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keko#
04.05.2017, 12:45
Gibt es dazu ein konkretes Beispiel? Bei welchem alltagspraktischen Schulstoff ist die kirchliche Perspektive relevant, als Alternative zu wissenschaftlichen Sichtweisen?

In den höheren Klassen werden die Weltreligionen durchgesprochen.

Man kann natürlich:

1. Ignorieren, dass es Religionen gibt und
2. wir mit diesen auch im Alltag in Berührung kommen.
3. Das Fach umbennen oder es in einem anderen Fach behandeln (in welchem?).

Klugschnacker
04.05.2017, 13:08
Insofern ist meine Meinung, dass auch eine religiöse Perspektive auf alltagspraktische Fragestellungen in der Schule relevant sind.

Hättest Du dazu ein konkretes Beispiel? Sprichst Du von der Unauflöslichkeit der Ehe, dem Verbot von Empfängnisverhütung, der Selbstbefriedigung, den Rechten homosexueller Menschen, der Evolutionslehre, der Gleichberechtigung von Mann und Frau, der Meinungsfreiheit, der Religionsfreiheit, bei denen Dir die kirchliche Position als relevant für Schulkinder erscheint, oder denkst Du an etwas anderes?

captainbeefheart
04.05.2017, 13:24
Hättest Du dazu ein konkretes Beispiel? Sprichst Du von der Unauflöslichkeit der Ehe, dem Verbot von Empfängnisverhütung, der Selbstbefriedigung, den Rechten homosexueller Menschen, der Evolutionslehre, der Gleichberechtigung von Mann und Frau, der Meinungsfreiheit, der Religionsfreiheit, bei denen Dir die kirchliche Position als relevant für Schulkinder erscheint, oder denkst Du an etwas anderes?

Ich habe zu keinem Zeitpunkt von irgendeiner Kirche, sondern religiösen Perspektiven geschrieben, die in unserer Alltagspraxis existieren und einen Teil unserer Lebenswirklichkeit ausmachen. Insofern ist auch die präjudizierende Frage bzw. Aufzählung Deinerseits irreführend.

Ein praktisches Beispiel für ein Thema, das aus verschiedenen Perspektiven betrachtet werden kann ist der Nahostkonflikt: Entlang des klassischen Fächerkanons können hier Erdkunde, Geschichte, Sozialkunde behandelt, ethische und religiöse Perspektiven in der Betrachtung eines Themas eingenommen werden.

Klugschnacker
04.05.2017, 13:26
In den höheren Klassen werden die Weltreligionen durchgesprochen.

Man kann natürlich:

1. Ignorieren, dass es Religionen gibt und
2. wir mit diesen auch im Alltag in Berührung kommen.
3. Das Fach umbennen oder es in einem anderen Fach behandeln (in welchem?).

Ich plädiere nicht dafür, Religionen zu ignorieren. Gott existiert höchstwahrscheinlich nicht, aber die Religionen existieren ohne jeden Zweifel. Nicht Gott, aber der Glaube an Gott ist eine Realität.

Du wirst zugeben, dass die hier diskutierenden Atheisten die Religionen keineswegs ignorieren. Ganz im Gegenteil: Sie haben sich in teilweise erstaunlicher Tiefe mit ihnen auseinandergesetzt. Selbst Du, der einen großen Teil der Jugend als Ministrant eine kirchliche Erziehung genossen hat, hätte in einer Diskussion mit Jörn um die Aussagen der Bibel wahrscheinlich einen schweren Stand. Es stimmt aus meiner Sicht daher nicht, dass die Nichtgläubigen die Religionen ignorieren würden. Sie kennen sie teilweise besser als die Gläubigen. Jedenfalls kann man ihnen nicht pauschal Ignoranz vorwerfen, ohne sich zunächst an die eigene Nase zu fassen.
:Duell: ;)

Jörn
04.05.2017, 13:30
Religion findet in unserem Alltag statt, ob Du das nun - mit der Verengung auf eine bestimmte Religion und eine bestimmte Institution - aus Deiner Perspektive als angemessen einordnest oder nicht. Es ist (auch) gelebte Realität in unserer Gesellschaft.

Die Esoterik-Branche setzt mittlerweile mehr um als die Amtskirchen in Deutschland. Das beweist, dass es eine "gelebte Realität in unserer Gesellschaft" ist. Wenn dies das Kriterium darstellt: Warum sollte man dann nicht auch ein Schulfach für Esoterik einrichten?

Inhaltlich und methodisch sowie von der rein fächerspezifischen Abgrenzung her halte ich den Religionsunterricht, wie jedes andere Fach, für deutlich renovierungsbedürftig.

Du bist also der Meinung, dass die Inhalte verändert werden müssten. Aber auf welcher Grundlage soll diese Veränderung stattfinden, abgesehen von Willkür? Neue Offenbarungen gab es ja nicht.

Nach meiner Vermutung ist dieses Argument nur eine weitere Version von: "Ja! Ja! Diese Version von Religion ist natürlich Unsinn! Aber wieso nehmen wir nicht meine Version, die ich mir ausgedacht habe?"

Klugschnacker
04.05.2017, 13:31
Ein praktisches Beispiel für ein Thema, das aus verschiedenen Perspektiven betrachtet werden kann ist der Nahostkonflikt.

Einverstanden. Man kann diesen Konflikt aus religionswissenschaftlicher Perspektive betrachten. Das halte ich ebenfalls für sinnvoll. Religionswissenschaft ist aber keine Theologie. Ein Religionswissenschaftler ist ein Wissenschaftler, ein Theologe nicht.

anlot
04.05.2017, 14:08
Die Esoterik-Branche setzt mittlerweile mehr um als die Amtskirchen in Deutschland. Das beweist, dass es eine "gelebte Realität in unserer Gesellschaft" ist. Wenn dies das Kriterium darstellt: Warum sollte man dann nicht auch ein Schulfach für Esoterik einrichten?



Du bist also der Meinung, dass die Inhalte verändert werden müssten. Aber auf welcher Grundlage soll diese Veränderung stattfinden, abgesehen von Willkür? Neue Offenbarungen gab es ja nicht.

Nach meiner Vermutung ist dieses Argument nur eine weitere Version von: "Ja! Ja! Diese Version von Religion ist natürlich Unsinn! Aber wieso nehmen wir nicht meine Version, die ich mir ausgedacht habe?"


Totally agree

Trimichi
04.05.2017, 14:43
Nur weil nicht bewiesen werden kann, dass es Gott gibt, so heißt das ja nicht im Umkehrschluß, dass es Gott nicht gibt.
EInschätzungen zur Existenz Gottes wie zum Beispiel sehr wahrscheinlich nicht, wahrscheinlich, vielleicht nicht oder vielleicht, wahrscheinlich oder sehr wahrscheinlich sind subjektiver Natur.


Schulfach Esoterik würde ich auch einführen. Allerdings dann auch das Schulfach praktische Lebensführung (Putzen, Aufräumen, Reperaturen durchführen, Finanzen managen, Exkursionen, Teamplay, Teamleading usw. etc. pp.), sodaß es nicht zu theorielastig wird.
Wer sichs leisten kann geht eben auf eine Waldorff-Schule.

LidlRacer
04.05.2017, 14:54
Nur weil nicht bewiesen werden kann, dass es Gott gibt, so heißt das ja nicht im Umkehrschluß, dass es Gott nicht gibt.
EInschätzungen zur Existenz Gottes wie zum Beispiel sehr wahrscheinlich nicht, wahrscheinlich, vielleicht nicht oder vielleicht, wahrscheinlich oder sehr wahrscheinlich sind subjektiver Natur.

Gibt es einen triftigen Grund, warum die Existenz Gottes wahrscheinlicher sein sollte als die Existenz des Fliegenden Spaghettimonsters?

keko#
04.05.2017, 14:58
Schulfach Esoterik würde ich auch einführen. Allerdings dann auch das Schulfach praktische Lebensführung (Putzen, Aufräumen, Reperaturen durchführen, Finanzen managen, Exkursionen, Teamplay, Teamleading usw. etc. pp.), sodaß es nicht zu theorielastig wird.

Na klar! So dass die Eltern dann von jeglichen Aufgaben befreit sind. :Cheese:

Jörn
04.05.2017, 15:00
Nur weil nicht bewiesen werden kann, dass es Gott gibt, so heißt das ja nicht im Umkehrschluß, dass es Gott nicht gibt.

Es bedeutet aber auch nicht, dass man überhaupt keine Abschätzungen vornehmen könnte; oder dass man konkrete Aussagen der Bibel nicht als fehlerhaft beweisen könnte. Denn man kann durchaus Abschätzungen vornehmen oder die Bibel als fehlerhaft beweisen.

Man kann auch Prophezeiungen aus der Bibel prüfen. Etwa die Prophezeiung von Jesus, dass das Reich Gottes sich noch zu Lebzeiten seiner Jünger auf die Erde herabsenken würde. Wir wissen, dass dies nicht geschah.

keko#
04.05.2017, 15:01
Du wirst zugeben, dass die hier diskutierenden Atheisten die Religionen keineswegs ignorieren. Ganz im Gegenteil: Sie haben sich in teilweise erstaunlicher Tiefe mit ihnen auseinandergesetzt. Selbst Du, der einen großen Teil der Jugend als Ministrant eine kirchliche Erziehung genossen hat, hätte in einer Diskussion mit Jörn um die Aussagen der Bibel wahrscheinlich einen schweren Stand. Es stimmt aus meiner Sicht daher nicht, dass die Nichtgläubigen die Religionen ignorieren würden. Sie kennen sie teilweise besser als die Gläubigen. Jedenfalls kann man ihnen nicht pauschal Ignoranz vorwerfen, ohne sich zunächst an die eigene Nase zu fassen.
:Duell: ;)

Da gebe ich dir recht! Ich bin in diesem Fall mehr der Praktiker ;)

schnodo
04.05.2017, 15:01
Gibt es einen triftigen Grund, warum die Existenz Gottes wahrscheinlicher sein sollte als die Existenz des Fliegenden Spaghettimonsters?

Was ist denn das für eine Frage? Das fliegende Spaghettimonster ist Gott.

keko#
04.05.2017, 15:17
Gibt es einen triftigen Grund, warum die Existenz Gottes wahrscheinlicher sein sollte als die Existenz des Fliegenden Spaghettimonsters?

Salopp könnte man sagen, dass beide Ereignisse unterhalb der universellen Wahrscheinlichkeitsschranke liegen.

Aber ernsthaft: hast du schon mal ein fliegendes Spaghettimonster gesehen? :Cheese:

qbz
04.05.2017, 15:24
Nur weil nicht bewiesen werden kann, dass es Gott gibt, so heißt das ja nicht im Umkehrschluß, dass es Gott nicht gibt.
EInschätzungen zur Existenz Gottes wie zum Beispiel sehr wahrscheinlich nicht, wahrscheinlich, vielleicht nicht oder vielleicht, wahrscheinlich oder sehr wahrscheinlich sind subjektiver Natur.
......


Religionen, die Aussagen über Wesen ausserhalb des uns erfahrbaren Universums machen, z.B. über konkrete Eigenschaften eines solchen Wesens, erwarten nur Glaube, weil sich ihre Aussagen per Definitionem nicht empirisch überprüfen lassen. Sie projizieren als Menschen und Organisationen ihre Gottes-Imaginationen auf ein ausseruniversales Wesen, von dem sie wiederum ihre Existenzberechtigung und Rollen wie die der Kirchen, Pfarrer usf. ableiten. Der projektive Charakter zeigt sich in meinen Augen in dem geschichtlichen, kulturellen Veränderungsprozess der Gottesvorstellungen.

Trimichi
04.05.2017, 17:13
Gibt es einen triftigen Grund, warum die Existenz Gottes wahrscheinlicher sein sollte als die Existenz des Fliegenden Spaghettimonsters?

Nein.

Na klar! So dass die Eltern dann von jeglichen Aufgaben befreit sind. :Cheese:

Eben. Stimmt. Genau so ist es. :Cheese:

Es bedeutet aber auch nicht, dass man überhaupt keine Abschätzungen vornehmen könnte; oder dass man konkrete Aussagen der Bibel nicht als fehlerhaft beweisen könnte. Denn man kann durchaus Abschätzungen vornehmen oder die Bibel als fehlerhaft beweisen.

Man kann auch Prophezeiungen aus der Bibel prüfen. Etwa die Prophezeiung von Jesus, dass das Reich Gottes sich noch zu Lebzeiten seiner Jünger auf die Erde herabsenken würde. Wir wissen, dass dies nicht geschah.

Ebenso könnte ich das Gegenteil begründen indem ich Abschätzungen vornehme die eintreffen. Beispiel: der Drache in der Offenbahrung des Johannes. Damit sind Helikopter gemeint.

Was ist denn das für eine Frage? Das fliegende Spaghettimonster ist Gott.

Was uns wieder zu den Außerirdischen, den Ufos, und auch Donald Trump bringt. Was weis Trump über das fliegende Spagehttimonster aka Gott?

Religionen, die Aussagen über Wesen ausserhalb des uns erfahrbaren Universums machen, z.B. über konkrete Eigenschaften eines solchen Wesens, erwarten nur Glaube, weil sich ihre Aussagen per Definitionem nicht empirisch überprüfen lassen. Sie projizieren als Menschen und Organisationen ihre Gottes-Imaginationen auf ein ausseruniversales Wesen, von dem sie wiederum ihre Existenzberechtigung und Rollen wie die der Kirchen, Pfarrer usf. ableiten. Der projektive Charakter zeigt sich in meinen Augen in dem geschichtlichen, kulturellen Veränderungsprozess der Gottesvorstellungen.

Deine Aussage basiert auf der Prämisse, dass Gott außerhalb des erfahrbaren Universums liegt. Hm. Zum Beispiel lag ja auch Amerika lange Zeit außerhalb des erfahrbaren Universums. Sie leben hinterm Sonnenschein... (Rammstein).......

Man stelle sich eine Zivilisation vor deren Technologie der unseren um 100000 Jahre voraus ist. Wenn man bedenkt, das sich das Wissen der Menschheit überproportional vermehrt, nun, dann kann man schon extrapolieren, das Gott über eine Tarnvorrichtung verfügt :Lachen2: und sich nur den seinigen - als fliegendes Spaghettimonster freilich ;) - zu erkennen gibt bzw. offenbahrt.

Jörn
04.05.2017, 18:18
der Drache in der Offenbahrung des Johannes. Damit sind Helikopter gemeint.

Äußerungen wie diese machen mich ratlos.

Nehmen wir an, zwei Kollegen würden sich eine sehr verantwortungsvolle Aufgabe teilen, etwa die Aufsicht über ein Atomkraftwerk. Einer der beiden fängt eines Tages an, über Drachen zu reden, die Teil eines vorhergesagten Weltuntergangs sind (nämlich die "Offenbarung des Johannes"), und die uns in Form von Helikoptern begegnen. Was sollte man tun? Sollte man es ignorieren? Sollte man seinen Vorgesetzten informieren?

Ich weiß nicht, was Gläubige erwarten. Sind derlei Äußerungen für Gläubige normal und im Grunde bedeutungslos? Oder gibt es auch für Gläubige gewisse Abstufungen?

Bei Bibel-TV sieht man ja öfters Leute, die Engel sehen -- und zwar nicht "im Geiste", sondern so konkret wie eine Blumenvase. Ich bin nicht ganz sicher, was ich davon halten soll.

LidlRacer
04.05.2017, 18:58
Nehmen wir an, zwei Kollegen würden sich eine sehr verantwortungsvolle Aufgabe teilen, etwa die Aufsicht über ein Atomkraftwerk. Einer der beiden fängt eines Tages an, über Drachen zu reden, die Teil eines vorhergesagten Weltuntergangs sind (nämlich die "Offenbarung des Johannes"), und die uns in Form von Helikoptern begegnen. Was sollte man tun? Sollte man es ignorieren? Sollte man seinen Vorgesetzten informieren?

Nehmen wir an, wir hätten einen US-Präsidenten, der sich bei Entscheidungen über Leben und Tod von einem Gott beraten lässt ...

"“I would say that the office is so powerful that you need God even more,” Trump told The Brody File. “There’s almost not a decision that you make when you’re sitting in this position that isn’t a really life-altering position. So God comes in even more so.”"
http://www1.cbn.com/thebrodyfile/archive/2017/01/27/brody-file-exclusive-interview-president-trump-relying-on-god-now-more-than-ever

qbz
04.05.2017, 19:59
......
Deine Aussage basiert auf der Prämisse, dass Gott außerhalb des erfahrbaren Universums liegt. Hm. Zum Beispiel lag ja auch Amerika lange Zeit außerhalb des erfahrbaren Universums. Sie leben hinterm Sonnenschein... (Rammstein).......
........


Der Monotheismus setzt Gott ausserhalb des Universums an, der selbiges erschaffen haben soll, nicht ich. Dadurch unterscheidet er sich vom Kosmotheismus der antiken Religionen, welche die Götter im durch Menschen erfahrbaren Kosmos ansiedelten wie z.B. den Neptun im Meer usf. Mit der Verortung ausserhalb des Universums entziehen die monotheistische Religionen die Existenz ihres Gottes einer empirischen Überprüfung per Definitionem. Dieser Unterschied trug auch zum Aussterben der antiken und heidnischen Religionen bei und begründete den Erfolg des Monotheismus.

Ob die Menschheit irgendwann mehr und was über Universen ausserhalb des eigenen in Erfahrung bringt, wissen wir heute nicht. Mit 100% Sicherheit kann man aber heute schon sagen, die Gottesreligion hilft bei der Erforschung Null, sie behindert sie so wie schon Kolumbus behindert wurde. ;)

Jörn
04.05.2017, 20:57
http://www.mac-tv.de/Forum/images/smilies/Mac-TV/Beweis2.gif

FLOW RIDER
04.05.2017, 21:23
Der Monotheismus setzt Gott ausserhalb des Universums an,

https://www.youtube.com/watch?v=8GxSZ5kXnrU

Also um die Minute 5 herum sehe ich immer noch keinen Gott. :Lachen2:

schnodo
05.05.2017, 07:31
http://www.mac-tv.de/Forum/images/smilies/Mac-TV/Beweis2.gif

SCNR :)

http://s2.quickmeme.com/img/88/8861108f37690486677f7ea9e851d50944bee9415bdbc6c7fe 0811832315c75c.jpg

keko#
05.05.2017, 08:34
Nehmen wir an, zwei Kollegen würden sich eine sehr verantwortungsvolle Aufgabe teilen, etwa die Aufsicht über ein Atomkraftwerk. Einer der beiden fängt eines Tages an, über Drachen zu reden, die Teil eines vorhergesagten Weltuntergangs sind (nämlich die "Offenbarung des Johannes"), und die uns in Form von Helikoptern begegnen. Was sollte man tun? Sollte man es ignorieren? Sollte man seinen Vorgesetzten informieren?

Erst mal mit ihm reden und falls das nichts bringt, den Vorgesetzten informieren.
Genauso gibt es aber Menschen, die komplett naturwissenschaftlich gläubig durchs Leben wandern. In der Schule und im Studium ein paar Formeln gelernt und das ist dann ihre Bibel.
Ich vermisse oft Mittelmaß.

Klugschnacker
05.05.2017, 09:45
Erst mal mit ihm reden und falls das nichts bringt, den Vorgesetzten informieren.
Genauso gibt es aber Menschen, die komplett naturwissenschaftlich gläubig durchs Leben wandern. In der Schule und im Studium ein paar Formeln gelernt und das ist dann ihre Bibel.
Ich vermisse oft Mittelmaß.

Ich würde mich sehr für Vorgänge und Phänomene interessieren, die außerhalb der Reichweite der Naturgesetze liegen. Mir hat leider nie jemand einen solchen Vorgang zeigen oder beschreiben können, so sehr ich auch danach frage.

Das gilt augenscheinlich nicht nur für mich, sondern auch für alle anderen Menschen. So genau wir auch hinsehen, nirgendwo zeigt sich ein übernatürliches Phänomen. Darum lese ich mit Interesse von Deiner Position auf dem Mittelweg zwischen der Natur und übernatürlichen Phänomenen.

Fast wage ich es nicht, Dich nach einem Beispiel zu fragen. Nach irgend einem, und sei es auch noch so winzig.

keko#
05.05.2017, 10:30
Ich würde mich sehr für Vorgänge und Phänomene interessieren, die außerhalb der Reichweite der Naturgesetze liegen. Mir hat leider nie jemand einen solchen Vorgang zeigen oder beschreiben können, so sehr ich auch danach frage.

Das gilt augenscheinlich nicht nur für mich, sondern auch für alle anderen Menschen. So genau wir auch hinsehen, nirgendwo zeigt sich ein übernatürliches Phänomen. Darum lese ich mit Interesse von Deiner Position auf dem Mittelweg zwischen der Natur und übernatürlichen Phänomenen.

Fast wage ich es nicht, Dich nach einem Beispiel zu fragen. Nach irgend einem, und sei es auch noch so winzig.

Aber das hatten wir doch schon: es wird für uns Menschen physikalisch immer unmöglich sein, den Ursprung des Universums oder "Was war davor" mit wissenschaftlichen Methoden zu verstehen, weil es eine Barriere gibt, die man mit Logik und mit dem menschlichen Verstand nicht überschreiten kann. Die Wissenschaft ist wie eine Inventur, die versucht herauszufinden, wie das Universum funktioniert und was es im Universum gibt, aber unfähig ist, Antworten auf die großen Fragen wie z.B.: "Warum, wieso und weshalb es überhaupt einen Anfang gab", zu geben. Aus diesem Grunde ist es auch Widerspruch in sich, nach einem übernatürlichen Phänomen zu fragen. Könnte ich dir eins nennen, wäre es keins.

LidlRacer
05.05.2017, 10:55
Aber das hatten wir doch schon: es wird für uns Menschen physikalisch immer unmöglich sein, den Ursprung des Universums oder "Was war davor" mit wissenschaftlichen Methoden zu verstehen, weil es eine Barriere gibt, die man mit Logik und mit dem menschlichen Verstand nicht überschreiten kann. Die Wissenschaft ist wie eine Inventur, die versucht herauszufinden, wie das Universum funktioniert und was es im Universum gibt, aber unfähig ist, Antworten auf die großen Fragen wie z.B.: "Warum, wieso und weshalb es überhaupt einen Anfang gab", zu geben

Wenn die Wissenschaft das (noch) nicht kann, ist das kein Versagen. Es ist nur einfach extrem schwierig, zu rekonstruieren, was vor x Milliarden Jahren passiert ist, als noch nichts auch nur annähernd so war wie heute.

Aber wer, wenn nicht die Wissenschaft, könnte diese Fragen beantworten?
Und mit "beantworten" meine ich nicht, "wild spekulieren".

keko#
05.05.2017, 11:11
Wenn die Wissenschaft das (noch) nicht kann, ist das kein Versagen. Es ist nur einfach extrem schwierig, zu rekonstruieren, was vor x Milliarden Jahren passiert ist, als noch nichts auch nur annähernd so war wie heute.

Es geht ja hier in diesem Fall um das Davor bzw. den wahren Grund.

Ob wir das jemals beantworten können, darüber kann man verschiedener Meinung sein. Ich kann natürlich behaupten, dass wir das mal hinbekommen werden. Aber das entzieht sich jeder Grundlage und ist reine Spekulation.

Jörn
05.05.2017, 12:42
Die Wissenschaft ist wie eine Inventur, die versucht herauszufinden, wie das Universum funktioniert und was es im Universum gibt, aber unfähig ist, Antworten auf die großen Fragen wie z.B.: "Warum, wieso und weshalb es überhaupt einen Anfang gab", zu geben.

Du sagst, die Wissenschaft wäre nicht imstande, Antworten auf die großen Sinnfragen des "Warum, wieso und weshalb" zu geben.

Es ist reine Grammatik, die uns hier in die Irre führt. Die Grammatik suggeriert, als könne man auf eine ordentlich gestellte Frage auch eine ordentliche Antwort erwarten. "Wieso gibt es das Universum?" klingt nach einer ordentlichen Frage. Aber das täuscht.

Die Frage setzt einen Sinn bereits voraus und sucht lediglich danach, welcher Sinn es wohl sein möge. Aber vielleicht gibt es überhaupt keinen Sinn? Was bedeutet das Wort "Sinn" überhaupt? Ist es eine Kategorie, die im Universum existiert, so wie "Traurigkeit"? Ist es ein Kriterium, dem sich das Universum unterwirft? Kann das Universum unterscheiden zwischen sinnvoll und sinnlos? Trifft es überhaupt Entscheidungen?

Was wir tatsächlich vorfinden ist ein wertfreies Universum. Wohlgemerkt, nicht nur ein Universum, in dem der spezielle Wert der "Traurigkeit" nicht vorkommt, sondern ein Universum, in dem der Begriff "Wert" nicht vorkommt. Das ist der entscheidende Punkt.

Nun könnte man einwenden, dass wir eben noch nicht überall gesucht haben, oder dass unsere Messgeräte (oder unser Verstand) nicht ausreichend seien. Aber einen endgültigen "Sinn" können wir rein logisch ausschließen, ohne dafür eine Messung zu benötigen. Denn die Frage nach dem Sinn ist eine unendliche Regression. Egal, wie toll meine Antwort auf den Sinn auch ausfallen mag: Ich kann immer weiter fragen, ohne je an ein Ende zu kommen. Welchen Sinn hat Gott? Welchen Sinn hatte jener Sinn, der zu Gott führte? Und welchen Sinn hatte wiederum dieser Sinn?

Die Frage nach dem Sinn ist sinnlos.

Das ist eine frohe Botschaft! Denn stelle Dir vor, ein Wissenschaftler würde eines Tages den endgültigen Sinn entdecken, aber dieser Sinn wäre für Dich vielleicht entsetzlich.

Die Tatsache, dass Du Dir einen "Sinn" als etwas Schönes und Befriedigendes vorstellst, sollte Dich äußerst misstrauisch machen. Es ist ein Hinweis auf Wunschdenken.

keko#
05.05.2017, 12:56
Du sagst, die Wissenschaft wäre nicht imstande, Antworten auf die großen Sinnfragen des "Warum, wieso und weshalb" zu geben.

Das stimmt nicht. ....

Da stimme ich dir zu. Als es noch keine Menschen gab, gab es die Frage nach dem Sinn gar nicht. Erst wir bringen das alles ins Spiel. Wenn wir verpuffen, verpufft auch diese und andere Fragen.
Ebenso mit der Technik und Naturwissenschaft: wir bauen um uns herum eine eben solche berechenbare, technische Welt (Flugzeuge, Handys, ....) und sehen nun alles als berechenbar an oder wollen alles berechnen.
Ein Raubtier frißt ein paar Jungtiere auf. Für uns schlimm und schlecht. Die Natur kennt diese Wertung überhaupt nicht. Es gibt in der Natur weder gut noch schlecht. It just happens....

Zarathustra
05.05.2017, 15:48
Es gibt gar keine Traurigkeit im Universum? - Muß also Gott doch gütig sein!

...
Was wir tatsächlich vorfinden ist ein wertfreies Universum. ...

Hier fehlt: „mit den Methoden der Naturwissenschaft“.

Ohne diese Einschränkung handelt es sich um eine bloße Projektion einer Anforderung der Untersuchungsmethode auf den zu untersuchenden Gegenstand.

Jörn
05.05.2017, 16:15
Nein, der Zusatz ist nicht notwendig. Ansonsten bitte ich um Beweise, welche andere Methode ein abweichenden Ergebnis vorfand.

Trimichi
05.05.2017, 16:15
Wenn die Wissenschaft das (noch) nicht kann, ist das kein Versagen. Es ist nur einfach extrem schwierig, zu rekonstruieren, was vor x Milliarden Jahren passiert ist, als noch nichts auch nur annähernd so war wie heute.

Aber wer, wenn nicht die Wissenschaft, könnte diese Fragen beantworten?
Und mit "beantworten" meine ich nicht, "wild spekulieren".

Wobei diese Rekonstruktion auf der Prämisse basieren würde, dass das Universum einen Anfang hat.

Die Religion freilich respektive die Mythologie. Wissenschaft ist nicht dafür konzipiert. Das hatten wir auch schon hier. Wissenschaft blendet Intuition aus, fokusiert Sensorik und Ratio, bedarf aber der Intuition um überhaupt prüfbare Hypothesen zu finden. Funny, right?

Früher war die Religion der Bremser im Erkenntnisforschritt. Heute ist es die Wissenschaft. Wie schon Aristoteles schrieb bleibt das Staunen oder Erstaunen auf der Strecke.

Zarathustra
05.05.2017, 16:29
Nein, der Zusatz ist nicht notwendig. Ansonsten bitte ich um Beweise, welche andere Methode ein abweichenden Ergebnis vorfand.


Traurig ist jedes Kind einmal und irgendwelche Werte findet fast ein jeder in seinem Leben, ob bewußt oder unbewußt. Selbst die Zielsetzung einer wertneutralen, wissenschaftlichen Weltbetrachtung ist ein Wert.

Jörn
05.05.2017, 16:37
Früher war die Religion der Bremser im Erkenntnisforschritt. Heute ist es die Wissenschaft.

Du meinst also, Religion führe zur Erkenntnis, und sogar mehr/besser als die Wissenschaft?

Wie kann es dann sein, dass sich die Gläubigen in kaum einer Erkenntnis einig sind? Wieso widersprechen sich die vielen Religionen in ihren angeblichen Erkenntnissen?

Mehr noch, wieso sind die meisten Gläubigen auf der Welt anderer Meinung als Du?

Für mich klingt es so, als würdest Du sagen, dass speziell Du zu einer besseren Erkenntnis fähig wärest als die Wissenschaft. Oder verstehe ich Dich falsch?

trithos
05.05.2017, 17:47
Du sagst, die Wissenschaft wäre nicht imstande, Antworten auf die großen Sinnfragen des "Warum, wieso und weshalb" zu geben.

Es ist reine Grammatik, die uns hier in die Irre führt. Die Grammatik suggeriert, als könne man auf eine ordentlich gestellte Frage auch eine ordentliche Antwort erwarten. "Wieso gibt es das Universum?" klingt nach einer ordentlichen Frage. Aber das täuscht.

Die Frage setzt einen Sinn bereits voraus und sucht lediglich danach, welcher Sinn es wohl sein möge. Aber vielleicht gibt es überhaupt keinen Sinn? Was bedeutet das Wort "Sinn" überhaupt? Ist es eine Kategorie, die im Universum existiert, so wie "Traurigkeit"? Ist es ein Kriterium, dem sich das Universum unterwirft? Kann das Universum unterscheiden zwischen sinnvoll und sinnlos? Trifft es überhaupt Entscheidungen?

Was wir tatsächlich vorfinden ist ein wertfreies Universum. Wohlgemerkt, nicht nur ein Universum, in dem der spezielle Wert der "Traurigkeit" nicht vorkommt, sondern ein Universum, in dem der Begriff "Wert" nicht vorkommt. Das ist der entscheidende Punkt.

Nun könnte man einwenden, dass wir eben noch nicht überall gesucht haben, oder dass unsere Messgeräte (oder unser Verstand) nicht ausreichend seien. Aber einen endgültigen "Sinn" können wir rein logisch ausschließen, ohne dafür eine Messung zu benötigen. Denn die Frage nach dem Sinn ist eine unendliche Regression. Egal, wie toll meine Antwort auf den Sinn auch ausfallen mag: Ich kann immer weiter fragen, ohne je an ein Ende zu kommen. Welchen Sinn hat Gott? Welchen Sinn hatte jener Sinn, der zu Gott führte? Und welchen Sinn hatte wiederum dieser Sinn?

Die Frage nach dem Sinn ist sinnlos.

Das ist eine frohe Botschaft! Denn stelle Dir vor, ein Wissenschaftler würde eines Tages den endgültigen Sinn entdecken, aber dieser Sinn wäre für Dich vielleicht entsetzlich.

Die Tatsache, dass Du Dir einen "Sinn" als etwas Schönes und Befriedigendes vorstellst, sollte Dich äußerst misstrauisch machen. Es ist ein Hinweis auf Wunschdenken.

Meiner Meinung nach irrst Du Dich mit dieser Sprach-Analyse. Die Frage nach dem warum enthält keineswegs implizit die Frage nach dem Sinn. Die Frage "warum?" bezieht sich zunächst ganz banal auf Ursache und Wirkung.

Wenn mich jemand fragt, warum mir ein Ast auf den Kopf gefallen ist, dann gibt es zahlreiche Antwortmöglichkeiten: weil der Ast morsch war, weil ein Windstoß den Ast abgebrochen hat, weil ich zufälligerweise unter dem Baum gestanden bin, usw.. Keine dieser Antworten stellt die Sinnfrage.

Wenn ich also frage: warum gibt es Raum und Zeit, wo doch vorher nichts war, dann frage ich nach der Ursache des Urknalls. Also: Warum gibt es das Universum? Warum hat sich die ursprüngliche Singularität in Materie, Zeit und Raum verwandelt? Bitte, liebe Wissenschaft, gib mir eine Antwort. Damit aus einer Spekulation, einer Theorie, einem Glauben ... eine wissenschaftliche Erklärung für den Beginn von Zeit und Raum wird.

Mit der Sinnfrage hat das aber noch gar nichts zu tun. Selbst wenn wir den Beginn des Universums einmal wissenschaftlich erklären können (wovon wir aber doch noch recht weit weg sind), könnte das Universum völlig sinnlos sein. Und vielleicht ist auch unsere persönliche Existenz völlig sinnlos. Schauen wir mal ...

Jörn
05.05.2017, 18:06
Meiner Meinung nach irrst Du Dich mit dieser Sprach-Analyse. Die Frage nach dem warum enthält keineswegs implizit die Frage nach dem Sinn. Die Frage "warum?" bezieht sich zunächst ganz banal auf Ursache und Wirkung.

Hallo trithos, was Du beschreibst ist der Unterschied zwischen "Warum" und "Wie".

"Warum" meint in meinem Posting den Sinn, der erfüllt werden soll, und dem etwas zustrebt.

"Wie" meint in meinem Posting die Kette von Ursache und Wirkung, also quasi eine "mechanische" Erklärung darüber, wie sich ein Zustand aus einem früheren Zustand ergeben hat.

Im alltäglichen Sprachgebrauch werden beide Begriffe synonym verwendet. Deutlicher wird es in der englischen Sprache, wo man "Why?" und "How?" verwendet. "Why?" fragt nach dem Sinn und impliziert, dass ein Sinn vorhanden ist. "How" fragt danach, wie eine Sache funktioniert.

"Warum gibt es Berge?" ist eine sinnlose Frage, die aus logischen Gründen keine Antwort haben kann (auch nicht in der Religion). Aber "Wie entstanden die Berge?" lässt sich klar beantworten.

Meistens meinen wir "Wie" wenn wir sagen "Warum". Beispiel: "Warum ist der Keilriemen gerissen?" meint eigentlich "Wie kam es ursächlich zustande?" und nicht "Was ist der kosmische Zweck des gerissenen Keilriemens?".

Wenn man diesen Unterschied nicht beachtet, dann entsteht ev. der Eindruck, dass die Warum-Frage genauso sinnvoll wäre (und auf die gleiche Weise gestellt werden kann) wie die Wie-Frage. Aus einer sprachlichen Gewohnheit wird hier eine rhetorische Falle, in die man gerne selber tappt.

Trimichi
05.05.2017, 18:08
Du meinst also, Religion führe zur Erkenntnis, und sogar mehr/besser als die Wissenschaft?

Wie kann es dann sein, dass sich die Gläubigen in kaum einer Erkenntnis einig sind? Wieso widersprechen sich die vielen Religionen in ihren angeblichen Erkenntnissen?

Mehr noch, wieso sind die meisten Gläubigen auf der Welt anderer Meinung als Du?

Für mich klingt es so, als würdest Du sagen, dass speziell Du zu einer besseren Erkenntnis fähig wärest als die Wissenschaft. Oder verstehe ich Dich falsch?

Ja.

Wie schon erwähnt, für mache ist Gott ein fliegendes Spaghettimonster, für andere ein alter Mann mit Bart.

Wissenschaftsgläubigkeit begrenzte meiner unmaßgeblichen Meinung nach mindestens genauso den Horizont als wie wenn man nur in der Bibel lesen würde. War im Mittelalter von Dogmatismus die Rede so hat man es heute mit Verwissenschaftlichung zu tun.

Jörn
05.05.2017, 18:24
Wissenschaftsgläubigkeit begrenzte meiner unmaßgeblichen Meinung nach mindestens genauso den Horizont als wie wenn man nur in der Bibel lesen würde. War im Mittelalter von Dogmatismus die Rede so hat man es heute mit Verwissenschaftlichung zu tun.

Gerade als es spannend wurde, war Dein Posting zu Ende. Der spannende Punkt ist doch, wie Deiner Meinung nach unterschieden werden kann zwischen den wahren und falschen Lehren der Bibel (oder der Wissenschaft).

Und falls Du eine Methode dafür hast: Wie überprüfst Du, dass Deine Methode korrekte Ergebnisse liefert?

Warum soll Deine Methode besser sein als die Methoden des Vatikans oder der Wissenschaft?

Für mich entsteht der Eindruck, dass Du lediglich Deiner eigenen Privatmeinung (auf die Du natürlich ein Recht hast) etwas mehr Glanz und Autorität verleihst, indem Du diese Meinung mit einem geheimen Wissen begründest, welches nur Dir persönlich zur Verfügung steht, und welches selbst auf Nachfrage im Dunkeln bleibt.

Vielleicht könntest Du Deine Methode mitteilen? :Blumen:


War im Mittelalter von Dogmatismus die Rede.

Hat sich das geändert? Meines Wissens wurde noch nie ein Dogma aufgehoben oder für ungültig erklärt, jedenfalls nicht von der römisch-katholischen Kirche.

Klugschnacker
05.05.2017, 18:40
Aus diesem Grunde ist es auch Widerspruch in sich, nach einem übernatürlichen Phänomen zu fragen. Könnte ich dir eins nennen, wäre es keins.

Warum? Die Bibel ist voller Wunder. Alle Nase lang geschehen Wunder, auch heutzutage. Als Beweis führe ich die Heiligsprechungen von Papst Johannes Paul II an. In seiner Amtszeit sprach er 483 Menschen heilig. Bei Kandidaten, die keine Märtyrer waren, wird bei der Heiligsprechung der Nachweis eines Wunders gefordert.

Das Verfahren der Heiligsprechung kostet ungefähr 250.000 Euro, vor allem durch die nötigen Gutachterkosten, denn das Wunder muss ja zweifelsfrei belegt sein. Diese Summe wird wird von der antragstellenden Gemeinde aufgebracht. Wikipedia nennt allein für das Jahr 1997 nicht weniger als 1.500 abgewickelte Verfahren, was zu einer Gesamtsumme von 375 Millionen Euro führt. Wohlgemerkt für ein Jahr.

Wie kommst Du angesichts dieser Ernsthaftigkeit zu der Aussage, ein Wunder, welches man klar benennen könne, sei keines? Und wie schaut es mit der Auferstehung Jesu von den Toten aus, gilt Deine Aussage auch für dieses Wunder?
:8/

Jörn
05.05.2017, 18:46
In seiner Amtszeit sprach er 483 Menschen heilig. Bei Kandidaten, die keine Märtyrer waren, wird bei der Heiligsprechung der Nachweis eines Wunders gefordert.

Das Verfahren der Heiligsprechung kostet ungefähr 250.000 Euro, vor allem durch die nötigen Gutachterkosten, denn das Wunder muss ja zweifelsfrei belegt sein. Diese Summe wird wird von der antragstellenden Gemeinde aufgebracht. Wikipedia nennt allein für das Jahr 1997 nicht weniger als 1.500 abgewickelte Verfahren, was zu einer Gesamtsumme von 375 Millionen Euro führt. Wohlgemerkt für ein Jahr.

Das ist ja wohl das Unglaublichste, was ich dieses Jahr gelesen habe (inklusive meines Steuerbescheids).

Trimichi
05.05.2017, 18:57
Gerade als es spannend wurde, war Dein Posting zu Ende. Der spannende Punkt ist doch, wie Deiner Meinung nach unterschieden werden kann zwischen den wahren und falschen Lehren der Bibel (oder der Wissenschaft).

Und falls Du eine Methode dafür hast: Wie überprüfst Du, dass Deine Methode korrekte Ergebnisse liefert?

Warum soll Deine Methode besser sein als die Methoden des Vatikans oder der Wissenschaft?

Für mich entsteht der Eindruck, dass Du lediglich Deiner eigenen Privatmeinung (auf die Du natürlich ein Recht hast) etwas mehr Glanz und Autorität verleihst, indem Du diese Meinung mit einem geheimen Wissen begründest, welches nur Dir persönlich zur Verfügung steht, und welches selbst auf Nachfrage im Dunkeln bleibt.

Vielleicht könntest Du Deine Methode mitteilen? :Blumen:




Hat sich das geändert? Meines Wissens wurde noch nie ein Dogma aufgehoben oder für ungültig erklärt, jedenfalls nicht von der römisch-katholischen Kirche.

Jörn, nur um das klarzustellen. Du unterstellst mir eine Methode. Jeder Mensch macht im Laufe seines Lebens Erfahrungen. Das ist ganz normal und muss keine Methode haben.

Die Bibel ist meiner Meinung nach kein Werk das man wissenschaftlich sezieren muss. Was stört dich daran, dass manche an die heilige Schrift glauben? Meiner Auffassung nach stehen dort viele gute Worte. Oder etwa nicht? Was willst du eigentlich? Natürlich sind manche Texte nicht mehr ganz zeitgemäß.

Die Kirche hat heutzutage weit weniger Macht als im Mittelalter. Man denke nur an die Inquisition. Wann wurde das letzte Mal ein Ketzer auf dem Scheiterhaufen verbrannt. Jacques de Molay im Jahre des Herrn 1314? Seit dem hat sich viel verändert.

Nach Jahrhunderten der Dogmatisierung schlägt meiner Privatmeinung nach heutzutage das Pendel in die andere Richtung aus indem eben zuviel der Wissenschaft gehuldigt und zu wenig der Religion nachgegangen wird.

Jörn
05.05.2017, 20:03
Die Bibel ist meiner Meinung nach kein Werk das man wissenschaftlich sezieren muss.

Warum nicht? Du müsstest doch ein Interesse daran haben, so viel wie möglich über die Bibel zu erfahren. Immerhin ist sie das Wort Gottes, des Schöpfers unseres Universums.

Ich habe eine Hypothese, warum Dir der Wahrheitsgehalt und die exakte Bedeutung der Bibel egal sind: Weil Du die Bibel nur benötigst, um Deine ohnehin vorhandenen Überzeugungen zu glorifizieren. Du liest jene Stellen, die Dir gefallen; und Du ignorierst jene Stellen, die Dich ins Wanken bringen würden. Dein Gott sagt aus diesem Grund scheinbar genau das, was Du ohnehin für richtig hältst. Im Grunde ist es eine Form von Selbstgerechtigkeit. Sorry, wenn ich so direkt bin; Du hattest mich gefragt.


Was stört dich daran, dass manche an die heilige Schrift glauben?

Mich stört daran, dass die Christen in fast allen Fällen nicht wissen, was überhaupt in der Bibel steht. Man kann logischerweise nicht an Inhalte glauben, die man nicht kennt. Die Gläubigen glauben nicht an die Bibel, sondern an die Kirchen. Und ich kann nichts Heiliges an den Kirchen erkennen. Ganz im Gegenteil sehe ich, wie schädlich die Kirchen gewirkt haben und noch heute wirken. Die Kirchen sind ein Ergebnis der Scharlatanerie. Das stört mich.


Meiner Auffassung nach stehen dort viele gute Worte. Oder etwa nicht?

Oder eben nicht. Die hübschen Verse machen nur einen geringen Teil aus, meist aus einem garstigen Zusammenhang gerissen, der geflissentlich in der Sonntagspredigt weggelassen wird. Der weitaus größte Teil ist eine wütende Aneinanderreihung von Abartigkeiten (und obendrein sterbenslangweilig).


Natürlich sind manche Texte nicht mehr ganz zeitgemäß.

Was ist der Maßstab dafür? Meine Hypothese ist, dass erneut Selbstgerechtigkeit ein großer Teil dieses Maßstabs ist. Was Dir in den Kram passt, ist gut und zeitgemäß. Was Dir nicht gefällt, ist schlecht und nicht mehr zeitgemäß. Ist das nicht eine Form der Selbst-Glorifizierung?

Wenn Gott wirklich der Urheber der Bibel wäre, dann würde er sicher ein Update herausbringen, sobald er es für angebracht hielte. Bist dahin ist die Bibel verbindlich. Woher nimmst Du also Deine Autorität, bestimmte Teile der Bibel außer Kraft zu setzen?


Nach Jahrhunderten der Dogmatisierung schlägt meiner Privatmeinung nach heutzutage das Pendel in die andere Richtung aus indem eben zuviel der Wissenschaft gehuldigt und zu wenig der Religion nachgegangen wird.

Was wäre ein Beispiel für dieses "Zuviel an Wissenschaft"? Und was wäre ein Beispiel für ein "Zuwenig an Religion"?

:Blumen:

trithos
05.05.2017, 20:16
Hallo trithos, was Du beschreibst ist der Unterschied zwischen "Warum" und "Wie".

"Warum" meint in meinem Posting den Sinn, der erfüllt werden soll, und dem etwas zustrebt.

"Wie" meint in meinem Posting die Kette von Ursache und Wirkung, also quasi eine "mechanische" Erklärung darüber, wie sich ein Zustand aus einem früheren Zustand ergeben hat.

Im alltäglichen Sprachgebrauch werden beide Begriffe synonym verwendet. Deutlicher wird es in der englischen Sprache, wo man "Why?" und "How?" verwendet. "Why?" fragt nach dem Sinn und impliziert, dass ein Sinn vorhanden ist. "How" fragt danach, wie eine Sache funktioniert.

"Warum gibt es Berge?" ist eine sinnlose Frage, die aus logischen Gründen keine Antwort haben kann (auch nicht in der Religion). Aber "Wie entstanden die Berge?" lässt sich klar beantworten.

Meistens meinen wir "Wie" wenn wir sagen "Warum". Beispiel: "Warum ist der Keilriemen gerissen?" meint eigentlich "Wie kam es ursächlich zustande?" und nicht "Was ist der kosmische Zweck des gerissenen Keilriemens?".

Wenn man diesen Unterschied nicht beachtet, dann entsteht ev. der Eindruck, dass die Warum-Frage genauso sinnvoll wäre (und auf die gleiche Weise gestellt werden kann) wie die Wie-Frage. Aus einer sprachlichen Gewohnheit wird hier eine rhetorische Falle, in die man gerne selber tappt.

Ich stimme Dir zu, dass Worte oft in unterschiedlichen Bedeutungen verwendet und wahrgenommen werden - eine sprudelnde Quelle von Missverständnissen und zudem natürlich eine (auch von mir gelegentlich gerne verwendete ;) ) herrliche Möglichkeit in Diskussionen, wenn man etwas absichtlich missverstehen wollte.

Allerdings finde ich schon, dass "warum" und "wie" andere Bedeutungen haben: warum fragt in erster Linie nach der Ursache, vielleicht manchmal auch nach dem Grund (was man dann als "Sinn" (miss)verstehen könnte.) Wie fragt nach den Umständen.

Also: Der Ast ist mir auf den Kopf gefallen, weil er morsch war (=warum?). Der Ast ist mir aus zehn Metern Höhe mit voller Wucht auf den Schädel geknallt (Wie?). Und die (wie Du schreibst sinnlose) Frage, warum es Berge gibt und nicht nur flaches Land, hat die Wissenschaft ja sogar schon beantwortet: z.B. wegen der Verschiebung der Kontinentalplatten.

"How I met your mother" bedeutet nicht nur im Englischen etwas anderes als "Why I met your mother". Auch wir würden nicht beides mit "Warum ich Deine Mutter kennenlernte" übersetzen ... :Cheese:

Jörn
05.05.2017, 20:36
Hallo trithos, der springende Punkt bei "Wie" und "Warum" ist, dass die Frage nur dann sinnvoll ist, wenn sie nach den kausalen Ursachen fragt, und nicht nach dem "Zweck".

In der Theologie und Philosophie ist das seit der Antike umstritten. Im Prinzip geht es darum, in welche "Richtung" man denken soll: Soll man vom Ereignis ausgehend in die Vergangenheit schauen, um die Ursache zu finden? Oder soll man vom Ereignis ausgehend in die Zukunft denken, um den Zweck (das Ziel) herauszufinden?


Wenn man von der Ursache her denkt, dann untersucht man die früher stattgefundenen Ereignisse, und damit ist die Angelegenheit erledigt. Beispielsweise erklärt sich ein Tsunami aus einem Untersee-Erdbeben.


Wenn man vom Zweck her denkt, dann untersucht (oder spekuliert) man über die Zukunft und warum es zum Erreichen dieser Zukunft notwendig war, dass das Ereignis auf diese Weise stattfand. Beispielsweise erklärt sich ein Tsunami in einer erzieherischen Maßnahme von Gott, die notwendig war für die Errichtung des kommenden Himmelreichs.


Das ist der Hintergrund bei der Unterscheidung von "Warum" und "Wie", egal welche Begriffe man nun verwenden mag. Denkt man kausal (zurück zu den Ursachen) oder teleologisch (einem zukünftigen Ziel zustrebend)?

Ein gutes Beispiel sind auch Krankheiten: Habe ich Durchfall aufgrund von Bakterien? Oder habe ich Durchfall, weil Gott mich auserwählt hat zur Erfüllung eines großen Plans?

Das "teleologische Argument" (Gott verfolgt einen Plan) läuft auf eine unendliche Regression hinaus, weil man bei jedem Zweck fragen kann, was der Zweck des Zwecks ist. Deswegen ist das teleologische Argument sinnlos (und mit ihr die Theologie, die darauf aufbaut).

Zarathustra
05.05.2017, 22:12
...
Das "teleologische Argument" (Gott verfolgt einen Plan) läuft auf eine unendliche Regression hinaus, weil man bei jedem Zweck fragen kann, was der Zweck des Zwecks ist. Deswegen ist das teleologische Argument sinnlos (und mit ihr die Theologie, die darauf aufbaut).

Wenn eine teleologische Erklärung durch die Gefahr einer unendlichen Regression sinnlos werden soll, warum dann nicht auch die Kausalerklärung?

MattF
06.05.2017, 01:21
Das Verfahren der Heiligsprechung kostet ungefähr 250.000 Euro, vor allem durch die nötigen Gutachterkosten, denn das Wunder muss ja zweifelsfrei belegt sein. Diese Summe wird wird von der antragstellenden Gemeinde aufgebracht.


Sind das wirkliche Kosten?

Ich vermute hier doch linke Tasche, rechte Tasche. Diese "Gutachter" sind doch sicher Priester die eh schon von der Kirche bezahlt werden.

Trimichi
06.05.2017, 08:46
Warum nicht? Du müsstest doch ein Interesse daran haben, so viel wie möglich über die Bibel zu erfahren. Immerhin ist sie das Wort Gottes, des Schöpfers unseres Universums.

Ich habe eine Hypothese, warum Dir der Wahrheitsgehalt und die exakte Bedeutung der Bibel egal sind: Weil Du die Bibel nur benötigst, um Deine ohnehin vorhandenen Überzeugungen zu glorifizieren. Du liest jene Stellen, die Dir gefallen; und Du ignorierst jene Stellen, die Dich ins Wanken bringen würden. Dein Gott sagt aus diesem Grund scheinbar genau das, was Du ohnehin für richtig hältst. Im Grunde ist es eine Form von Selbstgerechtigkeit. Sorry, wenn ich so direkt bin; Du hattest mich gefragt.




Mich stört daran, dass die Christen in fast allen Fällen nicht wissen, was überhaupt in der Bibel steht. Man kann logischerweise nicht an Inhalte glauben, die man nicht kennt. Die Gläubigen glauben nicht an die Bibel, sondern an die Kirchen. Und ich kann nichts Heiliges an den Kirchen erkennen. Ganz im Gegenteil sehe ich, wie schädlich die Kirchen gewirkt haben und noch heute wirken. Die Kirchen sind ein Ergebnis der Scharlatanerie. Das stört mich.




Oder eben nicht. Die hübschen Verse machen nur einen geringen Teil aus, meist aus einem garstigen Zusammenhang gerissen, der geflissentlich in der Sonntagspredigt weggelassen wird. Der weitaus größte Teil ist eine wütende Aneinanderreihung von Abartigkeiten (und obendrein sterbenslangweilig).




Was ist der Maßstab dafür? Meine Hypothese ist, dass erneut Selbstgerechtigkeit ein großer Teil dieses Maßstabs ist. Was Dir in den Kram passt, ist gut und zeitgemäß. Was Dir nicht gefällt, ist schlecht und nicht mehr zeitgemäß. Ist das nicht eine Form der Selbst-Glorifizierung?

Wenn Gott wirklich der Urheber der Bibel wäre, dann würde er sicher ein Update herausbringen, sobald er es für angebracht hielte. Bist dahin ist die Bibel verbindlich. Woher nimmst Du also Deine Autorität, bestimmte Teile der Bibel außer Kraft zu setzen?




Was wäre ein Beispiel für dieses "Zuviel an Wissenschaft"? Und was wäre ein Beispiel für ein "Zuwenig an Religion"?

:Blumen:

Lieber Jörn,

wir kennen uns nicht. Aber schon wieder arbeitest du mit Unterstellungen mir gegenüber die kaum Kraft haben und es wäre müßig darauf einzugehen, sinnlos zudem überdies, da keine Compliance bei dir zu erkennen ist.

So wünsche ich dir ein schönes Wochenende.
Gruss Trimichi

Jörn
06.05.2017, 10:07
Lieber Trimichi,

Du hast mir in Deinem vorigen Posting zahlreiche Fragen gestellt, und ich habe diese Fragen in meinem Posting beantwortet (und auch einige Mühe darauf verwendet). Jetzt schreibst Du, es "wäre müßig, darauf einzugehen" und wünscht mir lapidar ein schönes Wochenende.

Bitte nimm zur Kenntnis, dass ich diese Art der Debattenführung unhöflich finde. Wenn Du auf meinen Quatsch nicht eingehen willst, dann stelle mir nicht zuvor einen Haufen Fragen.

waden
06.05.2017, 10:18
Sind das wirkliche Kosten?

Ich vermute hier doch linke Tasche, rechte Tasche. Diese "Gutachter" sind doch sicher Priester die eh schon von der Kirche bezahlt werden.

Die Taschen müssen erstmal gefüllt werden. Das Geld kommt ja nicht von irgendwo her. Und es steht auf diese Weise nicht für sinnvolle (z.B. karitative) Zwecke zur Verfügung.

(http://www.spiegel.de/politik/deutschland/spardebatte-staat-zahlt-442-millionen-euro-fuer-kirchengehaelter-a-699422.html: , Zahlen von 2009: "In Bayern flossen dafür allein im vergangenen Jahr 65 Millionen Euro vom Freistaat an die katholische Kirche, hinzu kamen 21 Millionen für die evangelischen Kollegen. Auch Baden-Württemberg zeigte sich gegenüber den Geistlichen großzügig: Je 49 Millionen zahlte das Land 2009 an die katholische und die evangelische Kirche.

Im protestantischen Norden fallen die Zahlungen etwas geringer aus, sind aber trotzdem beeindruckend: Die evangelische Kirche erhielt vom Land Niedersachsen 30 Millionen Euro, die Katholiken 7,6 Millionen Euro.

Insgesamt zahlte Deutschland im Jahr 2009 mehr als 442 Millionen Euro für kirchliche Personalkosten." )

Jörn
06.05.2017, 10:31
Ich würde die Kosten für die Heiligsprechungen als Investitionen betrachten, genauso wie man in eine seltene Reliquie investiert, die dann Pilger und Touristen aus der ganzen Welt anziehen soll.

Die römische Zentrale sagt: "Ihr bekommt den Profit, also tragt Ihr auch die Kosten".

Ausflüge zu solchen Reliquien oder Heiligen-Gräbern sind unter Katholiken beliebt. Auf katholischen Webseiten findet man eine Menge Reise-Angebote. Ohne die Reliquien wären diese Orte völlig uninteressant. Ich denke schon, dass sich das lohnt.

Klugschnacker
06.05.2017, 10:43
Schöne Grüße aus der wundervollen Kathedrale von Palma, Mallorca. Eintritt 7 Euro, aber es lohnt sich jedes Mal.

Jörn
06.05.2017, 11:28
Wow! Allerbeste Grüße nach Mallorca!

keko#
06.05.2017, 22:10
Warum? Die Bibel ist voller Wunder. Alle Nase lang geschehen Wunder, auch heutzutage. Als Beweis führe ich die Heiligsprechungen von Papst Johannes Paul II an. In seiner Amtszeit sprach er 483 Menschen heilig. Bei Kandidaten, die keine Märtyrer waren, wird bei der Heiligsprechung der Nachweis eines Wunders gefordert.

Das Verfahren der Heiligsprechung kostet ungefähr 250.000 Euro, vor allem durch die nötigen Gutachterkosten, denn das Wunder muss ja zweifelsfrei belegt sein. Diese Summe wird wird von der antragstellenden Gemeinde aufgebracht. Wikipedia nennt allein für das Jahr 1997 nicht weniger als 1.500 abgewickelte Verfahren, was zu einer Gesamtsumme von 375 Millionen Euro führt. Wohlgemerkt für ein Jahr.

Wie kommst Du angesichts dieser Ernsthaftigkeit zu der Aussage, ein Wunder, welches man klar benennen könne, sei keines? Und wie schaut es mit der Auferstehung Jesu von den Toten aus, gilt Deine Aussage auch für dieses Wunder?
:8/

Find ich gut angelegtes Geld. Dafür zahl ich gern meine Krichensteuter ;)

Ach je, dein Nick ist halt manchmal Programm :Cheese:

keko#
06.05.2017, 22:45
Wenn Gott wirklich der Urheber der Bibel wäre, dann würde er sicher ein Update herausbringen, sobald er es für angebracht hielte. Bist dahin ist die Bibel verbindlich. Woher nimmst Du also Deine Autorität, bestimmte Teile der Bibel außer Kraft zu setzen?

Ich bin nicht gefragt, aber ich kann doch an das glauben, was ich will. Wenn mein Glaube ein Mix aus 20% katholischem Glauben, 50% Islam und 30% Voodoo ist, dann ist das einfach so. Gar nichts ist für mich verbindlich. Ich warte auch nicht auf ein Update. Bestimmte Teile aus der Bibel finde ich gut, andere nicht. Ja und?! Als Kind hatte ich einen anderen Glauben als jetzt. Ist doch völlig legitim.

LidlRacer
06.05.2017, 23:00
Ich bin nicht gefragt, aber ich kann doch an das glauben, was ich will. Wenn mein Glaube ein Mix aus 20% katholischem Glauben, 50% Islam und 30% Voodoo ist, dann ist das einfach so. Gar nichts ist für mich verbindlich. Ich warte auch nicht auf ein Update. Bestimmte Teile aus der Bibel finde ich gut, andere nicht. Ja und?! Als Kind hatte ich einen anderen Glauben als jetzt. Ist doch völlig legitim.

Kannst Du natürlich so machen, es erscheint mir nur völlig sinnlos.
Was bringt das, wenn jeder einfach nach Gutdünken irgendwas unterschiedliches glaubt? Da sich all diese Individualglauben widersprechen, ist doch offensichtlich, dass dann (fast) alle etwas falsches glauben.
Na ja, eigentlich ist das ja schon mit den vielen verschiedenen (inkl. den vergangenen) Religionen nicht viel anders.

Jörn
06.05.2017, 23:43
Steht der private Glaube zur Diskussion? Nein.

Zur Diskussion steht die Behauptung, dass die Inhalte des Glaubens wahr wären. Und bezogen auf das Christentum, dass die Inhalte der Bibel wahr wären, und dass die Verkündigungen der Kirchen wahr wären. All dies kann man untersuchen, und es ist legitim, auf Fehler hinzuweisen.

Nur mit dieser Wahrheits-Behauptung begründen die Kirchen ihre Autorität und ihre Privilegien. Die Gläubigen können sich also nicht darauf zurückziehen, es sei alles rein privat und völlig beliebig. Der private Glaube ist überhaupt nicht von Interesse.

Der ganze Klimbim mit den Wundern und Heiligsprechungen ist krimineller Betrug, der sich an die allgemeine Öffentlichkeit richtet. Es ist keineswegs privat. Warum wird das nicht von der Staatsanwaltschaft untersucht, wie jeder ander Betrug? Die Gläubigen müssten die Ersten sein, die daran ein Interesse haben.

Trimichi
07.05.2017, 09:27
Lieber Trimichi,

Du hast mir in Deinem vorigen Posting zahlreiche Fragen gestellt, und ich habe diese Fragen in meinem Posting beantwortet (und auch einige Mühe darauf verwendet). Jetzt schreibst Du, es "wäre müßig, darauf einzugehen" und wünscht mir lapidar ein schönes Wochenende.

Bitte nimm zur Kenntnis, dass ich diese Art der Debattenführung unhöflich finde. Wenn Du auf meinen Quatsch nicht eingehen willst, dann stelle mir nicht zuvor einen Haufen Fragen.

Obacht Junge!

Ich bin auf Lidlracer eingegangen. Darauf hin hattest du mich mit Unterstellungen traktiert und mir einen Haufen Fragen gestellt.

Dein Posting jetzt beweist, dass du schon wieder mit Unterstellungen arbeitest. So kann man nicht diskutieren.

Führe deine Selbstgespräche künfig mit anderen.

Und vergiß nicht heute in die Kirche zu gehen:cool:

Klugschnacker
07.05.2017, 10:56
Obacht Junge! ... Führe deine Selbstgespräche künfig mit anderen.

Bitte wieder etwas höflicher.
:Blumen:

captainbeefheart
07.05.2017, 14:52
Obacht Junge!

Ich bin auf Lidlracer eingegangen. Darauf hin hattest du mich mit Unterstellungen traktiert und mir einen Haufen Fragen gestellt.

Dein Posting jetzt beweist, dass du schon wieder mit Unterstellungen arbeitest. So kann man nicht diskutieren.

Führe deine Selbstgespräche künfig mit anderen.

Und vergiß nicht heute in die Kirche zu gehen:cool:

Was genau ist hier unhöflich?

MattF
07.05.2017, 15:51
Steht der private Glaube zur Diskussion? Nein.

Zur Diskussion steht die Behauptung, dass die Inhalte des Glaubens wahr wären. Und bezogen auf das Christentum, dass die Inhalte der Bibel wahr wären, und dass die Verkündigungen der Kirchen wahr wären. All dies kann man untersuchen, und es ist legitim, auf Fehler hinzuweisen.


Welche Version ist denn angeblich wahr?

Die in den ersten Jahrhunderten nach Christi entstanden ist oder die deutsche Einheitsübersetzung von 19XY?

Ich kann mir eigentlich nicht vorstellen, dass es tatsächlich einen Mensch gibt, der behauptet, in der Bibel wäre jedes Wort wahr.
Für was gibt es dann Bibelforschung?

Dazu widersprechen sich ja auch z.b. die Evangelien.
Und die katholische und evangelische Kirche und die orthodoxe widersprechen sich.

Wenn müssten wir erstmal festlegen über was wir reden.

Jörn
07.05.2017, 16:44
Ich kann mir eigentlich nicht vorstellen, dass es tatsächlich einen Mensch gibt, der behauptet, in der Bibel wäre jedes Wort wahr.

Der Vatikan gibt darüber präzise Auskunft (http://www.vatican.va/archive/hist_councils/ii_vatican_council/documents/vat-ii_const_19651118_dei-verbum_ge.html), ob wirklich JEDES Wort in der Bibel wahr (also ohne Irrtum) wäre:

11. Das von Gott Geoffenbarte, das in der Heiligen Schrift enthalten ist und vorliegt, ist unter dem Anhauch des Heiligen Geistes aufgezeichnet worden; denn aufgrund apostolischen Glaubens gelten unserer heiligen Mutter, der Kirche, die Bücher des Alten wie des Neuen Testamentes in ihrer Ganzheit mit allen ihren Teilen als heilig und kanonisch, weil sie, unter der Einwirkung des Heiligen Geistes geschrieben (vgl. Joh 20,31; 2 Tim 3,16; 2 Petr 1,19-21; 3,15-16), Gott zum Urheber haben und als solche der Kirche übergeben sind (1). Zur Abfassung der Heiligen Bücher hat Gott Menschen erwählt, die ihm durch den Gebrauch ihrer eigenen Fähigkeiten und Kräfte dazu dienen sollten (2), all das und nur das, was er - in ihnen und durch sie wirksam (3) - geschrieben haben wollte, als echte Verfasser schriftlich zu überliefern (4).

Da also alles, was die inspirierten Verfasser oder Hagiographen aussagen, als vom Heiligen Geist ausgesagt zu gelten hat, ist von den Büchern der Schrift zu bekennen, daß sie sicher, getreu und ohne Irrtum die Wahrheit lehren, die Gott um unseres Heiles willen in heiligen Schriften aufgezeichnet haben wollte (5)

Also: Die Bibel enthält keine Irrtümer und lehrt die Wahrheit.

qbz
07.05.2017, 19:02
Soweit wie ich es verstehe, verwende(te)n die Menschen unterschiedliche Wahrheitsbegriffe. Der Vatikan versteht mit der "Wahrheit der Offenbarung in der Bibel" bestimmt nicht den naturwissenschaftlichen Wahrheitsbegriff von Jörn und Arne, sondern entweder eine ontologische Wahrheit oder eine transzendentale Wahrheit.

Wer sich damit beschäftigen möchte, findet hier einen sehr anspruchsvollen Essay auf der Website des Perlentauchers zum Thema: Religion-Wahrheit-und-Gewalt (https://www.perlentaucher.de/essay/religion-wahrheit-und-gewalt.html) .

"Der Vorteil der transzendentalen Wahrheit ist, dass sie nicht empirisch überprüfbar ist; ihre Schwäche ist, dass sie sich in einer empirisch überprüfbaren Welt keine Geltung verschaffen kann."

Der Essay gehört zu einer interessanten (Streit)-Debatte: Monotheismus und Gewalt (https://www.perlentaucher.de/essay/monotheismus-debatte-im-perlentaucher.html)

Zarathustra
07.05.2017, 22:57
Soweit wie ich es verstehe, verwende(te)n die Menschen unterschiedliche Wahrheitsbegriffe. Der Vatikan versteht mit der "Wahrheit der Offenbarung in der Bibel" bestimmt nicht den naturwissenschaftlichen Wahrheitsbegriff von Jörn und Arne, sondern entweder eine ontologische Wahrheit oder eine transzendentale Wahrheit.
...[/URL]


So sehe ich das auch. Mein vorheriger Versuch auf unterschiedliche Verwendungsweisen von Begriffen hinzuweisen, stieß ja bei den Vatikankritikern auf keine Gegenliebe.

Danke für den link! Der erste Blick sagt: tatsächlich anspruchsvoll, und interessant...

anlot
08.05.2017, 00:19
Soweit wie ich es verstehe, verwende(te)n die Menschen unterschiedliche Wahrheitsbegriffe. Der Vatikan versteht mit der "Wahrheit der Offenbarung in der Bibel" bestimmt nicht den naturwissenschaftlichen Wahrheitsbegriff von Jörn und Arne, sondern entweder eine ontologische Wahrheit oder eine transzendentale Wahrheit.

Wer sich damit beschäftigen möchte, findet hier einen sehr anspruchsvollen Essay auf der Website des Perlentauchers zum Thema: Religion-Wahrheit-und-Gewalt (https://www.perlentaucher.de/essay/religion-wahrheit-und-gewalt.html) .

"Der Vorteil der transzendentalen Wahrheit ist, dass sie nicht empirisch überprüfbar ist; ihre Schwäche ist, dass sie sich in einer empirisch überprüfbaren Welt keine Geltung verschaffen kann."

Der Essay gehört zu einer interessanten (Streit)-Debatte: Monotheismus und Gewalt (https://www.perlentaucher.de/essay/monotheismus-debatte-im-perlentaucher.html)


Da kann man nur noch mit dem Kopf schütteln. Wieder einmal ein prägendes Beispiel dafür wie sich die Kirche wegduckt, wenn's konkret wird. Jedesmal diese Ausflüchte, das es natürlich ganz anders gemeint war und eine ganz andere Bedeutung hat.

Sorry wenn ich so deutlich werden muss, aber das ist zum k.....!

Eine Relegion soll für ein gesamtes Volk sein und ist selbst nicht in der Lage mal klar Farbe zu bekennen und interpretiert jede Aussage selbst solange neu, bis auch der letzte im Bemühen nach klaren und verbindlichen Aussagen, das Handtuch wirft. Und da wundert sich tatsächlich noch jemand, das die Akzeptanz schwindet???

Ach und die da immer so super gescheit und verschwurbelt daher reden, möchte ich gerne einladen meiner 9 jährigen Tochter den Unterschied von ihrer Wahrheit und der Wahrheit der Kirche zu erklären. Viel Spaß.

Jörn
08.05.2017, 00:22
Ist das nicht ein bisschen sehr bequem? Dass man einfach umdefiniert, was der Begriff "Wahrheit" meint? Und zwar so, dass einem das Ergebnis am besten in den Kram passt?

Von mir aus können sich die Kirchen und Gläubigen gerne auf solche Sperenzchen verlegen. Das Ergebnis wird sein, dass immer weniger Leute zuhören. Die Leute wissen nämlich sehr gut, was mit dem Begriff "Wahrheit" gemeint ist, und sie brauchen keine klerikale Lehrstunde, die nur dazu dient, den Leuten ein X für ein U vorzumachen.

Ist Jesus der Sohn Gottes? Diese Frage muss mit Ja oder Nein beantwortet werden, ohne zuerst einen langatmigen Exkurs über den Wahrheitsbegriff vom Stapel zu lassen. Hat es ihn gegeben, ja oder nein? Die reine Tatsache ändert sich ja nicht, nur weil jemand die Begriffe umdefiniert. Entweder ist er mit einem Esel durch Jerusalem geritten oder nicht.

Die Idee, die Bibel zu einem sprachlichen Mysterium aufzublasen, finde ich weit hergeholt. Die Fragen, denen sich die Bibel widmet, sind sehr simpel. Es geht dort um einfache Regeln für Opfergaben (https://www.bibleserver.com/text/LUT/3.Mose1), Zuständigkeiten, oder die Schlichtung alltäglicher Streitfragen. (https://www.bibleserver.com/text/LUT/2.Mose21%2C18) Die Sprache ist einfach. Es ist überhaupt nicht nötig, sich zu überlegen, ob "420 Schafe" womöglich zu verstehen sind als "überhaupt keine Schafe"; oder ob der Aufruf zum Krieg in Wahrheit eine Mahnung zum Frieden darstellt.

Lediglich der Wunsch mancher Leute, aus der Bibel irgendwelche privaten Thesen herauszulesen, die überhaupt nicht drinstehen, führen zu dem Wunsch, die Texte so lange umzudeuten, bis das Gewünschte herauskommt. Ich finde das nicht überzeugend.

Edit: Ich sehe gerade, dass anlot ein ähnliches Posting veröffentlicht hat, während ich an meinem schrieb.

captainbeefheart
08.05.2017, 07:11
So sehe ich das auch. Mein vorheriger Versuch auf unterschiedliche Verwendungsweisen von Begriffen hinzuweisen, stieß ja bei den Vatikankritikern auf keine Gegenliebe.

Danke für den link! Der erste Blick sagt: tatsächlich anspruchsvoll, und interessant...

Ist auch meine Perspektive. Danke qbz für den wirklich sehr anspruchsvollen Artikel.

keko#
08.05.2017, 07:46
Kannst Du natürlich so machen, es erscheint mir nur völlig sinnlos.
Was bringt das, wenn jeder einfach nach Gutdünken irgendwas unterschiedliches glaubt? Da sich all diese Individualglauben widersprechen, ist doch offensichtlich, dass dann (fast) alle etwas falsches glauben.
Na ja, eigentlich ist das ja schon mit den vielen verschiedenen (inkl. den vergangenen) Religionen nicht viel anders.

Ich stell mir nicht die Frage, welcher Glaube mir etwas bringt. Ich bin halbwegs katholisch erzogen, aber von dieser Basis aus schaue ich mich hier und da um. Es ist doch völlig normal, dass man sich beim ersten Mal, wenn man z.B. von der Auferstehung hört, sich fragt, wie das überhaupt gehen soll. Dazu muss ich nicht 50 Jahre alt sein und in einem Triathlonforum auf die physikalische Unmöglichkeit hingewiesen werden. ;) Ob ich dabei mit anderen Religionen und deren "Vorschriften" in Konflikt komme, ist mir ziemlich egal. Ich bin auf der Suche und werden wohl auch suchend bleiben. ;)

qbz
08.05.2017, 07:50
.......
Lediglich der Wunsch mancher Leute, aus der Bibel irgendwelche privaten Thesen herauszulesen, die überhaupt nicht drinstehen, führen zu dem Wunsch, die Texte so lange umzudeuten, bis das Gewünschte herauskommt. Ich finde das nicht überzeugend.

Edit: Ich sehe gerade, dass anlot ein ähnliches Posting veröffentlicht hat, während ich an meinem schrieb.

Wahr ist, dass Du von naturwissenschaftlicher Wahrheitsfeststellung schreibst und die Kirche kritisierst, weil der Vatikan a) ebenfalls diesen Anspruch habe b) diesen Anspruch nicht erfülle. Die Kritik zu b) teile ich, die Kirche erfüllt nicht den Anspruch an naturwissenschaftlicher Wahrheit. Sie erhebt explizit aber auch nicht (mehr) einen solchen, wie Du immer wieder unterstellst. Da Du diese Wahrheit ;) nicht akzeptierst, wiederholt sich die Debatte an diesem Punkt ständig. Für mich die letzte Wiederholung, weil ich schon xfach darauf hinwies, es schliesst sich aus, einen empirischen Gottesbeweis zu verlangen, wo die Kirche Gott ausserhalb des erfahrbaren Universums verortet.

Diese Definitionen haben auch mit "Privatglaube" wenig zu tun, es handelt sich um offizielle Lehrmeinungen im Vatikan, die Du inbezug auf den Wahrheitsbegriff falsch rezipierst und interpretierst.
"Der aktuelle Papst Franziskus[74] und sein Vorgänger, Papst Benedikt XVI.[75], beschrieben Wahrheit als Beziehung der Menschen zu Gott, über die jedoch niemand absolut verfügt, sondern die im Rahmen eines Weges immer neu erschlossen werden muss." (= transzendentale Wahrheit).
https://de.wikipedia.org/wiki/Wahrheit#Christliche_Theologie

Selbstverständlich bedeutet das auch Rückzug der Kirche auf ihren Kern, den Glauben.

MattF
08.05.2017, 10:03
Eine Relegion soll für ein gesamtes Volk sein

Wieso?

Klugschnacker
08.05.2017, 11:03
Für mich die letzte Wiederholung, weil ich schon xfach darauf hinwies, es schliesst sich aus, einen empirischen Gottesbeweis zu verlangen, wo die Kirche Gott ausserhalb des erfahrbaren Universums verortet.

Ach so, das wusste ich nicht. Gott liegt aus Sicht der Kirche außerhalb des erfahrbaren Universums?

Das würde bedeuten, dass Gott keinerlei Auswirkungen auf die Welt haben kann. Denn diese Auswirkungen auf die Welt wären prinzipiell erfahrbar, selbst wenn Gott selbst nicht erfahrbar wäre.

Angenommen, ich postulierte als Physiker die Existenz einer neuartigen Kraft. Sie durchdringt angeblich das gesamte Universum, hat jedoch keinerlei Auswirkungen. Sie ist prinzipiell unsichtbar und bewirkt nichts. Man würde mir vorhalten: Wenn sie nichts bewirkt, ist sie auch keine Kraft.

Wie ist das mit einem Gott, der per Definition auf keine Weise erfahrbar ist, da er "außerhalb des erfahrbaren Universums" liege? Ein Gott, der keinerlei Auswirkungen auf die Welt haben kann? Mir erscheint diese Theologie als eine neue Fassung des Märchens "Des Kaisers neue Kleider".

Ein Gott, der keinerlei Auswirkungen auf die Welt hat und haben kann, macht für mich vieles plausibel. Zum Beispiel, warum Tiere in einer Welt von unvorstellbarer Grausamkeit leben müssen (sie fressen sich gegenseitig bei lebendigem Leibe), oder warum Hitler drei Attentate überlebte, oder warum die Ureinwohner Amerikas von Seuchen dahingerafft wurden, als die Weißen kamen und ihr Land stahlen. Warum essen kleine gelbe Würmer die Augäpfel von ungeborenen Babys im Mutterleib? Die Antwort ist ein Gott, der keinerlei Auswirkungen auf die Welt hat und haben kann.

Fragt sich nur, warum man ihn anbetet.
:8/

Klugschnacker
08.05.2017, 11:20
Soweit wie ich es verstehe, verwende(te)n die Menschen unterschiedliche Wahrheitsbegriffe. Der Vatikan versteht mit der "Wahrheit der Offenbarung in der Bibel" bestimmt nicht den naturwissenschaftlichen Wahrheitsbegriff von Jörn und Arne, sondern entweder eine ontologische Wahrheit oder eine transzendentale Wahrheit.

Was unterscheidet denn eine "transzendentale Wahrheit" von einem spontanen Einfall meiner Nachbarin? Die Frage ist ernst gemeint.
:Blumen:

Zarathustra
08.05.2017, 11:54
...
Das würde bedeuten, dass Gott keinerlei Auswirkungen auf die Welt haben kann.
...
Wenn sie nichts bewirkt, ist sie auch keine Kraft.
...
:8/

Soviel stimmt: Gott ist keine Kraft im Sinne der modernen Physik.

qbz
08.05.2017, 11:58
Ach so, das wusste ich nicht. Gott liegt aus Sicht der Kirche außerhalb des erfahrbaren Universums?

Das würde bedeuten, dass Gott keinerlei Auswirkungen auf die Welt haben kann.


Gott als Schöpfer "unseres" Universums existiert für die Kirche ausserhalb dieses Universums, vorher und nachher. Wie wirkt er in die Welt? Indem er seinen Sohn als Menschen in die Welt sandte sowie durch die Apostel und Kirchen als menschliche Stellvertreter Gottes, im Christentum.


Denn diese Auswirkungen auf die Welt wären prinzipiell erfahrbar, selbst wenn Gott selbst nicht erfahrbar wäre.


Wie willst Du bestimmte Phänomene innerhalb unseres Universums mit welchen ausserhalb in Zusammenhang bringen bzw. damit erklären. Unmöglich. Das akzeptiert der Vatikan heute, nämlich dass es keine naturwissenschaftlichen Gottesbeweise geben kann, und gründet die Lehre deswegen auf den Glauben an die Offenbarung und auf transzendentale Wahrheit. (siehe Ratzinger)


Angenommen, ich postulierte als Physiker die Existenz einer neuartigen Kraft. Sie durchdringt angeblich das gesamte Universum, hat jedoch keinerlei Auswirkungen. Sie ist prinzipiell unsichtbar und bewirkt nichts. Man würde mir vorhalten: Wenn sie nichts bewirkt, ist sie auch keine Kraft.

Wie ist das mit einem Gott, der per Definition auf keine Weise erfahrbar ist, da er "außerhalb des erfahrbaren Universums" liege? Ein Gott, der keinerlei Auswirkungen auf die Welt haben kann? Mir erscheint diese Theologie als eine neue Fassung des Märchens "Des Kaisers neue Kleider".


Die Kirchen glauben an diese Kleider und die gläubigen Menschen sehen sie halt.


Ein Gott, der keinerlei Auswirkungen auf die Welt hat und haben kann, macht für mich vieles plausibel. Zum Beispiel, warum Tiere in einer Welt von unvorstellbarer Grausamkeit leben müssen (sie fressen sich gegenseitig bei lebendigem Leibe), oder warum Hitler drei Attentate überlebte, oder warum die Ureinwohner Amerikas von Seuchen dahingerafft wurden, als die Weißen kamen und ihr Land stahlen. Warum essen kleine gelbe Würmer die Augäpfel von ungeborenen Babys im Mutterleib? Die Antwort ist ein Gott, der keinerlei Auswirkungen auf die Welt hat und haben kann.

Fragt sich nur, warum man ihn anbetet.
:8/

Die spannendste Frage für mich .....

keko#
08.05.2017, 11:59
"Wie kann ein Mensch, der zum Spaß in Fahrstühle furzt, kleine Kinder von Tieren isst und mordend mit Flugzeugen in Hochhäuser fliegt, eigentlich überhaupt eine Vorstellung von einem vollkommenen Wesen haben?"

Zarathustra
08.05.2017, 12:00
Was unterscheidet denn eine "transzendentale Wahrheit" von einem spontanen Einfall meiner Nachbarin? Die Frage ist ernst gemeint.
:Blumen:

Die Frage ist zu abstrakt, solange nicht mehr über den spontanen Einfall bekannt ist.

qbz
08.05.2017, 12:23
Was unterscheidet denn eine "transzendentale Wahrheit" von einem spontanen Einfall meiner Nachbarin? Die Frage ist ernst gemeint.
:Blumen:

Gelänge es Deiner Nachbarin, den Vatikan (oder andere) zu überzeugen, dass es sich um eine göttliche Eingebung handelt, würde daraus "transzendentale Wahrheit".

anlot
08.05.2017, 13:16
Wahr ist, dass Du von naturwissenschaftlicher Wahrheitsfeststellung schreibst und die Kirche kritisierst, weil der Vatikan a) ebenfalls diesen Anspruch habe b) diesen Anspruch nicht erfülle. Die Kritik zu b) teile ich, die Kirche erfüllt nicht den Anspruch an naturwissenschaftlicher Wahrheit. Sie erhebt explizit aber auch nicht (mehr) einen solchen, wie Du immer wieder unterstellst. Da Du diese Wahrheit ;) nicht akzeptierst, wiederholt sich die Debatte an diesem Punkt ständig. Für mich die letzte Wiederholung, weil ich schon xfach darauf hinwies, es schliesst sich aus, einen empirischen Gottesbeweis zu verlangen, wo die Kirche Gott ausserhalb des erfahrbaren Universums verortet.

Diese Definitionen haben auch mit "Privatglaube" wenig zu tun, es handelt sich um offizielle Lehrmeinungen im Vatikan, die Du inbezug auf den Wahrheitsbegriff falsch rezipierst und interpretierst.
"Der aktuelle Papst Franziskus[74] und sein Vorgänger, Papst Benedikt XVI.[75], beschrieben Wahrheit als Beziehung der Menschen zu Gott, über die jedoch niemand absolut verfügt, sondern die im Rahmen eines Weges immer neu erschlossen werden muss." (= transzendentale Wahrheit).
https://de.wikipedia.org/wiki/Wahrheit#Christliche_Theologie

Selbstverständlich bedeutet das auch Rückzug der Kirche auf ihren Kern, den Glauben.

"alternative Fakten "?! Das hatte ich doch vor kurzem schon mal irgendwo gehört. 🤔

Einfach lächerlich, sorry.

anlot
08.05.2017, 13:17
Wieso?

Sorry, es fehlte das Wort "verständlich ".

anlot
08.05.2017, 13:26
Ach so, das wusste ich nicht. Gott liegt aus Sicht der Kirche außerhalb des erfahrbaren Universums?

Das würde bedeuten, dass Gott keinerlei Auswirkungen auf die Welt haben kann. Denn diese Auswirkungen auf die Welt wären prinzipiell erfahrbar, selbst wenn Gott selbst nicht erfahrbar wäre.

Angenommen, ich postulierte als Physiker die Existenz einer neuartigen Kraft. Sie durchdringt angeblich das gesamte Universum, hat jedoch keinerlei Auswirkungen. Sie ist prinzipiell unsichtbar und bewirkt nichts. Man würde mir vorhalten: Wenn sie nichts bewirkt, ist sie auch keine Kraft.

Wie ist das mit einem Gott, der per Definition auf keine Weise erfahrbar ist, da er "außerhalb des erfahrbaren Universums" liege? Ein Gott, der keinerlei Auswirkungen auf die Welt haben kann? Mir erscheint diese Theologie als eine neue Fassung des Märchens "Des Kaisers neue Kleider".

Ein Gott, der keinerlei Auswirkungen auf die Welt hat und haben kann, macht für mich vieles plausibel. Zum Beispiel, warum Tiere in einer Welt von unvorstellbarer Grausamkeit leben müssen (sie fressen sich gegenseitig bei lebendigem Leibe), oder warum Hitler drei Attentate überlebte, oder warum die Ureinwohner Amerikas von Seuchen dahingerafft wurden, als die Weißen kamen und ihr Land stahlen. Warum essen kleine gelbe Würmer die Augäpfel von ungeborenen Babys im Mutterleib? Die Antwort ist ein Gott, der keinerlei Auswirkungen auf die Welt hat und haben kann.

Fragt sich nur, warum man ihn anbetet.
:8/


👍 du triffst die Sache auf den Punkt.

Und wem die Beispiele von Arne noch zu weit weg sind: warum erlaubt Euer "Gott" jedes Jahr über 4.000 Kindesmisshandlungen, die zum großen Teil durch die eigenen Eltern vorgenommen werden? Oder schaut er nur zu weil er machtlos ist? Oder interessiert es ihn garnicht? In allen möglichen Fällen, möchte ich an einen solchen "Herrn" nicht glauben. Ich müsste mich sonst dafür schämen.

Wie erwachsene und mündige Menschen, dennoch ihr Leben danach ausrichten und teilweise bestimmen lassen, wird für mich wohl immer ein Rätsel bleiben.

captainbeefheart
08.05.2017, 13:51
"alternative Fakten "?! Das hatte ich doch vor kurzem schon mal irgendwo gehört. 🤔

Einfach lächerlich, sorry.

Nun ja, es gibt durchaus nachvollziehbare Argumente, dass eine "einzige", "objektive" "Wahrheit" im Sinne einer "Übereinstimmung mit der Wirklichkeit" deshalb schwierig ist, weil die Wirklichkeit eben subjektiv bzw. im jeweiligen System konstruiert ist (Konstruktivismus). Subjektive Wahrnehmung in Kombination mit ebenso subjektiver Gedächtnisleitung kann nie zu 100% mit der Realität übereinstimmen. Das ist nicht lächerlich, sondern "Realität" in unserer Gesellschaft - und vor allem auch hier in dieser Diskussion :-)

Zarathustra
08.05.2017, 14:09
"alternative Fakten "?! Das hatte ich doch vor kurzem schon mal irgendwo gehört. 🤔

Einfach lächerlich, sorry.

Der Beitrag steht exemplarisch für einen allg. Mangel dieser ganzen Diskussion: Es wird von Einigen hier nicht hinreichend unterschieden zw. der Bemühung um eine faktische Beschreibung (z.B. wie Begriffe in religiösem Kontext verwendet werden) einerseits und andererseits der eigenen Bewertung des Beschriebenen.

Wer diese Unterscheidung nicht leistet, der ist dem so gering geachteten religiösen Standpunkt der Form nach näher als er es sich wohl wünschen würde.

keko#
08.05.2017, 14:12
👍 du triffst die Sache auf den Punkt.

Und wem die Beispiele von Arne noch zu weit weg sind: warum erlaubt Euer "Gott" jedes Jahr über 4.000 Kindesmisshandlungen, die zum großen Teil durch die eigenen Eltern vorgenommen werden? Oder schaut er nur zu weil er machtlos ist? Oder interessiert es ihn garnicht? In allen möglichen Fällen, möchte ich an einen solchen "Herrn" nicht glauben. Ich müsste mich sonst dafür schämen.

Uralte Frage der Menschheit. Hatten wir hier auch schon mal und kommt regelmässig wieder ;)

waden
08.05.2017, 14:54
Der Beitrag steht exemplarisch für einen allg. Mangel dieser ganzen Diskussion: Es wird von Einigen hier nicht hinreichend unterschieden zw. der Bemühung um eine faktische Beschreibung (z.B. wie Begriffe in religiösem Kontext verwendet werden) einerseits und andererseits der eigenen Bewertung des Beschriebenen.

Wer diese Unterscheidung nicht leistet, der ist dem so gering geachteten religiösen Standpunkt der Form nach näher als er es sich wohl wünschen würde.

Das ist schon ein interessanter Punkt. Auf mich hat es aber den Eindruck, dass sich die Theologie bewusst einer Art Geheimsprache oder man könnte auch sagen spezieller Fachsprache bedient, um sich hier mit gefühltem Hoheitswissen lästige Nachfragen bei Seite zu halten. Früher sprachen die „Halbgötter in Weiß“ auch ihr bevorzugtes Spezial-Latein, damit der mündige Patient keine lästigen Fragen stellt und weiß, wo "oben und unten" ist.

Mithilfe dieser Spezialsprache wird ein Modell der Welt gezeichnet, das sich aus Sicht der Theologen kohärent zeigt. Gleichzeitig wird der naturwissenschaftlichen Sicht vorgehalten, dass sie ja auch nur ein anderes Modell der Welt entwerfe, weil jede Beschreibung der Welt nur modellhaft sein könne.

Spannend wird es, wenn die Kirchen in die für uns naturwissenschaftlich erfahrbare Welt eindringen und Handlungsanweisungen oder Leseanweisungen erteilen ala „die Evolutionslehre im Lichte des Glaubens erfasst“. In der Welt von Telekommunikation, Hochleistungsmedizin, Astronomie fällt es schwer, die Deutungshoheit zu behaupten. Darum wird die theologisch erfassbare Welt begrifflich abgegrenzt.

qbz
08.05.2017, 15:14
"alternative Fakten "?! Das hatte ich doch vor kurzem schon mal irgendwo gehört. ��

Einfach lächerlich, sorry.

Du brauchst Dich bei mir nicht zu entschuldigen, ;) . Ich gab als jemand, der sich seit seiner Jugend als Atheist bezeichnet, wieder, wie der Vatikan heute die Wahrheit seiner Lehre begründet.

Man kann IMHO halt nur verstehen, weshalb die christlichen Kirchen weltweit immer noch Milliarden Anhänger haben, wenn man sich einerseits mit den heutigen Grundgedanken der Lehre auf Basis der Selbstsicht der Kirche beschäftigt und andererseits sich bemüht, in gläubige Christen einzufühlen. (Empathie).

Jörn
08.05.2017, 15:35
Modelle und Definitionen kann man in beliebiger Menge produzieren. Ebenso den Hinweis, dass alle Erklärungen innerhalb dieses Modells stimmig wären. Oder den Hinweis, dass sich mein feines Modell jeder Bewertung durch ein anderes Modell entzieht.

Ich könnte beispielsweise einfach mal aus Spaß auf einen Bierdeckel schreiben: "Gott ist die Wahrheit", um dann zu sehen, wie alle vernünftigen Erklärungsversuche daran abprallen. Vielleicht mache ich damit Karriere! Ich könnte ein dickes Buch schreiben, um zu verschleiern, dass dieser Satz überhaupt keinen brauchbaren Inhalt hat, und dass mein Modell nichts anderes beschreibt als sich selbst. Es beschreibt weder Gott noch die Wahrheit. Aber das merken die Leute nicht so schnell.

Oder ich könnte einfach mal sagen: "Irgendwas ist die Wahrheit". Und wenn mich jemand fragt, was mit "Irgendwas" gemeint sei, dann antworte ich schnell, dass dies "die transzedentale Transzendenz transzendiert und unergründlicherweise die unergründliche Unergründsamkeit" darstellt. Danach mache ich mich aus dem Staub.

Und wenn mich jemand fragt, ob es wirklich wahr ist, dann antworte ich: "Das steht doch da, Du Dummkopf, kannst Du nicht lesen? Da steht: Es ist die Wahrheit. Also?"

Und wenn jemand entgegnet: "Aber das hast Du doch selber da hingeschrieben!", dann sage ich schnell, dass meine Gedanken vom Heiligen Geist durchweht waren, als ich es schrieb.

Jörn
08.05.2017, 15:53
Man kann IMHO halt nur verstehen, weshalb die christlichen Kirchen weltweit immer noch Milliarden Anhänger haben, wenn man sich einerseits mit den heutigen Grundgedanken der Lehre auf Basis der Selbstsicht der Kirche beschäftigt und andererseits sich bemüht, in gläubige Christen einzufühlen. (Empathie).

Die "Lehre der Kirchen" ist überhaupt nicht der Grund, warum Menschen daran glauben. Denn die meisten Gläubigen wissen überhaupt nicht, was die Lehre der Kirchen ist.

Bis vor kurzem wurde sogar die Sonntags-Messe in lateinischer Sprache gehalten.

Wenn es wirklich um die Inhalte ginge, dann würden die religiösen Überzeugungen nicht abrupt an den Landesgrenzen wechseln.

anlot
08.05.2017, 16:09
Das ist schon ein interessanter Punkt. Auf mich hat es aber den Eindruck, dass sich die Theologie bewusst einer Art Geheimsprache oder man könnte auch sagen spezieller Fachsprache bedient, um sich hier mit gefühltem Hoheitswissen lästige Nachfragen bei Seite zu halten. Früher sprachen die „Halbgötter in Weiß“ auch ihr bevorzugtes Spezial-Latein, damit der mündige Patient keine lästigen Fragen stellt und weiß, wo "oben und unten" ist.

Mithilfe dieser Spezialsprache wird ein Modell der Welt gezeichnet, das sich aus Sicht der Theologen kohärent zeigt. Gleichzeitig wird der naturwissenschaftlichen Sicht vorgehalten, dass sie ja auch nur ein anderes Modell der Welt entwerfe, weil jede Beschreibung der Welt nur modellhaft sein könne.

Spannend wird es, wenn die Kirchen in die für uns naturwissenschaftlich erfahrbare Welt eindringen und Handlungsanweisungen oder Leseanweisungen erteilen ala „die Evolutionslehre im Lichte des Glaubens erfasst“. In der Welt von Telekommunikation, Hochleistungsmedizin, Astronomie fällt es schwer, die Deutungshoheit zu behaupten. Darum wird die theologisch erfassbare Welt begrifflich abgegrenzt.


Vielen Dank. Ich finde es unglaublich auf welch hohen Ross einige hier unterwegs zu sein glauben. Diese verklausulieren solange jede Antwort bis keiner mehr nachfragt.

In der Kommunikationlehre gibt es übrigens eine sehr einfache Regel: Der Empfänger macht die Botschaft! Vielleicht mal drüber nachdenken. Aber ich befürchte, das das einigen hier zu banal und nachvollziehbar ist.

tandem65
08.05.2017, 16:14
Bis vor kurzem wurde sogar die Sonntags-Messe in lateinischer Sprache gehalten.

Das kann ich so nicht bestätigen. Es sei denn Du denkst in Göttlichen Dimensionen, dann stimmt es natürlich;)

Jörn
08.05.2017, 16:16
Das kann ich so nicht bestätigen. Es sei denn Du denkst in Göttlichen Dimensionen, dann stimmt es natürlich;)

So beschlossen auf dem Zweiten Vatikanischen Konzil, 1962-1965.

anlot
08.05.2017, 16:18
Nun ja, es gibt durchaus nachvollziehbare Argumente, dass eine "einzige", "objektive" "Wahrheit" im Sinne einer "Übereinstimmung mit der Wirklichkeit" deshalb schwierig ist, weil die Wirklichkeit eben subjektiv bzw. im jeweiligen System konstruiert ist (Konstruktivismus). Subjektive Wahrnehmung in Kombination mit ebenso subjektiver Gedächtnisleitung kann nie zu 100% mit der Realität übereinstimmen. Das ist nicht lächerlich, sondern "Realität" in unserer Gesellschaft - und vor allem auch hier in dieser Diskussion :-)

Jetzt mach doch nicht aus jeder noch so simplen Fragestellung eine Doktorarbeit. Das ist es was ich mit wegducken meine.
Aber demnach stellt man am besten keine Fragen mehr und jeder bastelt sich seine eigene Wahrheit und Wirklichkeit. Viel Spaß dabei.
Das sowas heute noch funktioniert. Unglaublich!

anlot
08.05.2017, 16:22
Modelle und Definitionen kann man in beliebiger Menge produzieren. Ebenso den Hinweis, dass alle Erklärungen innerhalb dieses Modells stimmig wären. Oder den Hinweis, dass sich mein feines Modell jeder Bewertung durch ein anderes Modell entzieht.

Ich könnte beispielsweise einfach mal aus Spaß auf einen Bierdeckel schreiben: "Gott ist die Wahrheit", um dann zu sehen, wie alle vernünftigen Erklärungsversuche daran abprallen. Vielleicht mache ich damit Karriere! Ich könnte ein dickes Buch schreiben, um zu verschleiern, dass dieser Satz überhaupt keinen brauchbaren Inhalt hat, und dass mein Modell nichts anderes beschreibt als sich selbst. Es beschreibt weder Gott noch die Wahrheit. Aber das merken die Leute nicht so schnell.

Oder ich könnte einfach mal sagen: "Irgendwas ist die Wahrheit". Und wenn mich jemand fragt, was mit "Irgendwas" gemeint sei, dann antworte ich schnell, dass dies "die transzedentale Transzendenz transzendiert und unergründlicherweise die unergründliche Unergründsamkeit" darstellt. Danach mache ich mich aus dem Staub.

Und wenn mich jemand fragt, ob es wirklich wahr ist, dann antworte ich: "Das steht doch da, Du Dummkopf, kannst Du nicht lesen? Da steht: Es ist die Wahrheit. Also?"

Und wenn jemand entgegnet: "Aber das hast Du doch selber da hingeschrieben!", dann sage ich schnell, dass meine Gedanken vom Heiligen Geist durchweht waren, als ich es schrieb.

😂😂👏👏. Das Ganze ähnelt sowieso eher einer kabarettistischen Aufführung, als einer ernst zunehmenden Religion.

Ps: sag Bescheid wenn Dein Programm bühnenreif ist, ich komme garantiert. Herrlich. 👍

Jörn
08.05.2017, 16:27
Nun ja, es gibt durchaus nachvollziehbare Argumente, dass eine "einzige", "objektive" "Wahrheit" im Sinne einer "Übereinstimmung mit der Wirklichkeit" deshalb schwierig ist, weil die Wirklichkeit eben subjektiv bzw. im jeweiligen System konstruiert ist (Konstruktivismus). Subjektive Wahrnehmung in Kombination mit ebenso subjektiver Gedächtnisleitung kann nie zu 100% mit der Realität übereinstimmen. Das ist nicht lächerlich, sondern "Realität" in unserer Gesellschaft - und vor allem auch hier in dieser Diskussion :-)

Inwiefern betrifft Deine Überlegung folgende Fragestellung:

"Jesus ritt mit einem Esel durch Jerusalem".

Ich würde behaupten, dass es in diesem Fall tatsächlich nur (Zitat) eine "einzige", "objektive" "Wahrheit" im Sinne einer "Übereinstimmung mit der Wirklichkeit" (Zitat Ende) gibt. Entweder er ritt auf dem Esel, oder er ritt nicht.

Es geht ja nicht um die Frage, ob ich eine rote Rose exakt so rot sehe, wie Du sie rot siehst. Daran brauchen wir uns nicht aufzuhalten.

tandem65
08.05.2017, 16:40
So beschlossen auf dem Zweiten Vatikanischen Konzil, 1962-1965.

1. Was hat das für Konsequenzen für protestantische Liturgien?
2. Wo/Wann wurden Sonntagsmessen in lateinischer Sprache gehalten?

trithos
08.05.2017, 16:45
Vielen Dank. Ich finde es unglaublich auf welch hohen Ross einige hier unterwegs zu sein glauben. Diese verklausulieren solange jede Antwort bis keiner mehr nachfragt.

In der Kommunikationlehre gibt es übrigens eine sehr einfache Regel: Der Empfänger macht die Botschaft! Vielleicht mal drüber nachdenken. Aber ich befürchte, das das einigen hier zu banal und nachvollziehbar ist.

Ich fürchte, Du wirst mich jetzt auch unter die arroganten Reiter hoher Rösser einordnen, aber die Regel der Kommunikationswissenschaft lautet: Kommunikation entsteht beim Empfänger. Das ist nicht das selbe wie Deine Formulierung, wonach der Empfänger die Botschaft mache.

Der Empfänger kann gar keine Botschaft machen, weil er sie empfängt. Er kann sie nur verstehen (=so wie sie der Sender gemeint hat) oder missverstehen. Es geht darum, wie Kommunikation gelingt oder misslingt. Und da ist weder der Sender schuld (im Sinne von: das hast Du falsch gesagt!) noch der Empfänger (Das hast Du falsch verstanden!).

Dass wir hier in dieser schon sehr langen und ausführlichen Diskussion konsequent aneinander vorbeireden (ich interpretiere das als misslungene Kommunikation), liegt auch daran, dass das Thema eben nicht so banal (oder schwarz-weiß) ist, wie sich manche das wünschen. Ein komplexes Thema erfordert auch komplexe Sprache und manchmal muss man über Argumente zu komplexen Themen auch ein bisschen nachdenken, um zu verstehen, wie sie gemeint sind. Vielleicht mal darüber nachdenken?

qbz
08.05.2017, 16:51
Die "Lehre der Kirchen" ist überhaupt nicht der Grund, warum Menschen daran glauben. Denn die meisten Gläubigen wissen überhaupt nicht, was die Lehre der Kirchen ist.

Bis vor kurzem wurde sogar die Sonntags-Messe in lateinischer Sprache gehalten.

Wenn es wirklich um die Inhalte ginge, dann würden die religiösen Überzeugungen nicht abrupt an den Landesgrenzen wechseln.

Die praktizierenden Gläubigen kennen IMHO schon einige Säulen ihrer Religion. Veränderungen an den Lehrinhalten entstanden doch aus Unzufriedenheit von gläubigen Bürgern und Priestern (z.B. die Reformation).
Man sieht, ob man sich in einem evangelischen oder katholischen Gotteshaus oder einer Moschee befindet und die Architektur spiegelt die Auffassung der Kirchen in der Zeitgeschichte :Lachen2: , welche die Gläubigen beeinflusste.

Was ist Deiner Ansicht nach der Grund, weshalb soviele Menschen an Gott und ein Jenseits glauben? (Bitte jetzt nicht mit "die Eltern" antworten, ;) ;) )

captainbeefheart
08.05.2017, 17:11
Ach und die da immer so super gescheit und verschwurbelt daher reden, möchte ich gerne einladen meiner 9 jährigen Tochter den Unterschied von ihrer Wahrheit und der Wahrheit der Kirche zu erklären. Viel Spaß.

Ist das eine rhetorische Frage, oder erwartest Du eine Antwort?

Klugschnacker
08.05.2017, 17:15
Wie willst Du bestimmte Phänomene innerhalb unseres Universums mit welchen ausserhalb in Zusammenhang bringen bzw. damit erklären. Unmöglich. Das akzeptiert der Vatikan heute, nämlich dass es keine naturwissenschaftlichen Gottesbeweise geben kann, und gründet die Lehre deswegen auf den Glauben an die Offenbarung und auf transzendentale Wahrheit. (siehe Ratzinger)

Warum sollten naturwissenschaftliche Gottesbeweise prinzipiell unmöglich sein?

Nehmen wir einmal fiktiv an, künftige Generationen könnten das Turiner Grabtuch genauer untersuchen als wir. Nehmen wir weiter an, es würden dabei Spuren der DNA des Jesus von Nazareth gefunden. Dabei würde sich zeigen, dass er zwar der biologische Nachkomme von Maria war, aber keinerlei DNA besaß, die auf einen männlichen Vorfahren hinweist. Das würde die These stützen, dass Jesus keinen menschlichen Vater hatte.

Die Menschen betreiben erst seit zehn oder fünfzehn Generationen ernstzunehmende Wissenschaft. Vielleicht gelingt es den Menschen in 100 Jahren, Kontakt mit außerirdischen Zivilisationen aufzunehmen, die seit einer Million Generationen Wissenschaft betreiben, und die uns auf einem Bierdeckel erklären können, wie das Universum entstanden ist, warum es Bewusstsein enthält und so weiter.

Ich finde es auf merkwürdige Weise vorschnell vom Vatikan, dass er eine wissenschaftliche Auseinandersetzung mit "Gott" per se für unmöglich erklärt. Selbstverständlich ist die Entstehung und Existenz der Welt in allen Details eine wissenschaftliche Frage. Wissenschaftler bohren sich beharrlich von allen Seiten in diese Fragen hinein, und haben dabei alle Zeit der Welt. Ein Alptraum für den Klerus?

Jörn
08.05.2017, 17:17
Die praktizierenden Gläubigen kennen IMHO schon einige Säulen ihrer Religion. Veränderungen an den Lehrinhalten entstanden doch aus Unzufriedenheit von gläubigen Bürgern und Priestern (z.B. die Reformation).

Die Reformation wurde angestoßen durch einen Teil des Klerus (am bekanntesten ist natürlich Luther), nicht der Gläubigen.

Die Gläubigen haben die Reformation nur deswegen unterstützt, weil es erstens ein Aufstand war gegen die Feudal-Herrschaft der Kirchenfürsten. Und zweitens, weil sie zwangsweise die Religion des Landesvaters übernahmen. Deutschland war ja ein Flickenteppich aus kleinen Grafschaften und Fürstentümern. Es war eine Gelegenheit der Grafen und Fürsten, das Kartenspiel neu zu mischen und sich eine bessere Position zu verschaffen.

Die Gläubigen haben sich der Reformation also keineswegs aufgrund von Inhalten angeschlossen. Denn die Inhalte kannten sie nicht. Es war vor der Reformation verboten, die Bibel in die Landessprache zu übersetzen. Deswegen gab es die Bibel nur in lateinischer Schrift. Auch die Messen wurden in lateinischer Sprache abgehalten, wobei der Priester mit dem Rücken zur Gemeinde stand. Die Gemeinde hat der Zeremonie lediglich beigewohnt, war aber nicht Adressat und nicht Teilnehmer.

An beiden Umständen (Bibel und Messe) kann man gut erkennen, dass es nicht die Inhalte gewesen sein können, welche die Gläubigen in die Kirchen trieb.

Martin Luther hat die erste Bibel in deutscher Sprache verfasst -- eine ungeheuerliche Anmaßung. Darauf stand die Todesstrafe per Scheiterhaufen. Diese Strafe wurde auch einige Male angewendet, als andere Menschen sich erdreisteten, eine Übersetzung anzufertigen. Ich wiederhole es, damit man nicht so schnell darüber hinweg liest: Die römisch-katholische Kirche hat Menschen verbrannt, weil diese die Bibel in ihre Sprache übersetzt hatten.

Wenn die Leute wüssten, was die Kirchen wirklich lehren, und an was für einen Unfug der Klerus wirklich glaubt, würden sie sofort aus der Kirche austreten. Die kirchlichen Inhalte sind ganz sicher nicht der Grund, warum die Menschen gläubig sind.


Was ist Deiner Ansicht nach der Grund, weshalb soviele Menschen an Gott und ein Jenseits glauben? (Bitte jetzt nicht mit "die Eltern" antworten, ;) ;) )

Die Eltern und die allgemeine Kultur spielen vermutlich die größte Rolle. Die meisten Gläubigen übernehmen die Religion der Eltern, und zwar weltweit. Diesen Umstand kann nicht einfach vom Tisch wischen.

Es ist auch mangelnde wissenschaftliche Bildung und/oder mangelndes Interesse an der Wahrheit; vor allem, wenn der Aberglaube gewisse Annehmlichkeiten bietet.

Eine sehr große Rolle spielt meiner Meinung nach die Scharlatanerie. Das ist nach meiner Beobachtung eine viel bessere Erklärung als die Theologie.

captainbeefheart
08.05.2017, 17:18
Inwiefern betrifft Deine Überlegung folgende Fragestellung:

"Jesus ritt mit einem Esel durch Jerusalem".

Ich würde behaupten, dass es in diesem Fall tatsächlich nur (Zitat) eine "einzige", "objektive" "Wahrheit" im Sinne einer "Übereinstimmung mit der Wirklichkeit" (Zitat Ende) gibt. Entweder er ritt auf dem Esel, oder er ritt nicht.

Es geht ja nicht um die Frage, ob ich eine rote Rose exakt so rot sehe, wie Du sie rot siehst. Daran brauchen wir uns nicht aufzuhalten.

Ich kann nicht beurteilen, was das für Dich bedeutet.

Für mich hat das in etwa dieselbe Bedeutung, wie bei den Lucky Luke Heften, als er am Schluss immer der Sonne entgegen ritt :-)

qbz
08.05.2017, 17:45
Warum sollten naturwissenschaftliche Gottesbeweise prinzipiell unmöglich sein?

Nehmen wir einmal fiktiv an, künftige Generationen könnten das Turiner Grabtuch genauer untersuchen als wir. Nehmen wir weiter an, es würden dabei Spuren der DNA des Jesus von Nazareth gefunden. Dabei würde sich zeigen, dass er zwar der biologische Nachkomme von Maria war, aber keinerlei DNA besaß, die auf einen männlichen Vorfahren hinweist. Das würde die These stützen, dass Jesus keinen menschlichen Vater hatte.


Ja, ich stelle mir auch vor, wie Wissenschaftler Jesus von Nazareth anhand der DNA klonen und ihn auffordern, über Wasser zu gehen, Wasser in Wein zu verwandeln, tödlich Erkrankte zu heilen. Die Reproduzierbarkeit von Experimenten gehört schliesslich zum wissenschaftlichen Standard der Wahrheitsprüfung. :cool: .

Nur würde keiner, schon gar nicht der Papst, einen Cent darauf wetten, dass die DNA des Jesus von Nazareth keine Gene eines männlichen Vorfahren enthält. :Lachen2:


Die Menschen betreiben erst seit zehn oder fünfzehn Generationen ernstzunehmende Wissenschaft. Vielleicht gelingt es den Menschen in 100 Jahren, Kontakt mit außerirdischen Zivilisationen aufzunehmen, die seit einer Million Generationen Wissenschaft betreiben, und die uns auf einem Bierdeckel erklären können, wie das Universum entstanden ist, warum es Bewusstsein enthält und so weiter.

Ich finde es auf merkwürdige Weise vorschnell vom Vatikan, dass er eine wissenschaftliche Auseinandersetzung mit "Gott" per se für unmöglich erklärt. Selbstverständlich ist die Entstehung und Existenz der Welt in allen Details eine wissenschaftliche Frage. Wissenschaftler bohren sich beharrlich von allen Seiten in diese Fragen hinein, und haben dabei alle Zeit der Welt. Ein Alptraum für den Klerus?

Keine Ahnung .., der Klerus scheint mir darin erfolgreich erprobt, Alpträume solcher Art zu verarbeiten, im Gebet zu Gott und mit Gotteshilfe.

Jörn
08.05.2017, 17:51
Wie willst Du bestimmte Phänomene innerhalb unseres Universums mit welchen ausserhalb in Zusammenhang bringen bzw. damit erklären. Unmöglich.

Es ist nur deshalb unmöglich, weil die angebotenen Erklärungen unsinnig sind.

Du schreibst, man könne "bestimmte Phänomene" innerhalb und außerhalb des Universums nicht in Zusammenhang bringen. Was sind das für Phänomene? Welche Eigenschaften haben sie? Gibt es die überhaupt?

Denn bislang wurde lediglich behauptet, es gäbe irgendwelche Phänomene außerhalb des Universums. Es wurde lediglich behauptet, deren Eigenschaften wären auf eine bestimmte Weise beschaffen, sodass sie nicht mit bekannten Dingen in Einklang zu bringen wären.

Der Klerus behauptet, dass die Wissenschaft auf dem Holzweg sei, weil die Wissenschaft nicht die religiösen (nur behaupteten) Phänomene erklären würde. Dabei verhält es sich genau umgekehrt: Die Religion ist auf dem Holzweg, weil sie in Widerspruch steht zu allen tatsächlich gemachten Beobachtungen.

Es ist nicht zutreffend, dass man per se keine Aussagen über bestimmte Phänomene treffen könnte. Sondern die Phänomene sind nicht vorhanden. Das ist der Punkt.

captainbeefheart
08.05.2017, 18:04
Es ist nur deshalb unmöglich, weil die angebotenen Erklärungen unsinnig sind.

Du schreibst, man könne "bestimmte Phänomene" innerhalb und außerhalb des Universums nicht in Zusammenhang bringen. Was sind das für Phänomene? Welche Eigenschaften haben sie? Gibt es die überhaupt?

Denn bislang wurde lediglich behauptet, es gäbe irgendwelche Phänomene außerhalb des Universums. Es wurde lediglich behauptet, deren Eigenschaften wären auf eine bestimmte Weise beschaffen, sodass sie nicht mit bekannten Dingen in Einklang zu bringen wären.

Der Klerus behauptet, dass die Wissenschaft auf dem Holzweg sei, weil die Wissenschaft nicht die religiösen (nur behaupteten) Phänomene erklären würde. Dabei verhält es sich genau umgekehrt: Die Religion ist auf dem Holzweg, weil sie in Widerspruch steht zu allen tatsächlich gemachten Beobachtungen.

Es ist nicht zutreffend, dass man per se keine Aussagen über bestimmte Phänomene treffen könnte. Sondern die Phänomene sind nicht vorhanden. Das ist der Punkt.

Wenn es im Wissenschaftssystem noch eines Beweises bedurfte, dass wir entlang weitgehend geschlossener Systeme kommunizieren, ist er erbracht. Ich bin gespannt, ob qbz und Jörn sich, trotz dem x-ten Verweis von qbz, nicht doch noch zu einer nächsten Runde aufmachen.

Jörn
08.05.2017, 18:14
Wenn es im Wissenschaftssystem noch eines Beweises bedurfte, dass wir entlang weitgehend geschlossener Systeme kommunizieren, ist er erbracht. Ich bin gespannt, ob qbz und Jörn sich, trotz dem x-ten Verweis von qbz, nicht doch noch zu einer nächsten Runde aufmachen.

Was fehlt ist der Beweis, dass eins dieser geschlossenen Systeme überhaupt existiert.

Eigentlich finde ich das recht ärgerlich. Da wird einerseits behauptet, es handele sich um eine unerreichbare, unverstehbare Dimension (die Begriffe werden ja nach gusto ausgetauscht). Und andererseits werden uns konkrete Schlussfolgerungen und Gebote präsentiert, die sich daraus ergeben würden.

Beispielsweise gibt der bekannte Theologe Eberhard Jüngel (29 Jahre lang Mitglied der Synode der Evangelischen Kirche in Deutschland) über die Eigenschaften von Gott präzise Auskunft:

Woher kommt Gott? Und wenn er "von woher" kommt: Wohin geht er dann? Zu wem geht er?

Jüngel:"Gott kommt von Gott, Gott kommt zu Gott, Gott kommt als Gott." (...) "Als Gott der Vater ist Gott der Ursprung seiner selber." Gott tritt aber "aus diesem Ursprung sich selbst so gegenüber, dass er sich selbst Partner ist" -- im Sohn.

Wohin geht Gott?

Jüngel: "Gott ist sich auch Ziel. Gott kommt zwar von Gott. Gerade so kommt er aber auch zu sich selbst, kommt Gott zu Gott." (...) "Er ist sich selbst Ziel, weil er sich selber Ursprung ist."

Sind dann Ursprung und Ziel das gleiche?

Jüngel: "Doch als Ziel ist er von sich selber als Ursprung unterschieden. Er kommt wirklich zu sich selbst."

Aus dem Buch: Gott als Geheimnis der Welt, Eberhard Jüngel.

Jörn
08.05.2017, 18:46
Und Rochus Leonhardt (Professor für Systematische Theologie) bringt endlich Klarheit in das Durcheinander, wer wen gezeugt oder angehaucht hat, und wer von wem gezeugt oder angehaucht wurde:

"Allein der Vater zeugt. Allein der Vater und der Sohn haucht. Weder zeugt der Sohn noch haucht der Heilige Geist."

Der Vater kann also zeugen und hauchen. Der Sohn wurde gezeugt, zeugt aber nicht selbst. Jedoch haucht er. Und der Heilige Geist zeugt ebenfalls nicht, wurde auch nicht gezeugt, und er haucht auch nicht.

Ich spreche sicherlich für uns alle, wenn ich mein Glück darüber ausdrücke, dass hier endlich Klarheit herrscht.

Diese Thesen stehen allerdings im Widerspruch zu vielen anderen Lehren, die überzeugend darlegen, dass der Heilige Geist durchaus haucht. Beispielsweise wurde die Jungfrau Maria durch den Anhauch des Heiligen Geistes schwanger.

Papst Johannes Paul II. war überzeugt, die Autoren der Bibel seien vom Anhauch des Heiligen Geistes "durchweht" gewesen. Folglich können wir feststellen, dass der Heilige Geist nicht nur haucht, sondern auch weht. Gott hingegen haucht nur, er weht nicht.

Kardinal und Papst Ratzinger informiert uns, dass die Begattung von Maria zweifelsfrei und ohne Irrtum nur durch das Ohr stattgefunden haben könne; alle anderen Körperöffnungen kämen nicht infrage.

Das sind erstaunlich detaillierte Informationen, wenn man bedenkt, dass wir es hier mit einer für uns unerreichbaren Dimension zu tun haben.

Zarathustra
08.05.2017, 19:08
Das ist schon ein interessanter Punkt. Auf mich hat es aber den Eindruck, dass sich die Theologie bewusst einer Art Geheimsprache oder man könnte auch sagen spezieller Fachsprache bedient, um sich hier mit gefühltem Hoheitswissen lästige Nachfragen bei Seite zu halten. ...

Da ist natürlich etwas daran. Man könnte der Theologie durchaus vorwerfen, daß sie sich wenig darum kümmert sich an den heute geläufigen Sprachgebrauch anzupassen und dadurch zu Mißverständnissen einlädt. Allerdings ist ihr Sprachgebrauch insofern zu entschuldigen als er zur Zeit seiner Entstehung der auch außerhalb der Religion vorherrschenden Sprache, u.a. auch der Philosophie, entnommen und somit der ursprünglichere ist. Der Umstand, daß mit dem Aufkommen der neuzeitlichen Wissenschaften viele Begriffe einfach umgedeutet bzw. verengt wurden, ist nicht einseitig der Religion zur Last zu legen.

Zarathustra
08.05.2017, 19:13
...

Beispielsweise gibt der bekannte Theologe Eberhard Jüngel (29 Jahre lang Mitglied der Synode der Evangelischen Kirche in Deutschland) über die Eigenschaften von Gott präzise Auskunft:
...



Hältst Du diese ganzen Formulierungen wirklich für präzise und klar in ihrer Bedeutung? Das erstaunt mich, angesichts der ins Auge springenden Metaphorik.

Jörn
08.05.2017, 19:18
Hältst Du diese ganzen Formulierungen wirklich für präzise und klar in ihrer Bedeutung? Das erstaunt mich, angesichts der ins Auge springenden Metaphorik.

Ja, denn diese Bücher wurden ausschließlich zu dem Zweck geschrieben, die verschwurbelten Märchen mal klar und eindeutig auf den Punkt zu bringen und Unklarheiten zu beseitigen.

Von Metaphorik ist dort keine Spur.

Ich denke, dass die Frage nach Marias Körperöffnungen keine Sache der Metaphorik ist. Sondern Kardinal Ratzinger hat sich konkret und präzise damit auseinandergesetzt, wie es "technisch" vonstatten ging.

Zarathustra
08.05.2017, 19:26
... klar und eindeutig auf den Punkt zu bringen und Unklarheiten zu beseitigen.

Von Metaphorik ist dort keine Spur.
...

Nun, da sind wir wohl vollkommen entgegengesetzter Ansicht.

Jörn
08.05.2017, 19:35
Nun, da sind wir wohl vollkommen entgegengesetzter Ansicht.

Auch eine Metaphorik wäre eine Aussage. Wie soll eine Aussage möglich sein über eine Dimension, die "außerhalb unserer Erfahrung" liegt? Und sei es als Metapher?

Wie kann man (meinetwegen als Metapher) bestimmen, dass Gott und Sohn hauchen, nicht jedoch der Geist?

Das dauernde Herumgetanze ist mühsam. Zitiert man aus der Bibel, ist natürlich alles nicht so gemeint. Zitiert man daher aus einer "amtlichen" Erläuterung der Bibel, dann sind es angeblich Metaphern. Zitiert man daraufhin aus universitären Aufsätzen (meine beiden Zitate stammten daher), die den Sachverhalt klären sollen, dann sind die Begriffe angeblich nicht präzise. Wer weiß schon, was damit gemeint sein könnte?

Selbst so simple Sätze wie "Jesus ritt auf einem Esel durch Jerusalem" haben plötzlich eine nicht klärbare, nicht durchschaubare Bedeutung.

Wenn wir nie zu einer Aussage kommen, die wir definitiv festnageln können, sodass sie zum Gegenstand einer Untersuchung werden kann, dann ist kein Gespräch möglich.

captainbeefheart
08.05.2017, 20:00
... dann ist kein Gespräch möglich.

Diese Interpretation teile ich.

Aus meiner Perspektive ist es seit etlichen Seiten eher ein Selbstgespräch, verhaftet im eigenen Kontext.

Jörn
08.05.2017, 20:06
Diese Interpretation teile ich.

Aus meiner Perspektive ist es seit etlichen Seiten eher ein Selbstgespräch, verhaftet im eigenen Kontext.

Das sehe ich anders. Es ist durchaus ein Gespräch, und zwar unter jenen, die normale Begriffe so verwenden, wie sie allgemein verstanden werden. Ich würde vermuten, dass die weitaus meisten Leute in diese Kategorie fallen; auch Gläubige.

Dann gibt es eine kleine Gruppe, die jede Debatte zum Erliegen bringt, weil sie darauf besteht, dass nichts eine klar fassbare Bedeutung haben kann.

qbz
08.05.2017, 20:07
......
Die Gläubigen haben sich der Reformation also keineswegs aufgrund von Inhalten angeschlossen. Denn die Inhalte kannten sie nicht. Es war vor der Reformation verboten, die Bibel in die Landessprache zu übersetzen. Deswegen gab es die Bibel nur in lateinischer Schrift. Auch die Messen wurden in lateinischer Sprache abgehalten, wobei der Priester mit dem Rücken zur Gemeinde stand. Die Gemeinde hat der Zeremonie lediglich beigewohnt, war aber nicht Adressat und nicht Teilnehmer.
.

Ich gehe schon davon aus, dass die Bürger die von Luther, Zwingli und Calvin öffentlich gepredigten zentralen, reformatorischen Inhalte kennen lernten und übernahmen. Wer die Unterstützung ausserhalb des Klerus und der Bischöfe überlebensnotwendig brauchte wie die Reformatoren, musste solche Dinge ändern, welche auch beim Kirchenvolk spürbar wahrgenommen werden, und auf breite Zustimmung hoffen. Die Abschaffung der Beichte und der Absolution sowie des Ablasshandels (Luther´s Thesen in Wittenberg), des Fegefeuers, der Bildersturm, Veränderung der Liturgie und andere Lehränderungen dürften in der Praxis von jedem Bürger einer reformierten Stadt bemerkt worden sein und veränderten die gelebte Frömmigkeit der Bürger in der Praxis und Theorie deutlich. Die Einführung der Reformation in den Kirchen einer Stadt beendete für die Bürger ebenso definitiv die Zugehörigkeit zur römischen Kirche mit deutlichen Folgen für die Ausübung des Glaubens.

Apropos Zustimmung des Kirchenvolkes: Der Beginn des offenen Streites zwischen Zwingli und der katholischen Kirche stellte ein öffentliches "Wurstessen" (sog. Fastenbrechen) dar, um gegen das Fastengebot der römischen Kirche aufzubegehren. :Cheese: Zwingli hielt als sog. Leut(e)priester die Predigt in der grössten Zürcher Kirche und legte dabei die Evangelien aus vor / während des Wandels.

Ps: Mit der Froschauer (Zwingli) Bibel gab es neben Luther noch eine zweite, auf Alemannisch, im Buchdruck. (gleichzeitig zur Lutherbibel).

Klugschnacker
08.05.2017, 20:19
Aus meiner Perspektive ist es seit etlichen Seiten eher ein Selbstgespräch, verhaftet im eigenen Kontext.

Was meinst Du mit "eigenen Kontext"? Soweit ich sehen kann, stellt Jörn häufiger als alle anderen den Kontext zu den Bibeltexten und ihren Auslegungen durch die katholische Kirche her. Auch qbz macht immer wieder seinen Kontext deutlich, zum Beispiel die Produktionsverhältnisse. Ich lese die meisten Beiträge mit Gewinn.

Klugschnacker
08.05.2017, 20:21
Nun, da sind wir wohl vollkommen entgegengesetzter Ansicht.

Nicht wirklich. Jörn, falls ich ihn richtig verstehe, besteht lediglich darauf, dass Gott etwas mit der Realität zu tun haben muss. Der Gott der professionellen Theologen ist dagegen ein rein fiktives Konstrukt, sodass Theologen innerhalb ihres "logischen" Systems zu Aussagen kommen wie:

Wohin geht Gott?

Jüngel: "Gott ist sich auch Ziel. Gott kommt zwar von Gott. Gerade so kommt er aber auch zu sich selbst, kommt Gott zu Gott." (...) "Er ist sich selbst Ziel, weil er sich selber Ursprung ist."

Sind dann Ursprung und Ziel das gleiche?

Jüngel: "Doch als Ziel ist er von sich selber als Ursprung unterschieden. Er kommt wirklich zu sich selbst."

Von außen betrachtet ist es völlig offensichtlich, dass Jüngel genauso viel von Gott* weiß und wissen kann wie Du und ich: nämlich gar nichts.

*Gott: Der Schöpfer der Welt

Zarathustra
08.05.2017, 21:12
Nicht wirklich. Jörn, falls ich ihn richtig verstehe, besteht lediglich darauf, dass Gott etwas mit der Realität zu tun haben muss. ...


Von außen betrachtet ist es völlig offensichtlich, dass Jüngel genauso viel von Gott* weiß und wissen kann wie Du und ich: nämlich gar nichts.
...

Der Realitäts- und der Wissensbegriff sind auch schöne Beispiele für den enormen Bedeutungswandel, den Begriffe in der Zeit erfahren können. Da aber meine auf „Halbwissen von Aristoteles“ beruhenden Ausführungen dazu nicht zu interessieren scheinen, verzichte ich darauf und stelle fest: So wie Jörn vermutlich(!) Realität versteht, kann ein Gott meiner Meinung nach damit nichts zu tun haben.

Der Beobachtung, daß Jüngel, Du und ich nichts von Gott wissen können, stimme ich zu. Umso mehr wundert es mich, wie man seine Sätze für präzise und klar halten kann. Ich halte es auch für einigermaßen albern diese als eine Mitteilung von Wissen (im vermutlichen Sinne von Jörn) verstehen zu wollen.

captainbeefheart
08.05.2017, 21:33
Was meinst Du mit "eigenen Kontext"? ...

Ich vermute, dass Du der Begrifflichkeit "eigener Kontext" schon eine Bedeutung zuweisen kannst und die Frage eher rhetorischen Charakter hat, um die Diskussion (oder Debatte, oder Diskurs? Hier wäre ggf. auch eine Kontextklärung notwendig) am Laufen zu halten.

Der Kontext bestimmt das Verstehen von Begrifflichkeiten, Worten und Äußerungen. Es gibt verschiedene Kontexte und Kontextgemeinschaften und insofern sind auch Begrifflichkeiten Kontextübergreifend recht unterschiedlich interpretiert. Wenn über den Kontext keine mindestens ähnliche Übereinkunft besteht, sind deren Begrifflichkeiten maximal missverständlich. Das erleben wir hier sehr deutlich.

In dem Zusammenhang gibt es "Kontextpartisanen", die im "eigenen Kontext verhaftet" sind. Ein Kontextpartisan ist nach Kirsch (1997,) wer zwar andere Kontexte kennt, seinen eigenen Kontext aber für richtig hält. Demgegenüber gibt es Akteure, die versuchen, zwischen verschiedenen Lebens- und Sprachformen zu übersetzen und sich dabei reflexiv zu der eigenen, wie auch zu jeder anderen fremden Tradition verhalten, indem sie wissen, dass der augenblickliche Kontext nur einer unter vielen ist, dem man skeptisch gegenüber steht.

Klugschnacker
08.05.2017, 21:38
Der Realitäts- und der Wissensbegriff sind auch schöne Beispiele für den enormen Bedeutungswandel, den Begriffe in der Zeit erfahren können. Da aber meine auf „Halbwissen von Aristoteles“ beruhenden Ausführungen dazu nicht zu interessieren scheinen, verzichte ich darauf und stelle fest: So wie Jörn vermutlich(!) Realität versteht, kann ein Gott meiner Meinung nach damit nichts zu tun haben.

Der Beobachtung, daß Jüngel, Du und ich nichts von Gott wissen können, stimme ich zu. Umso mehr wundert es mich, wie man seine Sätze für präzise und klar halten kann. Ich halte es auch für einigermaßen albern diese als eine Mitteilung von Wissen (im vermutlichen Sinne von Jörn) verstehen zu wollen.

Ich bin bei diesen Postings von Dir hin und her gerissen. Einerseits mag ich Deine zurückhaltende Ausdrucksweise. Andererseits verstehe ich Jörns Forderung, dass man, wenn man (wie die Religionen) die Welt erklären will, auch mal etwas verbindlich auf den Tisch legen muss. War Jesus nun Gottes Sohn oder nicht?

Warum wurden Menschen lebendig verbrannt, warum werden gleichgeschlechtlich liebende Menschen verfolgt, diskriminiert und umgebracht? Warum hat man Menschen mit abweichenden Meinungen die Zungen mit glühenden Zangen ausgerissen, wie das am Ulmer Münster noch heute ausgestellt ist? Ging es da um abstrakte Glaubenssysteme, die nur unter dem Vorbehalt verkündet wurden, keinesfalls eine "Mitteilung von Wissen" sein zu wollen?

Die Religionen haben stets behauptet, dass sich ihr angebliches Wissen auf die reale Welt bezieht. Gott ist der Schöpfer der realen Welt, auf der Dein Haus oder Dein Scheiterhaufen steht. Er ist nicht lediglich Schöpfer in einem abstrakten, idealisierten Sinne, wie man das vielleicht an theologischen Fakultäten lehrt.

Ich würde gerne auf Deinen Standpunkt einschwenken und beispielsweise feststellen, dass die beiden seltsamen Bibelverse, die angeblich die Abneigung des Weltschöpfers gegen gleichgeschlechtliche Liebe ausdrücken, keine "Mitteilung von Wissen" über Gottes Willen darstellen. Und dass wir auch sonst nichts über Gott wissen und wissen können. Die Kleriker sehen das aber anders. Da bleibe ich dann lieber auf meinem Posten und haue den Typen ihren eigenen Schmarrn um die Ohren. Kannst Du das verstehen?
:Blumen:

Jörn
08.05.2017, 21:39
Der Realitäts- und der Wissensbegriff sind auch schöne Beispiele für den enormen Bedeutungswandel, den Begriffe in der Zeit erfahren können. Da aber meine auf „Halbwissen von Aristoteles“ beruhenden Ausführungen dazu nicht zu interessieren scheinen, verzichte ich darauf und stelle fest: So wie Jörn vermutlich(!) Realität versteht, kann ein Gott meiner Meinung nach damit nichts zu tun haben.

Der Beobachtung, daß Jüngel, Du und ich nichts von Gott wissen können, stimme ich zu. Umso mehr wundert es mich, wie man seine Sätze für präzise und klar halten kann. Ich halte es auch für einigermaßen albern diese als eine Mitteilung von Wissen (im vermutlichen Sinne von Jörn) verstehen zu wollen.

Erstens: woher weißt Du, dass Gott mit meiner Realität vermutlich nichts zu tun hat?

Zweitens: Du schreibst über die theologischen Zitate, es wäre "albern, diese als eine Mitteilung von Wissen" zu betrachten. Ich behaupte aber, dass sie tatsächlich eine Mitteilung von Wissen sind (bzw. dass der Autor sie dafür hält).

Meine Zitate von Jüngel entstammen einer theologischen Forschungsarbeit, und keiner blumigen Predigt. In den Universitäten gibt es meist auch eine theologische Fakultät. Dort gibt es historische Forschungen, die durchaus wissenschaftlichen Wert haben. Es gibt zudem die "Dogmatik" (katholisch) und die "Systematische Theologie" (evangelisch), in denen die Auslegung und Bedeutung der Bibel ergründet werden soll.

Diese Dogmatiken sind keine "Glaubensbekenntnisse" oder Psalmen, sondern es sind komplizierte theologische Abhandlungen, geschrieben für eine winzige Gruppe an Fachleuten. Wenn ein Dogmatiker sehr viel Glück hat, dienen seine Bücher zur Ausbildung der nächsten Kleriker-Generation.

Das bedeutet, dass die Studenten sehr konkret (und eben nicht metaphorisch) lernen sollen, was "richtig" und was "falsch" ist, inklusive der exakten Begründung.

Es handelt sich hier also nicht um ein nebulöses "Gefühl" oder eine Vision. Sondern es ist die Mitteilung des aktuellen Wissensstands dieser Fakultät, geschrieben von promovierten Theologen für andere promovierte Theologen und deren Studenten.

Konkreter und nüchterner als in den Dogmatiken geht es nicht. Deswegen ist es ein besonderes Vergnügen, daraus zu zitieren.

Etwa dies:

"Das trinitarische Bekenntnis ist keine unbegründete nachträgliche Spekulation, keine abstrakte Systematisierung, keine überflüssige Spitzfindigkeit." (Hans-Martin Barth, gilt als einer der bedeutendsten ev. Theologen.)

"Trinitarisch" meint: Die Dreieinigkeit aus Gott, Sohn und Heiliger Geist.

FLOW RIDER
08.05.2017, 22:09
Sag mal Jörn. Was war der tatsächliche Grund deines immensen Wissensaufbaus auf dem Gebiet des Glaubens? Wurdest Du christlich erzogen und hast den Glauben dann nach und nach in Zweifel gezogen oder warst Du schon immer ungläubig? Schreib doch mal bitte ein paar Zeilen dazu wenn Du magst.

Klugschnacker
08.05.2017, 22:13
Ich vermute, dass Du der Begrifflichkeit "eigener Kontext" schon eine Bedeutung zuweisen kannst und die Frage eher rhetorischen Charakter hat, um die Diskussion (oder Debatte, oder Diskurs? Hier wäre ggf. auch eine Kontextklärung notwendig) am Laufen zu halten.

Der Kontext bestimmt das Verstehen von Begrifflichkeiten, Worten und Äußerungen. Es gibt verschiedene Kontexte und Kontextgemeinschaften und insofern sind auch Begrifflichkeiten Kontextübergreifend recht unterschiedlich interpretiert. Wenn über den Kontext keine mindestens ähnliche Übereinkunft besteht, sind deren Begrifflichkeiten maximal missverständlich. Das erleben wir hier sehr deutlich.

Das wissen wir doch alles. Auf den letzten Seiten gab es zahlreiche Beispiele von solchen Kontexten. Ich sprach erst heute beispielhaft vom Wert eines bedruckten Papiers, welches nur in einem bestimmten Kontext 100 Dollar wert ist. Für einen New Yorker hat es den Wert eines Wochenend-Einkaufs, für einen Schimpansen den Wert von Konfetti. Wir haben immer wieder auf die Bedeutung solcher Kontexte hingewiesen.

Spannend wird es dort, wo sich Kontexte überschneiden. Um das alles abzukürzen – die entscheidende Frage lautet: Welche Autorität (Glaubwürdigkeit) hat geoffenbartes Wissen, wenn die reale Welt gemeint ist?

Alles religiöse Wissen ist geoffenbartes Wissen. Ein Busch spricht, ein Engel diktiert im Traum, eine Gottheit raunt aus einer Wolke. Welche Autorität und Überzeugungskraft haben diese Wege der Erkenntnis, wenn wissenschaftliche Erkenntnisse klar dagegen sprechen?

Wenn Religionen etwas mit der realen Welt zu tun haben wollen, müssen sie sich dieser Frage stellen.

waden
08.05.2017, 22:23
Man könnte der Theologie durchaus vorwerfen, daß sie sich wenig darum kümmert sich an den heute geläufigen Sprachgebrauch anzupassen und dadurch zu Mißverständnissen einlädt. Allerdings ist ihr Sprachgebrauch insofern zu entschuldigen als er ... der ursprünglichere ist. Der Umstand, daß mit dem Aufkommen der neuzeitlichen Wissenschaften viele Begriffe einfach umgedeutet bzw. verengt wurden, ist nicht einseitig der Religion zur Last zu legen.

Dass die Sprache im Laufe der Zeit unverständlich wird, ist aber schon demjenigen anzulasten, der sie benutzt. Um noch einmal den Vergleich zum Halbgott in Weiß zu benutzen: was hieltest Du von einem Arzt, der auf Deine Nachfragen sich wieder nur dem Laien unzugänglicher Fachsprache bediente? Du würdest zurecht den Arzt wechseln. Warum beharrt der Arzt auf seiner "Geheimsprache"? Ich würde sagen aus Gewohnheit, weil seine Kompetenz "geschützt" bleibt, weil er von oben auf Distanz bleiben will, weil er nicht hinterfragt werden will.

Auch die Religion nimmt für sich das Recht in Anspruch, mir zutreffende Aussagen über Heilung und die korrekte Art, mein diesseitiges Leben zu führen, bieten zu können. Um sie zu verstehen, müsste ich aber zunächst ihr Vokabular lernen - das empfinde ich allerdings als wirr; es funktioniert erst, wenn ich mich als Basis auf eine Menge Tautologien einlasse.

waden
08.05.2017, 22:42
Spannend wird es dort, wo sich Kontexte überschneiden. Um das alles abzukürzen – die entscheidende Frage lautet: Welche Autorität (Glaubwürdigkeit) hat geoffenbartes Wissen, wenn die reale Welt gemeint ist?


Das sehe ich auch so; das ist der spannende Bereich; die Religionen treffen Aussagen über die alltäglich erlebte diesseitige Realität.

captainbeefheart
08.05.2017, 22:50
...
Spannend wird es dort, wo sich Kontexte überschneiden. Um das alles abzukürzen – die entscheidende Frage lautet: Welche Autorität (Glaubwürdigkeit) hat geoffenbartes Wissen, wenn die reale Welt gemeint ist?
....

Kontexte überschneiden sich permanent, wir leben alle in verschiedenen (Sub-)Systemen. Aber wer soll dabei bitte mit welcher Autorität die Autorität von Kontexten kontextualisieren? Du? Ich? Der Mainstream? Die Mehrheit? Die Minderheit? Das System x?

Zarathustra
08.05.2017, 22:53
... Andererseits verstehe ich Jörns Forderung, dass man, wenn man (wie die Religionen) die Welt erklären will, auch mal etwas verbindlich auf den Tisch legen muss.

... lieber auf meinem Posten und haue den Typen ihren eigenen Schmarrn um die Ohren. Kannst Du das verstehen?
:Blumen:

Ja, ich verstehe Jörns Forderung nach Verbindlichkeit und auch Deinen Wunsch der konkreten Konfrontierbarkeit.

Nur wird das in der Diskussion hier erheblich erschwert dadurch, daß so viele verschiedenartige Dinge wahllos durcheinander geworfen und die Versuche diese zu sortieren zurückgewiesen werden. Wir haben:

Informationen über histor. Verfehlungen der Kirche
Sätze von Theologen
Sätze aus der Bibel
Sätze aus anderen Quellen
metaphysische Sätze
normative Sätze
empirische Sätze
metaphorische Sätze
logische Sätze
und vielleicht noch viele andere

Die können natürlich nicht alle nach einem einzigen Schema beurteilt werden.

______


Wenn z.B. ein Theologe von Wissen und Realität spricht, wäre es hilfreich die Begriffsverwendung der antiken und der mittelalterlichen philosophischen Tradition zu berücksichtigen, um den Sinn zu verstehen, den er damit verbinden will. Die Feststellung, daß sich die Aussagen des Theologen gemessen daran, was wir heute für gewöhnlich unter Realität und Wissen verstehen, in der Beurteilung zwischen unsinnig und falsch bewegen, ist dagegen höchst trivial.

Zarathustra
08.05.2017, 23:04
Dass die Sprache im Laufe der Zeit unverständlich wird, ist aber schon demjenigen anzulasten, der sie benutzt. ...

Ja, da hast Du recht. Ich denke, das trägt sicherlich dazu bei, daß die Religion heute von vielen als Zumutung empfunden wird.

Jörn
08.05.2017, 23:18
Kontexte überschneiden sich permanent, wir leben alle in verschiedenen (Sub-)Systemen. Aber wer soll dabei bitte mit welcher Autorität die Autorität von Kontexten kontextualisieren? Du? Ich? Der Mainstream? Die Mehrheit? Die Minderheit? Das System x?

Der gesunde Menschenverstand.

Ich verstehe nicht, welche Konsequenzen Du daraus ableiten willst. Soll die Konsequenz daraus sein, dass niemand je etwas wissen kann, und dass folglich die Debatte ingesamt zu unterbleiben hat?

Ist es da nicht eher wahrscheinlich, dass die gesellschaftliche Debatte (mal abgesehen von diesem Thread) einfach Deinen Standpunkt ignorieren wird, und die Debatte dennoch führen wird?

Der Kontext ist letztlich der, den die Gesellschaft einnimmt. Die Gesellschaft muss entscheiden, ob die reichste Kirche der Welt tatsächlich unsere knappen Steuergelder braucht, um ihre feudalen Bischöfe zu bezahlen. Willst Du da mit einer Grundsatzdebatte anfangen über Kontext und Subsysteme?

Jenes Subsystem, welches der feudale Bischof für sich in Anspruch nimmt, kann doch allen anderen Leuten völlig egal sein. Wenn er seine Rente selber zahlt, dann kann er mit seinem Kontext anstellen, was er will. Kein Mensch interessiert sich für seinen Kontext.

schoppenhauer
08.05.2017, 23:22
Ja, ich verstehe Jörns Forderung nach Verbindlichkeit und auch Deinen Wunsch der konkreten Konfrontierbarkeit.

Nur wird das in der Diskussion hier erheblich erschwert dadurch, daß so viele verschiedenartige Dinge wahllos durcheinander geworfen und die Versuche diese zu sortieren zurückgewiesen werdenl.

Und ich weiß jetzt nicht, ob ich über deine Schlauheit amüsiert oder angepisst sein soll und - noch wichtiger - das hier überhaupt schreiben darf.

Zarathustra
08.05.2017, 23:29
Erstens: woher weißt Du, dass Gott mit meiner Realität vermutlich nichts zu tun hat?

Zweitens: Du schreibst über die theologischen Zitate, es wäre "albern, diese als eine Mitteilung von Wissen" zu betrachten. Ich behaupte aber, dass sie tatsächlich eine Mitteilung von Wissen sind (bzw. dass der Autor sie dafür hält).
...[/INDENT]

Zu erstens: Ich weiß es natürlich nicht, ich vermute. Zur besseren Beurteilung fehlt mir eine genauere Kenntnis Deines Realitätsbegriffes.

Zu zweitens: Womöglich hält der Autor es für eine Mitteilung von Wissen. Vom Standpunkt eines moderneren Wissensbegriffs aus handelt es sich aber wohl kaum um Wissen.

Und nun? Dem Theologen ist das alles höchswahrscheinlich bekannt. Zudem ist er uns unter Umständen sogar darin voraus, daß er auf seine von unseren abweichenden Begriffe von Wissen und Realität reflektiert.

captainbeefheart
08.05.2017, 23:33
Das sehe ich auch so; das ist der spannende Bereich; die Religionen treffen Aussagen über die alltäglich erlebte diesseitige Realität.

Wie jedes andere System auch: Politik, Recht, Steuer, Wirtschaft, ...

Worin besteht jetzt da genau der strukturelle Unterschied zur Religion?

Jörn
08.05.2017, 23:41
Wenn z.B. ein Theologe von Wissen und Realität spricht, wäre es hilfreich die Begriffsverwendung der antiken und der mittelalterlichen philosophischen Tradition zu berücksichtigen, um den Sinn zu verstehen, den er damit verbinden will.

Das wäre hilfreich, wenn es sich um einen antiken Text handelt. Dann muss man die antiken Umstände berücksichtigen.

Allerdings, wenn Papst Franziskus (der Gute und Wahrhaftige! :bussi: ) einen Priester hinauswirft, weil dieser sich als schwul zu erkennen gab, dann besteht keinerlei Klärungsbedarf über Begriffe oder "philosophische Traditionen". Wir wissen auch ohne diese Hilfsmittel, wie es gemeint ist.

Weiterhin, wenn Bischof Overbeck im TV wiedermal gegen alle hetzt, die seinem engstirnigen Weltbild nicht entsprechen, dann muss ich mir kein mittelalterliches Sprachlexikon besorgen, um zu verstehen, was er meint.

Offenbar verstehen wir ihren Kontext ganz passabel.

https://upload.wikimedia.org/wikipedia/commons/thumb/e/e5/OverbeckAC2014.jpg/240px-OverbeckAC2014.jpg

Komischerweise haben diese Herren keinerlei Schwierigkeiten damit, sich verständlich auszudrücken, wenn es darum geht, anderen eins auszuwischen oder ihre eigenen Pfründe zu sichern.

Aber sobald ihre eigenen Grundlagen infrage gestellt werden, beginnt ein nebulöses Schwurbeln und Raunen, und plötzlich verschwimmt die Realität vor unser aller Augen zu einem nicht mehr identifizierbaren Brei aus Worthülsen und Allgemeinplätzen.

captainbeefheart
08.05.2017, 23:42
Der gesunde Menschenverstand.

Ich verstehe nicht, welche Konsequenzen Du daraus ableiten willst. Soll die Konsequenz daraus sein, dass niemand je etwas wissen kann, und dass folglich die Debatte ingesamt zu unterbleiben hat?

Ist es da nicht eher wahrscheinlich, dass die gesellschaftliche Debatte (mal abgesehen von diesem Thread) einfach Deinen Standpunkt ignorieren wird, und die Debatte dennoch führen wird?

Der Kontext ist letztlich der, den die Gesellschaft einnimmt. Die Gesellschaft muss entscheiden, ob die reichste Kirche der Welt tatsächlich unsere knappen Steuergelder braucht, um ihre feudalen Bischöfe zu bezahlen. Willst Du da mit einer Grundsatzdebatte anfangen über Kontext und Subsysteme?

Jenes Subsystem, welches der feudale Bischof für sich in Anspruch nimmt, kann doch allen anderen Leuten völlig egal sein. Wenn er seine Rente selber zahlt, dann kann er mit seinem Kontext anstellen, was er will. Kein Mensch interessiert sich für seinen Kontext.

Wie so oft geht es recht durcheinander.

Sprechen wir jetzt über den vermeintlichen Wahrheitsanspruch oder Steuerprivilegien?

Wenn über Letzteres: Worin genau unterscheidet sich das Steuerprivileg des Bischof strukturell von dem des z.B. Selbständigen, bestimmter gesellschaftstechtlicher Konstruktionen oder jedes anderen, der aus bestimmten Gründen in der Unterscheidung zahlen/nicht zahlen bzw. Ressourcen bekommen/nicht bekommen ein Privileg genießt?

Klugschnacker
08.05.2017, 23:46
Wenn über Letzteres: Worin genau unterscheidet sich das Steuerprivileg des Bischof strukturell von dem des z.B. Selbständigen, bestimmter gesellschaftstechtlicher Konstruktionen oder jedes anderen, der aus bestimmten Gründen in der Unterscheidung zahlen/nicht zahlen bzw. Ressourcen bekommen/nicht bekommen ein Privileg genießt?

Sorry, offtopic.

Zarathustra
08.05.2017, 23:54
...

Allerdings, wenn Papst Franziskus (der Gute und Wahrhaftige! :bussi: ) einen Priester hinauswirft,

Weiterhin, wenn Bischof Overbeck im TV wiedermal gegen alle hetzt,
...

Danke für ein hervorragendes Beispiel für das zuvor von mir genannte wahllose Durcheinanderwerfen von völlig verschiedenen Dingen!
Ich sprach vom Realitäts- und Wissensbegriff im theolog. Kontext. In welcher Verbindung sollen dazu die von Dir angesprochenen Punkte stehen?

Klugschnacker
09.05.2017, 00:01
Nur wird das in der Diskussion hier erheblich erschwert dadurch, daß so viele verschiedenartige Dinge wahllos durcheinander geworfen und die Versuche diese zu sortieren zurückgewiesen werden.

Kann man so sehen. Andererseits haben wir ein Schema, an das sich alle gemeinsam halten können: Hypothese und Beweis. Man stellt eine Hypthese in einer wohldefinierten Terminologie auf, und liefert anschließend Beweise oder zumindest plausible Argumente. Daran können sich alle halten.

Es ist aus meiner unmaßgeblichen Sicht die Aufgabe der Religionen, sich selbst zu entrümpeln. Maria sei durch den Heiligen Geist durch’s Ohr geschwängert worden – damit kann man sich im Jahr 2017 nicht ernsthaft auseinander setzen. Gibt es Hexen? Niemand lieferte je einen Beweis. Hat der Schöpfer des Universums, das aus hunderten Milliarden Galaxien mit jeweils hundert Milliarden Sonnen besteht, eine Abneigung gegen Sex vor der Ehe? Totaler Bullshit.

Sokrates, Einstein, Gandhi, die Geschwister Scholl und viele mehr, vielleicht auch Jesus, waren Geschenke für die Menschen. Mich würde interessieren, was Jesus damals gemeint hat – auch wenn ich seine Ansichten niemals auf die heutige Zeit übertragen wollte, in der er rückständig und (sorry) primitiv wirken muss. Er war, gemessen an heutigen Maßstäben, schrecklich ungebildet; er irrte sich in vielen Dingen und war in religiösen Angelegenheiten übereifrig, an der Grenze zum Fanatismus. Dennoch würde mich interessieren, was er wollte. Die sakrale Überhöhung, und, damit einhergehend, die Bullshitisierung seiner Motive ist sehr bedauerlich und allein das Werk der Kirche. Es ist ihre Schuld, dass wir heute über so unsäglichen Quatsch wie die Jungfräulichkeit seiner Mutter (!) diskutieren, anstatt wirklich spirituelle Fragen. Am Hymen Marias ist de facto gar nichts spirituell.

captainbeefheart
09.05.2017, 00:01
Sorry, offtopic.

Interessant. Der Steuerkontext ist von Jörn im vorangegangenen Post eingeführt :-). Ich nehm's sportlich.

Jörn
09.05.2017, 00:04
Danke für ein hervorragendes Beispiel für das zuvor von mir genannte wahllose Durcheinanderwerfen von völlig verschiedenen Dingen!
Ich sprach vom Realitäts- und Wissensbegriff im theolog. Kontext. In welcher Verbindung sollen dazu die von Dir angesprochenen Punkte stehen?

Was ich sagen wollte ist, dass der Kontext unter heute lebenden Menschen, die heute eine Debatte führen, völlig klar ist. Er muss nicht erst langatmig geklärt werden.

Wenn Bischof Overbeck im TV spricht, dann spricht er so, dass er verstanden wird, und zwar im Kontext seiner Zuhörer und dem "Hier und Jetzt". Sollte er in einem für die Zuschauer nebulösen Kontext reden, dann wird man ihn auffordern, sich verständlich auszudrücken. Falls er das nicht kann, geht die Debatte ohne ihn weiter.

Der Kontext ist völlig klar. Ob Gott die Welt erschaffen hat, interessiert nur in diesem heute verständlichen Kontext, nämlich, ob er die Welt erschaffen hat. Niemand will einen Exkurs über die Worte "Welt" und "Erschaffung" hören. Hat er sie geschaffen oder nicht? Wenn der Klerus nicht imstande ist, darauf eine klare Antwort zu geben, dann ist der Klerus nicht Teil der Debatte.

Klugschnacker
09.05.2017, 00:08
Interessant. Der Steuerkontext ist von Jörn im vorangegangenen Post eingeführt :-). Ich nehm's sportlich.

Danke. Zuvor war den Kontext (sic!) noch gegeben, da es um die Finanzierung der Kirchen ging. Das Steuerrecht von Selbständigen gehört jedoch nicht hierher. Es steht jedem frei, einen eigenen Thread dafür zu eröffnen.

Zarathustra
09.05.2017, 00:27
... Hypothese und Beweis. Man stellt eine Hypthese in einer wohldefinierten Terminologie auf, und liefert anschließend Beweise oder zumindest plausible Argumente. Daran können sich alle halten. ...

Hypothese und Beweis halte ich als Methode zur Erkenntnis bzw. Beurteilung des spezifisch Religiösen für unzureichend.
Die Bemühung um eine wohldefinierte Terminologie halte ich dagegen für sehr wünschenswert, vernahm aber diesbezüglich bis jetzt von Seiten der Religionskritiker eine überwiegend ablehnende bis destruktive Haltung.

captainbeefheart
09.05.2017, 00:28
Danke. Zuvor war den Kontext (sic!) noch gegeben, da es um die Finanzierung der Kirchen ging. Das Steuerrecht von Selbständigen gehört jedoch nicht hierher. Es steht jedem frei, einen eigenen Thread dafür zu eröffnen.

Und meine Frage ist genau in diesem Kontext: Worin unterscheidet sich das von Jörn angeführte Finanzierungs- oder Steuerprivileg der Kirchen strukturell von jedem anderen Finanzierungs- oder Steuerprivileg?

anlot
09.05.2017, 00:30
Das sehe ich anders. Es ist durchaus ein Gespräch, und zwar unter jenen, die normale Begriffe so verwenden, wie sie allgemein verstanden werden. Ich würde vermuten, dass die weitaus meisten Leute in diese Kategorie fallen; auch Gläubige.

Dann gibt es eine kleine Gruppe, die jede Debatte zum Erliegen bringt, weil sie darauf besteht, dass nichts eine klar fassbare Bedeutung haben kann.


Da steckt doch System dahinter. Kritiker im Keim ersticken und auf jeden Fall eine fassbare Angriffsfläche vermeiden. Ich befürchte nur, das solche Menschen irgendwann sehr einsam sterben werden.

Jörn
09.05.2017, 00:32
Hypothese und Beweis halte ich als Methode zur Erkenntnis bzw. Beurteilung des spezifisch Religiösen für unzureichend.

Könntest Du ein Beispiel für das "spezifisch Religiöse" nennen und wie es sich vom "Rest" abgrenzt? Quick and dirty?

Wäre die Erklärung über die Entstehung der Erde eine "spezifisch religiöse" Sache?

Zarathustra
09.05.2017, 00:41
...
Der Kontext ist völlig klar. Ob Gott die Welt erschaffen hat, interessiert nur in diesem heute verständlichen Kontext, nämlich, ob er die Welt erschaffen hat. Niemand will einen Exkurs über die Worte "Welt" und "Erschaffung" hören. Hat er sie geschaffen oder nicht? Wenn der Klerus nicht imstande ist, darauf eine klare Antwort zu geben, dann ist der Klerus nicht Teil der Debatte.

Der Theologe gibt doch eine Antwort und Du kennst sie.

Ich weiß ja nicht, ob es nur mir so geht, aber ich halte die Vorstellung von der Schöpfung der Welt für eine ausgesprochen schwierige Vorstellung. Vor allem ist sie mir alles andere als klar und hat für mich viel eher einen rätselhaften Charakter. Die Annahme, daß ein Theologe mit den Worten „Gott ist der Schöpfer der Welt“ etwas anderes meint als ein moderner Atheist halte ich weiterhin für nicht unplausibel.
(Ein konsequenter Atheist müßte diesen Satz als unsinng beurteilen, nicht als falsch.)

Zarathustra
09.05.2017, 01:30
Könntest Du ein Beispiel für das "spezifisch Religiöse" nennen und wie es sich vom "Rest" abgrenzt? Quick and dirty?

Wäre die Erklärung über die Entstehung der Erde eine "spezifisch religiöse" Sache?

Die Erklärung über die Entstehung der Welt ist doch ein gutes Beispiel. Es gibt die wissenschaftliche Erklärung. Sie arbeitet mit Hypothesen und empirischen Beweisen. Sie ist nicht abgeschlossen, sondern ein fortlaufendes Projekt. Es werden keinerlei normative Ansprüche daraus abgeleitet. Allerdings können sich daraus Möglichkeiten des praktisch-technischen Umgangs mit der Natur ergeben.

Dagegen hat die religiöse Erklärung keinen Platz für Hypothesen und Beweise. Auf Empirisches nimmt sie generell wenig Rücksicht. Sie bietet stattdessen ein intuitiv mehr oder weniger anschauliches Bild, das eine überempirische Ordnung repräsentieren soll. Dieses ist in sich geschlossen und nicht offen für Veränderungen. Vorteile zur praktisch-technischen Naturbeherrschung sind daraus nicht zu erwarten. Es werden aber normative Ansprüche und ein fester Rahmen für das praktisch-ethische Leben abgeleitet.

usw. usf.

Wir sehen: Beides nennt sich Erklärung und doch sind sie so verschieden in ihren Ansprüchen.

Jörn
09.05.2017, 02:34
... Es gibt die wissenschaftliche Erklärung. Sie arbeitet mit Hypothesen und empirischen Beweisen. ... Dagegen hat die religiöse Erklärung keinen Platz für Hypothesen und Beweise.

Wir sehen: Beides nennt sich Erklärung und doch sind sie so verschieden in ihren Ansprüchen.

Sind ihre Ansprüche wirklich verschieden? Ich würde sagen, beide beanspruchen die Wahrheit.

Papst Pius der Viertelvorzwölfte hat sich ausführlich dazu geäußert, dass das Christentum auf faktischen Wahrheiten beruht, also nicht auf Mythen oder Legenden:


Folgende Behauptung ist unwahr und Ketzerei: "Die in der Heiligen Schrift dargelegten und erzählten Prophezeiungen und Wunder sind Erfindungen von Dichtern."

Folgende Behauptung ist unwahr und Ketzerei: "In den Büchern der beiden Testamente sind mystische Erfindungen enthalten."

Quelle: Papst Pius IX, Ansprache »Maxima quidem« vom 9. Juni 1862

https://upload.wikimedia.org/wikipedia/commons/5/52/Pio-ix.jpg


Klartext: Papst Pius sagt, die beiden Testamente (und damit auch die Genesis-Berichte) sind keine mythischen Erfindungen. Er beansprucht stattdessen eine faktische Wahrheit.

Das bedeutet, dass es nicht ausreicht, auf die Frage nach einer "Erklärung über die Entstehung der Erde" einfach irgendeine Antwort zu geben. Wenn es eine religiöse Erklärung im Sinne des römisch-katholischen Christentums sein soll, und wenn wir den Äußerungen des genannten Papstes folgen, dann gehört das Kriterium der Wahrheit zwingend dazu. Ansonsten wären es mystische Erfindungen (und damit Ketzerei); aber Papst Pius sagt, es wären keine mystische Erfindungen in der Bibel enthalten.

Eine religiöse Erklärung hat also dieselbe Verwundbarkeit und denselben Prüfstein wie die Wissenschaft, nämlich die Wahrheit. Wenn Du sagst, es sei eben eine "mystische Wahrheit" oder eine "legendarische Wahrheit", dann bist Du ein Ketzer.

Das wiederum bedeutet, dass die Position unhaltbar ist, man hätte es eben mit zwei unterschiedlichen Systemen zu tun, einem wissenschaftlichen und einem religiösen System. Denn egal wie unterschiedlich die Systeme anfangs sein mögen: Spätestens die Erfordernis der Wahrheit führt beide Systeme wieder zusammen.

Klugschnacker
09.05.2017, 07:25
Die Bemühung um eine wohldefinierte Terminologie halte ich dagegen für sehr wünschenswert, vernahm aber diesbezüglich bis jetzt von Seiten der Religionskritiker eine überwiegend ablehnende bis destruktive Haltung.

Eine wohldefinierte Terminologie von Gott, Dreieinigkeit, Teufel, Engel, Jenseits, ewigem Leben, Seele und so weiter: Die Kleriker bemühen sich um eine klare Sprache, und die Religionskritiker stellen sich diesen Bemühungen in den Weg? Mir scheint, es ist eher umgekehrt.

Zur Klärung undeutlicher Begriffe oder Vorgänge frage ich häufig nach einem konkreten Beispiel, bekomme aber nie eine Antwort. Beispiel: "Übernatürliches Phänomen".
:Blumen:

Zarathustra
09.05.2017, 10:27
Sind ihre Ansprüche wirklich verschieden? Ich würde sagen, beide beanspruchen die Wahrheit.
...

Das mit der Wahrheit hatten wir ein paar Seiten vorher schonmal.

Er gehört zu der Reihe der philosophischen Begriffe (Substanz, Realität, Wissen, usw.), die von Theologen systematisch anders verwendet werden als von Naturwissenschaftlern.

Zarathustra
09.05.2017, 10:40
Eine wohldefinierte Terminologie von Gott, Dreieinigkeit, Teufel, Engel, Jenseits, ewigem Leben, Seele und so weiter: Die Kleriker bemühen sich um eine klare Sprache, und die Religionskritiker stellen sich diesen Bemühungen in den Weg? Mir scheint, es ist eher umgekehrt.
...


Hier spricht doch gar kein Kleriker, soweit ich weiß. Aber ich beobachte: Die Einen verwenden die Begriffe so, die Anderen anders. Ich rate lediglich dazu, daß das beachtet werde und nicht so getan werde als sei in jedem Fall von vornherein klar, was gemeint sei. Es geht unter anderem um so grundlegende Begriffe wie Realität, Wissen, Substanz, Wahrheit, usw.

anlot
09.05.2017, 11:40
Das mit der Wahrheit hatten wir ein paar Seiten vorher schonmal.

Er gehört zu der Reihe der philosophischen Begriffe (Substanz, Realität, Wissen, usw.), die von Theologen systematisch anders verwendet werden als von Naturwissenschaftlern.

Deine Antwort ist wieder einmal bezeichnend. Geh doch mal konkret auf die aufgeführten Aussagen von Papst Pius ein. Immer weg ducken wird auf Dauer unglaubwürdig.

captainbeefheart
09.05.2017, 12:08
Deine Antwort ist wieder einmal bezeichnend. Geh doch mal konkret auf die aufgeführten Aussagen von Papst Pius ein. Immer weg ducken wird auf Dauer unglaubwürdig.

Zarathustra duckt sich keineswegs weg, er weist auf unterschiedliche Begriffsinterpretationen in unterschiedlichen Kontexten bzw. Systemen hin bzw. erläutert mögliche Widersprüche und Interpretationen dieser Perspektiven.

Schau zur Übersicht zum Wahrheitsbegriff einmal bei Wikipedia nach, der Eintrag beginnt hier so: "Dem Begriff Wahrheit werden verschiedene Bedeutungen zugeschrieben ..."

Sodann werden allein für die religiösen Systeme 5 Wahrheitsbegriffe unterschieden. In der Realität werden es noch viel mehr sein, die unterschieden werden müssten. Dazu kommen Wahrheitsbegriffe in der Philosophie, Sozialwissenschaft, Rechtswissenschaft, Naturwissenschaft, Erzählforschung etc.

Und in jedem dieser Kontexte kommt die historische Dimension dazu ...

Aus meiner Sicht duckt sich weg bzw. simplifiziert unnötigerweise, wer diese Komplexität eindimensional und autoritär auf einen Kontext reduziert.

Matthias75
09.05.2017, 12:17
Deine Antwort ist wieder einmal bezeichnend. Geh doch mal konkret auf die aufgeführten Aussagen von Papst Pius ein. Immer weg ducken wird auf Dauer unglaubwürdig.

Eigentlich wollte ich mich ja raushalten, aber....

Über einzelte Bibelstellen und Ergüsse eines Klerikers zu diskutieren ist sinnlos, solange die eigentliche(n) Fragestellung(en) unklar ist/sind. Mir ist nicht ganz klar, worum es (der Atheistenfraktion) eigentlich geht:

- Den Beweis, dass es keinen (also gar keinen) Gott bzw. nichts Übersinnliches geben kann, also alle Gläubigen mit ihrem jeweiligen Glauben falsch liegen?
- Die Frage ob und wie ein Gottesbeweis erfolgen kann/darf/muss?
- Den Beweis, dass der christliche Glaube falsch ist (weil er auf einem fehlerbehafteten Buch beruht)?
- Den Beweis, dass die Kirche mit ihrer Lehre falsch liegt?
- Den Nachweis, dass die meisten Christen keine Ahnung haben, an was sie eigentlich glauben, ihr Glaube somit irrational/sinnlos/unüberlegt/... ist?
- Was Wahrheit ist und wie diese bestimmt/auseglegt werden kann/darf?
- ...

Was soll z.B. mit den Ergüssen eines Papstes aus dem 19. Jahrhundert, die vermutlich nur eine im niedrigen Prozentbereich anzusiedelnde Anzahl der Gläubigen kennt, bewiesen werden?

Solange nicht klar ist, worüber diskutiert wird und diese Fragen möglichst klar voneinander getrennt werden, lohnt es sich nicht, auf einzelne Punkte einzugehen.

M.

anlot
09.05.2017, 12:25
Zarathustra duckt sich keineswegs weg, er weist auf unterschiedliche Begriffsinterpretationen in unterschiedlichen Kontexten bzw. Systemen hin bzw. erläutert mögliche Widersprüche und Interpretationen dieser Perspektiven.

Schau zur Übersicht zum Wahrheitsbegriff einmal bei Wikipedia nach, der Eintrag beginnt hier so: "Dem Begriff Wahrheit werden verschiedene Bedeutungen zugeschrieben ..."

Sodann werden allein für die religiösen Systeme 5 Wahrheitsbegriffe unterschieden. In der Realität werden es noch viel mehr sein, die unterschieden werden müssten. Dazu kommen Wahrheitsbegriffe in der Philosophie, Sozialwissenschaft, Rechtswissenschaft, Naturwissenschaft, Erzählforschung etc.

Und in jedem dieser Kontexte kommt die historische Dimension dazu ...

Aus meiner Sicht duckt sich weg bzw. simplifiziert unnötigerweise, wer diese Komplexität eindimensional und autoritär auf einen Kontext reduziert.

Sehe ich anders: es ging ursächlich um eine konkrete Aussage eines Papstes und nicht die Definition einer Begrifflichkeit. Dies zu ignorieren und wieder einmal nur einzelne Begriffe heraus zu picken, meinte ich mit weg ducken. Ganz nebenbei finde ich dieses Verhalten auch extrem unhöflich (um es nett auszudrücken).

Wurde an anderer Stelle bereits erwähnt: eine Diskussion die niemals konkret wird, läuft irgendwann ins Leere und macht aus meiner Sicht keinen Sinn. Wir können doch nicht ständig jedes einzelne Wort solange umdeuten und interpretieren, bis alles zum Erliegen kommt. Da wünsche mir etwas mehr Bodenständigkeit, die hier scheinbar so manch einem verloren gegangen ist.
Ich frage mich dann schon, wie Eure Diskussion im Kreise Eurer Familie aussehen mögen.

anlot
09.05.2017, 12:30
Eigentlich wollte ich mich ja raushalten, aber....

Über einzelte Bibelstellen und Ergüsse eines Klerikers zu diskutieren ist sinnlos, solange die eigentliche(n) Fragestellung(en) unklar ist/sind. Mir ist nicht ganz klar, worum es (der Atheistenfaktion) eigentlich geht:

- Den Beweis, dass es keinen (also gar keinen) Gott bzw. nichts Übersinnliches geben kann, also alle Gläubigen mit ihrem jeweiligen Glauben falsch liegen?
- Die Frage ob und wie ein Gottesbeweis erfolgen kann/darf/muss?
- Den Beweis, dass der christliche Glaube falsch ist (weil er auf einem fehlerbehafteten Buch beruht)?
- Den Beweis, dass die Kirche mit ihrer Lehre falsch liegt?
- Den Nachweis, dass die meisten Christen keine Ahnung haben, an was sie eigentlich glauben, ihr Glaube somit irrational/sinnlos/unüberlegt/... ist?
- Was Wahrheit ist und wie diese bestimmt/auseglegt werden kann/darf?
- ...

Was soll z.B. mit den Ergüssen eines Papstes aus dem 19. Jahrhundert, die vermutlich nur eine im niedrigen Prozetbereich anzusiedelnde Anzahl der Gläubigen kennt, bewiesen werden?

Solange nicht klar ist, worüber diskutiert wird und diese Fragen möglichst klar voneinander getrennt werden, lohnt es sich nicht, auf einzelne Punkte einzugehen.

M.


Was hat das Eine mit dem Anderen zu tun? Aus meiner Sicht: nichts!

Deine Fragestellungen finde ich sehr sympathisch und zeigen in der Frage auch schon die Antwort. Sehr praktisch.

captainbeefheart
09.05.2017, 12:35
Ich frage mich dann schon, wie Eure Diskussion im Kreise Eurer Familie aussehen mögen.

Ziemlich spannend. Vater: Atheist, Mutter: Buddhistin, große Tochter: radikal-Atheistin, mittlere Tochter: gemäßigt-evangelisch-gläubig, kleine Tochter: betet, dass morgen endlich mal wieder schönes Wetter wird :-)

Zarathustra
09.05.2017, 13:08
...eine Diskussion die niemals konkret wird, läuft irgendwann ins Leere ...

Wenn die Diskussion konkret werden soll, müssen die verwendeten Begriffe geklärt werden.

Nehmen wir an, Jörn hält Religion für eine Erfindung von Dichtern und stößt auf das Papstzitat, so ergeben sich für ihn zwei logische Möglichkeiten:

1. Der Papst verwendet die Begriffe Wahrheit, Dichtung, usw. genauso wie Jörn und liegt mit seiner Behauptung falsch.

2. Der Papst verwendet die Begriffe anders. Sofern sich Jörn in diesem Fall auf die Begrifflichkeit nicht einläßt, indem er sich z. B. um eine Übersetzung in seine eigene Begrifflichkeit bemüht, kann die Behauptung des Papstes für ihn weder wahr noch falsch sein. Sie muß ihm dann sinnlos sein.
___

Zu leicht macht es sich, wer die zweite Möglichkeit ohne weitere Gründe ausschließt. Meiner Meinung nach kann ein Grund dafür die zweite Möglichkeit auszuschließen nur ein normativer sein, und nicht einer aus Erkenntnis.

Jörn
09.05.2017, 13:47
Der Wahrheitsbegriff und seine Definitionen sind völlig irrelevant. Nehmen wir an, es gäbe eine Wahrheitsdefinition, mit der ich redlich behaupten könnte, ich hätte im Jahr 2016 den IM auf Hawaii gewonnen (etwa im Traum), dann mag das es diese Definition geben. Aber kein Mensch würde sich darüber mit mir streiten, weil es nicht relevant ist.

Es ist völlig egal, ob die Behauptung des Klerus in einer seltsamen Parallel-Wahrheit irgendwie "wahr" sein könnte. Niemand will das wissen. Sondern es geht um die konkrete Wahrheit, die alle vernünftigen Leute gleichermaßen sehen und prüfen können. Nur das steht zur Debatte.

Wenn in dieser normalen Wahrheit die Erde nicht von Gott geschaffen wurde, dann haben die Atheisten diese Debatte gewonnen.

Wenn sich herausstellt, dass Sterne nicht wie kleine Flocken auf die Erde herabfallen können (wie die Bibel behauptet), und wenn die Atheisten daraufhin sagen, dass die Bibel fehlerhaft ist, dann haben die Atheisten diese Debatte gewonnen.

Wenn die Historiker nachweisen, dass Jericho bereits eine Ruine war, als Gott die Stadt angeblich zerstört hat, sodass diese Bibelgeschichte falsch sein muss, dann haben die Historiker diese Debatte gewonnen.

Die Philosophen im Thread bemängeln dauernd, dass (hier schon wieder!) verschiedene "Wahrheits-Ebenen" verglichen würden. Aber stattdessen sollten die Philosophen zur Kenntnis nehmen, dass nur die allgemein sichtbare und prüfbare Wahrheit überhaupt zur Debatte steht.

Zarathustra
09.05.2017, 14:01
... Aber stattdessen sollten die Philosophen zur Kenntnis nehmen, dass nur die allgemein sichtbare und prüfbare Wahrheit überhaupt zur Debatte steht.


Sagte sich ja: eine normative Entscheidung.

Auf der Ebene finde ich die Diskussion aber nicht spannend genug, da hier wohl kaum jemandem etwas grundsätzlich Neues erzählt wird, und überlasse das Feld anderen.

Jörn
09.05.2017, 14:05
2. Der Papst verwendet die Begriffe anders.

Es gibt nicht den geringsten Hinweis darauf, dass Papst Pius IX die Begriffe anders verwendet als jeder andere Mensch. Seine Äußerungen sind klar und rational. Die von ihm herausgebrachten Schriften haben den Charakter von Gesetzestexten, absolut eindeutig. Unwägbarkeiten werden angesprochen und ausgeräumt. Begriffe sind klar definiert.

Sorry, aber an Pius IX wirst Du Dir die Zähne ausbeißen.

:Blumen:

Matthias75
09.05.2017, 14:23
Wenn in dieser normalen Wahrheit die Erde nicht von Gott geschaffen wurde, dann haben die Atheisten diese Debatte gewonnen.

Rein aus Interesse: Wurde dieser Beweis schon geführt oder wurde nicht vielmehr bislang nur darüber diskutiert, welche Beweismittel zugelassen sind. Reicht es als Beweis aus, dass ein Buch, in dem diese Schöpfungsversion des Universums zu Papier gebracht wurde, sich als ganz oder teilweise unwahr herausstellt?

M.

keko#
09.05.2017, 14:56
Die Eltern und die allgemeine Kultur spielen vermutlich die größte Rolle. Die meisten Gläubigen übernehmen die Religion der Eltern, und zwar weltweit. Diesen Umstand kann nicht einfach vom Tisch wischen.

Es ist auch mangelnde wissenschaftliche Bildung und/oder mangelndes Interesse an der Wahrheit; vor allem, wenn der Aberglaube gewisse Annehmlichkeiten bietet.

Eine sehr große Rolle spielt meiner Meinung nach die Scharlatanerie. Das ist nach meiner Beobachtung eine viel bessere Erklärung als die Theologie.

Gilt das eigentlich für alle Religionen oder redest du nur über Christen? Du + Klugschnacker, ihr arbeitet euch ja gerade hauptsächlich an den Christen und den Päbsten ab. Wie sieht das mit den anderen Weltreligionen aus, wo es kein Pabst gibt?

Klugschnacker
09.05.2017, 15:01
Gilt das eigentlich für alle Religionen oder redest du nur über Christen? Du + Klugschnacker, ihr arbeitet euch ja gerade hauptsächlich an den Christen und den Päbsten ab. Wie sieht das mit den anderen Weltreligionen aus, wo es kein Pabst gibt?

Ich arbeite mich an gar nichts ab. :Huhu:

keko#
09.05.2017, 15:04
Ich arbeite mich an gar nichts ab. :Huhu:

Ich korrigiere:

"...Gilt das eigentlich für alle Religionen oder redest du nur über Christen? Du + Klugschnacker, ihr diskutiert das Thema anhand der Christen und Päbsten. Wie sieht das mit den anderen Weltreligionen aus, wo es kein Pabst gibt?

captainbeefheart
09.05.2017, 15:15
Der Wahrheitsbegriff und seine Definitionen sind völlig irrelevant.

... gewonnen.

... gewonnen.

... gewonnen.



Gratulation zum Sieg!

Klugschnacker
09.05.2017, 15:23
Gratulation zum Sieg!

Ja, die Aufklärung hat durchaus mal einen Applaus verdient.

Zarathustra
09.05.2017, 15:24
... Begriffe sind klar definiert.

Sorry, aber an Pius IX wirst Du Dir die Zähne ausbeißen.

:Blumen:

Die Frage ist doch, ob Du in Verwendung und Definition der Begriffe mit ihm übereinstimmst. Das würde mich aber wiederum überraschen.

waden
09.05.2017, 15:59
Das mit der Wahrheit hatten wir ein paar Seiten vorher schonmal.

Er gehört zu der Reihe der philosophischen Begriffe (Substanz, Realität, Wissen, usw.), die von Theologen systematisch anders verwendet werden als von Naturwissenschaftlern.

Das ist richtig. Aber wenn eine Kirche eine Aussage über die Welt trifft, beispielsweise, was eine Sünde sei und wie sie vergeben werden könne, dann ist doch ein Wahrheitsbegriff im Sinn der Kirche "Wahrheit als Beziehung der Menschen zu Gott, über die jedoch niemand absolut verfügt, sondern die im Rahmen eines Weges immer neu erschlossen werden muss." eine Nebelkerze, die nicht weiterhilft. Vielmehr wird im Falle der konkreten Sünde doch ganz diesseitig kausal gedacht und argumentiert, oder nicht?
Deine Argumentation finde ich sehr interessant. Aber sie tut so, als gebe es eine Religionswelt neben der alltäglich von uns erfahrenen Realität; aber der religiöse Alltag findet doch mitten in dieser statt.

Jörn
09.05.2017, 16:50
Gilt das eigentlich für alle Religionen oder redest du nur über Christen? Du + Klugschnacker, ihr arbeitet euch ja gerade hauptsächlich an den Christen und den Päbsten ab. Wie sieht das mit den anderen Weltreligionen aus, wo es kein Pabst gibt?

Hallo keko, meine These, dass Religionen von den Eltern übernommen werden und an den Landesgrenzen plötzlich wechseln, halte ich für alle Religionen aufrecht.

https://img.washingtonpost.com/blogs/worldviews/files/2012/12/world-map-all-religions.png

Dass ich mich auf das Christentum beziehe, liegt einfach daran, dass ich mich dort am besten auskenne; außerdem bevorzuge ich schriftlich vorliegende Aussagen (etwa vom Papst oder anerkannten Theologen), damit klar ist, über was gesprochen wird.

Scharlatanerie werfe ich jedoch allen Religionen vor. Scharlatanerie bedeutet, Wissen und/oder Fähigkeiten zu behaupten, die man nicht hat (oder nicht haben kann). Der Begriff impliziert auch eine Unterscheidung zwischen Tätern und Opfern. Ich habe nichts gegen den privaten Glauben einer Person einzuwenden; jedoch scheint mir bei offiziellen Vertretern und deren Äußerungen in den Medien eine offensive Konfrontation angebracht.

captainbeefheart
09.05.2017, 16:55
... jedoch scheint mit bei offiziellen Vertretern eine offensive Konfrontation angebracht.

Ein Frage: Jenseits dieses Forums und in der "Zeit online" - konfrontierst Du offizielle Vertreter tatsächlich und wenn ja wie oft?

anlot
09.05.2017, 17:23
Ziemlich spannend. Vater: Atheist, Mutter: Buddhistin, große Tochter: radikal-Atheistin, mittlere Tochter: gemäßigt-evangelisch-gläubig, kleine Tochter: betet, dass morgen endlich mal wieder schönes Wetter wird :-)

Solange keiner Fragen stellt. :Blumen:

trithos
09.05.2017, 17:45
Der Wahrheitsbegriff und seine Definitionen sind völlig irrelevant....

Es ist völlig egal, ob die Behauptung des Klerus in einer seltsamen Parallel-Wahrheit irgendwie "wahr" sein könnte. Niemand will das wissen. Sondern es geht um die konkrete Wahrheit, die alle vernünftigen Leute gleichermaßen sehen und prüfen können. Nur das steht zur Debatte.

Wenn in dieser normalen Wahrheit die Erde nicht von Gott geschaffen wurde, dann haben die Atheisten diese Debatte gewonnen.

Wenn sich herausstellt, dass Sterne nicht wie kleine Flocken auf die Erde herabfallen können (wie die Bibel behauptet), und wenn die Atheisten daraufhin sagen, dass die Bibel fehlerhaft ist, dann haben die Atheisten diese Debatte gewonnen.

Wenn die Historiker nachweisen, dass Jericho bereits eine Ruine war, als Gott die Stadt angeblich zerstört hat, sodass diese Bibelgeschichte falsch sein muss, dann haben die Historiker diese Debatte gewonnen.

Die Philosophen im Thread bemängeln dauernd, dass (hier schon wieder!) verschiedene "Wahrheits-Ebenen" verglichen würden. Aber stattdessen sollten die Philosophen zur Kenntnis nehmen, dass nur die allgemein sichtbare und prüfbare Wahrheit überhaupt zur Debatte steht.

Das ist wenigstens eine klare Ansage:
1) wer Deinen Wahrheitsbegriff nicht teilt ist unvernünftig
2) wer kein Atheist ist, hat verloren (was interessant ist, denn ich habe doch gedacht, wir diskutieren hier und führen keinen Kampf oder Krieg.)
3) Philosophen sind Trottel, weil
4) nur Deine Interpretation von "Wahrheit" zur Debatte steht?

Es steht Dir natürlich frei, Deine Wahrheit noch hundertmal in anderen Worten und Beispielen zu verteidigen. Wenn Du aber gar nicht daran denkst, Gegenpositionen überhaupt als möglich zu erachten, ist jede Diskussion sinnlos, weil ohnehin keine Diskussion.

Ich nehme für mich in Anspruch, Deine Position mittlerweile verstanden zu haben. Allerdings bin ich offenbar unvernünftig und als studierter Bakk. phil. sogar ein amtlich bestätigter Trottel. Damit kann ich gut leben. Darüber brauchen wir aber auch nicht mehr länger zu reden. Tschüss!

anlot
09.05.2017, 17:56
Gratulation zum Sieg!

Geht doch. Das hat ja gedauert. ;-)

captainbeefheart
09.05.2017, 17:59
Solange keiner Fragen stellt. :Blumen:

Bei drei Töchtern keine Fragen? Du scherzt!

Eine Frage Deinerseits ist noch offen (Wie erkläre ich das meiner 9-jährigen Tochter?), die ich Dir, wenn Du wirklich eine Antwort von mir möchtest (ich habe das - wie beschrieben mit unterschiedlichen Ergebnissen :-) - ja schon zwei Mal geübt), gerne per PN beantworten kann.

captainbeefheart
09.05.2017, 18:02
Allerdings bin ich offenbar unvernünftig und als studierter Bakk. phil. sogar ein amtlich bestätigter Trottel. Damit kann ich gut leben. Darüber brauchen wir aber auch nicht mehr länger zu reden. Tschüss!

Ich bin nur ein einfacher Trottel, für die amtliche Bestätigung hat es nicht gereicht. Ich bin demnächst mal in Wien, wie wär's mit einem Trottel-Stammtisch? :-)

Klugschnacker
09.05.2017, 18:11
Das ist wenigstens eine klare Ansage:
1) wer Deinen Wahrheitsbegriff nicht teilt ist unvernünftig
2) wer kein Atheist ist, hat verloren (was interessant ist, denn ich habe doch gedacht, wir diskutieren hier und führen keinen Kampf oder Krieg.)
3) Philosophen sind Trottel, weil
4) nur Deine Interpretation von "Wahrheit" zur Debatte steht?


Dass Philosophen Trottel sind, hat niemand gesagt. Es hat auch keiner gesagt, wer kein Atheist sei, habe pauschal verloren. Es ging eindeutig um bestimmte, beweisbare Tatsachen. :Blumen:

Mich würde Deine Interpretation von Wahrheit interessieren. Kannst Du an einem Beispiel den Unterschied zwischen Deinem und dem naturwissenschaftlichen Wahrheitsbegriff erläutern?

Jörn
09.05.2017, 18:20
Wenn Du aber gar nicht daran denkst, Gegenpositionen überhaupt als möglich zu erachten, ist jede Diskussion sinnlos, weil ohnehin keine Diskussion.

Wo sind denn diese Gegenpositionen?

Die angeblichen Gegenpositionen bestehen nur darin, dass geheimnisvoll geraunt wird, dass man nie wissen könne, was ein Wort bedeuten soll. Jede Bitte darum, mal konkret eine Aussage auf den Tisch zu legen, sodass man diese als Gegenposition debattieren kann, verlief ergebnislos.

So wie ich den Thread verstehe, werden christliche Positionen gegen naturwissenschaftliche Positionen abgewogen. Das sind zwei konkrete, schriftlich vorliegende, klar umrissene Standpunkte. Es ist jedoch kein philosophisches Seminar über die Unmöglichkeit von Wahrheitsdefinitionen. Ich verstehe nicht, warum Du darauf bestehst, dass ich mich dazu äußere, oder dass ich Deinen Thesen dazu folge. Ich sehe keinen Zusammenhang mit dem Thema des Threads.

Nirgends in der Bibel gibt es den leisesten Hinweis darauf, dass sie mit einem bestimmten "Wahrheitsbegriff" verfasst worden wäre. Und falls darüber Zweifel bestehen: Der katholische Katechismus (http://www.vatican.va/archive/DEU0035/__P1G.HTM), aus dem ich gelegentlich zitiere, ist auf jeden Fall in normaler Sprache geschrieben, ohne verschiedene "Wahrheits-Ebenen", sondern so, dass ihn jeder verstehen kann. Die klare, weltliche Sprache ist der Zweck: Er wurde geschrieben für Bauern und Knechte, damit diese wissen, was los ist. Es ist einfach Unsinn, dass es ein geheimnisvolles Dokument mit rätselhafter Sprache wäre.

Zarathustra
09.05.2017, 18:49
... Vielmehr wird im Falle der konkreten Sünde doch ganz diesseitig kausal gedacht und argumentiert, oder nicht? ...


Das ist ein guter Einwand. Ich sehe das so: Es findet in der empirisch wahrnehmbaren Welt irgendeine konkrete Handlung statt. Dann sagt Einer, diese sei eine Sünde. Dabei handelt es sich um eine normative Bewertung der konkreten Handlung anhand eines von der Religion vorgebenen Bewertungsmaßstabes. (Du sollst nicht töten!)

So geschieht es auch im außerreligiösen Bereich, wenn z. B. vor Gericht jemand für eine Straftat schuldig gesprochen wird. Die vom Gericht festgestellte Schuld des Täters ist nicht irgendein mysteriöses außerempirisches Etwas, das im Laufe der Verhandlung entdeckt oder bewiesen wurde. Bewiesen wurde das der Täter die Tat so und so begangen hat. Das Wort Schuld drückt die normative Beuteilung aus: Der Täter muß für die Tat die Verantwortung tragen mit diesen und jenen Konsequenzen (Strafe), bevor er wieder vor Staat und Gesellschaft rehabilitiert ist.

Jörn
09.05.2017, 19:00
Das ist ein guter Einwand. Ich sehe das so: Es findet in der empirisch wahrnehmbaren Welt irgendeine konkrete Handlung statt. Dann sagt Einer, diese sei eine Sünde. Dabei handelt es sich um eine normative Bewertung der konkreten Handlung anhand eines von der Religion vorgebenen Bewertungsmaßstabes. (Du sollst nicht töten!)

So geschieht es auch im außerreligiösen Bereich, wenn z. B. vor Gericht jemand für eine Straftat schuldig gesprochen wird. Die vom Gericht festgestellte Schuld des Täters ist nicht irgendein mysteriöses außerempirisches Etwas, das im Laufe der Verhandlung entdeckt oder bewiesen wurde. Bewiesen wurde das der Täter die Tat so und so begangen hat. Das Wort Schuld drückt die normative Beuteilung aus: Der Täter muß für die Tat die Verantwortung tragen mit diesen und jenen Konsequenzen (Strafe), bevor er wieder vor Staat und Gesellschaft rehabilitiert ist.

Das betrifft Einschätzungen, die auf einer Wertung basieren. Es sind Normen. Da gebe ich Dir gerne Recht.

Aber was ist mit der Schaffung der Erde? Ist das auch nur eine Norm? Ist deren Entstehungsprozess eine Norm? Ist der Unterschied zwischen "Existenz" und "Nicht-Existenz" eine Norm, im Fall der Erde?

Meine Beispiele und Einwände bezogen sich nicht auf die Frage, ob Gott "gut" sei oder ob der Verzehr von Schalentieren eine "Sünde" darstellt. Das ist beliebig. Sondern ich bezog mich auf Sachverhalte, die völlig wertfrei rein auf deren Vorhandensein reduziert werden können. Das macht die Debatte übersichtlich.

Die Frage, ob die Erde existiert oder nicht, hat bei allen relevanten und diskussionswürdigen Systemen die gleiche Antwort. Sollte ein System zu einem anderen Ergebnis kommen, können wir das System verwerfen. Es wäre allenfalls ein kurioses Gedankenkonstrukt, aber nicht hilfreich in dieser Debatte.

Die Kirche macht sehr konkrete Aussagen über Dinge, die in sich wertfrei sind. Beispielsweise in der Beschaffenheit des Erdatmosphäre, der Sterne oder über den Stammbaum bestimmter Leute. Wenn hier ein System zu sichtbar falschen Ergebnissen kommt, ist das System falsch und sollte verworfen werden. Man darf nicht dem Irrtum unterliegen, dass jedes System gleichermaßen korrekt und hilfreich wäre, nur weil man es sich ausdenken kann.

Zarathustra
09.05.2017, 19:27
...
Aber was ist mit der Schaffung der Erde? Ist das auch nur eine Norm? Ist deren Entstehungsprozess eine Norm? ...

Beschaffenheit des Erdatmosphäre, der Sterne oder über den Stammbaum bestimmter Leute...

Die Norm könnte so lauten: Sieh die Welt als eine von einem gütigen Schöpfer geschaffene an (und handle danach)!
Ob er die Welt so sieht oder bloß als ein zweckfreies Ergebnis blind wirkender Naturkräfte - der Unterschied kann für die Handlungsweise eines Menschen durchaus eine Rolle spielen, denke ich.

Es ist davon auszugehen, daß für jedes Buch gilt: Empirische Informationen zu Erdatmosphäre, Sternen und Stammbäumen können etwa zwei Jahrtausende nach Erscheinen des Buches überholt sein.

Jörn
09.05.2017, 19:40
Die Norm könnte so lauten: Sieh die Welt als eine von einem gütigen Schöpfer geschaffene an (und handle danach)!

Das ist eine Norm?

Was ist dann mit dieser Norm: "Du existierst nicht".

Könnte ich diesen Standpunkt in diesem Thread vertreten, oder würde das Widerspruch hervorrufen? Wohlgemerkt, ich beziehe mich nur auf meine private Definition, nach der ich nicht existiere. Alle empirischen Einwände definiere ich als ungültig, weil sie eine andere Wahrheitsebene betreffen.

Müsste es nicht eine Möglichkeit der Überprüfung geben?

Es ist davon auszugehen, daß für jedes Buch gilt: Empirische Informationen zu Erdatmosphäre, Sternen und Stammbäumen können etwa zwei Jahrtausende nach Erscheinen des Buches überholt sein.

Du meinst, dass die Aussagen der Bibel über die Erdatmosphäre nur deswegen falsch sind, weil sie sich inzwischen überholt haben; dass sie jedoch zutrafen, als die Bibel geschrieben wurde?

Bist Du der Meinung, dass der Stammbaum von Maria und Josef sich seit der biblischen Zeit verändert hat? Dass also ihre Eltern und Großeltern nicht mehr dieselben sind? Würdest Du das auch über Napoleon sagen? Dass sich seine Eltern inzwischen geändert haben?

Zarathustra
09.05.2017, 20:44
...
Könnte ich diesen Standpunkt in diesem Thread vertreten, oder würde das Widerspruch hervorrufen?
...
Müsste es nicht eine Möglichkeit der Überprüfung geben?
...
Du meinst, dass die Aussagen der Bibel über die Erdatmosphäre nur deswegen falsch sind, weil sie sich inzwischen überholt haben; dass sie jedoch zutrafen, als die Bibel geschrieben wurde?


1. Ja. Wenn Du mit dem Satz eine Norm verbinden willst, kannst Du sie vertreten.

2. Nein. Normen werden nicht empirisch geprüft.

3. Nein, das ist nicht meine Ansicht.

Klugschnacker
09.05.2017, 20:47
Die Norm könnte so lauten: Sieh die Welt als eine von einem gütigen Schöpfer geschaffene an (und handle danach)!
Ob er die Welt so sieht oder bloß als ein zweckfreies Ergebnis blind wirkender Naturkräfte - der Unterschied kann für die Handlungsweise eines Menschen durchaus eine Rolle spielen, denke ich.

Für mich ist die Welt "ein zweckfreies Ergebnis blind wirkender Naturkräfte". Oder anders gesagt: Jeden Sinn müssen wir uns selbst geben.

Wo siehst Du jetzt einen Unterschied zu jemandem, der die Welt als von einem gütigen Gott erschaffen sieht? Ist es die Sicherheit seiner Überzeugungen, da er sich auf allerhöchste Autorität beruft, während ich mir meiner Urteile stets unsicher sein muss, da es sich um menschliche Urteile handelt?

Jörn
09.05.2017, 21:27
1. Ja. Wenn Du mit dem Satz eine Norm verbinden willst, kannst Du sie vertreten. 2. Nein. Normen werden nicht empirisch geprüft.

Danke für die Aufklärung. Du sagst, ich könne durchaus folgende Norm vertreten: "Ich existiere nicht", ungeachtet der offensichtlichen Absurdität. Dies würde auch nicht empirisch geprüft.

Ich scheue mich etwas vor der Schlussfolgerung. Nach den vielen Seiten im Thread scheint sich nun herauszustellen, dass die geheimnisvolle "Wahrheitsebene" schlicht darin besteht, dass jede nur denkbare Absurdität als "wahr" bezeichnet werden kann, einfach weil sie jemand so definiert hat. Es gibt also überhaupt nichts anderes als "wahr". Alles ist "wahr".

Das Konzept frei definierter Normen, die mit der Realität nichts zu tun haben, hast Du in die Debatte eingebracht. Warum? Doch vermutlich, weil sie etwas klären, prüfen oder entscheiden können und dadurch den Sachverhalt erhellen. Nun sieht es aber so aus, als wäre es ein Konstrukt, welches jede Prüfung und Klärung verhindert.

Ist das Dein Ziel? Dass eine Prüfung der Bibel nicht möglich ist? Dass sie in jedem Fall wahr ist, weil sie jemand als "wahr" definiert hat?

Was ist, wenn ich sie als "unwahr" definiere? Ist es einfach nur Definitionssache? Könnte ich dann nicht auch definieren, dass die Bibel nur an ungeraden Tagen wahr ist, jedoch wahr an geraden Tagen? Oder von 10-18 Uhr (Mittwochs 10 bis 12 Uhr)?

waden
09.05.2017, 21:55
D... Es findet in der empirisch wahrnehmbaren Welt irgendeine konkrete Handlung statt. Dann sagt Einer, diese sei eine Sünde. Dabei handelt es sich um eine normative Bewertung der konkreten Handlung anhand eines von der Religion vorgebenen Bewertungsmaßstabes...


Die Sprache dieses Bewertungsmaßstabes entstammt einer Zeit, in der die (christliche) Kirche noch die Macht besaß, die gesamte Welt zu erklären. Mit der Aufklärung musste die Kirche nach und nach Bastionen abgeben bzw. Irrtümer eingestehen (Schöpfung in 6 Tagen, Erde als Zentrum des Universums, Mensch als Zentrum und Ziel der Schöpfung usw.).

Statt bescheidener zu werden im Anspruch, den Kosmos zu erklären, zieht die Kirche sich in die Bereiche zurück, die sie als von der Naturwissenschaft unerklärbar postuliert. Um diesen Bereich zu schützen, benutzt sie eine Fachsprache, die möglicherweise in sich kontextbezogen als schlüssig verstanden werden kann. Die Sprache dient aber (auch) der Abgrenzung, damit die Behauptung aufrecht erhalten werden kann, nur diese Institution sei fähig, in diesem Bereich gültige Aussagen zu treffen.

Das erscheint mir sehr merkwürdig. In allen möglichen Bereichen erwiesen sich Glaubenslehren als glatte Irrtümer. Und nun soll ausgerechnet diese Instituion und dieser Wahrheitskontext das erklären können, was (bisher) von den Naturwissenschaften nicht erklärt werden konnte - ? Selbst wenn es die Naturwissenschaften nie erklären werden könnten - ändert es nichts an der Absurdität dieses Hoheitsanspruchs.

Zarathustra
09.05.2017, 21:55
...
Wo siehst Du jetzt einen Unterschied zu jemandem, der die Welt als von einem gütigen Gott erschaffen sieht? Ist es die Sicherheit seiner Überzeugungen, da er sich auf allerhöchste Autorität beruft, während ich mir meiner Urteile stets unsicher sein muss, da es sich um menschliche Urteile handelt?

Das könnte sicherlich ein Unterschied sein. Vielleicht auch noch, daß der sich auf die göttliche Ordnung berufende kein von Menschen gemachtes Gesetz höher einschätzen will als das göttliche (wie es z.B in Sophokles' Antigone schön beschrieben ist).

Klugschnacker
09.05.2017, 22:09
Das könnte sicherlich ein Unterschied sein. Vielleicht auch noch, daß der sich auf die göttliche Ordnung berufende kein von Menschen gemachtes Gesetz höher einschätzen will als das göttliche (wie es z.B in Sophokles' Antigone schön beschrieben ist).

Antigone kenne ich leider nicht. Wäre auch dies als Beispiel zulässig?

http://www.factslides.com/imgs/911-planes.jpg

Edit: Ich möchte nicht gemein sein, sondern nur stringent argumentieren. Was wir aus logischen Gründen bei Religion X für richtig halten, müssen wir auch für Religion Y einräumen.

Beispiel: "Es ist doch schön, wenn der Mensch an etwas glaubt" – Gilt das für jeden Glauben, oder nur für den eigenen?

waden
09.05.2017, 22:11
... der sich auf die göttliche Ordnung berufende kein von Menschen gemachtes Gesetz höher einschätzen will als das göttliche (wie es z.B in Sophokles' Antigone schön beschrieben ist). (sah ich am Freitag im Theater)- tolles Stück auch heute noch - ähnlich übrigens auch in Kleists Prinz v. Homburg - hier aber nicht göttliches sondern "übergeordnetes" Gesetz - man benötigt nicht unbedingt Gott für das Übergeordnete

waden
09.05.2017, 22:12
Antigone kenne ich leider nicht. Wäre auch dies als Beispiel zulässig?

http://www.factslides.com/imgs/911-planes.jpg

ja, das passt auch. In Antigone geht es darum, dass der Herrscher eine Beerdigung verbietet, und ein Individuum (Antigone) sich widersetzt.

Zarathustra
09.05.2017, 22:12
... Du sagst, ich könne durchaus folgende Norm vertreten: "Ich existiere nicht", ungeachtet der offensichtlichen Absurdität. Dies würde auch nicht empirisch geprüft.

Ich scheue mich etwas vor der Schlussfolgerung. ...

Du hast eine sehr abstrakte Frage gestellt. Ich gab Dir eine ebensolche Antwort. Deine Schlußfolgerungen sind, insofern sie meine Position darstellen sollen, unzutreffend.

Zarathustra
09.05.2017, 22:18
Antigone kenne ich leider nicht. Wäre auch dies als Beispiel zulässig?
...

Sofern die bekannten Informationen über die Motivationslage der Täter zutreffend sind, wäre auch das ein Beispiel.

Jörn
09.05.2017, 22:33
Du hast eine sehr abstrakte Frage gestellt. Ich gab Dir eine ebensolche Antwort. Deine Schlußfolgerungen sind, insofern sie meine Position darstellen sollen, unzutreffend.

Könntest Du ein Beispiel dafür nennen, bei dem Deine Methode dabei hilft, eine falsche Behauptung der Bibel als falsch zu erkennen? (Du kannst auch gerne eine falsche Behauptung aus einem anderen Buch nehmen.)

Das wäre wichtig, weil der Klerus seine Autorität ja darauf stützt, dass die Bibel keine Irrtümer, keine Legenden und keine Mythen enthält. Kann Deine Methode diese Behauptung prüfen oder nicht?

Zarathustra
10.05.2017, 01:30
Könntest Du ein Beispiel dafür nennen, bei dem Deine Methode dabei hilft, eine falsche Behauptung der Bibel als falsch zu erkennen? (Du kannst auch gerne eine falsche Behauptung aus einem anderen Buch nehmen.)

Das wäre wichtig, weil der Klerus seine Autorität ja darauf stützt, dass die Bibel keine Irrtümer, keine Legenden und keine Mythen enthält. Kann Deine Methode diese Behauptung prüfen oder nicht?


Ich habe keine spezielle Methode, bestehe nur auf soviel: Verschiedene Sätze haben verschiedene Wahrheitsbedingungen, die es jeweils zu beachten gilt.

- Beispielsweise nützt mir in einem Beweis in der Mathematik in der Regel keine empirische Untersuchung und kein Experiment. Um Fehler zu finden suche ich dann z.B. nach vertauschten Symbolen oder Widersprüchen.

- Ob es irgendwelche bestimmten Städte, die in der Bibel genannt werden, wirklich gegeben hat, läßt sich natürlich empririsch untersuchen. Nur ändert das Ergebnis dann an der Moral von der erzählten Geschichte wahrscheinlich nichts.

- Theologische Sätze haben keine äußeren Wahrheitsbedingungen, außer daß der Klerus sie nach seinen eigenen (nicht beliebigen!) Kriterien als wahr festsetzt und der Gläubige sie als solche annimmt und gegebenfalls danach handelt. Der Klerus verschleiert durch seine Sprache diesen Aspekt und spricht so als ob es sich nicht um eine Festsetzung, sondern um die Erkenntnis einer Wahrheit handelte ( - eine Eigenschaft, die er mit manchem Mathematiker teilt).


Mit dem Klerus und der Autorität verhält es sich in Wirklichkeit nämlich genau umgekehrt: Der Klerus verwendet seine Autorität dazu die Bibel für frei von Irrtümern usw. zu erklären. Er setzt die Bibel als den normativen Maßstab und in diesem Sinne als Wahrheit. Das gilt solange es Menschen gibt, die sich mehr oder weniger daran halten und es für eine gute Norm befinden und nicht nur bis ein Wissenschaftler kommt und feststellt, er habe einen Fehler entdeckt oder mit seinen Methoden gar keinen Gott finden können.

Jörn
10.05.2017, 03:26
Theologische Sätze haben keine äußeren Wahrheitsbedingungen, außer daß der Klerus sie nach seinen eigenen (nicht beliebigen!) Kriterien als wahr festsetzt

Danke für die ausführliche Erläuterung.

Was wäre, wenn ich den oben zitierten Satz bestreiten würde (nämlich, dass die Theologie ihre eigene Wahrheitsbedingung hat)?

Mir scheint es nämlich so, als würde man der Theologie einfach diese eigene Spielwiese zugestehen, damit der ganze Murks irgendeinen Sinn ergibt. Da sagt man dann: "Hm, nehmen wir dafür mal einen eigenen logischen Rahmen an, innerhalb dessen dann eine gewisse Logik herrscht. Sonst macht die ganze Sache keinen Sinn."

Aber dadurch beugt man sich dem Murks in vorauseilendem Gehorsam und bastelt ein Konstrukt, das dazu dient, eine Logik zu stützen, anstatt sie zu prüfen. Wer die Sache prüfen will, sollte nicht zuvor ein stützendes Konstrukt basteln, nur damit nichts zusammenbricht. Für mich ist es in Ordnung, wenn das Konstrukt zusammenbricht.

Man könnte auch den Verdacht äußern, dass das Konstrukt nur deshalb gebastelt wird, weil alle wissen, dass es sonst zusammenbrechen wird. Wie ein Prüfer, der nur bestimmte Fragen stellt, weil er weiß, dass der Prüfling die anderen Fragen nicht beantworten kann.

Wenn Du also sagst, "theologische Sätze haben keine äußeren Wahrheitsbedingungen", dann ist das eine willkürliche Hilfestellung zugunsten der Theologie, der ich mich nicht anschließen muss. Ich sehe zwar Deine Logik, aber ich sehe auch die Willkür. Man kann der Theologie einen eigenen Rahmen zugestehen, muss es aber nicht.

Ich würde hier gerne an Arnes Posting erinnern, in dem er darlegte, dass die Scheiterhaufen ja nicht nur theoretisch brannten, sondern ganz weltlich und real. Es sieht also ganz offensichtlich so aus, als würde sich die Theologie nicht in einem eigenen, in sich geschlossenen System bewegen. Auch die angeblichen Sünden scheinen realer Natur zu sein. Ich würde das gerne als Rechtfertigung dafür verwenden, die Theologie in der realen Welt zu verankern und ihr keinen "rein gedachten" Rahmen zuzugestehen.

Wer andere Leute real richtet, der darf auch selbst real gerichtet werden.

Du müsstest doch mindestens die Möglichkeit einräumen, dass die Theologie sich im gleichen Rahmen wie alles andere bewegt und einfach Murks ist?

keko#
10.05.2017, 07:56
Hallo keko, meine These, dass Religionen von den Eltern übernommen werden und an den Landesgrenzen plötzlich wechseln, halte ich für alle Religionen aufrecht.

https://img.washingtonpost.com/blogs/worldviews/files/2012/12/world-map-all-religions.png

Dass ich mich auf das Christentum beziehe, liegt einfach daran, dass ich mich dort am besten auskenne; außerdem bevorzuge ich schriftlich vorliegende Aussagen (etwa vom Papst oder anerkannten Theologen), damit klar ist, über was gesprochen wird.

Scharlatanerie werfe ich jedoch allen Religionen vor. Scharlatanerie bedeutet, Wissen und/oder Fähigkeiten zu behaupten, die man nicht hat (oder nicht haben kann). Der Begriff impliziert auch eine Unterscheidung zwischen Tätern und Opfern. Ich habe nichts gegen den privaten Glauben einer Person einzuwenden; jedoch scheint mir bei offiziellen Vertretern und deren Äußerungen in den Medien eine offensive Konfrontation angebracht.

Ich schlußfolgere, dass aus deiner Sicht der wissenschaftlich ausgebildete und unvoreingenommen erzogene Mensch unreligiös wäre. Nur ist die Epoche der Aufklärung schon ein paar Jahrhunderte her und keine Erfindung von 2017 und trotzdem gibt es religiöse Menschen, die einen Glauben haben. Auch in Deutschland.

Menschen glauben auch, weil sie glauben wollen. Das ist der Punkt! Sie tun das auch ohne äussere Zwänge und nicht nur, weil sie keine naturwissenschaftliche Ausbildung haben oder von ihren Eltern in die Kirche geschleppt wurden. Der Mensch ist eben nicht ein Wissensverarbeitungsmaschine, die Vorstufe zu einem Robotor (der übrigens auch nicht völlig neutral sein kann).

anlot
10.05.2017, 08:28
Ich schlußfolgere, dass aus deiner Sicht der wissenschaftlich ausgebildete und unvoreingenommen erzogene Mensch unreligiös wäre. Nur ist die Epoche der Aufklärung schon ein paar Jahrhunderte her und keine Erfindung von 2017 und trotzdem gibt es religiöse Menschen, die einen Glauben haben. Auch in Deutschland.

Menschen glauben auch, weil sie glauben wollen. Das ist der Punkt! Sie tun das auch ohne äussere Zwänge und nicht nur, weil sie keine naturwissenschaftliche Ausbildung haben oder von ihren Eltern in die Kirche geschleppt wurden. Der Mensch ist eben nicht ein Wissensverarbeitungsmaschine, die Vorstufe zu einem Robotor (der übrigens auch nicht völlig neutral sein kann).


Sehe ich gößtenteils anders. Wenn wir uns unser eigenes Land anschauen, so denke ich, dass der "Glaube" doch sehr viel mit Erziehung und dem sozialen Umfeld zu tun hat. Von Kindheit an, wird uns ab dem Kindergarten die Religionsweisheiten eingetrichtert und so getan, als ob es daran überhaupt keinen Zweifel gibt. Noch schlimmer: es findet überhaupt keine differenzierte Diskussion dazu statt. Und natürlich glaubt meine 9-jährige Tochter heute, dass alles was der Religionslehrer erzählt auch wahr sei. Was soll sie auch anderes tun?! Für Kinder existiert nur eine Wahrheit und das ist auch gut so. Daher finde ich es als extrem fahrlässig, sich über eine Begriffsumdeutung aus der Verantwortung zu stehlen.Mittlerweile hat aber auch meine Tochter bereits erkannt, dass einige Erzählungen sich doch sehr komisch und unrealistisch anhören (ja, leider informiert sich die heutige Jugend weit aus mehr, als wir es früher ggfalls getan haben; schlecht für die Kirchen).

Darüberhinaus glaube ich auch, dass bis vor einigen Generationen ein sehr großer vorauseilender Gehorsam in der Bevölkerung zu erkennen war/ist. Ich erlebe das selbst bei meinen Eltern, die sich durch äußere Kompetenzsignale wie Uniformen, offizielle Titel, etc. sehr stark beeinflußen lassen. Diese Generation ist es bis dato nicht gewohnt gewesen, Aussagen oder Lehren dieser Personen in Frage zu stellen und man hat diese daher größtenteils 1:1 übernommen.

Das dies auch die Kirche damals erkannt hatte, zeigt sich für mich immer wieder, durch einen Besuch der Gotteshäuser dieser Republik. In diesen bombastischen Häusern wird man doch nahezu erdrückt durch die Größe und die extreme Opulenz mit Prunk und Protz. Da wird doch ganz klar und plastisch signalisiert wer Groß und wer Klein ist (und auch zu sein hat). Das hat für mich nichts damit zu tun, sich auf Augenhöhe zu begegnen und eine gleichberechtige Konversation zu führen.

captainbeefheart
10.05.2017, 08:39
... wird uns ab dem Kindergarten die Religionsweisheiten eingetrichtert ... natürlich glaubt meine 9-jährige Tochter heute, dass alles was der Religionslehrer erzählt auch wahr sei. Was soll sie auch anderes tun?! Für Kinder existiert nur eine Wahrheit und das ist auch gut so...

Nun ja, hast Du die Erziehung und Sozialisation an Kindergarten und Schule outgesourced?

Und woher kommt die Annahme, Kinder mit 9 hätten nur "eine Wahrheit"?

keko#
10.05.2017, 08:57
Und natürlich glaubt meine 9-jährige Tochter heute, dass alles was der Religionslehrer erzählt auch wahr sei. Was soll sie auch anderes tun?! Für Kinder existiert nur eine Wahrheit und das ist auch gut so.

Warum nimmst du sie nicht aus dem Reli-Unterricht raus?

Das mit der "eine Wahrheit" verstehe ich nicht. Meine Töchter hatten in dem Alter schon ebenso Zweifel. Wobei der Reli-Unterricht nochmal aufgeweicht wurde im Gegensatz zu meiner Zeit.

keko#
10.05.2017, 09:04
Das dies auch die Kirche damals erkannt hatte, zeigt sich für mich immer wieder, durch einen Besuch der Gotteshäuser dieser Republik. In diesen bombastischen Häusern wird man doch nahezu erdrückt durch die Größe und die extreme Opulenz mit Prunk und Protz. Da wird doch ganz klar und plastisch signalisiert wer Groß und wer Klein ist (und auch zu sein hat). Das hat für mich nichts damit zu tun, sich auf Augenhöhe zu begegnen und eine gleichberechtige Konversation zu führen.

Ich meinte übrigens auch Religiösität insgesamt und nicht, ob man daran glaubt, dass z.B. Jesus auf einem Esel ritt oder nicht.

Klugschnacker
10.05.2017, 09:07
Menschen glauben auch, weil sie glauben wollen. Das ist der Punkt! Sie tun das auch ohne äussere Zwänge

Du müsstest meiner Meinung nach noch darauf eingehen, warum dieser Glaube in den allermeisten Fällen dem der Eltern entspricht.

Warum bildet die Überzeugung, welche Götter wahr seien, auf der Landkarte zusammenhängende Flächen? Bei anderen Fragen, etwa, warum die Saurier ausgestorben sind, ist das nicht der Fall. Warum?

---

Mitte der 80er Jahre kaufte ich die Schallplatte "Thriller" von Michael Jackson. Ich tat es aus freien Stücken, niemand hatte mich dazu gezwungen oder gedrängt. Aber wie frei war ich tatsächlich in meiner Entscheidung? Warum bevorzugte ich dieses Album und kein anderes, etwa die mitreißenden "12 Etudes d’Execution Transcendentes" von Franz Liszt? Warum entschieden sich nicht nur die meisten Jugendlichen in meinem Freundeskreis, sondern in der gesamten westlichen Welt genau wie ich?

Die Antwort ist, dass ich in meiner Kaufentscheidung nicht so frei war, wie es auf den ersten Blick erscheint. Ich unterlag zahlreichen Einflüssen, genauso wie alle anderen Menschen. Wir hörten Radio. Dort lief den ganzen Tag Popmusik und nichts von Franz Liszt. Auf Partys rannten alle auf die Tanzfläche, wenn die Basslinie von "Billie Jean" anhob. Jackson war auf den Titelseiten und im Starschnitt der Bravo.

Wir sind also alle nicht so frei in unseren "Entscheidungen", wie wir vielleicht annehmen. Ich schreibe das Wort in Anführungszeichen, weil sich kaum ein Christ dafür entschieden hat, Christ zu sein. Es war fast immer die Entscheidung der Eltern, oder allgemeiner formuliert: der Einfluss des Umfelds. Wären wir in Indien aufgewachsen, wärest Du heute ein Hindu und ich Besitzer des Albums ভারতীয় উপর থ্রিলার (https://translate.google.de/?hl=de&tab=wT#de/bn/Thriller%20auf%20Indisch).

anlot
10.05.2017, 09:24
Warum nimmst du sie nicht aus dem Reli-Unterricht raus?

Das mit der "eine Wahrheit" verstehe ich nicht. Meine Töchter hatten in dem Alter schon ebenso Zweifel. Wobei der Reli-Unterricht nochmal aufgeweicht wurde im Gegensatz zu meiner Zeit.

Haben wir. ;-)

Mit "eine Wahrheit" meine ich die angeborene kindliche Naivität, dass sie erstmal glauben was man Ihnen erzählt und erstmal abwägen welche Definition von Wahrheit wohl gemeint sein könnte.

keko#
10.05.2017, 09:38
Du müsstest meiner Meinung nach noch darauf eingehen, warum dieser Glaube in den allermeisten Fällen dem der Eltern entspricht.

Warum bildet die Überzeugung, welche Götter wahr seien, auf der Landkarte zusammenhängende Flächen? Bei anderen Fragen, etwa, warum die Saurier ausgestorben sind, ist das nicht der Fall. Warum?

---

Mitte der 80er Jahre kaufte ich die Schallplatte "Thriller" von Michael Jackson. Ich tat es aus freien Stücken, niemand hatte mich dazu gezwungen oder gedrängt. Aber wie frei war ich tatsächlich in meiner Entscheidung? Warum bevorzugte ich dieses Album und kein anderes, etwa die mitreißenden "12 Etudes d’Execution Transcendentes" von Franz Liszt? Warum entschieden sich nicht nur die meisten Jugendlichen in meinem Freundeskreis, sondern in der gesamten westlichen Welt genau wie ich?

Die Antwort ist, dass ich in meiner Kaufentscheidung nicht so frei war, wie es auf den ersten Blick erscheint. Ich unterlag zahlreichen Einflüssen, genauso wie alle anderen Menschen. Wir hörten Radio. Dort lief den ganzen Tag Popmusik und nichts von Franz Liszt. Auf Partys rannten alle auf die Tanzfläche, wenn die Basslinie von "Billie Jean" anhob. Jackson war auf den Titelseiten und im Starschnitt der Bravo.

Wir sind also alle nicht so frei in unseren "Entscheidungen", wie wir vielleicht annehmen. Ich schreibe das Wort in Anführungszeichen, weil sich kaum ein Christ dafür entschieden hat, Christ zu sein. Es war fast immer die Entscheidung der Eltern, oder allgemeiner formuliert: der Einfluss des Umfelds. Wären wir in Indien aufgewachsen, wärest Du heute ein Hindu und ich Besitzer des Albums ভারতীয় উপর থ্রিলার (https://translate.google.de/?hl=de&tab=wT#de/bn/Thriller%20auf%20Indisch).

In der Turkei wäre ich wahrscheinlich Moslem, in Indien Hindu. Das ist mir völlig klar.
Ich glaube aber, dass Religionen auch dann entstehen würden, gäbe es sie heute nicht. Vielleicht liegt es daran, dass der Mensch hinter dem ganzen Klimbim hier einen Plan vermutet oder nicht damit fertig wird, dass sein Leben und das Leben aller Menschen letztendlich sinnlos ist und somit mit Hilfe irgendeiner Religion seinem Leben einen Sinn und dem Geschehen einen Plan gibt.

waden
10.05.2017, 10:13
In der Turkei wäre ich wahrscheinlich Moslem, in Indien Hindu. Das ist mir völlig klar.
Ich glaube aber, dass Religionen auch dann entstehen würden, gäbe es sie heute nicht. Vielleicht liegt es daran, dass der Mensch hinter dem ganzen Klimbim hier einen Plan vermutet oder nicht damit fertig wird, dass sein Leben und das Leben aller Menschen letztendlich sinnlos ist und somit mit Hilfe irgendeiner Religion seinem Leben einen Sinn und dem Geschehen einen Plan gibt.

Ich vermute als Ursachen Tradition und Wunschdenken:

- Tradition (Eltern, Gesellschaft)
- Wunsch, seinen festen Platz zu haben
- Wunsch, Teil von etwas Größerem zu sein - und selbst etwas höheres zu sein
- Wunsch aufzuschauen zu etwas Höherem
- Besiegen der Existenzangst/Gefühl der Sicherheit (es gibt da etwas Größeres)
- Hoffnung auf ein illusorisches Glück (Opium des Volks)
- Hoffnung auf einen Sinn von außen

(Das ist allerdings ein Themenwechsel, denn um den Begriff der Wahrheit reden wir hier nicht)

keko#
10.05.2017, 10:36
(Das ist allerdings ein Themenwechsel, denn um den Begriff der Wahrheit reden wir hier nicht)

Religion ist ein Konstrukt. Es wird schwierig mit der Wahrheit, weil somit jeder seine Religion auslegen kann, wie er will.
Ähnlich ist es z.B. mit der Zeit. Für den Physiker ist die Zeit etwas anderes als für den Philisophen oder den Ökonomen (Zeit = Geld).

Deshalb kann man auch ewig darüber reden und streiten.;)

captainbeefheart
10.05.2017, 10:51
Religion ist ein Konstrukt. Es wird schwierig mit der Wahrheit, weil somit jeder seine Religion auslegen kann, wie er will.
Ähnlich ist es z.B. mit der Zeit. Für den Physiker ist die Zeit etwas anderes als für den Philisophen oder den Ökonomen (Zeit = Geld).

Deshalb kann man auch ewig darüber reden und streiten.;)

Ich teile Deinen ersten Punkt: Religion ist wie jedes andere System über Kommunikation und Leitdifferenzen sozial konstruiert. In diesem Fall sogar mit x-verschiedenen Konstruktionen und zum Teil historisch schon recht alt. Und in den Systemen existieren x-verschiedene Subsysteme. Jedes davon konstruiert seine eigene Wahrheit, um den sensiblen Begriff eines Teils der Diskussion hier nochmals aufzugreifen. Und zwar normativ, nicht empirisch. Und weil die Systeme prinzipiell selbstreferentiell sind, haben sie die Tendenz sich selbst zu erhalten - wie wir sehen sogar recht lange.

"Beschüsse" von außen führen eher zur Festigung des Systems, denn zu dessen Aufweichung. Deshalb ist der postulierte "Sieg" des Systems der Atheisten für das Religionssystem (bzw. des hier näher eingegrenzten Systems des Klerus) ziemlich irrelevant - auch wenn das aus einer persönlichen Sicht bedauerlich sein sollte.

Zarathustra
10.05.2017, 11:30
...
Was wäre, wenn ich den oben zitierten Satz bestreiten würde (nämlich, dass die Theologie ihre eigene Wahrheitsbedingung hat)? ...

Wenn Du also sagst, "theologische Sätze haben keine äußeren Wahrheitsbedingungen", dann ist das eine willkürliche Hilfestellung zugunsten der Theologie, der ich mich nicht anschließen muss. ...

Ich würde hier gerne an Arnes Posting erinnern, in dem er darlegte, dass die Scheiterhaufen ja nicht nur theoretisch brannten, sondern ganz weltlich und real. ...

Du müsstest doch mindestens die Möglichkeit einräumen, dass die Theologie sich im gleichen Rahmen wie alles andere bewegt und einfach Murks ist?


Du kannst der Theologie ihre eigenen Wahrheitsbedingungen theoretisch schon bestreiten. Dann solltest Du aber zumindest andere aufstellen. Und ich vermute, damit wirst Du dann nicht zu dem Ergebnis kommen, daß die theologischen Sätze falsch sind, sondern daß sie gar keine Sätze bzw. unsinnig sind.

Ich beschreibe Vorgänge und Entscheidungen, auf denen die Religion beruht. Das ist keine einseitige Hilfestellung für die Theologie. Im Gegenteil, es kann auch für den, der die Religion angreifen will, hilfreich sein. (Den Feind besser kennen.)

Wie man sich den Bezug zum weltlich Realen vorstellen kann, habe ich ja schon am Beispiel der Sünde versucht darzulegen.

Ich teile die Ansicht nicht, daß sich alles andere in einem einzigen Rahmen bewegt. Mathematik, Kunst, Philosophie, Naturwissenschaft, etc. haben unterschiedliche Wahrheitsbedingungen. Oder willst Du die auch alle widerlegen und abschaffen?

Klugschnacker
10.05.2017, 11:40
"Beschüsse" von außen führen eher zur Festigung des Systems, denn zu dessen Aufweichung. Deshalb ist der postulierte "Sieg" des Systems der Atheisten für das Religionssystem (bzw. des hier näher eingegrenzten Systems des Klerus) ziemlich irrelevant - auch wenn das aus einer persönlichen Sicht bedauerlich sein sollte.

Wir leben alle wohl ganz gut damit, dass wir heute Alternativen zum "Religionssystem" haben. Die Freude darüber liegt nicht bei einer einzelnen Person, sondern bei der überwiegenden Mehrheit der westlichen, freiheitlichen Gesellschaft. Unsere heutigen Freiheitsrechte haben wir auch durch eine kritische Auseinandersetzung mit den Religionen erreicht.

Übrigens in einem friedlichen Prozess. Kriegerisch, also gewaltsam, agierte eher die Seite der Religion. Deine Sprachbilder von "Beschüssen" und "Siegen" gehen etwas an den Realitäten vorbei. Kant, Feuerbach, Darwin, Einstein etc. waren sehr friedliche Menschen.

keko#
10.05.2017, 11:46
Ich teile Deinen ersten Punkt: Religion ist wie jedes andere System über Kommunikation und Leitdifferenzen sozial konstruiert. In diesem Fall sogar mit x-verschiedenen Konstruktionen und zum Teil historisch schon recht alt. Und in den Systemen existieren x-verschiedene Subsysteme. Jedes davon konstruiert seine eigene Wahrheit, um den sensiblen Begriff eines Teils der Diskussion hier nochmals aufzugreifen. Und zwar normativ, nicht empirisch. Und weil die Systeme prinzipiell selbstreferentiell sind, haben sie die Tendenz sich selbst zu erhalten - wie wir sehen sogar recht lange.

Ich sehe da auch nichts Negatives dran. Ganz im Gegenteil.

Natürlich wird mit Hilfe von Religion unterdrückt, ausgebeutet, gemordet. Das muss man auch benennen und dagegen angehen. Wird aber der Physikunterricht abgeschafft, weil die Kinder zu Ingenieuren ausgebildet werden und einige davon direkt oder indirekt am Bau grausamer Waffensystem beteiligt sind? Kaufen wir keine coolen Laufschuhe mehr, die irgendwo unter unmenschlichen Bedingungen für 60€ pro Monat von jungen Frauen zusammengenäht werden? Im Fach Wirtschaft werden die Grundsteine dazu gelegt und jedem Schüler eingedrichtert, bis er nicht mehr darüber nachdenkt und es verinnerlicht hat. Gehirnwäsche pur!

qbz
10.05.2017, 11:56
Mit dem Buchdruck wurde die Bibel massenhaft verbreitet und dem Volk das Lesen (der Bibel) gelernt. Beides, der Buchdruck und das Lesen, trugen gleichzeitig dazu bei, dass halt auch die Schriften der Aufklärer oder eines Darwin massenhaft rezipiert wurden. Die Trennung von Staat / Religion schützte später die Religionsfreiheit und beseitigte den Weltanschauungszwang. Insofern kann die These von der familiären "Vererbung" der Religionen den Wandel nicht erklären, der in der Neuzeit bei den religiösen, weltanschaulichen Einstellungen und religiösen Organisationen stattfand. Man muss sich die Veränderungen der Lebensgrundlagen, der Produktivkräfte anschauen, welche weltanschauliche Veränderungen nach sich ziehen. Dass sich weltweit die religiösen Traditionen der vorneuzeitlichen Gesellschaften regional erhalten, indem sie sich an die neuzeitlichen Lebensformen anpassen und indem sie Bündnisse mit den neuen kapitalistischen Herrscher eingehen, gehört zu diesem Wandel dazu. Selbst Saudi-Arabien, wo noch eine Monarchenfamilie und Religionsdiktatur mit Gewalt herrschen, weil sich sonst Saudis der Aufklärung zu- und vom Wahabismus und Mekka abwenden würden, muss neuerdings dem "ökonomischen" Zwang der Neuzeit folgen und ein Gesetz erlassen, das den Frauen erlaubt, ohne Erlaubnis ihres Mannes / Vaters eine Arbeit, ein Studium oder Ausbildung aufzunehmen und ins Krankenhaus zu gehen.

Hier die Zahlen zu Europa:
"Die Anzahl der Einwohner, die angaben, weder an Gott, noch an eine spirituelle Kraft zu glauben, war im Jahr 2010 mit 40 % in Frankreich und 37 % in Tschechien am höchsten und betrug in Deutschland 27 %, in Österreich 12 % sowie 11 % in der Schweiz."
https://de.wikipedia.org/wiki/Atheismus#Demographische_Merkmale
Offenbar beeinflusst eine streng laizistische Verfassung wie in Frankreich die Zahl der Atheisten / Gläubigen.

waden
10.05.2017, 12:14
Ich sehe da auch nichts Negatives dran. Ganz im Gegenteil.

Natürlich wird mit Hilfe von Religion unterdrückt, ausgebeutet, gemordet. Das muss man auch benennen und dagegen angehen. Wird aber der Physikunterricht abgeschafft ... . Gehirnwäsche pur!

Dogmatisches Denken soll durch ein Glaubens- oder Erkenntniskonstrukt nicht gefördert werden.
Kritisches Denken soll gefördert werden - das ist aber eine besondere Schwachstelle der Religionen. Die Falsifizierbarkeit einer These - undekbar für eine Religion und Basis für kritisches Denken.

qbz
10.05.2017, 12:54
In der Turkei wäre ich wahrscheinlich Moslem, in Indien Hindu. Das ist mir völlig klar.
Ich glaube aber, dass Religionen auch dann entstehen würden, gäbe es sie heute nicht. Vielleicht liegt es daran, dass der Mensch hinter dem ganzen Klimbim hier einen Plan vermutet oder nicht damit fertig wird, dass sein Leben und das Leben aller Menschen letztendlich sinnlos ist und somit mit Hilfe irgendeiner Religion seinem Leben einen Sinn und dem Geschehen einen Plan gibt.

Mit solchen Fragen beschäftigte sich Freud intensiv. Ich finde seine Gedanken interessant, obgleich ich sie nur begrenzt teile, und seine Theorie "analysiert" die Funktion einer patriarchal-bestimmten Religion für die Menschen.

"Das bedeutendste Element des "psychischen Inventars" für die Stabilisierung der Kultur ist jedoch die religiöse Vorstellung, da sie für den nötigen Triebverzicht sorgt und somit den anarchischen Naturzustand verhindert. Es sei die Hauptaufgabe der Kultur, ihr eigentlicher Daseinsgrund, uns gegen die Natur zu verteidigen - auch gegen die eigene - da sonst der Urzustand drohe.

Die Götter hatten zunächst eine dreifache Aufgabe:

+ die Natur zu bannen,
* mit dem Schicksal zu versöhnen und
* für das Leiden zu entschädigen.

Im Laufe der Zeit gelang die Konzentrierung auf den väterlichen Kern der Gottesidee, erwachsen aus der Erfahrung der eigenen Hilflosigkeit während der Kindheit.

Der Autor sieht hier eine Wiederholung der individualpsychologischen Entwicklung in der Kindheit:

"Wenn nun der Heranwachsende merkt, dass es ihm bestimmt ist,
immer ein Kind zu bleiben, daß er des Schutzes gegen fremde Übermächte
nicht entbehren kann, verleiht er diesen die Züge der Vatergestalt,
er schafft sich die Götter, vor denen er sich fürchtet,
die er zu gewinnen sucht und denen er doch seinen Schutz überträgt."

Religion ist so die Abwehr der menschlichen Hilflosigkeit und Ohnmacht, die sich - wie dem Vater gegenüber - in einem ambivalenten Verhältnis aus Liebe und Furcht äußert."

https://de.wikibooks.org/wiki/Religionskritik:_Freud

keko#
10.05.2017, 13:51
"Das bedeutendste Element des "psychischen Inventars" für die Stabilisierung der Kultur ist jedoch die religiöse Vorstellung, da sie für den nötigen Triebverzicht sorgt und somit den anarchischen Naturzustand verhindert. Es sei die Hauptaufgabe der Kultur, ihr eigentlicher Daseinsgrund, uns gegen die Natur zu verteidigen - auch gegen die eigene - da sonst der Urzustand drohe.

Religion als Kitt der Gesellschaft. Ein bisschen Angst davor, dass man am Jüngsten Tag gerichtet wird, täte uns nicht schlecht. ;)

Jörn
10.05.2017, 14:47
Religion als Kitt der Gesellschaft. Ein bisschen Angst davor, dass man am Jüngsten Tag gerichtet wird, täte uns nicht schlecht. ;)

Ja, allerdings wäre es hilfreich, wenn zuvor die Gesetze bekannt wären. Werden wir nach dem Alten Testament gerichtet oder nach der Shariah? Oder nach dem zwölften Buch Krishna?

Deinem Wunsch nach ethischer, verantwortungsvoller Lebensführung stimme ich zu.

"Religion als Kitt der Gesellschaft" finde ich unverfroren; diese Formulierung stammt ja von unserem Innenminister. Der Innenminister ist für unsere Rechtsordnung zuständig. Ich finde es ungeheuerlich, dass er so eine Formulierung benutzt. Nach meinem Verständnis ist das eine verfassungswidrige Idee. Ich würde sowas eher von einem afghanischen Politiker erwarten.

Jörn
10.05.2017, 15:05
Darüberhinaus glaube ich auch, dass bis vor einigen Generationen ein sehr großer vorauseilender Gehorsam in der Bevölkerung zu erkennen war/ist. Ich erlebe das selbst bei meinen Eltern, die sich durch äußere Kompetenzsignale wie Uniformen, offizielle Titel, etc. sehr stark beeinflußen lassen. Diese Generation ist es bis dato nicht gewohnt gewesen, Aussagen oder Lehren dieser Personen in Frage zu stellen und man hat diese daher größtenteils 1:1 übernommen.

Das dies auch die Kirche damals erkannt hatte, zeigt sich für mich immer wieder, durch einen Besuch der Gotteshäuser dieser Republik. In diesen bombastischen Häusern wird man doch nahezu erdrückt durch die Größe und die extreme Opulenz mit Prunk und Protz. Da wird doch ganz klar und plastisch signalisiert wer Groß und wer Klein ist (und auch zu sein hat). Das hat für mich nichts damit zu tun, sich auf Augenhöhe zu begegnen und eine gleichberechtige Konversation zu führen.

Applaus! Sehr gutes Posting!

Das Marketing der Kirchen ist effektiv, und es bedient sich vieler Formen, die wir auch aus der normalen Welt zu respektieren gelernt haben, etwa Uniformen oder Autorität durch Reichtum und Statussymbole.

Deswegen ist es mir ein Anliegen, diesen unbegründeten Respekt und die erwartete Unterwürfigkeit schlicht zu verweigern. Es ist verblüffend, wie viele Leute sich durch dieses (mein) Verhalten angegriffen fühlen, während sich niemand über ein respektloses Verhalten gegenüber Politikern aufregen würde.

Jörn
10.05.2017, 15:20
Ich schlußfolgere, dass aus deiner Sicht der wissenschaftlich ausgebildete und unvoreingenommen erzogene Mensch unreligiös wäre.

Du versuchst öfter, mir die Behauptung unterzuschieben, dass ich alle Gläubigen für doof halte. Das ist aber nicht meine Meinung. Meine Meinung ist, dass es sich um hereingelegte Opfer handelt. Meine Kritik und meine Verachtung gilt den Tätern.

:Blumen:

Übrigens sind viele Gläubige insofern doof, als dass sie unreflektiert an doofe Sachen glauben. Diese Feststellung kann man ihnen leider nicht ersparen. Aber wird sind ja alle in irgendsolchen Punkten etwas irrational, denn wir sind keine Roboter, und das ist gut. Die Teilnehmer des Threads, der ja ein tolles Niveau hat, sind ganz sicher nicht doof.

Die Wissenschaft zeigt uns, wie man schrittweise zu möglichst zutreffenden Erkenntnissen kommt. Den Anfang machen Daten, d.h. man sammelt Hinweise, Fundstücke, Ereignisse. Dieser erste Schritt fehlt bereits bei den Religionen. Deswegen stimme ich Dir zu, dass wissenschaftlich denkende Menschen nicht religiös wären. Jedoch nicht, weil sie irgendwie "besser" wären, sondern weil einfach der Gegenstand nicht vorhanden ist, der zur Religiosität führt.

Es mag sein, dass es sich in der Steinzeit um einen ehrlichen Erklärungsversuch handelte, die Welt und ihre Eigenschaften zu erklären. Das finde ich ehrenwert. Mittlerweile ist es zu einer reinen Scharlatanerie verkommen, die gegen jede sachliche Erkenntnis agiert. Steinzeitmenschen kann man ihren Aberglauben nicht vorwerfen; dem Papst durchaus. Wenn die atemberaubenden Erkenntnisse der Wissenschaft seine Weltsicht nicht um einen Millimeter verrücken konnten, dann hat er schlicht einen an der Waffel. Er glaubt, es wäre eine ganz besondere Tugend, als albern aufgeputzter Neandertaler durchs Leben zu gehen und irgendwelche alten Knochen anzubeten. Ja, das finde ich in der Tat doof.

:Duell:

waden
10.05.2017, 15:32
Mit solchen Fragen beschäftigte sich Freud intensiv....

Religion ist so die Abwehr der menschlichen Hilflosigkeit und Ohnmacht, die sich - wie dem Vater gegenüber - in einem ambivalenten Verhältnis aus Liebe und Furcht äußert."

https://de.wikibooks.org/wiki/Religionskritik:_Freud

Interessant.
Ein passendes Modell für patriarchalische Gesellschaften. Kunstvoll hat das Christentum während seiner Expansion mit dem Marienkult auch die vormals lokal verehrten weiblichen Gottheiten ins monotheistische Konzept eingebunden.

Jörn
10.05.2017, 15:34
Vielleicht liegt es daran, dass der Mensch hinter dem ganzen Klimbim hier einen Plan vermutet oder nicht damit fertig wird, dass sein Leben und das Leben aller Menschen letztendlich sinnlos ist und somit mit Hilfe irgendeiner Religion seinem Leben einen Sinn und dem Geschehen einen Plan gibt.

Das finde ich sehr sympathisch: Die Sinnsuche und die Verankerung seinen Lebens in einen positiven Kontext.

Das verstehe ich gut. Was ich nicht verstehe ist, warum dieser Sinn durch eine Priesterkaste verbindlich für alle festgelegt werden soll. Ist das nicht eine betrübliche Vorstellung? Dass mein Leben nur dazu dient, deren Gesetzen zu folgen?

Nehmen wir an, ich gewinne 42 Millionen Euro im Super-Lotto. Würde ich dazu sagen: "Mir fehlt irgendwie der Sinn des Ganzen, und ich habe keinen Bezug dazu"? Oder würde ich einfach den unglaublichen Glücksfall als solchen akzeptieren, und mir dann Dinge ausdenken, die ich mit 42 Millionen Euro anstellen könnte. Es gibt sicherlich viele sinnvolle Dinge, die man damit tun könnte -- so viele, dass es ein bisschen egal ist, welche man davon auswählt. Ich habe also auch Freiheit gewonnen.

Unser Dasein scheint ein solcher Zufall zu sein. Ist es sinnlos, nur weil es "einfach so" auf uns herab fiel, wie ein Lottogewinn? Sollen wir es deswegen als wertlos zurückweisen? Ich würde sagen, wir sollten uns ganz im Gegenteil jeden Tag bewusst sein, wie unfassbar unser Lottogewinn ausgefallen ist; gerade für uns in der modernen Zeit, in einem freien Land. Wie gut soll es noch werden, damit es als "gut" wahrgenommen wird? Für mich reicht es aus.

Als Engel auf einer Wolke zu sitzen, scheint mir jedenfalls nicht sinnvoller zu sein.

Jörn
10.05.2017, 15:52
Du kannst der Theologie ihre eigenen Wahrheitsbedingungen theoretisch schon bestreiten. Dann solltest Du aber zumindest andere aufstellen. Und ich vermute, damit wirst Du dann nicht zu dem Ergebnis kommen, daß die theologischen Sätze falsch sind, sondern daß sie gar keine Sätze bzw. unsinnig sind.

Einverstanden, irgendein Wahrheitsrahmen muss her.

Ich kann aber durchaus für die Religion den gleichen Rahmen aufspannen wie für die Wissenschaft. Es gibt kein Gesetz, dass diese Rahmen unterschiedlich sein müssen; und die Tatsache, dass die Religion im Rahmen der Wissenschaft zusammenbricht, ist kein Kriterium dafür, dass dieser Ansatz falsch wäre.

Für die Astrologie (Horoskope in der Bild-Zeitung) wird ja auch kein eigener "Wahrheitsrahmen" aufgespannt, mit dem Ziel, diesen Hokuspokus als "wahr" erscheinen zu lassen. Sondern der Rahmen ist der des Lesers, nämlich die alltägliche Welt. Warum sollte die Religion einen anderen Rahmen haben als die Horoskope in der Bild-Zeitung?

Ich beschreibe Vorgänge und Entscheidungen, auf denen die Religion beruht.

Das ist durchaus möglich. Aber es ist auch möglich, dass es nicht zutrifft. Wie sicher kannst Du Dir sein, dass die Religion Deine "Verteidigung" gut findet? Es kann ebenso gut sein, dass die Religion ausdrücklich im "Hier und Jetzt" verankert sein will, und dass sie entsetzt wäre, wenn sie von Deiner "Verteidigungsstrategie" wüsste.

Die Bibel nennt ausdrücklich zahlreiche Ereignisse, die illustrieren sollen, dass es sich im "Hier und Jetzt" abspielt. Beispielsweise lässt Jesus den ungläubigen Thomas in seine Wunde fassen, um zu beweisen, dass er nicht nur ein Geist, sondern real ist. Beim Mahl mit den Jüngern wird er aufgefordert, Fisch zu essen, um zu beweisen, dass er aus Fleisch und Blut ist. Tote werden erweckt. Kranke werden geheilt. Es gibt Unmengen solcher Beispiele, in denen die Bibel betont, dass es sich nicht nur um ein geistiges Konstrukt handelt. Auch der Katechismus ist voll davon.

Im Petersdom wird ein Stück jener Lanze aufbewahrt, die Jesus angeblich in die Lende gestoßen wurde, um zu prüfen, ob er bereits tot ist. Das dafür gebaute Monument ist so groß wie ein zweistöckiges Haus. Ich habe bei einem Besuch einige Fotos davon gemacht. Es ist offensichtlich, dass die rk-Kirche viel Wert legt auf eine Verankerung im "Hier und Jetzt".

Ich wäre mir also nicht so sicher, ob die Kirche einen eigenen, abgehobenen "Wahrheitsrahmen" überhaupt haben will.

Angesichts dieser Umstände werde ich die Religionen weiterhin an irdischen Maßstäben messen. Wenn ich falsch liege, richte ich zumindest keinen Schaden an.

:Blumen:

captainbeefheart
10.05.2017, 16:32
Was ich nicht verstehe ist, warum dieser Sinn durch eine Priesterkaste verbindlich für alle festgelegt werden soll. Ist das nicht eine betrübliche Vorstellung? Dass mein Leben nur dazu dient, deren Gesetzen zu folgen?


Worin genau unterscheidet sich diese normative Setzung durch eine "Führungskoalition" von anderen Systemen?

Das ist in jedem System identisch, weil konstitutiv für Systeme.

Jörn
10.05.2017, 16:40
Worin genau unterscheidet sich diese normative Setzung durch eine "Führungskoalition" von anderen Systemen?

Das ist in jedem System identisch, weil konstitutiv für Systeme.

Mir ist nicht bewusst, dass irgend eine "Führungskoalition" den Sinn meines Lebens festgelegt hätte oder festlegen könnte.

captainbeefheart
10.05.2017, 17:08
Mir ist nicht bewusst, dass irgend eine "Führungskoalition" den Sinn meines Lebens festgelegt hätte oder festlegen könnte.

Sinn steht stellvertretend für die Leitdifferenz der Systeme (wahr / nicht wahr; Nähe / Distanz; Macht / keine Macht; zahlen / nicht zahlen usw.), die je System unterschiedlich sind. Im religiösen Systemen geht eben es oft um Sinn bzw. Transzendenz, in anderen Systemen um andere kommunikative Inhalte.

Nachdem Du eine Austrittsentscheidung bzgl. religiöser Systeme getroffen, bzw. durch eine fehlende Eintrittsentscheidung Dich gar nicht erst daran orientiert hast, gilt das für Dich auch nicht. Dafür orientierst Du Dich sehr deutlich an der Differenz wahr / nicht wahr und der entsprechenden empirischen Beweisführung des naturwissenschaftlichen Systems. Und ich vermute, bzgl. Deines Geschäftsmodells an der Differenz zahlen / nicht zahlen und wenn mal nicht gezahlt werden sollte, an dem im Rechtssystem von einem Subsystem festgelegten Regeln des Eintreibens von Forderungen.

Diese Regeln kommen dabei nicht originär von Dir selbst, werden von Dir aber immer wieder reproduziert, was zu Erhalt des Systems führt.

So ist das analog auch bei religiösen Systemen und deren Leitdifferenz sowie den daraus destillierten Systemregeln.

Klugschnacker
10.05.2017, 17:23
Bitte bleibt beim Thema. Für die Theorie von Systemen, wie sie captainbeefheart anspricht, kann gerne ein eigener Thread eröffnet werden, falls sich jemand dafür interessiert.

captainbeefheart
10.05.2017, 17:32
Bitte bleibt beim Thema. Für die Theorie von Systemen, wie sie captainbeefheart anspricht, kann gerne ein eigener Thread eröffnet werden, falls sich jemand dafür interessiert.

Verstehe ich nicht. Es geht um die Frage, warum "der Klerus" Regeln für die Gläubigen festlegen kann. Darum geht es seit etlichen Seiten.

LidlRacer
10.05.2017, 17:38
Verstehe ich nicht.

Ich fürchte, einen Großteil Deiner in einer recht speziellen Fachsprache abgefassten Beiträge versteht auch kaum jemand - inklusive meiner Wenigkeit.

waden
10.05.2017, 18:25
Sinn steht stellvertretend für die Leitdifferenz der Systeme (wahr / nicht wahr; Nähe / Distanz; Macht / keine Macht; zahlen / nicht zahlen usw.), die je System unterschiedlich sind. Im religiösen Systemen geht eben es oft um Sinn bzw. Transzendenz, in anderen Systemen um andere kommunikative Inhalte....

Ich finde diese Kategorisierung zwar interessant, allerdings sorgt dieses Einteilen dafür, dass alle Systeme nebeneinander stehen, als gäbe es nicht eine Realität, die für uns alle die gleiche Relevanz besitzt. Wir leben aber schon in dem System, in dem man bei Verdacht auf Herzinfarkt erstmal den Notarzt ruft und nicht den Seelsorger. Da ist dann innerhalb von Sekunden klar, dass alle Anwesenden sich auf die naturwissenschaftlich erforschte Realität beziehen. Und die ist dann nicht losgelöst gleichberechtigt mit anderen Konstrukten, so faszinierend das theoretisch auch klingen mag.

Zarathustra
10.05.2017, 20:06
...
Ich kann aber durchaus für die Religion den gleichen Rahmen aufspannen wie für die Wissenschaft. Es gibt kein Gesetz, dass diese Rahmen unterschiedlich sein müssen ...
Wie sicher kannst Du Dir sein, dass die Religion Deine "Verteidigung" gut findet? Es kann ebenso gut sein, dass die Religion ausdrücklich im "Hier und Jetzt" verankert sein will, und dass sie entsetzt wäre, wenn sie von Deiner "Verteidigungsstrategie" wüsste.
...


Es bestreitet und verbietet auch keiner, daß Du die Bibel an den Kriterien der Wissenschaft messen kannst. Die Frage ist, wie sinnvoll das ist.

Da Du, für Einen der auf einen wissenschaftlichen Standpunkt beharrt überraschend, nicht zwischen Normativem und Beschreibendem sorgfältig genug unterscheidest, muß Dir mein Versuch einer Beschreibung der Religion wie eine Verteidigung derselben vorkommen. Nocheinmal: Ich verteidige hier gar nichts. Ich versuche aufzuweisen, daß Deine Argumentation gegen die Religion am falschen Punkt ansetzt.

Daher ist es mir dabei auch egal, wie die Religion meinen Beschreibungsversuch findet. Ich gehe sogar stark davon aus, daß dieser von ihrer Selbstbeschreibung abweicht.

Jörn
10.05.2017, 20:47
Es bestreitet und verbietet auch keiner, daß Du die Bibel an den Kriterien der Wissenschaft messen kannst. Die Frage ist, wie sinnvoll das ist.

1. Du setzt voraus, dass die Kriterien von Religion und Wissenschaft völlig unterschiedlich wären. Jedoch bleibst Du den Beweis dafür schuldig. Genauso gut könnten beide weitgehend die gleichen Kriterien haben, etwa das Kriterium, dass eine bestmögliche Annäherung an eine korrekte Beschreibung der Gegebenheiten "gut" sei. Folglich kann ich beide an diesem Kriterium messen.


2. Warum sollte es unnütz sein, ein System mit den Kriterien eines anderen Systems zu messen? Deutschland und der IS haben unterschiedliche Rechtssysteme. Soll es etwa verboten sein, das System des IS an den deutschen Maßstäben zu messen? Würdest Du sagen, das Rechtssystem des IS kann nur innerhalb der IS-Logik beurteilt werden?

Ich schaue mir die Behauptungen der Bibel über die Beschaffenheit der Erdatmosphäre an, und stelle fest, dass diese Behauptungen nicht zutreffen. Warum soll das unnütz sein? Du schreibst, das wäre nicht sinnvoll, aber ich finde es in der Tat sinnvoll.


3. Du konntest bisher nicht belegen, dass die christliche Religion überhaupt einen anderen Rahmen als den der Wissenschaft beansprucht. Für mich sieht es so aus, als bestünden die großen christlichen Kirchen darauf, im gleichen Rahmen zu wirken und verstanden zu werden. Ich würde sogar so weit gehen, dass das Konzept unterschiedlicher "Wahrheitsrahmen" in der Bibel nicht vorkommt.

Die Religion könnte die exakt gleichen Kriterien haben wie die Wissenschaft -- und daran scheitern. Ihre Unterschiedlichkeit zur Wissenschaft könnte in diesem Scheitern begründet sein. Dann wäre die Religion nicht grundsätzlich anders, sondern nur besonders irrtümlich.

captainbeefheart
10.05.2017, 21:26
Ich fürchte, einen Großteil Deiner in einer recht speziellen Fachsprache abgefassten Beiträge versteht auch kaum jemand - inklusive meiner Wenigkeit.

Entschuldigung, das tut mir leid. Ich versuch's mal salopp :-)

Jörn fragt, wenn ich das richtig verstanden habe, wie es sein kann, dass Gläubige den Regeln (= Normen) der kirchlichen Institutionen (= Führungskoalition) folgen. Und das vor allem dann, wenn die Regeln und was zu den Regeln geführt hat, aus wissenschaftlicher Sicht mindestens höchst problematisch, wenn nicht kompletter Murks ist.

Die Antwort darauf ist letztlich einfach: Weil sie (die Gläubigen = Systemelemente) davon überzeugt sind, dass das für sie "richtig" ist (= normative Wahrheit). Anderen Argumenten gegenüber stehen sie nicht offen gegenüber (= Systeme sind prinzipiell geschlossen), sie sortieren das irritiert aus und rückversichern sich bei Ihren Buddies, dass, was richtig war auch richtig bleibt (= System ist selbstreferentiell). Andere, z.B. Wissenschaftler schütteln, ob dieser Sturheit den Kopf und können nicht verstehen, wie man so einen Schmarrn für richtig halten kann. Das ist jetzt sehr vereinfachend und verkürzt.

Und das gibt es nicht nur bei Religionssystemen, das ist in allen Systemen so.

Ich schau grad nebenher Fußball, deshalb dieses Beispiel. Ein Fanclub der Löwen (1860 München) funktioniert im Grunde (= prinzipiell) genauso: Es gibt ausgesprochene und unausgesprochene Regeln (= Normen), die festlegen, was gut und richtig für den Löwenfan ist und daran wird sich gehalten. Wer sich nicht dran hält wird über eine klare Rückmeldung ("spinnst jetzt, der Schiri ist ein Arschloch!") wieder auf die Spur gebracht. Wo die regeln herkommen ist auch weitgehend uninteressant, so wissen z.B. die wenigsten Löwenfans noch, warum es eine Fangemeinschaft mit Bochum gibt, es gibt sie, also ist Bochum OK, der Rest sind Arschlöcher. Schon mal versucht mit einem Löwenfan darüber zu sprechen, dass ein anderer Club, z.B. der FC Bayern München gut Fußball spielt? Dann weißt Du was "operational geschlossen" heißt.

Bissl verständlicher?

Jörn
10.05.2017, 21:38
Jörn fragt, wenn ich das richtig verstanden habe, wie es sein kann, dass Gläubige den Regeln (= Normen) der kirchlichen Institutionen (= Führungskoalition) folgen. Und das vor allem dann, wenn die Regeln und was zu den Regeln geführt hat, aus wissenschaftlicher Sicht mindestens höchst problematisch, wenn nicht kompletter Murks ist.

Nein, das ist wohl ein Missverständnis. Was Du schreibst hat mit dem, was ich vertrete, nichts zu tun. Nichtmal annähernd.

:Blumen:

Zarathustra
10.05.2017, 22:16
1. Du setzt voraus, dass die Kriterien von Religion und Wissenschaft völlig unterschiedlich wären. Jedoch bleibst Du den Beweis dafür schuldig. ...

2. Warum sollte es unnütz sein, ein System mit den Kriterien eines anderen Systems zu messen? Deutschland und der IS haben unterschiedliche Rechtssysteme. ...


3. ...Für mich sieht es so aus, als bestünden die großen christlichen Kirchen darauf, im gleichen Rahmen zu wirken und verstanden zu werden.


1. Die voraussetzungsreichere Annahme ist, daß beide dasselbe Ziel verfolgen. Woher kommt die Unterscheidung: Religion -> Glaube, Wissenschaft -> Wissen?
„Gott ist der Schöpfer der Welt“ sieht für mich genausowenig wie eine wissenschaftliche Hypothese aus wie „Die Quadratwurzel aus -5 hat übermorgen drei Spiegel erfunden“. Wenn es eine sein sollte, müßten wir wissenschaftliche Kriterien aufstellen können, die sie uns als wahr erkennen ließen, oder zumindest solche, die ihre Falschheit zeigten. Aber: Wir wissen mit dem Satz kein konkret beobachtbares Phänomen zu verbinden; wie wir allmächtige Wesen identifizieren oder ihre Nichtexistenz nachweisen sollen, wissen wir nicht; Schöpfung kennen wir nur im Zusammenhang mit konkreten Einzeldingen, nicht bezogen auf die Welt als Ganze; die Welt als Ganze und ihr absoluter Anfang sind gar nicht Gegenstand der Wissenschaft, sondern nur wohlbestimmte wissenschaftlich erfassbare Aspekte innerhalb derselben (Raum, Zeit, Materie, usw.). Der Satz ist nicht eine zufällig falsche, wissenschaftliche Hypothese, sondern gar keine wissenschaftliche Hypothese.

2. Der Vergleich hinkt. Du hast hier zwei Rechtssysteme. (Übrigens ist hier wahrscheinlich das Mittel der Überzeugung militärische Gewalt, nicht die Wahrheit.)

3. Die Religion wirkt insofern auf diese Welt als sie Normen vorgibt, Handlungsweisen hervorruft sowie mit gewissen Gefühlen und Bedürfnissen zu tun hat. Was dazu nicht taugt, ist logisch gesprochen Ornament.

Jörn
10.05.2017, 22:29
Könnte ich mich in einem Wahrheitssystem bewegen, in dem beide Systeme (Wissenschaft und Religion) als Untermenge enthalten sind?

Ich gebe hiermit bekannt, dass ich mich in einem solchen Wahrheitssystem befinde. Ich kann daher sowohl die Religion als auch die Wissenschaft verstehen und beurteilen.

:liebe053:

Könnten wir es nicht bei dieser grandiosen Einsicht belassen? Denn, ganz ehrlich, ich werde mir das Recht nicht nehmen lassen, die Religionen zu bewerten oder als unwahr zu bezeichnen. Ich kann mir auch kein Argument vorstellen, welches mich davon abhält. Dass ich dabei auf Gegenpositionen stoßen werde, habe ich bereits einkalkuliert.

:Liebe:

schnodo
10.05.2017, 22:41
Denn, ganz ehrlich, ich werde mir das Recht nicht nehmen lassen, die Religionen zu bewerten oder als unwahr zu bezeichnen.

Christopher Hitchens ist leider schon tot und irgendeiner muss den Job ja machen. Weiter so! :)

Klugschnacker
10.05.2017, 22:47
„Gott ist der Schöpfer der Welt“ ... Wir wissen mit dem Satz kein konkret beobachtbares Phänomen zu verbinden; wie wir allmächtige Wesen identifizieren oder ihre Nichtexistenz nachweisen sollen, wissen wir nicht; Schöpfung kennen wir nur im Zusammenhang mit konkreten Einzeldingen, nicht bezogen auf die Welt als Ganze; die Welt als Ganze und ihr absoluter Anfang sind gar nicht Gegenstand der Wissenschaft, sondern nur wohlbestimmte wissenschaftlich erfassbare Aspekte innerhalb derselben (Raum, Zeit, Materie, usw.). Der Satz ist nicht eine zufällig falsche, wissenschaftliche Hypothese, sondern gar keine wissenschaftliche Hypothese.

Was wird mit dem Satz „Gott ist der Schöpfer der Welt“ denn überhaupt ausgesagt, wenn wir, wie Du beschreibst, nicht wissen können, was die Begriffe Gott, Schöpfer und Welt bedeuten sollen? Ich könnte statt dieses Satzes ebensogut sagen "Kwarkel ist der Kotom des Tarft", oder nicht?

Ich bin der Ansicht, dass es in den Religionen zahlreiche Dinge gibt, die für uns überprüfbar sind, und zwar sowohl logisch als auch empirisch.

Deine Gedanken finde ich sehr interessant und anspruchsvoll, und ich verstehe langsam, worauf es Dir ankommt.

Zarathustra
10.05.2017, 22:57
...
Könnten wir es nicht bei dieser grandiosen Einsicht belassen? Denn, ganz ehrlich, ich werde mir das Recht nicht nehmen lassen, die Religionen zu bewerten oder als unwahr zu bezeichnen. ...

:Liebe:

Bin ganz einverstanden. :Blumen:

Klugschnacker
10.05.2017, 23:01
Woher kommt die Unterscheidung:

Religion -> Glaube
Wissenschaft -> Wissen?


Bei überprüfbaren Dingen ist die Antwort einfach. Man kann glauben, die Erde sei eine Scheibe, und durch Nachsehen herausfinden, dass sie eine Kugel ist. Man weiß nun, dass sie eine Kugel ist, bis jemand das Gegenteil beweist.

Jetzt ein schwierigerer Fall: Kann es einen Uranklumpen geben, irgendwo im Weltall, der 10 Kilometer dick ist? Die Frage ist hypothetisch, denn wir können nicht das gesamte Universum absuchen. Antwort: Nein, denn nach den uns bekannten Naturgesetzen wird die kritische Masse bereits bei einem Durchmesser von 10 Zentimetern erreicht. Ein Uranklumpen, der 100.000 mal dicker ist, kann daher nicht existieren, da er vorher explodiert. Wir wissen das, bis jemand das Gegenteil beweist.

Schwierig wird es bei Dingen, die nicht existieren, und das ist der Clou bei Deiner Argumentation. Was kann man wissen über Dinge, die nicht existieren? Um das zu illustrieren führst Du eine Reihe nichtexistierender Dinge an und sagst ganz richtig, dass die Wissenschaft darüber nichts aussagen könne. Also bestünde kein Unterschied zum Glauben. Verstehe ich Dich soweit richtig?

Zarathustra
10.05.2017, 23:55
Was wird mit dem Satz „Gott ist der Schöpfer der Welt“ denn überhaupt ausgesagt...?
...
Deine Gedanken finde ich sehr interessant und anspruchsvoll, und ich verstehe langsam, worauf es Dir ankommt.

Dankeschön! Es ist, denke ich, ausgesprochen schwierig sich über diese Dinge einigermaßen präzise zu verständigen und eine solche Diskussion muß nicht darum gehen irgendjemanden von irgendetwas zu überzeugen, sondern kann auch dazu dienen, daß ein jeder sich seiner eigenen Position etwas klarer wird.

Abgesehen von dem vorher schon einmal angesprochenen normativen Aspekt wird mit dem Satz „Gott ist der Schöpfer der Welt“ in der Regel ja schon mehr verbunden als mit einem völlig unverständlichen. Aber dabei handelt es sich wohl um etwas, was man als dunkle und verworrene Vorstellungen und Bilder bezeichnen könnte, aber eben nichts, was zur für die Wissenschaft erforderlichen Klarheit und Deutlichkeit reichte. Der Religion kommt es hauptsächlich auf den Wortlaut an, während die Vorstellungen getrost in ihrem prekären Zustand belassen bleiben können.

Zarathustra
11.05.2017, 01:46
...Man kann glauben...

...eine Reihe nichtexistierender Dinge an und sagst ganz richtig, dass die Wissenschaft darüber nichts aussagen könne. Also bestünde kein Unterschied zum Glauben. Verstehe ich Dich soweit richtig?



An dieser Stelle muß ich (leider) wieder auf eine begriffliche Unterscheidung hinweisen:

a) Glaube = 1. die Treue, das Vertrauen 2. das feste Versprechen,
pistis (altgr.), fides (lat.), faith (engl.)

b) Glaube = Meinung, Vermutung, Annahme

_____


Der religiöse Glaube ist hauptsächlich im Sinne von a) zu verstehen. Das Vertrauen ist blind und durch keine Beobachtung zu erschüttern. Manch andere Disziplinen, die sich mit materiell nichtexistierenden Gegenständen beschäftigen, verhalten sich zu ihren Grundsätzen strukturell ähnlich.

Ein Glaube im Sinne von b) setzt dagegen schon eine einigermaßen klare und deutliche Vorstellung voraus, z.B. von einem Sachverhalt mit bestimmten Wahrheitsbedingungen, und eine empirische Untersuchung ist prinzipiell möglich.

Wenn manche Sätze der Bibel in beiden Bedeutungen verstanden werden können und im Sinne von b) geprüft und widerlegt werden, muß nicht einmal zwangsläufig a) dadurch erschüttert werden. („Schade für die Fakten!“, würde Hegel sagen.)

Jörn
11.05.2017, 02:39
Meine Beobachtung ist anders. Nur Fanatiker gehören allein in die Gruppe A (blinder Glaube), und vermutlich waren sie zuvor in Gruppe B (begründetes Vertrauen).

Die meisten "normalen" Gläubigen glauben keinesfalls blind, sondern sind überzeugt davon, dass man ihnen korrekte Informationen gegeben hat. Nur deswegen ist die christliche Lehre überhaupt glaubwürdig: weil es angeblich Augenzeugen gibt, Gefährten von Jesus, Jünger und Apostel, und weil diese Zeugenaussagen schriftlich vorliegen.

Du kannst das selbst testen:


Frage Deine gläubigen Bekannten mal danach, ob sie denken, dass Matthäus, Markus, Lukas und Johannes (die vier Evangelisten) zu den Jüngern von Jesus gehörten.



Frage danach, ob sie denken, dass es Augenzeugen gab, die die leere Grabkammer von Jesus gesehen haben, und dass diese Augenzeugen-Berichte in der Bibel stehen.


Ich würde fast mit Dir wetten wollen, dass Deine gläubigen Bekannten felsenfest davon überzeugt sein werden, dass die vier Evangelien von Jüngern geschrieben wurden, und dass in der Bibel ein Augenzeugenbericht über die leere Grabhöhle steht.

Nichts davon ist zutreffend, und hier kommt der entscheidende Punkt: Alle Theologen, auch der Papst, wissen das. Aber die Gläubigen wissen es nicht. Weil es in den Predigten immer geschickt so formuliert wird, dass der gewünschte Eindruck entsteht.

Warum ist diese Betrachtung wichtig?

Weil es zeigt, dass "Glaube" erst entsteht durch die Annahme, man hätte korrekte Fakten bekommen. Der Einstieg braucht diese behaupteten Fakten. Manche Leute werden später fanatisch und sind durch nichts zu erschüttern. Doch die meisten moderat Gläubigen sind durchaus zu erschüttern; nur kommen sie nicht ausreichend mit Beweisen in Kontakt.

Es gibt unzählige Belege dafür, dass einst tiefgläubige Menschen plötzlich anfingen, stutzig zu werden, und die später zu Atheisten wurden. Das beweist, dass die Gruppe A nicht so komplett anders funktioniert als Gruppe B.

Die strikte Trennung zwischen A und B gibt es meiner Meinung nach nicht (oder kaum). Die Gläubigen glauben an Gott so, wie sie an Bakterien glauben (die sie auch nie gesehen haben). Sie können sich nicht vorstellen, dass der nette Herr Papst ein Schwindler sein könnte, genauso wie sie sich nicht vorstellen können, dass ihr Doktor sie belügt, oder dass die ganze Wissenschaft die Bakterien nur erfunden haben. Es wäre einfach zu monströs, um ernsthaft in Betracht gezogen zu werden.

Aber wer glaubt noch an Adam und Eva? Die Beweise gegen diese Legende sind für die Menschen durchaus überzeugend. Früher war Adam und Eva ein nicht bestreitbarer Fakt. Auch Gläubige sind erreichbar durch Beweise.

Rälph
11.05.2017, 08:51
Was wird mit dem Satz „Gott ist der Schöpfer der Welt“ denn überhaupt ausgesagt, wenn wir, wie Du beschreibst, nicht wissen können, was die Begriffe Gott, Schöpfer und Welt bedeuten sollen? Ich könnte statt dieses Satzes ebensogut sagen "Kwarkel ist der Kotom des Tarft", oder nicht?


"Kwarkel ist der Kotom des Tarft"

Da hab ich mal eben gegooglet:;)

"Kwarkel" scheint die friesische Version des irischen Coracle (https://de.wikipedia.org/wiki/Coracle)zu sein. Ein kielloses, kleines Boot.

"Een Kwarkel is de Friese versie van de Ierse Coracle, een van oorsprong met koeienhuid bekleed bootje, gevlochten van meer jarige hazel- en wilgentwijgen."

http://www.uitin-deregio.nl/index.php?nav=details&item_id=107978


"Kotom" Das ist einfach: Kotom ist das slowenische Wort für Kot.
https://translate.google.com/?hl=de#auto/de/Kotom

"Tarft" ist anscheinend isländisch bedeutet auf deutsch "Tarf" (https://de.wikipedia.org/wiki/Tarf). Ein ein doppelrumpfiges Rekordfahrzeug aus den 1950er Jahren.
https://translate.google.com/?hl=de#auto/de/Tarft


Was willst du uns damit sagen, Arne????:Lachanfall:
(bemerkenswert sind die korrekten Artikel!)

keko#
11.05.2017, 09:18
Du versuchst öfter, mir die Behauptung unterzuschieben, dass ich alle Gläubigen für doof halte. Das ist aber nicht meine Meinung. Meine Meinung ist, dass es sich um hereingelegte Opfer handelt. Meine Kritik und meine Verachtung gilt den Tätern.

:Blumen:

Übrigens sind viele Gläubige insofern doof, als dass sie unreflektiert an doofe Sachen glauben. Diese Feststellung kann man ihnen leider nicht ersparen. Aber wird sind ja alle in irgendsolchen Punkten etwas irrational, denn wir sind keine Roboter, und das ist gut. Die Teilnehmer des Threads, der ja ein tolles Niveau hat, sind ganz sicher nicht doof.

Die Wissenschaft zeigt uns, wie man schrittweise zu möglichst zutreffenden Erkenntnissen kommt. Den Anfang machen Daten, d.h. man sammelt Hinweise, Fundstücke, Ereignisse. Dieser erste Schritt fehlt bereits bei den Religionen. Deswegen stimme ich Dir zu, dass wissenschaftlich denkende Menschen nicht religiös wären. Jedoch nicht, weil sie irgendwie "besser" wären, sondern weil einfach der Gegenstand nicht vorhanden ist, der zur Religiosität führt.

Es mag sein, dass es sich in der Steinzeit um einen ehrlichen Erklärungsversuch handelte, die Welt und ihre Eigenschaften zu erklären. Das finde ich ehrenwert. Mittlerweile ist es zu einer reinen Scharlatanerie verkommen, die gegen jede sachliche Erkenntnis agiert. Steinzeitmenschen kann man ihren Aberglauben nicht vorwerfen; dem Papst durchaus. Wenn die atemberaubenden Erkenntnisse der Wissenschaft seine Weltsicht nicht um einen Millimeter verrücken konnten, dann hat er schlicht einen an der Waffel. Er glaubt, es wäre eine ganz besondere Tugend, als albern aufgeputzter Neandertaler durchs Leben zu gehen und irgendwelche alten Knochen anzubeten. Ja, das finde ich in der Tat doof.

:Duell:

Gestern abend habe ich ein bisschen Physik gemacht. Ich habe die Tangentialgeschwindigkeit erklärt, v = ω x r. Also das Vektorprodukt aus Ortsvektor r und Wingelgeschwindigkeit ω. Ich kam dann zur Richtung der Winkelbeschleunigung und natürlich zu Newton. Das ist ein wunderschönes Thema, weil es sehr anschaulich die Verbindung von Mathe und Physik darstellt. Meinen höchsten Respekt vor den "Erfindern" dieser Konstrukte.
Daheim angekommen schaute ich auf Phoenix Tierfime an (meine Lieblingsgeschäftigungen, wenn ich Zeit habe). Es ging um Alligatoren in Südflorida, Urtiere aus der Dinosaurierzeit. Natürlich geht es bei den Tieren letztendlich immer ums Fressen und gefressen werden und um Fortpflanzung (wie bei uns meistens auch), trotzdem gibt es dort viel mehr Wunderbares und Schönes. Natürlich kann man mit Hilfe obiger Formeln berechnen, in welche Richtung und wie stark ein 500kg-Alligator seine Schwanzflosse bewegen muss, um sein Opfer zu umkreisen. Aber können wir jemals mit dieser Methode und unserem Verstand wirklich alles erfassen? Ich glaube nicht! Wir hecheln nur hinther, berschreiben nur irgendwelche Dinge, die wir beobachten. Das ist mir zu dünn.

Klugschnacker
11.05.2017, 09:24
OFFTOPIC:

"Ein kleines, kielloses Boot ist der Kot des doppelrumpfigen Schnellboots."

"Kot" ist dabei als "Notdurft" zu verstehen. Begriffsgeschichtlich geht es auf das Wort "Kot" zurück, was so viel bedeutet wie "Kot". Allerdings ist der Kontext wichtig. Notdurft, bedeutet hier, dass jemand etwas nicht nicht durfte.

Not ist aber auch im Sinne von "Not erleiden" zu verstehen. Es geht also um das Leiden, oder präziser, um das Nicht-Leiden-Dürfen. Jemand darf einen anderen nicht leiden. Das Motiv der verhinderten oder unmöglichen Liebe begegnet uns bei Romeo und Julia, oder zwischen Alfa Romeo und Martin Winterkorn. "Alfa" steht für den Ersten, den Primus, was ein Hinweis auf die Primaten ist, aus denen der Mensch hervorging. Primär ist allerdings nicht das Primat der Primaten gemeint, sondern die Ebenbildlichkeit Gottes. Winter-Korn dürfte als Getränk (sein Blut), aber auch Nahrungsmittel (sein Leib) keiner Erläuterung bedürfen, im Kontext winterlicher Erneuerung. Der obige Satz bedeutet also, dass man mal einen Korn trinken soll. So wird ein kreisrunder Lederkutter in der subjektiven Begegnung ein Schnellboot, das einem doppelt erscheint. Klar?

schnodo
11.05.2017, 09:30
Wir hecheln nur hinther, berschreiben nur irgendwelche Dinge, die wir beobachten. Das ist mir zu dünn.

Das sehe ich nun ganz anders. Ich (absoluter Physik-Laie) finde es gerade an der Physik faszinierend, welche überprüfbaren Vorhersagen sich ableiten leiten hinsichtlich Dingen, die man eben noch nicht beobachten konnte - weil z.B. bislang die technischen Mittel gefehlt haben. Generationen später, wenn es möglich ist, werden die Vorhersagen in vielen Fällen bestätigt. Und wenn nicht, wird dadurch trotzdem ein Erkenntnisgewinn erzielt und ein ganzer Wissenschaftszweig denkt um und entwickelt ein besseres Modell. Das ist doch ein hochkreativer Prozess und hat mit Hinterherhecheln nichts zu tun.

Wir können Aussagen treffen über Dinge, die wir nicht fassen, nicht sehen können, Vorgänge, die in der Vergangenheit in weiter Ferne geschehen sind und der Zukunft geschehen werden. Und das ist möglich, weil man sich über viele Generationen ein immer tieferes Verständnis der Mechanismen erarbeitet hat. Ich finde das nicht dünn sondern eindrucksvoll und bewundernswert.

PS: Wenn ich "wir" schreibe, dann meine ich natürlich nicht mich, sondern die anderen, die es tatsächlich können. So wie beim Fußball, wenn wir gewonnen haben. ;)

Klugschnacker
11.05.2017, 09:38
Aber können wir jemals mit dieser Methode und unserem Verstand wirklich alles erfassen? Ich glaube nicht! Wir hecheln nur hinther, berschreiben nur irgendwelche Dinge, die wir beobachten. Das ist mir zu dünn.

Du vermischst verschiedene Erkenntnisebenen. Wer den Inhalt eines Romans nicht versteht, dem wird es nicht helfen, die Buchstaben mit einer Lupe zu untersuchen. Ebenso liefert uns die Relativiätstheorie keine Erklärung für das Sozialleben einer Herde afrikanischer Gnus. Die Physik hat weder die Aufgabe noch die Möglichkeit, alles zu erklären. Wir haben für unterschiedliche Phänomene unterschiedliche Erklärungsmodelle. Andernfalls gäbe es keine Wissenschaften außer der Physik.

Das bedeutet aber nicht, dass es irgendwo auf der Welt nicht mit rechten Dingen zugeht.

Können wir mit unserem Verstand alles erfassen? Eindeutig nein. Die Wirklichkeit der Welt endet nicht an der Grenzlinie unserer Erkenntnisfähigkeit.

Klugschnacker
11.05.2017, 09:39
Das sehe ich nun ganz anders. Ich (absoluter Physik-Laie) finde es gerade an der Physik faszinierend, welche überprüfbaren Vorhersagen sich ableiten leiten hinsichtlich Dingen, die man eben noch nicht beobachten konnte - weil z.B. bislang die technischen Mittel gefehlt haben. Generationen später, wenn es möglich ist, werden die Vorhersagen in vielen Fällen bestätigt. Und wenn nicht, wird dadurch trotzdem ein Erkenntnisgewinn erzielt und ein ganzer Wissenschaftszweig denkt um und entwickelt ein bessere Modell. Das ist doch ein hochkreativer Prozess und hat mit Hinterherhecheln nichts zu tun.

Wir können Aussagen treffen über Dinge, die wir nicht fassen, nicht sehen können, Vorgänge, die in der Vergangenheit in weiter Ferne geschehen sind und der Zukunft geschehen werden. Und das ist möglich, weil man sich über viele Generationen ein immer tieferes Verständnis der Mechanismen erarbeitet hat. Ich finde das nicht dünn sondern eindrucksvoll und bewundernswert.

Schön geschrieben! :Blumen:

FlowJob
11.05.2017, 10:00
Andernfalls gäbe es keine Wissenschaften außer der Physik.

"All science is either physics or stamp collecting."
Ernest Rutherford :Cheese:
P.S.: Nette Anekdote auch, dass er den Nobelpreis für Chemie bekam...

Zarathustra
11.05.2017, 10:33
Meine Beobachtung ist anders. ...


Fast nichts von dem, was Du hier ausführst widerspricht prinzipiell dem von mir Gesagten. Meine Beschreibung ist aber insofern sachlicher als sie auf Bewertungen und Vermutungen über irgendwelche Absichten verzichtet.

Die von Dir angeführten Beispielsätze eignen sich tatsächlich für beide Glaubensarten (a und b). Diese Möglichkeit habe ich ja eingeräumt.

„Gott ist der Schöpfer der Welt“, der Satz, von dem wir ausgegangen sind, aber nicht. Er drückt nicht einen möglichen wissenschaftlichen Sachverhalt aus. In keiner ihrer Untersuchungen zieht die Wissenschaft allmächtige Wesen, Schöpfungen aus dem Nichts oder die Welt als Ganze (sub specie aeternitatis) in Erwägung, genauso wie sie als Wissenschaft nirgendwo Schönheit oder Güte findet.

keko#
11.05.2017, 10:55
Das sehe ich nun ganz anders. Ich (absoluter Physik-Laie) finde es gerade an der Physik faszinierend, welche überprüfbaren Vorhersagen sich ableiten leiten hinsichtlich Dingen, die man eben noch nicht beobachten konnte - weil z.B. bislang die technischen Mittel gefehlt haben. Generationen später, wenn es möglich ist, werden die Vorhersagen in vielen Fällen bestätigt. Und wenn nicht, wird dadurch trotzdem ein Erkenntnisgewinn erzielt und ein ganzer Wissenschaftszweig denkt um und entwickelt ein besseres Modell. Das ist doch ein hochkreativer Prozess und hat mit Hinterherhecheln nichts zu tun.

Wir können Aussagen treffen über Dinge, die wir nicht fassen, nicht sehen können, Vorgänge, die in der Vergangenheit in weiter Ferne geschehen sind und der Zukunft geschehen werden. Und das ist möglich, weil man sich über viele Generationen ein immer tieferes Verständnis der Mechanismen erarbeitet hat. Ich finde das nicht dünn sondern eindrucksvoll und bewundernswert.

PS: Wenn ich "wir" schreibe, dann meine ich natürlich nicht mich, sondern die anderen, die es tatsächlich können. So wie beim Fußball, wenn wir gewonnen haben. ;)

Ja ja, Standard-Antwort ;) Hier meine: Man kann mit Sicherheit davon ausgehen, dass in bestimmten Bereichen der heutigen Physik selbst elementarste Erkenntnisse nicht gegeben sind und stattdessen ein rein theoretisches Abhandeln erfolgt. Selbst wenn diese Theorien mithilfe mathematischer Ableitungen scheinbar bewiesen werden, sind sie doch weit von ursächlicher Erkenntnis entfernt.

Klugschnacker
11.05.2017, 11:04
Ja ja, Standard-Antwort ;) Hier meine: Man kann mit Sicherheit davon ausgehen, dass in bestimmten Bereichen der heutigen Physik selbst elementarste Erkenntnisse nicht gegeben sind und stattdessen ein rein theoretisches Abhandeln erfolgt. Selbst wenn diese Theorien mithilfe mathematischer Ableitungen scheinbar bewiesen werden, sind sie doch weit von ursächlicher Erkenntnis entfernt.

Deine? Du solltest angeben, wo Du das wörtlich abgeschrieben hast. :Huhu:

Klugschnacker
11.05.2017, 11:08
„Gott ist der Schöpfer der Welt“, der Satz, von dem wir ausgegangen sind, aber nicht. Er drückt nicht einen möglichen wissenschaftlichen Sachverhalt aus. In keiner ihrer Untersuchungen zieht die Wissenschaft allmächtige Wesen, Schöpfungen aus dem Nichts oder die Welt als Ganze (sub specie aeternitatis) in Erwägung, genauso wie sie als Wissenschaft nirgendwo Schönheit oder Güte findet.

Jetzt dachte ich fast, ich hätte Deine Linie verstanden. Allerdings würde ich jeden Deiner drei Sätze oben bestreiten.

Gott als möglicher Schöpfer der Welt kann aus meiner Sicht durchaus ein Forschungsgegenstand sein. Notfalls müssen in der Wissenschaft eben neue Begriffe eingeführt werden. Das ist nichts Neues oder Ungewöhnliches. Ich erinnere an den Feldbegriff der Physik. Wir betreiben ja erst sein 10 oder 15 Generationen ernstzunehmende Wissenschaft. Wer weiß, was wir in den kommenden 1000 Generationen finden.

Schönheit und Güte hat man durchaus in der Wissenschaft. Sowohl als Gegenstand der Forschung, als auch in Form eines Wahrheitsprinzips: Eine häßliche, umständliche Theorie hat eine geringere Überzeugungskraft als die eleganten Gleichungen von Einstein oder Maxwell. Auch die Evolutionstheorie ist bezüglich der Einfachheit ihres Wirkmechanismus sehr schön. – Güte ("Altruismus") ist Gegenstand vieler Forschungszweige, etwa der Psychologie, der Sozialforschung und sogar der mathematischen Spieltheorie. Dort wird erklärt, dass sich "Güte" selbst in unbewussten Systemen zwangsläufig von alleine herausbildet.

Es fehlt der Wissenschaft weniger an Schönheit oder Standpunkten zum Altruismus, sondern an Mystifizierungen derselben.

keko#
11.05.2017, 11:19
Deine? Du solltest angeben, wo Du das wörtlich abgeschrieben hast. :Huhu:

Ach komm, so macht man das heutzutage: ein paar Stichwörter, die man im Kopf hat, in Google reintippen oder reinsprechen und den schönsten Satz kopieren.

Schreibst du deine Texte noch selbst? :Cheese: Nicht mal Telepolis macht das.

Zarathustra
11.05.2017, 11:58
...
Gott als möglicher Schöpfer der Welt kann aus meiner Sicht durchaus ein Forschungsgegenstand sein. Notfalls müssen in der Wissenschaft eben neue Begriffe eingeführt werden. ...

Schönheit und Güte hat man durchaus in der Wissenschaft. ...

Natürlich können in der Wissenschaft neue Begriffe eingeführt werden. Diese müssen aber klar und deutlich sein. Man könnte etwa eine neue Naturkraft definieren und diese mit dem Wort Gott bezeichnen oder nach irgendwelchen sogenannten Gottesteilchen suchen. Nur wäre damit nichts gewonnen, denn der Nachweis, daß dieser neu eingeführte Begriff mit dem Gottesbegriff der Religionen identisch sei, bleibt aus und kann auch nicht gelingen, weil etwas Dunkles und Verworrenes nicht als identisch mit etwas Klarem und Deutlichem bestimmt werden kann. Zudem verfolgt die Wissenschaft ein Immanenzprinzip: Alle ihre Begriffe beziehen sich auf Dinge innerhalb der (beobachtbaren) Welt. Wird etwas Neues entdeckt, gehört es zu dieser. Das Transzendente gibt es für die Wissenschaft nicht.

Wenn ein Wissenschaftler Schönheit an seiner Theorie findet, verhält er sich zu ihr nicht als Wissenschaftler, sondern als Ästhetiker. Psychologie, Sozialforschung, Spieltheorie arbeiten mit einer jeweils historisch relativen Festsetzung des Für-gut-Gehaltenen, sie finden nicht das (absolut) Gute vor.

MattF
11.05.2017, 12:09
Wenn ein Wissenschaftler Schönheit an seiner Theorie findet, verhält er sich zu ihr nicht als Wissenschaftler, sondern als Ästhetiker.

Na ja es ginge ja erstmal darum den Begriff Schönheit zu definieren.

Dabei kann man sich überelgen was die Menschen schön finden und daraus kann man Muster ableiten, die auch reproduzierbar sind.

Man kann den Menschen dann z.b. ein Bild vorlegen, und die meisten werden es schön finden.

Schönheit ist nichts mythisches.

Zarathustra
11.05.2017, 12:20
...

Schönheit ist nichts mythisches.

Stimmt. Aber sie hat ihre eigenen Regeln, die nicht (allein) durch empirische Beobachtung oder kontrolliertes Experiment bestimmt werden.