
Trimichi, Du sprichst etwas großspurig von den "Sinnzusammenhängen der Welt", aber Du hast bereits große Mühe, einen Sinnzusammenhang mit dem Thema der Debatte herzustellen.

Nichts von Deinem Vortrag (Computer, Aussagenlogik, künstliche Intelligenz, Algorithmen, Klimakatastrophe, tote und lebende Organismen) hat etwas mit dem Thema zu tun.

Trimichi
21.04.2019, 09:54
Trimichi, Du sprichst etwas großspurig von den "Sinnzusammenhängen der Welt", aber Du hast bereits große Mühe, einen Sinnzusammenhang mit dem Thema der Debatte herzustellen.

Nichts von deinem Vortrag (Computer, Aussagenlogik, künstliche Intelligenz, Algorithmen, Klimakatastrophe, tote und lebende Organismen) hat etwas mit dem Thema zu tun.

Hi Klugschnacker, hi Jörn und hi qbz,

wir reden aneinander vorbei? Glaube und von Weltreligionen verbreiteter Glaube sind nicht ein und dasselbe (nicht nur für mich).

Jörn, wir hatten uns auf Glaubwürdigkeit weltreligiöser Aussagen im Rahmen der Wahrscheinlicheitsrechnung verständig. Darauf hatte ich gesagt, dass für mich Wahrscheinlichkeiten nicht ausreichen, um den Glauben und damit die Sinnzusammenhänge in der Welt, und nicht den weltreligiösen Glauben zu verstehen. Das hat, wie qbz schön darlegt, mit Vertrauen zu tun. Allerdings gibt es Schnittmengen zwischen privatem Glauben und dem von Weltreligionen verbreiteten Glauben. Diese Schnittmengen sind wichtig m.E. um die Weltreligionen besser verstehen oder überhaupt verstehen zu können.

Wir wissen nicht, ob die Erde morgen noch besteht. Wir müssen daran glauben, weil wir es nicht wissen. Die Wahrscheinlichkeit, dass wir am morgigen Ostermontag hier auch noch tippen können ist äußerst groß. Die Wahrscheinlichkeit, dass Jesus übers Wasser wandelte ist äußerst gering. Es ist aber nicht mit absoluter Sicherheit auszuschließen, dass er es nicht konnte, so wie nicht mit absoluter Sicherheit ausgeschlossen werden kann, dass uns heute im Laufe das Nachmittags ein Gammastrahlenblitz trifft. Ergo delete ich die Schnittmenge. Daraus folgt: a) morgen wird ein schöner Tag (siehe Wetterbericht) und b) niemand wandelt über das Wasser, weil es den Gesetzen der Schwerkraft widerspricht. Vielleicht macht es Sinn im Rahmen der Debatte uns auf die Prüfung der Glaubwürdigkeit von Aussagen mit weltreligiöser Inhalten zu beschränken, wie Klugschnacker in weiser Vorahnung vorgeschlagen hat? Dann war das wohl mein Fehler und wir brechen die Debatte auf die Weltreligionen herunter (#keko und Zarathustra z.B. sind auch "verstummt"). So ist dann / so sind dann allerdings die Schnittmenge(n) futsch. So möge es sein!!! Zerlegen wir die Bibel in alle Einzelteile, da viele Inhalte unglaubwürdig sind.

Bleibt für mich abschließend kurz anzumerken, dass der jüdische Glaube im Unterschied zum christlichen Glauben z.B. keinen Missionsbefehl enthält. Wer zum Rabbi geht tut das aus freien Stücken.

Grüße, Trimichi

Jörn
21.04.2019, 09:55
Wie wahrscheinlich ist es Deiner Meinung nach, dass Leid existiert? Liegt die Wahrscheinlichkeit bei 100% oder darunter?

Zerlegen wir die Bibel in alle Einzelteile

Nö. Das brauchen wir nicht. Die Bibel enthält zweifelsfrei jede Menge von Gott verursachtes Leid. Das ist sogar die Pointe der meisten Erzählungen in der Bibel (wenn nicht sogar aller).

Jörn
21.04.2019, 10:28
Ich kopiere mal einen Text aus der Bibel, um zu illustrieren, was genau uns hier als "Allgüte" verkauft werden soll. Es reicht, wenn man den Text überfliegt und ein paar einzelne Sätze aufschnappt.

Dies sind die Worte von Gott persönlich, gerichtet an jene, die seine Gesetze (meist Opfergesetze) nicht einhalten. Da steht drin, dass Gott sich freuen wird, die Unfolgsamen zu vertilgen.

Zu Erinnerung, es geht um die Behauptung der "Allgüte". Es ist keine Zitate-Sammlung, sondern der Text steht exakt so in der Bibel (5. Mose 28).

Verflucht wirst du sein in der Stadt, verflucht wirst du sein auf dem Acker. Verflucht wird sein dein Korb und dein Backtrog. Verflucht wird sein die Frucht deines Leibes, der Ertrag deines Ackers, das Jungvieh deiner Rinder und Schafe. Verflucht wirst du sein bei deinem Eingang und verflucht bei deinem Ausgang.

Der HERR wird unter dich senden Unfrieden, Unruhe und Unglück in allem, was du unternimmst, bis du vertilgt bist und bald untergegangen bist um deines bösen Treibens willen, weil du mich verlassen hast. Der HERR wird dir die Pest anhängen, bis er dich vertilgt hat in dem Lande, in das du kommst, es einzunehmen. Der HERR wird dich schlagen mit Auszehrung, Entzündung, Fieber, Wundbrand, Dürre, Getreidebrand und Getreiderost; die werden dich verfolgen, bis du umkommst.

Der Himmel, der über deinem Haupt ist, wird ehern werden und die Erde unter dir eisern. Statt des Regens für dein Land wird der HERR Staub und Asche vom Himmel auf dich geben, bis du vertilgt bist. Der HERR wird dich vor deinen Feinden schlagen. Auf einem Weg wirst du wider sie ausziehen, und auf sieben Wegen wirst du vor ihnen fliehen und wirst zum Entsetzen werden für alle Reiche auf Erden.

Deine Leichname werden zum Fraß werden allen Vögeln des Himmels und allen Tieren des Landes, und niemand wird sein, der sie verscheucht. Der HERR wird dich schlagen mit ägyptischem Geschwür, Beulen, Krätze und Ausschlag, dass du nicht geheilt werden kannst. Der HERR wird dich schlagen mit Wahnsinn, Blindheit und Verwirrung des Geistes. Und du wirst tappen am Mittag, wie ein Blinder tappt im Dunkeln, und wirst auf deinem Wege kein Glück haben, sondern Gewalt und Unrecht leiden müssen dein Leben lang, und niemand wird dir helfen.

Mit einer Frau wirst du dich verloben; aber ein anderer wird bei ihr schlafen. Ein Haus wirst du bauen; aber du wirst nicht darin wohnen. Einen Weinberg wirst du pflanzen; aber du wirst nichts von ihm haben. Dein Rind wird vor deinen Augen geschlachtet werden; aber du wirst nicht davon essen. Dein Esel wird vor deinem Angesicht mit Gewalt genommen und nicht zu dir zurückkommen. Dein Schaf wird deinen Feinden gegeben werden, und niemand wird dir helfen. Deine Söhne und deine Töchter werden einem andern Volk gegeben werden, dass deine Augen zusehen müssen und täglich vor Verlangen nach ihnen vergehen, und in deinen Händen wird keine Kraft sein. Den Ertrag deines Ackers und alle deine Arbeit wird ein Volk verzehren, das du nicht kennst, und du wirst geplagt und geschunden werden dein Leben lang und wirst wahnsinnig werden bei dem, was deine Augen sehen müssen.

Der HERR wird dich schlagen mit bösen Geschwüren an den Knien und Waden, dass du nicht geheilt werden kannst, von den Fußsohlen bis zum Scheitel. Der HERR wird dich und deinen König, den du über dich gesetzt hast, unter ein Volk treiben, das du nicht kennst noch deine Väter, und du wirst dort andern Göttern dienen: Holz und Stein. Und du wirst zum Entsetzen, zum Sprichwort und zum Spott werden unter allen Völkern, zu denen der HERR dich treibt.

Du wirst viel Samen auf das Feld säen, aber wenig einsammeln; denn die Heuschrecken werden's abfressen. Weinberge wirst du pflanzen und bauen, aber weder Wein trinken noch Trauben lesen; denn die Würmer werden's verzehren. Ölbäume wirst du haben in deinem ganzen Gebiet, aber du wirst dich nicht salben mit Öl; denn dein Ölbaum wird seine Frucht abwerfen.

Söhne und Töchter wirst du zeugen und doch nicht behalten; denn sie werden gefangen weggeführt werden. Über alle Bäume und Früchte deines Landes wird das Ungeziefer herfallen. Der Fremdling, der bei dir ist, wird immer höher über dich emporsteigen; du aber wirst immer tiefer heruntersinken. Er wird dir leihen, du aber wirst ihm nicht leihen können; er wird der Kopf sein, und du wirst der Schwanz sein.

Alle diese Flüche werden über dich kommen und dich verfolgen und treffen, bis du vertilgt bist, weil du der Stimme des HERRN, deines Gottes, nicht gehorcht und seine Gebote und Rechte nicht gehalten hast, die er dir geboten hat. Und diese Flüche werden Zeichen und Wunder sein an dir und an deinen Nachkommen immerdar, weil du dem HERRN, deinem Gott, nicht gedient hast mit Freude und Lust deines Herzens, obwohl du Überfluss hattest an allem.

Und du wirst deinem Feinde, den der HERR gegen dich schicken wird, dienen in Hunger und Durst, in Blöße und allerlei Mangel, und er wird ein eisernes Joch auf deinen Hals legen, bis er dich vertilgt hat. Der HERR wird ein Volk über dich schicken von ferne, vom Ende der Erde, wie ein Adler fliegt, ein Volk, dessen Sprache du nicht verstehst, ein freches Volk, das nicht Rücksicht nimmt auf die Alten und die Jungen nicht schont.

Es wird verzehren die Jungtiere deines Viehs und den Ertrag deines Ackers, bis du vertilgt bist, und wird dir nichts übrig lassen vom Korn, Wein und Öl und vom Jungvieh deiner Rinder und Schafe, bis es dich umgebracht hat. Es wird dich belagern in allen deinen Städten, bis es niedergeworfen hat deine hohen und festen Mauern, auf die du dich verlässt, in deinem ganzen Lande; und du wirst belagert werden in allen deinen Städten, in deinem ganzen Lande, das dir der HERR, dein Gott, gegeben hat.

Du wirst die Frucht deines Leibes, das Fleisch deiner Söhne und deiner Töchter, die dir der HERR, dein Gott, gegeben hat, essen in der Angst und Not, mit der dich dein Feind bedrängen wird. Ein Mann unter euch, der zuvor verwöhnt und in Üppigkeit gelebt hat, wird seinem Bruder und der Frau in seinen Armen und dem Sohn, der noch übrig ist von seinen Söhnen, nichts gönnen von dem Fleisch seiner Söhne, das er isst, weil ihm nichts übrig geblieben ist von allem Gut in der Angst und Not, mit der dich dein Feind bedrängen wird in allen deinen Städten.

Eine Frau unter euch, die zuvor so verwöhnt und in Üppigkeit gelebt hat, dass sie nicht einmal versucht hat, ihre Fußsohle auf die Erde zu setzen, vor Verwöhnung und Wohlleben, die wird dem Mann in ihren Armen und ihrem Sohn und ihrer Tochter nicht gönnen die Nachgeburt, die von ihr ausgegangen ist, und ihr Kind, das sie geboren hat; denn sie wird beides vor Mangel an allem heimlich fressen in der Angst und Not, mit der dich dein Feind bedrängen wird in deinen Städten.

Wenn du nicht darauf hältst, dass du alle Worte dieses Gesetzes tust, die in diesem Buch geschrieben sind, und nicht fürchtest diesen herrlichen und heiligen Namen, den HERRN, deinen Gott, so wird der HERR schrecklich mit dir umgehen und dich und deine Nachkommen schlagen mit großen und anhaltenden Plagen, mit bösen und anhaltenden Krankheiten.

Und er wird auch alle Seuchen Ägyptens über dich bringen, vor denen du dich fürchtest, und sie werden dich nicht loslassen; dazu wird der HERR alle Krankheiten und alle Plagen, die nicht geschrieben sind in dem Buch dieses Gesetzes, über dich kommen lassen, bis du vertilgt bist.

Und nur wenige werden übrig bleiben von euch, die ihr zuvor zahlreich gewesen seid wie die Sterne am Himmel, weil du nicht gehorcht hast der Stimme des HERRN, deines Gottes. Und wie sich der HERR zuvor freute, euch Gutes zu tun und euch zu mehren, so wird er sich nun freuen, euch umzubringen und zu vertilgen, und ihr werdet herausgerissen werden aus dem Lande, in das du jetzt ziehst, es einzunehmen.

Denn der HERR wird dich zerstreuen unter alle Völker von einem Ende der Erde bis ans andere, und du wirst dort andern Göttern dienen, die du nicht kennst noch deine Väter: Holz und Stein. Dazu wirst du unter jenen Völkern keine Ruhe haben, und deine Füße werden keine Ruhestatt finden. Denn der HERR wird dir dort ein bebendes Herz geben und erlöschende Augen und eine verzagende Seele, und dein Leben wird immerdar in Gefahr schweben; Nacht und Tag wirst du dich fürchten und deines Lebens nicht sicher sein.

Morgens wirst du sagen: Ach dass es Abend wäre!, und abends wirst du sagen: Ach dass es Morgen wäre!, vor Furcht deines Herzens, die dich schrecken wird, und vor dem, was du mit deinen Augen sehen wirst. Und der HERR wird dich mit Schiffen wieder nach Ägypten führen, auf dem Wege, von dem ich dir gesagt habe: Du sollst ihn nicht mehr sehen. Und ihr werdet dort euren Feinden als Knechte und Mägde verkauft werden, aber es wird kein Käufer da sein.

Trimichi
21.04.2019, 11:14
Die Bibel enthält zweifelsfrei jede Menge von Gott verursachtes Leid.

Multiple-Choice Frage (Mehrfachauswahl möglich)

[A] Du gibst also zu, dass Gott existiert?
[B] Die Menschen haben Gott das (siehe Zitat Pentateuch von Dir) zugeschrieben?
[C] Gott existiert und Menschen haben das (siehe Zitat Pentateuch von Dir) niedergeschrieben in seinem Auftrag ?

Oder Du kreuzt gar nichts an. Kein Kreuz. Würde bedeuten, dass Gott nicht existiert.

Unterm Strich bleibt festzuhalten: wenn Gott so grausam sein kann, dann machten Opfergaben für die Menschen in der damaligen Zeit in der Form Sinn, und zwar mit der Begründung, dass er dann allgütig ist.

waden
21.04.2019, 13:06
Sehe ich anders. Zarathustra hatte Leid in die Allgüte Gottes eingebettet oder zu einem heilsamen Ganzen zusammengefügt. Und somit den Widerspruch aufgelöst. Ich hatte das auch getan, in einem der letzen Posts (Beispiel Leid beim Triathlon).


Ein Wohlfühl-Wohlstandsempfinden wie die Unannehmlichkeiten während eines sportwettkampfs lässt sich wohl nicht sinnvoll vergleichen mit dem Leid, das die Menschheit schon erfuhr und noch erfährt. Das mit der Güte eines Schöpfers zu vereinbaren gelingt nicht; ich habe Zarathustras Vortrag dazu genausowenig schlüssig gefunden wie alle Vorträge und Predigten zuvor. Es sind gewaltige begriffliche Verrenkungen nötig, um die Unmöglichkeit einer erträglichen Antwort auf diese Frage zu verschleiern.

LidlRacer
21.04.2019, 20:41
Da die philosophische Diskussion sich anscheinend festgefahren hat, hier zur Auflockerung ein Beispiel, zu welchen lustigen Absurditäten die Argumentation mit Gott führen kann:

Tweet von Brian Krassenstein @krassenstein (https://twitter.com/krassenstein/status/1120021881875247105):
"Sarah Sanders: “I think that [God] wanted Donald Trump to become president."

You know what else that means?

- God wanted you to be exposed by Mueller as a LIAR!

- God wanted Obama to win 2 terms.

and

- God wanted almost everyone surrounding Trump to be arrested."

Oder:
https://pbs.twimg.com/media/D07WwMRXcAU5366.jpg
https://twitter.com/OneWokeWoman/status/1103055084940869635

Jörn
21.04.2019, 23:26
https://1.bp.blogspot.com/-BZKRSw0w-fU/XLhQn6yvlWI/AAAAAAAAHqU/GwMHD96AAhQc8jkWqsUOnQnnGRpUrKkYACLcBGAs/s640/Karfreitag%2B-%2BGood%2BFriday%2B%25281%2529.gif

Evangelisch.de: (https://www.evangelisch.de/inhalte/149097/12-03-2018/evangelischen-landeskirche-wuerttemberg-taufe-untertauchen) "Die Frühjahrssynode der Evangelischen Landeskirche in Württemberg hat sich für eine Änderung der Gottesdienstordnung ausgesprochen, die dann auch sogenannte Immersionstaufen - also Taufen durch das Untertauchen des ganzen Körpers - erlaubt."

Trimichi
22.04.2019, 08:42
https://1.bp.blogspot.com/-BZKRSw0w-fU/XLhQn6yvlWI/AAAAAAAAHqU/GwMHD96AAhQc8jkWqsUOnQnnGRpUrKkYACLcBGAs/s640/Karfreitag%2B-%2BGood%2BFriday%2B%25281%2529.gif

Evangelisch.de: (https://www.evangelisch.de/inhalte/149097/12-03-2018/evangelischen-landeskirche-wuerttemberg-taufe-untertauchen) "Die Frühjahrssynode der Evangelischen Landeskirche in Württemberg hat sich für eine Änderung der Gottesdienstordnung ausgesprochen, die dann auch sogenannte Immersionstaufen - also Taufen durch das Untertauchen des ganzen Körpers - erlaubt."

Kaum ist man auf der Welt, legt irgend so ein Quacksalber (möglicherweise pädophil) seine Hände an das Kind und "verflucht" das Baby mit irgendnem Psalm oder so usw. ? Würde der das heute mit mir machen => High-Kick und 400kg pro cm x cm auf der Ferse schlagen voll in sein Gesicht ein. Sollte der dann noch in irgendeiner Weise auch no-verbal maulen, fange ich an dem systematisch Knochen zu brechen. Oder zu zertrümmern. Und dann geht's erst richtig los, man reiche mir ein Messer. Leider Fehlanzeige. Der AM gibt mir nicht mal einen Nagelzwicker in die Hand.

Oder die Eltern suchen sich den Pfarrer gut aus. Es kann auch sehr schön sein. So eine Taufe.

Pauschalverurteilungen helfen nicht weiter, fürchte ich.

FlyLive
22.04.2019, 09:10
....Ich kopiere mal einen Text aus der Bibel, um zu illustrieren, was genau uns hier als "Allgüte" verkauft werden soll.....

Nur eine Idee von mir !

Ich denke, wir haben den Vorteil uns die Geschichte der Menschheit über Jahrhunderte zu betrachten, während die Schriften, einmal verfasst, für ewig so stehen und leider immer noch, vom harten Kern der Religionen, 1:1 als "unveränderbar" weiter getragen werden.

Wie sicher ist es, das die Verfasser der Zeilen bei einer Chance, wie wir diese haben, heute noch an ihren Aussagen festhalten würden ?

Ich habe meine Ansichten jedenfalls schon öfter mal überdacht und geändert.

Jörn
22.04.2019, 10:14
Wie sicher ist es, das die Verfasser der Zeilen bei einer Chance, wie wir diese haben, heute noch an ihren Aussagen festhalten würden ?

Ich habe meine Ansichten jedenfalls schon öfter mal überdacht und geändert.

Guter Gedanke.

Meine Vermutung wäre, dass sie ihre Ansichten verändert hätten. Dafür empfinde ich auch Respekt. Ich empfinde Respekt für jenem Teil der Religion, der damals auf der Suche nach Antworten war, zu einer Zeit, zu der keine Antwort möglich war.

Allerdings: Sehr wenig handelt in der Bibel von "Ansichten". Niemand ist in der Bibel auf der Suche. Die Bibel sagt nicht: "Hm, also ich könnte mir vorstellen, dass die Menschen so-und-so entstanden sein könnten, was haltet Ihr davon? Ich bin auf der Suche."

Sondern die Bibel behauptet: "Folgendes hat Gott mir persönlich mitgeteilt!"

Das sehr lange Zitat auf der vorigen Seite ist keine "Ansicht". Sondern es ist ein plumper Versuch, die Leute hereinzulegen. Es geht darum, Opfergaben zu kassieren. Nur aus diesem Grunde wurden Zweifel und Unglaube so hart bestraft. Es ging nicht darum, die Wahrheit zu suchen. Jene, die das lange Zitat aufschrieben, wussten ja ganz genau, dass Gott nicht mit ihnen gesprochen hatte. Sie wussten, dass sie es erfunden hatten (und aus welchem Grund).

FlyLive
22.04.2019, 13:32
.....

Meine Vermutung wäre, dass sie ihre Ansichten verändert hätten. Dafür empfinde ich auch Respekt...

Sondern die Bibel behauptet: "Folgendes hat Gott mir persönlich mitgeteilt!"

Das sehr lange Zitat auf der vorigen Seite ist keine "Ansicht". Sondern es ist ein plumper Versuch, die Leute hereinzulegen.....

Da ich mich im Religiösen eigentlich null auskenne, will ich hier nicht groß einsteigen, da ich im Grunde nur eigene ethische Werte vertreten kann.

Was mir nicht so einleuchtet, ist das "rumreiten*" auf biblischen Zeilen, wenn man doch weiß, das die zusammengetragenen Schriften steinalt sind und Geschriebenes nun mal unveränderbar steht.

Das zurecht, "aus der Mode" gekommene Aussagen und Lebensideale heutzutage noch vom modernen Gläubigen vertreten werden, ist auch aus meiner Sicht zu beklagen.

*das Wort rumreiten sollte niemand persönlich auf sich beziehen

MattF
23.04.2019, 10:54
Was mir nicht so einleuchtet, ist das "rumreiten*" auf biblischen Zeilen, wenn man doch weiß, das die zusammengetragenen Schriften steinalt sind und Geschriebenes nun mal unveränderbar steht.


Drauf rumreiten tut ja man nun hauptsächlich die katholische Kirche. :Huhu:

waden
23.04.2019, 12:22
Was kostete der Bauwahn der katholischen Kirche? (https://www.welt.de/wirtschaft/article192053871/Notre-Dame-So-teuer-war-der-Bauwahn-der-katholischen-Kirche.html?utm_source=pocket-newtab):

"...Fakt ist, dass Notre-Dame aus einer Zeit stammt, in der Hunger, Krankheit und Armut das Leben vieler Europäer prägten. Gleichzeitig ließ die Kirche in den Jahren zwischen 1100 und 1250 allein in Paris und dessen Umland 1472 gotische Kirchen errichten und luxuriös ausstatten. Notre-Dame war eine davon.
...
„Berücksichtigt man die schädlichen Faktoren, die eine solche Fehlallokation von Ressourcen hat, wird deutlich, dass der kirchliche Bauwahn das Mittelalter möglicherweise um Hunderte Jahre verlängert hat“, folgert Denning.
...
Was sie nicht sagt: Die in dieser Zeit entstandenen Kirchen sind noch heute äußerst eindrucksvoll..."

FlyLive
23.04.2019, 13:32
Drauf rumreiten tut ja man nun hauptsächlich die katholische Kirche. :Huhu:

....und alle, die heute noch daraus zitieren.

Ich sag mal so - Bibelschriften sind zwei, drei, XXX tausend Jahre alt. Wer das heute noch 1:1 als unveränderbare Richtung betrachtet, der vergisst die Zeitgeschichte drumherum und steht mit samt den Schriften in der Bibel in der Vergangenheit und auf der Ebene von Bischöfen, Kardinälen und Sonstwem.

Nur mal so ! Welche wissenschaftliche Schrift oder welche technische Herangehensweise aus dem Mittelalter (gerade mal 500-1000 Jahre her ) wurde nicht modernisiert oder verändert ?


Wenn man die Religion kritisiert, dann wäre das Gegenwärtige, genau passend. Im Jetzt passt Zeit, Gesellschaft, Glaube und Kritik bestens zusammen. Altes Bibelgefasel wurde vom Großteil der Gesellschaft längst uminterpretiert.

Das es von kirchlicher Seite nicht mehr passt, ist bestätigt und wird auch so von Kirchengängern offen gesagt. Beim Osteressen bekam ich mal wieder Grüße vom Pfarrer ausgerichtet (wie schon im letzten Jahr, grüßt er alle die nicht kommen konnten über diejenigen die kamen).Ich kenne diesen Herrn natürlich überhaupt nicht. Aber so bleibt Er und die Kirche im Gespräch. Am Tisch saßen zwei leidenschaftliche Sänger des Kirchenchors, die mir auf die Frage nach der Besucherzahl antworteten, das in der Ostermesse recht viele Leute die Kirche füllten, ansonsten ganze 50 von 400 Plätzen im Gottesdienst besetzt sind.
Mit traurigem Blick wird auch zugegeben, das es für die Kirche ohne Veränderungen nicht rosig aussieht. Ich pers. leide nicht mit der Kirche und pfeife auf den Pfarrersgruß von der Kanzel. Er kann mich gerne grüßen im privaten - aber nicht als Angestellter der Kirche.


Einblicke aus dem realen Leben der Christenn in Deutschland.
Ach du liebes Abendland (https://www.zdf.de/dokumentation/dokumentation-sonstige/ach-du-liebes-abendland-102.html)

waden
23.04.2019, 14:54
....und alle, die heute noch daraus zitieren.

ein Christentum ohne Zitate aus der Bibel ist aber kein Christentum.

Ich sag mal so - Bibelschriften sind zwei, drei, XXX tausend Jahre alt. Wer das heute noch 1:1 als unveränderbare Richtung betrachtet, der vergisst die Zeitgeschichte drumherum und steht mit samt den Schriften in der Bibel in der Vergangenheit und auf der Ebene von Bischöfen, Kardinälen und Sonstwem.

Nur mal so ! Welche wissenschaftliche Schrift oder welche technische Herangehensweise aus dem Mittelalter (gerade mal 500-1000 Jahre her ) wurde nicht modernisiert oder verändert ?


Du kannst in diesem Thread gute Antworten auf diese Frage finden, wenn Du Dir die Zeit nimmst.

Klugschnacker
23.04.2019, 16:19
Ich sag mal so - Bibelschriften sind zwei, drei, XXX tausend Jahre alt. Wer das heute noch 1:1 als unveränderbare Richtung betrachtet, der vergisst die Zeitgeschichte drumherum und steht mit samt den Schriften in der Bibel in der Vergangenheit und auf der Ebene von Bischöfen, Kardinälen und Sonstwem. … Altes Bibelgefasel wurde vom Großteil der Gesellschaft längst uminterpretiert.

Gibt es ein Beispiel für einen Bibeltext, den der Großteil der Gesellschaft uminterpretiert hätte?
:Blumen:

Mirko
23.04.2019, 17:02
Nur mal so ! Welche wissenschaftliche Schrift oder welche technische Herangehensweise aus dem Mittelalter (gerade mal 500-1000 Jahre her ) wurde nicht modernisiert oder verändert ?


Vielleicht wurden die Sachen alle weiter entwickelt, aber nicht irgendwann für falsch erklärt wie man es bei der Bibel fast zweifellos tun könnte/sollte/müsste. Ich war beim Studium immer wieder überrascht wie weit zurück die Entdeckung von Gesetzmäßigkeiten liegt, die immer noch aktuell sind für Ingenieure!

Archimedes entdeckte schon 200 v.Chr. wirklich bedeutende Sachen!

schnodo
23.04.2019, 17:28
Gibt es ein Beispiel für einen Bibeltext, den der Großteil der Gesellschaft uminterpretiert hätte?
:Blumen:

Nur, weil ich zufällig vor einigen Tagen einen Artikel dazu gelesen habe: Der Verrat, den Judas angeblich an Jesus begangen hat. (https://www.welt.de/print-welt/article635470/War-der-Verrat-ein-Uebersetzungsfehler.html)

qbz
23.04.2019, 17:54
Gibt es ein Beispiel für einen Bibeltext, den der Großteil der Gesellschaft uminterpretiert hätte?
:Blumen:

Wenn ich mal ein eindeutiges Beispiel anführen darf: Die Geschichte von der Arche Noah. Da ist eigentlich allen unbestritten klar, mit Ausname vielleicht der Evangelikalen und Zeugen Jehovas, dass die Erzählung eine erfundene Legende ist.

FlyLive
23.04.2019, 18:55
Gibt es ein Beispiel für einen Bibeltext, den der Großteil der Gesellschaft uminterpretiert hätte?
:Blumen:

Ich kenne doch gar keine Bibeltexte!
Aber ich lese hier hin und wieder mit und höre was in der erweiterten Familie darüber gedacht wird.
Mir ist niemand in Erinnerung der darauf besteht, das ALLES in der Bibel geschriebene, wahr und heutzutage noch gültig wäre. Im persönlichen Umfeld lebt man mit dem Glauben an Gott und all den Geschichten aus der Bibel. Allerdings wird oft auch betont, das die Geschichte sagt ..... !
Ich höre daraus immer, das der Erzähler nicht auf den Wahrheitsgehalt besteht.

Jörn
23.04.2019, 18:56
Beim Wort "Interpretieren" muss man genauer hinsehen: Man kann etwas herauslesen, aber auch etwas hineinlesen.

Nach meiner Beobachtung versuchen die meisten Leute eine Art Grundgedanken aus der Bibel zu destillieren. Diesen Grundgedanken lesen sie aber nicht aus der Bibel heraus, sondern lesen ihn in die Bibel hinein. Etwa den Humanismus (das Wohl des Menschen als Maßstab) oder die Eigenliebe (Gott liebt mich).

Sie bügeln damit den krassen Widerspruch zwischen der alten Bibel und der modernen Ethik aus. Sie nehmen einfach an, Religionsfreiheit, Toleranz, Freiheit, Gerechtigkeit und Friede stünden in der Bibel (oder wären sogar die Essenz der Bibel). Sie denken, Jesus wäre eine Art Menschenrechtler gewesen, ein Sozial-Revolutionär.

In den Kirchen (oder im "Wort zum Sonntag") werden sehr geschickt jene Worte zitiert (meist sind es nichtmal ganz Sätze), die diese Illusion fördern.

Die "normalen Gläubigen" können sich daher nicht vorstellen, dass die Bibel (oder gar Jesus) den genannten Werten widersprechen könnte.

Ich habe zahlreiche Berichte von Ex-Gläubigen gehört/gelesen, die sagen, sie hätten zwar die vielen grausigen Bibelstellen gelesen, aber gar nicht verinnerlicht, sondern die Worte wären einfach an ihnen vorbeigerauscht, bis dann endlich eine schön klingende Stelle kam. Erst als sie den Glauben ablegten, konnten sie zur Kenntnis nehmen, was sie zuvor einfach ignoriert hatten. Sie konnten herauslesen, anstatt nur hineinzulesen.

Jörn
23.04.2019, 19:01
Ich höre daraus immer, das der Erzähler nicht auf den Wahrheitsgehalt besteht.

Da stimme ich Dir weitgehend zu.

Jedoch wird die Existenz von Jesus und Gott als wahr eingestuft. Oder gilt das auch nur als Erzählung?

FlyLive
23.04.2019, 19:03
Vielleicht wurden die Sachen alle weiter entwickelt, aber nicht irgendwann für falsch erklärt wie man es bei der Bibel fast zweifellos tun könnte/sollte/müsste. Ich war beim Studium immer wieder überrascht wie weit zurück die Entdeckung von Gesetzmäßigkeiten liegt, die immer noch aktuell sind für Ingenieure!

Archimedes entdeckte schon 200 v.Chr. wirklich bedeutende Sachen!

Du hast natürlich recht und mein Beispiel war sehr unpräzise.
Was ich damit sagen wollte war, das eine zur damaligen Zeit für richtig empfundene Sache, Herangehensweise oder Ansicht, später dem Fortschritt, der weiteren Verbesserung und der Anpassung der Ansicht weichen musste.

Auf meine dummschlaue Art ausgedrückt. Wenn der Optiker vor 20 Jahren sagt, die Brillengläser meiner Brille würden nicht besser sein können, dann muss Er heute eventuell seine Aussagen nachbessern ;) ....sonst sehe ich nichts mehr.

FlyLive
23.04.2019, 19:11
Da stimme ich Dir weitgehend zu.

Jedoch wird die Existenz von Jesus und Gott als wahr eingestuft. Oder gilt das auch nur als Erzählung?

Ich erlebe bei nachfragen oft Unsicherheit. Es kommt mir vor, als wolle man das Gott wahr ist . Zweifel erlebe ich in der Definition von Gott. Die Story vom weißbärtigen Mann auf der Wolke glaubt eigentlich niemand.
Tatsächlich und nachweisbar erklären kann es auch niemand.
Dennoch scheint sich der Gläubige auch mit unsicherem Wahrheitsgehalt im Glauben wohler zu fühlen als ohne den Glauben an Gott.

Jörn
23.04.2019, 19:36
Der Katholizismus ist der Versuch, die Bibel nicht als allein maßgeblich zu betrachten, sondern sie auszulegen, die Lehre weiterzuentwickeln und an neue Herausforderungen anzupassen. Das Ergebnis ist der Katechismus. Hier haben wir also die geforderte Anpassung an neue Erkenntnisse. Für die Protestanten gilt hingegen allein die Bibel (das war die Leitidee von Luther, "sola scriptura").

Das Ergebnis dieser Anpassung ist jedoch nicht überzeugend. Im Gegenteil, der Katholizismus gilt geradezu als Symbol für Rückständigkeit.

Ich habe den Eindruck, dass die Kirchen der allgemeinen Volksweisheit sehr, sehr weit hinterher hinken und sich vorwiegend mit Dingen abmühen, die von der breiten Gesellschaft längst abgehakt wurden.

Trimichi
24.04.2019, 06:52
Ich habe den Eindruck, dass die Kirchen der allgemeinen Volksweisheit sehr, sehr weit hinterher hinken und sich vorwiegend mit Dingen abmühen, die von der breiten Gesellschaft längst abgehakt wurden.

Hallo Jörn,

das ist Dein subjektiver Eindruck, den Du in die Kirche hineinliest. Geh doch mal am Sonntag zur Kirche - gut, jetzt nicht vielleicht in Ceylon (...), Fanatiker, die ihre Gotteshäuser gegenseitig in die Luft sprengen, vgl. Anschläge in NZ - und höre Dir eine Predigt an.

#keko hatte Dich zu einem persönlichem Gespräch eingeladen. Wäre doch was. Ich bin mir sicher, so ein Gespräch ließe sich mit einem Kirchenbesuch verbinden. Falls nicht, vllt. wäre auch "Jesus online" was für dich. Macht die evan. Jugend hier im Landkreis.

So hinterher hinkt die Kirche nicht. Sind ja nicht nur ältere Herrschaften die Theologie studiert haben in den Kirchen. Super waren auch die katholischen oder evangelisch geführten Zeltlager bzw. Jungscharfreizeiten in meiner Kindheit/Jugend.

Das ist überhaupt die Idee! Ein Ferienfeldlagerexperiment nach Muzafar Sharif in Raum Freiburg!

Auf der einen Seite die Atheisten, auf der anderen Seite die Gläubigen. Es werden diverse Wettkämpfe veranstaltet zwischen den Gruppen. Zum Schluss stellt der Experimentator, Klugschnacker, eine Aufgabe, die nur von beiden Gruppen gemeinsam bewältigt werden kann. :Blumen:

Gruss Michael.

qbz
24.04.2019, 07:40
Der Katholizismus ist der Versuch, die Bibel nicht als allein maßgeblich zu betrachten, sondern sie auszulegen, die Lehre weiterzuentwickeln und an neue Herausforderungen anzupassen. Das Ergebnis ist der Katechismus. Hier haben wir also die geforderte Anpassung an neue Erkenntnisse. Für die Protestanten gilt hingegen allein die Bibel (das war die Leitidee von Luther, "sola scriptura").
.......


Man würde meiner Ansicht nach Luther, Calvin oder Zwingli missverstehen, nimmt man an, sie hätten eine wortwörtliche Auslegung der Bibel gepredigt. Sie wandten sich mit der Bibel und mit dem Grundsatz "sola scriptura" vor allem gegen die überlieferten und vorgeblich von Gott stammenden Traditionen der Kirche, die z.B. den Ablasshandel und die Lehre von den guten Werken als Weg der Erlösung predigte sowie gegen die Dogmen des Papstes. Luther und die Protestanten stellten dem die Bibel inform der Offenbarung, dem Wort Gottes, gegenüber. Wie Luther, Zwingli oder Calvin es verstanden (im Unterschied zur Kirche), legten sie selbst in ihren Schriften dar (z.B. den Bekenntnisschriften von Luther), in der Glaubens-, Gnadenlehre oder der Prädestinationslehre. Aber das können gläubige Protestanten sicher besser ausführen als ich. ;)

qbz
24.04.2019, 07:57
......
So hinterher hinkt die Kirche nicht. Sind ja nicht nur ältere Herrschaften die Theologie studiert haben in den Kirchen. Super waren auch die katholenisch oder evangelisch geführten Zeltlager bzw. Jungscharfreizeiten in meiner Kindheit/Jugend.
....

Hi Trimichi,

zu meiner Zeit gab es die katholische Pfadfinderschaft für Kinder, für die ich auch angeworben wurde. Ich besuchte aber am Samstag lieber die überkonfessionellen Wölfe der Pfadfinder. Die Idee der Pfadfinder liegt ja ursprünglich gerade darin, dass sie international und überkonfessionell geprägt sind. Ich verstehe nicht, weshalb man Kinder für Freizeitbeschäftigungen überhaupt nach Konfession und Geschlecht separiert, also ein kath., evang., islamisches, jüdisches Zeltlager organisiert.

Es war wirklich auch bei den Wölfen (den Jungpfadfinder) interessant, weil man nachts im Zelt oder am Lagerfeuer Gespräche und Diskussionen mit Kindern anderer Konfessionen führte und unterschiedliche Konfessionen kennen lernte.

Trimichi
24.04.2019, 10:35
Hi qbz,

Hi Trimichi,

Es war wirklich auch bei den Wölfen (den Jungpfadfinder) interessant, weil man nachts im Zelt oder am Lagerfeuer Gespräche und Diskussionen mit Kindern anderer Konfessionen führte und unterschiedliche Konfessionen kennen lernte.

Einwandfrei.


Bei uns zu meiner Zeit ging's auch durchaus etwas "rustikaler" zu. Liegt womöglich am Träger.

Beispiel:
Ich war bei der Kolping-Jugend (1) dabei im Zeltlager. Wurden dann eines Nachts am Lagerfeuer sitzend von den Älteren der Kolping-Jugend geplant überfallen. Da ging's rund. Faustschläge kamen vor. War durchaus ruppig. Daher waren die Überfälle gefürchtet. Einen anderen haben die Älteren an einen Baum gefesselt und der war, sagen wir so, nicht wirklich happy. Oder auch die Nachtwanderung in Kleingruppen (4-5 Teilnehmer*en) ohne Betreuung. Plötzlich schwingt - wir laufen mit Taschenlampen auf dem vorgegeben Weg durch den Wald - ein Sack an einem Seil befestigt über den Weg und baumelt. Innen drin hockt einer und lacht wie ein sehr böser alter Mann. Schock auslösend war das! Schlafen war bei uns im "Sechser-Tippi", die wir selbst aufbauen mussten. Mit Kirche hatte das alles nichts zu tun. Aber auch gar nichts. Wir mussten weder beten noch irgendwelche Bibelstellen rezitieren oder lesen. War einfach nur ein Zeltlager, von Kolping organisiert. Letztlich waren wir alle genervt, weil die zwei Chemieklos nicht pünktlich gewartet wurden. :Lachen2:



Ja, ist toll so was. Als Kinder vorm Lagerfeuer sitzen! Kann ich jeder Familie für ihre Kinder uneingeschränkt empfehlen.

--

aus wiki:
(1) Adolph Kolping (* 8. Dezember 1813 in Kerpen bei Köln; † 4. Dezember 1865 in Köln) war ein deutscher katholischer Priester, der sich insbesondere mit der sozialen Frage auseinandersetzte, und der Begründer des Kolpingwerkes.

Jörn
24.04.2019, 19:04
Man würde meiner Ansicht nach Luther, Calvin oder Zwingli missverstehen, nimmt man an, sie hätten eine wortwörtliche Auslegung der Bibel gepredigt.

Da hatte ich mich wohl missverständlich ausgedrückt. Ich meinte keine wörtliche Auslegung, sondern dass es neben der Bibel-Auslegung keine weiteren Quellen gibt. Beispielsweise sind nach Ansicht der Protestanten irgendwelche Beschlüsse der Kirche keine Quelle, ebensowenig wie Dogmen des Papstes oder Heiligen-Geschichten.

Ich denke, wir sind uns hier weitgehend einig, ich wollte es nur noch mal deutlich machen.

Jörn
24.04.2019, 20:59
Geh doch mal am Sonntag zur Kirche (...) und höre Dir eine Predigt an.

Tatsächlich gehe ich gelegentlich in eine Kirche, und bin dort (anders als die Christen, die mit dem Gähnen kämpfen) sehr aufmerksam und interessiert.

Das ist aber den Christen nicht recht. Als ich letztes Jahr extra nach Mainz gepilgert bin, um dort die Fronleichnamspredigt des Bischofs anzuhören, wurde es u.a von keko, drullse, captainbeefheart, Anja, Stefan, [entfernt] und einem User namens "Trunkenbold" lächerlich gemacht (in einem anderen Forum). Auch hier bei Triathlon-Szene gab es scharfe Kritik, hauptsächlich von drullse, Anja, sabine-g, Rälph, Nils und Zarathustra.

drullse: "Au weia. Ein Mensch, der die Kirche so dermaßen ablehnt, führt selbst einen Kreuzzug."

Anja: "Hab ich das richtig verstanden, daß Jörn an Fronleichnam in die Kirche gegangen ist um die Predigt des Pfarrers zu analysieren?"

drullse: "Ja - wenn man auf einem Kreuzzug ist, dann muss das wohl so sein... *kopfschüttel*"

Christen wollen nicht, dass ihre Gottesdienste mit wacher Aufmerksamkeit beobachtet werden. Insgeheim wissen sie, dass die Predigten kein besonderes Niveau haben, um es mal höflich zu formulieren. Deswegen wittern sie sofort einen Verrat, wenn sich jemand daran macht, mal genauer hinzuhören.

----

Ich hatte mal einen kurzen Austausch per Email mit einem Pfarrer/Bischof (oder dessen Büro, genau weiß ich es nicht mehr), der die grandiose Idee hatte, Gottesdienste speziell für Ungläubige zu veranstalten. So verstand er den angeblichen Missions-Befehl von Jesus. Er wolle einen Dialog führen mit den Atheisten.

Dialog finde ich gut. Ich schrieb den Veranstalter an und wollte mich erkundigen, ob beide Seiten die gleiche Redezeit bekämen. Falls ja, würde ich teilnehmen. Die Vorstellung, ich könne öffentlich einen Dialog mit einem Pfarrer/Bischof führen, reizte mich. (Solche Debatten sind in den USA populär und man findet sie zahlreich bei Youtube.)

Die Antwort war, dass man eine gleiche Redezeit nicht garantieren könne, man würde mich aber herzlich einladen. Ich schrieb daraufhin zurück, in welcher Weise denn der Dialog geführt werden sollte und wie genau die Atheisten zu Wort kommen würden.

Die Antwort war, dass die Atheisten überhaupt nicht zu Wort kämen. Sondern der Pfarrer/Bischof würde eine Predigt halten. Anschließend könne man sich an speziell aufgestellten Tischen mit weiteren Informationen versorgen (diverse Broschüren).

Ich weiß nicht, ob die Veranstaltung zustande kam.

Rälph
24.04.2019, 21:52
Auch hier bei Triathlon-Szene gab es scharfe Kritik, hauptsächlich von drullse, Anja, sabine-g, Rälph, Nils und Zarathustra.


Hey, Moment mal! Ich kann mich nicht erinnern, dass ich mich damals dazu groß geäußert habe oder meinst du etwa die Keks-Geschichte?: :Lachanfall:



Erwachsene Leute tragen einen Keks durch die Stadt.


ich finde es allmählich widerlich hier

Ganz ruhig, das ist leicht zu klären!


Das Deutsche Lebensmittelbuch rechnet Oblaten (https://de.wikipedia.org/wiki/Oblate)zu den Dauerbackwaren und auch zu den feinen Backwaren, obwohl sie den dafür geforderten Mindestanteil von 10 % Fett und/oder Zucker nicht enthalten.

Zu den Dauerbackwaren (https://de.wikipedia.org/wiki/Dauerbackwaren)im engeren Sinn zählen:

Plätzchen wie Mürbeteiggebäck, Vanillekipferl, Teegebäck
Kekse (https://de.wikipedia.org/wiki/Keks)wie Hartkekse, Butterkekse, Spekulatius
Salzgebäck wie Cracker
Laugendauergebäck wie Salzstangen
Lebkuchengebäck wie Printen, Honigkuchen, Oblatenlebkuchen, Lebkuchen
Russisch Brot
Baiser
Biskuit
Backoblaten
Zwieback
Makronen
Waffeldauergebäck
Gebäck aus Röstmassen wie Nussecken, Nussknacker und Florentiner

Oblaten werden also, genau wie Kekse, zu den Dauerbackwaren gezählt, sind aber selbst keine Kekse.
Ganz genau genommen erfüllen sie noch nicht einmal die strengen Kriterien, um die Bezeichnung "Dauerbackeware" zu Recht zu tragen.

Jörn, den Keks musst du zurück nehmen!:Cheese:

Flow
24.04.2019, 22:29
Als ich letztes Jahr extra nach Mainz gepilgert bin, um dort die Fronleichnamspredigt des Bischofs anzuhören, wurde es u.a von keko, drullse, captainbeefheart, Anja, Stefan, Flow und einem User namens "Trunkenbold" lächerlich gemacht (in einem anderen Forum). Auch hier bei Triathlon-Szene gab es scharfe Kritik, hauptsächlich von drullse, Anja, sabine-g, Rälph, Nils und Zarathustra.
Geht es wieder mit persönlichen Unterstellungen los, ja ... ? :)

Klugschnacker
24.04.2019, 22:31
Wenn ich mal ein eindeutiges Beispiel [für die Uminterpretation biblischer Texte] anführen darf: Die Geschichte von der Arche Noah. Da ist eigentlich allen unbestritten klar, mit Ausname vielleicht der Evangelikalen und Zeugen Jehovas, dass die Erzählung eine erfundene Legende ist.

Ja, es ist eine von Menschen erfundene Legende.

Wodurch genau wurde sie widerlegt oder in Zweifel gezogen? Ich finde es persönlich interessant, hier genauer hinzuschauen, denn es erhellt einen Punkt, den ich am Christentum befremdlich finde, und einen der Gründe darstellt, warum ich hier diskutiere. Was ist faul an der Noah-Geschichte?

Gott ersäuft kurzerhand fast alle von ihm selbst kreierten Lebewesen. Auch die Kinder. Sie und alle Tiere können gewiss nichts für ihre Natur, die dem Schöpfer plötzlich als missraten erscheint.

a) Moralischer Einwand: Gott würde so eine brutale und ungerechte Tat nicht verüben, um sein Werk zu verbessern, schließlich ist er allmächtig. Also kann an der Geschichte etwas nicht stimmen.

b) Naturwissenschaftlicher Einwand: Die Erforschung der Natur durch uns Menschen hat gezeigt, dass die Tierarten nicht alle vom Berg Ararat stammen können, wo Noah mit der Arche angeblich anlegte. Die Pinguine können schlecht von der Wüste Armeniens zum Südpol gewatschelt sein.

Der moralische Einwand, der auf bestürzende moralische Unzulänglichkeiten des Gottesbildes zielt, hatte zweitausend Jahre lang praktisch kein Gewicht. Erst Charles Darwins Evolutionstheorie und die geologische Forschung hatten genügend Überzeugungskraft, um breiten Bevölkerungsschichten zu verdeutlichen, dass an der Noah-Legende etwas nicht stimmen kann. Irgend etwas scheint mit dem moralischen Kompass nicht zu stimmen. Ist das nicht verstörend?

Flow
24.04.2019, 22:54
Als ich letztes Jahr extra nach Mainz gepilgert bin, um dort die Fronleichnamspredigt des Bischofs anzuhören, wurde es u.a von keko, drullse, captainbeefheart, Anja, Stefan, Flow und einem User namens "Trunkenbold" lächerlich gemacht (in einem anderen Forum). Auch hier bei Triathlon-Szene gab es scharfe Kritik, hauptsächlich von drullse, Anja, sabine-g, Rälph, Nils und Zarathustra.drullse: "Au weia. Ein Mensch, der die Kirche so dermaßen ablehnt, führt selbst einen Kreuzzug."

Anja: "Hab ich das richtig verstanden, daß Jörn an Fronleichnam in die Kirche gegangen ist um die Predigt des Pfarrers zu analysieren?"

drullse: "Ja - wenn man auf einem Kreuzzug ist, dann muss das wohl so sein... *kopfschüttel*"Wenn ich es richtig verstehe, hast du in diesem "anderen Forum" dafür sorgen lassen, daß dein Name nicht mehr erwähnt werden darf und in allen bisherigen Beiträgen mühevoll gelöscht wurde.
Auf der anderen Seite prangerst du hier weiter recht fröhlich persönlich an.

Vorschlag zur Güte :
Du unterläßt es ab sofort mir persönlich irgendwelche Dinge zu unterstellen und mir übel hinterherzureden.
Im Gegenzug verzichte ich darauf, hier kundzutun, was ich von dir, deinem Auftreten und deiner ganzen Art halte.

Deal ... ? :Blumen:

Jörn
24.04.2019, 23:23
Wenn ich es richtig verstehe, hast du in diesem "anderen Forum" dafür sorgen lassen, daß dein Name nicht mehr erwähnt werden darf und in allen bisherigen Beiträgen mühevoll gelöscht wurde.
Auf der anderen Seite prangerst du hier weiter recht fröhlich persönlich an.

Vorschlag zur Güte :
Du unterläßt es ab sofort mir persönlich irgendwelche Dinge zu unterstellen und mir übel hinterherzureden.
Im Gegenzug verzichte ich darauf, hier kundzutun, was ich von dir, deinem Auftreten und deiner ganzen Art halte.

- Ich habe nirgends meinen Namen löschen lassen.

- Ich rede Dir auf anderen Webseiten nicht übel hinterher, sondern debattiere mit Dir ausschließlich in diesem Forum und in diesem Thread.

- Ich will Dir nichts Böses, sondern wir haben einfach unterschiedliche Ansichten.

- Du kannst mir gerne sagen, was Du von meinen Argumenten hältst, und warum.

- Trimichi hatte angeregt, ich solle mal eine Predigt besuchen, und ich habe darauf geantwortet, dass ich das gelegentlich tue, dass es aber gerade bei den Christen nicht gut ankommt, wenn man anschließend seine Meinung dazu äußert.

Flow
24.04.2019, 23:26
Ich meine, ich habe es verständlich formuliert :

Vorschlag zur Güte :
Du unterläßt es ab sofort mir persönlich irgendwelche Dinge zu unterstellen und mir übel hinterherzureden.
Im Gegenzug verzichte ich darauf, hier kundzutun, was ich von dir, deinem Auftreten und deiner ganzen Art halte.

Deal ... ? :Blumen:

Klugschnacker
25.04.2019, 00:00
Im Gegenzug verzichte ich darauf, hier kundzutun, was ich von dir, deinem Auftreten und deiner ganzen Art halte.

Was auch immer hier ausgehandelt wird: Ich werde es als Moderator nicht dulden, wenn Du hier auf persönlicher Ebene ausfallend wirst. Zum wem auch immer.
:dresche

Flow
25.04.2019, 00:08
Was auch immer hier ausgehandelt wird: Ich werde es als Moderator nicht dulden, wenn Du hier auf persönlicher Ebene ausfallend wirst. Zum wem auch immer.
:dresche
Ja, das ist bekannt ... :)

Vielleicht kannst du dich als Moderator dann auch um den ersten Teil kümmern :

Vorschlag zur Güte :
Du unterläßt es ab sofort mir persönlich irgendwelche Dinge zu unterstellen und mir übel hinterherzureden.
... der im Vergleich zum zweiten aktuell real stattfindet.

Danke schonmal im Voraus ... :Blumen:

Klugschnacker
25.04.2019, 00:22
Vielleicht kannst du dich als Moderator dann auch um den ersten Teil kümmern :

Gerne, allerdings müsstest Du mir bitte genauer mitteilen, was Dir fälschlicherweise unterstellt wurde. Anschließend kann ich nachsehen, ob es Dir zurecht oder zu unrecht vorgehalten wird. Das Ganze bitte per PN.
:Blumen:

Flow
25.04.2019, 00:39
Gerne, allerdings müsstest Du mir bitte genauer mitteilen, was Dir fälschlicherweise unterstellt wurde. Anschließend kann ich nachsehen, ob es Dir zurecht oder zu unrecht vorgehalten wird. Das Ganze bitte per PN.
:Blumen:
Es handelt sich um diesen Teil :

Als ich letztes Jahr extra nach Mainz gepilgert bin, um dort die Fronleichnamspredigt des Bischofs anzuhören, wurde es u.a von [...] Flow [...] lächerlich gemacht.

... der hier schön öffentlich unterstellt wird.

Willst du jetzt ernsthaft "auseinanderdebattieren" wer wann was "zu Recht oder Unrecht" über den anderen geschrieben hat ?
Mein Vorschlag, wie gehabt, wir lassen es einfach einvernehmlich ... :Blumen:

Flow
25.04.2019, 00:44
Wenn du diskutieren willst, können wir uns fragen, ob man prinzipiell etwas "lächerlich machen" kann.
Ich stelle die These in den Raum, daß etwas entweder von sich selbst aus bereits lächerlich ist, oder eben nicht.
Lächerlich "machen" kann man sich vielleicht selbst.

Wie auch immer, ich würde hier lieber nochmal in Ruhe die letzten drei Wochen nachlesen, in denen meine Aufmerksamkeit anderweitig etwas gebunden war. Eventuell waren ja ein paar interessante Ansichten dabei ...

Jörn
25.04.2019, 00:58
Hallo Flow! Um die Moderation zu vereinfachen: Das nehme ich zurück! Es lohnt nicht, sich darüber zu streiten. Ich nehm's zurück.

Ich bezog mich auf ein Forum, welches ich nicht weiter verfolge, aber es gibt dort einen Thread, dessen Anliegen es zu einem guten Teil zu sein scheint, mich als Idioten hinzustellen, ohne dass ich überhaupt dort teilnehmen würde (quasi ein klassischer Mobbing-Thread, der über Abwesende herzieht). Die "Fronleichnams-Debatte" vor ca. einem Jahr schwappte auch dorthin, deswegen bin ich per Google darüber gestolpert, als ich mal danach suchte. Ich war überrascht, einige von Triathlon-Szene bekannten Foren-Nicknames zu lesen.

Die entsprechende Passage wird vorwiegend geschrieben von keko (Administrator), drullse, captainbeefheart, Anja, Stefan, und einem User namens "Trunkenbold". Auch der Name "Flow" taucht dort auf, aber möglicherweise nicht so, dass man behaupten könnte, Du würdest meine Kritik an dieser Fronleichnams-Predigt lächerlich machen; sondern Du nimmst quasi "einfach so" an diesem Thread teil.

Folglich nehme ich Deinen Namen aus der Liste aus und entschuldige mich in aller Form. Du machst mich in dieser Passage nicht lächerlich, sondern nimmst ganz allgemein an einem Thread teil, der nach meiner oberflächlichen Wahrnehmung (und auch nur teilweise) die Herabwürdigung meiner Person zum Ziel hat. Hier muss man sauber unterscheiden, und es tut mir leid, dass ich es nicht sauber unterschieden habe.

Es war mir gar nicht so wichtig. Ich wollte lediglich auf das Posting von Trimichi antworten, in dem er mich anregte, mal eine Predigt zu besuchen. Ich antwortete, dass anschließende Bewertungen der Predigt (wie hat's mir gefallen?) womöglich nicht erwünscht wären. Als Beleg habe ich an die episch lange "Fronleichnams"-Debatte hier im Forum verwiesen.

Weil es mir nicht so wichtig war, habe ich auch keine Links gesetzt, sondern wollte einfach die ungefähre Erinnerung erwachen lassen, und deswegen habe ich die Namen genannt. (Bei manchen hat's ja auch sofort "geklingelt", und mehr wollte ich nicht.)

Von mir aus können wir diesen Strang der Debatte beenden.

Nachtrag: Ich habe Deinen Namen aus meinem Posting entfernt.

Flow
25.04.2019, 01:30
Hallo Flow! Um die Moderation zu vereinfachen: Das nehme ich zurück! Es lohnt nicht, sich darüber zu streiten. Ich nehm's zurück.
Das begrüße ich im Prinzip !

Leider legst du "gefühlt" dafür auch noch etwas nach ...

Ich bezog mich auf ein Forum, welches ich nicht weiter verfolge, aber es gibt dort einen Thread, dessen Anliegen es zu einem guten Teil zu sein scheint, mich als Idioten hinzustellen, ohne dass ich überhaupt dort teilnehmen würde (quasi ein klassischer Mobbing-Thread). Die "Fronleichnams-Debatte" vor ca. einem Jahr schwappte auch dorthin, deswegen bin ich per Google darüber gestolpert, als ich mal danach suchte. Ich war überrascht, die von Triathlon-Szene bekannten Foren-Nicknames zu lesen. Da täuscht dich wohl dein Eindruck etwas !
Im besagten Forum wurde seinerzeit "die Geburt" von triathlon-szene.de bzw. damals x-athlon.de groß gefeiert. Viele der dortigen User haben ihren Teil dazu beigetragen, triathlon-szene in seinen Kindertagen wachsen zu lassen.

Den besagten Thread gibt es dort seit bald 10 Jahren, also viele Jahre länger als dein ... naja, dein Auftreten in diesem Thread hier läuft.
Der Thread war angelegt als eine Art "Presseschau" oder "über den Zaun schauen", im Sinne "was passiert beim befreundeten (!) Nachbarn ?"
Es gab in den Jahren dort einiges an Lob, an Kritik, mal mehr mal weniger konstruktiv, und ja, auch Spott und vereinzelt Unangemessenes.

Das Ganze als "Mobbing" oder "Internet-Hetze" zu bezeichnen, halte ich für völlig verfehlt !

Die entsprechende Passage wird vorwiegend geschrieben von keko, drullse, captainbeefheart, Anja, Stefan, und einem User namens "Trunkenbold". Auch der Name "Flow" taucht dort auf, aber möglicherweise nicht so, dass man behaupten könnte, Du würdest meine Kritik an dieser Fronleichnams-Predigt lächerlich machen; sondern Du nimmst quasi "einfach so" an diesem Thread teil. Der Name Flow taucht dort auf, das ist richtig. Unabhängig von Fronleichnam und Kirchenbesuchen hatte ich tatsächlich auch einen einzelnen Satz geschrieben, der mir durch den Kopf ging und deinen Namen enthielt, welcher mitlerweile jedoch auf Anstossen deines Bruders dort gelöscht wurde.
Wenn du möchtest, wiederhole ich ihn gerne ...

Folglich nehme ich Deinen Namen aus der Liste aus und entschuldige mich in aller Form. Du machst mich in dieser Passage nicht lächerlich, sondern nimmst ganz allgemein an einem Thread teil, der nach meiner oberflächlicher Wahrnehmung (und auch nur teilweise) die Herabwürdigung meiner Person zum Ziel hat. Hier muss man sauber unterscheiden, und es tut mir leid, dass ich es nicht sauber unterschieden habe.Das empfinde ich als wohlverpacktes Nachtreten ... :Blumen:
Von mir aus können wir diesen Strang der Debatte beenden.Das liegt in meinem Interesse !

Jörn
25.04.2019, 03:53
Das Ganze als "Mobbing" oder "Internet-Hetze" zu bezeichnen, halte ich für völlig verfehlt !

Es liegt sinnvollerweise an der gemobbten Person, zu entscheiden, ob sie sich gemobbt fühlt. (Es lohnt aber nicht, sich darüber zu zanken.)

Ich möchte keinen Streit mit Dir oder mit irgendeinem Forum. Das Thema "Religion" hat nunmal die Eigenschaft, dass konträre Meinungen aufeinander prallen, und ich finde, dass sollten wir uns gegenseitig zugestehen.

Ganz persönlich würde ich nur ungern eine Situation vorfinden, in der man jeden Tag auf Twitter oder Facebook oder sonstigen Webseiten nachsehen muss, was andere Leute über einen schreiben. Was mich persönlich betrifft, würde ich nicht in Forum A über Leute herziehen, mit denen ich in Forum B freundlich diskutiere. Es hat mich schon erstaunt, dies gerade bei Christen zu entdecken.

Eine Sache noch, eher allgemeiner Art: Ich verstehe nicht, warum Du stets so harsch auf meine Postings reagierst. Es scheint mir beinahe, als hätte es mit dem Inhalt nichts zu tun, sondern eher mit der Entschiedenheit, mit der ich meine Standpunkte vortrage. Ich vermute, dass Dir die Entschiedenheit nicht passt. Bin ich da auf der richtigen Spur?

Jörn
25.04.2019, 04:06
Was ist faul an der Noah-Geschichte?

Ich finde den Gedanken sehr interessant (dass lange Zeit die gute Moral der Erzählung nicht angezweifelt wurde). Ähnlich ist es bei der Abraham, der sein eigenes Kind opferte.

Ich würde gerne einen kleinen Schlenker anbieten, für jene, die gerade eine Kaffeetasse auf dem Tisch stehen haben und eine Ausrede für eine kleine Pause benötigen. Trimichi hat angeregt, ich solle einer Predigt lauschen -- also was liegt da näher, als einer Predigt zur Arche Noah zu lauschen?

Hier ist eine Predigt zur Arche Noah, gehalten am 2. Februar 2014 von Pfarrerin Esther Kohn-Lutz (evangelisch). Nach meiner Einschätzung wird darin ein Wahn sichtbar. Zwar stellt sie alle nötigen Fragen und legt den Finger durchaus in die Wunde. Doch das ist nur Geklingel, denn jauchzend und jubelnd wäscht sie Gottes Schuld und Verantwortung fort. Vor allem macht sie sich keine Mühe, zu prüfen, ob ihre Interpretation tatsächlich zutrifft, oder ob andere Interpretationen noch wahrscheinlicher (oder ebenso wahrscheinlich) wären. Es geht ihr einzig darum, ihr wundervolles Märchen zu erhalten.

Furioses Highlight ist für mich folgende Erkenntnis, nachdem die Menschheit zuerst gescheitert war, dann ersäuft wurde, anschließend aber genau so schlecht war wie zuvor. Was hat sich dann überhaupt geändert?

"So bleibt nur die Feststellung, daß Gott sich in einem entscheidenden Punkt geändert hat. Gott hat sich vom enttäuschten Idealisten [der an die Menschen glaubte, -Jörn] mit dem Projekt der absoluten Utopie [der perfekten "neuen" Menschheit, -Jörn] verwandelt in einen utopischen Realisten [der sich mit den dämlichen Menschen abfindet, -Jörn]"

Ich teile die Predigt in zwei Teile auf, weil die Foren-Software es verlangt.

Jörn
25.04.2019, 04:07
Predigt zur Arche Noah, gehalten am 2. Februar 2014 von Pfarrerin Esther Kohn-Lutz (evangelisch).

Teil 1 von 2.


"Liebe Gemeinde,

die Geschichte über die Sintflut macht uns sprachlos – aus mehreren Gründen.

So aktuell sind die Fluterfahrungen . Immer mehr Menschen erleben in ihrem Land eine „ Sintflut“ – eine Überflutung und damit Zerstörung Ihrer Lebensexistenz. Ein traumatisches Erlebnis. Menschen auf den Philippinen können davon genauso berichten wie diejenigen, die die Zerstörung durch den Tsunami in Thailand mit bekommen haben. Flutkatastrophen gibt es immer mehr – Grund dafür scheint u.a. der Klimawandel zu sein – bzw. die Veränderung des Klimas durch unser umweltbelastendes und Energieverbrauchenden Lebensstil.

Diese Geschichte über die Sintflut macht sprachlos – weil es keine Geschichte ist, in der wir nach naturwissenschaftlichen Ursachen suchen können als Grund für die Flut. Sprachlos macht uns diese Geschichte, weil Gott selbst Verursacher der Sintflut ist. So wird uns das geschildert. Gott ist zutiefst enttäuscht von seiner Schöpfung – die er doch so geschaffen hat, dass es am Ende jedes Schöpfungstages immer hieß: „ Und Gott sah, dass es gut war. „ Und am Ende des 6. Tages, an dem der Mensch und die Säugetiere geschaffen wurden, hieß es sogar: „ Und Gott sah an alles was er gemacht hatte und siehe es war sehr gut.“ Gott hat den Menschen sehr gut geschaffen – allerdings gehörte dazu auch die Freiheit des eigenen Willens, die Freiheit, auch zu schwierigen Wegen , auch zur Versuchung JA zu sagen.

Deshalb beginnt die biblische Menschheitsgeschichte ja sofort mit einer Geschichte, die den Menschen zwar mehr Erkenntnis, aber ein schwieriges Leben bringt – die Geschichte der Versuchung, vom Baum der Erkenntnis von Gut und Böse zu essen. Leider hat der Mensch diese Erkenntnis nicht dazu genutzt, um das Böse zu erkennen – und dann zu vermeiden – sondern es gibt scheinbar eine Lust, gerade verbotene Wege zu gehen – eine Leidenschaft, die eigenen Gefühle ganz aus zu leben – auch wenn ich danach erkenne, dass das vorallem zerstörerisch war. Die Geschichte von Kain und Abel – eine Geschichte, in der Kain seinen Neid, seine Eifersucht auf Abel nicht zügeln kann. Obwohl Gott Kain gewarnt hatte: „ Die Sünde lauert vor der Tür. Nach dir hat sie Verlangen. Herrsche über Sie.“ Aber – Kain wollte darauf nicht achten. So steht am Anfang der Bibel eine Geschichte über Mord und Totschlag – wie sie scheinbar zur Menschheitsgeschichte dazu gehört.

Und dann – die Geschichte vom Turmbau zu Babel – eine Geschichte voller Hybris, voller Selbstüberschätzung - mit der Lust, andere beherrschen zu wollen, sich über andere zu stellen – und den Himmel zu erreichen – selbst zu Gott zu werden. Auch eine Geschichte, die wir tagtäglich erleben… Schon nach kurzer Zeit – in der Bibel sind gerade mal 6 Kapitel nach der Schöpfungsgeschichte – ist Gott sehr enttäuscht von seiner Schöpfung und er reagiert wie ein enttäuschter Mensch. „ Ich will die Menschen, die ich geschaffen habe, vertilgen von der Erde.“ Und nicht nur die Menschen – auch die Tiere auf dem Land und in der Luft. „ Denn es reut mich, dass ich sie geschaffen habe.“ Ein ungeheurlicher Satz! Gott reut es, dass er die Menschen geschaffen hat?

Dass macht uns fassungslos – und irritiert uns – weil wir das mit unserem Gottesbild des liebevollen Gottes so garnicht zusammenbekommen. Der liebe Gott - – wann ist Gott den der liebe Gott geworden? Und – was verstehen wir unter dem „ lieben Gott?“

Die biblische Flutgeschichte handelt von Gewalt. Aber sie überläßt der Gewalt gerade nicht das Feld. Sie erzählt von Gottes Gewalt. Aber sie läßt diese Gewalt gerade nicht das letzte Wort, nicht Gottes letztes Wort sein. Nun wäre es uns aber womöglich noch lieber, wenn im Blick auf Gott alle Züge des Gewalttätigen unterblieben, wenn Gott allein der "liebe Gott" wäre. Freilich: Wenn Gott allein der "liebe Gott" wäre, woher kommt dann all das Böse?

Wenn Gott nichts tut und deshalb "lieb" ist, wer tut dann all das Böse? Woher kommt das Böse? In einem Vortrag über „ Gewalt in der Bibel“ schreibt Jürgen Ebach: „ In dieser Grundform ist die Theodizeefrage [die Frage, warum es Leid gibt -Jörn] nach wie vor ebenso virulent wie ungelöst, während sie im engeren Sinne als Frage nach der Rechtfertigung Gottes vor dem Gerichtshof der Vernunft einer inzwischen selbst fraglich gewordenen Überschätzung eben dieses "Gerichtshofes" zu konfrontieren wäre. Die Entlastung Gottes gegenüber dem Vorwurf, als Herr der Welt auch für das Böse verantwortlich zu sein, hat (beginnend in der Bibel selbst) die Karriere des Teufels befördert. Je "lieber" Gott sein soll, um so mächtiger muß der Teufel werden, bis zuletzt die einzige Entschuldigung Gottes in seiner Nichtexistenz besteht.

Der Philosoph Odo Marquard kommentiert: "Theodizee gelungen, Gott tot." Das Grundproblem, das sich mit der Reduktion Gottes auf den "lieben Gott" verbindet, bleibt auch dann bestehen, wenn inzwischen andere Instanzen in den Platz des Teufels eingewiesen wurden, sei es "der Mensch", seien es "die Verhältnisse", sei es "die Geschichte" oder "das Schicksal" - in welcher Gestalt auch immer. Jeder Versuch, die Theodizeefrage zu beantworten, bezeugt Zynismus oder Blindheit (oder beides). Noch zynischer und blinder wäre einzig, die Theodizee als Frage zu beseitigen. An ihr als Theodizee fest zu halten, d.h. als Frage an Gott - und (durchaus im doppelten, wenn nicht noch mehrschichtigeren Sinne) als Frage nach Gott, bestreitet jeder anderen möglichen "Instanz" das Recht und die Macht, sie zu beantworten oder zu beseitigen. In dieser Bestreitung liegt die Aufgabe und die Kraft von Theologie, und nichts wäre schlimmer, als wenn sie sich, statt an der Frage fest zu halten, selbst zur Antwortinstanz erheben würde.“

Wie kann Gott Gewalt zulassen? Manche sind jetzt schnell dabei und sagen: Ach, das sind doch diese Gewaltvollen Geschichten aus dem AT – im NT wird das nachher alles anders. Deswegen lese ich ja auch lieber die Geschichten mit Jesus…“ – Nur – spätestens bei der Kreuzigung Jesu müssen wir uns wieder mit dem Thema der Gewalt auseinander setzen… Wenn auch auf eine andere Art und Weise."

Jörn
25.04.2019, 04:08
Predigt zur Arche Noah, gehalten am 2. Februar 2014 von Pfarrerin Esther Kohn-Lutz (evangelisch).

Teil 2 von 2.

"Zurück zur Sintflut geschichte – zurück zu Gottes Enttäuschung über die Bosheit der Menschen.

Gott bereut, dass er die Menschen geschaffen hat : „ Gott sah, dass die Bosheit der Menschen groß war auf Erden und das Dichten und Trachten ihrer Herzen nur böse war immerdar, da reute es ihn, dass er die Menschen gemacht hatte auf Erden und es bekümmerte ihn in seinem Herzen und er sprach: Ich will die Menschen, die ich geschaffen habe, vertilgen von der Erde. “

Nur – uns gibt es ja noch – sonst würden wir nicht heute hier im Gottesdienst zusammen sitzen und gemeinsam beten und singen und nach Orientierung fragen durch Gottes Wort. Also was war passiert? Einen gab es nun doch, der vor Gottes Augen Gnade gefunden hatte. Noah. Von ihm heißt es: „Er war ohne Tadel. Er war fromm. Er wandelte mit Gott..“

Er wandelte mit Gott – eine wunderschöne Beschreibung von einem Menschen, der mit Gott in allen Lebenssituationen im Gespräch bleibt, der sich mit Gott immer wieder berät, der sich durch Gottes Wort Orientierung geben lässt in allen Fragen des Lebens.

Noah und seine Familie – seine Frau, seine 3 Söhne – und die Familien seiner Söhne – die werden gerettet. Gott erzählt Noah, was er vorhat – und nun geschieht etwas mit Noah. Er, der mit Gott wandelte , wird nicht aufhören mit Gott zu wandeln – auch unter der lebensbedrohlichen und furchtbaren Katastrophe einer Sintflut… - aber er verstummt. In der ganzen Geschichte hören wir von Noah kein einziges Wort. Ihm hat es die Sprache verschlagen – er ist sprachlos wie wir auch.

Er streitet nicht mit Gott – warum Gott , wie kannst du das tun? Es ist doch deine Schöpfung!

Er bittet auch nicht für die anderen Menschen – wie Mose in seiner Fürbitte – vergib ihnen ihre Schuld – und lass uns wieder neu anfangen.

Er handelt auch nicht wie Abraham, als er erfährt, dass Sodom und Gomorra zerstört werden sollen – weil auch diese Städte nur geprägt von Kriminalität und zerstörerischer Gewalt waren.“ Gott, es wird außer mir sicher noch ein paar andere geben, die mit dir wandeln.. . rette die doch auch.“

Nein – Noah bleibt stumm…

War das in Ordnung? Oder ein Verrat an den anderen – den Nachbarn, den Freunden, den Genossen? In dem Buch „ Der Himmelsschlüssel“ von Leszek Kolakowski beschreibt er das Dilemma von Noah. Entweder erfüllt er die elementare Solidarität mit seinen Mitmenschen – und geht mit ihnen unter – oder er nimmt die einzige Chance wahr, dass es mit der Welt und der Menschheit weiter geht. Zum Glück hat er sich dafür entschieden… aber zu einem hohen Preis. Er wird alles tun, was Gott ihm sagt – aber er wird stumm bleiben. Und damit sein Unverständnis, seine Kritik an Gottes Verhalten zum Ausdruck bringen. Er befolgt alles aufs Genaueste, was Gott ihm jetzt für Anweisungen gibt. Dass er eine große Arche bauen soll dass sie aus Tannenholz sein soll, dass sie so groß sein soll, dass er und seine Familie darin für viele Monate leben könne n – und dass es viele kleine und große Ställe und Abteilungen geben muss – für alle Tiere, die auf der Arche Schutz finden werden – je ein Paar von allen Arten der verschiedenen Tiere. Denn – und jetzt kommt mitten in der Ankündigung der zerstörerischen Sintflut eine Verheißung, dass es danach doch wieder Leben geben wird….“ Um das Leben zu erhalten auf dem ganzen Erdboden.“ Ein einziges Fenster bekommt die Arche – das bleibt nun aber erstmal einige Monate zu…. Denn als dann alle drin waren, fing es an zu regnen – sintflutartig – das Wort kennen wir ja heute immer noch…Es regnete 150 Tage… alles verschwand in den Fluten -Menschen, Tiere, Bäume, Berge….

„ Allein Noah blieb übrig und was mit ihm in der Arche war.“ 150 Tage auf engstem Raum – man mag sich das garnicht vorstellen - schon als Familie kann man sich ja ganz schön auf den Wecker gehen, wenn man zu eng aufeinander hockt – und dann noch mit sovielen Tieren zusammen! Löwen und Elefanten, Schlangen und Eichhörnchen, Mäuse und Kamele….

„ Da gedachte Gott an Noah und an alles wilde Getier und an alles Vieh, dass mit ihm in der Arche war und ließ Wind auf die Erde kommen und die Wasser fielen. „

Gott erinnert sich an Noah – und jetzt geht es darum, wie er und seine Familie und die ganzen Tiere gerettet werden können. Gott ließ Wind auf die Erde kommen – klar, Wind trocknet …. Aber es ist auch eine theologische Aussage und erinnert an die Schöpfung: Gottes Geist – Gottes „ Wind“ schwebte über dem Wasser - beides Mal ist es das gleiche Wort: ruach. Es soll einen Neuanfang geben – jetzt nicht mehr aus dem Chaos – dem Tohuwabohu wie am Anfang der Schöpfung – sondern aus dem Chaos der Flut. Und die Brunnen der Erde wurden verstopft – Vorstellung, dass das Wasser von unten durch die Brunnen kam – und die Fenster des Himmels wurden geschlossen – die Schleussen des Himmels… 150 Tage dauerte es nun, bis das Wasser wieder ablief… und die Arche strandete – auf dem Berg Ararat…Heute Armenien – das hat Archäologen und andre Menschen immer wieder dazu gebracht, auf dem Berg Ararat nach Bruchstücken der Arche zu suchen .

Das ist ja auch das besondere dieser biblischen Urgeschichten – sie sind so zu sagen kollektive Geschichten der Menschheit – und gleichzeitig durch manche Ortsangaben wirken sie so, als wären sie an einem bestimmten Ort geschehen. Nun gut – der Berg Ararat ist seitdem natürlich ein „ Heiliger Berg“ – der Ort, an dem wieder Neues Leben begann – ein Ort der Verheißung. Gestrandet zu sein heißt aber noch nicht gleich, wieder wirklich leben zu können – das wissen alle diejenigen, die nach dem Krieg damals oder nach Kriegen heute dann irgendwo nach gelungener Flucht „ stranden“ – zwar lebendig, aber noch in keinster Weise beheimatet.

Es ist garnicht einfach den richtigen Moment zu finden, wann ich bereit bin , mich wieder der Außenwelt zu öffnen…. Nach 40 Tagen tat Noah an der Arche das Fenster auf – frische Luft!!!! Wieder Kontakt zur Außenwelt! Und jetzt sehen wir das Bild vor uns, dass Nolde und andere gemalt haben. Wie Noah als ein alter Mann seine Hand aus der Luke ausstreckt und erst einen Raben fliegen lässt. Der flog immer hin und her – bis die Wasser vertrockneten auf Erden. Dieses Herumflattern – da spürt man förmlich den Windhauch der Flügel – es trocknet immer mehr… der Sehnsucht nach freiem Leben wird freien Lauf gelassen. Aber – Sehnsucht ist noch keine Realität für neues Leben. Noah lässt eine Taube fliegen die findet keine Nahrung und kommt wieder zurück. „ Da aber die Taube nichts fand, wo ihr Fuß ruhen konnte, kam sie wieder zu ihm in die Arche. Denn noch war Wasser auf der ganzen Erde. Da tat er die Hand heraus und nahm sie wieder zu sich. „ Noch konnte die Taube nicht zur Ruhe kommen – noch können die Menschen nicht zur Ruhe kommen. Nach weiteren 7 Tagen lässt Noah wieder eine Taube fliegen – und die kam zur Abendzeit zurück – „ und siehe, ein Ölblatt hatte sie abgebrochen und trug es in ihrem Schnabel.“ Ein Zweig von einem Ölbaum! Man kann sich das garnicht intensiv genug vorstellen - diese Freude: es ist vorbei! Wir können bald wieder auf der Erde als Gerettete leben! Ein Zeichen des Lebens – die Flut ist vorbei!

Der Ölzweig ist seitdem zu einem Symbol des Friedens geworden. Hier in der Predigerkirche sehen wir ihn gemalt – als Attribut für den Frieden als eine der Tugenden. Picasso hat die Taube mit dem Ölzweig mehrfach gemalt – gezeichnet – sie ist zu einem wichtigen Symbol der Friedensbewegung geworden. Ein Symbol für die Sehnsucht nach Frieden. Wenigstens ein Ölblatt ist schon sichtbar!

„ Nach dieser Sintflut möchte ich die Taube,

und nichts als die Taube,

noch einmal gerettet sehn.

Ich ginge ja unter in diesem Meere!

flög sie nicht aus, brächte sie nicht

in letzer Stunde das Blatt.“

So beschreibt die Dichterin Ingeborg Bachmann ihre Hoffnungssehnsucht…( Ingeborg Bachmann, Sämtliche Gedichte).

Und dann – wieder 7 Tage später – schickt Noah die dritte Taube los – sie kommt nicht wieder – sie findet nun Nahrung außerhalb der Arche.

Die Wasser waren vertrocknet – Neues wächst auf – und Noah - von ihm heißt es, dass er jetzt das Dach von der Arche abmontiert – jetzt brauchen wir keinen Schutz mehr!

Gerettet! Überlebende! Und jetzt?

Wir haben letzten Montag am 27. Januar an die Befreiung der meist jüdischen Menschen aus dem KZ Ausschwitz gedacht – und da gab es verschiedene Lesungen. Unter andrem auch mit Texten von Eli Wiesel. Damals ein Junge – gerettet aus Auschwitz – ein Überlebender. Aber, er beschreibt in seinen biografischen Erzählungen, dass er jahrelang mit einem sehr schweren Gewissen lebte – warum hatte er überlebt – und nicht andre? Er konnte sich nicht nur freuen übe seine Rettung – sondern hat das auch eine große Last erlebt - welche Aufgabe habe ich als Überlebender?

Noah ist dankbar, dass er und seine Familie gerettet wurden – dass das Leben weitergeht – dass jede Tierart weiterleben kann – aber er ist auch ein Gezeichneter. Er bringt Gott ein Dankopfer – schweigend…

Und Gott?

Er schließt einen neuen Bund mit den Menschen – eigentlich mit der Erde. „ Ich will hinfort nicht mehr die Erde verfluchen um der Menschen willen. Denn das Dichten und Trachten des menschlichen >Herzens ist böse von Jugend an.“

Das klingt resigniert… aber auch irgendwie realistisch. Das menschliche Herz ist nicht böse von Geburt an – aber es gibt vieles, was einen Menschen prägt…. Wozu ein Mensch sich hinreißen lässt deswegen – das Stichwort mit der Jugend weist darauf hin.

Was hat sich jetzt eigentlich verändert?

Der Mensch ist fähig zum Guten und zum Bösen. Für Gott ist das kein Grund mehr für eine Sintflut.- Er will verlässlich bleiben . „Solange die Erde steht soll nicht aufhören Saat und Ernte, Frost und Hitze, Sommer und Winter, Tag und Nacht.“ Die Verlässlichkeit des Lebensrhythmus – eine Kurzform der Hoffnung. Es wird alles nach und nach wieder kommen – ein Wechsel der Rhythmen, auf den ich mich verlassen kann, Grundlage für ein Leben in innerer und äußerer Ruhe.

Der Mensch ist fähig zum Guten und zum Bösen – und braucht eine Orientierung für sein Leben. Das ist die Konsequenz Gottes: die Menschen brauchen eine Wegweisung, um mit Gott – und mit ihren Mitmenschen – wandeln zu können. Gesetze und Gebote entstehen…

Am Ende der biblischen Flutgeschichte steht die von Gott her unbedingte Zusage, nie wieder eine solche Flut über die Erde zu bringen. Angesichts der Frage, ob eine solche globale Vernichtung möglich sei, vermittelt die biblische Flutgeschichte die Antwort: Ja, eine solche Zerstörung ist möglich, aber sie ist Vergangenheit und wird nie wiederkommen! Die geschehene Gewalt Gottes vermittelt zugleich die Gewißheit ihrer Nichtwiederholung. Und doch bleibt die bedrückende Schilderung der göttlichen Gewalt. Aber gerade hier gibt es etwas zu lernen, nämlich daß Gott selbst lernt. Zunächst bereut Gott seine Schöpfung. Der Gedanke der Reue Gottes schließt ein, daß Gott Dinge tut, die ihm leid tun. In der Vorstellung eines perfekten, allmächtigen und allwissenden Gottes geht die biblische Rede von Gott nicht auf. Aber das Erstaunliche ist nun, daß es zu einer Reue über die Reue kommt.

Bemerkenswerterweise gibt Gott die Zusage der Erhaltung der Erde und des Menschen auf ihr, bevor es eine neue Menschheitsgeschichte gibt. Mehr noch: Was den Menschen betrifft, so sieht Gott ihn nach der Flut nicht anders als zuvor, nämlich fehlerbehaftet, ja böse. Wie aber kann diese "conditio humana", dieses Wesen des Menschen einmal zur Vernichtung der Erde, dann aber zu ihrer auf Dauer zugesagten Erhaltung führen? Es gibt zwei wichtige Aspekte der Antwort. Der eine bezieht sich darauf, daß Gott nach der Flut das Eigengewicht der Erde und der außermenschlichen Natur neu sieht. Waren Erde und Tiere zuvor wie ein Anhängsel des Menschen gleichsam "mitgefangen, mitgehangen", so sieht Gott sie danach in ihrer eigenen Würde, ihrem eigenen Gewicht an. In dieser Hinsicht bekommt die Erde eine Bestandsgarantie, nicht weil, sondern obwohl der Mensch ist, wie er ist. Aber wenn es nur das wäre, so hätte Gott ja auch einer Erde ohne den Menschen eine Zukunft eröffnen können. So gilt die Garantie der Erhaltung auch den Menschen. Aber sie sind nicht anders geworden. So bleibt nur die Feststellung, daß Gott sich in einem entscheidenden Punkt geändert hat. Gott hat sich vom enttäuschten Idealisten mit dem Projekt der absoluten Utopie verwandelt in einen utopischen Realisten.

Gott lernt, daß auch die zweitbeste aller möglichen Welten ein lebenswertes Leben ermöglicht. Die Welt des neuen Projekts ist weder die Welt, wie sie eigentlich sein sollte, noch ist sie die Welt, wie sie nun einmal ist. Es ist die Welt, wie sie sein kann, wenn die Menschen sich an bestimmte Grundregeln halten. Diese Grundregeln sind als Gebote an Noah und seine Söhne am Ende der Flutgeschichte formuliert. Es sind in der jüdischen Auslegung die "noachitischen Gebote". Als das erste der sieben noachitischen Gebote gilt das Rechtsprinzip selbst. Es ist bemerkenswert, daß dabei die Anerkennung des Rechts der Anerkennung Gottes vorangestellt ist. Doch die Anerkennung, die Geltung des Rechts selbst ist Voraussetzung dafür, daß seine Bestimmungen eingehalten werden.

Es folgen die Meidung von Götzendienst und Gottesleugnung, ferner das Verbot von Mord, Diebstahl und Unzucht, schließlich die Pflicht, sich von jeder Brutalität gegenüber Tieren fernzuhalten. Während die "Zehn Gebote" (der Dekalog) Mose und dem Volk Israel gegeben sind, sind Adressatinnen und Adressaten dieser Gebote alle Menschen, die von Noah und seinen Nachkommen abstammen, d.h. die gesamte Menschheit. Die Verbindung von Verheißung und Gebot im Blick auf ein neues Leben nach der Flut ist in der Bibel grundlegend. Die Welt nach der Flut ist nicht mehr nur "gut" und "sehr gut". In dieser realen Welt zu leben bedeutet, mit Konflikten und auch mit Gewalt zu leben. Daher bedarf es der Gebote, denn die Menschen wissen nicht aus sich selbst heraus, was gut ist. Daher muß ihnen gesagt sein, was gut ist. Wenn sie sich das gesagt sein lassen, dann kann auch die "zweitbeste der möglichen Welten", die vorfindliche, "unsere" Welt eine lebenswerte sein.

Seit der Noahgeschichte erleben Menschen in ganz unterschiedlicher Weise in ihrem Leben Situationen als etwas, was über sie hereinstürzt wie ein Flut – wie eine Flut, die zu zerstören versucht, oft genug von >Menschen verursacht. Aber – gegen diese politischen und privaten Sintfluterfahrungen gibt es nun die Verheißung Gottes – von Gott her wird es keine Zerstörung mehr geben – und: Die Symbole des Friedens werden bleiben – die Taube und der Regenbogen.

Und so will ich uns zum Schluss eine „Bitte“ vorlesen von einer Frau, die als Jüdin vor den Nazis fliehen musste – ins Exil in die Dominikan. Republik reisen musste – und erst nach 10 Jahren Exil wieder nach Deutschland kommen konnte - Hilde Domin. ( siehe Jürgen Ebach, Noah. Die Geschichte eines Überlebenden S. 232)

Bitte

Wir werden eingetaucht und mit Wassern der Sintflut gewaschen,

wir werden durchnässt bis auf die Herzhaut.

Der Wunsch nach der Landschaft diesseits der Tränengrenze taugt nicht,

der Wunsch, den Blütenfrühling zu halten, der Wunsch, verschont zu bleiben,

taugt nicht.

Es taugt die Bitte, dass bei Sonnenaufgang die Taube

den Zweig vom Ölbaum bringe.

Dass die Frucht so bunt wie die Blüte sei,

dass noch die Blätter der Rose am Boden eine leuchtende Krone bilden.

Und dass wir aus der Flut, dass wir aus der Löwengrube und dem feurigen Ofen

immer versehrter und immer heiler

stets von neuem zu uns selbst entlassen werden.

Amen"

(Quelle: Evangelisch.de) (https://predigten.evangelisch.de/predigt/predigt-zu-1-mose-81-12-von-esther-kuhn-luz)

Trimichi
25.04.2019, 06:16
Tatsächlich gehe ich gelegentlich in eine Kirche, und bin dort (anders als die Christen, die mit dem Gähnen kämpfen) sehr aufmerksam und interessiert.

Das ist aber den Christen nicht recht. Als ich letztes Jahr extra nach Mainz gepilgert bin, um dort die Fronleichnamspredigt des Bischofs anzuhören, wurde es u.a von keko, drullse, captainbeefheart, Anja, Stefan, [entfernt] und einem User namens "Trunkenbold" lächerlich gemacht (in einem anderen Forum). Auch hier bei Triathlon-Szene gab es scharfe Kritik, hauptsächlich von drullse, Anja, sabine-g, Rälph, Nils und Zarathustra.

drullse: "Au weia. Ein Mensch, der die Kirche so dermaßen ablehnt, führt selbst einen Kreuzzug."

Anja: "Hab ich das richtig verstanden, daß Jörn an Fronleichnam in die Kirche gegangen ist um die Predigt des Pfarrers zu analysieren?"

drullse: "Ja - wenn man auf einem Kreuzzug ist, dann muss das wohl so sein... *kopfschüttel*"

Christen wollen nicht, dass ihre Gottesdienste mit wacher Aufmerksamkeit beobachtet werden. Insgeheim wissen sie, dass die Predigten kein besonderes Niveau haben, um es mal höflich zu formulieren. Deswegen wittern sie sofort einen Verrat, wenn sich jemand daran macht, mal genauer hinzuhören.

----

Dazu vermag ich nichts zu sagen. Ich kann dieses weder be- noch entkräften.


Ich hatte mal einen kurzen Austausch per Email mit einem Pfarrer/Bischof (oder dessen Büro, genau weiß ich es nicht mehr), der die grandiose Idee hatte, Gottesdienste speziell für Ungläubige zu veranstalten. So verstand er den angeblichen Missions-Befehl von Jesus. Er wolle einen Dialog führen mit den Atheisten.

Dialog finde ich gut. Ich schrieb den Veranstalter an und wollte mich erkundigen, ob beide Seiten die gleiche Redezeit bekämen. Falls ja, würde ich teilnehmen. Die Vorstellung, ich könne öffentlich einen Dialog mit einem Pfarrer/Bischof führen, reizte mich. (Solche Debatten sind in den USA populär und man findet sie zahlreich bei Youtube.)

Die Antwort war, dass man eine gleiche Redezeit nicht garantieren könne, man würde mich aber herzlich einladen. Ich schrieb daraufhin zurück, in welcher Weise denn der Dialog geführt werden sollte und wie genau die Atheisten zu Wort kommen würden.

Die Antwort war, dass die Atheisten überhaupt nicht zu Wort kämen. Sondern der Pfarrer/Bischof würde eine Predigt halten. Anschließend könne man sich an speziell aufgestellten Tischen mit weiteren Informationen versorgen (diverse Broschüren).

Ich weiß nicht, ob die Veranstaltung zustande kam.

Na gut, dafür hast Du ja hier jetzt unbegrenzt "Redezeit", so wie alle anderen und ich ja auch. Ist zwar keine Kirche, Gott behüte, aber die Idee, dass wir uns irgendwann mal im richtigen Leben treffen finde ich nicht so abwegig. Dafür braucht es imho natürlich keine Kirche. Und vllt. lassen sich ja so Differenzen ausräumen. #keko hatte hier im Thread den Vorschlag gemacht, ich anschließend auch. Und nun nochmalig.

Dialog ist gut, sagst Du selbst. Können auch gerne ein Lagerfeuer machen. Ok, ist wahrscheinlich für viele zu viel Aufwand einen Termin zu finden. Aber warum nicht mal Grillen und Zelten irgendwann im Sommer? Muss ja nicht dieses Jahr sein, kann man auch nächstes Jahr machen. Klugschnacker und ich kennen uns von der Challenge Regensburg persönlich. Ich hatte angeregt damals, man könne doch mal grillen am Guggi und dann aber in der Orga mehr oder weniger versagt. So kann ich das nun gut ausgleichen. :)

Finde es etwas schade, dass keine weiteren Freizeit-, Zeltlager- und Lagerfeuererfahrungen geteilt werden. Unter holistischer und damit wissenschaftlicher Perspektive sollten die positiven Seiten und Aspekte oder Auswirkungen des Katholizismus nicht unbeachtet bleiben.

Schönen Tag wünsche ich Dir! :Blumen:

Jörn
25.04.2019, 06:58
Ich bin immer etwas misstrauisch wenn Christen ein großes Feuer anzünden.

:Lachanfall:

Trimichi
25.04.2019, 07:17
Ich bin immer etwas misstrauisch wenn Christen ein großes Feuer anzünden.

:Lachanfall:

Viele Osterfeuer durften nicht entzündet werden! Wegen der aktuellen Waldbrandgefahr. Fyi:

https://www.tagesschau.de/inland/osterfeuer-absage-trockenheit-101.html?fbclid=IwAR1We5llYbJ607HGhPAcRPnBeXFmSXYt bgJTRYGr6Y_8ESXr6djFzAVh46k

Zarathustra
25.04.2019, 14:06
...
Dafür braucht man nach meiner Ansicht keine Materialismus-Debatte zu führen, weil es sich beim Evolutionmodell um ein fachwissenschaftliches und kein philosophisches oder gar religiöses handelt. ...

Weder der Papst (soweit ich das aus Deinem Zitat entnehmen konnte), noch ich selbst hatten oder haben die Absicht in die rein fachwissenschaftliche Diskussion einzugreifen. Es geht um die philosophische Interpetation derselben...



... Zumal die meisten heutigen Forscher sowieso von den weltanschaulichen Grundlagen her gesehen eher dem kritischen Rationalismus (Popper) nahestehen als dem Materialismus...

Ist das so, daß heutige Forscher den kritischen Rationalismus bevorzugen? Wußte ich nicht. Und wie steht es mit Poppers Drei-Welten-Lehre?

Zarathustra
25.04.2019, 14:26
... Wenn Du Argumente dafür vorträgst, warum dem Geist eine von der Materie unabhängige Existenz zukommt, werde ich sie anhören und abwägen. ...

Nun, die Philosophiegeschichte ist voll von (weiterhin aktuellen) Argumenten gegen den Materialismus. Für den Einstieg würde ich den Vortrag von Franz von Kutschera empfehlen: Fünf Gründe kein Materialist zu sein.

https://www.youtube.com/watch?v=ugCZqrStplE


In der neueren Diskussion halte ich auch das Argument von Noam Chomsky für beachtenswert, demzufolge dem Problem bereits kurz nach seinem Aufkommen noch im siebzehnten Jahrhundert die Grundlage entzogen wurde, nicht etwa weil das Geistige wegerklärt werden könnte, sondern im Gegenteil weil dem Begriff der Materie die Bestimmtheit genommen wurde.




...
Eine materialistische Erklärung für den Geist hältst Du von vornherein für falsch. Das empfinde ich als dogmatisch und unwissenschaftlich, da es jede Überprüfung Deines Arguments ausschließt....

Wieso von vornherein? Ich habe materialistische Erklärungsansatze durchaus zur Kenntnis genommen und geprüft, nur leider alle mir bisher bekannten für unzureichend befunden.

Jörn
25.04.2019, 15:00
Nun, die Philosophiegeschichte ist voll von (weiterhin aktuellen) Argumenten gegen den Materialismus.

Die Philosophiegeschichte ist eine Geschichte von Gedankenkonstrukten. Diese können in sich stimmig sein oder nicht, haben aber mit der Realität nicht zwingend etwas zu tun.

Ebenso könntest Du mit der Religionsgeschichte argumentieren. Auch sie ist voll von (weiterhin aktuellen) Argumenten gegen alles mögliche (und dessen Gegenteil).

Für mich wäre zu prüfen, ob die Philosophie als Versteck und Ausrede benutzt wird, um den eigenen Wunderglauben etwas intellektueller wirken zu lassen. Es scheint mir manchmal wie ein Wollknäuel zu sein, in dem man sich mehr und mehr verheddert. Dieses Verheddern kann allerdings auch als positiv empfunden werden. Ich finde, man müsste für sich selbst versuchen, diese Art von Selbsttäuschung zu verhindern. Dazu kommt man nicht umhin, sich mit der Realität zu befassen, und nicht nur mit Ideen und Ideenwelten.

Zarathustra
25.04.2019, 15:20
Nocheinmal zum Problem des Bösen und Schlechten in der Welt:


Das Argument geht ungefähr so:

P1: Gott ist vollkommen...
P1a: weise,
P1b: mächtig,
P1c: gut.

P2: Wenn es Böses/Schlechtes in der Welt gibt, dann...
P2a: weiß er davon,
P2b: kann er es anders machen,
P2c: muß er es anders machen wollen.

P3: Es gibt Böses/Schlechtes in der Welt.

Also:

K: Es gibt keinen Gott der alle drei Vollkommenheiten aus P1 aufweist.

__________

Was kann man dazu sagen? Zunächst einmal, daß der Schluß formal gültig ist.

Desweiteren kann man mit Kant der Ansicht sein, daß uns einige der Einsichten, die in den Prämissen behauptet werden aufgrund der Grenzen unserer Vernunft und unseres Verstandes prinzipiell verwehrt bleiben müssen (Danke an Helmut S für den Hinweis!). Damit wäre der Schluß zwar gültig, aber wertlos.

Dessen ungeachtet würde ich P2c bestreiten, die auf dem Fehler zu beruhen scheint, daß Gott als ein moralischer Akteur nach menschlichem Maßstab angesehen, daß 'gut' in 'Gott ist gut' also als 'moralisch gut' verstanden wird. Ich würde dagegen behaupten dem guten Gott muß die Verminderung des Leids sowenig das höchste Anliegen sein, wie es dem guten Löwen die Verschonung der Antilopen ist. Damit beruhte der Schluß auf der Annahme einer falschen Prämisse, ohne die er ungültig wäre.

MattF
25.04.2019, 15:33
Dessen ungeachtet würde ich P2c bestreiten, die auf dem Fehler zu beruhen scheint, daß Gott als ein moralischer Akteur nach menschlichem Maßstab angesehen, daß 'gut' in 'Gott ist gut' also als 'moralisch gut' verstanden wird. Ich würde dagegen behaupten dem guten Gott muß die Verminderung des Leids sowenig das höchste Anliegen sein, wie es dem guten Löwen die Verschonung der Antilopen ist. Damit beruhte der Schluß auf der Annahme einer falschen Prämisse, ohne die er ungültig wäre.

Wieso sollte allerdings für Gott ein andere Wertemasstab gelten als für uns?

Experimentiert der Gott mit uns? Probiert er anderes aus?

Und wenn was sollte es uns dann scheren, wenn Gott mit uns spielt. Wieso sollte er uns dann überhaupt interessieren?

Auch um in deinem Bild zu bleiben die Antilope interessiert es nicht, was der Löwe über sie denkt, bzw. die Antilope versucht nicht ihr Leben auszurichten um den Löwen gnädig zu stimmen. Sie versucht ihm höchsten zu entkommen.

Also auch in dem Bild bleibt Gott für mich komplett irrelevant.
Ich kann aus so einem Gott nichts ableiten, für mein Leben auf der Erde.
Ich würde nicht anders leben wenn es Gott gäbe, als wenn es ihn nicht gäbe.

Würdest du dein Leben ändern, wenn es einen Beweis gäbe, dass es Gott nicht gibt?

qbz
25.04.2019, 15:55
Weder der Papst (soweit ich das aus Deinem Zitat entnehmen konnte), noch ich selbst hatten oder haben die Absicht in die rein fachwissenschaftliche Diskussion einzugreifen. Es geht um die philosophische Interpetation derselben...


Ich nehme gerne zur Kenntnis: Es geht um kein Eingreifen in fachwissenschaftliche Evolutionstheorien, wenn der Papst darüber so urteilt: "Folglich sind diejenigen Evolutionstheorien nicht mit der Wahrheit über den Menschen vereinbar, die - angeleitet von der dahinter stehenden Weltanschauung – den Geist für eine Ausformung der Kräfte der belebten Materie oder für ein bloßes Epiphänomen dieser Materie halten." :Lachen2:

Wo unterscheiden sich religiöse von philosophischen Beurteilungen von Evolutionstheorien? Ich würde in diesem Zusammenhang von einem religiösen Ex-Kathedra Urteil des Papstes sprechen, das mit einer wissenschaftlich betriebenen Philosophie nichts zu schaffen hat.


Ist das so, daß heutige Forscher den kritischen Rationalismus bevorzugen? Wußte ich nicht. Und wie steht es mit Poppers Drei-Welten-Lehre?

Ich äusserte nur meinen subjektiven Eindruck, weil als bekannte Gegenspieler zu den Materialisten in den Hochschuldebatten in DE jeweils besonders die "kritischen Rationalisten" in Erscheinung traten (natürlich neben Stegmüller etc.). Unter denen befinden sich bekanntlich ebenfalls Religionskritiker wie z.B. der Kritische Rationalist Hans Albert.
https://de.wikipedia.org/wiki/Hans_Albert#Religionskritik
Ich habe mich beim Lesen der Papstrede zur "Evolution und dem christlichen Menschenbild" halt gefragt, weshalb sich der Papst mit solchen philiosophischen Strömungen nicht auch auseinandersetzte.

Dass Biologen, Psychologen, Fachwissenschaftler bisher kein Eingreifen Gottes bei der Entwicklung des Psychischen entdeckten, bedeutet eben nicht, dass diese Forscher alle von ihrer Weltanschauung her Materialisten sind oder zwangsläufig sein müssen.
Wer keinen Unterschied zwischen Weihwasser und Wasser feststellt, muss von seiner Weltanschauung her kein Materialist sein.

Jörn
25.04.2019, 17:21
daß uns einige der Einsichten, die in den Prämissen behauptet werden aufgrund der Grenzen unserer Vernunft und unseres Verstandes prinzipiell verwehrt bleiben müssen

Ist das nicht eine Immunisierungsstrategie? Egal, was jemand vorträgt, man kann am Ende sagen: "Tja, vielleicht ist es doch ganz anders, wir sehen es nur nicht".

daß 'gut' in 'Gott ist gut' also als 'moralisch gut' verstanden wird. Ich würde dagegen behaupten dem guten Gott muß die Verminderung des Leids sowenig das höchste Anliegen sein, wie es dem guten Löwen die Verschonung der Antilopen ist.

Auch dies ist eine Immunisierung. Egal, wie schlecht Gott oder sein Schaffen auch sein mögen: dann sind eben unsere Maßstäbe falsch, und Gott ist dennoch gut, ätsch!

Was ist die Motivation Deiner Argumentation? Mir scheint, hier geht es darum, Gott reinzuwaschen. Es ist nicht Dein Anliegen, Leid zu erklären, sondern es zu rechtfertigen. Dein Ziel ist, dass Dein Gott strahlend und glänzend bleibt. Das ist Deine Sorge.

Aber Leid ist empfundenes Leid. Du kannst jemandem, der Leid empfindet, nicht einfach einreden, dass seine Maßstäbe falsch wären und es sich eigentlich um ein riesiges Glück handeln würde. Leid ist Leid. Deswegen ist auch klar, was der Maßstab ist. Der Maßstab ist die Empfindung desjenigen, der Leid empfindet.

Wenn die Empfindung kein Maßstab dafür wäre, ob es sich um Leid handelt, dann wäre das ganze Argument absurd.

Du versuchst nach meinem Verständnis, die Bedeutung von "Leid" so lange umzudefinieren und zu verwirren, bis es gar kein Leid mehr ist. Aber Menschen und Tiere leiden ja trotzdem. Ich sehe daher einen gewissen Zynismus in Deiner Argumentation.

merz
25.04.2019, 19:24
In der neueren Diskussion halte ich auch das Argument von Noam Chomsky für beachtenswert, demzufolge dem Problem bereits kurz nach seinem Aufkommen noch im siebzehnten Jahrhundert die Grundlage entzogen wurde, nicht etwa weil das Geistige wegerklärt werden könnte, sondern im Gegenteil weil dem Begriff der Materie die Bestimmtheit genommen wurde.


Das war in der Tat einer der coolsten Bemerkungen, die mir in den letzten Jahren untergekommen ist, mir stand der Mund offen, der Standardlehrbuchauffassung in Philosophie entspricht es nicht, aber es ist knackig-trocken dargestellt

„Newton exorcised the machine, leaving the ghost intact“.

https://chomsky.info/201401__/

Das off topic ist es wert :Cheese:

Man kann aber natürlich der verrückteste Dualist sein (nicht Chomsky) ohne an einen Gott zu glauben.
m.

Trimichi
26.04.2019, 08:10
Das war in der Tat einer der coolsten Bemerkungen, die mir in den letzten Jahren untergekommen ist, mir stand der Mund offen, der Standardlehrbuchauffassung in Philosophie entspricht es nicht, aber es ist knackig-trocken dargestellt

„Newton exorcised the machine, leaving the ghost intact“.

Musik!

Musik in meinen Ohren. Dankeschön.



https://chomsky.info/201401__/

Das off topic ist es wert :Cheese:

Sollte zur Literaturliste, die für diesen Thread erstellt werden könnte, hinzugefügt werden. Köstlich zu lesen.



Man kann aber natürlich der verrückteste Dualist sein (nicht Chomsky) ohne an einen Gott zu glauben.
m.

Stimmt. Denn das Qualia-Problem (Leib-Seele-Problem) spricht unter egozentrischer und nicht allozentrischer Wahrnehmung nun doch wieder für den verrücktesten Dualisten, insofern, dass dieser (nicht ich!) nicht an einen Gott glauben muss. Kann man auch systemtheoretisch mit Bezug auf die Chaostheorie begründen. Oder trocken und knackig nach Augustinius: si enim fallor sum.

Jörn
26.04.2019, 08:39
Oder trocken und knackig nach Augustinius: si enim fallor sum.

Dieser Aussage ("Ich irre mich, also bin ich") ist einer von Augustinus zahlreichen Versuchen, das große Ansehen der griechische Philosophie auf Biegen und Brechen vor seinen holprigen christlichen Karren zu spannen. Die Logik wird mittlerweile weitgehend kritisiert bzw. verworfen, siehe Cartesischer Zweifel (Descartes). (https://de.wikipedia.org/wiki/Methodischer_Zweifel)

Ich sehe jedoch keinen Zusammenhang mit der Debatte.

Klugschnacker
26.04.2019, 10:40
In der neueren Diskussion halte ich auch das Argument von Noam Chomsky für beachtenswert, demzufolge dem Problem bereits kurz nach seinem Aufkommen noch im siebzehnten Jahrhundert die Grundlage entzogen wurde, nicht etwa weil das Geistige wegerklärt werden könnte, sondern im Gegenteil weil dem Begriff der Materie die Bestimmtheit genommen wurde.

„Newton exorcised the machine, leaving the ghost intact“.

Moment. :Blumen:

Chomsky bezieht sich auf Newton. Newton sagt sinngemäß: Das Problem am begrifflichen Gegensatzpaar "Materie-Geist" bestünde darin, dass er nicht wisse, was Materie genau sei.

Chomsky: "Newton exorcised the machine, leaving the ghost intact. The mind-body problem in its scientific form did indeed vanish as unformulable, because one of its terms, body, does not exist in any intelligible [=verständlichen] form."

Ist Newtons Unkenntnis über die Eigenschaften der Materie tatsächlich ein Argument für irgend etwas? Natürlich nicht. Insbesondere lässt sich aus dieser Unkenntnis nicht ableiten, es gäbe eine geistige Welt, die selbst dann noch existiert, wenn man sich alle Materie wegdenkt.

---

Tatsächlich wusste Newton nicht viel über Materie. Beispielsweise war ihm unverständlich, auf welche Weise die Gravitation den leeren Raum überwindet, um zwischen Erde und Mond wirken zu können. Er verfiel daher dem Gedanken, dass sich hier geistige, metaphysische Phänomene zeigten.

Seit Einstein wissen wir, wie die Gravitation durch den leeren Raum hindurch wirkt. Wer ein Handy besitzt, nutzt ein ähnliches Phänomen, nämlich die Ausbreitung elektromagnetischer Wellen durch den Raum. Das ist nicht weiter aufregend.

Trimichi
26.04.2019, 11:10
Ich sehe jedoch keinen Zusammenhang mit der Debatte.

Schade. Aber macht nichts. Der Wald brennt bald! :-) Es sei denn, die Aufklärer der Luftwaffe leiten die Infos an die Turbopropeller weiter, die dann die Feuerwehrkommandanten informieren. So kann zielgenau gelöscht werden. Mal sehen, wo die kleinen Heinzelmännchen als nächstes zündeln. Im Heizungskeller dürfen sie ja bei Kerzenschein und beim Lagerfeuer im U-Boot auch.

Ich wünsche Dir einen schönen Tag.:Blumen:

Flow
26.04.2019, 11:17
Seit Einstein wissen wir, wie die Gravitation durch den leeren Raum hindurch wirkt. Wer ein Handy besitzt, nutzt ein ähnliches Phänomen, nämlich die Ausbreitung elektromagnetischer Wellen durch den Raum. Das ist nicht weiter aufregend.
Das sagst du so einfach ... "nicht weiter aufregend" ...
Könntest du vielleicht mal eben die Stelle verlinken, an der du erklärst, was genau "leerer Raum" ist ?
Ich habe noch einige Seiten der letzten Wochen durchzuarbeiten, bis ich hier wieder einigermaßen auf dem Laufenden bin ...

Klugschnacker
26.04.2019, 11:36
Das sagst du so einfach ... "nicht weiter aufregend" ...
Könntest du vielleicht mal eben die Stelle verlinken, an der du erklärst, was genau "leerer Raum" ist ?

Genau genommen gibt es keinen vollständig leeren Raum, das würde gegen ein Naturgesetz verstoßen. Jedoch versteht man unter einem leeren Raum zumindest näherungsweise die Abwesenheit von Materie in einem Raumgebiet.

Der leere Raum kann jedoch Felder enthalten. Beim Handy ist das elektromagnetische Feld relevant. Bei der Anziehung zwischen Mond und Erde das Gravitationsfeld. Daneben gibt es noch weitere Felder.

Newton kannte den Begriff des Feldes noch nicht. Ihm war daher unverständlich, wie der Mond wissen kann, welche Anziehungskraft zu jedem Zeitpunkt von der Erde auf ihn wirkt.

Trimichi
26.04.2019, 11:41
Newton kannte den Begriff des Feldes noch nicht.

Dafür aber Galileo. Wie seine Experimente vom schiefen Turm von Pisa beweisen. Die Systemtheorie ist auch nicht nur bei Newton, sondern bei Newton & Galileo in der philosophischen Anthropologie zum Beispiel verortet.

merz
26.04.2019, 11:55
momentito :)

Ich hoffe nie nahegelegt zu haben, daß Newton oder Chomsky Geisterseher & Spökenkieker sind oder an körperlose Geisteswesen glauben (das sind Engel im Christentum, oder?)

Was hier der Knackpunkt zu sein scheint, ist der Abschied vom "Materialismus" als Weltbild aus ineinander greifenden "hard stuff" (Zahnräder, Billardkugeln, diese Dinge).

Wenn ich so als Physik-Laie von Gravitation als instantane Fernwirkung, Gravitonen, Aufenthaltswahrscheinlichkeiten von Teilchen, und in n-Dimensionen eingerollte Strings höre, staune ich nur und muss denken: ja, vom "hard stuff" sind die weg :) - das ist jetzt aber natürlich kein Futter für Dualisten und Theologen.

m.

Flow
26.04.2019, 11:55
Genau genommen gibt es keinen vollständig leeren Raum, das würde gegen ein Naturgesetz verstoßen. Jedoch versteht man unter einem leeren Raum zumindest näherungsweise die Abwesenheit von Materie in einem Raumgebiet.

Der leere Raum kann jedoch Felder enthalten. Beim Handy ist das elektromagnetische Feld relevant. Bei der Anziehung zwischen Mond und Erde das Gravitationsfeld. Daneben gibt es noch weitere Felder.

Newton kannte den Begriff des Feldes noch nicht.
Danke.
Damit hast du meinem Empfinden nach die Frage jedoch lediglich vom "leeren Raum" zum "leeren Raumgebiet" verlagert.
Oder nehme ich dich beim Wort im ersten Satz ? Sprich "leerer Raum" existiert nicht ?
Zumindest solange nicht, bis er von "Materie" oder "Feldern" "gefüllt" wird, und somit natürlich auch nicht mehr als "leer" bezeichnet werden kann ?
Man könnte dann auch sagen "Materie" und "Felder" "bilden" den Raum, Raum als solcher existiert nicht aus sich selbst heraus.

Allgemein, auch in Zusammenhang mit "Realität" :
"Eigenschaften" oder Verhalten von Konstrukten wie "Raum" oder "Materie" zu beschreiben, unsere diesbezüglichen Wahrnehmungen in (mathematisch) wohlgeordnete Systeme und Modelle zu fassen, ist die eine Sache, das "Wesen", den Kern dieser Dinge wenigstens zu definieren, eine andere.
Wenn man so will, der Unterschied zwischen "Wie verhält sich das, was ich sehe ?" und "Was IST das wirklich ?"

Wenn ich es recht verstehe, interessierst du dich ja sehr für "Wahrheit" und wohl auch für "Realität". Habt ihr diesbezüglich in den letzten Wochen denn etwas Handfestes herausarbeiten können ? Wie gesagt liegt die Lektüre der letzten XX Seiten noch vor mir ...

Grüße ... :Huhu:

MattF
26.04.2019, 12:00
Was hier der Knackpunkt zu sein scheint, ist der Abschied vom "Materialismus" als Weltbild aus ineinander greifenden "hard stuff" (Zahnräder, Billardkugeln, diese Dinge).



Du setzt Materialismus mit Mechanik gleich, das ist natürlich auch Unfug.

MattF
26.04.2019, 12:02
Wenn man so will, der Unterschied zwischen "Wie verhält sich das, was ich sehe ?" und "Was IST das wirklich ?"

Wenn ich es recht verstehe, interessierst du dich ja sehr für "Wahrheit" und wohl auch für "Realität". Habt ihr diesbezüglich in den letzten Wochen denn etwas Handfestes herausarbeiten können ? Wie gesagt liegt die Lektüre der letzten XX Seiten noch vor mir ...

Grüße ... :Huhu:

In meine Augen wurde herausgearbeitet, dass die katholische Kirche die Allerletzte ist, die was dazu beitragen kann. :liebe053: :Blumen: :bussi:

Flow
26.04.2019, 12:07
Was hier der Knackpunkt zu sein scheint, ist der Abschied vom "Materialismus" als Weltbild aus ineinander greifenden "hard stuff" (Zahnräder, Billardkugeln, diese Dinge).
Dazu würde mich insbesonder auch Arnes Weltsicht interessieren !
Bzgl. Materialismus und auch daraus resultierendem Determinismus (im Sinne der Exitenz, nicht im Sinne der Messung).

Wenn ich es recht erinnere, hast du, Arne, weiter vorne die Heisenbergsche Unschärfe vor allem (ausschließlich ?) auf den Meßprozeß bezogen. "Ein in Ruhe gelassenes System folgt einem festen Ablauf, erst durch die Messung kommt "eine Unschärfe" ins Spiel". Interpretiere ich dich da richtig ?
Daraus könnte in meinen Augen ein streng deterministisches Weltbild folgen.
Wie gehabt, bin ich an deiner Sicht der Dinge, der Welt interessiert !

Mir scheint, ihr habt euch mit Zarathustra in letzter Zeit auch etwas damit befaßt. Ich hoffe eventuell über's Wochenende eure Ausführungen nachlesen zu können.


:Huhu:

merz
26.04.2019, 12:08
Du setzt Materialismus mit Mechanik gleich, das ist natürlich auch Unfug.

natürlich, aber mit Verlaub war das mal lange Stand unseres Wissens, sowas wie die Ätherhypothese würde ich da als Laie auch reinrechnen

m.

MattF
26.04.2019, 12:10
natürlich, aber mit Verlaub war das mal lange Stand unseres Wissens, sowas wie die Ätherhypothese würde ich da als Laie auch reinrechnen

m.

Jo aber jetzt nicht mehr. :Huhu:

Flow
26.04.2019, 12:17
In meine Augen wurde herausgearbeitet, dass die katholische Kirche die Allerletzte ist, die was dazu beitragen kann. :liebe053: :Blumen: :bussi:
Du meinst, Physik kann am besten der Physiker, Metaphysik am besten der Philosoph, Theologie am besten der Theologe ?
Und wo sich die Gebiete berühren, bietet es sich im Sinne der Polarisierung an, die vermeintlich interdisziplinäre Materie komplett aufs eigene Terrain zu ziehen, und den mitgeschleppten Teil, zu dem einem mit den eigenen Methoden der Zugang und gelegentlich damit auch das Verständnis fehlt, pauschal für irrelavant und unsinnig zu erklären, und möglichst laut darüber zu spotten, in Ignoranz, daß es die eigene Beschränktheit des Verstehens oder Interesses ist, die man so stolz zur Schau stellt ?
:liebe053::Blumen: :bussi:

merz
26.04.2019, 12:26
kann man das so zusammenfassen:

Könnte die Physik beweisen, daß es einen Schöpfergott gibt? [Mir fehlt die Phantasie, wie das geht.]

Könnte die Physik beweisen, daß es keinen Schöpfergott gibt (oder: geben kann, oder: geben muss)?

m.
Ich nehme u.a. dieses altertümliche Wort (ich hoffe die Bedeutung ist halbwegs zu verstehen) um nochmal abzugrenzen, das selbst wenn man an einen Schöpfergott glaubt, der Gott des Christentums noch nicht daraus folgt. Und Physik steht hier nur mal für die Naturwissenschaften pars pro toto.

Klugschnacker
26.04.2019, 12:36
Wenn ich es recht erinnere, hast du, Arne, weiter vorne die Heisenbergsche Unschärfe vor allem (ausschließlich?) auf den Meßprozeß bezogen. "Ein in Ruhe gelassenes System folgt einem festen Ablauf, erst durch die Messung kommt "eine Unschärfe" ins Spiel".

Interpretiere ich dich da richtig?

Nicht ganz. :Blumen:

Die Unschärfen existieren auch unabhängig von Messungen. Letztlich kommen wir da mit unseren Alltagsbegriffen an Grenzen, etwa, was genau "der Aufenthaltsort" eines Elektrons sein soll. Das macht auch die Vorstellung eines Determinismus, bei dem alle Phänomene wie ein Uhrwerk ablaufen, schwierig.

schoppenhauer
26.04.2019, 13:07
Du meinst, Physik kann am besten der Physiker, Metaphysik am besten der Philosoph, Theologie am besten der Theologe ?
Und wo sich die Gebiete berühren, bietet es sich im Sinne der Polarisierung an, die vermeintlich interdisziplinäre Materie komplett aufs eigene Terrain zu ziehen, und den mitgeschleppten Teil, zu dem einem mit den eigenen Methoden der Zugang und gelegentlich damit auch das Verständnis fehlt, pauschal für irrelavant und unsinnig zu erklären, und möglichst laut darüber zu spotten, in Ignoranz, daß es die eigene Beschränktheit des Verstehens oder Interesses ist, die man so stolz zur Schau stellt ?
:liebe053::Blumen: :bussi:

Herrlich!

Flow
26.04.2019, 14:37
Nicht ganz. :Blumen:

Die Unschärfen existieren auch unabhängig von Messungen. Letztlich kommen wir da mit unseren Alltagsbegriffen an Grenzen, etwa, was genau "der Aufenthaltsort" eines Elektrons sein soll. Das macht auch die Vorstellung eines Determinismus, bei dem alle Phänomene wie ein Uhrwerk ablaufen, schwierig.
Erstmal danke für die Antwort !
Ich würde darauf bei Gelegenheit gerne noch tiefer eingehen, insbesondere interessiert mich dabei auch deine persönliche Meinung, sprich deine Interpretation der bekannten Ergebnisse, sowie die daraus resultierenden metaphysischen Ansichten.
Wie gehabt, möchte ich zuvor gerne nochmal die letzten Seiten nachlesen, nicht zuletzt auch um doppelte Diskussion zu vermeiden.

Können wir für den Moment festhalten, daß wir unter den "Begriffen" und der "Realität" unterscheiden ? Oder willst du das zunächst nur auf "Alltags"begriffe beziehen ?

Grüße ... :Huhu:

Klugschnacker
26.04.2019, 14:48
Was hier der Knackpunkt zu sein scheint, ist der Abschied vom "Materialismus" als Weltbild aus ineinander greifenden "hard stuff" (Zahnräder, Billardkugeln, diese Dinge).

Ja, das stimmt. Der Begriff des Feldes ersetzt zunehmend den der Materie. Beide gehören jedoch zur materiellen Welt.
:Blumen:

Zarathustra
26.04.2019, 14:58
Wieso sollte allerdings für Gott ein andere Wertemasstab gelten als für uns?
...

Weil das Wort 'gut' nicht eine einzige Eigenschaft bezeichnet, die Dingen oder Funktionen verschiedener Art in gleicher Weise zukommt, sondern jeweils ein spezifisches Gutsein ausdrückt.


...

Experimentiert der Gott mit uns? Probiert er anderes aus?
...

Weiß ich nicht.


...
Wieso sollte er uns dann überhaupt interessieren?

Auch um in deinem Bild zu bleiben die Antilope interessiert es nicht...

Also auch in dem Bild bleibt Gott für mich komplett irrelevant.
...

Der Vergleich diente (nur) der Veranschaulichung des attributiven Gebrauchs des Wortes 'gut'. Die Frage, inwiefern Gott für uns relevant sei, sollte damit nicht behandelt werden. Denn dazu müßte man erst einmal zu klären versuchen, was 'gut' in Bezug auf Gott überhaupt bedeuten könnte...


U]

Würdest du dein Leben ändern, wenn es einen Beweis gäbe, dass es Gott nicht gibt?

Nein, würde ich nicht. Warum? Weil meiner Ansicht nach der rel. Glaube nicht auf Beweisen beruhen kann, genauso übrigens wie der Unglaube.

Zarathustra
26.04.2019, 15:05
Ich nehme gerne zur Kenntnis: Es geht um kein Eingreifen in fachwissenschaftliche Evolutionstheorien...
...

Gut. Genaugenommen hätte er, um Mißverständnisse zu vermeiden, natürlich so formulieren müssen: „Folglich sind diejenigen philosophischen Interpretationen von Evolutionstheorien nicht mit der philosophischen bzw. religiösenWahrheit über den Menschen vereinbar...“
Warum er das nicht getan hat, müssen wir, wenn es nach mir geht, nicht unbedingt weiter erörtern.



Wo unterscheiden sich religiöse von philosophischen Beurteilungen von Evolutionstheorien?


Zunächst einmal wird ja gar nicht der wissenschaftliche Gehalt beurteilt, sondern diejenigen Extrapolationen, die von diesem ausgehend über denselben hinausgehen, sowie die vorwissenschaftlichen Grundannahmen; beides Fragestellungen, die man gewöhnlicherweise der Metaphysik als einem Teilgebiet der Philosophie zurechnet.
Religiöse Beurteilungen setzen die Wahrheit der Lehren einer bestimmten Religion voraus. Diese Lehren können aber zumindest zum Teil (sofern sie nicht ausschließlich auf Offenbarung beruhen) philosophisch begründet werden.



Dass Biologen, Psychologen, Fachwissenschaftler bisher kein Eingreifen Gottes bei der Entwicklung des Psychischen entdeckten, bedeutet eben nicht, dass diese Forscher alle von ihrer Weltanschauung her Materialisten sind oder zwangsläufig sein müssen.
...

Das stimmt natürlich und insofern sind sie von der Kritik auch nicht berührt.

merz
26.04.2019, 15:54
Weil das Wort 'gut' nicht eine einzige Eigenschaft bezeichnet, die Dingen oder Funktionen verschiedener Art in gleicher Weise zukommt, sondern jeweils ein spezifisches Gutsein ausdrückt.
(...)
Der Vergleich diente (nur) der Veranschaulichung des attributiven Gebrauchs des Wortes 'gut'. Die Frage, inwiefern Gott für uns relevant sei, sollte damit nicht behandelt werden. Denn dazu müßte man erst einmal zu klären versuchen, was 'gut' in Bezug auf Gott überhaupt bedeuten könnte...


sehr gut, man merkt den Nachhall der Nikomachische Ethik :)

Versuchen wir es mal: "gut" hier im Sinne von "moralisch perfekt".
Warum: Gott wird im Christentum als handelnde Person (mit Absichten, Entscheidungen, Willen, Werturteilen etc.) aufgenommen. Moral kann da schon ein Thema sein. Er irrt nie in moralischen Fragen, er sündigt nicht, es kann kein sündhafter Mangel bestehen.

Geht es so weiter?

m.

Jörn
26.04.2019, 18:49
Religiöse Beurteilungen setzen die Wahrheit der Lehren einer bestimmten Religion voraus.

Wenn sie die Wahrheit einfach voraussetzen, dann ist es erstens ein Zirkelschluss und zweitens eine Immunisierung. Da haben wir sie wieder: die beiden Grundzutaten religiöser "Argumentation".

Die ganze philosophische Spitzfindigkeit, die den Eindruck besonders ausgeprägter Exaktheit und Gründlichkeit erwecken soll, bricht beim religiösen Glauben zusammen. Wenn man ein paar Minuten daran herumkratzt, kommt zuverlässig heraus: "Tja, man muss halt glauben". Wir setzen es eben voraus.

Besonders interessant ist das Voraussetzen der Wahrheit dann, wenn dabei unterschiedliche "Wahrheiten" herauskommen. Christen, Juden, Moslems, Hindus usw. kommen alle zu anderen "Wahrheiten". Aber das ficht sie nicht an, an ihrer Grundannahme zu zweifeln -- oder an ihrer Selbstherrlichkeit, diese einfach mal vorauszusetzen.

Es ist anscheinend auch einerlei, dass man keine zwei Personen auf dem Planeten finden kann, die darin übereinstimmen, was denn überhaupt "die Lehre einer bestimmten Religion" sein soll. Egal.

Warum egal? Weil: "Man muss halt glauben". Wir setzen es nämlich voraus.

Auf dieser grandiosen "Grundlage" werden dann wissenschaftliche/rationale Argumentationen von oben herab beurteilt und benotet.

Trimichi
26.04.2019, 19:09
Warum egal? Weil: "Man muss halt glauben". Wir setzen es nämlich voraus.


Glaube doch einfach mal, nicht egal. Mach' ein, Dein persönliches Experiment. Glauben kostet brainpower. Aktion => Reaktion. Einfache Physik im Prinzip. Eben, dass ist die Prämisse, nach der Du gesucht hast.

Jörn
26.04.2019, 19:20
Diese Lehren können aber zumindest zum Teil (sofern sie nicht ausschließlich auf Offenbarung beruhen) philosophisch begründet werden.

Dann ist es gescheitert.

Philosophische Denk-Konstrukte kann man so viele erfinden, wie man möchte. Entscheidend ist, herauszufinden, welche davon zutreffen. Wenn dafür keine Methode vorhanden ist, ist der Beitrag, den die Philosophie in dieser Frage liefern kann, recht gering.

Hier versteckt sich übrigens ein Trick, den ich Deinen Beiträgen oft vorfinde. Nämlich die Suggestion, die gesamte christliche Lehre hätte keine Berührungspunkte mit der Realität, wäre folglich rein philosophisch fassbar und damit der wissenschaftlichen Prüfung entzogen.

Erstens gibt es viele Behauptungen der christlichen Religion über die Realität, und diese kann man prüfen. Wird diese Möglichkeit der Prüfung achtlos vom Tisch gewischt, handelt es sich um eine Immunisierung.

Zweitens: Den Beweis dafür, dass die Philosophie irgendetwas über Religionen zutreffend aussagen könnte (abgesehen von bereits bekannten Banalitäten), bleibst Du schuldig.

Es ist nach meiner Meinung eine berechtigte Frage, warum nun ausgerechnet die Philosophie die Frage klären kann, ob Götter in unsere Welt eingreifen; vor allem dann, wenn zuvor im Handstreich die komplette Wissenschaft als unzureichend abgewatscht wurde. Dieses erstaunliche Selbstbewusstsein müsste nach meiner Auffassung demnächst begründet werden.

LidlRacer
26.04.2019, 19:23
Glaube doch einfach mal, nicht egal. Mach' ein, Dein persönliches Experiment. Glauben kostet brainpower. Aktion => Reaktion. Einfache Physik im Prinzip. Eben, dass ist die Prämisse, nach der Du gesucht hast.

Wofür soll das gut sein?

Findest Du es nicht plausibel, dass praktisch jeder religiöse Glaube falsch sein MUSS, da es so viele verschiedene gibt und jeder meint, den einzig richtigen zu haben, was offensichtlich nicht sein kann?

Trimichi
26.04.2019, 19:32
Lidlracer: beleidigst Du just eben Deine eigene Intelligenz? Oder willst Du den Sinn von Experimenten abstreiten?

Jörn
26.04.2019, 19:38
Denn dazu müßte man erst einmal zu klären versuchen, was 'gut' in Bezug auf Gott überhaupt bedeuten könnte...

Aber wer fragt danach? Nach meiner Beobachtung kümmert sich niemand darum, was für die Götter "gut" sein sollte.

Wir wissen aber ausreichend exakt, was für die Menschen gut ist. Das genügt für die Debatte.

Hier wird erneut versucht, einen Begriff so lange umzudefinieren, bis er seine eigentliche Bedeutung und Argumentationskraft verloren hat. Mir scheint es so, dass die Frage danach, was für Götter gut sei, niemals beantwortet werden kann -- und eben deshalb schwenkt die Debatte darauf ein. Denn solange niemals ein Ergebnis dingfest gemacht werden kann, ist es für die religiöse Immunisierung bestens geeignet.

Man beachte dabei, dass hier menschliche Ansprüche gegen göttliche Ansprüche abgewogen werden: Zwar könnte es für die Menschen mit Leid verbunden sein, aber für die Götter wäre es vielleicht gut? Wie sollte man den Göttern dann einen Vorwurf machen?

Diese Sklaven- und Unterwerfungshaltung, die sich am "Wohl der Götter" orientiert, ist nach meiner Meinung einer der verwerflichsten moralischen Standpunkte des Christentums (und am leichtesten zu missbrauchen).

Der Christen-Gott ist nun seit dreitausend Jahren dauerbeleidigt wegen irgendwelcher läppischer Kleinigkeiten. Er wirft sich wütend wie ein kleines Kind auf den Boden und strampelt mit den Füßen, weil irgendwer gegen seine Gebote verstoßen hat. Wer soll das noch ernst nehmen? Das Theater ist an Lächerlichkeit kaum zu überbieten. Es kann uns völlig einerlei sein, was für irgendwelche Götter gut ist. Das ist nicht unser Problem.

Jörn
26.04.2019, 20:12
unsere diesbezüglichen Wahrnehmungen in (mathematisch) wohlgeordnete Systeme und Modelle zu fassen, ist die eine Sache, das "Wesen", den Kern dieser Dinge wenigstens zu definieren, eine andere.
Wenn man so will, der Unterschied zwischen "Wie verhält sich das, was ich sehe ?" und "Was IST das wirklich?"

Ich fasse den Gedanken erstmal zusammen, damit alle Mitleser, die sich wenig für griechische Philosophie interessieren, nicht den Schwung verlieren.

Die Unterscheidung zwischen dem "Wesen" einer Sache und ihrer Darstellung (oder Gestalt) ist eine sehr alte Idee der griechischen Philosophie. Beispiel: Ein Baum ist ein Baum, egal wie er konkret aussehen mag; wenn man einen Ast abschneidet, ist es immer noch ein Baum. Daraus schlossen verschiedene griechische Philosophen, dass das Wesen von der Gestalt zu unterscheiden wäre.

Ebenso schloss man, dass "das Leben" (später bei den Christen: der Geist, die Seele) sich vom Körper unterscheiden müsse, denn ein totes Eichhörnchen sieht genauso aus wie ein lebendiges Eichhörnchen, also muss es ein weiteres Element geben, welches den Körper (die Materie) belebt.

Seitdem versucht man, den "Kern" oder das "Wesen" einer Sache zu erfassen. Und man unterschiedet zwischen der "Materie" und dem geheimnisvollen Rest.

Hier ist mein Einwand: Was rechtfertigt es, diese Thesen weiterhin zu untersuchen? Warum kann man behaupten, sie formten heute noch ein valides Argument? Die Thesen sind alt und ehrwürdig, das stimmt. Aber sonst?

Ich sehe bei Dir, Flow, ein ehrliches Interesse an diesen Dingen. Nach meiner Beobachtung wägst Du die Dinge hin und her, stößt dabei aber auf viele Ungewissheiten und Widersprüche. Warum überprüfst Du nicht Deine Grundannahmen? Wenn die Grundannahmen einfach nicht passen wollen, dann sind sie vielleicht falsch? Ab einem gewissen Punkt, wenn es vorne und hinten nicht passen will, muss man die Grundannahmen infrage stellen.

Warum verwirfst Du die griechischen Spekulationen über Materie und ihr "Wesen" nicht komplett? Es ist nicht schwierig, herauszufinden, dass Aristoteles und Platon nichts von der Materie wussten und nichts wissen konnten. Warum ist es so schwer, diese Ideen über Bord zu werfen?

Nach meiner Meinung haben jene Denker und Forscher die größten und schnellsten Fortschritte erzielt, die am ehesten bereit waren, alten Krempel über Bord zu werfen. Dies gilt umso mehr, je älter der Krempel war.

Im christlichen Umfeld werden diese vorwissenschaftlichen Ideen gerne zitiert, und zwar nach meiner Meinung deshalb, weil sie vorwissenschaftlich sind. Das ist der ganze Punkt. Es passt ins altertümliche Weltbild und klingt gut.

Man überhört allzu leicht die Lächerlichkeit, die in Sätzen steckt wie: "Schon Aristoteles lehrte uns, dass der Geist und die Materie..." Wenn man bedenkt, was wir in den letzten 100 Jahren über Materie herausgefunden haben, und wenn man weiterhin bedenkt, dass zu Zeiten von Aristoteles bereits eine Schubkarre eine fantastische Weltsensation gewesen wäre, ist eine Bezugnahme auf seine alten Spekulationen schon etwas albern. Wen interessiert das noch? Derlei Rhetorik wird nur noch verwendet, um die Zuhörer einzuseifen.

LidlRacer
26.04.2019, 20:40
Lidlracer: beleidigst Du just eben Deine eigene Intelligenz? Oder willst Du den Sinn von Experimenten abstreiten?

Ich will den Sinn DIESES Experiments abstreiten.
Zumindest in meinem Fall ist es schlicht und einfach unmöglich, es durchzuführen.
Ich kann auch experimentell nicht an etwas glauben, von dem ich auf Basis jeder Menge logischer Argumente felsenfest überzeugt bin, dass es nicht existiert.

Ok, angenommen, ich könnte diese Unmöglichkeit vergessen, und doch irgendetwas glauben. In der Folge habe ich eine Vision, dass Gott mit mir spricht, ich habe eine Erleuchtung o.ä.
Was beweist das? Nix. Gar nix.

Weiterhin sehe ich nicht, dass die Gläubigen irgendetwas haben, das mir fehlt.

Also bleibt meine Frage:
Wofür soll das gut sein?

Trimichi
26.04.2019, 21:26
Ich will den Sinn DIESES Experiments abstreiten.
Zumindest in meinem Fall ist es schlicht und einfach unmöglich, es durchzuführen.
Ich kann auch experimentell nicht an etwas glauben, von dem ich auf Basis jeder Menge logischer Argumente felsenfest überzeugt bin, dass es nicht existiert.

Ok, angenommen, ich könnte diese Unmöglichkeit vergessen, und doch irgendetwas glauben. In der Folge habe ich eine Vision, dass Gott mit mir spricht, ich habe eine Erleuchtung o.ä.
Was beweist das? Nix. Gar nix.

Weiterhin sehe ich nicht, dass die Gläubigen irgendetwas haben, das mir fehlt.

Also bleibt meine Frage:
Wofür soll das gut sein?

Na, man könnte Dich z.B. an einen Lügendedektor anschließen und ein bißchen foltern. Nur ein bißchen. Die richtigen Fragen stellen, meine ich. Ich glaube schon, dass Du dann anfängst zu glauben. Unter Folter gesteht so ziemlich jeder so ziemlich alles. Wie die Verbrechensaufklärungsrate der chinesischen Polizei von 99% belegt. Wofür soll das gut sein? Könnte ich Dich genauso fragen.

Jörn
26.04.2019, 21:35
Glaube doch einfach mal (...) Mach' ein, Dein persönliches Experiment.

Ein Experiment ist nur dann sinnvoll, wenn etwas daraus folgt. Und zwar etwas, das vorab festgelegt wurde. Beispielsweise: "Sollte dies-und-jenes herauskommen, führt es uns zu dieser-und-jener Schlussfolgerung".

Trimichi, ich bin gerne bereit zu einem Experiment nach Deiner Anleitung, sofern Du vorab festlegst, was daraus folgt. (Dies soll nachträgliche Ausflüchte verhindern und eine für alle Leser nachvollziehbare Logik sicherstellen.)

- Was soll ich tun?
- Welche Beobachtung meinerseits führt zu welcher Schlussfolgerung und Konsequenz?
- Was genau müsste ich beobachten, um Dich zu der Schlussfolgerung zu führen, dass der ganze Götterglaube nur Einbildung oder Betrug ist?

Trimichi
26.04.2019, 22:40
Trimichi, ich bin gerne bereit zu einem Experiment nach Deiner Anleitung, sofern Du vorab festlegst, was daraus folgt. (Dies soll nachträgliche Ausflüchte verhindern und eine für alle Leser nachvollziehbare Logik sicherstellen.)


Was genau müsste ich beobachten, um Dich zu der Schlussfolgerung zu führen, dass der ganze Götterglaube nur Einbildung oder Betrug ist?

Jörn, hängt davon ab woran Du glauben willst. Gott zwingt Dich zu nichts. Der Wille ist frei. Ich kann auch nicht in Deinen Kopf hineinsehen und würde es davon abgesehen auch nicht wollen und es mir unter gegeben Umständen auch selbst verbieten. Daher weiss ich nicht was du willst, will es auch nicht wissen. Für so ein Experiment bei einem Menschen noch dazu bei Deinem Intellekt übernehme ich nie und nimmer die Verantwortung und ich lehne diese daher strikt ab.

Was Du beobachten könntest ist (D)eine ganz persönliche Erfahrung, die womöglich so persönlich ist, dass Du sie vermutlich nicht ins Forum eintippen möchtest. Wie gesagt, ich kann und will nicht in Deinen Kopf hineinsehen, und weiss auch nicht ob Du so eine Erfahrung dann eintippen wolltest, würdest Du sie machen. Du wärst ja dann dazu verpflichtet im Erfolgsfall (s.oben). Kannst Du eintippen oder auch nicht oder wie auch immer Du den Erfolgsfall ggf. handhaben möchtest. Was Du genau beobachten müsstest ginge nur Dich etwas an, falls Du etwas beobachten müsstest.

Jörn
26.04.2019, 23:19
Trimich, Du antwortest nicht auf meine drei Fragen.

Ich wollte mit meiner Zusage zu Deinem Experiment folgendes deutlich machen:

Ein Experiment lehrt uns einerseits etwas über den beobachteten Gegenstand. Andererseits lehrt es uns auch etwas über den Beobachter. Die Art, wie der Beobachter das Experiment anlegt, offenbart seinen derzeitigen Wissensstand. Beispiel: Wenn eine vermeintliche Hexe daraufhin untersucht wurde, ob sie drei Minuten unter Wasser überlebt (Hexenprobe), dann sagt uns das etwas über das wissenschaftliche oder religiöse Verständnis dieser Zeit.

Außer dem Gegenstand und dem Beobachter gibt es noch ein drittes Element: die Absicht. Die Absicht der Wissenschaft wäre, einen Sachverhalt eindeutig zu klären. Eine Absicht könnte aber auch darin bestehen, eine Klärung zu verhindern. Je nach Absicht wird das Experiment gestaltet. Über die Gestaltung erkennt man die Absicht.

Meine These (und Beobachtung) ist: Religiöse "Experimente" werden von vornherein so gestaltet, dass sie eine Sache nicht klären, sondern verwirren. Sobald einer religiösen Behauptung eine eindeutige Klärung droht, wird das Experiment abgebrochen oder für ungültig oder für undurchführbar erklärt. Oder es wird so angelegt, dass das Ergebnis beliebig interpretiert werden kann. Durch diese Gestaltung erkennt man die Absicht.

Ein Beispiel aus den letzten Seiten: Die Tatsache, dass wir Leid empfinden (was niemand bestreiten kann), ist Teil eines Experiments. Nämlich des Experiments, ob wir die nicht steigerbare Allgüte des Herrn empfangen. Prompt erscheint Zarathustra und gibt zu bedenken, dass wir ja nicht wüssten, was das Wort "gut" überhaupt bedeutet, im göttlichen Kontext. (Jedoch weiß niemand, was göttlicher Kontext sein soll, und genau das ist die Absicht.) Das Experiment wird so lange verwirrt, bis wir noch nicht einmal sagen können, ob Leid tatsächlich Leid ist, und ob "schlecht" womöglich "gut" ist. Wir können im Grunde überhaupt nichts sagen. Es wird so lange gedreht, bis nichts mehr geklärt werden kann. Aber: Dadurch verrät sich eben auch die Absicht.

Mein Vorschlag an die religiöse Fraktion im Thread wäre, sich zu fragen, ob das zutrifft und warum. Macht es "die Gläubigen" nicht stutzig, dass einer Klärung stets ausgewichen wird? Ist da nicht was faul? Hat es jemanden überrascht, dass das Experiment von Trimichi verworfen wurde, sobald es konkret zu werden drohte? Findest Du, Trimichi, das nicht selber etwas seltsam? Immerhin hast Du das Experiment selber vorgeschlagen.

Als Beispiel für eine Selbst-Überprüfung könnte die Wirksamkeit von Gebeten dienen. Dies ist eine Art "Experiment", dessen Ausgang sehr einfach untersucht werden kann, von jedem einzenen. Warum unterbleibt diese Untersuchung? Warum wird sie, falls sie droht, sofort ins Nebulöse verschwurbelt?

Trimichi
27.04.2019, 07:21
Trimich, Du antwortest nicht auf meine drei Fragen.

Ich wollte mit meiner Zusage zu Deinem Experiment folgendes deutlich machen:

Ein Experiment lehrt uns einerseits etwas über den beobachteten Gegenstand. Andererseits lehrt es uns auch etwas über den Beobachter. Die Art, wie der Beobachter das Experiment anlegt, offenbart seinen derzeitigen Wissensstand. Beispiel: Wenn eine vermeintliche Hexe daraufhin untersucht wurde, ob sie drei Minuten unter Wasser überlebt (Hexenprobe), dann sagt uns das etwas über das wissenschaftliche oder religiöse Verständnis dieser Zeit.

Außer dem Gegenstand und dem Beobachter gibt es noch ein drittes Element: die Absicht. Die Absicht der Wissenschaft wäre, einen Sachverhalt eindeutig zu klären. Eine Absicht könnte aber auch darin bestehen, eine Klärung zu verhindern. Je nach Absicht wird das Experiment gestaltet. Über die Gestaltung erkennt man die Absicht.

Meine These (und Beobachtung) ist: Religiöse "Experimente" werden von vornherein so gestaltet, dass sie eine Sache nicht klären, sondern verwirren. Sobald einer religiösen Behauptung eine eindeutige Klärung droht, wird das Experiment abgebrochen oder für ungültig oder für undurchführbar erklärt. Oder es wird so angelegt, dass das Ergebnis beliebig interpretiert werden kann. Durch diese Gestaltung erkennt man die Absicht.

Ein Beispiel aus den letzten Seiten: Die Tatsache, dass wir Leid empfinden (was niemand bestreiten kann), ist Teil eines Experiments. Nämlich des Experiments, ob wir die nicht steigerbare Allgüte des Herrn empfangen. Prompt erscheint Zarathustra und gibt zu bedenken, dass wir ja nicht wüssten, was das Wort "gut" überhaupt bedeutet, im göttlichen Kontext. (Jedoch weiß niemand, was göttlicher Kontext sein soll, und genau das ist die Absicht.) Das Experiment wird so lange verwirrt, bis wir noch nicht einmal sagen können, ob Leid tatsächlich Leid ist, und ob "schlecht" womöglich "gut" ist. Wir können im Grunde überhaupt nichts sagen. Es wird so lange gedreht, bis nichts mehr geklärt werden kann. Aber: Dadurch verrät sich eben auch die Absicht.

Mein Vorschlag an die religiöse Fraktion im Thread wäre, sich zu fragen, ob das zutrifft und warum. Macht es "die Gläubigen" nicht stutzig, dass einer Klärung stets ausgewichen wird? Ist da nicht was faul? Hat es jemanden überrascht, dass das Experiment von Trimichi verworfen wurde, sobald es konkret zu werden drohte? Findest Du, Trimichi, das nicht selber etwas seltsam? Immerhin hast Du das Experiment selber vorgeschlagen.

Als Beispiel für eine Selbst-Überprüfung könnte die Wirksamkeit von ...... personal power......dienen. Dies ist eine Art "Experiment", dessen Ausgang sehr einfach untersucht werden kann, von jedem einzenen. Warum unterbleibt diese Untersuchung? Warum wird sie, falls sie droht, sofort ins Nebulöse verschwurbelt?

Also gut, nach Rücksprache mit meiner besten Freundin, deren Name ich hier nicht eintippe, schildere ich Dir eine Erfahrung und Beobachtung. Eine vollständige Erklärung kann ich nicht abgeben, da mein Aufenthalt auf den Philippinen, was das technologische Know-How und der damit verbundene Auftrag der Geheimhaltung unterliegt. Nur soviel: die deutsche Telekom hat viel Geld verdient.

As ich also auf den Philippinen war gings relativ rund. D.h. ich befand mich im Dschungel in einer Art Gefängnis. So wurde ich um 10.00 Uhr Abend von Uncle Miljet eingesperrt. Um 4:30 Uhr morgen schloss selbiger die "Lodge" im Jungle wieder auf. Ich befand mich in einer - nach philippinischem Recht - rechtlichen Grauzone und war, was das Überleben anbelangt mehr oder weniger auf mich alleine gestellt. Die USA mit Stützpunkt Guam hatten Hilfe angekündigt, das philippinische Militär hatte mir einen Countdown gestellt. Kirche usw. half nichts mehr. Meine Zeit lief quasi ab. Allerdings wurden die Regeln des Fairplays gewährleistet. D.h. ich konnte nach einem Ausweg suchen. Meine beste Freundin (Halbphilipina) sorgte nun dafür, dass ich nicht verrecken müsse und stellte den Countdown wieder neu ein, insofern, dass ich nur die Philippinen aus eigener Kraft verlassen müsse. Also machte ich es mir gemütlich und knobelte ganz üble Dinge aus. Üble Dinge: zum Beispiel nahm ich Kontakt zur den Rebellen auf oder hatte auch schon zuvor ein paar Filippinos "verprügelt". Einer lag im Krankenhaus und wurde ins Koma versetzt. Einer, ein philippinischer Militär-Polizist, hatte mich mit einer Pistole bedroht. Und deswegen saß ich ja in dem Quasi-Gefängnis im Dschungel. Soweit alles gut.

Eines nachmittags, es waren so zwischen 38 und 42 Grad Celsius im Schatten, und ich lag also in meiner Hängematte, da dachte ich an nichts und war tiefen entspannt. Plötzlich, d.h. aus heiterem Himmel, flog ein rundes, komplett schwarzes Objekt in der Größe eines Handballs mit einer Art Stachel in 2,5 Meter Höhe an und über mir vorbei und verschwand irgendwo im Inneren des Gebäudes, indem ich schlief. Zu dem Moment wusste ich nur eines: keine falsche Bewegung, keinen Mucks, nichts. Ich schloss mit allem ab und dachte mir, ok, wenn es mich tötet, dann habe ich es wohl so verdient. Auf der anderen Seite hatte ich mir nichts vorzuwerfen und konnte ruhigen Gewissens ruhig bleiben und hatte keine Angst. Nach einer halben Stunde interpretierte ich diese Erscheinung des schwarzen Objekts, das auf Grund seiner Größe kein mir bekanntes Insekt sein konnte (die Tracheenatmung definiert die Größe von Insekten auf ein gewisses Maximum), d.h. auf Grund der Größe kein Insekt sein konnte. Was war das? Ich beschloss nicht weiter darüber nachzudenken, interpretierte diese Erscheinung als Warnung. Und von daher gesehen verließ ich die Hängematte und begab mich in das Innere des Gebäudes. Das unbekannte Objekt sah ich nicht wieder.

ENDE dieser Märchenstunde. Ziehe die Schlussfolgerungen selbst. Nur soviel: the magic happens outside of your comfort-zone.

Jörn
27.04.2019, 07:43
Interessant! Danke für das Posting.

Die Frage war: Wieso wird eine anstehende Prüfung (eines religiösen Experiments) stets ins Nebulöse verschwurbelt?

Die Frage davor lautete, wie das Experiment, das Du mir empfahlst, gestaltet werden sollte:

- Was soll ich tun?
- Welche Beobachtung meinerseits führt zu welcher Schlussfolgerung und Konsequenz?
- Was genau müsste ich beobachten, um Dich zu der Schlussfolgerung zu führen, dass der ganze Götterglaube nur Einbildung oder Betrug ist?

Jörn
27.04.2019, 07:54
Noch eine rasche Rückfrage. Das schwarze fliegende Objekt weist nach meiner Meinung einwandfrei auf den Atheismus hin. Es ist ein dringlicher Hinweis, sofort jeden Götterglauben einzustellen.

Anscheinend wertest Du das schwarze Objekt genau gegenteilig. Warum?

Trimichi
27.04.2019, 07:59
Interessant! Danke für das Posting.

Die Frage war: Wieso wird eine anstehende Prüfung (eines religiösen Experiments) stets ins Nebulöse verschwurbelt?

Die Frage davor lautete, wie das Experiment, das Du mir empfahlst, gestaltet werden sollte:

- Was soll ich tun?
- Welche Beobachtung meinerseits führt zu welcher Schlussfolgerung und Konsequenz?
- Was genau müsste ich beobachten, um Dich zu der Schlussfolgerung zu führen, dass der ganze Götterglaube nur Einbildung oder Betrug ist?


Noch eine rasche Rückfrage. Das schwarze fliegende Objekt weist nach meiner Meinung einwandfrei auf den Atheismus hin. Es ist ein dringlicher Hinweis, sofort jeden Götterglauben einzustellen.

Anscheinend wertest Du das schwarze Objekt genau gegenteilig. Warum?



Bitte. Bitte zügle Deine Neugier was diese Anekdote betrifft. Nun sind imho wieder andere an der Reihe in der Debatte und/oder Diskussion.

Ich wünsche Dir einen schönen Tag.

Helmut S
28.04.2019, 18:07
Desweiteren kann man mit Kant der Ansicht sein, daß uns einige der Einsichten, die in den Prämissen behauptet werden aufgrund der Grenzen unserer Vernunft und unseres Verstandes prinzipiell verwehrt bleiben müssen (Danke an Helmut S für den Hinweis!).

Ich fühle mich nicht sehr wohl beim Lesen der Zeilen. :( Ich möchte also etwas detaillieren:

Mein Hinweis bezog sich (vor dem Hintergrund der Diskussion hier um die "Rechtfertigung Gottes vor dem Übel in der Welt") lediglich auf eine späte, nachkritische Schrift von Kant mit dem Titel:

"Über das Misslingen aller philosophischen Versuche in der Theodizee"

Die Ehre bezüglich einen Hinweises darauf, dass uns einige der Einsichten aufgrund der Grenzen unseres Verstandes und unserer Vernunft prinzipiell verwehrt beleiben müssen, gebührt mir nicht. Ich sehe das auch nicht in der Gänze so, vor allem nicht, wenn ich mich an Kant orientiere.

Ich bin der Meinung, dass man hier aufpassen muss, dass man Kant nicht falsch versteht. Auch Kant hat sich über die Zeit entwickelt und teilweise verändert oder ggf sogar Widersprochen. Vereinfacht gesagt, muss man also m.E. aus aus folgendem Grund aufpassen:

Er gebraucht den Begriff der Vernunft manchmal im engeren Sinne und manchmal im weiteren Sinne. Das ist verwirrend. Im weiteren Sinne umfasst die Vernunft bei Kant auch den Verstand.

Im engeren Sinne ist bei Kant die Vernunft die Fähigkeit Urteile a priori zu treffen. A priori bedeutet, Urteile zu treffen (also Erkenntnis zu gewinnen) ohne vorher eine sinnliche Erfahrung gemacht zu haben, d.h. nur mit Hilfe der Begriffe und ihrer Bedeutung. Der Verstand dagegen ist das Vermögen Urteile a posteriori zu treffen, d.h. Urteile z.B. aufgrund von Erfahrung (phänomenal als Sinneseindruck des Dings an sich) zu treffen. Alle empirische Erkenntnis entspringt einem Urteil a posteriori. Anmerkung: Kant dröselt die Arten der Urteile noch weiter auf - is hier aber m.E. unerheblich.

Was die Theodizee betrifft, so lehnt Kant (in der genannten Schrift) meinem Verständnis nach aus logischen Gründen bzw. Gründen der Möglichkeiten des Verstandes (a posteriori) alle Versuche ab, Gott trotz des Übels der Welt zu rechtfertigen. Schon gar nicht - das sagt er ausdrücklich - sind die Theodizeeversuche Gottesbeweise. Ein Existenzbeweis muss, soll er wissenschaftlich sein, immer a posteriori sein. Da sich Gott aber dem Verstand (mangels sinnlicher Erfahrung als Phänomen des Dings an sich) entzieht, ist kein Beweis möglich.

Kant ist aber damit Einverstanden, dass die Vernunft (genauer: praktische Vernunft) einen Gottesbegriff postuliert, um das sittliche Handeln zu rechtfertigen. Die Vernunft im engeren Sinne ist der Quell von Begriffen, von Ideen. Die Existenz eines Begriffs, eine Idee ist aber noch kein Beweis für die Existenz eines Dings an sich, dessen Phänomen wir mit dem Begriff bezeichnen. Kant sagt, man kann so tun "als ob" es einen Gott gibt (um die höchste Einheit der Erkenntnis der Vernunft herzustellen) . Der Begriff "Gott" (bzw. das so "tun als ob") muss sich dann aber der Moral unterordnen. Man kann aber auch so tun "als ob" die Moral von Gott kommt. Das ist aber alles nicht wirklich objektiv.

Man kann mit Kant also m.E. nicht der Ansicht sein, daß uns einige der Einsichten, die in den Prämissen behauptet werden aufgrund der Grenzen unserer Vernunft und unseres Verstandes prinzipiell verwehrt bleiben müssen. Was uns verwehrt bleiben muss, so Kant, ist der Beweis oder die Rechtfertigung, denn die Begriffe sind dem Verstand insofern nicht zugänglich, als dass er sie mit Erfahrung füllen könnte. Das ist insofern ein Unterschied, weil die Nichtzugänglichkeit nicht an der Göttlichkeit bzw Menschlichkeit o.ä. liegt, sondern an der logischen Unmöglichkeit.

Wichtig: Kant sieht m.E. Gott in dieser späten Phase auch nicht als moralisches Wesen, als moralischen Akteur, das bzw. der dem Sittengesetz unterworfen wäre, sondern er meint im obigen Sinne, dass man so tun könnte "als ob" es einen Gott gibt, der dann aber der Moral unterworfen sein müsste. Um so zu tun "als ob" muss es aber den Begriff "Gott" geben, die Idee "Gott". Damit behauptet er aber nicht, dass es einen Gott gibt. Insbesondere - selbst wenn es einen gäbe - könnte man aus der Existenz nichts ableiten, weil Existenz kein Prädikat ist, dass man in Beziehung zu etwas setzen könnte um neue Erkenntnis (Erweiterungsurteil) zu gewinnen. Übrigens wurde aus diesem Grunde m.W.n. in der Mathematik der Existenzquantor eingeführt. Vorher war man der Meinung, Existenz könne man als Prädikat ausdrücken. :Blumen:

waden
28.04.2019, 18:46
Danke Helmut S. Das finde ich wirklich sehr spannend - und ich verstehe, dass Du bei dieser Sorgfalt nicht mehr so häufig schreibst. Ich bin dankbar, dass Du diese Beschreibung "vereinfacht" vorgenommen hast :) So verstehe ich wenigstens fast alles.

Die Trennung von Erkenntnissen mit und ohne Sinneseindrücken (a priori/a posteriori), wenn ich das so vereinfacht formulieren darf, erscheint mir problematisch. Dieser Dualismus geht nach meiner Erinnerung wenigstens bis auf Platon zurück. Ich erlaube mir, gegen diese Geistesgiganten an zu vermuten, dass das nicht zutrifft, weil keine unserer Erfahrungen und Erkenntnisse losgelöst von unserem Körper stattfindet.

Helmut S
28.04.2019, 20:19
Die Unterscheidung a priori und a posterieori bei Kant hat ja nix mit Dualismus zu tun oder damit, dass wir, wenn wir denken in unserem Körper denken oder gar körperlich substanzlos denken würden. Ausdrücklich lehnt Kant den Substanzdualismus ja ab. Es geht lediglich darum, dass wir lt Kant a priori Erkenntnisse gewinnen können, ohne zu sehen, zu hören, zu riechen oder zu fühlen - also nicht empirisch. A priori sind Erkenntnisse wie z.B. in der Mathematik, die durch reines nachdenken entstehen. Das hinterher solche Erkenntnisse ggf. empirisch bestätigt werden is dem ja nicht schädlich. Allerdings: Auch Kant ist selbstverständlich nicht völlig unumstritten.

Man braucht Kant aber ehrlich gesagt nicht zur Religionskritik mMn. Und vieles was man da recht kompliziert liest ist heute erkentnisstheoretisches Commodity - sind ja doch fast 300 Jahre vergangen und andere haben auch nachgedacht ;) Kant mag besonders wichtig sein, weil er für eine Wende in der Philosophie steht. Ich kann deshalb was zu Kant sagen, weil ich mich dafür aus versch. Gründen interessiere und nicht weil ich glaube, er würde die Welt ENDLICH(!!) erklären oder hätte ein Letztantwort oder sonstwas. Und das die Philosophie in der Disziplin Metaphysik nicht wirklich erfolgreich ist, spricht übrigens auch nicht dafür, sie zur Religionskritik zu verwenden. Übrigens ist dieser Umstand auch als "Skandal der Philosophie" bekannt.

Ich wollte da halt nur was dazu schrieben, weil mein Nick von Z in einem etwas Missverständlichen Zusammenhang gebraucht wurde, dessen Inhalt ich noch dazu nicht so sehe.

:Blumen:

merz
28.04.2019, 22:05
diese (krassen) nachkritischen Sachen hatten ich überhaupt nicht auf dem Schirm, danke für den Hinweis

Aber was bleibt denn jetzt bei unserem Ausflug nach Königsberg:

- Kant braucht eine Gottesidee zum Abschluss seiner Ethik, diese Idee ist nicht notwendig christlich und diese Ethik muss man auch nicht fahren (ich vereinfache die Dinge, das es sogar mir schon fast weh tut, aber es muss ein)
- auch im Spätwerk bleibt das Problem der Theodizee (das ist dieses Rätsel der Rechtfertigung der Rede von (einem existenten) Gott angesichts des Übels in der Welt, auf Philosophisch) ungelöst.

- "Denknotwendigkeiten" (nicht Kant'sch, aber irgendwie so), siegt über das schreiende Problem der Theodizee

Also nichts zu holen bei Kant?
Schade, aber ist wohl so.

m.

Flow
28.04.2019, 23:05
Mag sein oder auch nicht. Du stellst damit implizit die Behauptung auf, dass es neben der naturwissenschaftlich erklärbaren Welt noch eine weitere gibt. Diese Voraussetzung ist allerdings genau das, was erst noch zu beweisen ist.
Das liest sich für mich so, als fordertest du den naturwissenschaftlichen Beweis der Existenz etwas naturwissenschaftlich nicht Beweisbaren, bevor du es glauben oder zumindest für möglich halten willst.
Das mutet etwas seltsam an ... :)

(Sieh mir nach, falls dieser Punkt auf den folgenden Seiten klarer beleuchtet wurde ... ich lese noch ...)

Jörn
29.04.2019, 00:58
Zu Kant (aber nicht nur): Unterm Strich geht es um a) Erkenntnisse und b) Rechtfertigungen.

Erkenntnisse kann man "einfach so" haben, ohne dass etwas daraus folgt. Man kann aus irgendeiner Erkenntnis heraus verabreden, so zu tun, als gäbe es Gott, oder auch nicht. Solange nichts daraus folgt, ist es ein akademisches Gedankenspiel. In diesem Sinne ist es einerseits interessant, was Kant dazu sagt, andererseits aber auch einerlei.

Rechtfertigungen dienen dazu, konkrete Handlungen zu legitimieren. Etwa: Weil es einen Gott gibt (oder wir es uns mal philosophisch so vorstellen), fordern wir von Dir dies-und-jenes. Beispielsweise dürfen Christen keine Juden heiraten, weil (XY). Eine Rechtfertigung braucht eine viel höhere Plausibilität als irgendein rein gedachtes Konstrukt, weil sie eine Zustimmung benötigt (außer bei Sklaverei).

Für eine Rechtfertigung bringen mir alle philosophischen Denk-Experimente nicht genügend Gewicht auf die Waage. Im Grunde bringen sie überhaupt kein Gewicht auf die Waage. Ich könnte beispielsweise einwenden, dass stets angenommen werden muss, dass es mehrere Götter geben könnte, die gelegentlich unterschiedlicher Auffassung sind. Allein diese These macht alle Spekulationen über Wille, Eigenschaften und Absichten von "Gott" bedeutungslos, denn eventuell gibt es mehrere.

Ich könnte weiterhin einwenden, dass der einzige Gott nach Gutdünken seine Meinung ändert. Man mag dem entgegnen, dass es ziemlich albern sei, dass Gott seine Meinung ändern würde. Ich könnte antworten, dass es ziemlich albern sei, dies einfach auszuschließen, und man möge mir bitte diese Annahme sauber herleiten.

Mit diesen Einwänden möchte ich meine Auffassung illustrieren, dass hier ein riesiges Gewicht an einem winzigen Scharnier aufgehängt wird. Aus Kleinigkeiten (dass es nur einen Gott gibt, dass dieser nie seine Meinung ändert) werden riesige und weitreichende Schlussfolgerungen gezogen. Aber schon winzige Änderungen in den Annahmen ändert alles.

Ein solches winziges Scharnier ist auch die Annahme, dass wir die Götter nicht geistig erfassen könnten, weil es ein für uns unfasslicher Bereich sei. Das wird einfach mal so angenommen, und an diesem kleinen Scharnier hängt man riesige Konstrukte auf. Ich halte diese Annahme aber für frei erfunden.

Am Ende erreichen alle diese Überlegungen und Gedankenspiele die Schwelle nicht, ab der man Rechtfertigungen ableiten könnte. Es könnte alles stimmen, aber es könnte auch alles falsch sein. Daher ist es egal, ob es die Götter gibt oder nicht.

Ob Götter einer Moral unterworfen oder der Moral überlegen sind: Wen kümmert's? Wenn Gott höchstpersönlich anordnen würde, jeden Tag ein Kaninchenbaby zu töten, würden wir es trotzdem nicht tun. Gottes Moral ist uns egal, denn wir haben unsere eigene Moral. Deswegen ist es bedeutungslos, ob Gott über oder unter der Moral steht. Es mag als Erkenntnis oder als Gedankenspiel unterhaltsam sein, aber es wird kein vernünftiger Mensch ein süßes Kaninchenbaby umbringen, weil irgendein Philosoph eine Schlussfolgerung zieht.

Damit möchte ich sagen, dass wir selbst dann, wenn wir zu einem zweifelsfreien Ergebnis kämen, dieses ignorieren würden, wenn es uns nicht in den Kram passte.

Zarathustra
29.04.2019, 03:15
Ich fühle mich nicht sehr wohl beim Lesen der Zeilen. :(
...

Hallo Helmut, der Dank an Dich war für den Hinweis auf Kant und sollte Dich nicht für meine (möglicherweise falsche oder unpräzise) Wiedergabe von dessen Gedanken verantwortlich machen.

Aus Deinem Beitrag lese ich, wenn ich Dich richtig verstehe, in der Hauptsache drei Kritikpunkte (meiner Wiedergabe Kants) heraus:
1. habe ich die Grenzen der Vernunft zu eng gesetzt; und
2. habe ich eine menschliche Unzulänglichkeit anstelle einer logischen Unmöglichkeit gesetzt.
3.'und'


zu 1: Das stimmt, denn gemeint war natürlich die theoretische Vernunft. (Um Kants praktische Vernunft oder gar weitere systematische Zusammenhänge einzuführen, schien mir das Diskussionsklima bei weitem nicht reif genug. Es drohen jederzeit schwerwiegende Unterstellungen von vermeintlichen Zirkelschlüssen und Immunisierungsstrategien...)

zu 2: Soweit ich sehe, habe ich mich in meinem Beitrag weder für das Eine noch für das Andere ausgesprochen.

zu 3: Das 'und' war so gemeint: Einige der Prämissen übersteigen das Vermögen unseres Verstandes (Bsp.: 'Gott ist vollkommen gut.'), einige das Vermögen unserer Vernunft (Bsp.: 'Wenn es Böses/Schlechtes in der Welt gibt, dann muß er es anders machen wollen.'); Überschneidungen sind möglich.

____

Die Zielrichtung des von Dir zitierten Aufsatzes ist im Übrigen anders als sie es in meinem Beitrag und allgemein in der vorangegangenen Diskussion hier war. J. Brachtendorf (Kant-Studien 2002) argumentiert sogar für eine Deutung des Aufsatzes als eine 'Neufundierung philosophischer Theodizee'.


Gute Nacht!

Jörn
29.04.2019, 04:58
Wie weit kann eine durch Philosophie gewonnene "Erkenntnis über die Existenz Gottes" maximal tragen?

Nehmen wir an, die Philosophie würde uns ohne jeden Zweifel darlegen, dass es einen einzigen wahren Gott tatsächlich gibt: Was weiter könnten wir daraus ableiten? Könnten wir daraus ableiten, was dieser Gott von uns will?

Gibt es, theoretisch, die Möglichkeit, seinen Willen und seine Forderungen an uns abzuleiten? Oder ist die schiere Existenz das Äußerste, was wir überhaupt (prinzipiell) ableiten könnten?

Ich behaupte, dass jede weitere Schlussfolgerung (über die schiere Existenz hinaus) unmöglich ist. Ich folgere meinerseits daraus, dass sogar eine so epochale Erkenntnis wie die tatsächliche Existenz eines Gottes letztlich folgenlos bleibt. Was dieser Gott will, denkt, mag, glaubt, verachtet, fordert, bestraft oder belohnt, bleibt prinzipiell außer Reichweite.

• Kann die Philosophie, prinzipiell, eine Aussage darüber treffen, ob Gott überhaupt von unserer Existenz im Weltall weiß?

• Kann die Philosophie, prinzipiell, herausfinden, ob Gott einen Unterschied sieht zwischen uns und Tieren?

• Kann die Philosophie ein Urteil darüber abgeben, ob wir die von Gott bevorzugte Spezies sind? Und nicht etwa Bakterien? Immerhin sind wir Nahrung für Bakterien. Ganz besonders nach dem Tod.

Ich habe den Eindruck, als würde hier mit größter Mühe ein Unterfangen betrieben, welches prinzipiell nicht in der Lage ist, bedeutungsvolle Antworten zu geben, selbst dann, wenn der logische Nachweis eines Gottes gelänge. Warum wird dieses Unterfangen trotz dieser mürben Aussichten dennoch betrieben? Eine Möglichkeit wäre, dass die Philosophie lediglich vor den Karren der Religion gespannt wird, für jene, denen der Weihrauch und die Engel zu primitiv sind und daher lieber über Kant und Wallenstein reden. Die Religion wäscht sich womöglich mit dem Ansehen der Philosophie rein.

Fakt ist (und jeder kann es nachprüfen): Die Philosophie konnte in 3.000 Jahren nicht den winzigsten Beitrag dazu leisten, um herauszufinden, wer oder was Gott ist, ob es ihn gibt, und was er von uns will.

Ich bin nicht davon überzeugt, dass die Philosophie, soweit sie Gott betrifft, zu irgendwelchen Handlungsanweisungen oder moralischen Geboten kommen kann, die auf dem Willen eines Gottes basieren. Ich behaupte, das kann sie nicht, und zwar prinzipiell nicht.

Trimichi
29.04.2019, 07:06
Übrigens wurde aus diesem Grunde m.W.n. in der Mathematik der Existenzquantor eingeführt. Vorher war man der Meinung, Existenz könne man als Prädikat ausdrücken. :Blumen:

Sehr interessanter Punkt !

Ich denke, hier könnte Klugschnacker als Physiker ansetzen, zumal dessen Widerspruch sehr gut verständlich herausgearbeitet wurde: Klugschnacker will mit naturwissenschaftlichen Methoden beweisen, was erwiesenermaßen mit naturwissenschaftlichen Methoden nicht bewiesen werden kann. An dieser Stelle mein Dank auch an waden. Sehe ich auch so, dass die körperliche (sinnliche) Erfahrung eine Rolle spielt, will nicht in den Sensualismus verzweigen.
Danke für Deinen Beitrag, hat mir gut getan.

Der Existenzquantor spielt meiner Meinung nach eine wichtige Rolle bei dem Thema. Oder wie Heraklit sagte und ich dessen Worte auch gerne nochmalig eintippe: panta rhei.

Ok, das wars auch schon. Wollte nur nicht das der fettmarkierte Begriff untergeht. Daher möge man mir meinen "reminder" nachsehen. Also dann, guten Wochenstart einstweilen.

Jörn
29.04.2019, 07:37
will mit naturwissenschaftlichen Methoden beweisen, was erwiesenermaßen mit naturwissenschaftlichen Methoden nicht bewiesen werden kann

Ich finde es interessant, mit welchem Fleiß dieses Missverständnis immer wieder aufgetischt wird, obwohl es schon so oft beantwortet und klargestellt wurde.

Zudem ist die Wissenschaft ja gar nicht in der Beweispflicht, da sie nichts behauptet. Sondern die Religion ist in der Beweispflicht.

Nun scheitert die Religion nicht erst an einem "Beweis", sondern zuvor schon daran, eine einheitliche Behauptung aufzustellen, weil sich jeder Gläubige empört dagegen verwahrt, sein vorzüglicher Glaube hätte etwas mit dem kruden Aberglauben der anderen zu tun.

Von mir aus können religiöse Behauptungen, wenn sie denn endlich mal klar definiert würden, mit irgendwelchen Methoden bewiesen werden -- von mir aus mit schwarzer Magie. Das wird jedoch nicht gelingen.

Alles, was bis jetzt präsentiert wurde, ist nur eine Verpackung für: "Tja, öh... man muss halt glauben".

qbz
29.04.2019, 09:30
...........
• Kann die Philosophie, prinzipiell, eine Aussage darüber treffen, ob Gott überhaupt von unserer Existenz im Weltall weiß?

• Kann die Philosophie, prinzipiell, herausfinden, ob Gott einen Unterschied sieht zwischen uns und Tieren?

• Kann die Philosophie ein Urteil darüber abgeben, ob wir die von Gott bevorzugte Spezies sind? Und nicht etwa Bakterien? Immerhin sind wir Nahrung für Bakterien. Ganz besonders nach dem Tod.

Ich habe den Eindruck, als würde hier mit größter Mühe ein Unterfangen betrieben, welches prinzipiell nicht in der Lage ist, bedeutungsvolle Antworten zu geben, selbst dann, wenn der logische Nachweis eines Gottes gelänge. Warum wird dieses Unterfangen trotz dieser mürben Aussichten dennoch betrieben? Eine Möglichkeit wäre, dass die Philosophie lediglich vor den Karren der Religion gespannt wird, für jene, denen der Weihrauch und die Engel zu primitiv sind und daher lieber über Kant und Wallenstein reden. Die Religion wäscht sich womöglich mit dem Ansehen der Philosophie rein.

Fakt ist (und jeder kann es nachprüfen): Die Philosophie konnte in 3.000 Jahren nicht den winzigsten Beitrag dazu leisten, um herauszufinden, wer oder was Gott ist, ob es ihn gibt, und was er von uns will.

Ich bin nicht davon überzeugt, dass die Philosophie, soweit sie Gott betrifft, zu irgendwelchen Handlungsanweisungen oder moralischen Geboten kommen kann, die auf dem Willen eines Gottes basieren. Ich behaupte, das kann sie nicht, und zwar prinzipiell nicht.

Im Foyer der Berliner Humboldt Universität steht folgender bedenkenswerter Satz:

https://upload.wikimedia.org/wikipedia/commons/thumb/6/61/Die_Philosophen_haben_die_Welt.jpg/799px-Die_Philosophen_haben_die_Welt.jpg

Aus den Thesen über Feuerbach (http://www.mlwerke.de/me/me03/me03_533.htm)

Helmut S
29.04.2019, 10:45
Da vom Laufen meine rechte A-Sehne schmerzt und vom radeln mein linkes Knie ... verbringe ich meine Zeit halt anders ...

Also nichts zu holen bei Kant?


Ein klares Jein. Was hat Kant versucht?

Er wollte eine wissenschaftliche Metaphysik entwickeln um Rationalismus und Empirismus zusammen zu bringen. Ergebnis: Zonk!

Er wollte eine letztgültige Pflichtethik begründen. Ergebnis: Zonk!

Was hat er aber erreicht? Wir sprechen im Prinzip in der Erkenntnistheorie über eine Zeit vor Kant und eine Zeit nach Kant. Man nennt das auch "kopernikanische Wende in der Philosophie". Er stellt das Subjekt in das Zentrum der Erkenntnis (im Gegensatz zu vorher das Objekt). D.h. er sagt: Wir tragen bereits durch Anschauung und Nachdenken Eigenschaften in die Dinge hinein, die die Dinge an sich nicht haben und was wir zunächst den Dingen nicht ansehen. Das ist diese Sache mit "Wir können nichts über das Ding an sich wissen". Darüber is man sich auch einig, das is aber kein Problem, auch nicht für die Empiristen, den ein wesentliches Kriterium im Naturwissenschaftlichen ist die Intrasubjektivität von Phänomenen. Und irgendwie scheint die Evolution in uns die Prinzipien der Fähigkeit zur Anschauung und zum Nachdenken gleich angelegt zu haben. Also alles gut.


Typische, einsichtige Analogie zu dem was Kant meint: Farben. Man ist sich heute einig, dass Farben keine Eigenschaften des Dings an sich sind (sondern sog. sekundäre Qualitäten), sondern in uns durch Wechselwirkung der Oberfläche des Dings, dem Licht und unseren Rezeptoren. Der Mensch ist Trichromat (drei Rezeptoren), es gibt aber auch Tetrachromate (z.B. mit UV Licht Rezeptoren) Tiere. Übrigens kann man die Anlaogie "Farbe" auch gut (vielleicht etwas holprig, ok ;) ) dazu verwenden um zu verstehen was Kant mit "a priori" meint: Wenn euch n Kumpel anruft und sagt, ich habe mir ein neues Auto gekauft, dann fragt ihr nicht: "Hat das Auto eine Farbe?" sondern ihr fragt: "Welche Farbe hat das Auto?" Ihr wisst a priori, dass Autos Farben haben. Dazu müsst ihr das Auto nicht sehen und das muss logisch auch nicht geprüft werden.

Kant hat jedenfalls mit der subjektzentrierten Erkentnisstheorie eine große Veränderung herbeigeführt. Moderne Bewusstseinsphilosophen (wie Metzinger), die interdisziplinär arbeiten und empirische Belege für das Phänomenale liefern (ich habe vor einem oder zwei Jahren mal das Buch "Der Ego Tunnel" von Metzinger empfohlen) profitieren heute davon.


Aus Deinem Beitrag lese ich, wenn ich Dich richtig verstehe, in der Hauptsache drei Kritikpunkte (meiner Wiedergabe Kants) heraus:
1. habe ich die Grenzen der Vernunft zu eng gesetzt; und
2. habe ich eine menschliche Unzulänglichkeit anstelle einer logischen Unmöglichkeit gesetzt.
3.'und'
[...]


Vor allem das "und" hat mich gestört, setzt es doch eine Unterscheidung und impliziert deshalb die engere Sichtweise von Vernunft (wie du in 1. ja anmerkst). Wo ich ebenfalls sehr große Schwierigkeiten hatte, war, dass sich mir der Verdacht aufdrängte, dass keine saubere Unterscheidung des Begriffes "Gott" als Idee und dem "Ding" Gott gemacht wird.

Man kann aus irgendeiner Erkenntnis heraus verabreden, so zu tun, als gäbe es Gott, oder auch nicht

Ich weiß nicht genau, was du mit "verabreden" meinst? Wenn Du zum Beispiel meinst, dass ich mich mit Keko darauf verabrede, dass es einen Gott gibt und wir nun deshalb am Sonntag in die Kirche gehen um zu ihm zu beten, dann stimme ich dir zu.:Blumen:

Wenn "verabreden" meint "behaupten im erkentnisstheoretischen Diskurs", kann man das leider nicht, zumindest nicht lange ;) Denn das würde sofort widerlegt werden. Man kann so tun als gäbe es den Gottesbegriff. Freilich.

Rechtfertigungen dienen dazu, konkrete Handlungen zu legitimieren.

Nunja. Es ging um die Rechtfertigungen der Behauptung ("Rede") der All-Eigenschaften eines existierenden Gottes gegenüber dem Übel in der Welt (Theodizee). Rechtfertigung im philosophischen Sinne meint da schon was anderes als im Sinne eines wie auch immer gearteten Regelwerks/Gesetzes. Es meint eine Begründung, keine Legitimation von Handlungen.

Für eine Rechtfertigung bringen mir alle philosophischen Denk-Experimente nicht genügend Gewicht auf die Waage. Im Grunde bringen sie überhaupt kein Gewicht auf die Waage.

[... Rede über die Eigenschaften von Gott oder Göttern uw.]



Es ist völlig korrekt, dass die philosophischen Argumente bezüglich göttlicher Eigenschaften nicht nur wenig, sonder gar kein Gewicht auf die Waage bringen. Um philosophisch über Eigenschaften von etwas zu debattieren, muss erst bewiesen werden, das etwas auch ist. Man kann freilich rein formal über den Begriff diskutieren, weil den können wir denken.

Mal ehrlich: Mir persönlich ist nicht bekannt, dass irgendein lebender, ernst zunehmender Philosoph (ausgenommen Religionsphilosophen wahrscheinlich, von denen ich aber nichts weiß) auch nur Ansatzweise der Meinung sei, einen Beweis für die Existenz Gottes zu kennen. Im Gegenteil: M.E. ist das Thema sowas von durch.

"Erkenntnis über die Existenz Gottes" maximal tragen?

Nehmen wir an, die Philosophie würde uns ohne jeden Zweifel darlegen, dass es einen einzigen wahren Gott tatsächlich gibt: Was weiter könnten wir daraus ableiten?

Ja gar nix. Ich habe oben ja schon geschrieben, dass Existenz keine Eigenschaft ist. Aus ihr kann man gar nix ableiten. Deshalb wird die Existenz z.B. in der Mathematik als Existenzquantor geschrieben und nicht als Prädikat.

Was mir wichtig erscheint: Möchte man selbst diese Dinge denken, hilft es sehr, dass man weiß, welche Gedanken schon einmal gedacht wurden, sich die Argumentation ansieht um dann zu sehen, ist es Wert nochmal in diese oder jene Richtung zu denken oder ob das vielleicht schon erledigt ist. Was mir heute für die Philosophie wichtig scheint ist, dass sie in der Praxis ankommt. Das sie raus geholt wird aus den Elfenbeintürmen (der Sprachphilosophie) rein in die Gesellschaft. Hier bin ich der Meinung - Vorwurf des philosophischen Populismus hin oder her - hat gerade Richard David Precht viel geleistet. Keine Ahnung ob es philosophische Bücher gibt, die mehr gelesen wurden als seine. :Cheese: Mir persönlich ist das unmittelbar im Leben mehr Wert als viele große Gedankengebilde, mögen sie noch so wichtig sein.

Was mich persönlich betrifft: Die Diskussion darum ob es einen Gott gibt oder nicht, holt mich nicht mehr hinter dem Ofen hervor. Es gibt Stand heute mit extrem hoher Wahrscheinlichkeit schlicht Keinen. Schon gar nicht finde ich die Frage spannend, ob man Gott beweisen kann oder nicht. Spätestens seit Popper ist auch diese Frage längst beantwortet mit: Nein, kann man nicht. Auch nicht die Frage ob das was in der Bibel steht wahr ist oder nicht: Einen besseren Blick auf das Offensichtliche als das zu analysieren gibt es kaum.Natürlich stimmt das so nicht wie das da steht. Das ist frei verfügbares und belastbares Wissen.

Die wirklich interessante Frage ist m.E. doch, warum gibt es immer noch (gebildete und intelligente) Menschen, die das alles trotzdem Glauben oder anderer Meinung sind?

Jörn hat irgendwann mal gefragt, warum denn die religiösen Aussagen nicht einfach mal vernünftig geprüft werden? Er fragt, wenn man immer und immer wieder auf Widersprüche stößt, muss man doch mal an den Annahmen zweifeln? Dem stimme ich völlig zu. Insbesondere meine ich auch: Wenn man sieht, dass alles argumentieren nicht zum Ziel führt und trotz der Wahrheit und Korrektheit der Argumente der Gesprächspartner nicht überzeugt werden kann, dann muss man sich doch mal fragen, an was das liegt? Liegt es evtl. am Wesen des Menschen? ;) Hier schneiden wir dann Themen an, die den Menschen direkt betreffen wie z.B. positives Selbstbild, kognitive Dissonanz und kognitive Verzerrungen.

Ich bin übrigens auch der Meinung, dass Religionskritik im (teilweise) säkularisierten Staat nur eine Seite der Medaille ist. Die andere Seite muss Staatskritik sein. Das Kirchen wie besessen um den Machtanspruch und gegen den Machtverlust kämpften und kämpfen ist klar. Das kann man ihnen streng genommen nicht mal verübeln meine ich. Wer gibt seine Macht freiwillig auf? Die Frage ist doch nun, wie kann der Staat in 2019 immer noch zulassen, dass die Kirchen Macht und Einfluß haben? Muss nicht der Staat den Weg der Säkularisierung konsequent weiter gehen? Er hat mit den Staatsgewalten alle Werkzeuge in der Hand. Und: Alles was dann im Machterhaltungskampfe an Handlungen unternommen wird soll und muss einer Prüfung durch eine einzige Instanz standhalten. Diese Instanz m.E. ist der Rechtsstaat.

In diesem Sinne :Blumen:

Helmut S
29.04.2019, 10:59
Im Foyer der Berliner Humboldt Universität steht folgender bedenkenswerter Satz:

https://upload.wikimedia.org/wikipedia/commons/thumb/6/61/Die_Philosophen_haben_die_Welt.jpg/799px-Die_Philosophen_haben_die_Welt.jpg

Aus den Thesen über Feuerbach (http://www.mlwerke.de/me/me03/me03_533.htm)

Dem ersten Teil des Satzes stimme ich zu. Dem "aber" und dem zweiten Teil nicht. Ich denke hier springt Marx zu kurz und am Ursächlichen vorbei.

Man muss nicht die Welt sondern das Denken der Menschen und deren Verhaltensweisen verändern. Das Thema haben wir ja auch bei der Klimawandeldiskussion.

Was soll diese Welt von der Marx spricht eigentlich sein? Die Welt ist alles was der Fall ist, oder was? :Cheese:

:Blumen:

qbz
29.04.2019, 11:57
Dem ersten Teil des Satzes stimme ich zu. Dem "aber" und dem zweiten Teil nicht. Ich denke hier springt Marx zu kurz und am Ursächlichen vorbei.

Man muss nicht die Welt sondern das Denken der Menschen und deren Verhaltensweisen verändern. Das Thema haben wir ja auch bei der Klimawandeldiskussion.

Was soll diese Welt von der Marx spricht eigentlich sein? Die Welt ist alles was der Fall ist, oder was? :Cheese:

:Blumen:

Ich habe schon mit Absicht den Link auf die Feuerbachthesen gesetzt, wo der Satz ja thesenartig ausgeführt ist und Marx den Unterschied zwischen seinen Ansichten und zu Feuerbach erläutert: "Aber das menschliche Wesen ist kein dem einzelnen Individuum innewohnendes Abstraktum. In seiner Wirklichkeit ist es das Ensemble der gesellschaftlichen Verhältnisse."

Er analysiert halt die Philosophien im Zusammenhang mit den sozialen Verhältnissen und den Eigentumsverhältnissen, in denen die Menschen leben, und mit den Wechselwirkungen zwischen den sozialen Verhältnissen und den Bewusstseinsformen. Indem die Menschen die Welt verändern (Produktivkräfte sowie Produktionsverhältnisse), verändern sie sich auch selbst mit und ihr Bewusstsein. Marx denkt nicht in einer zeitlichen Konsequenz im Sinne wie "erst Bewusstsein"-"dann Wirklichkeit" oder umgekehrt, sondern analysiert, wie beides zusammenwirkt. (Arbeitsteilung-Warenproduktion-Markt-Waren-/Geldfetisch etc.)

Meines Wissens sind in ärmeren Gegenden der Erde Religionen deutlich stärker in der Bevölkerung verbreitet als in den reicheren und gebildeteren Regionen, d.h. die unsichere Existenz und der geringere Grad der Bildung wirken sich auf die religiösen Überzeugungen bei weiten Teilen der Bevölkerung aus. Weniger Einfluss haben die Religionen, sobald sich die ausgebeuteten Menschen eine gesicherte Existenz erkämpfen und nicht durch Philosophie im Unterricht (um mal die Gedanken von Marx auf ein vereinfachtes Beispiel zu übertragen).

Helmut S
29.04.2019, 12:11
Weniger Einfluss haben die Religionen, sobald sich die ausgebeuteten Menschen eine gesicherte Existenz erkämpfen und nicht durch Philosophie im Unterricht (um mal die Gedanken von Marx auf ein konkretes Beispiel zu übertragen).

Ja, das hat auch der Berthold Brecht erkannt: "Erst kommt das Fressen, dann kommt die Moral" ;) :Cheese:

Jörn
29.04.2019, 23:49
Wenn man sieht, dass alles argumentieren nicht zum Ziel führt und trotz der Wahrheit und Korrektheit der Argumente der Gesprächspartner nicht überzeugt werden kann, dann muss man sich doch mal fragen, an was das liegt? Liegt es evtl. am Wesen des Menschen? ;) Hier schneiden wir dann Themen an, die den Menschen direkt betreffen wie z.B. positives Selbstbild, kognitive Dissonanz und kognitive Verzerrungen.

An was liegt es? Warum glauben Menschen?

Für mich ist das die Frage aller Fragen. Es ist insofern eine schwierige Frage, als dass gläubige Menschen in der Regel nicht bereit sind, an ihrer Beantwortung mitzuwirken. Es ist also ein Bereich, bei dem man nicht mit den Gläubigen spricht, sondern über sie. Das ist natürlich für eine öffentliche Forumsdebatte nicht sehr schön, weil man ja hier vor allem miteinander reden sollte.

Aber ich kann vielleicht von mir selbst und meiner eigenen Odyssee durch zahlreiche Debatten berichten. Seit dem religiösen Terror (9/11, Charlie Hebdo) habe ich für mich beschlossen, dass Religionskritik öffentlich hörbar sein sollte, und dass eine öffentliche Debatte über religiöse Dinge erlaubt sein müsste. Diese Debatte hat natürlich Chancen in beide Richtungen, aber für mich ist dabei die Richtung "weg vom Glauben" interessant.

Die Frage lautet dann für mich: Wo ist der Hebel, den man in der Debatte bewegen müsste, um Gläubige vom Glauben wegzubringen (oder sie zum Glauben hinzuführen)? Ich habe dabei über die Jahre verschiedene Theorien probiert, weil ich nicht wusste, was funktionieren würde.

• Meine erste Theorie war, dass es an den Inhalten der Religionen liegt. Das hat sich als völliger Reinfall erwiesen. Den Gläubigen sind die Inhalte meistens nicht bekannt. Nicht nur das: Sie haben auch keinerlei Interesse daran. Es geht sogar noch weiter: Mit nichts kann man Christen so sehr verärgern, als wenn man sie mit den Details des Christentums konfrontiert.

Meine umfangreiche Beschäftigung mit christlichen Schriften, ihrer Auslegung und ihrer Historie, hat sich für die Debatte als nutzlos erwiesen. Zwar kann man damit Leute beeindrucken, die unentschieden sind. Aber man kann bereits Gläubige damit nicht beeindrucken. An den Inhalten liegt es nicht.

• Meine nächste Theorie war, dass es an Werten, Sinn und Moral liegt. Das war der größte Reinfall von allen. Die Debatte verstummt sofort, sobald sie auf dieses Thema einschwenkt. Vor allem dann, wenn es um die Grundlagen (um ihre Begründung) in den christlichen Schriften geht. Nach meiner Beobachtung ist niemand ein Christ, Moslem oder Jude, weil er bestimmte Werte teilt. Es ist die falsche Denkrichtung. Die Richtung ist nicht: "Ich finde bestimmte Werte gut, diese werden im Christentum vertreten, also mache ich dort mit". Sondern die Richtung ist: "Ich bin Christ. Welche Werte muss ich folglich vertreten?"

Werte, Sinn und Moral lösen sich in den Religionen auf zu "Folgsamkeit". Die Werte werden nicht begründet, sondern verordnet. Eine Debatte über Sinn und Moral wird von vielen Gläubigen in der Regel als Angriff auf ihre Loyalität gewertet. Sie geraten in einen Loyalitätskonflikt zwischen dem, was verordnet wurde, und dem, was sie selbst für richtig halten. Wenn dann noch ein Atheist in dieser Wunde herumstochert, wird es zu viel. Das Thema wird gemieden. Über Werte wird zwar gerne von Kanzeln und auf Parteitagen gesprochen, aber nur deswegen, weil Widerspruch und Debatte nicht zu befürchten sind.

• Meine nächste Theorie war (und ist), dass es psychologische und historische Gründe hat. Bestimmte Eigenschaften unseres Denkapparats und unserer Psyche lassen sich missbrauchen. Die Ausbeutung dieser Entdeckung hat sich in Jahrtausenden evolutionär perfektioniert. Evolutionär im Sinne von: Was gut funktioniert hat (und profitabel war), schaffte es ins nächste Jahrzehnt. Es ist so, als hätte sich ein Hütchen-Spieler dreitausend Jahre lang perfektioniert. (Man zeige mir eine einzige große Religion, die nicht profitabel ist.)

Nach meiner derzeitigen Hypothese besteht Glaube aus verschiedenen (wenigen) Immunisierungsstrategien, die auf ein paar Fehlschlüssen basieren, die wiederum durch Rhetorik verschleiert werden. Das Einfallstor sind Sehnsüchte, für die wir vor allem in den ersten Lebensjahren anfällig sind, weil sie mal evolutionär vorteilhaft waren. Etwa das dringende Bedürfnis, als kleines Kind von seinen Eltern geliebt und versorgt zu werden. Oder die Angst, vom Vater bestraft zu werden. Diese Ängste und Sehnsüchte werden von der jeweiligen Priesterkaste nicht etwa besänftigt oder abgebaut, sondern kultiviert, oft ins Absurde übersteigert (grenzenlose Liebe, grenzenlose Strafe) und zum unverzichtbaren Zentrum erhoben. Weil es das Zentrum ist, kann es weder infrage gestellt noch abgeschüttelt werden.

Flow
30.04.2019, 19:29
Erklären wir mal den Unterschied zwischen Naturwissenschaften u. Metaphysik an einem einfachen Beispiel, für alle verständlich:
[...]
Liefern wir alle Autos mit einem Christophorus Schutzpatron Anhänger aus, sinken dann die Unfallzahlen? Nein. Der Metaphysiker hingegen glaubt, weiss, behauptet, der Christophorus Anhänger schützt ihn vor einem Unfall.
Das läßt mich an der Stelle ja schon etwas stutzen ... ist das tatsächlich dein Verständnis von (theoretischer) Philosophie ?

Grüße ... :Huhu:

qbz
30.04.2019, 19:35
Das läßt mich an der Stelle ja schon etwas stutzen ... ist das tatsächlich dein Verständnis von (theoretischer) Philosophie ?

Grüße ... :Huhu:

Nein. Ich schrieb doch "Metaphysik" und nicht (theoretische) Philosophie oder gar Erkenntnistheorie und meinte damit den religiösen Glauben.

qbz
30.04.2019, 19:41
Ja, das hat auch der Berthold Brecht erkannt: "Erst kommt das Fressen, dann kommt die Moral" ;) :Cheese:

Das singt der Macheath in der Dreigroschenoper, in der Ballade Wovon lebt der Mensch (ab 19:50) (https://www.youtube.com/watch?v=TF_jtz0kP9s) Ich poste die Ballade mal unkommentiert zum 1. Mai. Internationales Kulturgut. ;)

Flow
30.04.2019, 19:46
Nein. Ich schrieb doch "Metaphysik" und nicht (theoretische) Philosophie und meinte damit den religiösen Glauben.
Naja, Metaphysik ist ja schon eine Grunddisziplin, wenn nicht die Kerndisziplin (theoretischer) Philosophie.

Aber gut, du meinst dann hiermit :
Liefern wir alle Autos mit einem Christophorus Schutzpatron Anhänger aus, sinken dann die Unfallzahlen? Nein. Der Metaphysiker hingegen glaubt, weiss, behauptet, der Christophorus Anhänger schützt ihn vor einem Unfall.(Hvm)
... einen erstmal nicht näher definierten "religiös Gläubigen".
(Bzw. in deiner Vorstellung vielleicht noch eher "einen Irren" oder "geistig Verirrten" ... wenn ich das mal so leger unterstellen darf ... ;) )

qbz
30.04.2019, 19:55
Naja, Metaphysik ist ja schon eine Grunddisziplin, wenn nicht die Kerndisziplin (theoretischer) Philosophie.

Aber gut, du meinst dann hiermit :
(Hvm)
... einen erstmal nicht näher definierten "religiös Gläubigen".
(Bzw. in deiner Vorstellung vielleicht noch eher "einen Irren" oder "geistig Verirrten" ... wenn ich das mal so leger unterstellen darf ... ;) )

In meiner Vorstellung ein Mensch, der beim Autofahren an einen kindlich-magischen Zusammenhang, den Schutz von Christophorus, glaubt (ohne Norm-Bewertung meinerseits) im Unterschied zu Menschen, die sich auf empirisch ermittelte (gemessene) Zusammenhänge verlassen.

Flow
30.04.2019, 20:01
In meiner Vorstellung ein Mensch, der beim Autofahren an einen kindlich-magischen Zusammenhang, den Schutz von Christophorus, glaubt (ohne Norm-Bewertung meinerseits) im Unterschied zu Menschen, die sich auf empirisch ermittelte (gemessene) Zusammenhänge verlassen.
Gut ...
Mögen es die Metaphysiker dir nachsehen, daß du einen solchen in ihre Kreise einschmuggelst ... ;)

Trimichi
30.04.2019, 20:52
Kurzer Einwurf: Schönen Feiertag aus allen :), verbunden mit einem jüdischen Witz und einem Zitat des Machtphilosophen.

Ein Rabbi und ein Priester gehen einen Boxkampf anschauen. Einer der beiden Boxer bekreuzigt sich vor dem Kampf. Fragt der Rabbi den Priester was das bringt. Sagt der Priester: "eigentlich nichts, wenn der Mann nicht boxen kann".

"Gott ist Freund der starken Männer. Denn er zügelt die Schwächlinge durch die Starken."
N. Machiavelli

Flow
30.04.2019, 21:22
Metaphysik ist ein Teil der Philosophie und ist beispielsweise bei einer Diskussion über die Existenz Gottes meines erachtens unvermeidlich, gleich ob man sich nun dafür oder dagegen ausspricht.
Danke.
Die "Diskussion über die Existenz Gottes" ist ja nun geradezu Metaphysik.
Auch wenn manch einer sie für Physik hält, um dann nach endlosen Betrachtungen zu dem weisen Schluß zu kommen, daß sie im Prinzip (physikalisch) irrelevant ist.
Durchaus interessant natürlich auch der Psychologe, der "die Frage" a priori quasi-physikalisch, mitunter stillschweigend, beantwortet, um die Diskussion im Anschluß von einem Meta-Standpunkt aus als psychologisches Phänomen zu betrachten.

waden
30.04.2019, 23:16
Danke.
Die "Diskussion über die Existenz Gottes" ist ja nun geradezu Metaphysik.
Auch wenn manch einer sie für Physik hält, um dann nach endlosen Betrachtungen zu dem weisen Schluß zu kommen, daß sie im Prinzip (physikalisch) irrelevant ist.
Durchaus interessant natürlich auch der Psychologe, der "die Frage" a priori quasi-physikalisch, mitunter stillschweigend, beantwortet, um die Diskussion im Anschluß von einem Meta-Standpunkt aus als psychologisches Phänomen zu betrachten.

In Fortsetzung dieser Gedanken könnte man es auch als wenig überraschend bezeichnen, dass ein Metaphysiker für sich zum weisen Schluss kommt, dass nur seine eigene Metaphysik tauglich sei, Fragen in der Diskussion über die Existenz Gottes zu beantworten - dass insofern ein Physiker oder Psychologe dazu nichts (metaphysisch relevantes) beitragen können?

Jörn
30.04.2019, 23:18
Müsste man nicht die Frage über die Existenz Gottes getrennt betrachten von der Religiosität der Menschen? Ich sehe da keinen Zusammenhang.

Deswegen sehe ich auch keine Konkurrenz von Physik und Psychologie. Menschen können aus psychologischen Gründen ein bestimmtes Verhalten zeigen, ganz unabhängig davon, was die Physik über die Welt herausfindet.

Flow
30.04.2019, 23:58
In Fortsetzung dieser Gedanken könnte man es auch als wenig überraschend bezeichnen, dass ein Metaphysiker für sich zum weisen Schluss kommt, dass nur seine eigene Metaphysik tauglich sei, Fragen in der Diskussion über die Existenz Gottes zu beantworten - dass insofern ein Physiker oder Psychologe dazu nichts (metaphysisch relevantes) beitragen können?
Naja, was soll das sein, "seine eigene Metaphysik" ?
Die Frage an sich ist eben eine metaphysische. Natürlich kann sich auch der Physiker und der Psychologe daran beteiligen. Sie müssen dazu nur ein wenig ihr Fachgebiet verlassen, oder zumindest über den Tellerrand linsen. Aus dem Elfenbein-Turm raus wird dit nüscht ... ;)
Und selbstverständlich können sie auch aus ihren Fachdisziplinen Wertvolles und mitunter Essentielles beitragen !

Lediglich wenn der Physiker immer wieder "Gott" als physikalisches Objekt oder physikalische Wirkung bewiesen haben will, ist es eben absurd bis paradox. Würde der Beweis gelingen, handelte es sich wohl nicht (mehr) um "Gott", sondern eben um eine weitere physische Kraft/Wirkung/Zusammenhang oder was auch immer Physikalisches oder "naturwissenschaftlich Erklärbares". Womit "der Beweis" wieder hinfällig wäre. Natürlich ist das ein Holzweg. Er hat aber mit Metaphysik recht wenig zu tun, und taugt insofern auch nicht, selbige als Ganzes für "unsinnig" zu erklären. Lediglich für "innerhalb des Elfenbeinturmes nicht relevant", aber das ist sowieso Tautologie ...



So, WK geht los (https://www.triathlon-szene.de/forum/showthread.php?t=46074) ... bis spädda ... :Huhu:

Jörn
01.05.2019, 00:46
Lediglich wenn der Physiker immer wieder "Gott" als physikalisches Objekt oder physikalische Wirkung bewiesen haben will

Wir sind nicht wählerisch, in welcher Form ein Beweis erfolgen würde. Es muss nicht physikalisch sein. Es müsste für den Anfang auch kein "Beweis" sein, sondern wir wären ja schon zufrieden mit einem plausiblen Indiz.

Es fehlt aber nicht nur ein Beweis oder ein Indiz, sondern es fehlt bereits eine Hypothese, eine klare Definition. Was soll überhaupt bewiesen oder plausibel gemacht werden? Alles, was bislang auf den Tisch gelegt wurde, sind alte Mythen über Donnergötter, Himmelfahrten und Wunderheilungen.

Würde der Beweis gelingen, handelte es sich wohl nicht (mehr) um "Gott", sondern eben um eine weitere physische Kraft/Wirkung/Zusammenhang oder was auch immer Physikalisches oder "naturwissenschaftlich Erklärbares". Womit "der Beweis" wieder hinfällig wäre.

Ist das nicht eine Immunisierung? In dem Sinne, dass jeder Hinweis von vornherein als ungültig erklärt wird?

Nehmen wir an, Gott spräche direkt zu Dir. Du würdest Schallwellen hören, die Dein Ohr aufnimmt und Dein Hirn interpretiert. Auch hier könntest Du einwenden, dass die Klänge ja nicht selbst Gott wären, sondern eben nur physikalische Schallwellen und letztlich vom Gehirn erzeugte Eindrücke. Dasselbe würde gelten für das, was Du siehst, wenn Gott direkt vor Dir stünde. Du würdest nicht Gott sehen, sondern Photonen auf der Netzhaut, und diese werden vom Gehirn ausgewertet.

Nun hat die Wissenschaft aber gelernt, damit umzugehen. Wir verlassen uns nicht auf einen einzigen Beweis (unser Gehör), sondern wir ergänzen und prüfen es durch andere Dinge, um herauszufinden, ob irgendwelche Widersprüche auftauchen. Das ist zwar nie 100% perfekt, aber doch um Welten besser als einfach zu sagen, es gäbe überhaupt keinen Beweis. Ein Beweis muss ja nicht hundertprozentig sein.

Nach meiner Beobachtung ist es ein gängiges Verhalten von Gläubigen, jeden Beweis möglichst in der Schwebe zu halten. Denn solange kann man glauben. Es ist im Grunde ein Versteck. Das Ziel ist überhaupt nicht, von 0% Absicherung auf 50% Absicherung einer These zu gelangen, sondern möglichst bei 0% stehen zu bleiben.

Am Ende kommt vorhersagbar das heraus, was immer herauskommt, egal wie komplex die Hinleitung gewesen sein mag: "Tja, man muss halt glauben". Jede religionsphilosophische Argumentation landet am Ende genau dort.

Dass gerade die "religiöse Philosophie" auf dem "absoluten Beweis" besteht und sehr ausführlich über Spitzfindigkeiten streitet, obwohl es ja letztlich um brennende Dornbüsche geht, finde ich nicht hilfreich. Hilfreich fände ich, wenn eine Hypothese durch ein Argument plausibler würde, ohne dass das Argument schon nach kurzer Betrachtung zusammenfällt. Niemand verlangt einen hundertprozentigen Beweis. Aber Null Prozent ist ja auch etwas dünn, oder nicht?

Flow
01.05.2019, 02:29
Dies :
Auch wenn manch einer sie für Physik hält, um dann nach endlosen Betrachtungen zu dem weisen Schluß zu kommen, daß sie im Prinzip (physikalisch) irrelevant ist.
Durchaus interessant natürlich auch der Psychologe, der "die Frage" a priori quasi-physikalisch, mitunter stillschweigend, beantwortet, um die Diskussion im Anschluß von einem Meta-Standpunkt aus als psychologisches Phänomen zu betrachten.
... sowie das darauf Folgende mögen bitte als allgemeine Aussagen betrachtet werden.

Soweit es um den anwesenden Physiker Klugschnacker und den Psychologen qbz geht, sehe ich den einen wie den anderen als überdurchschnittlich intelligenten wie gebildeten Menschen an, schätze den niveauvollen Gedankenaustausch, den ich prinzipiell für möglich halte, freue mich über potentiell bereichernde Einsichten aus den jeweiligen Fachdisziplinen, sowie ich ihren allgemeinen Konzeptionen der Welt mein Interesse entgegenbringe.

Klugschnacker
01.05.2019, 08:34
Lediglich wenn der Physiker immer wieder "Gott" als physikalisches Objekt oder physikalische Wirkung bewiesen haben will, ist es eben absurd bis paradox.

Gott hat immerhin das Weltall erschaffen. Selbstverständlich muss er dann ein physikalisch wirksames Wesen sein.

Absurd ist doch die Annahme des Gegenteils: Nämlich, er habe das Weltall erschaffen, mit 300 Milliarden Galaxien, in denen jede Sekunde eine Sonne explodiert, und dennoch versteckt er sich vor uns Menschen derart gut, dass wir ihn beim besten Willen physikalisch nicht finden können. Und dies, obwohl er sich uns offenbar zeigen will, wie in der Bibel nachzulesen ist. Das ist paradox.

---

Wir müssen doch eine plausible Hypothese finden für den Umstand, dass die real vorhandene Welt überhaupt nicht zu den Eigenschaften passt, die wir dem christlichen Gottesbild zuschreiben (Güte, Allmacht). Warum verhält sich die Welt in allen Details exakt so, als gäbe es keinen Gott? Warum widersprechen sich die Gottesbilder aller Religionen? Warum enthält eine vorgeblich von Gott inspirierte Schrift keinerlei Wissen, welches das bescheidene Wissen der antiken Autoren übersteigt?

Die plausibelste Hypothese für diesen Befund ist, dass es die Götter nach den aktuellen Vorstellungen der Religionen nicht gibt.
:Blumen:

Flow
01.05.2019, 11:51
Gott hat [...]
Ich hatte "Gott" ja in Anführungszeichen gesetzt, um es bewußt erstmal ganz abstrakt stehen zu lassen, auch im Zusammenhang der allgemeinen metaphsischen Frage(n) "Gibt es einen Gott/so etwas wie Gott ?", "Was ist Gott ?" ...

Du tauchst in spezielle Betrachtungen ein.
Dazu ist es essentiell sich auf ein gemeinsames Verständnis der Begriffe zu einigen.
Sprich, sich gemeinsam der Frage zu stellen "Was ist Gott ?" und zumindest sich zu einigen "Was wollen wir in unserem Diskurs unter Gott verstehen ?"

------

Gott hat immerhin das Weltall erschaffen. Selbstverständlich muss er dann ein physikalisch wirksames Wesen sein. Ich würde vorschlagen, "die Physik" als Teil des Universums zu betrachten.
Die "Schöpfung" des Universums wäre damit ein nicht-physikalischer Akt, sämtliche Physik spielte sich nur "innerhalb" des Universums ab.
Unter dieser Voraussetzung widerspreche ich deiner Folgerung.
Obgleich verschiedene Möglichkeiten physikalischer Einwirkung denkbar wären, sind sie doch nicht zwingend.

---

Zur Absurdität oder Paradoxität eines geforderten physikalischen Beweises habe ich mich oben, zumindest mit ein bißchen guten Willen, hoffentlich ausreichend verständlich geäußert.
Wobei mir scheint, daß dabei auch der Beweis einer bestimmten Gottesvorstellung gefordert wird.

"Beweise mir naturwissenschaftlich die Existenz Gottes !"
Falls dieser Beweis gelingt -> "Das ist nicht Gott, das ist naturwissenschaftlich erklärbar, somit nichts 'Übernatürliches'"


Erstmal Grüße ... :Huhu:

qbz
01.05.2019, 13:59
Naja, was soll das sein, "seine eigene Metaphysik" ?
Die Frage an sich ist eben eine metaphysische. Natürlich kann sich auch der Physiker und der Psychologe daran beteiligen. Sie müssen dazu nur ein wenig ihr Fachgebiet verlassen, oder zumindest über den Tellerrand linsen. Aus dem Elfenbein-Turm raus wird dit nüscht ... ;)
Und selbstverständlich können sie auch aus ihren Fachdisziplinen Wertvolles und mitunter Essentielles beitragen !
.......


ich glaube, wir sind uns doch sicher einig, dass Erkenntnisse aus der Biologie, Physik, Anthropologie, Politökonomie die Welt- und Menschenbilder des vergangenen Jahrtausends grundlegend änderten und keine aus dem Gebiet der Metaphysik. Aber ich lasse mich gerne vom Gegenteil überzeugen.

Flow
01.05.2019, 14:32
ich glaube, wir sind uns doch sicher einig, dass Erkenntnisse aus der Biologie, Physik, Anthropologie, Politökonomie die Welt- und Menschenbilder des vergangenen Jahrtausends grundlegend änderten und keine aus dem Gebiet der Metaphysik. Aber ich lasse mich gerne vom Gegenteil überzeugen.
Von dir Zitiertes war ja eine Antwort auf waden :
In Fortsetzung dieser Gedanken könnte man es auch als wenig überraschend bezeichnen, dass ein Metaphysiker für sich zum weisen Schluss kommt, dass nur seine eigene Metaphysik tauglich sei, Fragen in der Diskussion über die Existenz Gottes zu beantworten - dass insofern ein Physiker oder Psychologe dazu nichts (metaphysisch relevantes) beitragen können?
(Hvm)
Diese Fragen sind eben per se Metaphysik.
Jetzt ist die Frage, was du unter Welt- und Menschenbild verstehen willst.

Ich spreche gerne von "Konzeption der Welt", meine damit so etwas wie "das Ganze", insbesondere inklusive der metaphysischen Fragen :
Metaphysische Systementwürfe behandeln in ihren klassischen Formen die zentralen Probleme der theoretischen Philosophie, nämlich die Beschreibung der Fundamente, Voraussetzungen, Ursachen oder „ersten Begründungen“, der allgemeinsten Strukturen, Gesetzlichkeiten und Prinzipien sowie von Sinn und Zweck der gesamten Realität bzw. allen Seins. Wikipedia (https://de.wikipedia.org/wiki/Metaphysik)

Nun kann man diese "letzten Fragen" natürlich auch streichen, und das was übrig bleibt "Weltbild" bezeichnen, Wikipedia (https://de.wikipedia.org/wiki/Weltbild) z.B. :

Das Weltbild ist die Vorstellung der erfahrbaren Wirklichkeit als Ganzes, welches mehr ist als die Summe seiner Teile. Im engeren Sinne bezeichnet es ein Modell der sichtbaren Welt.In diesem Fall würde man auf Fragen über Gott, Ursprung des Universums etc. einfach verzichten und sich auf das beschränken, was die Naturwissenschaft hergibt.

Du fragst mich nach den Einflüssen auf die Welt- und Menschenbilder.
Selbstverständlich prägen Erkenntnisse aus den von dir genannten Disziplinen und (für mich auch ganz besonders) Naturwissenschaften auch das metaphysische Weltbild !
Sowie Erkenntnisse z.B. der Biologie und Medizin auch psychologische Konzepte und Sichtweisen ändern (können).
Die "metaphysischen Erkenntnisse", um den von dir verwendeten Begriff aufzunehmen, wären in diesem Sinne dann eher Ergebnis dieser anderen Erkenntnisse.

Abschließend wiederhole ich mich :
Wenn wir uns hier Fragen widmen nach der "Existenz Gottes", seinen vermeintlichen "Eigenschaften", dem "Ursprung des Universums", auch dem "Leib-Seele-Problem", dann betreiben wir ganz klar Metaphysik.

qbz
01.05.2019, 16:22
Abschließend wiederhole ich mich :
Wenn wir uns hier Fragen widmen nach der "Existenz Gottes", seinen vermeintlichen "Eigenschaften", dem "Ursprung des Universums", auch dem "Leib-Seele-Problem", dann betreiben wir ganz klar Metaphysik.

Mein persönliches Interesse gilt halt eher den Autoren, die an Religions- und Metaphysikkritik arbeiteten.

Helmut S
01.05.2019, 16:27
Mein persönliches Interesse gilt halt eher den Autoren, die an [...] Metaphysikkritik arbeiteten.

Das finde ich auch interessant. Hast du Empfehlungen von Philosophen für mich, was Arbeiten der letzten 10-20 Jahre betreffen? Danke :Blumen:

Jörn
01.05.2019, 16:42
Dazu ist es essentiell sich auf ein gemeinsames Verständnis der Begriffe zu einigen. Sprich, sich gemeinsam der Frage zu stellen "Was ist Gott ?" und zumindest sich zu einigen "Was wollen wir in unserem Diskurs unter Gott verstehen?"

Hier würde ich für die Mitleser gerne eine wichtige Stelle der Debatte markieren, die man sonst vielleicht allzu schnell überliest.

Die Definition von Begriffen ist ein guter Startpunkt für die Debatte. Also könnte man zuerst definieren, was man unter dem Begriff "Gott" versteht.

Man kann aber Definitionen auch falsch angehen oder gar missbrauchen. Religiöse Debatten sind oft von Zirkelschlüssen geprägt. Darunter versteht man, dass man das gewünschte Ergebnis bereits in die Grundannahmen einbaut. Man definiert die Ausgangslage so, dass am Ende das gewünschte Ergebnis herauskommt. Dies wird gerne durch einen Haufen Latein verschleiert.

Was könnte das gewünschte Ergebnis sein? Ich behaupte nicht, dass ich das Ergebnis bereits wüsste, schließlich warten wir noch gespannt auf die Definition und den weiteren Verlauf zwischen Flow und Arne. Aber ich würde doch anregen, darauf zu achten, ob am Ende eins dieser beiden Dinge herauskommt:

- Alles bleibt nebulös und unerreichbar (Ziel: Immunisierung)
- Die Wissenschaft oder jede andere Art der Prüfung wird von vornherein ausgeschlossen (Ziel: Luftschlösser bleiben intakt).

Falls eins dieser beiden Ergebnisse herauskommt, rege ich an, zu prüfen, ob es bereits in der Definition steckte. Etwa, dass Gott "jenseits von allem" oder "übersinnlich" oder "übernatürlich" oder "nicht greifbar" oder "nicht physikalisch" oder "nicht materiell" definiert wurde.

Dass die Definition vor allem eine strategische Funktion innerhalb der Debatte hat (und nicht etwa, etwas herauszufinden), kann ich gerne an einem Beispiel demonstrieren. Und zwar schlage ich vor, dass wir uns als Definition von "Gott" auf Poseidon einigen. Dieser Vorschlag wird vermutlich nicht weiter ein Betracht gezogen. Warum nicht? Poseidon ist so gut wie Jahwe, oder nicht? Aber es führt vermutlich nicht zum erwünschten Ergebnis. Und genau das ist mein Punkt.

Jörn
01.05.2019, 16:55
Ich würde vorschlagen, "die Physik" als Teil des Universums zu betrachten. Die "Schöpfung" des Universums wäre damit ein nicht-physikalischer Akt, sämtliche Physik spielte sich nur "innerhalb" des Universums ab.

Auch hier steckt ein Zirkelschluss. Das, was am Ende herauskommen soll, wird schon als Voraussetzung eingeschmuggelt.

Dass die Schöpfung sich "außerhalb des Universums" abgespielt hat, ist eine atemberaubende These. Dabei würde ich vermuten, dass Du exakt Null über die "Schöpfung außerhalb des Universums" weißt, oder irre ich mich? Könntest Du uns noch andere Erkenntnisse über die Schöpfung mitteilen? Ich brauche noch Material für meinen Nobelpreis.

Du sagst, außerhalb des Universums würde keine Physik gelten (oder, um Dich nicht absichtlich misszuverstehen, zumindest nicht die uns bekannten Gesetze). Woher weißt Du, welche physikalischen Gesetze "außerhalb des Universums" gelten? Vielleicht sind es dieselben? Woher möchtest Du das wissen? Wenn Du meinst, dass sie sich unterscheiden: Könntest Du ein Beispiel für einen solchen Unterschied geben?

Wo genau befindet sich dieses "außerhalb"? Es gibt eine Menge Leute, die das gerne wissen würden und schon ein paar hundert Milliarden Dollar an Forschungsgeldern verschleudert haben, um die Antwort zu finden. Diese Leute werden sicherlich erleichtert sein, wenn sie die Antwort in einem Forum lesen.

Der einzige Zweck dieser Argumentation ist, jede wissenschaftlich-rationale Argumentation von vornherein auszuhebeln, bevor die Debatte überhaupt begann. Die Physik ist eben innerhalb, aber die Schöpfung ist außerhalb, ätsch!

Du definierst einfach von vornherein, dass die Wissenschaft nichts beitragen kann. Gleichzeitig stecken in Deiner Definition eine Menge Deiner Thesen drin, für die Du keinen Beleg hast. Eben weil Du keinen Beleg hast, "nehmen wir das einfach mal an". Das, was Du als Ergebnis haben möchtest, packst Du einfach in Deine Voraussetzungen.

qbz
01.05.2019, 19:37
Das finde ich auch interessant. Hast du Empfehlungen von Philosophen für mich, was Arbeiten der letzten 10-20 Jahre betreffen? Danke :Blumen:

Oh, da bin ich jetzt überfragt, etwas aus der sog. "Postmoderne" des 21. Jahrhunderts zu empfehlen. Es stehen auch noch ein paar ungelesene Bücher bei mir rum. ;)

(Ubrigens: Das Buch der Unruhe, von Pessoa las ich gerne, Lissabon, Portugal, interessante Reflektionen. )

Trimichi
01.05.2019, 19:49
hi qbz,

mal unter Kollegen und Profis: selbstverständlich ist die atheistische Position zu tolerieren.

Was ich als studierter Psychologe (Univ.) und daher Wissenschaftler ebenso nicht so sehr toleriere, ja geradezu anmaßend finde ist, wenn Spezialisten den Gegenstand einer Disziplin (Metaphsyik z.B.) zu dem Gegenstand einer anderen, ja ihrer eigenen Disziplin machen (z.B. Physik).

Maßt sich ein Biologe z.B. an einen Physiker z.B. zu korrigieren? Ich denke nein. Das liegt in der Natur der Sache, der Wissenschaft selbst begründet, insofern, dass die Gegenstandsdefinitionen der jeweiligen Disziplinen gültig sind. Natürlich würde ich niemals jemanden die freie Meinungsäußerung oder religiöse Weltanschauung absprechen. Wir sind ja auch dahingehend ausgebildet worden. Aber darum geht es nicht.

Daher möchte ich an dieser Stelle sehr gerne auf Folgendes hinweisen: den Gegenstand einer Disziplin zum Gegenstand einer anderen Disziplin zu erklären ist unprofessionell und unwissenschaftlich. Tut mir leid, so funktioniert Wissenschaft nun mal nicht.

Stefan
01.05.2019, 19:58
.....
Du hast offensichtlich vergessen, Deinen Kalender heute umzuschlagen.
Wir haben den 1. Mai und nicht den 1. April.

Trimichi
01.05.2019, 20:01
Du hast offensichtlich vergessen, Deinen Kalender heute umzuschlagen.
Wir haben den 1. Mai und nicht den 1. April.

Spinnst Du? Der Gegenstand der Physik ist nicht die Metaphysik. Offensichtlich hast Du getrunken. Es sei Dir gegönnt !

schoppenhauer
01.05.2019, 20:28
Daher möchte ich an dieser Stelle sehr gerne auf Folgendes hinweisen: den Gegenstand einer Disziplin zum Gegenstand einer anderen Disziplin zu erklären ist unprofessionell und unwissenschaftlich. Tut mir leid, so funktioniert Wissenschaft nun mal nicht.

Und auch als Nicht-Trinker über die Trinker zu urteilen hat immer etwas anmaßendes.
(Prost Stefan!)

Zurück zum Thema. Ich war Assi an der TU Berlin, 89 - 94, da war interdisziplinäre Zusammenarbeit extrem hipp. Jeder der nicht total dem Zeitgeist verfallen und von mittelmäßiger Intelligenz war erkannte schnell, das die interdisziplinär forschenden zu 93 % von keinen der beiden oder noch mehr Disziplinen wirklich was verstanden. Leibniz war der letzte Große in dieser Hinsicht und erfand deswegen den Butterkeks!

Dr. Schoppenhauer

Trimichi
01.05.2019, 20:49
Und auch als Nicht-Trinker über die Trinker zu urteilen hat immer etwas anmaßendes.
(Prost Stefan!)

Zurück zum Thema. Ich war Assi an der TU Berlin, 89 - 94, da war interdisziplinäre Zusammenarbeit extrem hipp. Jeder der nicht total dem Zeitgeist verfallen und von mittelmäßiger Intelligenz war erkannte schnell, das die interdisziplinär forschenden zu 93 % von keinen der beiden oder noch mehr Disziplinen wirklich was verstanden. Leibniz war der letzte Große in dieser Hinsicht und erfand deswegen den Butterkeks!

Dr. Schoppenhauer

Prost Gemeinde ! Wenn ich so weiter mache wird noch ein Hegel aus mir :Cheese: ;)

Ja, war hipp. Und ist es heute noch. Das ändert jedoch nichts an den Definitionen der Gegenstände. Natürlich fließen Erkenntnisse aus vielen Disziplinen zusammen, Interdisziplinarität ist ein Modewort geworden, genauso wie Digitalisierung. Zum anderen hat die Psychologie die Erhöhung zum der Lebensqualität zum obersten Ziel. Wer anderen Leuten deren Glauben abspricht, der tut das nicht. Daher müssen alle Atheisten, die Psychologie studiert haben, die Religionen der Klienten tolerieren. Was der Psychologe selbst denkt ist seine Privatsache. Daran hatte ich auch nicht gerüttelt.

Der Gegenstand der Psychologie ist das Erleben und Verhalten. Wenn Religion den Menschen gut tut, so kann ich nicht erkennen, warum man als Atheist und Psychologe diese Wohlbefinden zerstören will. Das ist höchst unprofessionell und die Ethikkommission ist ja auch noch da. Die unterbindet im Normalfall so eine Intoleranz wie hier im Forum, insofern, dass jemand nicht seinen Glauben leben darf. Wie hier gefordert wird. Kirche abschaffen usw. Das ist absolut inakzeptabel.. Nicht für mich, aber für die Ethikkommission.

merz
01.05.2019, 20:50
ach ich weiss nicht, ich würde schon gern in einer Welt leben,
in der Mediziner mit Soziologen und Psychologen sprechen, Mathematiker mit Physikern, Statistiker mit Ökonomen, Historiker mit Religionswissenschaftlern,Neurobiologen mit Psychologen und die Philosophen mit allen...

(gender neutral, /innen bitte dazudenken)
(komisch, eine Fakultät fiel mir nicht ein :))


m.

Trimichi
01.05.2019, 20:57
ach ich weiss nicht, ich würde schon gern in einer Welt leben,
in der Mediziner mit Soziologen und Psychologen sprechen, Mathematiker mit Physikern, Statistiker mit Ökonomen, Historiker mit Religionswissenschaftlern,Neurobiologen mit Psychologen und die Philosophen mit allen...

(gender neutral, /innen bitte dazudenken)
(komisch, eine Fakultät fiel mir nicht ein :))


m.

Nochmalig: der Gegenstand der Wissenschaften ist definiert. Lernt jeder im ersten Semester. Als Psychologe würde ich sicherlich nicht eine Herz-OP durchführen, ebenso wenig wie der Chirurg sozialpsychologische Experimente z.B. planen, durchführen und nach wissenschaftlichen Methoden auswerten kann.

Der Chirurg arbeiten mit dem Körper des Patienten. Der Psychologe beschäftigt sich mit dem Erleben und Verhalten des Patienten. Soviel, nochmalig, zur Bestimmung des Gegenstands einer Wissenschaft.

Metaphysische Probleme, die bis dato nicht gelöst sind und von einem Vorredner aufgelistet wurden, können nicht durch die Physik gelöst werden. Das ist anmaßend. Weil sie außerhalb des Gegenstandbereichs der Physik liegen. Hinzukommt, dass die Interdisziplinarität der Wissenschaften zur Domäne einer einzigen Naturwissenschaft verklärt wird.

Ich glaube, manche von uns hier haben zu viel Harry Lesch geguckt. :Blumen:

schoppenhauer
01.05.2019, 21:00
ach ich weiss nicht, ich würde schon gern in einer Welt leben,
in der Mediziner mit Soziologen und Psychologen sprechen, Mathematiker mit Physikern, Statistiker mit Ökonomen, Historiker mit Religionswissenschaftlern,Neurobiologen mit Psychologen und die Philosophen mit allen...

.

Ja, ich auch. Aber die wenigsten Menschen haben heute das Potential, in mehr als einer Disziplin wirklich gut zu sein, da bin ich ganz bei Trimichi. Gesicherte Erkenntnisse aus A in die Forschung von B zu integrieren macht Sinn, in A und B zu forschen macht meistens Brei. (Oder Triathlon halt...)

qbz
01.05.2019, 21:06
hi qbz,

mal unter Kollegen und Profis: selbstverständlich ist die atheistische Position zu tolerieren.

Was ich als studierter Psychologe (Univ.) und daher Wissenschaftler ebenso nicht so sehr toleriere, ja geradezu anmaßend finde ist, wenn Spezialisten den Gegenstand einer Disziplin (Metaphsyik z.B.) zu dem Gegenstand einer anderen, ja ihrer eigenen Disziplin machen (z.B. Physik).

Maßt sich ein Biologe z.B. an einen Physiker z.B. zu korrigieren? Ich denke nein. Das liegt in der Natur der Sache, der Wissenschaft selbst begründet, insofern, dass die Gegenstandsdefinitionen der jeweiligen Disziplinen gültig sind. Natürlich würde ich niemals jemanden die freie Meinungsäußerung oder religiöse Weltanschauung absprechen. Wir sind ja auch dahingehend ausgebildet worden. Aber darum geht es nicht.

Daher möchte ich an dieser Stelle sehr gerne auf Folgendes hinweisen: den Gegenstand einer Disziplin zum Gegenstand einer anderen Disziplin zu erklären ist unprofessionell und unwissenschaftlich. Tut mir leid, so funktioniert Wissenschaft nun mal nicht.

hi trimichi,

ich antwortete auf die Kritik von Flow an den Einzelwissenschaften, sie müssten ihren Elfenbeinturm verlassen, um über metaphysische Fragen zu reden, indem ich anführte, dass es gerade die Erkenntnisse aus den Einzelwissenschaften ( wie u.a. Biologie, Physik, Medizin, Anthropologie, Politökonomie) waren, welche die (religiösen) Weltbilder (wie Schöpfungsgeschichte, Geozentrismus) grundlegend veränderten und keine Erkenntnisse der Religionen oder der Metaphysik. Die Naturreisen und systematischen Beobachtungen brachten Darwin mehr Daten und Erkenntnis als die Reflektion der christlichen Schöpfungsgeschichte. Die früheren religiösen Anschauungen, mit ihren Versuchen, die Welt zu erklären, wurden / werden letztlich in allen Bereichen durch wissenschaftliche Erkenntnisse ersetzt. So betrachtete z.B. das Christentum im Mittelalter die Menstruation als Strafe Gottes für den Sündenfall Eva´s und die Frauen durften während der Menstruationszeit die Kirchen nicht besuchen.

Kennst Du ein Beispiel, wo das Christentum sich wegen ihrer metaphysischen Vorannahmen als hilfreich für die Wissenschaften erwies?

Trimichi
01.05.2019, 21:19
Kennst Du ein Beispiel, wo das Christentum sich wegen ihrer metaphysischen Vorannahmen als hilfreich für die Wissenschaften erwies?



Ist für den Klienten völlig irrelevant. Es geht mir darum, dass es den Menschen in ihrer Lebensqualität gut geht. Ob die dabei an das Spaghettimonster, den Papst oder die Wissenschaft glauben (Stichwort: Wissenschaftsgläubigkeit, ein wissenschaftlicher, erkenntnistheoretischer Terminus) ist nicht primär wichtig. Nimm' einen Christen sein christliches Weltbild wenn er zu Dir in die Therapie geht. Machst Du das? Bestimmt nicht. Weil es kontraindikativ wäre. Darauf wollte ich zumindest nochmalig hinweisen, damit dieser Aspekt, Religion kann Menschen gut tun, in der Diskussion von den Atheisten nicht vollkommen ignoriert wird. Und damit sind wir eigentlich schon wieder beim L-S-Problem angelangt, auf das die Wissenschaft keine Antwort kennt (auch Qualia - Problem innerhalb der Psychologie) und die Physik schon gleich dreimal bzw. die Rechtswissenschaft schon gleich neunmal nicht, weil der Gegenstand außerhalb des Gegenstandbereichs oder des Definitionsbereichs dieser letztgenannten Wissenschaften liegt. So kann die Physik per definitionem keine Antworten finden, und die Rechtswissenschaft erst Recht nicht, weil diese bereits a priori - in Fragen wie dem L-S-Problem z.B. - durch die Definition des Gegenstandsbereichs zum Scheitern verurteilt sind.

LidlRacer
01.05.2019, 23:51
ich antwortete auf die Kritik von Flow an den Einzelwissenschaften, sie müssten ihren Elfenbeinturm verlassen, um über metaphysische Fragen zu reden, indem ich anführte, dass es gerade die Erkenntnisse aus den Einzelwissenschaften ( wie u.a. Biologie, Physik, Medizin, Anthropologie, Politökonomie) waren, welche die (religiösen) Weltbilder (wie Schöpfungsgeschichte, Geozentrismus) grundlegend veränderten und keine Erkenntnisse der Religionen oder der Metaphysik. Die Naturreisen und systematischen Beobachtungen brachten Darwin mehr Daten und Erkenntnis als die Reflektion der christlichen Schöpfungsgeschichte. Die früheren religiösen Anschauungen, mit ihren Versuchen, die Welt zu erklären, wurden / werden letztlich in allen Bereichen durch wissenschaftliche Erkenntnisse ersetzt. So betrachtete z.B. das Christentum im Mittelalter die Menstruation als Strafe Gottes für den Sündenfall Eva´s und die Frauen durften während der Menstruationszeit die Kirchen nicht besuchen.

Kennst Du ein Beispiel, wo das Christentum sich wegen ihrer metaphysischen Vorannahmen als hilfreich für die Wissenschaften erwies?

Ich schließe diese Frage an:
Gibt es eine Erkenntnis der Metaphysik, die
1. weitgehend unumstritten ist
und
2. praktische Relevanz hat?

Ich gestehe, bis vor Kurzem habe ich noch nie (bewusst) von Metaphysik gehört und bisher habe ich nicht den Eindruck, dass ich da was wesentliches verpasst habe.

Jörn
02.05.2019, 04:10
Ich würde nicht zu einem Psychologen gehen, der seine Aufgabe darin sieht, mir irgendwelche Märchen vorzugaukeln, damit ich mich besser fühle. Sondern der seine Aufgabe darin sieht, mir zu helfen, die Realität zu sehen und damit zurecht zu kommen.

Ansonsten könnten Psychologen einfach allen Klienten einreden, sie wären der Kaiser von China und ihre Ehefrau wäre Marilyn Monroe.

Trimichi
02.05.2019, 07:15
Ich würde nicht zu einem Psychologen gehen, der seine Aufgabe darin sieht, mir irgendwelche Märchen vorzugaukeln, damit ich mich besser fühle.

Der Psych. muss dem Klienten nicht aus der Bibel vorlesen, beten, in die Kirche gehen usw., wenn der Betroffene Christ ist und an den christlichen Gott glaubt. Das war ja der Ausgangspunkt. Ich tippe ein, der Betroffene glaubt an Gott. Du machst daraus: dem Klienten muss der christliche Glaube eingetrichtert werden. Ich schrieb über den Wegfall eines positiven Verstärkers, insofern, dass es kontraindikativ wäre einem Menschen, der in einer Lebenskrise steckt und an Gott und die Bibel glaubt und daraus Stärke gewinnt, diesen Glauben wegzunehmen.

Du bist der Märchenerzähler. Warum? Indem Du mit Methode die Aussagen von anderen verdrehst. ;)

Ich wünsche Dir einen schönen Tag. :Blumen:

Jörn
02.05.2019, 07:19
Klient: "Ich glaube, ich bin der Kaiser von China."

Psychologie: "Das ist prima. Bleiben sie einfach dabei. Das macht dann 140 Euro."

Klient: "Und Sie glauben wohl, Sie wären ein Psychologe?"

Psychologe: "Natürlich"

Klient: "Bleiben Sie einfach dabei. Das macht dann 180 Euro."

Jörn
02.05.2019, 07:37
den Wegfall eines positiven Verstärkers, insofern, dass es kontraindikativ wäre einem Menschen, der in einer Lebenskrise steckt und an Gott und die Bibel glaubt und daraus Stärke gewinnt, diesen Glauben wegzunehmen.

Mal abgesehen von kleinen Lebenskrisen und kleinen Lebenslügen: Wenn wir es weiterhin tolerieren, dass sich jeder seine Phantasiewelt zusammenspinnt, dann werden wir eben auch in Zukunft "9/11" und "Charlie Hebdo" erleben.

Zu behaupten, jemand wolle einem Menschen seinen Glauben wegnehmen, ist ein Strohmann-Argument, welches Du beinahe täglich vorbringst. Niemand hat das je vorgeschlagen. Vorgeschlagen wurde lediglich, dass es die Gesellschaft nicht länger hinnehmen sollte, dass Religionen unwidersprochen irgendwelche Unwahrheiten und Täuschungen verbreiten.

Stattdessen sollten die Leute objektive und prüfbare Informationen bekommen; danach soll jeder selbst entscheiden. Konkret: Wenn der Papst in den Nachrichten zitiert wird, dass irgendwelche Dämonen schuld wären an der "Ehe für alle", dann wird das kommentarlos gesendet. Bei jedem anderen Thema würde auch die Opposition zu Wort kommen, aber religiöser Wahn bleibt unwidersprochen. Das kann nicht richtig sein, und das sollte jetzt aufhören.

Klugschnacker
02.05.2019, 08:36
Die Wissenschaften der unterschiedlichsten Disziplinen können doch zusammenarbeiten, sofern sie den gleichen Wahrheitsbegriff verwenden.

Beispielsweise den faktischen Wahrheitsbegriff: Wenn ein Historiker erwägt, ob die Sonne in der Antike einen Tag lang still am Himmel gestanden habe, dann kann selbstverständlich ein Astronom etwas dazu sagen.

Hingegen wird ein Literaturwissenschaftler, der über den Charakter von Odysseus oder Winnetou nachdenkt, wohl kaum von einem Psychologen korrigiert werden. Denn Ersterer verwendet den literarischen Wahrheitsbegriff.

Mir scheint, dass die Religionen überwiegend den faktischen Wahrheitsbegriff verwenden. Jesus sei tatsächlich von den Toten auferstanden, und ein Gott habe tatsächlich die Welt erschaffen und wird tatsächlich über das Verhalten der Menschen urteilen. Wie das Universum entstanden ist, ist eine rein naturwissenschaftliche Frage, ebenso wie die Frage nach der Entstehung der Alpen. Es ergeben sich dadurch zwangsläufig Konflikte zwischen den religiösen und naturwissenschaftlichen Tatsachenbehauptungen.
:Blumen:

Jörn
02.05.2019, 08:48
Dazu passend:

Papst Franziskus: Den Teufel gibt es wirklich, und er will uns verführen (https://de.catholicnewsagency.com/story/papst-franziskus-den-teufel-gibt-es-wirklich-und-er-will-uns-verfuhren-4573)

Zitat aus dem Artikel: "Wer meint, der Teufel existiert nicht, der irrt: Das war die Botschaft von Papst Franziskus bei der heutigen Generalaudienz am 1. Mai. Der Pontifex erinnerte diejenigen, die der Ansicht sind, der Glaube an einen leibhaftigen Bösen sei veraltet oder "nicht mehr zeitgemäß" daran, dass es den Satan wirklich gibt - Jesus selbst begegnete ihm und überwand seine Versuchungen."

qbz
02.05.2019, 20:29
.........
Und damit sind wir eigentlich schon wieder beim L-S-Problem angelangt, auf das die Wissenschaft keine Antwort kennt (auch Qualia - Problem innerhalb der Psychologie) und die Physik schon gleich dreimal bzw. die Rechtswissenschaft schon gleich neunmal nicht, weil der Gegenstand außerhalb des Gegenstandbereichs oder des Definitionsbereichs dieser letztgenannten Wissenschaften liegt. So kann die Physik per definitionem keine Antworten finden, und die Rechtswissenschaft erst Recht nicht, weil diese bereits a priori - in Fragen wie dem L-S-Problem z.B. - durch die Definition des Gegenstandsbereichs zum Scheitern verurteilt sind......

Natürlich erforschen die Psychologen und die Neurobiologen "das Psychische (Seelische) und das Verhalten von Menschen" sowie Wechselwirkungen zwischen Soma und Psyche. Davon ausgeschlossen sind halt die Seelen nach und vor dem Tode von Menschen, weil man über sie nichts erfahren und wissen kann, mit wissenschaftlichen Methoden.

Die Auffassung der kath. Kirche zur Seele wurde unverrückbar als Wahrheit auf einem Konzil im 16. Jahrhundert beschlossen. Was eine Seele ist, wie sie in den Körper von Menschen gelangt und wann sie ihn wieder verlässt, hat sie kanonisch als Dogma fixiert: Gott schafft die unsterbliche Seele des einzelnen Menschen unmittelbar, sie kommt nicht von den Eltern und die Seele trennt sich nach dem Tod vom Leib. Differierende Lehren vertreten die Lutheraner, die Calvinisten, moderne evangelische Theologen usf. Betrachtet man alle menschlichen Kulturen, Ethnien der Geschichte, käme man sicher auf Tausende unterschiedlicher Seelenvorstellungen.

Das zeigt doch IMHO, dass es sich beim Seelenbegriff ausschliesslich um eine kulturell bedingte Vorstellung über den Menschen handelt, die sich am besten aus der Tradition und der Kultur der jeweiligen Völker verstehen, erklären lässt.

Jörn
03.05.2019, 02:46
as die Wissenschaft keine Antwort kennt (auch Qualia - Problem innerhalb der Psychologie) und die Physik schon gleich dreimal bzw. die Rechtswissenschaft schon gleich neunmal nicht

Ja. Nehmen wir also an, die Psychologie könnte keine Lösung finden.

Nehmen wir weiter an, auch die Physik, die Botanik, die Geologie, die Rechtswissenschaft, die Vogelkunde und die Malerei könnten keine Lösung finden.

Was hilft Dir das, wenn es darum geht, ob die Theologie oder die "Metaphysik" es kann?

Es ist erstaunlich, wie oft dieses Argument vorgetragen wird und wie effektiv es zu sein scheint. Die ganzen Ausführungen über die Beschränktheit anderer Disziplinen sind nutzlos, denn nützlich wären allein eigene, belastbare Erkenntnisse der Theologie. Aber auf die warten wir vergebens.

Die Aufteilung der wissenschaftlichen Disziplinen ist in Zusammenhang mit der Theologie ein Akt des Größenwahns. Seit wann ist die Theologie eine wissenschaftliche Disziplin? Ebenso könnte ich behaupten, die Astrologie wäre eine wissenschaftliche Disziplin und müsse folglich bei der Erforschung des Urknalls berücksichtigt werden, und andere Disziplinen dürften sich nicht äußern.

Ich finde es erstaunlich, wie von theologischer Seite nach 3.000 Jahren völliger Pleite dennoch Ratschläge an die Wissenschaft ausgeteilt werden, was diese dürfe, und was nicht.

Trimichi
03.05.2019, 08:58
J

Ich finde es erstaunlich, wie von theologischer Seite nach 3.000 Jahren völliger Pleite dennoch Ratschläge an die Wissenschaft ausgeteilt werden, was diese dürfe, und was nicht.

Vielen Dank für den Psychologen-Witz vorab. Es gibt mir darum zu zeigen, dass den einzelnen Disziplinen der Wissenschaft und deren Subdisziplinen unterschiedliche, aber allesamt wissenschaftlich definierte Gegenstände zu Grunde liegen. Jeder seriöse Wissenschaftler wird sich an den Gegenstand seiner Disziplin halten, wenn es um die Erforschung des Gebiets geht. Ratschläge habe ich nur insofern gegeben, als das es nicht richtig ist, dass nicht alle Christen automatisch Terroristen sind oder unter Wahnvorstellungen leiden ("Kaiser von China").

Helmut S
03.05.2019, 09:54
Oh, da bin ich jetzt überfragt, etwas aus der sog. "Postmoderne" des 21. Jahrhunderts zu empfehlen. Es stehen auch noch ein paar ungelesene Bücher bei mir rum. ;)

(Ubrigens: Das Buch der Unruhe, von Pessoa las ich gerne, Lissabon, Portugal, interessante Reflektionen. )

Falls du die Ungelesenen gelesen hast und etwas dabei war, bitte ich um Nachricht. Danke :Blumen:

Wenngleich ich nicht sicher bin ob du "Metaphysikkritik" nicht so verstehst, dass du Autoren suchst, die Kritik in der Art verstehen, dass sie unter dem Label der Kritik von vorne herein ein ablehnendes Ergebnis wollen und das präjudizieren. Ich bin dann doch ausschließlich an einer ergebnisoffenen Auseinandersetzung mit der Metaphysik durch Philosophen interessiert. ;)

Ich habe jedenfalls selbst etwas gesucht und es ist wohl so, dass man schlicht an Sprachphilosophie nicht vorbei kommt, wenn man einen aktuellen Zugang zur "Metaphysik" sucht. Ich meine, dass diesbezüglich Prof. Dr. Pirmin Stekeler-Weithofer (https://www.sozphil.uni-leipzig.de/cm/philosophie/mitarbeiter/pirmin_stekeler/) ein interessanter Author sein könnte. Ich denke ich werde mir wohl mal bei Amazon etwas Geschriebenes dieses Herrn holen. Evtl. is der ja auch was für dich.

LG

Zarathustra
03.05.2019, 12:55
...
einen aktuellen Zugang zur "Metaphysik" sucht. Ich meine, dass diesbezüglich Prof. Dr. Pirmin Stekeler-Weithofer (https://www.sozphil.uni-leipzig.de/cm/philosophie/mitarbeiter/pirmin_stekeler/) ein interessanter Author sein könnte. ...


Die Arbeiten von Stekeler-Weithofer sind uneingeschränkt zu empfehlen! Basierend auf der klassischen deutschen Philosophie und der Sprachphilosophie von Frege, Wittgenstein liefert er vor allem eine dringend nötige Kritik an allgemein und auch hier unter den Diskussionsteilnehmern weit verbreiteten, empiristischen Positionen.
Diese Letzteren sind selbstverständlich metaphysische Positionen, auch wenn das nicht bewußt ist, nicht eingesehen oder gar bestritten wird.

Zarathustra
03.05.2019, 13:33
...Wo ich ebenfalls sehr große Schwierigkeiten hatte, war, dass sich mir der Verdacht aufdrängte, dass keine saubere Unterscheidung des Begriffes "Gott" als Idee und dem "Ding" Gott gemacht wird.


..."verabreden" ... Man kann so tun als...



Die Unterscheidung ist natürlich wichtig bei Kant. Problematisch oder falsch ist es aber in diesem Zusammenhang von "verabreden" oder "so tun als" zu sprechen, denn nach
Kant sind die Postulate der praktischen Vernunft (Gott, Seele, Unsterblichkeit) notwendig. Ihnen kommt Kant zufolge eine subjektiv-praktische Realität zu und aufgrund des Primats der praktischen Vernunft berechtigen sie uns sogar dazu, im theoretischen Diskurs den Ideen der Postulate die entsprechenden Objekte zuzusprechen, also deren Existenz zu behaupten, gleichwohl wir sie auf der theoretischen Ebene nicht erkennen können. Der Modus dieses Behauptens ist nicht der des Wissens, sondern der des (Vernunft-)Glaubens.

Zarathustra
03.05.2019, 14:11
...den faktischen Wahrheitsbegrif... den literarischen Wahrheitsbegriff.
...


Es reicht nicht aus nur zwischen Fakt und Fiktion zu unterscheiden. Man muß auch zwischen Fakt und Fakt unterscheiden (möglicherweise verschiedener Typen).


... Wie das Universum entstanden ist, ist eine rein naturwissenschaftliche Frage, ebenso wie die Frage nach der Entstehung der Alpen. ...

Der religiöse Inhalt besteht nicht in der Beschreibung der Entstehung, dem Übergang von einem Etwas zu einem anderen Etwas, sondern der Schöpfung, dem Übergang von Nichts zu Etwas. Diese Unterscheidung ist zu beachten, sonst entstehen leicht Verwirrungen, wie sie in Deiner Aussage ausgedrückt zu sein scheinen.

_________


... Der Begriff des Feldes ersetzt zunehmend den der Materie. Beide gehören jedoch zur materiellen Welt. ...

Das ist genau der Vorgang den Chomsky beschreibt: Wissenschaft entdeckt und erklärt neue Phänomene und die (metaphysische) Interpretation ist dann, dieselben nachträglich der Materie (oder der materiellen Welt) als Eigenschaft zuzuschreiben und damit einfach den Begriff der Materie zu erweitern oder zu verändern. So besteht aber überhaupt keine Erklärungsleistung durch den Begriff der Materie und die These des Materialismus ist damit gegenstandslos.

Jörn
03.05.2019, 14:38
Wissenschaft entdeckt und erklärt neue Phänomene und die (metaphysische) Interpretation ist dann, dieselben nachträglich der Materie (oder der materiellen Welt) als Eigenschaft zuzuschreiben und damit einfach den Begriff der Materie zu erweitern oder zu verändern. So besteht aber überhaupt keine Erklärungsleistung durch den Begriff der Materie und die These des Materialismus ist damit gegenstandslos.

So einfach ist das? Erstaunlich.

Wissenschaft ist ein fortwährender Prozess, der seine Erkenntnisse fortwährend präzisiert und verfeinert.

Beispiel: Was man vor hundert Jahren als das "Universum" ansah, bestand aus einer einzigen Galaxie; heute weiß man von mehreren hundert Milliarden Galaxien. Der Begriff und seine Bedeutung hat sich angepasst; es war nicht nötig, dafür einen anderen Begriff zu finden. Daraus zu folgern, dass die Begriffe und die Kosmologie gegenstandslos wären, ist etwas simpel gedacht.

Es ist zudem nicht zutreffend, dass die Wissenschaft einfach den Begriff "Materie" für alles möglich verwenden würde, sodass der Begriff seine Bedeutung verlieren würde; dies ist lediglich umgangssprachlich der Fall, spielt dort aber keine Rolle. Physiker hingegen sprechen sehr präzise von den verschiedenen Formen und Bestandteilen der Materie, die exakt unterschieden werden können und wofür eigene Begriffe verwendet werden, je nach dem, was gemeint ist.

Hier ein Beispiel für Elementarteilchen, also den Grundlagen von "Materie":

https://upload.wikimedia.org/wikipedia/commons/thumb/1/1c/Standard_Model_of_Elementary_Particles-de.svg/501px-Standard_Model_of_Elementary_Particles-de.svg.png

Das Diagramm zeigt, einfach gesagt, welche Grundbausteine existieren, im Sinne von: "Was ist Materie überhaupt?" Es macht den Begriff der Materie keineswegs gegenstandslos, sondern füllt ihn mit Inhalt, gerade dann, wenn sich der Inhalt präzisiert. Die Präzisierung ist keine Schwäche, sondern eine Stärke.

Was wir daraus lernen ist, dass alleine das Hin- und Herschieben von Begriffen und Definitionen nicht zu Erkenntnissen über die Welt führt. Erkenntnisse erreicht man durch Forschung und Beweise.

Komischerweise höre ich keine Kritik an den ebenso nebulösen wie inhaltsleeren Begriffen "Seele", "Jenseits" oder "Gott", obwohl diese Begriffe eine inhaltliche Präzisierung dringend nötig hätten.

qbz
03.05.2019, 15:36
Falls du die Ungelesenen gelesen hast und etwas dabei war, bitte ich um Nachricht. Danke :Blumen:

Wenngleich ich nicht sicher bin ob du "Metaphysikkritik" nicht so verstehst, dass du Autoren suchst, die Kritik in der Art verstehen, dass sie unter dem Label der Kritik von vorne herein ein ablehnendes Ergebnis wollen und das präjudizieren. Ich bin dann doch ausschließlich an einer ergebnisoffenen Auseinandersetzung mit der Metaphysik durch Philosophen interessiert. ;)

Ich habe jedenfalls selbst etwas gesucht und es ist wohl so, dass man schlicht an Sprachphilosophie nicht vorbei kommt, wenn man einen aktuellen Zugang zur "Metaphysik" sucht. Ich meine, dass diesbezüglich Prof. Dr. Pirmin Stekeler-Weithofer (https://www.sozphil.uni-leipzig.de/cm/philosophie/mitarbeiter/pirmin_stekeler/) ein interessanter Author sein könnte. Ich denke ich werde mir wohl mal bei Amazon etwas Geschriebenes dieses Herrn holen. Evtl. is der ja auch was für dich.

LG

Danke für den Hinweis auf Stekeler-Weithofer. Sein Überblick über die Sprachphilophophie scheint mir vermutlich recht anspruchsvoll zu sein für jemanden wie mich, der sich zwar mit Wittgenstein etwas befasst hat, aber kein Mathematiker oder Linguist ist. Ungelesen steht unter anderem noch der Klassiker zur Autopoiesie im Schrank: Baum der Erkenntnis (https://de.wikipedia.org/wiki/Der_Baum_der_Erkenntnis) , von Varela u. Maturana, der ja schon vom Titel und Inhalt her einen direkten Bezug zum Thread hat ;) .

Trimichi
03.05.2019, 16:02
Natürlich erforschen die Psychologen und die Neurobiologen "das Psychische (Seelische) und das Verhalten von Menschen" sowie Wechselwirkungen zwischen Soma und Psyche. Davon ausgeschlossen sind halt die Seelen nach und vor dem Tode von Menschen, weil man über sie nichts erfahren und wissen kann, mit wissenschaftlichen Methoden.

Das zeigt doch IMHO, dass es sich beim Seelenbegriff ausschliesslich um eine kulturell bedingte Vorstellung über den Menschen handelt, die sich am besten aus der Tradition und der Kultur der jeweiligen Völker verstehen, erklären lässt.

Jörn zerlegt den Seelenbegriff in Quarks und Leptonen. Du, qbz, scheinst auch einem Reduktionismus zu vertreten, insofern, dass Liebe, Bindung. Partnerschaft, Schwangerschaft, Familie, Familiensinn, soziales Mit- und Gegeneinander oder auch unsere Menschlichkeit auf eine Funktion von Hormonen und Neurotransmitter reduziert wird? Sind wir also Automaten? Oder haben wir doch einen freien Willen?

Die reduktionistische Position ist imho eine von mehrerer Positionen wie ein Auszug aus wiki zum Begriff des neuronalen Korrelats von Bewusstseins [1] zeigt. Hier werden unterschiedliche Positionen vertreten.

Manche Philosophen halten die oben dargestellte reduktionistische Möglichkeit für unrealistisch. Sie argumentieren, dass selbst eine detaillierte Kenntnis der neuronalen Prozesse nicht die Erklärungslücke[21] zwischen bewusstem Erleben und biologischen Prozessen schließen werde. Die Erklärungslücke ergebe sich daraus, dass bewusstes Erleben durch besondere Eigenschaften ausgezeichnet sei – insb. durch die Qualia. Unter „Qualia“ verstehe man die subjektiven Erlebnisgehalte, also etwa Schmerzen oder Freude. Nun wird argumentiert, dass keine noch so detaillierte Beschreibung des neuronalen Geschehens verständlich machen könne, warum etwas subjektiv erlebt werde. Man könne nur zeigen, dass etwa bei Kopfschmerzen bestimmte Aktivitäten im Gehirn auftreten. Damit sei aber noch nicht erklärt, warum es bei dieser Aktivität zu dem Erlebnis von Schmerzen komme. Dies bedeute somit, dass eine neurowissenschaftliche Theorie das Erleben eben nicht erklären könne.

Ein ähnliches Argument gegen den Reduktionismus basiert auf dem Konzept der Intentionalität.[22] Mit „Intentionalität“ ist gemeint, dass sich einige mentale Prozesse auf Objekte oder Sachverhalte in der Welt beziehen. Es ist diese Bezugnahme, die Gedanken wie Sätze wahr oder falsch sein lässt. Ein Beispiel: Der Gedanke, dass Salamanca die älteste Universität Spaniens besitzt, lässt sich auf den historischen Sachverhalt beziehen, dass Salamanca die älteste Universität Spaniens besitzt. Es ist dieser Bezug, der den Gedanken wahr macht. Nun argumentieren einige Philosophen, dass sich neuronale Prozesse nicht auf Salamanca oder einen Sachverhalt über Salamanca beziehen und daher auch nicht wahr oder falsch sein können. Da Gedanken die Eigenschaft der Intentionalität haben, neuronale Prozesse jedoch nichtintentional seien, ließen sich Gedanken nicht auf neuronale Prozesse reduzieren. Dies sei auch dann nicht möglich, wenn man die neuronalen Korrelate von Gedanken gefunden und erforscht hat.

Andere Philosophen und Naturwissenschaftler weisen diese Argumente zurück. Insbesondere beim Phänomen der Intentionalität halten Forscher neurowissenschaftliche Erklärungen für möglich. Oft beziehen sich solche Erklärungsversuche auf den Begriff der Repräsentation: Einige neuronale Prozesse sind Repräsentationen von Sachverhalten. Durch derartige Repräsentationen werde ein intentionaler Bezug hergestellt, und die Prozesse könnten wahr oder falsch genannt werden. Es wird darauf verwiesen, dass auch Maschinen wahre und falsche Repräsentationen hätten, solche zum Teil sogar erkennen und korrigieren könnten, und auch programmierte Auslöser von Aktionen hätten.

usw.



Psyche ist bekanntlich das griechische Wort für Atmen, Seele. Gibt es keine Seele, sondern nur eine Kulturseele, so frage ich Dich, warum das Fach immer noch Psycho- und nicht schon lässt Neurologie heißt?

"Lieber Gott wenn es Dich gibt, rette meine Seele, wenn ich eine habe." Arthur Schopenhauer,

mit freundlichen Grüßen an Dr. Schopenhauer, der hier hoffentlich mitliest, und der damit verbundenen Bitte um Stellungnahme.

--
[1] link: https://de.wikipedia.org/wiki/Neuronales_Korrelat_des_Bewusstseins, Qualia: Hervorhebung durch mich.

Zarathustra
03.05.2019, 16:14
... Daraus zu folgern, dass die Begriffe und die Kosmologie gegenstandslos wären, ist etwas simpel gedacht.
...


...
Es ist zudem nicht zutreffend, dass die Wissenschaft einfach den Begriff "Materie" für alles möglich verwenden würde, sodass der Begriff seine Bedeutung verlieren würde
...

...
Es macht den Begriff der Materie keineswegs gegenstandslos, [I]sondern füllt ihn mit Inhalt...

... Die Präzisierung ist keine Schwäche ...

All das hat, wie üblich, niemand behauptet. Deine ständigen Unterstellungen und Falschaussagen fortwährend richtigzustellen ist mir zu mühsam. Ich möchte nur jeden Leser davor warnen, in irgendeinem Deiner Beiträge eine korrekte Wiedergabe meiner Aussagen zu vermuten.

Jörn
03.05.2019, 16:14
ass nicht alle Christen automatisch Terroristen sind

Strohmann-Argument (schon wieder!). Niemand hat das je behauptet.

Jörn zerlegt den Seelenbegriff in Quarks und Leptonen.

Strohmann-Argument. Wurde nie behauptet.

Jörn
03.05.2019, 16:25
korrekte Wiedergabe meiner Aussagen zu vermuten.

Genau genommen machst Du keine Aussagen über die wesentlichen Dinge. Du korrigierst stattdessen winzige Nebenaspekte der vorgetragenen Argumente, ohne je einen eigenen Standpunkt zu beziehen. So nehme ich es jedenfalls wahr. Es sind nach meinem Verständnis nebensächliche Scheindebatten, bei denen nie etwas herauskommt, außer, dass weder die Wissenschaft noch sonstwer berechtigt wäre, am Götterglauben zu kratzen.

Ich würde mich sehr dafür interessieren, was denn am Ende als Ergebnis herauskommen soll. Stattdessen hören wir nur die Hinführung zur Vorbetrachtung einer Einleitung, sozusagen den "Antrag auf Erteilung eines Antragsformulars" (Reinhard Mey).

Bist Du (oder sonstwer) in der Lage, folgende Frage zu beantworten: "Weiß Gott von unserer Existenz im Universum"? Hast Du (oder sonstwer) zumindest theoretisch die richtige Methode, um später irgendwann einen Beweis zu führen?

Ich behaupte, dass die Philosophie dies prinzipiell nicht kann. Oder irre ich mich? Ich verstehe nicht, zu welchem Ergebnis es führen soll. Der einfachste Weg, es zu erläutern, wäre, das Ergebnis auf den Tisch zu legen.

Trimichi
03.05.2019, 16:33
Strohmann-Argument (schon wieder!). Niemand hat das je behauptet.


Doch. Du hattest das behauptet! Und streitest das einen Wimpernschlag später wieder ab. Wollen wir wetten, dass Du die Christen in ein paar Tagen wieder als Terroristen bezeichnest? :Lachen2:
Du wärst ein guter Personalchef, by the way.
Aus der Sicht der Konzernleitung freilich.
:Blumen:

Zarathustra
03.05.2019, 17:18
Genau genommen machst Du keine Aussagen. ....

Und genauso geht es weiter...
Einigen wir uns doch darauf, daß ich nur noch auf diejenigen Deiner Beiträge antworte, die nicht (überwiegend) aus absurden Unterstellungen, Verdrehungen, Falschaussagen oder dergleichen bestehen.


Stattdessen hören wir nur die Hinführung zur Vorbetrachtung einer Einleitung...

Wem die Themen Gott, Theodizee, Materialismus, usw. zu schwierig sind, der kann sich doch andere suchen! Daß es sich so mancher in der Beantwortung der damit zusammenhängenden Fragen zu leicht macht, ist nicht meine Schuld.


"Weiß Gott von unserer Existenz im Universum"?

Gott weiß bekanntlich alles.


Hast Du (oder sonstwer) zumindest theoretisch die richtige Methode, um später irgendwann einen Beweis zu führen?

Hättest Du z.B. bei der kurzen Kant-Diskussion ein bißchen aufgepaßt, dann wüßtest Du jetzt, warum man aus guten Gründen annehmen kann, daß es einen solchen Beweis (zumindest so wie Du ihn Dir vermutlich vorstellst) nicht geben kann, und daß ein solcher für die Rechtfertigung des Glaubenssatzes auch gar nicht nötig ist.

qbz
03.05.2019, 17:31
Jörn zerlegt den Seelenbegriff in Quarks und Leptonen. Du, qbz, scheinst auch einem Reduktionismus zu vertreten, insofern, dass Liebe, Bindung. Partnerschaft, Schwangerschaft, Familie, Familiensinn, soziales Mit- und Gegeneinander oder auch unsere Menschlichkeit auf eine Funktion von Hormonen und Neurotransmitter reduziert wird? Sind wir also Automaten? Oder haben wir doch einen freien Willen?
........


hi Trimichi,

ich verstehe nicht, wie Du in meine kurzen Anmerkungen zum Seelenverständnis des Christentums "Reduktionismus" hineinlesen kannst, wo ich doch ausschliesslich auf das spezifisch Gesellschaftliche, Kulturelle von Ethnien" verwiesen habe, um die unzähligen unterschiedlichen Auffassungen über das Seelische, spez. über den Aufenthalt der Seelen nach dem Tod, zu verstehen. :confused: :confused: Nichts als ein biologischer Reduktionismus läge mir ferner.

Möchtest Du von mir eine IMHO zeitgemässe Version zur anthropologischen und frühkindlichen Entwicklung des Selbstbewusstseins von Menschen hören, interessant auch für Psychologen, würde ich als Diskussionsgrundlage auf diesen kurzen, prägnanten Text einer Philosophin und Humanbiologin verweisen wollen, der auf Wittgenstein und Tugendhat rekurriert:
Selbstbewusstsein als perspektivische Differenzierung (https://kristinamusholt.files.wordpress.com/2012/04/paedagogische_rundschau_km.pdf)
Man erkennt durchaus Parallelen mit Phaseneinteilungen der frühkindlichen Bewusstseinsentwicklung anderer Autoren, kein Wunder, weil sie auf empirischer Beobachtung und Experimenten beruhen. :) Auf der Basis solcher Gedanken und mit Experimenten wie von Piaget wissen wir, wie z.B. die moralische Entwicklung bei Kindern verläuft und welche psychischen (kognitiven) Voraussetzungen es braucht, um von einer egozentrischen zu einer sozialen Perspektive und zu moralischen Einstellungen zu kommen.

Vielleicht schreibst Du, wie der Mensch zu einer Seele kommt und was mit ihr nach dem Tode passiert oder zitierst dazu eine kurze Abhandlung? Das würde das Gespräch vereinfachen, IMHO.

qbz
03.05.2019, 17:39
.....
Gott weiß bekanntlich alles.
......


Ist mir nicht bekannt und wusste ich bis jetzt nicht, aber interessant, dass Du glaubst, dass etwas existiert, das alles weiss. ;) (oder war das ironisch gemeint?)

Klugschnacker
03.05.2019, 17:47
Der religiöse Inhalt besteht nicht in der Beschreibung der Entstehung, dem Übergang von einem Etwas zu einem anderen Etwas, sondern der Schöpfung, dem Übergang von Nichts zu Etwas. Diese Unterscheidung ist zu beachten, sonst entstehen leicht Verwirrungen, wie sie in Deiner Aussage ausgedrückt zu sein scheinen.

Was sagt denn die christliche Religion, wie aus Nichts ein "Etwas" geschaffen wird? Meiner Meinung nach sagt sie darüber nichts aus. Aus christlicher Sicht gibt es kein Nichts. Sondern Gott ist stets vorhanden. Er ist der Verursacher von allem, was anschließend geschaffen wurde.

Du sagst, genau darin läge der religiöse Inhalt: Die Schaffung von Etwas aus Nichts. Weiter sagst Du, die physikalische Sichtweise (die durchaus etwas über die Erschaffung der Welt aus dem Nichts aussagt) sei Ausdruck einer begrifflichen Verwirrung. Vielleicht müsstest Du das nochmal präzisieren, wie aus religiöser Sicht etwas aus dem Nichts geschaffen wird.

Ich halte die Schöpfungsgeschichte des Christentums für einen Mythos, den man nicht mit modernen wissenschaftlichen Erkenntnissen konfrontieren sollte. Die Menschen der Antike, die diesen Mythos erfanden, wussten beinahe nichts über die Welt. Sie kannten nicht einmal die Existenz von Amerika oder Australien, hatten weder Fernrohre noch Mikroskope, und irrten sich in fast allen konkreten Aussagen über den Kosmos auf anrührende Weise. Ich finde daher den Versuch etwas albern, in der heutigen Zeit in den Vorstellungen der Menschen Palästinas vor zwei- oder dreitausend Jahren Informationen über die Entstehung des Universums zu suchen.
:Blumen:

Jörn
03.05.2019, 17:56
Wem die Themen Gott, Theodizee, (...) zu schwierig sind

Mir ist es nicht zu schwierig. Zu beidem habe ich ausführlich Stellung bezogen.

Deine Stellungnahme zur Theodizee (warum gibt es Leid?) bestand vorwiegend darin, den Begriff "Leid" so umzudeuten, dass es gar kein Leid mehr sei, und dass hier kein menschlicher, sondern ein göttlicher Maßstab anzuwenden wäre. Nach göttlichem Maßstab wäre es gut, und folglich wäre es auch kein Widerspruch mehr.

Mal abgesehen vom erstaunlichen Zynismus dieser Vorstellung warte ich noch auf einen Beleg dafür, dass Du Kenntnis hast von göttlichen Maßstäben.

Diese Debatte fand erst vor ein paar Seiten statt. Meine Fragen auf diesen Seiten hast Du stets ignoriert. Ich würde mich aber weiter dafür interessieren, was Deine Ansichten zu Gott und Theodizee sind, d.h. Du kannst die versäumten Antworten gerne nachholen. Ich bin interessiert -- vor allem an den Belegen.

Was mich überhaupt nicht interessiert ist, was irgendwer (z.B. Aristoteles) mal zu all dem gesagt haben soll. (Damit möchte ich Dir Arbeit sparen.)


Hier ist etwas, was ich nicht verstehe. Einerseits sagst Du, ich würde es mir zu leicht machen:

Daß es sich so mancher in der Beantwortung der damit zusammenhängenden Fragen zu leicht macht, ist nicht meine Schuld.

Aber auf meine Frage, ob Gott von unserer Existenz im Weltall weiß, und ob die Philosophie dies beweisen könne, sagst Du einfach:

Gott weiß bekanntlich alles.

Na, das ist ja verblüffend simpel.

Das ist genau das, was ich gerne darlegen möchte. Nämlich, dass alles Geschwurbel über philosophische Spitzfindigkeiten am Ende zum gleichen Ergebnis führt: "Man muss halt glauben". Oder: "Ist halt so". Tja, dann hätte man sich die ganze langatmige Begründung auch sparen können.

Ich finde, dass ist eine wichtige Erkenntnis, die man unters Volk bringen sollte. Die Vertreter der christlichen Religion haben sich viel zu lange hinter irgendwelchen lateinischen Floskeln verstecken können, die am Ende nichts bedeuten und nichts bedeuten können.

Bitte belege, dass die Philosophie, und sei es prinzipiell, irgendwas dazu beitragen kann, herauszufinden, was Gott weiß. Einmal sagst Du, Gott wisse alles, und ein andermal sagst Du, Kant hätte die Unmöglichkeit bewiesen, dass wir etwas darüber wissen können. Was denn nun? Woher willst Du wissen, dass Gott alles weiß? Ich behaupte, er weiß nichts von unserer Existenz, und ich sehe nicht, wie Du dagegen argumentieren könntest.

Ein letzter Punkt: Ich halte Aussagen wie "Gott weiß alles" für albern. Das ist reine Propaganda, oder, netter ausgedrückt, Folklore. Ganz ehrlich, wer sowas sagt, braucht auch nicht mit Kant oder Wittgenstein daherkommen. Das ist die Frömmigkeit von Oma Schmittchen. Steh doch einfach dazu.

Klugschnacker
03.05.2019, 18:08
Hättest Du z.B. bei der kurzen Kant-Diskussion ein bißchen aufgepaßt, dann wüßtest Du jetzt, warum man aus guten Gründen annehmen kann, daß es einen solchen Beweis (zumindest so wie Du ihn Dir vermutlich vorstellst) nicht geben kann, und daß ein solcher für die Rechtfertigung des Glaubenssatzes auch gar nicht nötig ist.

Selbstverständlich lässt sich Gott beweisen. Nämlich dann, wenn Gott es will, schließlich ist er allmächtig. Er könnte sich so zeigen, dass aller Zweifel an seiner Existenz ausgeschlossen wäre.

Kant wusste nichts über Götter. Er mühte sich an dem Zirkelschluss ab, dass man einen als "nicht beweisbar" definierten Gott nicht beweisen kann.

Trimichi
03.05.2019, 18:41
hi Trimichi,

Vielleicht schreibst Du, wie der Mensch zu einer Seele kommt und was mit ihr nach dem Tode passiert oder zitierst dazu eine kurze Abhandlung? Das würde das Gespräch vereinfachen, IMHO.

hi qbz,

danke für Deine Zeit und die Aufklärung des Missverständnisses bezüglicher der reduktionistischen Position.

Der Mensch kommt zur Seele, in dem Moment, in dem die Eizelle befruchtet und somit die Zelle befähigt ist sich zu einem Organismus zu entwickeln (Zellteilung). Ich denke, dass ist seit Aristoteles so. Er hatte das als Erster erkannt. Wohin eine/die Seele nach dem Tod geht kann ich Dir nicht sagen. Sicher ist: wir werden alle sterben und diesen Moment nicht mitbekommen (Wittgenstein). Erstaunlich. Oder? Zumal auch Wittgenstein gestorben ist.

Zum magischen Bewusstsein eine Anmerkung. Warum sollten nur Kinder staunen dürfen? Warum sollten Erwachsene sich nicht mehr wie ein Kind freuen dürfen? Auch hier lässt Aristoteles grüßen, der die Fähigkeit des Staunens für so wichtig erachtet im Bezug auf die Menschlichkeit. Staunen und Freude - und was macht die "moderne Psychologie" daraus: kindliche Naivität a la Piage' schem Stufenmodel? Der Aha-Effekt oder auch das Heureka! kommt also nur bei Kleinkindern oder in der frühkindlichen Entwicklung vor? :confused: :confused: Ich denke, auch Erwachsene dürfen Staunen oder sich wie Kinder freuen. Was spricht dagegen?

qbz
03.05.2019, 19:08
hi qbz,

danke für Deine Zeit und die Aufklärung des Missverständnisses bezüglicher der reduktionistischen Position.

Der Mensch kommt zur Seele, in dem Moment, in dem die Eizelle befruchtet und somit die Zelle befähigt ist sich zu einem Organismus zu entwickeln (Zellteilung). Ich denke, dass ist seit Aristoteles so. Er hatte das als Erster erkannt. Wohin eine/die Seele nach dem Tag geht kann ich Dir nicht sagen. Sicher ist: wir werden alle sterben und diesen Moment nicht mitbekommen (Wittgenstein). Erstaunlich. Oder? Zumal auch Wittgenstein gestorben ist.


Es handelt sich nach der Befruchtung um einen wachsenden, lebenden Embryo mit der DNA eines Menschen. Wie kommt dieser lebende Zell-Organismus jetzt nach der Verschmelzung von Samenzelle und Eizelle zu seiner Seele, da ja vor der Befruchtung weder die Eizellen noch die Samenzellen eine Seele hätten? Wie verhalten sich Seelen bei befruchteten Eizellen im Reagenzglas und wie nach der Einpflanzung? Nicht alle befruchteten Eizellen entwickeln sich nach der Einpflanzung zu einem Fötus.

Aristoteles schrieb, glaube ich, einfach allem Lebendigen, Pflanzen, Tieren, Menschen, eine jeweils eigene Art von Seele zu, im Unterschied zum Christentum.


Zum magischen Bewusstsein eine Anmerkung. Warum sollten nur Kinder staunen dürfen? Warum sollten Erwachsene sich nicht mehr wie ein Kind freuen dürfen? Auch hier lässt Aristoteles grüßen, der die Fähigkeit des Staunens für so wichtig erachtet im Bezug auf die Menschlichkeit. Staunen und Freude - und was macht die "moderne Psychologie" daraus: kindliche Naivität a la Piage' schem Stufenmodel? Der Aha-Effekt oder auch das Heureka! kommt also nur bei Kleinkindern oder in der frühkindlichen Entwicklung vor? :confused: :confused: Ich denke, auch Erwachsene dürfen Staunen oder sich wie Kinder freuen. Was spricht dagegen?

Ja doch, ich liebe künstlerische und literarische Ausdrucksformen und das Staunen über archaische Naturerlebnisse, ohne diese zwanghaft analysieren zu müssen :Lachen2: ... Die magische Denkweise bleibt zum Glück als Möglichkeit immer erhalten, auch wenn man als älteres Kind das Denken in konkreten und formalen Operationen lernt, und man lebt mit magischen Einstellungen, wie Du schreibst, vielleicht manchmal auch besser, gesünder.

schnodo
03.05.2019, 19:49
Selbstverständlich lässt sich Gott beweisen. Nämlich dann, wenn Gott es will, schließlich ist er allmächtig. Er könnte sich so zeigen, dass aller Zweifel an seiner Existenz ausgeschlossen wäre.

Ich verfolge die Wogen der Diskussion, kann aber nur wenig dazu beitragen.

Deine Worte habe mich angeregt, darüber nachzudenken, wie sich das, was eine Gesellschaft als Beweis für Gottsein akzeptieren würde, im Lauf der Zeit verschoben hat. Zu Zeiten Christi hätte es vermutlich ausgereicht, fliegen zu können oder Tote zum Leben zu erwecken. Das ist heute nichts Außergewöhnliches mehr.

Wie sieht Deine Anforderung an einen Gottesbeweis aus, der für Dich persönlich "alle Zweifel an der Existenz Gottes" beseitigen würde und sich nicht vielleicht durch überlegene aber uns unbekannte Technologie erklären lässt?

merz
03.05.2019, 22:11
exzellente Frage, aber ich muss einfach einen spätabendlichen Einschub machen, um dem Aristoteles-bashing eine Grenze zu setzen:

die psyche(s)-Theorie ist ein Beitrag zur (Meta-)Biologie. Das steht demjenigen der die empirische Biologie begründet hat, auch gut an.
Es geht um (biologisches) Leben und seine Funktionen (*), alles andere ist eine Überformung durch Jahrtausenden von Christentum.


Jetzt mehr zu Gottbeweisen und Evidenzlagen zu seiner Existenz für uns heutige

m.

(*) Schrödinger und Aristoteles hätten sich gut verstanden :)

LidlRacer
03.05.2019, 22:22
Wie sieht Deine Anforderung an einen Gottesbeweis aus, der für Dich persönlich "alle Zweifel an der Existenz Gottes" beseitigen würde und sich nicht vielleicht durch überlegene aber uns unbekannte Technologie erklären lässt?

Diese Frage erscheint mir ziemlich irrelevant. Es ist ja nicht so, dass es etwas annähernd gottesbeweisähnliches gäbe oder in den letzten 2000 Jahren gegeben hätte, wo man sich streiten könnte, ob das als Beweis ausreicht.
Ich erwarte das auch nicht in den nächsten 2000 oder 2 Millionen Jahren ...

Dass Außerirdische zu uns kommen und eine "überlegene aber uns unbekannte Technologie" einsetzen, um einen Gottesbeweis vorzutäuschen, erscheint mir auch nicht wahrscheinlicher, als ein wirklicher Gottesbeweis.

merz
03.05.2019, 22:27
ich seh den Punkt, ich fände es dennoch interessant wie ausgesprochene Atheisten einen Gottesbeweis (oder Gottes-Evidenz, damit es nicht so akademisch wird) sich vorstellen würden.

(Da muss man dann aus der eigenen Warte hart "kontrafaktisch" denken, das ist einer der Spannungsmomente daran)

m.

P.S.: Wenn das durch ist, sprechen wir über Gotteswiderlegungen und wie Christen sich das vorstellen können - versprochen :), Balancen wahren.

LidlRacer
03.05.2019, 22:29
Hier aber trotzdem noch ein alter Vorschlag von mir, an dem "Gott" sich orientieren könnte, wenn er seine Existenz und Macht beweisen wollte:

Es wäre ja eigentlich ganz einfach:
Wenn es einen Gott gäbe, der allmächtig (oder zumindest seeeehr mächtig) wäre, und Wert darauf legen würde, dass möglichst viele Menschen an ihn glauben und daher seinen Geboten folgen etc., könnte der ja ganz leicht seine Existenz beweisen.

Dazu müsste er nicht mal mit einer neuen Sintflut uns alle bis auf 2 umbringen, es ginge auch etwas konstruktiver. Er könnte ankündigen (z.B. durch den Pabst als seinen Sprecher, aber warum spricht er eigentlich nicht direkt zu uns allen, was auch schon ziemlich beeindruckend wäre?), dass er nächsten Freitag um 12 Uhr Ortszeit den Mount Everest um 1000 m erhöht. Wir hätten Zeit, reichlich Fernsehkameras etc. aufzustellen, er macht es einfach, und wir wären alle überzeugt, dass es dafür keine andere Erklärung gibt, als dass das tatsächlich Gott gemacht hat.

Die bisherige Strategie, dass wir einfach an uralte Märchen und ansonsten blind glauben sollen, funktioniert ja offenbar nicht sooo doll.

Ich denke, da bliebe sehr wenig Raum für Zweifel.

LidlRacer
03.05.2019, 22:34
Gott weiß bekanntlich alles.


Das ist schön, denn dann kennt er ja auch meinen Vorschlag. :Lachen2:
Ich warte ...

merz
03.05.2019, 22:47
die Allwissenheit nehme ich zuerst, weil das kürzer formuliert ist:

Gott wird als perfektes Wesen vorgestellt (rein begrifflich, wie man so sagt, die alte Anselm-Sache),
Nicht-Wissen ist ein Mangel.
Ergo: Gott ist allwissend.
(Für alles, was "wißbar" ist - das ist ein Absicherung gegen erkenntnistheoretische Sonderfälle ("Wer gewinnt Buschhütten 2019": Steht das schon fest?/Kann man das "wissen"?).

m.

merz
03.05.2019, 22:50
bei der Everest-Sache (sorry, in den 100er von Seiten hier nicht mehr parat für mich) tue ich mir schon schwerer.
nehmen wir das mal als "Wunder mit Ankündigung und Dokumentationschance".

die Ankündigung und die Dokumentationschance streiche ich mal weg, weil das alles schon schwer genug ist.

Bleibt "Wunder". Da ich davon nichts weiss, bleibt mir nur eine Auffassung davon aus dem Ärmel zu schütteln (schwach, ich weiss):
Wunder = ein Geschehnis, welches im Kontext unser gegenwärtigen wissenschaftlichen Theorie der Welt unerklärlich ist (und nur durch eine höhere Macht zu erklären ist (in diesem Zusatz steckt wohl eine Falle))

und da kommt dann so ein (ich weiss, sehr sehr schwach) Punkt: An der Stelle würde wir eher wohl unsere Theorie der Welt zu erweitern suchen, als aufzugeben.....

Mich verlässt hier meine argumentative Phantasie und ich gebe auf

m.

Klugschnacker
04.05.2019, 08:06
Der Mensch kommt zur Seele, in dem Moment, in dem die Eizelle befruchtet und somit die Zelle befähigt ist sich zu einem Organismus zu entwickeln (Zellteilung). Ich denke, dass ist seit Aristoteles so. Er hatte das als Erster erkannt.

Die katholische Kirche hat ihre Meinung dazu, wie die Seele in den Körper kommt, verschiedene Male gewechselt. Sie schwankt historisch zwischen der Sukzessiv-Beseelung und der Spontan-Beseelung.

Bei der Sukzessiv-Beseelung zöge die Seele nach und nach in den sich entwickelnden Embryo ein. Eine befruchtete Eizelle hätte demnach keine Seele, ein Baby aber durchaus. Bei der Spontan-Beseelung sei die Seele bereits ab der Empfängnis in vollem Umfang vorhanden.

Bei der Sukzessiv-Beseelung ergibt sich das theologische Problem, dass Maria nach der Empfängnis durch den Heiligen Geist einen Fötus in sich trug, der noch keine vollständige Seele gehabt hätte. Die Vorstellung einer Spontan-Beseelung löst dieses Problem. Es ist der aktuelle Standpunkt der katholischen Kirche.

Mir ist nicht klar, wie eine Seele zu definieren wäre. Offenbar ist sie etwas anderes als Bewusstsein. Mir ist auch nicht klar, warum ein Menschenaffe, der sich selbst im Spiegel erkennt, keine Seele im engeren Sinn haben soll, eine befruchtete menschliche Eizelle jedoch schon. Mit meinem gegenwärtigen Wissenstand halte ich diese strikten Unterscheidungen für einen Ausdruck des Unwissens der antiken Kulturen über die Welt, insbesondere die Unkenntnis darüber, dass Menschen Tiere sind. So kommt ein Größenwahn im menschlichen Selbstbild zustande, für den es keine sachliche Rechtfertigung gibt.

Klugschnacker
04.05.2019, 08:27
ich seh den Punkt, ich fände es dennoch interessant wie ausgesprochene Atheisten einen Gottesbeweis (oder Gottes-Evidenz, damit es nicht so akademisch wird) sich vorstellen würden.

Allmacht und Allwissenheit sind die Eigenschaften, die man bei so einem Gottesbeweis sehen möchte. Lidls Everest-Aufgabe zielt auf die Allmacht ab. In ähnlicher Weise könnte man ein Testpiece für die Allwissenheit konstruieren. Beispielsweise, indem Gott uns eine Bibliothek gäbe, welche die Antworten auf sämtliche Fragen enthielte.

Für die menschliche Logik sind Allmacht und Allwissenheit unmögliche Eigenschaften. Wir können daher keine Experimente ersinnen, welche das Vorhandensein dieser Eigenschaften zu 100% einwandfrei belegen. Für Gott sollte das jedoch kein Problem sein. Außer, er ist nicht allmächtig oder nicht existent.

Von der Allgüte spreche ich hier nicht. Sie ist aus meiner Sicht durch das Leid auf der Welt bereits empirisch widerlegt.

Jörn
04.05.2019, 09:17
Der Mensch kommt zur Seele (...) Aristoteles (...) Er hatte das als Erster erkannt.

Hat Aristoteles die Seele erkannt?

Nehmen wir mal eine andere Behauptung, etwa, das Turiner Grabtuch zeige tatsächlich Jesus. Oder ein Stein wäre 5 Milliarden Jahre alt. Oder jemand hätte Krebs.

Laien würden diese Behauptungen womöglich einfach so zur Kenntnis nehmen (und hier steckt ein Trick).

Fachleute hingegen würden sofort nach der Methode fragen, wie diese Erkenntnisse gewonnen wurden. Beim Rest der Behauptung würden sie vielleicht nur mit halbem Ohr hinhören, aber bei der Methode wären sie hellwach. Wurde beim Krebspatient etwa der Helsing-Test* gemacht? Dieser ist bei Frauen unter 40 nicht zuverlässig, man braucht zusätzlich das Blutbild. Wurden beim Stein auch die Isotope* gemessen? Ansonsten wäre das zeitliche Raster zu grob. Liegt die Anzahl der Farbpigmente beim Turiner Grabtuch über oder unter 50 mol/cm*? Denn unterhalb sind Messungen sehr fehlerhaft.

Die Methode ist wichtiger als das Ergebnis, weil die Methode darüber entscheidet, was das Ergebnis wert ist.

Welches war nun die Methode von Aristoteles oder sonst jemandem, um etwas über die Seele herauszufinden? Das ist der springende Punkt. Wir wissen alle, dass man in der Antike oder im christlichen Zeitalter überhaupt keine Möglichkeit hatte, methodisch-wissenschaftlich an die Frage heranzugehen.

Gläubige verweisen nicht auf die Methode. Sondern sie verweisen auf jene Autoritäten, deren Aussagen zu ihrem bereits vorhandenen Glauben passen. Etwa bestimmte Dinge von Aristoteles. Nicht die Methode ist entscheidend; auch nicht das Ergebnis. Sondern, ob der vorhandene Glaube gestützt wird. Man zimmert sich ein Spiegelkabinet, in dem stets der eigene Glaube zu sehen ist.

----
*frei erfunden, dient nur der Illustration

Trimichi
04.05.2019, 09:53
Mir ist nicht klar, wie eine Seele zu definieren wäre. Offenbar ist sie etwas anderes als Bewusstsein. Mir ist auch nicht klar, warum ein Menschenaffe, der sich selbst im Spiegel erkennt, keine Seele im engeren Sinn haben soll, eine befruchtete menschliche Eizelle jedoch schon. Mit meinem gegenwärtigen Wissenstand halte ich diese strikten Unterscheidungen für einen Ausdruck des Unwissens der antiken Kulturen über die Welt, insbesondere die Unkenntnis darüber, dass Menschen Tiere sind. So kommt ein Größenwahn im menschlichen Selbstbild zustande, für den es keine sachliche Rechtfertigung gibt.

Bezüglich dem Vergleich von Menschen zu Menschenaffen, Affen, Raben (die können zählen bis 4 oder 5) oder Delphinen spricht man in Bezug auf das Merkmal der Intelligenz von graduellen, qualitativen Unterschieden. So haben wir es in der philosophischen Anthropologie gelernt an der Universität im Fach Philosophie.

In der Psychologie mussten wir lernen, dass Komplexität eine oder die wesentliche Voraussetzung von Bewusstsein ist. Leider, und das ist meine Meinung, driftet die moderne, akademische Psychologie mehr und mehr in die kognitive Psychologie ab, sowie in die Computermetapher. Das ist eine Strömung oder ein Menschenbild, insofern, dass das menschliche Gehirn wie ein Computer funktioniere. qbz erwähnt ja bereits, dass es unterschiedliche Grundannahmen ergo Menschenbilder in der Psychologie gibt. In dem Moment, in dem die Eizelle befruchtet ist, ist eine nicht mehr zu analysierende Komplexität entstanden. Diese Moment meint, denke ich, Aristoteles.

Und so setze ich nach. Seele und Geist waren und sind zwei unterschiedliche Paar Stiefel. Die moderne Psychologie in ihrem Geltungsdrang und in ihrer aktuellen Phase sich als kritische, emanzipistische Naturwissenschaft zu etablieren unter den Naturwissenschaften legt einen Fokus auf das Gehirn und subsumiert Geist und Psyche darunter. Allerdings gibt es auch andere Aspekte, nämlich die des gefühlsmäßigen Erlebens. Wo spürt der Mensch die Emotionen? Im Magen, in den Nieren, in den Muskeln, im Herz, im ganzen Körper und ganz sicher nicht im Gehirn ausschließlich. Das, und ich zitiere Aristoteles, was Seele ausmacht, betrifft den ganzen Körper und ist mMn eng mit dem Begriff Entelechie [1] verknüpft.

Um noch einmal Aristoteles zu erwähnen, und um zu beweisen, dass die alten Griechen in ihrer Version richtig liegen anbei das Video zu Fußballspiel Deutschland vs. Griechenland in München. Aristoteles spielt auch mit, er trägt die Nummer 3. :Lachen2:

Monty Phyton / Philosophenfussball: https://www.youtube.com/watch?v=P6DVxRweVsU

Schönen Tag wünsche ich Dir, ich trainiere Intervalle auf der Rolle.:)


--
[1] sich im Stoff verwirklichende Form; im Organismus liegende Kraft, die seine Entwicklung und Vollendung bewirkt

Jörn
04.05.2019, 10:11
In dem Moment, in dem die Eizelle befruchtet ist, ist eine nicht mehr zu analysierende Komplexität entstanden

So komplex, dass einem nichts anderes übrig bleibt, als es zu glauben.

Aber warum sollte man genau dies glauben?

Und warum glauben wir beim Affen etwas anderes?

qbz
04.05.2019, 10:56
..........
Und so setze ich nach. Seele und Geist waren und sind zwei unterschiedliche Paar Stiefel. Die moderne Psychologie in ihrem Geltungsdrang und in ihrer aktuellen Phase sich als kritische, emanzipistische Naturwissenschaft zu etablieren unter den Naturwissenschaften legt einen Fokus auf das Gehirn und subsumiert Geist und Psyche darunter. Allerdings gibt es auch andere Aspekte, nämlich die des gefühlsmäßigen Erlebens. Wo spürt der Mensch die Emotionen? Im Magen, in den Nieren, in den Muskeln, im Herz, im ganzen Körper und ganz sicher nicht im Gehirn ausschließlich. Das, und ich zitiere Aristoteles, was Seele ausmacht, betrifft den ganzen Körper und ist mMn eng mit dem Begriff Entelechie [1] verknüpft.
.......


Der Hypothalamus und Hirnstamm reagieren meines Wissens auf das limbische System, den Thalamus, wo die Gefühle "entstehen", und steuern das vegetative Nervensystem, d.h. die körperliche Reaktionen wie Herzrasen, Schweissausbruch, Zittern etc., schon bevor auslösende Reize über die höheren Gehirnregionen den Grad von emotionaler Bewusstheit erreichen.
Da sich z.B. der limbische Teil des Gehirns bei Säugetieren früh entwickelt hat, würde ich das eigentlich eher als ein Argument sehen, dass religiöse Befürworter einer Seele eine solche eigentlich auch Säugetieren zubilligen müssten, wenn man sie schon einer menschlichen befruchteten Eizelle zuschreibt.

Ps: Der Philosophenkick ist erheiternd ... :Lachen2: :Blumen:

Trimichi
04.05.2019, 11:01
So komplex, dass einem nichts anderes übrig bleibt, als es zu glauben.

Aber warum sollte man genau dies glauben?

Und warum glauben wir beim Affen etwas anderes?

Komplexität kann nicht analysiert werden. Auch wenn wir das Gehirn noch so sezieren und analysieren und zerschnippeln oder was der Kuckuck wie viele Elektroden an einen Schädel anschließen - wir werden es, ergo dies nicht finden. Weil die Analyse, die Zergliegerung, das Ganze tilgt. Wer hat's erfunden? Den Satz mit der Übersummativität meine ich? Ich glaube, es war der Aristoteles.

Und war es nicht auch Aristoteles, der gesagt hat, dass jedem Menschen eine Seele gegeben wird?

Der Unterschied ist die Sprachfähigkeit. Menschen können sprechen. Tiere verwendet Signalsprache. Könnte daran liegen. So hatte man es uns in der philosophischen Anthropologie beigebracht an der Universität.

Jörn
04.05.2019, 11:10
Gehirn? Eben ging es noch um zwei Zellen, die angeblich eine nicht durchschaubare Komplexität bilden würden.

Helmut S
04.05.2019, 11:15
Problematisch oder falsch ist es aber in diesem Zusammenhang von [...] "so tun als" zu sprechen, denn nach
Kant sind die Postulate der praktischen Vernunft (Gott, Seele, Unsterblichkeit) notwendig.
Ihnen kommt Kant zufolge eine subjektiv-praktische Realität zu und aufgrund des Primats der praktischen Vernunft berechtigen sie uns sogar dazu, im theoretischen Diskurs den Ideen der Postulate die entsprechenden Objekte zuzusprechen, also deren Existenz zu behaupten, gleichwohl wir sie auf der theoretischen Ebene nicht erkennen können.

Ich stimme dem nahezu vollständig zu, was du sagst, weil ich denke, dass ist genau das, was Kant mit seinem "als ob" meint. Nichts anderes wollte ich mit "so tun als" (das "verabreden" war in Referenz zu Jörns Beitrag).

Wo ich ein Problem habe ist das hier

[...]die entsprechenden Objekte zuzusprechen, also deren Existenz zu behaupten, [...]

Ich denke streng genommen muss das heißen "...deren Sein zu behaupten..."

Leider habe ich gerade 30min wie blöd meinen Eisler gesucht - finde ihn nicht. Wahrscheinlich jemandem geliehen und nicht zurück gekriegt. :Traurig: Hast du selbst einen? Dann schau doch mal bei "als ob". Bin recht sicher darüber steht einiges drin. :Blumen:

Trimichi
04.05.2019, 11:23
Gehirn? Eben ging es noch um zwei Zellen, die angeblich eine nicht durchschaubare Komplexität bilden würden.

Ja, sorry, ein Fehler. Du, ich weiss es nicht. Kann eine befruchtete Eizelle analysiert werden? Keine Ahnung ich glaube nicht. Zumindest wenn dann nur in bestimmten Merkmalen.

Ganz interessant die Zwillingsforschung. Erinnere mich just an eine Beispiel von eineiigen Zwillingen (EZ), die nach der Geburt getrennt wurden. Natürlich nicht im Rahmen eines wissenschaftlichen Experiments. Einer wohnte in Frankreich der andere in Norwegen. Als sich die beiden nach 40 Jahren zum ersten Mal wieder sahen stellen die beiden fest, dass sie nicht nur rauchten ("Rauchergen"), sondern auch dieselbe Zigarettenmarke bevorzugten. Ok, betrifft die Anlage- und Umweltdiskussion. Aber kann die Pränataldiagostik erkennen, welche Zigarettenmarke einer später bevorzugt? Ich glaube nicht.

Ich glaube, im Moment der Befruchtung ist die befruchtete Eizelle so komplex geworden, dass man nicht mehr analysieren, beobachten, erklären und vorhersagen kann, welcher und was für ein Mensch daraus wird. Diese Position ist womöglich etwas veraltet, gebe ich zu. Von Designerbaby halte ich nichts. Sind ja auch verboten. Oder? Daher glaube ich, dass die befruchtete Eizelle ein nicht durchschaubare Komplexität bildet. Beethoven wäre womöglich heutzutage abgetrieben worden, was weiss ich...

Jörn
04.05.2019, 11:34
ich weiss es nicht. Kann eine befruchtete Eizelle analysiert werden? Keine Ahnung ich glaube nicht. Zumindest wenn dann nur in bestimmten Merkmalen.

Aber wenn es nicht analysiert werden kann, wieso weiß man dann, dass eine Seele eingezogen ist? Scheint mir eine Schachmatt-Situation zu sein.

LidlRacer
04.05.2019, 15:51
Der Mensch kommt zur Seele, in dem Moment, in dem die Eizelle befruchtet und somit die Zelle befähigt ist sich zu einem Organismus zu entwickeln (Zellteilung). Ich denke, dass ist seit Aristoteles so. Er hatte das als Erster erkannt.

Mittelalterliche Theologen wie Thomas von Aquin beriefen sich auf den griechischen Philosophen Aristoteles, wenn sie auf bestimmte Fragen in den heiligen Schriften keine Antworten fanden:

„Er geht davon aus: Es dauert bei einem männlichem Embryo 40 Tage und bei einem weiblichen Embryo 80 Tage, das hängt zusammen mit der aristotelischen Vorstellung, dass die ganze Formkraft des neuen Lebewesen allein im männlichen Samen besteht und die Frau nur das Menstruationsblut als materielle Voraussetzung bietet, und dass wenn es zur Geburt eines Mädchens kommt, es schon Ausdruck eine Versagens der Natur ist, weil der männliche Same ein ihm Ähnliches hervorbringen möchte und da nahm Aristoteles an, dass das 40 Tage beim Mann und 80 Tage beim Mädchen benötigt.“

https://www.deutschlandfunkkultur.de/wann-beginnt-menschliches-leben.1278.de.html?dram:article_id=192726
(Das Zitat in Anführungsstrichen stammt vom ev. Theologen Friedrich Hauschildt.)

Offensichtlich hatte Aristoteles keine Ahnung von Eizellen und einige Vorstellungen, die aus heutiger Sicht völlig absurd sind. Ob es da sooo sinnvoll ist, sich in diesem Fall auf ihn zu stützen?

merz
04.05.2019, 20:21
Leider habe ich gerade 30min wie blöd meinen Eisler gesucht - finde ihn nicht. Wahrscheinlich jemandem geliehen und nicht zurück gekriegt. :Traurig:

hier ist er

https://www.textlog.de/rudolf-eisler.html

Postulaten-Lehre wäre ein Einsteig https://www.textlog.de/33117.html

aber ich bleib dabei, damit schöpfen wir hier kein Wasser


m.

Flow
04.05.2019, 20:45
(Hänge mit der Lektüre des Threads noch etwas zurück und bitte dementsprechend im Falle der Redundanz um Nachsicht)

Abschließend wiederhole ich mich :
Wenn wir uns hier Fragen widmen nach der "Existenz Gottes", seinen vermeintlichen "Eigenschaften", dem "Ursprung des Universums", auch dem "Leib-Seele-Problem", dann betreiben wir ganz klar Metaphysik.
Mein persönliches Interesse gilt halt eher den Autoren, die an Religions- und Metaphysikkritik arbeiteten.
Klar, jeder wie er mag ... ;)

Ich unterstelle mal (korrigiere bitte im Zweifel) :
Du selbst hast dir ebenso z.B. die Frage nach der Existenz Gottes gestellt, diese auf Grund naturwissenschaftlicher Ansichten und persönlicher Plausbilitätsempfindungen für dich mit "nicht existent" beantwortet, und diese Antwort, mehr oder weniger bewußt, in deine "Konzeption der Welt" integriert. Damit hast du dich nach meinem Verständnis ganz klar "metaphysisch betätigt". Ebenso wenn du dir ein Bild der Psyche machst, was als Psychologe ja nahezu zwingend ist ... ;)

Nun frage ich mich natürlich, was du oder man allgemein unter Metaphysikkritik verstehen will.
Ist es die kritische Auseinandersetzung mit bestimmten metaphysischen Systemen, Ansichten oder Antworten, so betreibt man damit in meinen Augen ja selbst wiederum Metaphysik.
Ist es das Infragestellen der Metaphysik als solcher, dann bewegt man sich womöglich wiederum auf dem Terrain der theoretischen Philosophie, wenn man sich z.B. fragt "Was kann man wissen/erkennen" m Bereich der Epistemologie. Oder man schwingt sich auf zur dreisten Gedankenpolizei, wenn man anderen vorschreiben will, worüber sie (nicht) nachdenken dürfen ... :Lachen2:

Allgemein scheint mir, du rückst die Metaphysik sehr nahe zur Religion, und verstehst daher womöglich darunter, wie gerade im ersten Fall angedeutet, tatsächlich bestimmte Anschauungen, die dir auf Grund (d)eines naturwissenschaftlichen Weltbildes unsinnig oder absurd erscheinen.

Wie auch immer, ums mit Arne zu sagen, danke für den Diskurs ... :Huhu:

merz
04.05.2019, 20:51
Ich glaube "Metaphysik" wird hier im Thread eher so als Rumgestocherer in Außerweltlichen verstanden, was okay ist, muss man nur wissen.
Die knochentrockenen philosophische Disziplin (wieder: durch Aristoteles zuerst systematisiert und - wie das eben so ist: in den letzten 2000 Jahren mit 1000 Optionen, aber keinen Antworten) ist weniger gemeint

m.

Helmut S
04.05.2019, 21:00
@merz: Danke - ich hab dafür noch Geld bezahlt :( :dresche
Naaa, da hast recht. Da holen wir bzgl Thema nix. War halt n Ausflug. :Blumen:
Kant war Agnostiker, oder?

merz
04.05.2019, 21:11
weiss ich nicht, erlaube mir da kein Urteil

m-

Flow
04.05.2019, 21:39
hi trimichi,

ich antwortete auf die Kritik von Flow an den Einzelwissenschaften, sie müssten ihren Elfenbeinturm verlassen, um über metaphysische Fragen zu reden, indem ich anführte, dass es gerade die Erkenntnisse aus den Einzelwissenschaften ( wie u.a. Biologie, Physik, Medizin, Anthropologie, Politökonomie) waren, welche die (religiösen) Weltbilder (wie Schöpfungsgeschichte, Geozentrismus) grundlegend veränderten und keine Erkenntnisse der Religionen oder der Metaphysik.
Damit wir uns richtig verstehen :
Es liegt und lag mir jeher fern, die einzelnen (natur)wissenschaftlichen Disziplinen pauschal als "im Elfenbeinturm befindlich" zu bezeichnen.
Wie merz es andeutete, begrüße natürlich auch ich den interdisziplinären Diskurs !
Bzgl. des Elfenbeinturmes ging es mir darum, falls ein Physiker, Biologe, Psychologe, Mediziner, Jurist etc. metaphysische Fragen beantworten will, er sich dabei sinnvollerweise nicht lediglich auf sein eigenes Handwerkszeug beschränken sollte.
Ich interessiere mich prinzipiell auch für das Weltbild eines KFZ-Mechanikers. Wenn er mir allerdings weismachen will, es existiert definitiv nur das, was man mit Schweißbrenner und Wagenheber handhaben kann, dann denke ich mir eben meinen Teil ... :)
Wenn er dagegen meint, alles andere interessiere ihn nicht ... gut, warum nicht ... keep it simple ... :)

Ansonsten hatte ich dir ja auch bereits zugestimmt :
Selbstverständlich prägen Erkenntnisse aus den von dir genannten Disziplinen und (für mich auch ganz besonders) Naturwissenschaften auch das metaphysische Weltbild !
Sowie Erkenntnisse z.B. der Biologie und Medizin auch psychologische Konzepte und Sichtweisen ändern (können).
Die "metaphysischen Erkenntnisse", um den von dir verwendeten Begriff aufzunehmen, wären in diesem Sinne dann eher Ergebnis dieser anderen Erkenntnisse.

Wobei ich vielleicht den Teil :
[...] grundlegend veränderten und keine Erkenntnisse der Religionen oder der Metaphysik.
... noch etwas differenzierter betrachten würde.

Jörn
04.05.2019, 21:47
Wobei ich vielleicht den Teil :

... noch etwas differenzierter betrachten würde.

Und möchtest Du auch irgendwann das Ergebnis Deiner differenzierten Betrachtung mitteilen?

Das würde mir helfen, Deinen Standpunkt zu verstehen.

Flow
04.05.2019, 21:57
Ich schließe diese Frage an:
Gibt es eine Erkenntnis der Metaphysik, die
1. weitgehend unumstritten ist
und
2. praktische Relevanz hat?
In dem Zusammenhang darf man sich eventuell vergegenwärtigen, daß sich auch die Naturwissenschaften in der Regel in Empirie und Theorie teilen.
Ich nehme an, daß was du unter "Erkenntnissen" verstehst prinzipiell eher im Bereich der Empirie anzusiedeln ist, bzw. zumindest dort "erwiesen" wird, wohingegen der Theorie vor allem die Aufgabe der Modellbildung und "Erklärung" zufällt.
Die theoretische Philosophie, wie ihr Teilgebiet Metaphysik ist eben per se eher "theorielastig" und deskriptiv ausgelegt.

Grüße ... :Huhu:

Flow
04.05.2019, 22:18
Mit Verlaub :Wie das Universum entstanden ist, ist eine rein naturwissenschaftliche Frage, ebenso wie die Frage nach der Entstehung der Alpen.
... da fasse ich mir echt an den Kopf ... :Lachen2:

Um ein etwaiges Mißverständnis aufzuklären :

Was genau willst du unter "Universum" verstehen ? (Ferner auch unter "entstehen").

Speziell :
Betrachtest du z.B. Raum und Zeit, sowie das was du unter "Naturgesetzen" verstehst als Teil des Universums ?
Oder willst du, alternativ, diese einer quasi "übergeordneten Welt" zuordnen, innerhalb derer wiederum das Phänomen Universum stattfindet ?

Im ersten Fall läßt sich mit Physik wohl nur "innerhalb des Universums" arbeiten. Die Frage nach dem "Ursprung" ist damit nicht greifbar. (Abgrenzend könnte man mit "Entstehen" natürlich sämtliche Prozesse bezeichnen, die ablaufen, sobald das Universum existiert)

Im zweiten Fall natürlich könnte man dem Universum einen räumlich/zeitlichen Rahmen geben, es quasi "von außen" betrachten, wie ein physikalisches Experiment/System.
Bzgl. der ursprünglichen Frage betreibt man damit jedoch lediglich eine Flucht "in der Skala" oder "Dimension". Die metaphysische Frage lautete dann eben nach dem "Ursprung der Welt", in welcher das "Universum" und seine "Entstehung" wiederum meinetwegen rein naturwissenschaftlich betrachtet werden kann.

Alternativ simple Frage :
Was ist der Ursprung der Physik/der Naturgesetze ?


Grüße ... :Huhu:

LidlRacer
04.05.2019, 22:19
In dem Zusammenhang darf man sich eventuell vergegenwärtigen, daß sich auch die Naturwissenschaften in der Regel in Empirie und Theorie teilen.
Ich nehme an, daß was du unter "Erkenntnissen" verstehst prinzipiell eher im Bereich der Empirie anzusiedeln ist, bzw. zumindest dort "erwiesen" wird, wohingegen der Theorie vor allem die Aufgabe der Modellbildung und "Erklärung" zufällt.
Die theoretische Philosophie, wie ihr Teilgebiet Metaphysik ist eben per se eher "theorielastig" und deskriptiv ausgelegt.

Grüße ... :Huhu:

Danke, ich verstehe das als:

Nein und nein.

Flow
04.05.2019, 22:28
Ungelesen steht unter anderem noch der Klassiker zur Autopoiesie im Schrank: Baum der Erkenntnis (https://de.wikipedia.org/wiki/Der_Baum_der_Erkenntnis) , von Varela u. Maturana, der ja schon vom Titel und Inhalt her einen direkten Bezug zum Thread hat ;) .
Da wäre ich auch sehr an deinem Résumé und deiner Einordnung interessiert ... :Blumen:

Flow
04.05.2019, 22:29
Danke, ich verstehe das als:

Nein und nein.
Steht dir frei ... :Blumen:

Helmut S
04.05.2019, 22:30
Naaa, da hast recht. Da holen wir bzgl Thema nix

Wobei.

Einerseits: Freilich, der direkte oder überhaupt der Weg zur Wahrheit in den vielen Fragen hier ist Kant nicht. Aber welcher Weg ist diesbezüglich schon sicher?

Andererseits habe ich Z. so verstanden, dass er der Meinung ist, dass Kant sagt, Gott existiert (im „dinglichen“ Sinne). Oder wenigstens, dass man die (dingliche) Existenz Gottes aus Kant ableiten kann. Der Meinung bin ich nicht. Ich sehe überhaupt keinen Gottesbeweis, offen gestanden sehe ich nicht mal die Möglichkeit eines Gottesbeweises im Sinne eines Existenzbeweises.

Es tut mir leid, wenn ich mit dem Thema hinten dran bin und es schon längst durch ist. :Blumen:

Jörn
04.05.2019, 22:34
Betrachtest du z.B. Raum und Zeit, sowie das was du unter "Naturgesetzen" verstehst als Teil des Universums ?
Oder willst du, alternativ, diese einer quasi "übergeordneten Welt" zuordnen, innerhalb derer wiederum das Phänomen Universum stattfindet ?

Im ersten Fall läßt sich mit Physik wohl nur "innerhalb des Universums" arbeiten. Die Frage nach dem "Ursprung" ist damit nicht greifbar.

Das ist ein Zirkelschluss, weil er bereits voraussetzt, was erst bewiesen werden sollte.

Du weisst nicht, welche Physik "außerhalb" stattfindet. Es könnte dieselbe Physik sein. Du kannst nicht einfach voraussetzen, dass sie unterschiedlich und damit unerreichbar wäre. Auf diesen Umstand wurdest Du bereits hingewiesen.

Du weißt zudem nicht, ob ein "Außerhalb" notwendig ist, um ein "Innerhalb" zu schaffen. Auch das ist ein Zirkelschluss. Du setzt das Ergebnis voraus. Es ist zudem ein unendlicher Regress, denn bei einem "Außerhalb" stellte sich sofort die Frage, wie es selbst erschaffen wurde. Wenn es von Gott geschaffen wurde, stellt sich die Frage, wie Gott geschaffen wurde. Es ist das alte Argument vom "ersten unbewegten Beweger".

Diese Debatte ist unter dem Namen "Kosmologisches Argument" gut bekannt und längst wiederlegt (weil in sich unsinnig).

Da es ein bekanntes Argument ist, sage ich voraus, dass Du als nächstes postulierst, Gott (oder das "Außerhalb") sei eben nicht geschaffen (sondern ewig) und würde so den unendlichen Regress stoppen. Auch hier würdest Du als Voraussetzung annehmen, was erst bewiesen werden müsste.

merz
04.05.2019, 22:39
soweit zum destruktiven Teil ....

Was sagt eigentlich die gegenwärtige Physik/Kosmologie dazu:

Ist die Welt so ein ewig drehendes Rad ohne Anfang und Ende? und/oder
Die Frage nach dem "Vor dem Urknall" sinnlos?

- diese Fragen sind komplett ernstgemeint, nicht strategisch und nur deswegen so doof formuliert, weil ich nicht weiss wie es besser geht -

m.

Jörn
04.05.2019, 22:54
Zur Frage, ob die Welt ein "ewig drehendes Rad ohne Anfang und Ende" ist:

Betreffs unseres Universums scheint recht sicher zu sein, dass es kein "Außerhalb" und kein "Davor" gibt, innerhalb dessen sich der Urknall (die Schöpfung) hätte ereignen können. Es gab also keinen Funken von außen. Sondern Raum und Zeit sind Teil dieser Schöpfung. Daher stellt sich die Frage nach "innerhalb oder außerhalb" nicht, ebensowenig wie "vorher oder nachher".

Die Frage nach "außerhalb" stellt sich nicht, weil mit dem Urknall der Raum geschaffen wurde und es vorher kein "außerhalb" geben konnte. Die Frage nach "vorher" stellt sich nicht, weil es vor dem Urknall keine Zeit gab.

Das bedeutet, dass die Frage, mit der sich Metaphysik/Philosophie abmüht, falsch gestellt ist.

merz
04.05.2019, 23:04
hui, Danke, das erfordert einen ganz schönen geistigen Klimmzug - weiss nicht, ob ich das heute oder sonst wann schaffe

m.

für die viel gescholtenen uralten Metaphysiker und Philosophen mag ich einen Term dazu nachwerfen: creatio ex nihilo?
(das klingt griechisch sicher noch besser)

Jörn
04.05.2019, 23:17
Es gibt plausible Theorien, dass sich das Universum aus dem Nichts heraus selbst erschaffen könnte. Man ist noch dabei, es zu beweisen. Für einige der wichtigsten Puzzlestücke wurden bereits Nobelpreise verliehen. Man scheint also nicht ganz auf dem Holzweg zu sein.

Nehmen wir an, Du wärest Gott. Woraus würdest Du das Universum erzeugen?

merz
04.05.2019, 23:33
es ist sehr spät, es ist Samstag, ich sage das folgende:

die Vorstellung einer lineare Weltgeschichte von Antwort und Ende ist eine Denkbild der judeo-christlichen Tradition, dessen Wurzeln irgendwo anders liegen mögen, das ist nicht die einzige (denknotwendige (kurze Verbeugung vor Kant)) Möglichkeit, wie wäre es unter anderem mit:

Das Universum ist ein ewiger Kreis von Kreisen in Ewigkeit: expand-contract, repeat

m.

so, es ist Samstag und es sehr spät, das ist ein Scherz, wie soll ich diese Fragen beantworten, wie sollen wir das das tun?

Jörn
04.05.2019, 23:37
Die "expand-contract"-Hypothese (dass sich ein Universum ausdehnen, zusammenfallen und wieder ausdehnen würde), ist derzeit wohl vom Tisch. Unser Universum scheint sich immer schneller auszudehnen, d.h. von einem Abbremsen und Zusammenfallen ist derzeit nichts zu sehen.

Helmut S
05.05.2019, 06:35
Nehmen wir an, Du wärest Gott. Woraus würdest Du das Universum erzeugen?

Ich würde es gar nicht erzeugen, denn ich wäre das Universum. ;)

Flow
05.05.2019, 07:59
Die magische Denkweise bleibt zum Glück als Möglichkeit immer erhalten [...] und man lebt mit magischen Einstellungen, wie Du schreibst, vielleicht manchmal auch besser, gesünder.
Das ist schon interessant, nicht wahr ... ? :)
Ich füge das mal als Puzzleteil mit ein, in unsere kürzlichen Betrachtungen bzgl. eines vermeintlichen "spirituellen Bedürfnisses".