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Vollständige Version anzeigen : Da fasse ich mir echt an den Kopf…


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trithos
21.09.2017, 22:52
Damit die Mitleser es besser einordnen können: Ein Kardinal bezeichnet den höchsten Rang innerhalb der katholischen Kirche. Darüber gibt es nur noch den Papst. Der Papst wird gewählt aus den Reihen der Kardinäle. Ein Kardinal ist deswegen immer auch „Papst-Kandidat“. Aus diesem Grund werden Kardinäle nur vom Papst ernannt.

Ein vom Papst ernannter Kardinal ist also mit der höchst möglichen Autorität und der größten Legitimierung ausgestattet, um für die Kirche zu sprechen und den Diskurs zu gestalten.

Wenn daher ein Kardinal auf irgendeiner Webseite publiziert (und sei es auf kath.net), dann ist das zitierfähig. Es stellt nicht unbedingt die offizielle Position der Kirche dar, aber es ist eine gewichtige Stimme. Etwa so, als wenn Ministerpräsident Seehofer sich äußert, obwohl er nicht Kanzler ist. Es hat Gewicht.

Deswegen ist der Einwand nicht statthaft, man müsse es nicht ernst nehmen.

Das hab ich auch nicht geschrieben. Anlass meines ersten Postings zu dem konkreten Thema "Kath.net" war dieser Text von Dir (Hervorhebungen von mir):

"Diese skandalösen Zustände sind das Ergebnis einer breiten Zustimmung innerhalb der Katholiken. Es sind keineswegs einsame Verirrungen überalterter Amtsträger, sondern sie sind gelebter Konsens, die von den Gläubigen getragen und eingefordert werden.

Wann immer eine solche Geschichte durch die Medien schwappt, kann man sich auf kath.net überzeugen, dass sowohl die Kirchenfürsten als auch das Fußvolk felsenfest dazu stehen. Es erscheinen entsprechende Artikel, Durchhalteparolen und Leserkommentare. Bischöfe werden von den Lesern aufgefordert, keinen Jota an den Satan preiszugeben."

Daraufhin habe ich geantwortet:
"Du glaubst aber nicht wirklich, dass kath.net in irgendeiner Form repräsentativ für die Meinung von Gläubigen ist?"

Und darauf antwortest Du wiederum mit dem oben zitierten Text, in dem Du sagt, man müsse Kardinäle ernst nehmen, wenn sie auf kath.net publizieren. Ich habe zu Kardinälen, die auf Kath.net schreiben, aber überhaupt nichts geschrieben, auch nicht, dass man sie nicht ernst nehmen müsse.

Ich will überhaupt nicht darüber urteilen, ob und wann man Kardinäle ernst nehmen muss. Ich sage nur, dass kath.net nicht dafür taugt, die Meinung der Mehrheit der Gläubigen herauszufinden. Umso mehr als ja auch bekannt ist, dass die Forumsbeiträge sehr oft von den Betreibern von kath.net selbst verfasst werden und nicht von "Lesern". Kath.net ist also keine seriöse Quelle um Dein Anfangsargument zu stützen, wonach diese skandalösen Zustände das Ergebnis einer breiten Zustimmung der Katholiken wären.

Jörn
21.09.2017, 22:56
Zur Studie über die Kirchenfinanzierung:

Ich halte das für eine Scheindebatte, weil die wirtschaftlichen Aspekte überhaupt kein Kriterium sind. Weder sind die Kirchen zur Effizienz verpflichtet, noch trachtet der Staat dabei nach Gewinn. Wenn ein Gewinn herausspränge, änderte sich nichts, und wenn ein Verlust entstünde, änderte sich auch nichts.

Studien wie diese sind zahlreich. Wir hatten bereits eine solche Studie debattiert, wobei herauskam, dass sie von der Kirche aufgrund eines bestimmten Feiertags in Auftrag gegeben wurde; und die Texte bestanden vorwiegend aus Eigenlob. Die Untersuchungsmethode bestand darin, dass man Kirchen-Mitarbeiter in Interviews um ihre Meinung bat.

captainbeefheart
21.09.2017, 23:00
Wenn es so sein sollte dass 100 Euro durch religiös gebundene Kanäle mehr allgemeinen gemeinwohlnutzenstiftende Wirkung entfalten sollte als durch weltliche, wüsste ich gerne den Grund - wenn es einen gibt, befürchte ich es - ist kein legitimer


m.

Das kann ich nicht beantworten. Solche Benchmarks gibt es meines Wissens auch nicht. Ist aber die richtige Fragestellung. Sollte sich mal einer drum kümmern :-)

Was man aber aber sagen kann ist, z.B. im Vergleich der Träger von Krankenhäusern, dass bei staatlichen und kirchlichen Trägern im Vergleich zu privaten Trägern, die Gewinnerzielungsabsicht und das Abfließen von Gewinnen an Shareholder fehlt. Insofern ist, bei sonst gleichen Bedingungen, der ökonomische Druck ein stückweit geringer.

LidlRacer
21.09.2017, 23:05
Die Kirche hat den volkswirtschaftlichen Nutzen gar nicht ausgerechnet, sondern die Forscher vom Joanneum Research in Graz.


Man könnte aber erwähnen, wer Auftraggeber der Studie ist:
"Im Auftrag der Finanzkammerdirektoren der (Erz-)Diözesen und der Superiorenkonferenz ..."
(https://www.ihs.ac.at/fileadmin/public/media_corner/user_upload/PA_Wirtschaftsfaktor_Kirche.pdf)
Mit anderen Worten:
Die Kirche.

Ich habe aber keine Ahnung, wie seriös die Studie tatsächlich ist.

Jörn
21.09.2017, 23:08
Hallo trithos, mir ist kath.net völlig egal. Mir geht es um die Äußerungen von ranghohen Kirchenvertretern, und diese findet man dort (und anderswo). Es werden dort meist nur Meldungen anderer Magazine verlinkt, quasi als Presseschau. Es ist eine bequeme Sammlung, mehr nicht.

Mein Punkt ist folgender: Die Einmischung in das Eheleben einer tadellosen und völlig unauffälligen Lehrerin ist skandalös und irre. Deswegen könnte man annehmen, dass die vielen Gläubigen sich mit ihr solidarisch zeigen und den Kirchenfürsten widersprechen. Aber das geschieht nicht, oder nur zu einem geringen Teil.

So unglaublich es auch klingen mag: Die Bischöfe und Kardinäle, die über den Rauswurf einer völlig unbescholtenen Lehrerin entscheiden, können sich auf einen breiten Rückhalt berufen. Es ist nicht so, dass sie sich durchsetzen müssten gegen Widerstände. Sondern sie werden von den Gläubigen entweder in Ruhe gelassen oder sogar noch angefeuert.

Die Kündigung der Lehrerin ist nicht die Schuld von wenigen Amtsträgern, sondern die Schuld von vielen Gläubigen. Würden die Gläubigen standhaft widersprechen (und das können sie ohne irgendwelche persönlichen Nachteile), hätte die Lehrerin noch ihren Job.

LidlRacer
21.09.2017, 23:09
Zur Seriosität der Studie haben sich erwartungsgemäß schon andere Gedanken gemacht:
www.atheisten-info.at/downloads/Welche_Werte_schoepft_die_Kirche.pdf

Habe aber keine Lust und Zeit, das zu lesen.

captainbeefheart
21.09.2017, 23:15
Zur Studie über die Kirchenfinanzierung:

Ich halte das für eine Scheindebatte, weil die wirtschaftlichen Aspekte überhaupt kein Kriterium sind. Weder sind die Kirchen zur Effizienz verpflichtet, noch trachtet der Staat dabei nach Gewinn. Wenn ein Gewinn herausspränge, änderte sich nichts, und wenn ein Verlust entstünde, änderte sich auch nichts.

Studien wie diese sind zahlreich. Wir hatten bereits eine solche Studie debattiert, wobei herauskam, dass sie von der Kirche aufgrund eines bestimmten Feiertags in Auftrag gegeben wurde; und die Texte bestanden vorwiegend aus Eigenlob. Die Untersuchungsmethode bestand darin, dass man Kirchen-Mitarbeiter in Interviews um ihre Meinung bat.

Es ist keine Studie über Kirchenfinanzierung. Die Finanzierungsquellen sind weitgehend klar, dazu braucht es keine Untersuchung.

Es ist eine volkswirtschaftliche Betrachtung, entlehnt der volkswirtschaftlichen Gesamtrechnung. Da geht es auch nicht um Gewinne, sondern Wertschöpfung. Ich dachte Du hast BWL studiert, da sollte der Unterschied klar sein?

Studien dazu sind leider nicht zahlreich, es gibt kaum welche. Diese ist m.E. methodisch OK, mit den üblichen grundlegenden Einwänden, die man gegen makroökonomische Betrachtungen vorbringen kann. Das Joanneum ist ein seriöses Institut, im Besitz des Landes Steiermark.

Wenn eine andere Studie Mängel hat spricht das nicht gegen diese.

War aber klar, dass diese Einwände von Dir kommen. Kann ja nicht sein, dass es auch nur Indikatoren für einen Nutzen kirchlicher Institutionen gibt. Das war beim Gutachten der Enquetekommission des Bundestages ja auch schon so. Alle diese Perspektiven kommen offenbar von wissenschaftlichen Voll-Honks.

trithos
21.09.2017, 23:24
Mein Punkt ist folgender: Die Einmischung in das Eheleben einer tadellosen und völlig unauffälligen Lehrerin ist skandalös und irre. Deswegen könnte man annehmen, dass die vielen Gläubigen sich mit ihr solidarisch zeigen und den Kirchenfürsten widersprechen. Aber das geschieht nicht, oder nur zu einem geringen Teil.

...

Die Kündigung der Lehrerin ist nicht die Schuld von wenigen Amtsträgern, sondern die Schuld von vielen Gläubigen. Würden die Gläubigen standhaft widersprechen (und das können sie ohne irgendwelche persönlichen Nachteile), hätte die Lehrerin noch ihren Job.

Ja, das ist es: skandalös und irre! Und es wäre schön, wenn viele Menschen Zivilcourage hätten. Haben sie aber nicht! Leider. Also, in diesem Punkt bin ich ganz Deiner Meinung!

Ich finde aber, man sollte schon unterscheiden: der Vorwurf mangelnder Zivilcourage ist nicht das selbe wie der Vorwurf, Unrecht für richtig zu halten.

Wem es an Zivilcourage mangelt, der ist sich nämlich im Klaren darüber, dass Unrecht geschieht, er tut nur aus welchen Gründen immer nichts dagegen. Das ist nicht nett, kommt aber leider oft vor - nicht nur gegenüber der Kirche. Ich bin aber überzeugt, dass eine klare Mehrheit der Menschen, die sich selbst als gläubig bezeichnen, in diesem Fall FÜR die Lehrerin entscheiden würden, wenn man sie fragt. Aber - wie heißt es hier so oft und schön - ich kann mich natürlich auch irren. :Blumen:

Jörn
22.09.2017, 00:30
Alle diese Perspektiven kommen offenbar von wissenschaftlichen Voll-Honks.

Ich verstehe Deinen Unmut, zumal die Kritik an dieser „Studie“ recht pauschal war (von meiner Seite aus). Dafür gibt es jedoch Gründe:

Erstens ist die Motivlage mehr als durchsichtig.

Zweitens gibt es im kirchlichen Umfeld eine Menge angeblich „wissenschaftlicher“ Studien, die von jedem Laien als dubios erkannt werden können. Nicht selten werden diese Schriften in betrügerischer Absicht verfasst.

Als Beispiele fallen mir spontan die Studien ein, die über wundersame Heilungen durch die in den Himmel aufgefahrene „Mutter Theresa“ abgefasst wurden. Auch über Papst Johannes Paul II. ließen die gewünschten Untersuchungen nicht lange auf sich warten, denn es fand sich eine Dame mittleren Alters, deren vorübergehende Unpässlichkeit zweifelsfrei von seiner Heiligkeit kuriert wurde. (Bedauerlicherweise war seine Heiligkeit zu Lebzeiten nicht in der Lage, seine eigenen Krankheiten zu kurieren.)

Und dann wäre da noch die „wissenschaftliche“ Kommission, die sich den angeblichen Wunderheilungen in Lourdes widmet. Ich würde diese Leute zwar nicht (Zitat von Dir) als „Voll-Honks“ bezeichnen — aber ich würde durchaus meine Hoffnung ausdrücken wollen, dass sich zu den vielen ausgezeichneten Tugenden dieser Leute irgendwann noch Ehrlichkeit und Bildung gesellen mögen.

Diese Beispiele zeigen, dass solche Studien nicht aus Boshaftigkeit ignoriert werden, sondern weil ihnen viele andere Studien vorausgegangen waren.

captainbeefheart
22.09.2017, 07:08
Die Vergleiche, die Du bringst, haben nichts mit der Frage zu tun, die hier diskutiert wurden.

Es gibt hohe Transferausgaben an die Kirche, denen steht aber auch ein volkswirtschaftlicher Nutzen gegenüber. Selbst wenn wir diese Zahlen im Detail anzweifeln (es ist z.B diskutabel, ob Konsumausgaben bei einer Taufe im Schnitt 900 Euro sind, sie sind aber sicher auch nicht Null), es ist gut nachvollziehbar, dass auch Output generiert wird. Das wird schon dadurch deutlich, dass allein durch die steuer- und sozialversicherungspflichtigen Beschäftigungsverhältnisse Geld an den Staat zurückfließt. Dafür haben wir jetzt einen Indikator, der besser ist als im luftleeren Raum Behauptungen aufzustellen.

Mit geht es auch nicht darum die Kirche zu verteidigen, mir geht es um eine angemessene Beurteilung. Einfach zu sagen "hohe Transferausgaben" ist zu simpel. Das ist ebenso wie bei den Sozialausgaben, Renten, Ausgaben für Flüchtlinge, Griechenlandhilfe etc. In allen Fällen entsteht auch ein volkswirtschaftlicher Nutzen und es kommt Geld zum Staat zurück. Wohlfahrtseffekte in allen Beispielen erstmal unberücksichtigt.

Die viel spannendere Frage, die wir dann diskutieren müssen, ist, ob der zweifelsohne (grosse oder kleine) Nutzen durch diesen, oder einen anderen Träger besser oder schlechter erbracht werden kann.

Vicky
22.09.2017, 08:24
Welcher volkswirtschaftlichen nutzen sollte das bitte sein? Die Kirche erhält die staatlichen Gelder aufgrund Uhr alter Verträge die zum Teil auf Napoleon zurück gehen. Diese Gelder sind nicht zweckgebunden. Für karitative Dinge erhält die Kirche zusätzlich Geld.

Die Kirche raubt den Staat aus. Nicht mehr und nicht weniger.

Diktiert ins iPhone. Sorry für eventuelle Rechtschreibfehler

captainbeefheart
22.09.2017, 08:47
Welcher volkswirtschaftlichen nutzen sollte das bitte sein? Die Kirche erhält die staatlichen Gelder aufgrund Uhr alter Verträge die zum Teil auf Napoleon zurück gehen. Diese Gelder sind nicht zweckgebunden. Für karitative Dinge erhält die Kirche zusätzlich Geld.

Die Kirche raubt den Staat aus. Nicht mehr und nicht weniger.

Diktiert ins iPhone. Sorry für eventuelle Rechtschreibfehler

Wie beurteilst Du, dass kirchliche Institutionen in Deutschland insgesamt ca. 1,2 Millionen sozialversicherungspflichtige Arbeitsverhältnisse haben? Nach dem metallverarbeitenden Gewerbe, dem öffentlichen Sektor und dem Einzelhandel, die viertgrößte Gruppe.

Aus diesen Arbeitsverhältnissen werden Steuern und Sozialversicherungsbeiträge bezahlt, Mieten und Konsumausgaben getätigt usw. Das Geld fließt also direkt und indirekt an den Staat zurück und hat weitere volkswirtschaftlich wertschöpfende Effekte, aus denen sich eine ordentliche Bruttowertschöpfung ergibt (einen Indikator dafür haben wir diskutiert).

Das muss man nicht mögen, ist aber so. Einfach zu sagen "ausrauben" klingt zwar gut, stimmt aber nicht und ist eine unangemessene Simplifizierung.

Gleichzeitig gibt es bei den staatlichen Transferausgaben Posten die kritik- und fragwürdig sind und ebenso gleichzeitig sind die (teilweise, nicht flächendeckend) dort existierenden arbeitsrechtlichen Sonderregelungen beschämend.

Und ebenso ist in jedem einzelnen Fall die Frage berechtigt, ob kirchliche Institutionen Kindergärten, Krankenhäuser, Pflegeheime etc. betreiben müssen, oder ob es nicht andere, bessere Betreiber gibt.

Aber erst einmal ist der Status heute so, wie er ist - und er ist durchaus volkswirtschaftlich produktiv und nutzenstiftend.

Jörn
22.09.2017, 09:31
Nehmen wir an, ich möchte meine Rente sichern und investiere daher in eine Eigentumswohnung.

Nehmen wir weiter an, dass danach noch eine Menge Geld übrig wäre, also schließe ich mich mit anderen Leuten zusammen und gebe Geld in einen Fonds, der ein Krankenhaus finanziert. Das Krankenhaus ist profitabel, und so streiche ich jedes Jahr einen Profit von 12 Prozent ein (während ich auf der Bank weniger als 1 Prozent Zinsen bekommen hätte). Es ist ein gutes Geschäft.

In dem Krankenhaus arbeiten 120 Mitarbeiter, die Steuern zahlen und ihre Familien ernähren. Insofern kann ich mit Fug und Recht behaupten, dass der Gesellschaft ein wirtschaftlicher Nutzen entsteht.

Aus diesem Grund fordern alle am Fonds beteiligten Personen vom Staat ein Gehalt von 12.000 Euro monatlich, außerdem eine entsprechende Rente (ohne dafür einzuzahlen). Zusätzlich Steuerfreiheit, einen kostenlosen Wohnsitz, steuerfreien Grunderwerb und weitere Privilegien.

Aufgrund eines verquasten Gesetzes kann ich das Krankenhaus als „katholisch“ definieren und damit das Arbeitsrecht umgehen. Ich behaupte einfach, das Haus wäre katholisch, weil einer der Investoren katholisch wäre. Nicht die Patienten sind katholisch — auch nicht die Mitarbeiter. Sondern die Ziegelsteine. Dadurch kann ich die Löhne senken, die Arbeitszeiten erhöhen und auf den Kündigungssschutz pfeifen. Mein Profit erhöht sich dadurch erneut.

In einem der Räume biete ich Taufen an. Ich behaupte, für jede Taufe entstünde der Gesellschaft ein Gewinn von 900 Euro, weil manche Leute zuvor zum Friseur gehen oder mit dem Taxi anreisen.

In der Nachbarstadt gibt es ein säkular betriebenes Krankenhaus. Die Investoren dieses Krankenhauses bekommen kein Gehalt vom Staat, keine Rente, keine kostenlose Wohnung, keine Privilegien. Sie bekommen nur das, was sie erwirtschaften. Sie müssen Tariflöhne bezahlen und sich an das Arbeitsrecht halten. Die Betreiber beschweren sich über die zusätzlichen Zahlungen, die das katholische Krankenhaus bekommt. Die Beschwerde wird abgewiesen aufgrund des gesellschaftlichen Nutzens.

Vicky
22.09.2017, 09:36
Werden die meisten Beschäftigten nicht vom Staat bezahlt und eben NICHT oder nur zu einem kleinen Teil von den Kirchen?

Der Gewinner ist immer die Kirche.

captainbeefheart
22.09.2017, 10:28
Werden die meisten Beschäftigten nicht vom Staat bezahlt und eben NICHT oder nur zu einem kleinen Teil von den Kirchen?

Der Gewinner ist immer die Kirche.

Das ist deutlich zu kurz gesprungen. Ich versuche es Dir zu erklären.

Nehmen wir ein Krankenhaus in kirchlicher Trägerschaft, das Umsatzerlöse aus den erbrachten Leistungen erzielt. Die kommen von den Krankenkassen oder Patienten direkt. Dagegen stehen die Personal-, Material- und Kapitalaufwendungen. Diese Aufwendungen werden, wie in jedem anderen Krankenhaus auch - hoffentlich weitgehend - durch die Umsätze gedeckt. Insofern unterscheidet es sich nicht von jedem anderen Krankenhaus. Die sozialversicherungspflichtigen Arbeitsverhältnisse werden also weder "vom Staat", noch von "den Kirchen", sondern aus dem Umsatzprozess des Trägers bezahlt.

Jetzt kann es sein - und das ist bei Krankenhäusern öfter der Fall - dass die Umsatzerlöse nicht ausreichen. Bei staatlichen getragenen Krankenhäuser kommt die Deckung dann aus entsprechenden Gemeinde-, Landkreis- oder Landeshaushalten, bei kirchlichen Trägern aus dem kirchlichen Vermögen, das ja u.a. aus staatlichen Transferleistungen gespeist wird. Das gilt dann für ähnliche Einrichtungen, wie Kindergärten, Jugendeinrichtungen, Pflegeheime etc. analog.

In diesem Segment entsteht - ich denke das ist widerspruchsfrei - Nutzen und Wertschöpfung für Staat und Gesellschaft.

Davon zu unterscheiden sind Leistungen, die aus staatlichen Mitteln über die Kirchen als Personalaufwand an Diözesen und Zuschüsse für Seelsorger gehen.

Jörn
22.09.2017, 10:46
Jetzt kann es sein - und das ist bei Krankenhäusern öfter der Fall - dass die Umsatzerlöse nicht ausreichen. Bei staatlichen getragenen Krankenhäuser kommt die Deckung dann aus entsprechenden Gemeinde-, Landkreis- oder Landeshaushalten, bei kirchlichen Trägern aus dem kirchlichen Vermögen, das ja u.a. aus staatlichen Transferleistungen gespeist wird. Das gilt dann für ähnliche Einrichtungen, wie Kindergärten, Jugendeinrichtungen, Pflegeheime etc. analog.

Das kirchliche Vermögen wird eben nicht verwendet.

Es ist auch nicht hilfreich, das kirchliche Vermögen als das zu definieren, was durch staatliche Transferleistungen hereinkommt.

captainbeefheart
22.09.2017, 10:58
Das kirchliche Vermögen wird eben nicht verwendet.

Es ist auch nicht hilfreich, das kirchliche Vermögen als das zu definieren, was durch staatliche Transferleistungen hereinkommt.

In der Bilanz besteht das Vermögen (Aktivseite) aus Anlage- und Umlaufvermögen, das Umlaufvermögen u.a. aus Kasse und Bankguthaben (liquide Mittel). In dem Moment, in dem eine staatliche, auch zweckgebundene, Transferleistung erfolgt, erhöht sich das Umlaufvermögen (liquide Mittel). Insofern ist die Bezeichnung Vermögen zutreffend und die einzig richtige.

Und ebenso erfolgt die Deckung eines Fehlbetrages einer Einrichtung durch die Trägerschaft aus dem Vermögen der Trägerschaft, woraus denn sonst? Als BWL'ler kannst Du bestimmt den Buchungssatz dazu bilden.

Jörn
22.09.2017, 11:17
Du stellst die Kirche dar als einen reichen Onkel, der aus seiner privaten Schatulle etwas dazugibt, wenn es mal eng wird. Das ist aber bei den Kirchen nicht so.

Das Gegenteil ist der Fall. Die Schatulle gehört der Gemeinschaft. Die Kirchen bedienen sich daraus.

captainbeefheart
22.09.2017, 11:28
Du stellst die Kirche dar als einen reichen Onkel, der aus seiner privaten Schatulle etwas dazugibt, wenn es mal eng wird. Das ist aber bei den Kirchen nicht so.

Das Gegenteil ist der Fall. Die Schatulle gehört der Gemeinschaft. Die Kirchen bedienen sich daraus.

Das unterstellst Du mir. Ich will weder die Kirche schön-, noch schlechtreden.

Ich haben versucht zu erklären, dass und wie ein volkswirtschaftlicher Nutzen (auch) durch Kirchen entsteht. Das war hier eine konkrete Frage und wurde gleichzeitig nur mit Blick auf die Transferleistungen des Staates einseitig dargestellt.

Woraus sich das Vermögen der Kirchen speist ("eigene" und "fremde" Quellen) und dass das im einzelnen diskutabel ist, haben wir bereits ganz am Begin der Diskussion geklärt. Das wiederum unterscheidet sich nicht wirklich von anderen Systemen unserer Gesellschaft, die heute Nutzen stiften, deren finanzielle Quellen aber nicht vollkommen zweifelsfrei sind (qbz könnte hier sicher viele Beispiele bringen).

Klugschnacker
22.09.2017, 11:34
Ich habe grundsätzlich nichts gegen katholische Krankenhäuser oder Altenheime. In Deutschland herrscht Religionsfreiheit, und religiöse Gruppen sollen sich frei entfalten dürfen. Ich habe deshalb auch nichts gegen muslimische Einrichtungen vergleichbarer Art. Wer seinen Lebensabend in einem muslimischen Altenheim verbringen möchte, soll von mir aus die Möglichkeit dazu haben. Oder in einem jüdischen oder katholischen.

Jetzt kommen drei für mich wesentliche Einschränkungen:

1. Es darf nicht zu viele dieser Einrichtungen geben. In manchen Gegenden kommt man als Arbeitnehmer in den sozialen Berufen kaum an der Kirche vorbei. Das geht zu weit und verletzt in meinen Augen das Grundrecht auf Religionsfreiheit, welches auch bedeutet, frei von irgendeiner Religion in Deutschland zu leben. Es verletzt auch das Arbeitsrecht sowie das Recht, frei von Diskriminierungen zu leben.

2. Die Religionsfreiheit muss auch für Kinder gelten. Ich bin daher gegen jede Form konfessionell gebundener Kinderkrippen, Horte und Schulen. Der Staat hat die Religionsfreiheit der Kinder zu schützen. Sie sollen ihre Religion ab dem Alter der Religionsmündigkeit frei wählen können. Wem das nicht gefällt, kann seine Kinder nachmittags nach der Schule in einen Kindergottesdienst schicken. In der Schule sollen jedoch die Werte unseres Staates vermittelt werden und keine anderen.

3. Ein Krankenhaus, das zu 2% von der Kirche, und zu 98% von den Steuerzahlern bezahlt wird, soll nicht als konfessionell gebundenes ("katholisches") Krankenhaus gelten. Wo kirchliche Regeln gelten sollen, muss die Kirche mindestens die Hälfte der Kosten tragen.

Jörn
22.09.2017, 11:36
beef, wie könnte man den wirtschaftlichen Nutzen noch weiter steigern?

Nehmen wir an, wir würden sagen: Ab sofort bezahlt die Kirche ihre Priesterschaft und ihren umfangreichen Hofstaat selbst, und wir stecken dieses Geld in Kindergärten, weil wir davon zu wenige haben.

Würde diese Maßnahme den wirtschaftlichen oder gesellschaftlichen Nutzen steigern oder verringern? Wohlgemerkt, die Priesterschaft und die Krankenhäuser gäbe es weiterhin; lediglich die Priesterschaft würde nur aus einer anderen Kasse bezahlt und das Geld würde frei für Kindergärten. Wäre das besser?

captainbeefheart
22.09.2017, 11:46
Wie könnte man den wirtschaftlichen Nutzen noch weiter steigern?

Nehmen wir an, wir würden sagen: Ab sofort bezahlt die Kirche ihre Priesterschaft und ihren umfangreichen Hofstaat selbst, und wir stecken dieses Geld in Kindergärten, weil wir davon zu wenige haben.

Würde diese Maßnahme den wirtschaftlichen oder gesellschaftlichen Nutzen steigern oder verringern? Wohlgemerkt, die Priesetrschaft gäbe es weiterhin; sie würde nur aus einer anderen Kasse bezahlt.

Da ist was dran.

Deshalb habe ich ja auch die beiden Bereiche in meiner Argumentation getrennt: Transferleistungen für Institutionen wie Krankenhäuser etc. und für Personalaufwendungen für Diözosen und Seelsorger. Ersteres müsste höchstwahrscheinlich auch erfolgen, wenn es alternativ andere Träger gibt. Letzteres kanibalisiert natürlich Ersteres.

Was dann auszurechnen und zu vergleichen wäre, ist, wie viel eines Euros in einer Institution volkswirtschaftlich zurückkommt (Steuern, Konsum etc.) und wie viel aus den Personalaufwendungen (Steuern, Konsum etc.).

Nachdem Du BWL'ler bist und auch dem Klerus eine mitgeben möchtest, wäre das doch eine spannende Aufgabe. Wenn sich herausstellt, dass der Kanibalisierungseffekt massiv ist, dann findest Du bestimmt bald Unterstützer für eine entsprechende Kampagne.

Klugschnacker
22.09.2017, 12:02
Buchtipp:

Gott hat hohe Nebenkosten - Wer wirklich für die Kirchen zahlt
https://smile.amazon.de/dp/3462044850/ref=cm_sw_em_r_mt_dp_l6nXzbDZDTDRE

Wer lieber fernsieht statt liest, findet das auch als ARD-Doku im Netz:
https://www.youtube.com/watch?v=sfqH5_Geg3s

Zur Autorin Eva Müller heißt es: "Für ihre Filme wurde sie u.a. mit dem Deutschen Fernsehpreis, dem Axel-Springer-Preis, dem CNN Award »Journalist Of the Year« und dem Hanns-Joachim-Friedrichs-Preis ausgezeichnet."

Jörn
22.09.2017, 12:15
Was dann auszurechnen und zu vergleichen wäre, ist, wie viel eines Euros in einer Institution volkswirtschaftlich zurückkommt (Steuern, Konsum etc.) und wie viel aus den Personalaufwendungen (Steuern, Konsum etc.).

Du fragst, wie viel von den Geldern durch Steuern und Konsum wieder zurückfließt.

Beispielsweise könnte man untersuchen, wieviel ein Priester ausgibt für bunte Gewänder und teuren Speisen, und welcher Teil dieser Ausgaben als Steuern an den Staat zurückfließt.

Dabei wird jedoch übersehen, dass der Priester auch dann seinen Kleiderfundus aufstocken würde, wenn sein Gehalt nicht vom Staat, sondern von den Kirchen bezahlt würde. Der Unterschied wäre lediglich, dass der Staat nicht zuvor 12.000 Euro als Gehalt auszahlen müsste, um dann einen Bruchteil davon zurückerhalten.

Mehr noch: Durch die Zahlung dieses Gehalts erwirbt der Priester auch ein Recht auf eine Rente, die nach Beamtenrecht vom Staat aufgebracht wird. Auch bei der Krankenversicherung zahlt der Staat 50% hinzu (während die kleine Kassiererin im Supermarkt ihren Anteil voll bezahlt).

Es liegt auf der Hand, dass dieser feudale Hofstaat unsere Gemeinschaft finanziell belastet und nicht fördert.

captainbeefheart
22.09.2017, 12:21
Du fragst, wie viel von den Geldern durch Steuern und Konsum wieder zurückfließt.

Beispielsweise könnte man untersuchen, wieviel ein Priester ausgibt für bunte Gewänder und teuren Speisen, und welcher Teil dieser Ausgaben als Steuern an den Staat zurückfließt.

Dabei wird jedoch übersehen, dass der Priester auch dann seinen Kleiderfundus aufstocken würde, wenn sein Gehalt nicht vom Staat, sondern von den Kirchen bezahlt würde. Der Unterschied wäre lediglich, dass der Staat nicht zuvor 12.000 Euro als Gehalt auszahlen müsste, um dann einen Bruchteil davon zurückerhalten.

Mehr noch: Durch die Zahlung dieses Gehalts erwirbt der Priester auch ein Recht auf eine Rente, die nach Beamtenrecht vom Staat aufgebracht wird. Auch bei der Krankenversicherung zahlt der Staat 50% hinzu (während die kleine Kassiererin im Supermarkt ihren Anteil voll bezahlt).

Es liegt auf der Hand, dass dieser feudale Hofstaat unsere Gemeinschaft finanziell belastet und nicht fördert.

Ich frage gar nicht. Ich habe versucht eine Frage zu beantworten. Und dabei für Dich ein wissenschaftliches Erkenntnisfeld eröffnet :-)

Die Argumentation ist nachvollziehbar (bis auf den kleinen Fehler, dass die Krankenversicherung nicht von der Kassiererin allein, sondern auch zur Hälfte vom Arbeitgeber bezahlt wird), der Schluss nicht ganz: Belastung ja, aber eben auch Nutzen, der allerdings höher ausfallen könnte.

Jörn
22.09.2017, 12:40
Warum bezahlen wir dann nicht auch allen Krankenschwestern ein Gehalt von 12.000 Euro, wenn es so nützlich ist?

keko#
22.09.2017, 14:35
2. Die Religionsfreiheit muss auch für Kinder gelten. Ich bin daher gegen jede Form konfessionell gebundener Kinderkrippen, Horte und Schulen. Der Staat hat die Religionsfreiheit der Kinder zu schützen. Sie sollen ihre Religion ab dem Alter der Religionsmündigkeit frei wählen können. Wem das nicht gefällt, kann seine Kinder nachmittags nach der Schule in einen Kindergottesdienst schicken. In der Schule sollen jedoch die Werte unseres Staates vermittelt werden und keine anderen.

Es gibt nicht wenige Eltern, die ihren Kindern Werte vermitteln wollen (in diesem Fall religiöse). Die sie also bewußt z.B. in katholische Schulen schicken, wo die Kinder dann auch Religion bis zum Abi nicht abwählen können. Ebenso boomen auch manche private Schulen, die eine spezielle Ausrichtung haben. Eltern begründen das damit, dass in der Gesellschaft/Schule keine Werte mehr vermittelt werden.

(Ich möchte nicht die kath. Schulen verteidigen, nur darauf hinweisen, dass du letztendlich gegen einige Eltern angehen müsstest).

Um Gleichheit zu wahren, müsstest du dann auch entsprechenden Einrichtungen für muslimische Kinder kritisch betrachten. Ebenso den Islamunterricht an Schulen (wird ja gefordert). Oder klammerst du Muslime aus Toleranz bei deinen (schulischen/Kindergarten) Betrachtungen aus? ;)
Islamunterricht an Schulen hat den Vorteil, dass man ihn dann kontrollieren könnte. Dieser nicht zu unterschätzende Vorteil wäre somit hinüber.

Jörn
22.09.2017, 17:17
Islamunterricht an Schulen hat den Vorteil, dass man ihn dann kontrollieren könnte. Dieser nicht zu unterschätzende Vorteil wäre somit hinüber.

Warum wäre es unmöglich, den Inhalt von privaten Islamschulen zu kontrollieren?

Der Staat kontrolliert ja auch den Inhalt von Tütensuppen, und deren Inhalt ist teilweise noch rätselhafter.

Klugschnacker
22.09.2017, 17:42
Ich möchte nicht die kath. Schulen verteidigen, nur darauf hinweisen, dass du letztendlich gegen einige Eltern angehen müsstest.

Na und? Das tun wir ja bereits bei der Schulpflicht. Sie wird notfalls gegen den Wunsch der Eltern und im Interesse der Kinder durchgesetzt.

Eltern haben außerhalb der Schulen ausreichend Möglichkeiten, ihre Kinder in einem bestimmten Glauben zu erziehen. In Frankreich beispielsweise ist der Religionsunterricht an Schulen generell verboten, und das seit über 100 Jahren.

Um Gleichheit zu wahren, müsstest du dann auch entsprechenden Einrichtungen für muslimische Kinder kritisch betrachten. Ebenso den Islamunterricht an Schulen (wird ja gefordert). Oder klammerst du Muslime aus Toleranz bei deinen (schulischen/Kindergarten) Betrachtungen aus? ;)

Nein, das klammere ich nicht aus. Ich würde gegenüber muslimischen Schulen und Kindergärten den gleichen Maßstab anlegen.

Dein Augenzwinkerer wird meiner Haltung nicht ganz gerecht. Ich plädiere für allgemeine Religionsfreiheit, solange nicht die Rechte Dritter beeinträchtigt werden.

Vicky
22.09.2017, 18:00
Noch einmal zum Thema soziale Einrichtungen der Kirche:

Der renommierte Politologe Dr. Carsten Frerk errechnete allein für Deutschland ein Vermögen beider Großkirchen zusammen in Höhe von ca. 500 Milliarden Euro, welches die Kirche dank der astronomischen Staats-Subventionen, die sie Jahr für Jahr erhält, gar nicht antasten muss (http://www.spiegel.de/spiegel/print/d-20899199.html). Einen Teil der Subventionen machen z. B. die Befreiung der Kirche von allen Steuern aus: "Die Kirche zahlt keine Einkommensteuer bzw. keine Körperschaftssteuer, keine Vermögenssteuer, keine Erbschaftssteuer, keine Schenkungssteuer, keine Gewerbesteuer, keine Grundsteuer, keine Grunderwerbssteuer, keine Umsatzsteuer, keine Zinsabschlagssteuer bzw. keine Kapitalertragssteuer, keinen Solidaritätszuschlag, keine Gebühren für Grundbucheinträge, und sie ist von Justizkosten bzw. Gerichtsgebühren sowie von Beurkundungs- und Beglaubigungsgebühren befreit, z. B. den Gebühren für Grundbucheinträge, was vor allem durch die immensen Immobiliengeschäfte in die Millionen geht, mit denen die Kirche hier privilegiert wird."

Die kirchlichen Sozialeinrichtungen Diakonie und Caritas werden obendrein zusätzlich mit ca. 50 Milliarden Euro jährlich vom Staat finanziert, also zusätzlich zu den ca. 15 Milliarden Euro Staatsgeldern und den ca. zehn Milliarden Euro Kirchensteuern. So berichtet Spiegel online am 8.6.2010. Das heißt: Der Staat bezahlt, die Kirche jedoch bestimmt über die Arbeitsabläufe und über das Personal, z. B., dass ein Arzt in einem katholischen Krankenhaus entlassen wird, wenn er zum zweiten Mal heiratet. Das ist die Situation in den staatlich finanzierten kirchlichen Sozialeinrichtungen. Kann man bei den vielen Staats-Zahlungen an die Kirche überhaupt noch folgen? Also 17 Milliarden plus zehn Milliarden plus 50 Milliarden.

Quelle (https://www.theologe.de/kirchensubventionen_stopp.htm)

waden
22.09.2017, 19:19
Beef, ich verstehe und schätze Deinen Wunsch nach Differenzierung. Aber angesichts dieser Zahlen frage ich mich schon, ob die Kosten-Nutzen-Betrachtung überhaupt ergeben kann, dass die Gesellschaft insgesamt profitiert. Zu wessen Nutzen ist denn die gewaltige Steuerbefreiung beispielsweise im Immobienbereich? Das sind so unglaubliche Summen...
Und darauf hinzuweisen, dass es auch andere gesellschaftliche Baustellen gibt, ist zwar sachlich korrekt , aber rechtfertigt überhaupt nichts. Wo liegt die Schwierigkeit, festzustellen: "Wir kennen die historischen Gründe für diese Privilegien, aber heute ist das falsch und muss geändert werden"
-
Ich finde erstaunlich, dass auch "moderate" Christen das letztlich immer wieder auf Hinweis auf die sozialen Dienste der Kirche verteidigen oder relativieren. Ich habe den Eindruck, dass da immer noch nachwirkt, dass man es sich letztlich nicht durch als allzu radikal empfundene Kritik an der Amtskirche mit Gott verderben will.
Ich weiß, dass es heikel ist, so eine tiefere Motivlage zu vermuten, aber im Gespräch mit Freunden bemerke ich schon, dass es lange dauert, bis man sich von einer religiösen Erziehung löst. Ein Freund von mir brauchte 10 Jahre, bis er ohne schlechtes Gewissen den Sonntag ohne Gottesdienst erleben konnte. Und da hatte er sich zwischenzeitlich schon oft über bestimmte Aspekte der Kirche geärgert.

keko#
22.09.2017, 19:32
Nein, das klammere ich nicht aus. Ich würde gegenüber muslimischen Schulen und Kindergärten den gleichen Maßstab anlegen.



Ich befürchte, es führt vermehrt zu Privatschulen.
Die USA kennen weder Kirchensteuer noch Religionsunterricht. Trotzdem haben sie viele und lebendige Religionsgemeinschaften. Z.B. Juden in Brooklyn denken nicht dran, ihre Kinder in eine Öffentliche zu stecken. Sind alle in judischen Privatschulen. (Ich wohnte dort und konnte das mitverfolgen)

captainbeefheart
22.09.2017, 19:55
Beef, ich verstehe und schätze Deinen Wunsch nach Differenzierung. Aber angesichts dieser Zahlen frage ich mich schon, ob die Kosten-Nutzen-Betrachtung überhaupt ergeben kann, dass die Gesellschaft insgesamt profitiert. ....

Grias Di waden,

wenn Du meine Posts alle gelesen hast, wirst Du wissen, dass es mir fern liegt die Kirchen (und den Staat) für diese irren Summen zu verteidigen. Art (warum?) und Höhe (wie viel?) der Zuwendungen sind im einzelnen frag- und kritikwürdig.

Einfach mal überschlagen, um vielleicht mit diesem Beispiel zu verdeutlichen, was ich meine: Wenn es 1,2 Mio Beschäftigungsverhältnisse bei den kirchlichen Institutionen gibt und wir von dort die Lohnsteuer berechnen, was kommt dann an den Staat direkt zurück? Bei 5.000 oder 10.000 Euro Lohnsteuer p.a.?

Dazu kommen die ganzen indirekten Effekte.

Das bedeutet nicht im Umkehrschluss, dass das Geld bei anderen Trägern nicht auch zurückkäme, aber momentan ist es de facto so, dass es diese Institutionen und diese Effekte gibt. Und das gehört zur angemessenen Diskussion ebenso, wie die irren Summen.

Irre Summen gibt es übrigens auch für die private Wirtschaft, deren Subventionen derzeit mit 25 Mrd. Im Bundeshaushalt stehen, europäische Subventionen nicht mitgerechnet. Warum bekommt BMW Subventionen für den Bau des Werks Leipzig (gerade der Art nach vom Gericht gebilligt, der Höhe nach zurecht gestutzt)? Warum wird die Expo in Hannover finanziert, warum weitere NGO'? Hier können wir das Fass weiter aufmachen, auch wenn es keine so beispiellos hohe Summen wie bei der Kirche gibt. Letztlich ist es strukturell das Finanzieren von Partikularinteressen aus staatlichen Töpfen.

Schee is des ois ned.

Jörn
22.09.2017, 20:19
Sollte die Kirche ein Automobilwerk in einer strukturschwachen Region bauen wollen, bin ich dafür, dass sie sich um die dafür vorgesehen Fördergelder bewerben kann.

Aber wem ist geholfen, wenn der Staat das Gehalt eines Bischofs bezahlt? Warum wäre es für den Aufschwung der ansässigen Hutfabriken und Goldschmiede nicht ebenso gut, wenn das Gehalt von der Kirche bezahlt würde? Die erhofften Steuereinnahmen durch die Goldschmiede wären doch die gleichen.

Warum soll es für die Gemeinschaft nützlich sein, wenn der Staat (!) dem Priester einen kostenlosen Dienstwagen mit Chauffeur kauft, versichert und wartet? Die Steuern dazu werden unter anderem aufgebracht von der kleinen Kassiererin, die mit dem Bus fahren muss. Wäre es für die Vokswirtschaft nicht ebenso nützlich, wenn der Priester mit dem Bus fährt und die Kassiererin das Auto bekommt?

Was ich vor allem nicht verstehe ist, dass die deutschen Kirchen doch überhaupt nicht bedürftig sind? Die Staatsknete könnte man doch viel besser einsetzen. Beispielsweise könnte man Kindergärten und Schulen renovieren, die maroden Autobahnen erneuern oder in die digitale Zukunft investieren. Männer mit goldenen Hüten werden uns da nicht weiterhelfen.

Klugschnacker
22.09.2017, 20:44
Irre Summen gibt es übrigens auch für die private Wirtschaft, deren Subventionen derzeit mit 25 Mrd. Im Bundeshaushalt stehen

Verstehe ich das richtig, dass die Kirchen ungefähr dreimal so viel Geld vom Staat erhalten, wie die gesamte deutsche Privatwirtschaft?

Pascal
23.09.2017, 11:21
Ein wenig Geschichtsunterricht zum Reichsdeputationshauptschluss:

http://www.steuer-forum-kirche.de/reichsdeputationshauptschluss.html

Durch die Annexion der linksrheinischen Gebiete durch die französische Revolutionsarmee zu Anfang des 19. Jahrhunderts mussten die deutschen Fürsten nach dem Friedensvertrag von Luneville (9.2.1801) ihre (linksrheinischen) Ländereien an Frankreich abtreten.

Zum Ausgleich dafür eigneten sich die Fürsten kirchlichen Grundbesitz und kirchliche Vermögenswerte an. Aufgrund eines Gutachtens der in Regensburg zusammengetretenen außerordentlichen Reichsdeputation wurde im Reichsdeputationshauptschluss vom 25. Februar 1803 die Säkularisation des kirchlichen Vermögens beschlossen. Dies war ein Akt der völker- und staatsrechtlichen Annexion, verbunden mit der Aufhebung der politischen Herrschaft von Bischöfen über geistliche Territorien, der Enteignung von Territorien und Vermögen der (kath.) Kirche, des gesamten bischöflichen und klösterlichen Grundbesitzes.

Durch diese staatliche Enteignung des Kirchengutes war den Kirchen die Finanzierungsbasis für ihre Arbeit genommen. Quasi als Ausgleich trat der Staat (die Fürsten) insoweit teilweise in die Verantwortung, die mit der Einführung der Kirchensteuer zu Beginn des 20. Jahrhunderts weitgehend zurückgeführt worden ist. Die Kirchensteuer wurde somit zur finanziellen Basis der Trennung von Staat und Kirche.

Quelle: https://www.kirchenfinanzen.de/kirche_und_staat/reichsdeputationshauptschluss.html

Klugschnacker
23.09.2017, 12:49
Ok, jetzt ich: :Cheese:

Woher hat die Kirche quer über Europa hinweg so ein großes Vermögen, insbesondere einen riesigen Immobilienbesitz? Wirtschaftlich gesehen sind Kirchen eigentlich wenig produktiv. Woher also der Reichtum?

Nachfolgend ein Aspekt aus der Zeit der Verfolgung von Menschen als Hexen. Man konnte per "Gerichtsurteil" nicht nur zu Lebzeiten als Hexe oder Zauberer verurteilt werden, sondern auch nach dem Tode. Und zwar noch 100 Jahre lang nach dem Versterben.

Das hatte Folgen: Wer zu Lebzeiten reich gewesen war, und nach seinem Tode als Hexe oder Hexer verurteilt wurde, verlor auch nachträglich sein Vermögen an die Kirche, die Gemeinde und den Ankläger. Das betraf konkret die Erben des Verurteilten. Sie verloren dadurch ihr Erbe.

Für den Ankläger (Inquisition), sowie den Richter (die Stadt) und den Bischof war es eine Win-Win-Situation, denn sie teilten das Erbe nun unter sich auf.

Ein häufig genutzter Ausweg bestand darin, dass ein reicher Kaufmann oder Grundbesitzer von Anfang an die Kirche als einen Erben berücksichtigte. Verfügte man beispielsweise per Testament, dass nach dem Ableben die Hälfte der Ländereien an die Kirche fallen sollen, war man vor einem Hexenprozess post mortem ziemlich sicher. Ein solcher Prozess hätte die Kirche als Erben nämlich enterbt, ihr aber als Prozesspartei wieder ein Drittel zugeschustert. Unter dem Strich wäre ein Hexenprozess also ein Minusgeschäft für die Kirche.

Zumindest war das die übliche Aufteilung in Deutschland. In anderen Gegenden bekam die Kirche 50%, in Italien ab dem 14. Jahrhundert 100%.

Um also die Ehefrau, die Töchter und Söhne vor der möglichen Enteignung durch einen Hexenprozess zu schützen, vererbte man als reiches Familienoberhaupt oft einen beträchtlichen Teil der Kirche.

Die Aufteilung des Vermögens erfolgte regelmäßig nicht erst nach der Verurteilung, sondern meistens bereits bei Anklageerhebung. Die Häscher kamen ins Haus, holten den Angeklagten ab (falls die Anklage zu seinen Lebzeiten erhoben wurde), und inventarisierten sein Hab und Gut. Alle weiteren Bewohner wurden vertrieben.

Jörn
23.09.2017, 15:50
Zusätzlich schaffte es die Kirche, ganze Landstriche in ihren Besitz zu bringen, mitsamt den darin befindlichen Städten und Dörfern. Das war attraktiv wegen der Steuereinnahmen, die auf diese Weise in die Taschen der Kirchen flossen, genauer gesagt in die Privatschatulle des Bischofs.

Der Bischof vereinte dann die Funktion und die Rechte eines Fürsten mit denen des Bischofs. Diese Titel konnten erkauft und auch vererbt werden.

Die Enteignung, von der Pascal schrieb, war tatsächlich eine Enteignung. Es war also kein Handel. Es war kein Mietvertrag und kein „gerechter Ausgleich“. Es wurde nichts „aufgerechnet“. Sondern die Kirchen wurden enteignet und verloren alle Ansprüche. Lediglich die damals lebenden Kleriker wurden alimentiert, denn von irgendwas mussten die Priester leben. Von einer „Miete auf Ewig“ war nicht die Rede. Es ging den Fürsten darum, die Steuereinnahmen selbst zu bekommen; und nicht darum, diese auf ewig an die Bischöfe weiterzureichen. Die Idee, auf ewig für die Ländereien bezahlen zu müssen, hätte für die Fürsten überhaupt keinen Sinn gemacht — dann hätte man die Bischöfe überhaupt nicht zu enteignen brauchen.

Ich bin mir nicht ganz sicher, da ich es auf dem Kopf zitiere, aber meines Wissens waren die Kirchen zeitweilig im Besitz von ca. 20% des Gebietes, aus dem später Deutschland wurde. Das ist ungefähr so, als wäre die Kirche komplett im Besitz von Bayern oder Nordrhein-Westfalen.

Zudem hatte die Kirche maßgeblichen Einfluss auf die Ernennung von Königen und Kaisern erlangt. Das ließ man sich gut bezahlen; einerseits durch klingende Münze, andererseits durch immer weitere Länderreien oder Steuerrechte (das Recht, Steuern in einer Region zu erheben). Kein Wunder, dass es irgendwann zum Machtkampf kam.

waden
23.09.2017, 18:36
Einfach mal überschlagen, um vielleicht mit diesem Beispiel zu verdeutlichen, was ich meine: Wenn es 1,2 Mio Beschäftigungsverhältnisse bei den kirchlichen Institutionen gibt und wir von dort die Lohnsteuer berechnen, was kommt dann an den Staat direkt zurück? Bei 5.000 oder 10.000 Euro Lohnsteuer p.a.?

Diese Effekte sehen doch so aus, dass ich mir aus der linken Tasche das Geld in die rechte Tasche stecke, und mich dann freue, dass nur ein Teil weg ist.
Ich verstehe schon deinen Punkt, dass hier eine Subvention stattfindet, die auch positive Aspekte hat, die ich in der Diskussion gerne wie von Dir gewünscht, berücksichtige.
Und dann, nach Berücksichtigung, komme ich zu dem Ergebnis, dass die Steuerprivilegien der Kirche größtenteils unberechtigt sind. Auch ein privatwirtschaftlich betriebener Kindergarten oder ein Krankenhaus oder ein Hospiz hätten ein berechtigtes Interesse an Steuerbefreiung. Eine Bezahlung kirchlichen Personals entbehrt, auch nach Berücksichtigung positiver Effekte, völlig einer zeitgemäßen Berechtigung.


Dazu kommen die ganzen indirekten Effekte.


Die hättest du natürlich bei jeder anderen Subventionierung auch. Und das skandalöse Arbeitsrecht der Kirche würde nicht mit Steuergeldern unterstützt werden.

Das Ende der Steuerprivilegien hätte insgesamt positive direkte und indirekte Effekte, und mir fehlt momentan die Phantasie, wem außer der Institution Kirche das schaden würde.

captainbeefheart
23.09.2017, 19:05
Diese Effekte sehen doch so aus, dass ich mir aus der linken Tasche das Geld in die rechte Tasche stecke, und mich dann freue, dass nur ein Teil weg ist.

Das ist bei jeder Subvention so. Und durch die indirekten Effekte entsteht definitiv eine Bruttowertschöpfung. Das ist übrigens auch bei den Geldern für die Flüchtlinge so, dass wir hier auf mittlere Frist sogar von den Ausgaben profitieren.

Ich verstehe schon deinen Punkt, dass hier eine Subvention stattfindet, die auch positive Aspekte hat, die ich in der Diskussion gerne wie von Dir gewünscht, berücksichtige.
Und dann, nach Berücksichtigung, komme ich zu dem Ergebnis, dass die Steuerprivilegien der Kirche größtenteils unberechtigt sind.

Das sehe ich - mit ein paar Ausnahmen - auch so.

Auch ein privatwirtschaftlich betriebener Kindergarten oder ein Krankenhaus oder ein Hospiz hätten ein berechtigtes Interesse an Steuerbefreiung.

Die meisten dieser Einrichtungen (v.a. Kindergärten) werden oft als Verein betrieben, sind insofern NGO's und damit auch nicht maßgeblich steuerpflichtig bzw. erzielen überwiegend keine Gewinne - im Gegenteil, sie bekommen oft auch staatloche Mittel.

Eine Bezahlung kirchlichen Personals entbehrt, auch nach Berücksichtigung positiver Effekte, völlig einer zeitgemäßen Berechtigung.

Ich würde hier wie gesagt trennen, zwischen dem Bezahlen kirchlichen Personals, das mit Recht umstritten ist, und den zweckgebundenen Transferausgaben für Institutionen. Letzteres findet auch für andere Institutionen statt und vor allem wird dadurch heute de facto ein großer Teil der Kinder-,Jugend-, Pflege- und Alteneinrichtungen. Ich bin auf einen praxitauglichen Vorschlag gespannt, wie wir die Transformation dieses Sektor in private, gewinnorientierte Hände hinbekommen wollen.


Die hättest du natürlich bei jeder anderen Subventionierung auch. Und das skandalöse Arbeitsrecht der Kirche würde nicht mit Steuergeldern unterstützt werden.

Das arbeitsrechtlichen Sonderregelungen kann ich auch nicht nachvollziehen. Ich glaube aber, dass das wie immer nicht flächendeckend ein Problem ist. Meine Firma hat 5 Jahre 2 katholische Jugendeinrichtungen begleitet, insgesamt knapp 700 Arbeitsplätze, in denen es nicht einen einzigen kritischen Fall gab. Es ging zu, wie in jeder anderen Organisation / Firma auch. Das ist natürlich nur anekdotisch (n = 2).

Das Ende der Steuerprivilegien hätte insgesamt positive direkte und indirekte Effekte, und mir fehlt momentan die Phantasie, wem außer der Institution Kirche das schaden würde.

Zu Deinen Punkten direkt oben.

LidlRacer
23.09.2017, 21:12
Gerade beginnt auf Arte eine Doku über eine Hexenverfolgung in Massachusetts 1692.
Wusste bisher nicht, dass es das dort gab.

waden
23.09.2017, 22:28
Gerade beginnt auf Arte eine Doku über eine Hexenverfolgung in Massachusetts 1692.
Wusste bisher nicht, dass es das dort gab.

darüber gibt es ein angemessen düsteres Theaterstück von Arthur Miller https://de.wikipedia.org/wiki/Hexenjagd_(Drama)

waden
23.09.2017, 22:56
Das ist bei jeder Subvention so. Und durch die indirekten Effekte entsteht definitiv eine Bruttowertschöpfung. Das ist übrigens auch bei den Geldern für die Flüchtlinge so, dass wir hier auf mittlere Frist sogar von den Ausgaben profitieren. schau mer mal; ist hier auch OT

Das arbeitsrechtlichen Sonderregelungen kann ich auch nicht nachvollziehen. Ich glaube aber, dass das wie immer nicht flächendeckend ein Problem ist. Meine Firma hat 5 Jahre 2 katholische Jugendeinrichtungen begleitet, insgesamt knapp 700 Arbeitsplätze, in denen es nicht einen einzigen kritischen Fall gab. Es ging zu, wie in jeder anderen Organisation / Firma auch. Das ist natürlich nur anekdotisch (n = 2).


da könnte ich mit n=2 kontern; wie in jeder anderen Firma ist es insofern nicht, als der Hinweis auf höheres göttliches Recht als Begründung für Unrecht schon ein Sonderfall ist.

Vicky
24.09.2017, 07:58
Das ist bei jeder Subvention so. Und durch die indirekten Effekte entsteht definitiv eine Bruttowertschöpfung. Das ist übrigens auch bei den Geldern für die Flüchtlinge so, dass wir hier auf mittlere Frist sogar von den Ausgaben profitieren.

Das ist... nicht Dein ernst oder? Die Kirche bekommt seit über 200 Jahren die Kohle nur so in den Allerwertesten gepumpt. Als Grundlage dafür dienen Verträge mit den Ländern und dem Bund. Die Gelder, die sie erhalten sind NICHT zweckgebunden. Subventionsgelder sind das aber schon.

Beispiele:

1. Baden-Würtemberg
Die Vereinbarung des Landes Baden-Württemberg mit der Erzdiözese Freiburg und mit der Diözese Rottenburg-Stuttgart vom 31. Oktober 2007 heißt im Juristendeutsch bezeichnenderweise Römisch-katholische Kirchenvereinbarung Baden Württemberg RkKiVBW.

Darin heißt es in Artikel 1 (2): "Das Land zahlt der Erzdiözese Freiburg und der Diözese Rottenburg-Stuttgart anstelle früher geleisteter Zahlungen für Zwecke des Kirchenregiments, der Pfarrbesoldung und -versorgung sowie anstelle anderer, früher auf Gesetz, Vertrag oder besonderen Rechtstiteln beruhenden Zahlungen eine Gesamtzuschuss."
Mit anderen Worten: Sinn, Zweck und Grund der Zahlungen werden von nun an verschleiert

In Artikel 1 (3) heißt es dann u. a.: "Die Gesamtleistung beträgt für die Erzdiözese Freiburg ... ab 1. Januar 2010 25.527.600 Euro (also mehr als 25 1/2 Millionen Euro jährlich).
In Artikel 1 (4) heißt es weiter: "Die Gesamtleistung beträgt für die Diözese Rottenburg-Stuttgart als allgemeine Staatsleistung ... ab 1. Januar 2010 25.629.000 Euro" (also noch ein wenig mehr als für Freiburg).

Die Diözese Rottenburg bekommt "als Staatsleistung für das Wilhelmsstift in Tübingen und für die bischöflichen Konvikte in Ehingen und Rottweil" 1.127.500 Euro (über 1,1 Millionen für ein Milieu, in dem andernorts unzählige Kinderschänderverbrechen gediehen sind) und dann natürlich Jahr für Jahr mehr.

Und dazu kommt noch viel mehr hinzu.
In Artikel 1 (5) heißt es weiter: "Unberührt bleiben die Verpflichtungen des Landes nach dem 2. Halbsatz des Schlussprotokolls zum Badischen Konkordat [vom 12.10.1932] zu Artikel VI Absatz 5 (staatliche Baupflichten) und entsprechende Baupflichtregelungen in den ehemals württembergischen und hohenzollerischen Landesteilen."

Auch mit der Evangelischen Kirche gibt es einen ähnlichen Vertrag.

Beispiel 2: Bayern
Hier ein Auszug aus dem Vertrag zwischen dem Heiligen Stuhl und dem Freistaat Bayern vom 8.6.1988; der Vertrag ist am 22.7.1988 in Kraft getreten und liest sich streckenweise wie eine einzige "Geldflussmaschine" - weg von den Bürgern und hin auf die Bankkonten der Kirchenfürsten. Dort heißt es z. B. in Artikel 10, § 1 wörtlich.

"a) Der Staat wird die erzbischöflichen und bischöflichen Stühle, die Metropolitan- und Domkapitel mit einer Dotation in Gütern und ständigen Fonds ausstatten, deren jährliche Reineinkünfte sich bemessen auf der Grundlage jener, die im erwähnten Konkordat [von 1924] festgesetzt sind, wobei dem Geldwerte vom Jahr 1817 Rechnung zu tragen ist ... Solange eine solche Dotation nicht in angegebener Weise überwiesen werden kann, wird der Staat dafür eine Jahresrente leisten ... Die Geldleistungen an die 6 Diözesanbischöfe von Augsburg, Regensburg, Würzburg, Passau, Eichstätt und Speyer sollen die gleichen sein. Die Weihbischöfe erhalten eine Gehaltszulage, wie sie in der Vereinbarung vom Jahre 1910 vorgesehen ist ...
b) Sämtliche Kapitel haben 2 Dignitäten (Dompropst und Domdekan); die Metropolitankapitel zählen 10, die Domkapitel 8 Kanoniker; die einen wie die anderen haben überdies 6, für den Chor- und Ordinationsdienst bestimmte Vikare [die alle ihr Gehalt vom Staat bekommen]. Für die Kanoniker, die bereits das 70. Lebensjahr zurückgelegt haben oder die nicht mehr dienstfähig sind, können im Einverständnisse mit der Staatsregierung Koadjutoren mit oder ohne Recht zur Nachfolge aufgestellt werden, die die gleichen Bezüge erhalten wie die statusmäßigen Kanoniker.
c) Den Generalvikaren und bischöfliche Sekretären wird der Bayerische Staat eine Dienstentschädigung anweisen ... [PS: Das Tun des Generalvikars ist demnach also ein "Schaden", für das der Staat dem "Geschädigten" viele Tausend Euro "Entschädigung" im Monat zahlt]
d) Zur Zeit der Erledigung eines erzbischöflichen oder bischöflichen Stuhles, der Dignitäten, Kanonikate oder Vikarien wird der Betrag der vorerwähnten Einkünfte zum Besten der betreffenden Kirchen erhoben und erhalten.
e) Sowohl den Erzbischöfen und Bischöfen als den Dignitären, den 5 bzw. 4 älteren Kanonikern und 3 älteren Vikaren wird eine ihrer Würde und ihrem Stande entsprechende Wohnung angewiesen.

Beispiel 3:
Trennung von Staat und Kirche? Nicht in Bayern. Am 23.10.2010 kam es dann in Bayern einmal mehr zu einem neuen Höhepunkt des deutschen Staatskirchentums, das speziell von der CSU in Bayern gepflegt wird. Ministerpräsident Horst Seehofer (CSU) nimmt Bischof Konrad Zdarsa von Augsburg den Amtseid ab.

Beispiel 4:
Sachsen
Beispiel Sachsen. Dort hatte damals die CDU die absolute Mehrheit. Im Herbst 2010 wollten nun SPD, FDP, Grüne und Linke den 1993 ausgehandelten "Staatsvertrag" des Landes Sachsen, also damals der CDU allein, mit der evangelischen Kirche nachverhandeln und ernteten dafür den Spott von CDU und Kirche. Hier gebe es nichts mehr zu verhandeln. Die Millionen fließen unbegrenzt in vereinbarten Höhen, basta. Die Millionen für die Kirche "sind verfassungsrechtlich abgesichert und stehen natürlich nicht zur Disposition - weder für uns noch für den Staat", so damals Landesbischof Jochen Bohl aus Dresden (zit. nach idea-spektrum Nr. 44/2010 vom 4.11.2010). Und so passiert dann auch nichts.

Hier noch kurz der Artikel 14, der sagt, "hier habt ihr Kohle, macht damit was ihr wollt"

(1) Der Freistaat zahlt zur Abgeltung der Ansprüche der Kirchen aus Staatsleistungen
einen jährlichen Gesamtbetrag. Die Kirchen regeln die Verteilung des Gesamtbetrags
unter sich durch Vereinbarung.

Eine Kündigung oder Veränderung dieses Vertrages durch spätere Regierungen wurde von der CDU damals vertraglich ausgeschlossen, es sei denn, die Kirche möchte selbst, dass gekürzt wird - ein Vertrag, der schon von vorneherein eine Verhöhnung des Rechtsstaates ist.

Ein besonderer Skandal sind die historischen Begründungen für die jährlich anwachsenden Steuermillionen für die Kirche in Sachsen. In der Kirche nennt man immer wieder die Zauberzahl "1803", in der einiger Kirchenbesitz säkularisiert, das heißt verstaatlicht wurde.
In Sachsen war jedoch seit der Neuordnung nach der Reformation der sächsische Kurfürst gleichzeitig der Landesbischof bzw. oberste Repräsentant der evangelisch-lutherischen Kirche. Das heißt: Die evangelische Kirche wird in Sachsen und anderswo heute dafür "entschädigt", dass sie selbst (!) in der Reformationszeit und danach katholische Besitzungen "säkularisierte".

Ein Zitat:

"Wissen Sie, was das größte Problem der Kirche in Deutschland ist? Sie hat zu viel Geld." (Joseph Kardinal Ratzinger in einem Interview mit dem Philosophen Robert Spaemann, zit. nach Die Welt, 29.9.2011)

Beispiele habe ich natürlich nicht selbst rausgesucht... Quelle (https://www.theologe.de/kirchensubventionen_stopp.htm#Bayern)

In meinen ganz persönlichen Augen ist die Institution Kirche ein Parasit. Sie wollen nur unser Bestes. Unser Geld. Und das bekommen sie ja vom Staat und somit von den Steuerzahlern.

Jörn
24.09.2017, 08:08
Endlich ein Posting, das länger ist als meine!

Sehr interessante Informationen...

Vicky
24.09.2017, 08:36
Endlich ein Posting, das länger ist als meine!

Sehr interessante Informationen...

Ich musste kürzen. Wahrscheinlich bist Du der Einzige, der das alles liest :Cheese:

captainbeefheart
24.09.2017, 16:53
Ich musste kürzen. Wahrscheinlich bist Du der Einzige, der das alles liest :Cheese:

Danke für den Input. Ich habe ihn auch ganz gelesen :-)

Ich betone für mich nochmal explizit, dass ich vor allem die direkten Zahlungen an die Kirche für z.B. die Personalaufwendungen der Diözesen etc. für frag- und kritikwürdig halte.

Davon trenne ich die staatlichen Transferausgaben für kirchliche Institutionen, die soziale Dienstleistungen erbringen. Diese halte ich in Grenzen für produktiv und unterstelle eine daraus erfolgende Wertschöpfung. Indikatoren dafür gibt es.

Hier nochmal eine andere Perspektive auf den Output, um den es mir hier geht. Die Deutsche Bank Research kommt für die Wohlfahrtsverbände (Arbeiterwohlfahrt, paritätischer Wohlfahrtsverband, Caritas, Rotes Kreuz, Diakonie etc.) zu folgendem Urteil:

"Das klassische Maß für den Beitrag eines Sektors zum BIP ist die Bruttowertschöpfung (BWS), wie sie durch die Input-Output- Rechnung ermittelt wird. Diese Rechnung erfasst in Deutschland die Wertschöpfung der Dienstleistungen Gesundheit, Sozialwesen, Un- terricht und Entsorgung nur aggregiert. Deren Anteil an der gesam- ten Wertschöpfung hat sich seit 2000 von 11,8% auf 12,9% (EUR 263 Mrd.) im Jahr 2007 erhöht. Aufgrund mangelnder Daten ist eine Berechnung der BWS der FW hier aber nicht möglich. Statt- dessen wird das jeweilige Leistungsvolumen angenähert. Als Quelle dient hier die Ausgabenrechnung der Gesundheitsberichterstattung des Bundes, somit beschränkt sich die Schätzung auf Krankenhäu- ser, Pflegeheime, ambulante Pflegedienste, Reha- und Vorsorgeein- richtungen sowie Rettungsdienste. Die Orientierung an der Ausga- benrechnung erscheint plausibel, da sie den Endverbrauch und somit aus makroökonomischer Sicht die letzte Verwendung der Gü- ter und Dienstleistungen abbildet. Diese Größe könnte somit in etwa dem verwendungsseitigen BIP-Anteil entsprechen (vgl. auch Box links).

Insgesamt betrug 2008 das Leistungsvolumen der FW in den be- trachteten Bereichen unseren Schätzungen zufolge EUR 37,9 Mrd. von EUR 92,8 Mrd. insgesamt. Dabei sind mangels geeigneter Daten relevante Bereiche, vor allem Kindertagesstätten, bei denen die FW über große Marktanteile verfügen, nicht berücksichtigt. Es liegt nahe, dass der genannte Wert die FW als Wirtschaftsfaktor unterschätzt.

Das Leistungsvolumen der FW ist somit insgesamt höher als das so mancher Branche des verarbeitenden Gewerbes. Zum Vergleich betrugen 2008 die Jahresumsätze der Getränke- und Tabakherstel- ler je etwa EUR 12 Mrd., der Papierbranche rund EUR 36 Mrd."

Und:

"Die FW werden oft verkannt. Dabei gehören sie zu den größten Arbeitgebern in Deutschland. Vor allem sorgen sie für einen wesentlichen Teil des Angebotes an sozialen Diensten. Das gilt auch für die umsatzstärksten marktnahen Sozialdienste, die Pflege und die stationäre Gesundheitsversorgung (Krankenhäuser). Hier halten die FW nach wie vor ebenfalls große Marktanteile und tragen entsprechend zur Wertschöpfung bei. Auf der Kostenseite profitieren sie dabei weit weniger als oft von spezifischen Eigenheiten der Gemeinnützigkeit unterstellt. Indes wäre es ebenso verfehlt, dieses Prinzip mit generell mangelnder Effizienz gleichzusetzen, wie es mitunter geschieht. Die verbesserte wettbewerbliche Aufstellung der FW dürfte zum einen auch Folge eines erhöhten Konkurrenzdrucks durch zahlreiche private Anbieter sein. Zum anderen erfordern neue rechtliche Rahmenbedingungen vor allem im Krankenhausbereich (Stichwort Fallpauschalen) seit geraumer Zeit effzientes Wirtschaften von allen Akteuren, die sich am Markt halten wollen."

https://paritaet-bw.de/fileadmin/user_upload/Regional/Kreisverbaende/Wirtschaftsfaktor_Wohlfahrtsverbaende.pdf

Ich bin auch bei diesem, insgesamt positiven Urteil eher kritisch und denke, dass die Anbieterstruktur und die Effizienz des Angebotes nicht immer optimal ist und zusammen mit der Entscheidung für Transferzahlungen in jedem Fall immer wieder auf den Prüfstand gehört. Gleichzeitig wir hier de facto Wertschöpfung erzielt - und das nicht zu knapp.

Jörn
24.09.2017, 17:06
beef, es ist nicht einzusehen warum ein katholisches Krankenhaus gemeinnütziger sein sollte als ein säkulares Krankenhaus. Wenn beide in gleicher Weise nützlich sind, dann beweist das, dass die Sonderzahlungen an die Katholiken überflüssig und grundlos sind.

Wenn sich die Katholien das Tankstellen-Netz der ARAL kaufen, wird auch niemand auf die Idee kommen, dass man dieses ab sofort staatlich alimentieren müsste, weil es dann noch gemeinnütziger wäre.

Gemeinnützig wäre, wenn ein Nutzen entstünde, ohne dass der Saat es aus eigener Tasche finanzieren müsste. Wenn die Kirche ihre Kindergärten tatsächlich aus eigener Tasche bezahlen würde (also aus den Beiträgen der Mitglieder). Oder wenn die Kirchen kostenlose medizinische Betreuung für Bedürftige anbieten würden, ohne dem Staat die Rechnung zuzuschieben.

Davon abgesehen halte ich das Argument der „Wirtschaftlichkeit“ für vorgeschoben, da es weder für den Staat noch für Kirchen ein Kriterium ist.

Klugschnacker
24.09.2017, 18:00
Ich bin auch bei diesem, insgesamt positiven Urteil eher kritisch und denke, dass die Anbieterstruktur und die Effizienz des Angebotes nicht immer optimal ist und zusammen mit der Entscheidung für Transferzahlungen in jedem Fall immer wieder auf den Prüfstand gehört. Gleichzeitig wir hier de facto Wertschöpfung erzielt - und das nicht zu knapp.

Wo siehst Du da ein "insgesamt positives Urteil"? Ich habe mich jetzt durch Dein sehr langes Posting gemüht und vergeblich nach einem Bezug zur hier diskutierten Frage gesucht. In meiner Not habe ich mir sogar große Teile des verlinkten PDFs durchgelesen.

Hier geht es doch um die Frage, ob kirchliche Unternehmen aus der Gemeinschaftskasse aller Steuerzahler subventioniert werden sollen, während wir das bei privatwirtschaftlichen Krankenhäusern, Kindergärten etc. nicht im gleichen Maße tun.

Es wird lediglich gesagt, dass bei den kirchlichen Einrichtungen etwas erwirtschaftet wird, und dass es weniger effizient geschieht, als bei vergleichbaren privatwirtschaftlichen Unternehmen.

Habe ich etwas übersehen? :Blumen:

waden
24.09.2017, 18:34
Gleichzeitig wird hier de facto Wertschöpfung erzielt - und das nicht zu knapp.

Ich kann dem Text entnehmen, dass die Leistungen in diesem Bereich erheblich sind, oft verkannt werden, und dass es um sehr viel Geld geht. Ich sehe aber kein Argument, das zeigen würde, dass die kirchlichen Institutionen hier etwas leisten, wofür sie Anspruch auf Sonderrechte erheben könnten im Vergleich zu staatlich oder privatwirtschaftlich geführten Trägern. Ob das Maß der Wertschöpfung sogar höher wäre, kann aufgrund der letztlich nicht genauen Datenerhebung nicht abgelesen werden.

captainbeefheart
24.09.2017, 18:50
Ich kann dem Text entnehmen, dass die Leistungen in diesem Bereich erheblich sind, oft verkannt werden, und dass es um sehr viel Geld geht. Ich sehe aber kein Argument, das zeigen würde, dass die kirchlichen Institutionen hier etwas leisten, wofür sie Anspruch auf Sonderrechte erheben könnten im Vergleich zu staatlich oder privatwirtschaftlich geführten Trägern. Ob das Maß der Wertschöpfung sogar höher wäre, kann aufgrund der letztlich nicht genauen Datenerhebung nicht abgelesen werden.

Genau, das ist, worauf ich hinweisen will: Die Leistungen (der Output, die Wertschöpfung) in diesem Bereich sind erheblich. Und werden nicht allein von kirchlichen Institutionen, sondern auch nicht-religiösen Verbänden / Vereinen erbracht, allerdings sind die kirchlichen Institutionen die größte Gruppe.

Die Leistungserbringung erfolgt entweder über staatliche (hier zahlt der Staat direkt) und private Institutionen (hier erfolgen oft auch Transferleistungen), oder eben diesen dritten Sektor. Staatliche Transferleistungen sind insofern in diesem Bereich nicht "parasitär", sondern an Leistungen gebunden. Bei der Arbeiterwohlfahrt (nicht-kirchlich) genauso wie bei der Diakonie. Ob kirchliche Institutionen der "richtige" Träger sind, habe ich nicht bewertet.

Wenn also Transferleistungen (zu Recht) unter die Lupe genommen werden, sollten wir auch den Output sehen. Und der ist wertschöpfend und erheblich.

Vicky
24.09.2017, 18:58
Genau, das ist, worauf ich hinweisen will: Die Leistungen (der Output, die Wertschöpfung) in diesem Bereich sind erheblich. Und werden nicht allein von kirchlichen Institutionen, sondern auch nicht-religiösen Verbänden / Vereinen erbracht, allerdings sind die kirchlichen Institutionen die größte Gruppe.

Die Leistungserbringung erfolgt entweder über staatliche (hier zahlt der Staat direkt) und private Institutionen (hier erfolgen oft auch Transferleistungen), oder eben diesen dritten Sektor. Staatliche Transferleistungen sind insofern in diesem Bereich nicht "parasitär", sondern an Leistungen gebunden. Bei der Arbeiterwohlfahrt (nicht-kirchlich) genauso wie bei der Diakonie. Ob kirchliche Institutionen der "richtige" Träger sind, habe ich nicht bewertet.

Wenn also Transferleistungen (zu Recht) unter die Lupe genommen werden, sollten wir auch den Output sehen. Und der ist wertschöpfend und erheblich.

Es ist aber eben KEINE Leistung der Kirche, wenn der Staat diese "kirchlichen" Institutionen so stark subventioniert, dass keine Eigentleistung der Kirche mehr erforderlich ist. Das ist quasi Etikettenschwindel. Mit dem "falschen Etikett" wird zudem zusätzlich das Arbeitsrecht umgangen.

Dein Output ist dann eben keine Kirchenleistung. Die "Kirche" ist die beste Geschäftsidee aller Zeiten und sie ist sehr weit entfernt von "gemeinnützig".

Ein Vergleich:
Ärzte ohne Grenzen erhielt vom Staat im Jahr 2015 gerade mal 3,9 Millionen Euro. Das ist erst einmal viel Geld. Klar.

Wie viel Geld erhält Ärzte ohne Grenzen bislang im Jahr von der EU?

Ärzte ohne Grenzen Deutschland erhielt im Jahr 2015 von der Bundesregierung 3,9 Millionen Euro (dies entspricht 3,1 Prozent der Gesamteinnahmen) für Projekte in fünf afrikanischen Ländern. Die Zuwendungen von privaten Spendern betrugen 116,6 Millionen Euro (dies entspricht 93,2 Prozent der Gesamteinnahmen). Für das Jahr 2016 wurden Finanzierungsverträge über 4 Millionen Euro für Projekte in fünf Staaten in Afrika abgeschlossen, die noch erfüllt werden. Neue Mittel wird Ärzte ohne Grenzen beim Auswärtigen Amt nicht beantragen.

Infos sind sehr transparent. (https://www.aerzte-ohne-grenzen.de/aerzte-ohne-grenzen-verzicht-auf-eu-gelder-faq)

Sollte es denn nicht viel mehr dieser Institutionen geben, unabhängig von irgendeiner Kirche? Die leistet ja nichts wirklich. Sie gibt weder Geld noch Personal, noch zahlt sie für Personal... Wo ist also der Output der Kirche??? Ich sehe ihn einfach nicht. Sorry...

captainbeefheart
24.09.2017, 19:53
Es ist aber eben KEINE Leistung der Kirche, wenn der Staat diese "kirchlichen" Institutionen so stark subventioniert, dass keine Eigentleistung der Kirche mehr erforderlich ist. Das ist quasi Etikettenschwindel. Mit dem "falschen Etikett" wird zudem zusätzlich das Arbeitsrecht umgangen.

Dein Output ist dann eben keine Kirchenleistung. Die "Kirche" ist die beste Geschäftsidee aller Zeiten und sie ist sehr weit entfernt von "gemeinnützig".

...

Sollte es denn nicht viel mehr dieser Institutionen geben, unabhängig von irgendeiner Kirche? Die leistet ja nichts wirklich. Sie gibt weder Geld noch Personal, noch zahlt sie für Personal... Wo ist also der Output der Kirche??? Ich sehe ihn einfach nicht. Sorry...

Es ist keine ausschließliche Leistung der Kirchen, vollkommen richtig. Ebenso wie bei allen anderen Trägern aus dem dritten Sektor. Das war auch nicht mein Punkt. Mein Punkt ist, dass das Transfergeld Wertschöpfend ist. Nicht mehr, aber auch nicht weniger.

Bei kirchlichen Institutionen kommt noch eine signifikante Zahl an freiwillig erbrachten Stunden (von Ehrenamtlichen) dazu, die die Gestehungskosten der Leistungserbringung beeinflussen.

Ich bin gespannt von Dir / Euch zu hören, wie Ihr Euch konkret vorstellt, die Transformation dieser Bereiche, die heute eine zentrale Versorgungsader unseres Gesundheitssystems darstellen, anders zu organisieren. Soll es der Staat übernehmen, Private mit Gewinnerzielungsabsicht?

Klugschnacker
24.09.2017, 20:24
Ich bin gespannt von Dir / Euch zu hören, wie Ihr Euch konkret vorstellt, die Transformation dieser Bereiche, die heute eine zentrale Versorgungsader unseres Gesundheitssystems darstellen, anders zu organisieren. Soll es der Staat übernehmen, Private mit Gewinnerzielungsabsicht?

Wo ist das Problem? Ein "katholisches" Krankenhaus ist in der Regel zu 100% vom Steuerzahler bezahlt. Falls es nicht exakt 100% sind, sind es nahezu 100%. Ich sehe keine grundsätzliche Schwierigkeit darin, solche Krankenhäuser ohne die Kirchen zu verwalten. Die Mitarbeiter sind "normale" Menschen, also keine geweihten Persönlichkeiten. Es sind Ärzte, Pfleger, Büro- und Reinigungskräfte. Keine Priester. Für ein Krankenhaus braucht es keine Kirche.

Anmerkung: Ich habe überhaupt nichts gegen konfessionell gebundene Krankenhäuser oder Altenheime, sofern der Staat dafür sorgt, dass ausreichend säkular betriebene Einrichtungen in zumutbarer Nähe der Bürger sind. Konfessionell gebundene Einrichtungen sollen aber bitte von der Glaubensgemeinschaft finanziert werden, und nicht aus der Gemeinschaftskasse aller Bürger.

captainbeefheart
24.09.2017, 20:52
Wo ist das Problem? Ein "katholisches" Krankenhaus ist in der Regel zu 100% vom Steuerzahler bezahlt. Falls es nicht exakt 100% sind, sind es nahezu 100%. Ich sehe keine grundsätzliche Schwierigkeit darin, solche Krankenhäuser ohne die Kirchen zu verwalten.

....

Das Posting zeigt, dass Du offenbar keine Ahnung von Krankenhäusern hast und auch die Postings zuvor nicht wirklich gelesen hast. Deshalb gerne nochmal: Krankenhäuser, gleich welcher Träger, finanzieren sich zum größten Teil aus dem Umsatzprozess, also sie erbringen Leistungen gegen Zahlung von Krankenkassen und Patienten. Das macht, je nach Ertragslage der Krankenhäuser 80, 90 oder auch mal 110 Prozent aus. Hat nix mit Steuern zu tun.

Deckungslücken werden dann vom Träger getragen, bei Kreiskrankenhäusern z.B. aus dem Kreishaushalt (hier: Steuern!) bei Privaten und Wohlfahrtsverbänden (hier: auch kirchliche Institutionen) aus dem Vermögen (das zum Teil auch durch Transferleistungen des Staates gefundet ist; hier also Steuern).

Steuern spielen also eine sehr kleine Rolle. Klar?

Vorteile kirchlich getragener Krankenhäuser sind oft (nicht immer), dass sie in Liegenschaften der Kirche residieren, für das keine entsprechend ortsüblichen Mieten verrechnet werden und bei den Kirchen entsprechende Opportunitätskosten entstehen. Und auch, dass in höherem Unfang als bei anderen Trägern freiwillige Leistungserbringung erfolgt. Und drittens besteht keine Gewinnerzielungsabsicht.
Dies ist bei privaten Trägern meistens anders und insofern würde eine Transformation entsprechend schwierig (wenn auch nicht unmöglich)

Die Übergabe in staatliche Trägerschaft ist ein zweischneidiges Schwert. Wir wissen bisher aus vielen Segmenten, dass der Staat nicht immer der effektivste und effizienteste Träger ist.

Was Krankenhäuser angeht beurteile ich den Mix aus 3 unterschiedlichen Trägern mit jeweils unterschiedlichen Vor- und Nachteilen als recht produktiv. Wir haben mit die beste Versorgung weltweit. Gleiches gilt auch für die meisten anderen Versorgungsinstitutionen.

Klugschnacker
24.09.2017, 20:59
Das Posting zeigt, dass Du offenbar keine Ahnung von ...

Hier habe ich aufgehört zu lesen. Bitte gewöhne Dir einen anderen Ton an.

captainbeefheart
24.09.2017, 21:08
Hier habe ich aufgehört zu lesen. Bitte gewöhne Dir einen anderen Ton an.

War nicht auf Deine Person, sondern auf das Posting bezogen. Wenn es anders angekommen ist, tut mir das leid.

LidlRacer
24.09.2017, 21:28
Allen, die wie ich wenig Ahnung von Krankenhäusern und ihrer Finanzierung haben, könnte dies helfen:

Finanzierung der Krankenhäuser in kirchlicher Trägerschaft
von Heike Jackler (http://www.kirchensteuer.de/node/61)
..."
Das Fazit meiner Nachforschungen: Obwohl so gut wie keine Kirchensteuer in den Bau und überhaupt keine Kirchensteuer in den medizinisch-pflegerischen Betrieb der Krankenhäuser in kirchlicher Trägerschaft fließt, wird von seiten der Kirche gedroht, sich aus dem Krankenhauswesen zurückzuziehen, falls die Kirchensteuer - wie in anderen europäischen Ländern üblich - abgeschafft wird bzw. durch Steuersenkungen und Kirchenaustritte gefährdet ist. Dass solche Erpressungsversuche bei den politisch Verantwortlichen fruchten, hat sicherlich viel mit der Monopolstellung der Kirchen im sozialen Bereich zu tun. Allein die mit der Zeit angehäuften Immobilienwerte - oft finanziert oder hoch bezuschusst durch den Staat - sind immens.
Leidtragende dieser Monopolstellung sind die Angestellten in kirchlichen Einrichtungen.
..."

captainbeefheart
24.09.2017, 21:54
Die Frage der Positionierung von Krankenhäusern (als Beispiel für die Einrichtungen im Sozialbereich) ist eigentlich recht simpel:

Auf der Umsatzseite ist es für alle Krankenhäuser prinzipiell gleich, sie erzielen dieselben Fallpauschalen von Krankenkassen. Unterschiede gibt lediglich beim Privatpatientenanteil und potenziellen Forschungstöpfen. Insofern gibt es hier keine große Optionen.

Auch auf Personal- und Materialaufwandsseite gibt es keine großen Unterschiede und damit auch wenig Optionen.

Jetzt gibt es 3 Träger, die auf der kleinen Differenzierungsbasis versuchen ihre Besonderheiten auszuspielen:

Die öffentlichen Träger sichern die Flächenversorgung, das ist finanziell oft herausfordernd und deshalb ist die öffentliche Hand vermutlich auch der beste Träger dafür.

Die Privaten fokussieren/spezialisieren sich in der Regel auf medizinische und/oder regionale Nischen, weil man dort entlang der Gewinnerzielungsabsicht Profite erzielen kann.

Die Häuser der Wohlfahrtsverbände, auch die kirchlichen Institutionen (die weit weg von einem Monopol sind) gehen folgerichtig den "dritten" Weg entlang ihrer komperativen Vorteile: Freiwillige Leistungserbringung, geringere Kapitalaufwendungen, geringere Mietaufwendungen schaffen den Spielraum für Wertschöpfung zwischen den beiden anderen Polen.

Jörn
24.09.2017, 23:46
Die öffentlichen Träger sichern die Flächenversorgung, das ist finanziell oft herausfordernd und deshalb ist die öffentliche Hand vermutlich auch der beste Träger dafür.

Ach? Wenn die Kasse nicht klingelt, dann ist die Kirche nicht der beste Träger, sondern der Staat?

Obwohl Du vorhin fantasiert hast, die Kirchen hätten ohnehin keine Gewinnabsicht? Warum scheuen sie dann die finanziell problematischen Regionen? Könnten sie nicht dort ihre Barmherzigkeit zeigen und ihr enormes Vermögen zum Wohle der Menschen einsetzen? Aber genau das geschieht nicht.

Die Wahrheit ist, dass die Kirchen im großen Stil Kindergärten, Schulen und Krankenhäuser übernehmen, weil sie a) Profit damit machen; b) die Kosten auf den Staat abwälzen und den Staat sogar erpressen können; c) ihren gesellschaftlichen Einfluss sichern und ausweiten können. Letzteres könnten sie nicht mit einem Tankstellen-Netz oder dem Betrieb von Kläranlagen, und deswegen sind es die zuvor genannten Einrichtungen.

captainbeefheart
25.09.2017, 08:09
... Du vorhin fantasiert hast, ...

Die Wahrheit ist, dass die Kirchen im großen Stil Kindergärten, Schulen und Krankenhäuser übernehmen, weil sie a) Profit damit machen; b) die Kosten auf den Staat abwälzen und den Staat sogar erpressen können; c) ihren gesellschaftlichen Einfluss sichern und ausweiten können. Letzteres könnten sie nicht mit einem Tankstellen-Netz oder dem Betrieb von Kläranlagen, und deswegen sind es die zuvor genannten Einrichtungen.

Schauen wir mal auf die Fakten und konzentrieren wir uns für den Moment auf die Krankenhäuser, die wir auf den letzten Seiten als Beispiel bemüht haben:

Der Anteil (heute ist die Verteilung in etwa gedrittelt) der "freigemeinnützigen" Krankenhäuser (worunter die kirchlichen gemeinsam mit den anderen, von Wohlfahrtsorganisationen betriebenen, fallen) fällt seit Jahren. Wo die Aussage herkommt, "die Kirchen übernehmen im großen Stil" erschließt sich mir nicht. Hast Du Belege?


Profitabel sind derzeit weniger als die Hälfte aller Krankenhäuser und dort wo sie profitabel sind, sind es bis auf wenige, meistens privat betriebene, Ausnahmen sehr bescheidene Profite. Auch hier bin ich auf Deine Belege gespannt, wo "Profite gemacht" werden und vor allem, was bei diesen Organisationen mit den Profiten geschieht. Hast Du Belege? (Interessant wäre, wenn die von kirchlichen Institutionen betriebenen Krankenhäuser tatsächlich gerade die profitablen sind, dass dann die Wertschöpfung dieser Häuser offensichtlich überdurchschnittlich wäre, also eine hohe Bruttowertschöpfung erfolgen würde, was hier ja vehement bestritten wurde.)

Sodann würde mich interessieren, welche Kosten denn genau "auf den Staat" abgewälzt werden und worin hier ein Unterschied zu anderen Trägern besteht? Hast Du Belege?

Ansonsten würde ich Diesen Post eher dem Bereich fliegender Jungfrauen zuordnen.

Jörn
25.09.2017, 14:46
Diese Informationen stammen aus einer Dokumentation, die ich bei ARD oder ZDF gesehen habe. Es ging darum, dass die Kirchen gezielt Schulen und Kindergärten übernehmen, weil es a) kostengünstig ist und b) gezielt zur Schaffung eines religiösen Nachwuches dient. Die befragten Sprecher der Kirchen gaben dies unumwunden zu. Dabei spielten auch Krankenhäuser eine Rolle, jedoch standen sie nicht im Zentrum des Beitrags. Im Zentrum stand die Betrachtung, wie weit dieses Vorhaben insgesamt bereits gediehen ist. Eltern sprachen davon, dass in ihrer Region bei Schulen und Kindergärten überhaupt keine Alternativen mehr vorhanden waren. Statistiken zeigten das rapide Anwachsen der kirchlichen Einrichtungen in den letzten Jahren (d.h. säkulare Einrichtungen wurden umgewidmet).

Bei den Krankenhäusern wurde offenbar, dass finanziell problematische Krankenhäuser von den Kirchen übernommen wurden, und dass diese mit harter Hand auf Kurs gebracht wurden, mit Methoden, die säkularen Trägern nicht zur Verfügung standen. Dabei reizten die Kirchen das Arbeitsrecht aus, sodass dem Arbeitnehmer viele Rechte vorenthalten wurden. Es kamen auch Ärzte zu Wort, die aussagten, dass dies auch negative medizinische Auswirkungen hätte. Der Tenor war, dass die Bevölkerung vermutlich denkt, dass die Kirchen am meisten von ethischen Prinzipien geleitet wären und finanzielle Gesichtspunkt hintanstünden; aber das Gegenteil war der Fall. Denn die Kirchen nutzten die Tatsache aus, dass Widerspruch in den eigenen Reihen nicht üblich ist und außerdem hart bestraft wird.

Den Namen der Dokumentation weiß ich nicht mehr, aber es spielt vermutlich sowieso keine Rolle.

captainbeefheart
25.09.2017, 15:10
Diese Informationen stammen aus einer Dokumentation, die ich bei ARD oder ZDF gesehen habe. Es ging darum, dass die Kirchen gezielt Schulen und Kindergärten übernehmen, weil es a) kostengünstig ist und b) gezielt zur Schaffung eines religiösen Nachwuches dient. Die befragten Sprecher der Kirchen gaben dies unumwunden zu. Dabei spielten auch Krankenhäuser eine Rolle, jedoch standen sie nicht im Zentrum des Beitrags.

...

Den Namen der Dokumentation weiß ich nicht mehr, aber es spielt vermutlich sowieso keine Rolle.

Doch so konkret. Ist das die Beleggüte, die Du von den Gläubigen hier immer bzgl. der Glaubensdebatte einforderst? :-)

Spaß beiseite. Es gab tatsächlich einmal, vor etwa 15 Jahren einen aggressiven katholischen Orden, der versucht hat, einen Teil des deutschen Krankenhausmarkts aufzumischen. Dabei wurden, wie Du beschreibst, notleidende Krankenhäuser anvisiert und mit einem Ordens-eigenen, rigiden Managementsystem überzogen, von dem man annahm, er wäre der Stein des Weisen im Betreiben von Krankenhäusern. Relativ bald musste man erkennen, dass die Struktur und die Kultur von Krankenhäusern sehr besonders ist und ist dann wenige Jahre später krachend gescheitert. Am Rande dieser sinnlosen Expansionsstrategie gab es auch noch weitere soziale Einrichtungen, die bedauerlicherweise Opfer dieses Größenwahns wurden. Es war dann die erste Insolvenz einer Körperschaft des öffentlichen Rechts, wo doch Körperschaften des öffentlichen Rechts per Definition nicht insolvent gehen können ...

Ja, so was gibt es. Es wäre aber unangemessen, das auf alle kirchlichen Institutionen hochzurechnen (auch hier empfiehlt sich insgesamt eine Differenzierung, weil bspw. die Caritas anders ist als die Diakonie und die wieder anders als andere Träger). In Summe machen, wie schon geschrieben, diese Träger einen ordentlichen Job, ebenso wie viele andere Träger auch.

Jörn
26.09.2017, 00:35
In Summe machen, wie schon geschrieben, diese Träger einen ordentlichen Job, ebenso wie viele andere Träger auch.

Worin besteht der Zusammenhang mit dem Thema des Threads? Zur Debatte steht nicht, ob ein Krankenhaus „einen guten Job macht“, sondern ob die staatlichen Subventionen gerechtfertigt sind, die säkulare Träger nicht bekommen.

qbz
26.09.2017, 09:06
Worin besteht der Zusammenhang mit dem Thema des Threads? Zur Debatte steht nicht, ob ein Krankenhaus „einen guten Job macht“, sondern ob die staatlichen Subventionen gerechtfertigt sind, die säkulare Träger nicht bekommen.

Für den Jugendhilfebereich existiert ein bundesweit verbindliches Kinder-/Jugendhilfegesetz. Es schreibt den Ländern vor, welche Leistungen der Staat gesetzlich vorgeschrieben oder fakultativ erbringen muss. Das Bundesland und die Kreise vergeben Pflichtleistungen an freie Träger (Wohlfahrtsverbände, Vereine, Gmbh's) und das Jugendamt steht in der Pflicht, die Erbringung der Leistungen und die Einhaltung der Qualitätsstandards zu kontrollieren. (z.B. für Krippen, Kita's, Kinderheime, Hilfen zur Erziehung). Das Jugendamt muss auch genaue Anforderungen an die Art der Aufgaben / Leistungen für die freien Träger in Ausschreibungen festlegen. Ebenso gibt es meistens einen Schlüssel darüber, wie hoch der Eigenanteil des freien Trägers sein muss, der z.B. durch Spenden eingebracht wird. Ein gut geführtes Jugendamt sollte für einen Wettbewerb zwischen den freien Trägern sorgen und nicht mit einem einzigen Wohlfahrtsverband quasi als Monopol Verträge schliessen. In den östlichen Bundesländern und Berlin existieren aus historischen Gründen mehr staatiche Angebote in der Jugendhilfe (bis vor 25 Jahren gab es fast nur staatliche Kita's in Berlin) sowie mehr nichtkirchliche freie Träger als im Rheinland und im Süden DE, wo kirchliche Wohlfahrtsverbände leider oft einseitig überwiegen (als Monopol).

Bei den Jugendhifeleistungen kann man somit nicht von Subventionen sprechen: Es handelt sich um ein Outsourcing staatlicher Pflicht-/Fakultativaufgaben an freie Träger (Kinder haben ein Anrecht auf einen Kitaplatz ab 3 z.B.), weil es dem Staat so billiger erscheint. (wegen oft billigeren Arbeitskräfte, schlechteren Arbeitsbedingungen und geringeren Standards als beim Staat sowie wegen des Eigenanteils freier Träger)

waden
27.09.2017, 23:11
Mal wieder etwas zum an den Kopf fassen:
http://www.faz.net/aktuell/politik/ausland/royx-moore-will-goettliches-gesetzt-fuer-die-usa-15221475.html

qbz
28.09.2017, 17:04
Kleinkind aus religiösen Gründen in Tempel gesperrt ....

http://www.spiegel.de/panorama/nepal-dreijaehrige-ist-neue-jungfrau-goettin-von-kathmandu-a-1170376.html

Jörn
01.10.2017, 20:25
Da das Thema der Kirchenfinanzierung nun abgeschlossen scheint, möchte ich der Vollständigkeit halber daran erinnern, dass noch eine Frage des vorigen Themas unbeantwortet blieb, nämlich nach dem göttlich vorgegebenen Sinn (des Lebens oder der Schöpfung).

Zwar wurde immer wieder behauptet, dem Atheismus fehle der „Sinn“ und damit eine unverzichtbare Leitlinie; aber es wurde nicht erläutert, worin denn dieser Sinn nach Auffassung der Bibelgläubigen besteht.

Ich würde gerne erfahren, ob die Bibelgläubigen meine These teilen, dass die Bibel keinerlei Angaben zu einem Sinn enthält, und dass den Gläubigen kein Sinn bekannt ist.

Kann ein allmächtiger Gott überhaupt einen Sinn für die Menschen stiften? Wenn Gott nämlich allmächtig ist, kann er jedes Ziel auch ohne die Menschen erreichen — und dann wäre die Existenz des Menschen nicht erforderlich und folglich sinnlos.

Was für einen Sinn soll es haben, dass die Menschheit nach einem leidvollen Weg durch die Evolution endlich in der Lage ist, Schmerzen zu lindern und einige Krankheiten zu heilen, wenn ein allmächtiger Gott dies mit einem Fingerschnipp erledigen könnte? Gerade die mühelose Allmacht Gottes stellt den Sinn unserer Mühen infrage.

Wenn es sinnvoll sein soll, Leid zu heilen: Warum tut Gott es dann nicht? Die Tatsache, dass er es nicht tut, eröffnet eine viel dringendere Frage, nämlich, ob wir mit unserer Vermutung falsch liegen, die Heilung von Krankheiten wäre eine sinnvolle Tätigkeit. Denn die Welt, in der wir uns befinden, steht dem Leid völlig gleichgültig gegenüber. Wenn diese Gleichgültigkeit einen Sinn haben soll: Wie rechtfertigen wir dann unser gegenteiliges Verhalten (dem Streben nach Fürsorge und Gerechtigkeit)?

Wird hier nicht ein Denkfehler offensichtlich, nämlich dass die Frage nach dem „Sinn“ immer annimmt, dass der Sinn mit uns Menschen zu tun hat? Stellen wir hier schon wieder den Menschen ins Zentrum, einfach weil wir es uns wünschen? Gerade bei Gläubigen steht aber nicht der Mensch im Zentrum, sondern Gott. Warum sollte der „Sinn“ also etwas mit uns zu tun haben?

MattF
02.10.2017, 16:05
Wird hier nicht ein Denkfehler offensichtlich, nämlich dass die Frage nach dem „Sinn“ immer annimmt, dass der Sinn mit uns Menschen zu tun hat? Stellen wir hier schon wieder den Menschen ins Zentrum, einfach weil wir es uns wünschen? Gerade bei Gläubigen steht aber nicht der Mensch im Zentrum, sondern Gott. Warum sollte der „Sinn“ also etwas mit uns zu tun haben?


Eine sehr gute Frage :)

Jörn
02.10.2017, 22:39
Ich möchte die stillen Mitleser (gerade die Gläubigen) dazu ermuntern, über die ausbleibenden Antworten auf meine Frage nach dem „Sinn“ nachzudenken: Ist es nicht verblüffend, dass man keinerlei Antworten erhält, obwohl die Sinnfrage das zentrale Anliegen der großen Religionen ist?

Sollte man nicht erwarten, dass hier eine Vielzahl guter Antworten gegeben werden, mühelos, sofort, mit guten Argumenten, die über 2000 Jahre geschärft wurden? An deren Widerlegung man sich die Zähne ausbeißt?

Stattdessen: Stille.

Das ist einer der Gründe, warum ich öfters auf rethorische Tricks hinweise. Durch Rethorik ist es möglich, Dinge zu verschleiern. Beispielsweise könnte man der Wissenschaft vorwerfen, die Sinnfrage nicht zu beantworten, sodass der Zuhörer gar nicht bemerkt, dass die Religion die Sinnfrage ebenfalls nicht beantwortet.

Falls also der gläubige Mitleser stets skeptisch abgewunken hat, wenn ich über diese Tricks schrieb, dann bestünde hier eine gute Gelegenheit, die eigene Skepsis auf den Prüfstand zu stellen: Wie kann es sein, dass Religionen, die die Sinnfrage zu ihrem zentralen Fundament erkoren haben, keinerlei Antwort darauf geben?

Der Katechismus gibt folgende (scheinbare) Erklärung für den Sinn des Lebens:

“Wir sind auf Erden, um Gott zu erkennen, ihn zu lieben, ihm zu dienen und dadurch (einst) in den Himmel zu kommen.“

Und man würde doch sofort nachfragen: Warum? Was ist der Sinn? Warum sollten wir in den Himmel kommen? Und wenn es der Sinn ist, in den Himmel zu kommen: Wieso sind wir dann nicht im Himmel, sondern auf der Erde? Was ist der Sinn unseres Daseins auf der Erde?

Der Katechismus, und alle anderen religiösen Erklärungsversuche, verschieben die Frage lediglich: Der Sinn der Erde ist, dass wir in den Himmel kommen. Und was sollen wir dann im Himmel? Keine Ahnung. Man weiß es nicht. Die Frage bleibt unbeantwortet.

Rethorik kann Dinge in ihr Gegenteil verwandeln, ohne dass man es sofort merkt. Religionen geben vor, die Sinnfrage zu beantworten — aber bei genauerem Hinsehen können sie genau dies nicht. Bei keiner Frage sind die Religionen so schachmatt wie bei der Sinnfrage.

Sollte einem das nicht zu denken geben?

:Blumen:

keko#
03.10.2017, 21:18
Ich möchte die stillen Mitleser (gerade die Gläubigen) dazu ermuntern, über die ausbleibenden Antworten auf meine Frage nach dem „Sinn“ nachzudenken: Ist es nicht verblüffend, dass man keinerlei Antworten erhält, obwohl die Sinnfrage das zentrale Anliegen der großen Religionen ist?

Sollte man nicht erwarten, dass hier eine Vielzahl guter Antworten gegeben werden, mühelos, sofort, mit guten Argumenten, die über 2000 Jahre geschärft wurden? An deren Widerlegung man sich die Zähne ausbeißt?

Stattdessen: Stille.

Ach, ich könnte da sehr wohl antworten, habe aber mittlerweile keine richtige Lust mehr. Letztendlich läuft es darauf hinaus, dass Gläubige irgendwie dumm dastehen.
Deine Frage hast du dir ja irgendwie schon selbst beantwortet, bzw, man sieht schon, worauf es wieder hinausläuft. Das ist zumindest mein Eindruck.
Bei der ganzen Diskussion vergisst du nämlich gern mal, dass der Mensch nicht nur ein rationales Wesen sein kann, sondern ebenso emotional, intuitiv, irrational, sensibel und was weiß ich. Und das u.U. äusserst erfolgreich!
Ganz davon abgesehen: Ich habe dich z.B. schon 3x gefragt, ob und an was du glaubst. Und was kam: Stille. Dabei interessiert es mich schon, an was ein rational eingstellter Atheist glaubt, falls er überhaupt glauben kann.
Deine Fragen erscheinen mir einseitig persönlich. Konkrekte persönliche Fragen werden mit anonymen Links beantwortet. Geschenkt! Googeln kann ich selbst. :Cheese:

(Klitzekleiner Exkurs: meiner Meinung nach ein großes Problem der aktuellen Politik ist es, dass möglichst rein argumentativ entschieden und erklärt wird und man damit aber über einen Teil der Bevölkerung hinwegredet, der damit nicht mehr eingefangen wird, weil eben der Mensch mehr ist als eine Entscheidungsmaschine. Von daher hoffe ich, dass z.B. die AfD kein charismatisches Mitglied entdeckt, den er/sie würde über uns hinwegfegen a la Trump.)

captainbeefheart
03.10.2017, 23:48
Ich möchte die stillen Mitleser (gerade die Gläubigen) dazu ermuntern, über die ausbleibenden Antworten auf meine Frage nach dem „Sinn“ nachzudenken: Ist es nicht verblüffend, dass man keinerlei Antworten erhält, obwohl die Sinnfrage das zentrale Anliegen der großen Religionen ist?

Sollte man nicht erwarten, dass hier eine Vielzahl guter Antworten gegeben werden, mühelos, sofort, mit guten Argumenten, die über 2000 Jahre geschärft wurden? An deren Widerlegung man sich die Zähne ausbeißt?

Stattdessen: Stille.

Das ist einer der Gründe, warum ich öfters auf rethorische Tricks hinweise. Durch Rethorik ist es möglich, Dinge zu verschleiern. Beispielsweise könnte man der Wissenschaft vorwerfen, die Sinnfrage nicht zu beantworten, sodass der Zuhörer gar nicht bemerkt, dass die Religion die Sinnfrage ebenfalls nicht beantwortet.

Falls also der gläubige Mitleser stets skeptisch abgewunken hat, wenn ich über diese Tricks schrieb, dann bestünde hier eine gute Gelegenheit, die eigene Skepsis auf den Prüfstand zu stellen: Wie kann es sein, dass Religionen, die die Sinnfrage zu ihrem zentralen Fundament erkoren haben, keinerlei Antwort darauf geben?

Der Katechismus gibt folgende (scheinbare) Erklärung für den Sinn des Lebens:

“Wir sind auf Erden, um Gott zu erkennen, ihn zu lieben, ihm zu dienen und dadurch (einst) in den Himmel zu kommen.“

Und man würde doch sofort nachfragen: Warum? Was ist der Sinn? Warum sollten wir in den Himmel kommen? Und wenn es der Sinn ist, in den Himmel zu kommen: Wieso sind wir dann nicht im Himmel, sondern auf der Erde? Was ist der Sinn unseres Daseins auf der Erde?

Der Katechismus, und alle anderen religiösen Erklärungsversuche, verschieben die Frage lediglich: Der Sinn der Erde ist, dass wir in den Himmel kommen. Und was sollen wir dann im Himmel? Keine Ahnung. Man weiß es nicht. Die Frage bleibt unbeantwortet.

Rethorik kann Dinge in ihr Gegenteil verwandeln, ohne dass man es sofort merkt. Religionen geben vor, die Sinnfrage zu beantworten — aber bei genauerem Hinsehen können sie genau dies nicht. Bei keiner Frage sind die Religionen so schachmatt wie bei der Sinnfrage.

Sollte einem das nicht zu denken geben?

:Blumen:

Mir geht es wie keko. Letztlich ist Dein Post selbst nicht mehr als Rethorik bzw. eine suggestive, rethorische Frage. Lust zu Antworten: Keine.

Gläubige haben sich hier längst verabschiedet. Kann ich nachvollziehen.

Zum Thema "Sinn" habe ich etliches gepostet, lies es nach. Oder les am besten Luhmann, der hat zum Sinn, auch, aber nicht nur, von religiösen Systemen erschöpfend Auskunft gegeben.

Jörn
04.10.2017, 00:48
Ach, ich könnte da sehr wohl antworten, habe aber mittlerweile keine richtige Lust mehr.

Meine These ist sehr einfach: Gläubige behaupten, ihr Glaube würde einen Sinn stiften; fragt man jedoch nach diesem Sinn, herrscht Stille (oder man hört Ausflüchte).

Diese These könnte sofort widerlegt werden, indem jemand den behaupteten Sinn nennt und begründet. Das sollte doch zu machen sein? Ich finde nicht, dass es eine ungehörige Frage ist, die man nicht stellen darf.

Die Gläubigen, auch in diesem Thread, beschwören immer wieder, dass alle schlauen Argumente über Urknall und Quanten-Krimskrams am eigentlichen Kern vorbeigehen, nämlich dem Sinn. Also was ist der Sinn?

Bei der ganzen Diskussion vergisst du nämlich gern mal, dass der Mensch nicht nur ein rationales Wesen sein kann, sondern ebenso emotional, intuitiv, irrational, sensibel und was weiß ich. Und das u.U. äusserst erfolgreich!

Ich gebe hiermit bekannt, dass „der Mensch nicht nur ein rationales Wesen sein kann, sondern ebenso emotional, intuitiv, irrational, sensibel“. Ich gebe Dir also voll und ganz recht.

Aber eine Frage bleibt offen: Was ist der Sinn?

Warum ist das so wichtig? Das ist wichtig, weil der Glaube nicht das Fundament ist, sondern der Glaube selbst benötigt ein Fundament. Nämlich den Sinn. Wenn der Sinn fehlt, ist der Glaube sinnlos. Dann fällt das ganze Kartenhaus zusammen.

Jörn
04.10.2017, 01:00
Zum Thema "Sinn" habe ich etliches gepostet, lies es nach.

Nur damit keine Legenden entstehen: Du hast zum Sinn von Religionen kein Wort geschrieben, sondern hast lediglich die Nützlichkeit debattiert, etwa dass Menschen im Altersheim ihre Beschwerden besser ertragen, wenn sie an ein Jenseits glauben (was übrigens völlig hanebüchen ist). Die Nützlichkeit beantwortet die Frage nach dem Sinn nicht.

Wenn es ein Jenseits geben sollte: Warum? Was ist dessen Sinn? Warum soll es besser sein, ein Jenseits zu haben, als einfach „nichts“ zu haben?

Warum sind Menschen im Altersheim auf der Erde, wenn der Sinn doch im Jenseits liegt? Was machen die hier?

Warum haben alte Menschen überhaupt Beschwerden? Was ist der Sinn? Wieso schafft man die Beschwerden nicht ab? Offenbar ist es besser, Beschwerden zu haben. Gott will es. Warum?

———

beef, Du suggerierst, als wäre meine Frage nach dem Sinn so langweilig, so ungebildet, und so ordinär, dass man sich nicht weiter damit beschäftigen müsse. Ich sehe das anders. Ich sehe darin eine zentrale Frage der Menschheit, die sich seit tausenden von Jahren stellt. Ich gehe nicht davon aus, dass sie so nebenher in einem Deiner Forumspostings beantwortet wurde. Oder siehst Du das anders?

Klugschnacker
04.10.2017, 01:24
Ach, ich könnte da sehr wohl antworten, habe aber mittlerweile keine richtige Lust mehr. Letztendlich läuft es darauf hinaus, dass Gläubige irgendwie dumm dastehen.

Ich glaube nicht so recht, dass Du das könntest. Es ist eine sehr schwierige Frage. Sie zielt nicht nach dem Sinn, den Du persönlich in Deinem privaten Glauben siehst. Sondern sie fragt nach dem Sinn, welche die christliche Religion unserer Existenz beimisst.

Es ist aus meiner Sicht äußerst schwierig, diesen Sinn zu formulieren, ohne sich sofort in offensichtliche Widersprüche zu verwickeln. Jörn hat bereits einige dieser Zwickmühlen genannt.

Um überhaupt einen Startpunkt für solche Überlegungen zu finden, müsstest Du zunächst die Bibel lesen. Ferner müsstest Du herausfinden, wie diese Quelle von Theologen weiterverarbeitet wurde, um der Frage nach dem Sinn auf die Spur zu kommen. Das würde Dich (wie wohl jeden anderen hier) einen Haufen Zeit und Mühe kosten. Ohne freilich die Gewähr zu haben, dass sich eine Antwort finden lässt.

Kurz: Ich bin keckerweise davon überzeugt, dass Du die Antwort auf die Frage nach dem Sinn nicht kennst. Ich halte für unwahrscheinlich, dass Du sie kennst und sie uns aus reiner Diskussionsmüdigkeit vorenthältst.

Deshalb halte ich es für unfair, so zu tun, als sei Jörn schuld daran, dass dem Leser die Antwort auf die Frage nach dem Sinn aus christlicher Sicht leider vorenthalten bleiben muss. Die Antwort unterbleibt aus keinem anderen Grund als dem, dass sie Dir nicht bekannt ist.

Wie immer: No offense und danke für die Diskussion. :Blumen:

Jörn
04.10.2017, 01:30
nicht mehr als Rethorik bzw. eine suggestive, rethorische Frage.

Wie müsste ich die Frage Deiner Ansicht nach stellen, damit sie nicht-suggestiv und nicht-rethorisch wäre?

captainbeefheart
04.10.2017, 07:18
Nur damit keine Legenden entstehen: Du hast zum Sinn von Religionen kein Wort geschrieben, sondern hast lediglich die Nützlichkeit debattiert, etwa dass Menschen im Altersheim ihre Beschwerden besser ertragen, wenn sie an ein Jenseits glauben (was übrigens völlig hanebüchen ist). Die Nützlichkeit beantwortet die Frage nach dem Sinn nicht.

...

beef, Du suggerierst, als wäre meine Frage nach dem Sinn so langweilig, so ungebildet, und so ordinär, dass man sich nicht weiter damit beschäftigen müsse. Ich sehe das anders. Ich sehe darin eine zentrale Frage der Menschheit, die sich seit tausenden von Jahren stellt. Ich gehe nicht davon aus, dass sie so nebenher in einem Deiner Forumspostings beantwortet wurde. Oder siehst Du das anders?

Ich habe sowohl etwas zur funktionalen Perspektive religiöser Systeme gepostet, als auch zum potenziellen Sinn von Religionen. Die Wirksamkeit meiner Sicht / Posts scheint aber so marginal, als dass eine Wiederholung Sinn ergibt. Wenn es Dich wirklich nachhaltig interessiert, hilft vielleicht die Suchfunktion.

Ich suggeriere gar nichts, habe nur keine Lust auf Deine Rethorik.

Jörn
04.10.2017, 07:45
Hallo beef, hier ist meine Frage ohne jede Rethorik:

Was ist der Sinn?

Jeder Mitleser kann sich ein Urteil darüber erlauben, ob der obige Satz irgendeine „Rethorik“ enthält. Jeder Leser kann außerdem beurteilen, ob eine Antwort gegeben wurde.

Könntest Du freundlicherweise so fair sein und den Mitlesern erläutern, worin meine „Rethorik“ besteht, oder, falls das nicht möglich ist, den Vorwurf zurücknehmen? Denn wer beschuldigt wird, darf doch sicherlich erfahren, worin seine Schuld besteht? Der Fairness wegen?

captainbeefheart
04.10.2017, 08:14
...
Könntest Du freundlicherweise so fair sein und den Mitlesern erläutern, worin meine „Rethorik“ besteht, oder, falls das nicht möglich ist, den Vorwurf zurücknehmen? Denn wer beschuldigt wird, darf doch sicherlich erfahren, worin seine Schuld besteht? Der Fairness wegen?

Rhetorik ist die Redekunst, jemanden zu überzeugen. So zumindest verwende ich den Begriff.

Deine Rhetorik besteht z.B. in der Verkürzung von Aussagen, die nicht immer zutreffen: "Nur damit keine Legenden entstehen: Du hast zum Sinn von Religionen kein Wort geschrieben ..." ist eine solche Verkürzung.

schnodo
04.10.2017, 08:15
Könntest Du freundlicherweise so fair sein und den Mitlesern erläutern, worin meine „Rethorik“ besteht, oder, falls das nicht möglich ist, den Vorwurf zurücknehmen?

Ich bin weder das Zielpublikum, noch weiß ich, was captainbeefheart gemeint hat. Ich kann Dir aber sagen, wie den Ton Deines Posts empfinde: Du stellst eine Frage. Im gleichen Atemzug nimmst Du quasi die Antwort vorweg und klassifizierst sie als nutzlos, weil eine "echte" Antwort nicht existiert, denn ansonsten hättest Du sie schon gehört.

Inhaltlich bin ich überwiegend Deiner Meinung. Aber auch ich hätte keinen Bock, darauf zu antworten. "When did you stop beating your wife?" :Huhu:

Wenn Du wirklich daran interessiert bist, zu erfahren, was die Gläubigen denken, solltest Du sie weniger konfrontativ fragen. Das nur als Anregung eines wohlmeinenden Mitlesers. :)

Jörn
04.10.2017, 08:24
Rhetorik ist die Redekunst, jemanden zu überzeugen. So zumindest verwende ich den Begriff.

In Ordnung. Die "Rhetorik" betrifft also nicht die Sinnfrage -- diese ist weiterhin offen, und die Frage danach ist weiterhin legitim.

Wenn ich Dich recht verstehe, besteht Dein Argument darin, dass der Sinn in einer der soziologischen Studien bzw. Befragungen zu finden ist, die Du verlinkt hattest. Der Sinn wurde also im Rahmen einer soziologischen Studie entdeckt und kann dort nachgelesen werden.

Ich sage dazu erstmal nichts und warte noch weitere Stellungnahmen ab.

captainbeefheart
04.10.2017, 08:32
...
Wenn ich Dich recht verstehe, besteht Dein Argument darin, dass der Sinn in einer der soziologischen Studien bzw. Befragungen zu finden ist, die Du verlinkt hattest. Der Sinn wurde also im Rahmen einer soziologischen Studie entdeckt und kann dort nachgelesen werden.

...

Nein, da verstehst Du mich nicht recht und das ist auch nicht, was ich dazu geschrieben hatte.

anlot
04.10.2017, 08:40
Ich bin weder das Zielpublikum, noch weiß ich, was captainbeefheart gemeint hat. Ich kann Dir aber sagen, wie den Ton Deines Posts empfinde: Du stellst eine Frage. Im gleichen Atemzug nimmst Du quasi die Antwort vorweg und klassifizierst sie als nutzlos, weil eine "echte" Antwort nicht existiert, denn ansonsten hättest Du sie schon gehört.

Inhaltlich bin ich überwiegend Deiner Meinung. Aber auch ich hätte keinen Bock, darauf zu antworten. "When did you stop beating your wife?" :Huhu:

Wenn Du wirklich daran interessiert bist, zu erfahren, was die Gläubigen denken, solltest Du sie weniger konfrontativ fragen. Das nur als Anregung eines wohlmeinenden Mitlesers. :)


Über den Stil kann man sicher getrennter Meinung sein. Das mag einem gefallen oder auch nicht. Es ändert aus meiner Sicht aber nichts daran, dass die Frage nach dem Sinn von Jörn doch grundlegend ist. Und ehrlich, manchmal werden die Dinge doch sehr klar, wenn man auch mal provokante Fragen stellt. Leider fühlen sich dann die Gläubigen oftmals auf den Schlips getreten, was ich nicht nachvollziehen kann.

Jörn
04.10.2017, 08:40
Im gleichen Atemzug nimmst Du quasi die Antwort vorweg und klassifizierst sie als nutzlos, weil eine "echte" Antwort nicht existiert, denn ansonsten hättest Du sie schon gehört.

Du schreibst, ich nehme die Antwort gleich vorweg, weil ich sowieso schon weiß, dass eine Antwort nicht existiert. Es wäre daher eine rhetorische Scheinfrage.

Ist das zutreffend? Dass nur ich überzeugt bin, dass eine Antwort per se unmöglich ist? Oder ist es nicht eher so, dass auch alle anderen es bereits wissen, und dass dies den Groll der Gläubigen hervorruft?

Wenn nur ich davon überzeugt wäre, dass keine Antwort existiert, dann hätten die Gläubigen mich mit Antworten zugeschüttet. Stattdessen sind sie aber selber überzeugt davon, dass keine Antwort existiert, und nur deswegen werden keine Antworten gegeben. Anschließend wird mir die Schuld dafür in die Schuhe geschoben, etwa, ich hätte nicht artig genug gefragt.

Dabei nehme ich nur auf, was die Gläubigen dauernd behaupten: Es wird dauernd behauptet, der Wissenschaft fehle der Sinn, und deswegen bräuchte man die Religion für ein umfassendes Weltbild. Daher frage ich, was der Sinn sein soll. Warum ist diese Frage plötzlich rhetorisch? Ich meine sie ganz ernst.

So wird nämlich ein Schuh draus: Ich meine die Frage ernst, aber die Gläubigen nicht. Die Gläubigen wissen nämlich ganz genau, dass mit dieser Frage ein Betrug verbunden ist, und deswegen will niemand diese Frage anrühren.

:Duell:


Wenn Du wirklich daran interessiert bist, zu erfahren, was die Gläubigen denken, solltest Du sie weniger konfrontativ fragen. Das nur als Anregung eines wohlmeinenden Mitlesers. :)

Ich gebe gerne zu, dass mein Stil oft konfrontativ wirkt.

Nachdem wir das gemeinsam festgestellt haben, wollen wir untersuchen, ob die Antworten besser sind. Bis jetzt haben wir jedoch keine bekommen.

Dabei ist die Frage nach dem Sinn so gestellt, dass alle Gläubigen mitreden könnten, egal welcher Konfession sie angehören und egal, ob jemand einen ganz privaten Glauben gefunden hat. Die Sinnfrage stellt sich immer.

tandem65
04.10.2017, 08:53
Hi Klugschnacker,

Ich glaube nicht so recht, dass Du das könntest. Es ist eine sehr schwierige Frage. Sie zielt nicht nach dem Sinn, den Du persönlich in Deinem privaten Glauben siehst. Sondern sie fragt nach dem Sinn, welche die christliche Religion unserer Existenz beimisst.

na die Position ist euch doch hinlänglich bekannt. Da könnt ihr ja auch nicht erwarten das jemand antwortet. Da hat dann der captainbeefheart recht, es ist eine rhetorische Frage. Das langweilt schlicht und ergreifend.

Jörn
04.10.2017, 08:58
Auf einmal ist alles rhetorisch.

Welche dieser Fragen ist demzufolge rhetorisch und welche nicht:

- Gibt es einen Gott?
- Hat Allah die Welt geschaffen?
- War Jesus der Sohn Gottes?
- Gab es eine "Jungfrau Maria"?
- Ist der Papst der Stellvertreter von Jesus auf Erden?
- Ist die Bibel (im Kern) wahr?
- Verkündet die Kirche XY die Wahrheit?
- Was will Gott von uns?

Sind das nun alles nur rhetorische Fragen, die daher keiner Antworten mehr bedürfen? Warum hält der Papst dann jede Woche eine Predigt, um die Frage "was will Gott von uns" stets ein Stückchen weiter zu erleuchten?

Warum ist es dann nicht statthaft, zu fragen: "Warum will er es von uns?"

Warum ist es so schwer, auf diese Frage zu antworten: "Ganz ehrlich, wir haben nicht den leisesten Schimmer"?

tandem65
04.10.2017, 09:06
Leider fühlen sich dann die Gläubigen oftmals auf den Schlips getreten, was ich nicht nachvollziehen kann.

Ob jetzt auf den Schlips getreten oder auch vielleicht etwas anderes.
Wenn Jörn schreibt es kann keine Sinnvolle Antwort geben, dann braucht sich auch niemand zu wundern daß keiner Antwortet. Wenn Du das nicht nachvollziehen kannst, puh!

Jörn
04.10.2017, 09:09
Wir sind uns also einig? Dass es keine sinnvolle Antwort gibt?

schnodo
04.10.2017, 09:11
Wenn nur ich davon überzeugt wäre, dass keine Antwort existiert, dann hätten die Gläubigen mich mit Antworten zugeschüttet. Stattdessen sind sie aber selber überzeugt davon, dass keine Antwort existiert, und nur deswegen werden keine Antworten gegeben.

Man könnte auch vermuten, dass die Gläubigen die Antwort sehr wohl wissen aber durch Deine Form der Fragestellung so angesäuert sind, dass sie Dir die Antwort vorenthalten, um Dir eins auszuwischen und Dich "dumm" und gottlos sterben zu lassen. Du wärest also einer der Wenigen, die die Antwort nicht kennen, weil man sie ihnen wegen ihrer Gotteslästerei vorsätzlich verweigert. :Cheese:

Ich meine übrigens nicht, dass Deine Frage rhetorisch war, sondern dass Du mit der Frage bereits die Bewertung der Antwort vorweggenommen hast. Das halte ich für eine Form der Fragestellung, die in einem freien Austausch nur begrenzt Aussicht auf Erfolg hat. Sie bringt eine gewisse unangenehme Verhörzimmer-Atmosphäre mit sich. "Wir wissen, dass du es getan hast! Willst du es wohl endlich zugeben!?" ;)

Es ändert aus meiner Sicht aber nichts daran, dass die Frage nach dem Sinn von Jörn doch grundlegend ist. Und ehrlich, manchmal werden die Dinge doch sehr klar, wenn man auch mal provokante Fragen stellt. Leider fühlen sich dann die Gläubigen oftmals auf den Schlips getreten, was ich nicht nachvollziehen kann.

Natürlich ist die Frage grundlegend und ein wenig Provokation ist auch kein Beinbruch. Es ist aber nicht wesentlich, ob Du oder ich nachvollziehen können, warum sich die Gläubigen auf den Schlips getreten fühlen. Man muss einfach feststellen, wenn es der Fall ist.

Ich wollte aber nicht vom Kernthema ablenken, sondern eigentlich nur leise anmerken, dass man gelegentlich mit etwas mehr Diplomatie und Einfühlungsvermögen eher ans Ziel kommt. Ich fürchte allerdings, dass der Zeitpunkt dafür in der Vergangenheit liegt. ;)

Wir sind uns also einig? Dass es keine sinnvolle Antwort gibt?

Nein. Ich kann nur sagen, dass - falls es eine gibt - ich sie nicht kenne.

Klugschnacker
04.10.2017, 09:19
na die Position ist euch doch hinlänglich bekannt. Da könnt ihr ja auch nicht erwarten das jemand antwortet.

Nein, mir ist die Position nicht bekannt. :Blumen:

Ich frage ausdrücklich nach dem "offiziellen" Sinn, den die evangelische oder katholische Kirche, oder die Bibel selbst, vorgeben. Ich frage nicht nach dem Sinn, den jemand durch eine Privatversion des Christentums für sich selbst erfährt.

keko sagt sinngemäß, falls ich ihn richtig verstanden habe, dass es diesen Sinn gar nicht bräuchte, denn der Mensch handele nicht allein rational und vernünftig, sondern auch irrational oder emotional. Der Glaube könne also auf der emotionalen Ebene Sinn ergeben, während er auf der rein rationalen Ebene sinnlos erscheine.

Das ist eine ganz andere Position, als beispielsweise Du selbst sie einnimmst. Wenn ich Dich bisher richtig verstanden habe, hängt der Sinn der Schöpfung nicht davon ab, ob jemand an Gott glaubt. Es ist uns nicht gegeben, Gottes Schöpfung durch den Akt des Glaubens Sinn zu verleihen, oder ihr durch Nichtglauben den Sinn zu nehmen. Folglich ist der Sinn etwas Übergeordnetes. Nichts was wir selbst erfinden, sondern etwas, was wir mithilfe der Religion (oder der Begegnung mit Gott) entdecken. Zumindest verstehe ich Deine Position so.

Das ist etwas anderes, als das, was keko sagt. :Blumen:

tandem65
04.10.2017, 09:19
Warum ist es dann nicht statthaft, zu fragen: "Warum will er es von uns?"

Warum ist es so schwer, auf diese Frage zu antworten: "Ganz ehrlich, wir haben nicht den leisesten Schimmer"?

Wer hat es Dir verboten zu fragen?
Und die Antwort hast Du doch. Was fehlt Dir?:Huhu:

Jörn
04.10.2017, 09:20
Der Punkt ist doch, dass meine Frage ein Tabu bricht. Weder war die Frage unhöflich gestellt, noch habe ich jemanden persönlich angegriffen. Sondern ich habe lediglich in sachlichem Ton auf einer Frage bestanden, von der jeder weiß, dass man sie besser nicht stellt.

Es ist deswegen ein Tabu, weil es jene Leute in Erklärungsnot bringt, die immer behaupten, dass sie über den "Sinn" ganz besonders vorzügliche Kenntnisse besäßen. Insgeheim wissen jedoch alle, dass diese Kenntnisse nicht existieren. Und weil jedem diese Peinlichkeit bewusst ist, ist es ein Tabu.

Es ist nicht deswegen ein Tabu, weil die Antwort nicht existiert, sondern allein deswegen, weil es peinlich ist. Entsprechend beleidigt fallen die Antworten aus.

Was könnte man mit diesem Tabubruch erreichen?

Ein Ergebnis dieser Teildebatte könnte sein, dass die Gläubigen ihren Sinn erläutern -- falls nicht, können sie andererseits dieses Argument nicht mehr verwenden. Das würde ich als Erfolg für die wissenschaftliche Fraktion werten, die sich ja dauernd den Vorwurf eines fehlenden Sinns anhören muss.

Ein weiteres Ergebnis könnte sein, dass die Gläubigen darüber nachdenken (und uns am Ergebnis teilhaben lassen), ob das Versprechen der Kirchen, es gebe einen großen Sinn, aufrecht erhalten werden kann.

tandem65
04.10.2017, 09:24
Ich frage ausdrücklich nach dem "offiziellen" Sinn, den die evangelische oder katholische Kirche, oder die Bibel selbst, vorgeben. Ich frage nicht nach dem Sinn, den jemand durch eine Privatversion des Christentums für sich selbst erfährt.

Ja, 100% rhetorische Frage. Dir kann ja nur eine Privatperson antworten und Deine Antwort ist vorhersehbar. Wie geschrieben langweilig.

anlot
04.10.2017, 09:30
Ob jetzt auf den Schlips getreten oder auch vielleicht etwas anderes.
Wenn Jörn schreibt es kann keine Sinnvolle Antwort geben, dann braucht sich auch niemand zu wundern daß keiner Antwortet. Wenn Du das nicht nachvollziehen kannst, puh!

Warum so zart besaitet? Widerlegt seine Provokation doch einfach mit stichhaltigen und nachprüfbaren Antworten und schon hätte er sein „Pulver“ verschossen. 😉

tandem65
04.10.2017, 09:34
Der Punkt ist doch, dass meine Frage ein Tabu bricht. Weder war die Frage unhöflich gestellt, noch habe ich jemanden persönlich angegriffen. Sondern ich habe lediglich in sachlichem Ton auf einer Frage bestanden, von der jeder weiß, dass man sie besser nicht stellt.

Welches Tabu brichst Du alter Draufgänger da?
Wer hat behauptet daß Du unhöflich warst oder jemanden persönlich angegriffen hast?
Weshalb sollte die Frage nicht gestellt werden dürfen?
Du bekommst doch sogar Antwort von Dir?

Jörn
04.10.2017, 09:36
Ich kann Euch natürlich nicht zwingen, Antworten zu geben. Aber Ihr braucht mich auch nicht mit nichtssagenden Antworten abspeisen. Ich hatte meine Frage ehrlich gestellt, und die Antwort hat eine große Bedeutung. Für mich jedenfalls.

Wenn Ihr keine Antworten habt, oder falls diese geheim sind, dann nehmen wir das zu Protokoll und wenden uns der nächsten Frage zu.

tandem65
04.10.2017, 09:39
Wir sind uns also einig? Dass es keine sinnvolle Antwort gibt?

Für Dich ganz offensichtlich nicht.:Huhu:

Jörn
04.10.2017, 09:47
Kann man also die Position der Gläubigen so zusammenfassen:

- der Sinn existiert
- der Sinn ist inhaltlich bekannt
- der Sinn wird aus verschiedenen Gründen nicht in diesem Thread erläutert.

Ist das so richtig?

Oder ist es dies:

- der Sinn existiert
- der Sinn ist jedoch nicht inhaltlich bekannt.

tandem65
04.10.2017, 09:53
Kann man also die Position der Gläubigen so zusammenfassen:...


Ja kann man so machen.:Cheese:

Jörn
04.10.2017, 10:01
Prima.

:Gruebeln:

Wem ist der Sinn inhaltlich bekannt?

Klugschnacker
04.10.2017, 10:07
Wir Menschen finden uns hier auf diesem Planeten in einer äußerst unvollkommenen Welt, in der es beispielsweise viel unverschuldetes Leid gibt.

Vielleicht können wir uns der schwierigen Frage nach dem Sinn dieses Daseins annähern, indem wir zunächst nach den Ursachen fragen. Wir fragen dann nicht, zu welchem Zweck sind wir in dieser Lage, sondern: welches waren die Ursachen dafür?

Was sind die Ursachen dafür, dass wir uns auf einer unvollkommenen Erde befinden, und nicht etwa im Himmel oder im Paradies? Die Frage ist berechtigt, denn es scheint Gottes Wunsch zu sein, dass wir in dieses Jenseits gelangen. Was hat dazu geführt, dass wir stattdessen auf einer unvollkommenen Erde sitzen?

Aus offizieller christlicher Sicht besteht die Ursache darin, dass die Menschen gesündigt haben. Wer noch nicht gesündigt hat, vielleicht weil er gerade eben erst zur Welt kam, ist zumindest mit der Erbsünde behaftet. Die Ursache für unser irdisches Dasein ist demnach die Sünde. Die Bibel drückt das so aus:

Und zum Weibe sprach er [Gott, nachdem Eva in den Apfel gebissen hatte]: Ich will dir viele Schmerzen durch häufige Empfängnis bereiten; mit Schmerzen sollst du Kinder gebären; und du sollst nach deinem Manne verlangen, er aber soll herrschen über dich!

Und zu Adam sprach er: Dieweil du gehorcht hast der Stimme deines Weibes und von dem Baum gegessen, davon ich dir gebot und sprach: «Du sollst nicht davon essen», verflucht sei der Erdboden um deinetwillen, mit Mühe sollst du dich davon nähren dein Leben lang; Dornen und Disteln soll er dir tragen, und du sollst das Gewächs des Feldes essen. Im Schweiße deines Angesichtes sollst du dein Brot essen, bis daß du wieder zur Erde kehrst, von der du genommen bist; denn du bist Staub und kehrst wieder zum Staub zurück! (Quelle (http://www.bibel-online.net/buch/dual/schlachter_1951/1_mose/3/luther_1912_apokr/1_mose/3/))

Mein Vorschlag: Wir klären zunächst den theologischen Gehalt dieser Geschichte, da sie uns den Ursachen unserer irdischen Existenz aus christlicher Perspektive näher bringt. Wenn das geklärt ist, fragen wir nach dem Sinn, der dahinter steckt.

These: Wir befinden uns in einer unvollkommenen Welt aufgrund menschlichen Fehlverhaltens (Sünde).

Ist diese Aussage aus christlicher Sicht korrekt? :Blumen:

Helmut S
04.10.2017, 10:26
Habe die Ehre!

Ich würde gerne einen gezielten Beitrag zur Diskussion leisten, allerdings ist mir nach mehrtägigem mitlesen und rücklesen über viele Seiten nicht wirklich klar,um was es genau geht. Gerade in welchem Kontext der Begriff Sinn bei den Beteiligten genau gemeint ist, ist mir nicht vollständig klar.

Naja, macht nix, da es irgendwie um Sinn und Religion geht sondere ich einfach mal ganz allgemein meinen Sicht ab. Evtl. interessiert es ja jemanden. Ich finde das Thema jedenfalls spannend.

Also ich denke, dass der Sinn (ich meine ausdrücklich Sinn und nicht Zweck) von Religion als abstraktes Konzept ein Spiritueller ist. Religionen bieten aus meiner Sicht eine Plattform um ganz konkret als Einzelner oder als Gruppe eine Weltanschauung zu entwickeln, die die spirituellen Bedürfnisse der jeweiligen Gruppe/des jeweiligen Einzelnen befriedigt (und in der Folge - nicht a priori - deshalb auch einen Zweck haben [könnte/n]).

Da ich denke, dass der dem Mensch auch ein spirituelles Tier ist, halt ich Religion als abstraktes Konzept und deren konkrete Instanziierungen für sinnvoll. Oder anders: Der Sinn von konkreten Religionen (und ggf. Kirchen i.S.v. Glaubensgemeinschaften) ist es ein Rahmen für spirituelle Zwecke zu sein. Im übrigen vermute ich, dass die spirituellen Aspekte des Tiers Mensch ebenso einer Evolution unterworfen sind wie z.B. körperliche.

Ich möchte auch keines dieser Rahmenwerke bewerten. Ich bin froh, dass wir in Deutschland glauben dürfen was wir möchten, und auch nach unserem Glauben handeln dürfen, solange dies auf dem Boden des Grundgesetzes passiert. Ich selbst bin vor eingier Zeit aus der katholischen Kirche ausgetreten - für mich war die Mitgliedschaft gesellschaftlich (Kinder sind getauft und gefirmt) und spirituell zwecklos. Daneben gab es freilich noch andere Gründe.

Die konkrete spirituelle Befriedigung meiner diesbezüglichen Bedürfnisse erfülle ich mir durch einen rechten Mischmasch. Da ist ein starker Einfluß der Naturwissenschaft (wohl meiner Ausbildung geschuldet), ein großer Bereich der westlichen Kultur- und Wertesysteme (meiner Sozialisierung geschuldet), ein mittelstarker fernöstlicher Einfluß (habe mal ne kurze Zeit in Japan und Südkorea gelebt - das hat mich beeinflusst) und ein kleiner indianischer Bereich (ich habe einen Freund - knapp 70 J mitlerweile - der bei einem kleinen Indianerstamm und den Nomaden in der Mongolei zum Schamanen ausgebildet wurde. Gespräche mit ihm waren spirituell sehr mehrwertig für mich.)

Einen universellen Sinn des Lebens oder einen universellen Sinn von Religionen o.ä. sehe ich persönlich(!) ebenso wenig wie eine universelle Moral. D.h. selbstverständlich nicht, dass ich denke, mein Leben wäre sinnlos (das mögen andere denken :Lachanfall: ). Meine Familie z.B. ist für mich persönlich durchaus lebenssinnstiftend.

Keine Ahnung ob es verstanden werden kann, was ich abgesondert habe. Evtl. ist es auch so wie Wittgenstein sinngemäß im Vorwort des Tractatus schrieb: Diese Gedanken versteht nur der, der solche oder ähnliche Gedanken auch schon einmal gedacht hat.

Just my 5 Cents ... :Blumen:
LG Helmut

Jörn
04.10.2017, 10:34
Hallo Helmut, ich verstehe Dein Posting so, dass Du einen universellen Sinn nicht erkennen kannst; andererseits gibt es persönliche Dinge, die Deinem Leben einen Sinn geben. Dieser persönliche Sinn scheint jedoch nicht religiös motiviert, vorgegeben oder "verordnet" zu sein, sondern Du hast ihn selbst gesucht, geschaffen -- und teilweise sogar gezeugt. Dazu passend ist der Vers, den Arne oben weggelassen hat:

Beide waren nackt, aber sie schämten sich nicht voreinander.

1. Mose, 2:25

Helmut S
04.10.2017, 11:10
Hi Jörn!

Hallo Helmut, ich verstehe Dein Posting so, dass Du einen universellen Sinn nicht erkennen kannst;

Jap. In der Analogie zum philosophischen Moral - mit der habe ich mich (zumindest ab Hume und Kant) eingehender beschäftigt - vermute ich sogar, es gibt keinen universellen Sinn; zumindest nicht aus philosophischer Sicht.

Dieser persönliche Sinn scheint jedoch nicht religiös motiviert, vorgegeben oder "verordnet" zu sein,

Das stimmt auch. Zumindest nicht in dem Sinne wie z.B. das Christentum ja sehr wohl "vorgibt" oder "verordnet", wie denn zum Heilversprechen zu kommen sei. Wobei es freilich auch Religionen gibt, die in der Findung des Weges zum Heilversprechen dem Gläubigen Freiheiten geben - ich denke da an den Buddhismus.

Vor dem Hintergrund zögere ich etwas bei "nicht religiös motiviert". Zumindest stimmt es auf jeden Fall wenn du meinst nicht vollständig christlich motiviert und schon gar nicht zu dem Zwecke um z.B. ewiges Leben zu erlangen. Diese Vorstellung benötige ich für meine spirituelle Gesundheit/Seelenwohl nicht. Aus dieser Sicht ist "nicht religiös motiviert" völlig richtig.

Wobei man ja schon sehen muss, meine ich: Wenn man halt so wie ich in Niederbayern (oder einfach in Europa) aufwächst, dann ist aufgrund des Verlaufes der Geschichte aus meiner Sicht nicht immer vollständig klar ob kulturelle Einflüsse in der jeweiligen Sozialisierung nun religiös sind oder nicht und damit ist es - zumindest für mich - in letzter Konsequenz auch schwer zu sagen ob mein Tun wenigstens in Einzelfällen auf eine religiöse Motivation zurückzuführen ist. Wahrscheinlich schon - unbewußt halt.

Wenn ich z.B. im Alltagsleben beim EDEKA ner alten Frau helfe ihre Tasche wieder einzuräumen nachdem sie ihr umgefallen ist, mache ich das jedenfalls nicht weil ich denke: "Geil! Endlich kann ich bei 'Du sollst deinen nächsten lieben wie dich selbst.' einen Haken machen - kann ja dann nicht mehr Weit sein bis zum ewigen Leben." oder so. Nein, dass mache ich weil ich so erzogen wurde und auch denke, dass es richtig ist. Diese Erziehung ist in letzter Konsequenz aber mglw. auch religiös motiviert.

Oder kurz: Ja. Passt. ;) :Blumen:

LG H.

trithos
04.10.2017, 11:27
Stattdessen: Stille.


Kurz hatte ich gehofft, dass die Diskussion an diesem Punkt eine sinnvolle Wendung nimmt:

um einen andern Menschen
zu verstehen
muss erst Stille zwischen uns entstehen

© Anke Maggauer-Kirsche (*1948), deutsche Lyrikerin.

... aber die Stille war ja nicht von langer Dauer ;)

Klugschnacker
04.10.2017, 14:49
Jesus selbst hat sich nicht ergiebig zum Sinn des diesseitigen Lebens geäußert. Ich spekuliere, dass das daran gelegen haben könnte, dass er das Reich Gottes als unmittelbar bevorstehend sah. Er sagte ganz konkret, dass das Gottesreich noch zu Lebzeiten seiner Mitmenschen käme:

"Es sind einige unter euch, die hier stehen, welche den Tod nicht kosten werden, bis sie den Sohn des Menschen kommen sehn in seinem Reich" (Matthäus 16,28).

Was macht in seiner Situation, kurz vor dem angenommenen Ende dieser Welt und dem Kommen des Gottesreiches noch Sinn? Sinn macht in jedem Fall alles, was einen beim bevorstehenden Weltgericht vor Strafe schützt.

Wir sind heute jedoch in einer anderen Situation. Wir überblicken eine 13.700 Millionen Jahre währende Entwicklung der Welt. Die Zeitspanne, die wir Menschen in dieser Welt leben, beträgt kaum einen Wimpernschlag. 99,999% dieser Zeit gab es keine Menschen.

Falls wir noch 100.000 Jahre lang durchhalten ohne uns auszulöschen, haben wir das Universum 0,002% seiner Lebenszeit bevölkert. Auf einem 100 Meter langem Zeitstrahl wäre ein Haar fünfzigmal dicker, als die Ära der Menschen darauf einnähme.

Wir fragen heute aus einer ganz anderen Perspektive nach dem Sinn unseres Daseins, als Jesus das vermocht hätte. Zumal wir wissen, dass das von ihm vorausgesagte Gottesreich nicht gekommen ist. Welchen Sinn haben wir in einer Welt, die stets ohne uns ausgekommen ist, und auch weiterhin, nach dem unvermeidlichen Aussterben der Menschen, ohne uns auskommen wird?

Die Entwicklung der Welt wird über uns Menschen hinausgehen – sie wird nicht stehen bleiben, sobald die Menschen wieder ausgestorben sind. Wir Menschen können daher weder das Ziel noch der Sinn des Universums sein, ebenso wenig wie der Neandertaler oder die Saurier der Sinn des Universums waren.

Fragen nach dem ganz großen Sinn müssen das berücksichtigen. Wir können nicht mehr, wie vielleicht in der Antike, so tun, als sie die Welt lediglich eine Bühne, auf die wir Menschen gesetzt wurden, um uns zu vervollkommnen, und dies sei der Sinn der Welt.

MattF
04.10.2017, 14:55
Wenn ich z.B. im Alltagsleben beim EDEKA ner alten Frau helfe ihre Tasche wieder einzuräumen nachdem sie ihr umgefallen ist, mache ich das jedenfalls nicht weil ich denke: "Geil! Endlich kann ich bei 'Du sollst deinen nächsten lieben wie dich selbst.' einen Haken machen - kann ja dann nicht mehr Weit sein bis zum ewigen Leben." oder so. Nein, dass mache ich weil ich so erzogen wurde und auch denke, dass es richtig ist. Diese Erziehung ist in letzter Konsequenz aber mglw. auch religiös motiviert.

Oder kurz: Ja. Passt. ;) :Blumen:

LG H.


Das hängt vielleicht damit zusammen, dass man in einer ähnlichen Situation auch so behandelt werden will.

Und natürlich hat das auch was mit Erziehung zu tun. Wir erziehen unsere Kinder so und wurden so erzogen, dass man anderen die hilfsbedürftig sind hilft. Das hängt aber wie gesagt damit zusammen, dass man dann in entsprechenden Fällen auch geholfen bekommt oder zumindest die Wahrscheinlichkeit relativ groß ist.

Dass sich Menschen gegenseitig helfen und Hilfsbedürftige nicht einfach irgendwo liegen- oder zurückgelassen werden hat einen praktischen Sinn für den Einzelnen Menschen und für die Gemeinschaft.

Mit Religion hat das alles nichts zu tun und im übrigen dürften das praktisch alle Völker auf der Welt so handhaben.

MfG
Matthias

Helmut S
04.10.2017, 17:22
Servus MattF,

ja das stimmt wohl. Ich wollte mich halt an dem Fakt „entlanghangeln“, dass die beiden Schriften, die unseren Kulturkreis stark geprägt haben eben die Bibel und die Illias sind. Was ich halt nur sagen wollte, dass ich auch nicht weiß ob soziale Werte/Verhaltensweisen religiösen Ursprung haben oder nicht. Eigentlich ist es aber vielleicht auch egal - war wahrscheinlich eh ein schlechtes Beispiel von mir. :Blumen:

Nebenbei: Ich glaube mich zu erinnern, dass mir mein schamanischer Freund mal erzählt hat, dass (gewisse?) Indianerstämme in Nordamerika ihre Alten dann zurücklassen, bzw. die alten freiwillig vom Stamm weggehen (was ihren Tod bedeutet) wenn sie eine Belastung für die Gemeinschaft wären. Ich kann da aber mal nachfragen bei Gelegenheit, falls es interessiert.

Ansonsten bin ich mehr oder weniger raus, denn Bibelexegese möchte ich nicht betreiben. Ich habe dazu mal ein, zwei Bücher gelesen, die mir ein Theologe empfohlen hat, der sich am Ende doch nicht zum Prister weihen lies - er kam mit dm Zölibat nicht klar. Ein blitzgescheiter Mensch, neben dem ich auf eine Feier die Ehre hatte den Abend zu sitzen. Mir ist das aber zu aufwendig, mann muss unglaublich viel wissen um da vernünftig arbeiten zu können. Das tue ich an dieser Stelle nicht.

Soweit ich das überblicke - sorry wenn ich mich irre - entspricht deine Interpretation @Arne von Mt 16,28 nicht der „herrschenden Meinung“. Aber wie gesagt: An der Stelle bin ich raus, dazu bin ich an der Stelle nicht gebildet genug um seriös was beizutragen.

Liebe Grüße Helmut

waden
04.10.2017, 17:40
Evtl. interessiert es ja jemanden. Ich finde das Thema jedenfalls spannend.
Danke, mich hat Dein Beitrag interessiert.
Ich finde diese Antwort sehr hilfreich:

Der Sinn von konkreten Religionen (und ggf. Kirchen i.S.v. Glaubensgemeinschaften) ist es ein Rahmen für spirituelle Zwecke zu sein.
...
Einen universellen Sinn des Lebens oder einen universellen Sinn von Religionen o.ä. sehe ich persönlich(!) ebenso wenig wie eine universelle Moral.


Sie berücksichtigt einerseits, dass eine Reiligion keinen universalen Sinn stiftet, aber andererseits spirituelle Bedürfnisse der Menschen "systemimmanent" erfüllt: Rahmen für spirituelle Erlebnisse - in einem Binnensystem.

waden
04.10.2017, 17:42
kleiner Kalauer zu Heffners Tod
PS bitte entfernen, falls zu unpassend

Jörn
04.10.2017, 20:17
Arnes Posting zeigt die Spannweite der Frage. Jesus spricht von der Rettung des Einzelnen, also einem recht kleinen Rahmen. Unsere Kenntnisse über die Natur zeigen uns jedoch einen sehr großen Rahmen, in dem sogar die gesamte Menschheit bedeutungslos scheint.

Welcher Rahmen ist nun der richtige? Und woher will man das wissen?

Nehmen wir an, wir kämen zur Einsicht, dass wir diese Frage nicht beantworten können. Das würde aber nicht bedeuten, dass der Sinn nicht existiert, sondern nur, dass wir ihn nicht kennen. Das ist vermutlich die Haltung vieler Gläubiger.

Aber auch wenn wir den Sinn nicht kennen und vielleicht nie kennen werden, kann man trotzdem darüber nachdenken, welcher Sinn uns prinzipiell einleuchten und zufriedenstellen würde, unabhängig davon, ob wir einen Beweis haben. Ist es prinzipiell möglich, einen Sinn zu erfinden, der uns zufriedenstellen würde?

Hier ist also meine Frage an die Gläubigen: Welcher Sinn wäre dergestalt, dass er uns zumindest theoretisch zufriedenstellen würde? Ich frage nicht nach Beweisen (an dieser Stelle). Sondern ich frage nach einem absichtlich erfundenen Sinn, der so beschaffen ist, dass er uns zufrieden stellt.


Nehmen wir an, jemand antwortet: „Naja, für mich bestünde der Sinn eher im Kleinen, vermutlich in ewiger Glückseligkeit für mich persönlich und meine Liebsten“. Würden wir uns damit zufrieden geben, angesichts der Größe des Weltalls und dem vielen Leid auf der Welt? Warum Hungersnöte, Krankheiten, Kriege? Warum musste man eine Hölle schaffen, um einen Himmel zu bekommen? Kann man das Leid der Vielen rechtfertigen mit dem Glück der Wenigen? Fänden wir das gerecht und vollkommen?



Nehmen wir an, jemand antwortet: „Für mich bestünde der Sinn in etwas Großem und Erhabenen, etwas, was unsere Dimension und unsere Vorstellung übersteigt“. Würden wir dies als Erklärung dafür akzeptieren, dass die eigene Großmutter nur noch mit Morphium die Schmerzen der Gicht ertrug? Dass unsere Kinder bei Unfällen verletzt wurden oder starben? Oder würden wir sagen: „Lass‘ doch meine Oma in Ruhe, wem nützen denn ihre Schmerzen? Der Kosmos soll sich gefälligst um sich selbst kümmern, besten Dank!“.


Keine der beiden Antworten, die "Große" wie die "Kleine", ist völlig befriedigend. Warum? Macht unsere Kenntnis des Großen die Hoffnung zunichte, der Sinn könne sich auf das Kleine beziehen? Und macht unsere Hoffnung auf das Kleine nicht die Erklärung des Großen unmöglich?

Hier ist noch eine weitere Antwort, die den Unterschied zwischen Klein und Groß geschickt umgeht (es ist die Version des kath. Katechismus):


Gott könnte uns sagen: „Ich hab‘s zu meinem Vergnügen getan“. Würden wir das akzeptieren? Rechtfertigt es unser Leid? Würden wir nicht kategorisch einfordern, dass der Sinn etwas mit uns zu tun haben muss? Haben wir nicht Anspruch darauf, dass unser Leid mit einem Sinn für uns abgegolten wird? Wäre es nicht geradezu obszön, wenn Gott mit seinem eigenen Vergnügen argumentierte?


Alle genannten Antworten offenbaren Widersprüche. Ist es daher womöglich zutreffend, dass wir weder im Kleinen (Jesus) noch im Großen (Wissenschaft) einen Sinn finden können, und zwar nicht, weil wir ihn nicht gefunden hätten, sondern weil er prinzipiell undenkbar ist?

Jörn
06.10.2017, 08:40
Um den Thread nicht weiter mit der Sinnfrage aufzuhalten, könnten die folgenden Gedanken vielleicht eine Art Abschluss darstellen.


Zuerst hatte ich gefragt, welcher Sinn tatsächlich geglaubt wird.
Danach hatte ich gefragt, an welchen Sinn man theoretisch glauben könnte, wenn man es sich frei ausmalen dürfte.

Beide Betrachtungen verliefen ergebnislos.

Was noch fehlt, ist die Frage danach, was man auf keinen Fall als Sinn akzeptieren würde.

Nehmen wir eine absichtlich absurde These: Gott würde uns offenbaren, dass es natürlich die Bakterien sind, denen seine vorzüglichste Aufmerksamkeit gilt.

Das ist in diesem fiktiven Gedankenexperiment leicht plausibel zu machen: Bakterien waren die ersten Lebensformen und damit die einzige Art von Leben, die von Gott direkt geschaffen wurde. Alle weiteren Lebensformen, auch der Mensch, dienen nur dazu, den Bakterien ein Habitat zu geben. Das erklärt, warum der Mensch vor allem aus Bakterien besteht, und warum alle Spezies irgendwann ausstarben, nur die Bakterien nicht.

Würden wir unsere Rolle als Bakterien-Habitat als „Sinn“ akzeptieren? Würden wir Gott immer noch so heiß und innig lieben, wie der Katechismus es von uns verlangt? Würden wir einen Sinn darin finden, diesen Gott anzubeten? Wozu?

Anders gefragt: Sind wir in dem, was wir als Sinn akzeptieren würden, selbstlos?

Hier ist meine These: Genau das Gegenteil ist der Fall. Die einzige Eigenschaft eines Sinns, die nicht verhandelbar ist, ist dass er mit uns zu tun hat. Das ist der Kern. Es ist der Scharnier, an dem alles hängt. Der „Inhalt“ des Sinns ist egal. Solange wir es sind.

Das ganze theologische Geschwurbel und all die abgehobene Philosophie ranken sich kunstvoll um einen sehr simplen Instinkt des Menschen, den bereits jedes Baby hat. Selbst wenn ein Baby noch überhaupt nichts weiß, weiß es stets (und energisch!) dies: Dass es geliebt und versorgt werden will. Warum? Um seiner selbst willen. Weitere Begründungen sind überflüssig.

Was wir als „Sinn“ zwar instinktiv fühlen und wünschen, jedoch nicht exakt begründen können (und deswegen auch nicht in einem Forum dazu aufgefordert werden wollen), ist genau dies: ein angeborener Instinkt einer biologischen Spezies, deren Sinn das eigene Leben und Wohlergehen ist, um seiner selbst willen. Einen Sinn sehen wir nur dann, wenn er mit uns in einer positiven Weise zusammenhängt. Eine weitere Begründung, die über uns hinausgeht, interessiert uns nicht und wäre auch eher bedrohlich.

Deswegen behauptet die Religion in der Regel, Gott liebe uns um unser selbst willen. Er liebt uns, weil er uns liebt. So großartig und liebenswert sind wir. Und mehr wollen wir gar nicht wissen.

Der „Sinn“ ist kein abgehobenes theologisches Mysterium, sondern ein Ergebnis der Evolution. Es ist ein grundlegender Instinkt, ein Teil des Überlebensmechanismus, den vermutlich jede Spezies in irgendeiner Form entwickelt hat, jede auf seine Weise.

Das Gedankenexperiment, der ewige Sinn des Universums hätte möglicherweise nichts mit uns Menschen zu tun, offenbart, dass uns das Universum eigentlich egal und alle Götter schnuppe sind: Es geht um uns, um unseren Sinn, für uns.

Deswegen haben wir alle ein offenes Ohr für den „Sinn“ — solange wir darin im Zentrum stehen. Deswegen kann sich jede Religion darauf verlassen, dass die Menschen gerne an einen Sinn glauben, der den Menschen ins Zentrum stellt. Gleichzeitig wird peinlich darauf geachtet, keine Fragen zu stellen, die über den Menschen hinaus gehen könnten, oder die den Menschen nicht ins Zentrum stellen. Darauf reagieren die Menschen mit Angst oder Aggression, ohne eine Begründung zu nennen. Denn es gibt keine Begründung. Eben das ist die Eigenschaft eines Instinkts.

Der Sinn ist ein leeres Gefäß. Sein einziger Inhalt ist das „Ich“.

Jörn
06.10.2017, 09:17
Noch ein schnelles Beispiel:

Nach einem verheerenden Tsunami rennen die Gläubigen aller Glaubensrichtungen in ihre Tempel, um für 20 Überlebende zu danken. Keine Anklage über die 100.000 Toten, sondern allenfalls hilflose Trauer, und die allseitige Versicherung, dass es am Ende einen Sinn haben wird. Das spendet Trost.

Tatsächlich: Die hilflose Aussage im Gottesdienst, dass solche Katastrophen immer wieder geschehen werden, spendet Trost, sofern die Hoffnung auf einen „Sinn“ nicht angetastet wird.

Denn noch mehr als den Tsunami fürchten die Menschen die bittere Wahrheit, dass sie nicht im Zentrum stehen, und dass dem Tsunami die Menschen ebenso egal sind wie ein Schwarm Fliegen. Dieser Gedanke ist schwer zu ertragen.

Deswegen glauben wir lieber daran, dass 100.000 Tote einen Sinn haben, als uns dem furchtbaren Gedanken auszusetzen, dass wir allein sind, und dass wir nicht im Zentrum stehen. Wir behalten unseren Glauben an den Sinn sogar dann, wenn niemand einen Sinn erkennen kann — und sogar, wenn Berge an Leichen jeden Sinn zynisch erscheinen ließen.

Daran kann man sehen, wie stark wir an diesem Instinkt festhalten.

Klugschnacker
06.10.2017, 09:45
Anders gefragt: Sind wir in dem, was wir als Sinn akzeptieren würden, selbstlos?

Hier ist meine These: Genau das Gegenteil ist der Fall. Die einzige Eigenschaft eines Sinns, die nicht verhandelbar ist, ist dass er mit uns zu tun hat. .... Deswegen behauptet die Religion in der Regel, Gott liebe uns um unser selbst willen. Er liebt uns, weil er uns liebt. So großartig und liebenswert sind wir. Und mehr wollen wir gar nicht wissen.

Das sind interessante Gedanken. Ich hake mal bei dem Begriff "die Religion" aus dem obigen Zitat ein: Mir scheint, Du meinst hier speziell jene Religionen, die an einen persönlichen Gott glauben, der den einzelnen Menschen sieht, wie es etwa im Christentum der Fall ist.

Damit kontrastierend gibt es auch andere Gottesvorstellungen. Eine von ihnen hat mich in meiner Jugend sehr interessiert und wird unter anderem von Hoimar v. Ditfurth vertreten. Ich werde sie nachfolgend in maximaler Kürze skizzieren:

Die Welt ist noch nicht fertig. Sie entwickelt sich im Rahmen der Evolution über den ganzen Kosmos hinweg. Anstelle eines einmaligen Schöpfungsaktes gibt es eine viele Milliarden Jahre dauernde Evolution.

In dieser Evolution zeichnet sich eine Tendenz ab: Einfache Strukturen werden immer komplexer. Zuerst gab es nur Wasserstoffgas, heute gibt es sogar Gehirne. Dadurch zeigt sich eine zweite Entwicklungstendenz: Hin zum Bewusstsein. Wir Menschen sind die ersten Wesen mit einem ausgeprägten Bewusstsein, aber alle andere Materie folgt uns in dieser Entwicklung. Das Universum ist demnach etwas, das aufgrund von natürlichen Abläufen immer mehr Bewusstsein erzeugt, oder mit religiösen Worten: immer mehr Geist.

Das Entwicklungsziel oder der Sinn meint stets das gesamte Universum. Es entwickelt sich in seiner Gesamtheit auf ein Ziel hin, nämlich der Entfaltung des Geistes. Dieses Ziel mag man vielleicht mit der Vorstellung eines "Jenseits" oder "Paradieses" gleichsetzen, das ist einerlei. Wichtig ist jedoch, dass es nicht um den einzelnen Menschen geht. Es geht auch nicht um die Menschheit. Wir sind nur Zahnrädchen in einer viel größeren Entwicklung.

Diese Entwicklung begann ohne Menschen, und sie wird ohne Menschen enden. Wir sind nach dieser Vorstellung ein Zwischenschritt, genauso wie alles andere im Universum ein Zwischenschritt ist: Wasserstoff, Sonnen, Lurche, Schimpansen usw.

Das Ziel dieser Entwicklung wird vom gesamten Kosmos erreicht, nicht von seinen Einzelteilen. Mit anderen Worten: Nicht der einzelne Mensch kommt ins Paradies oder in die Hölle. Sondern der Kosmos als Ganzes erreicht ein Ziel.



Allerdings hat die moderne Kosmologie meiner unmaßgeblichen Meinung nach ein schwerwiegendes Gegenargument: Unser Universum dehnt sich aus, und zwar mit immer weiter zunehmender Geschwindigkeit.

Das hat aus meiner Sicht zwei Konsequenzen, welche dagegen sprechen, dass mit dem Universum als Ganzes in Zukunft etwas Interessantes oder Sinnvolles (der Einzug des Geistes in die Materie) stattfinden wird.

1. Das Universum stirbt den Kältetod. Ein expandierendes Universum wird immer kälter, alle Energiegefälle verschwinden, alles kommt zum Erliegen. Jede Entwicklung bleibt stehen, außer der Expansion des Raumes.

2. Wir vereinsamen im Kosmos: Durch die begrenzte Geschwindigkeit des Lichts können wir maximal 13.7 Milliarden Lichtjahre weit sehen. Das Licht von Himmelskörpern, welche noch weiter entfernt sind, konnte uns nicht erreichen, weil ihr Licht länger zu uns unterwegs ist, als das Universum alt ist. Also gibt es einen "Sichtbarkeits-Horizont" in einer Entfernung von 13.7 Milliarden Lichtjahren. Was sich innerhalb dieser riesigen Kugelschale befindet, ist das sichtbare Universum. Was sich jenseits dieses Horizonts befindet, ist der für immer unsichtbare Teil des Universums.

Jetzt kommt’s: Durch die fortwährende Expansion des Raumes bewegen sich alle größeren Himmelskörper von uns weg, da zwischen uns und ihnen fortwährend der Raum expandiert. Immer mehr Galaxien geraten dadurch hinter den "Sichtbarkeits-Horizont" und verschwinden aus unserer Sicht für immer. Das für uns sichtbare Universum wird also zunehmend leerer. Diese Entwicklung scheint sich außerdem immer weiter zu beschleunigen. Früher oder später sind wir allein, sofern man annehmen will, dass die Menschheit noch einige dutzend Milliarden Jahre existiert, in welcher Form auch immer.

So geht es nicht nur der Erde, sondern allen Himmelskörpern: In einer fernen Zukunft ist jeder von ihnen komplett alleine. Er kann weder von anderen erreicht werden, etwa durch Funksignale, noch können andere ihn erreichen. Eine kosmische Evolution im oben skizzierten Sinn ist damit sehr fraglich. Denn zwischen diesen kosmischen Inseln gibt es keinerlei Zusammenhang mehr.

(Sorry für den länglichen Gedanken).

merz
06.10.2017, 12:54
interessant, in aller Kürze:

Woher kommt die Idee, Evolution (in einem sehr weiten Sinne, von Wasserstoff bis zum Gehirn übrigens) hätte ein Ziel?

m.

qbz
06.10.2017, 13:24
interessant, in aller Kürze:

Woher kommt die Idee, Evolution (in einem sehr weiten Sinne, von Wasserstoff bis zum Gehirn übrigens) hätte ein Ziel?

m.

als Naturwissenschaftlier und Jesuit wäre da vielleicht Teilhard de Chardin zu nennen?? (https://de.wikipedia.org/wiki/Weltbild_%28Pierre_Teilhard_de_Chardin%29), IMHO.

Helmut S
06.10.2017, 13:37
Servus!

Wer sich näher mit der Evolution, so wie wir sie heute verstehen, beschäftigen möchte, dem kann ich dieses Buch aus eigener Erfahrung empfehlen:

Evolutionsbiologie (https://www.amazon.de/Evolutionsbiologie-Volker-Storch/dp/3642328350)

Mir hat dieses Buch viel Spaß bereitet, es ist auf einem guten aber nicht zu anspruchsvollem Niveau (Grundstudiumsniveau ungefähr würd ich sagen). Es war mir eine gute Ergänzung zum "Original" von Darwin: Von der Entstehung der Arten, welches ich auch gelesen habe und ebenso empfehlen kann.

Der Sinn des Lebens wird darin zwar nicht diskutiert, aber dafür haben wir ja den Thread und Monty Phyton ;)

Viel Spaß damit demjenigen, der will ;)

LidlRacer
06.10.2017, 14:13
...
Allerdings hat die moderne Kosmologie meiner unmaßgeblichen Meinung nach ein schwerwiegendes Gegenargument: Unser Universum dehnt sich aus, und zwar mit immer weiter zunehmender Geschwindigkeit.

Das hat aus meiner Sicht zwei Konsequenzen, welche dagegen sprechen, dass mit dem Universum als Ganzes in Zukunft etwas Interessantes oder Sinnvolles (der Einzug des Geistes in die Materie) stattfinden wird.

1. Das Universum stirbt den Kältetod. Ein expandierendes Universum wird immer kälter, alle Energiegefälle verschwinden, alles kommt zum Erliegen. Jede Entwicklung bleibt stehen, außer der Expansion des Raumes.

2. Wir vereinsamen im Kosmos: Durch die begrenzte Geschwindigkeit des Lichts können wir maximal 13.7 Milliarden Lichtjahre weit sehen. Das Licht von Himmelskörpern, welche noch weiter entfernt sind, konnte uns nicht erreichen, weil ihr Licht länger zu uns unterwegs ist, als das Universum alt ist. Also gibt es einen "Sichtbarkeits-Horizont" in einer Entfernung von 13.7 Milliarden Lichtjahren. Was sich innerhalb dieser riesigen Kugelschale befindet, ist das sichtbare Universum. Was sich jenseits dieses Horizonts befindet, ist der für immer unsichtbare Teil des Universums.

Jetzt kommt’s: Durch die fortwährende Expansion des Raumes bewegen sich alle größeren Himmelskörper von uns weg, da zwischen uns und ihnen fortwährend der Raum expandiert. Immer mehr Galaxien geraten dadurch hinter den "Sichtbarkeits-Horizont" und verschwinden aus unserer Sicht für immer. Das für uns sichtbare Universum wird also zunehmend leerer. Diese Entwicklung scheint sich außerdem immer weiter zu beschleunigen. Früher oder später sind wir allein, sofern man annehmen will, dass die Menschheit noch einige dutzend Milliarden Jahre existiert, in welcher Form auch immer.

So geht es nicht nur der Erde, sondern allen Himmelskörpern: In einer fernen Zukunft ist jeder von ihnen komplett alleine. Er kann weder von anderen erreicht werden, etwa durch Funksignale, noch können andere ihn erreichen. Eine kosmische Evolution im oben skizzierten Sinn ist damit sehr fraglich. Denn zwischen diesen kosmischen Inseln gibt es keinerlei Zusammenhang mehr.


Ich wüsste nicht, wofür das relevant wäre. Relevant für jedes Lebewesen ist m.E. nichts, außer dem eigenen Planeten, der eigenen Sonne und evtl. noch ein Mond (oder mehrere), der für Gezeiten etc. sorgt. (Abgesehen davon, dass für deren Entstehung natürlich noch "etwas" mehr nötig war.

Wie Du weißt, wird es auf der Erde nicht zu kalt werden, sondern wir werden gegrillt, wenn die Sonne zum roten Riesen wird. Da kann es uns egal sein, dass im Universum insgesamt immer kälter wird.

Im Übrigen scheint mir ein "Sinn" oder "Ziel" des ganzen Universums ebenso abwegig wie ein religiöser Sinn.

Klugschnacker
06.10.2017, 15:09
Ich wüsste nicht, wofür das relevant wäre. Relevant für jedes Lebewesen ist m.E. nichts, außer dem eigenen Planeten, der eigenen Sonne und evtl. noch ein Mond (oder mehrere), der für Gezeiten etc. sorgt. (Abgesehen davon, dass für deren Entstehung natürlich noch "etwas" mehr nötig war.

Es ist relevant nur in dem Sinne, ob es vielleicht einen Sinn des Universums gehen könnte.

Etwas zugespitzt kann man sagen, dass wir alle die Nachfahren einer Wasserstoffwolke sind. Aus diesem einfachen Baumaterial ist alles weitere entstanden. Warum ist das Wasserstoffatom so gebaut, dass diese Geschichte stattfinden konnte, die vorläufig bis zu uns Menschen geführt hat? Warum wohnt ihm diese Wandlungsfähigkeit inne, die Potenz, komplexe Strukturen hervorzubringen?

Um diesen Punkt weiter zu verdeutlichen, nehme ich für einen Moment fiktiv an, dass wir in einer Zukunft auf außerirdisches Leben stoßen – und zwar nicht nur ein einziges Mal, sondern dass es im Kosmus vor Leben nur so wimmelt. Müssten wir dann nicht fragen, warum das Universum so gebaut ist, dass offenbar zwangsläufig Leben entsteht?

Diese Fragen führen weg von den Verhältnissen, die auf der Erde die Entstehung des Lebens verursacht haben. Die Hervorbringung von Leben wäre dann keine irdische Eigenschaft, sondern eine des ganzen Universums. Fragen nach einem möglichen Sinn des Lebens beträfen dann ebenfalls den ganzen Kosmos, nicht nur die Erde und nicht nur die Menschen.

Im Übrigen scheint mir ein "Sinn" oder "Ziel" des ganzen Universums ebenso abwegig wie ein religiöser Sinn.

Beides sind aus meiner Sicht religiöse Vorstellungen:

Im Christentum geht es um den einzelnen Menschen. Er kommt als Individuum ins Himmelreich oder auch nicht. Der Sinn des Daseins auf der Erde ist die individuelle Vervollkommnung, der Weg zu Gott.

In der oben skizzierten Sichtweise geht es nicht um den einzelnen Menschen. Sondern um den gesamten Kosmos, der sich entwickelt und ein Ziel erreicht (hier: die Durchdringung der Materie durch den Geist).

Beides sind für mich jedoch religiöse Sichtweisen oder Weltanschauungen. :Blumen:

Klugschnacker
06.10.2017, 15:37
Wer sich näher mit der Evolution, so wie wir sie heute verstehen, beschäftigen möchte, dem kann ich dieses Buch aus eigener Erfahrung empfehlen:

Evolutionsbiologie (https://www.amazon.de/Evolutionsbiologie-Volker-Storch/dp/3642328350)

Danke! Bei der Gelegenheit möchte ich naseweis anmerken, dass die biologische Evolution nur ein Teilaspekt der Evolution ist. Denn es gibt auch eine Evolution der unbelebten Welt, was Dir natürlich bekannt ist.

Dazu zwei Beispiele für die physikalische Evolution:

Im jungen Universum war es zunächst viel zu heiß, als das Atomkerne hätten existieren können. Stattdessen gab es nur die Einzelteile von Atomen, die mit einem Affenzahn umherschwirrten. Durch die Ausdehnung des Universums kühlte es jedoch schnell ab. Eine Minute nach dem Urknall war es kühl genug, dass sich einfache Atomkerne bilden konnten. Nur vier Minuten später war das Universum es bereits so weit abgekühlt, dass es für die Bildung von Atomkerne jetzt zu kalt war. Alle Wasserstoffkerne und das meiste der Heliumkerne entstanden in dieser nur vier Minuten währenden Zeitspanne. Das ist ein Beispiel für die physikalische Entwicklung (Evolution) des Universums. Aus einer Teilchensuppe wurde Wasserstoff.

Fast alle schwereren Elemente wie Eisen, Kohlenstoff, Sauerstoff etc. sind sehr viel jünger als der Wasserstoff: Aus dem Wasserstoff bildeten sich durch die Schwerkraft zunächst Sonnen, die wie unsere Sonne aus Wasserstoffgas bestanden. Im Inneren dieser Sterne war es so heiß, dass dort schwerere Elemente bis hin zum Eisen erbrütet wurden. Durch die spätere Explosion dieser Sterne gelangten diese neuen Elemente in den freien Weltraum. So wurden aus Wasserstoff die Elemente. Jedes der Atome, aus denen wir selbst bestehen, wurde mit Ausnahme des Wasserstoffs im Inneren von Sternen erbrütet. Das ist ein zweites Beispiel für die physikalische Evolution

Neben der physikalischen Evolution gibt es die chemische Evolution:

In den Urozeanen der Erde bildeten sich zahlreiche chemische Verbindungen. Die meisten davon zerfielen bereits nach kurzer Zeit durch die harte Sonnenstrahlung. Manche dieser chemischen Verbindungen waren jedoch stabiler als andere und hielten der Strahlung besser stand. Entsprechend reicherten sie sich nach und nach in der Ursuppe an. Manche von ihnen waren so stabil, dass sie riesige Ketten aus Atomen bildeten. Aus dieser unbelebten, noch rein chemischen Evolution ging später das Leben hervor.

Mir geht es hier um die Tatsache, dass die Evolution ein fundamentales Prinzip darstellt, welches nicht auf die biologische, belebte Welt beschränkt ist. Selbst Computerviren durchlaufen eine Evolution, ebenso wie Ideen, Ideologien, Religionen, politische Systeme, Musikcharts und so weiter.

(danke für’s Lesen, habe fertig für heute) :Cheese:

Helmut S
06.10.2017, 16:51
Hi Arne!

Ein klares „jein“ - jetzt wo du‘s sagst ist das logisch mit der chemischen und physikalischen Evolution. So richtig verfügbar bewußt war mir das aber nicht. Danke und wie Lodda sagte: Again what learned ;)

Habe übrigens festgestellt, dass ich das falsche Buch verlinkt habe. Ich habe das hier gelesen: https://www.amazon.de/Evolution-Ein-Lese-Lehrbuch-Jan-Zrzavý/dp/364239695X/ref=pd_bxgy_14_img_2?_encoding=UTF8&psc=1&refRID=5QFMEW27VPQ478WW9RS3

Im Prinzip ähnlich ;)

Interessant ist deine Bemerkung das Evolution ein universales Konzept ist. Das denke ich auch.

In dem Buch steht, dass Evolution (in dem Fall die biologische) kein Ziel hat, sondern lediglich einen Zweck: das Fortbestehen der eigenen Art sichern. Außerdem steht da, dass es kein „absolutes Evolutionsmaximum“ gibt — also sowas wie die „Krone der Schöpfung/Evolution“ sondern nur „lokale Maxima“, wenn man das so will. Sowas wie eine Landschaft von Berggipfeln. Verschiedene Organismen werden verschiedene Anpassungsgippfel erreichen. Sie können auch nicht „zurück“ und ein Tal durchschreiten und einen anderen Anpassungsgipfel erreichen. Im Buch wird das Konzept „adaptive Landschaften“ genannt. Ich gestehe: Hab´s grad aus‘m Schrank geholt und das mit den Landschaften nochmal nachgeschaut. :cool: Wenigstens war das Buch nicht unterm VR des Rollenfahrrades :Lachanfall: Anyways...

Hier ein Link zu ner Leseprobe des Buches und des relevanten Kapitels 1.3 http://www.spektrum.de/sixcms/media.php/370/Leseprobe.643602.pdf
Im Kasten 1.10 ist ne Zusammenfassung. Evtl. kann man das Konzept auch auf chem. und phys. Evolution übertragen?

Allein das zeigt m.E. aber schon, dass es nicht mal durch Zufall auf einen gemeinsamen „Endpunkt“ hinauslaufen kann, den man hinterher ggf aus einer Metaperspektive heraus „Ziel“ nennen könnte. So gesehen ist das wohl so, dass alles am Ende allein ist. Mal schauen was passiert, wenn wir mehr von dem sehr großen Teil des Universums kennen, dass wir heute noch nicht kennen.

BTW: Ich hab für mich mal abschließend entschieden, dass der Sinn meines Lebens darin besteht mein Leben zu leben. Meine Frau meint zwar manchmal, dass der Sinn meines Lebens dran bestehen würde, sie zu nerven :Cheese: Genaugenommen wiederspricht sich das ja nicht mal :Lachanfall:

LG H.

Jörn
06.10.2017, 19:00
Nehmen wir an, das Universum würde einem großen, erhabenen Ziel entgegenstreben, welches weit über uns hinausginge, und in dem wir keine Rolle mehr spielen könnten, weil wir längst verschwunden wären.

Dann hätten wir Menschen dennoch diesem gewaltigen Spektakel für eine kurze Zeit etwas Gutes und Schönes hinzugefügt — auch dann, wenn es irgendwann wieder verblühen musste. Wie der schöne Nachklang eines Konzertes, die letzte Note, die noch eine Weile im Raum schwebte, bevor es stille ward.

Zum Beispiel dieser schöne Vers:

So tötet nun alles, was männlich ist unter den Kindern, und alle Frauen, die nicht mehr Jungfrauen sind; aber alle Mädchen, die unberührt sind, die lasst für euch leben.
— 4. Mose 31,17-18, Luther-Bibel

Selbst wenn einst alles vergangen ist, hat es trotzdem einmal diese wunderbaren Momente gegeben. Und vielleicht ist der Nachhall des Wunderbaren weiter im Universum zu spüren, leise zwar, aber doch spürbar in der Stille, auf ewig.

Helmut S
06.10.2017, 19:58
Schöne Worte/Gedanken Jörn. :Blumen:

Ich hab ja noch viele andere Leidenschaften. Eine davon ist Musik machen. Ich bin ein riesiger Fan von John Frusciante, den meisten ggf. geläufig als Ex-Gitarrist der RHCP.

Der war mit 18 das erste mal bei der Band, hat dann den Erfolg nicht verkraftet und sich mit schwerstem Drogenmissbrauch vollkommen neu formatiert. Aber sowas von. Ozzy Osbourne hätte das nicht überlebt wahrscheinlich :Lachanfall: Er is dann nochmal für 10 Jahre in die Band und hat Solo auch künstlerisch einen völlig „neuen Zustand“ erreich. Als Mensch ist er unglaublich spirituell geworden.

Es gibt ein Interview von ihm „The Heart is a drum machine“ das passt irgendwie hier rein finde ich. Wer Lust hat: https://youtu.be/H6Y1nVYXxJA

Wahrscheinlich aber nur für die Leute interessant, die Musik lieben.
LG H.

merz
06.10.2017, 23:28
guys, das hat ja hier eine Diskussions-Spannweite, da kommt ja keine Sonntagspredigt mehr mit

Vom Sinn von, naja, was eigentlich: des Kosmos, der Welt als solche, der Menschheit, eines einzelnen menschliche Lebens?
über die
Evolution von, na ja von was eigentlich, der Amöbe, dem vereinzelten H-Atom, Quarks & Co, der Art Homo Sapiens Sapiens....?

zum letzten Nachhall der Vertonung der Luther-Bibel im Geiste des psychodelic rock (?)

Ich komme nicht mehr mit, Zeit dass Kona startet :)

m.

Jörn
07.10.2017, 00:23
Hallo merz!

Sinn von was?

Gemeint ist der Grund, dem alles zugrunde liegt. Die unterste Wurzel. Der Samen. Die erste Idee. Etwa, wenn Gott sagen würde: "So, Ihr Kinder, setzt Euch hin, denn nun werde ich Euch verraten, warum ich das alles getan und geschaffen habe".

Evolution von was?

Gemeint ist die Evolution in einem umfassenden Sinn, biologisch (Leben) wie physikalisch (Materie). Das ergibt sich dadurch, dass alles miteinander zusammenhängt und dadurch, dass das eine die Voraussetzung ist für das andere. Materie war z.B. die Voraussetzung für biologisches Leben. Pflanzliches Leben war die Voraussetzung für tierisches Leben.

Das deckt sich übrigens wunderbar mit den Schöpfungsmythen der Religionen, d.h. hier entsteht kein Konflikt. Das Christentum sagt ja nicht: "Gott hat die Menschen geschaffen, aber nicht die Ziegen und die Datteln. Die Hasen jedoch schon." Sondern Gott wird verstanden als den Anfang aller Dinge. Also muss ein "Sinn" erklären, warum "alle Dinge" geschaffen wurden.

Helmut S
07.10.2017, 08:55
Ja, ja. Diese Suche nach dem einen Ursprung. Wo kommt alles her?

Wir Menschen sind halt gefangen in der Vorstellung des dreidimensionalen Raumes über einer eindimensionalen Zeit. Irgendwann geht es Gedanklich nicht mehr weiter. Dann stellen wir irgend ein Konzept an diese Stelle und nennen es Gott. Ende und der Mensch ist irgendwie zufrieden.

Das Gotteskonzept ist im Laufe der Jahrhunderte immer weiter verdrängt worden. Die große Frage ist: Werden wir jemals ohne dieses Konzept auskommen? Es gibt ja soviel Fragen und eigentlich wissen wir so wenig. Vieles ist Modellvorstellung - gut „gematched“ mit der Empirik - ach ja und dann die Frage: Was ist eigentlich Realität? Was ist nur interpretierende Wahrnehmung?

Das Universum ist unendlich aber nicht grenzenlos. Hä? Ah! Man kann sich einen Donat vorstellen. Cool! Ach ja: Wo kommt der Donat gleich noch mal her und was ist jenseits der Grenzen?

An der Stelle habe ich in der WG am Fenster im 3. Stock nicht zu springen, diese Gedankenspiele nicht mehr weiter zu treiben und einfach zu leben. Sinn hin. Sinn her. Außerdem war der 5l Kanister Pennerglück aus und ich musste zum Lidl. :

Pippi Langstrumpf Prinzip: Mach dir deine Welt, wide wide wie sie dir gefällt. ;)

Blöd nur: Wer sich mit dem kategorischen Imperativ auskennt wird schnell den Verdacht haben, dass das Pippi Langstrumpf Prinzip auch nicht tragfähig ist. :Cheese:


LG H.

Klugschnacker
07.10.2017, 09:42
Das Universum ist unendlich aber nicht grenzenlos. Hä?

Umgekehrt: Es scheint grenzenlos zu sein, aber nicht unendlich. :Lachen2:

(Wie eine Kugeloberfläche: Eine Ameise kann ewig auf ihr herumkrabbeln, ohne je an eine Grenze zu stoßen. Trotzdem ist die Oberfläche nicht unendlich groß, sondern hat eine endliche Größe).
:Blumen:

Trimichi
08.10.2017, 20:19
guys, das hat ja hier eine Diskussions-Spannweite, da kommt ja keine Sonntagspredigt mehr mit



Ich komme nicht mehr mit, Zeit dass Kona startet :)

m.

Eben. Bei soviel Quark und Quarks ist es besser über Pudding in den Beinen und weiche Birnen zu diskutieren.

Klugschnacker
08.10.2017, 22:31
Eben. Bei soviel Quark und Quarks ist es besser über Pudding in den Beinen und weiche Birnen zu diskutieren.

Ich verstehe das Desinteresse an der Wissenschaft nicht. Aus Deiner Sicht beschäftigt sich die Wissenschaft damit, was Dein Gott erschaffen hat. Elektronen, Quarks, DNA-Moleküle und Galaxienhaufen, sowie die Naturgesetze sind für Dich doch Gottes Schöpfung, oder sehe ich das falsch? Es müsste für Dich doch brennend interessant sein, diesem komplexen Räderwerk der Welt auf die Spur zu kommen.

Allein die Entdeckung, dass unser Universum definitiv einen Anfang hatte, ist doch eine atemberaubend spirituelle Angelegenheit. Weshalb ist die Beschäftigung damit für Dich Quark?

Trimichi
09.10.2017, 08:14
Ich verstehe das Desinteresse an der Wissenschaft nicht. Aus Deiner Sicht beschäftigt sich die Wissenschaft damit, was Dein Gott erschaffen hat. Elektronen, Quarks, DNA-Moleküle und Galaxienhaufen, sowie die Naturgesetze sind für Dich doch Gottes Schöpfung, oder sehe ich das falsch? Es müsste für Dich doch brennend interessant sein, diesem komplexen Räderwerk der Welt auf die Spur zu kommen.

Allein die Entdeckung, dass unser Universum definitiv einen Anfang hatte, ist doch eine atemberaubend spirituelle Angelegenheit. Weshalb ist die Beschäftigung damit für Dich Quark?

Guten Morgen Arne,

mein letzter Post war eher etwas wenig ernst gemeint. Wir diskutieren hier seit Wochen intensiv und schenken uns nicht viel. Den Kommentar von wegen Kona empfand ich als willkommene Abwechslung.

Ich selbst glaube nicht, dass die Schöpfung einen Anfang hat. Auch wenn sie einen Anfang hat (lt. Einstein). Wie gesagt bin ich näher bei den alten Griechen, die sagten, dass die Schöpfung keinen Anfang und kein Ende hat. Aristoteles ist in seinen Annahmen auch komplexer als Einstein. Einstein hat mit Hilfe der Mathematik, die auf Galileo, Newton zurückgeht Aristoteles operationalisiert. Aus Aristoteles Substanzontologie wurde mit Hilfe Newtons und Galileos Systemontologie (La placescher Dämon) die Einsteinsche Strukturontologie. Das sind die drei großen Megaparadigma die wir in der WIssenschaft haben. Derzeit gilt die Strukturontologie, obschon Aristoteles in Sachen Komplexität weiter entwickelt ist.

Oder in anderen Worten: der neuste Zweig der Physik, die Existenzphysik, hat bewiesenermaßen errechnet, dass das Gesamtenergiepotenzial des Kosmos exakt Null ist. FÜhrende Wissenschaftler verlagen schon seit Jahrzehnten Nullwachstum. Auch die Indianer haben immer nur das aus dem Kreislauf genommen was sie brauchen und keinen Müll in den Kreislauf reingeeimert. Nullwachstum eben. Das ist der Mensch, am Gesamtenergiepotenzial des Kosmos orientiert, in Einklang mit der Natur.
Die Idee vom Anfang und Ende ist nicht der Tradition des Geistes, sondern der Tradition des Geldes geschuldet. Hier gibt es lineares Wachstum. Auch Atheisten sollten nicht auf solche vom monitären Wahnsinn entfachten Lehren reinfallen, wie es die wissenschaftliche Doktrin und Irrlehre vom Anfang und Ende des Universum ist. Auch die Sonne geht auf (Anfang) und unter (Ende), und dennoch wissen wir, dass sie immer da ist. ;)

Einstein hat der Betriebswissenschaft einen Bärendienst erwiesen, indem er deren Modelle des Linearen Wachstums richtig gerechnet hat. Die Welt geht unter? Kein Leben nach dem Tode? Deswegen brauchst du dies und das? Möglichst viel konsumieren? Na egal. Hauptsache es gibt Kaffee und den Angriff 2018!:Blumen:

In diesem Sinne: tötet endlich den La Placeschen Dämon und Vorfahrt für die Freiheit auf Hawaii!!! ;-) WÄre doch Langweile wenn die WIssenschaft bewiesenermaßen errechnen könnte, das Jan Frodo Frodeno in 7:58:37 h min sec die Ziellinie überquerte.

*Übrigens: auch die Existenzphysik kennt im Rahmen von wegen Gesamtenergie des Kosmos = exakt Null einen sog. freien Parameter...

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In memoriam Che Guevara 9. Oktober 1967, La Higuera, Bolivien

Ernesto Rafael Guevara de la Serna, genannt Che Guevara [ t͡ʃe ɣeˈβaɾa] oder einfach Che (* offiziell 14. Juni 1928, nach anderen Quellen bereits 14. Mai 1928 in Rosario, Argentinien; † 9. Oktober 1967 in La Higuera, Bolivien), war ein marxistischer Revolutionär, Guerillaführer, Arzt und Autor.

Jörn
09.10.2017, 17:48
Hallo Trimichi, die religiöse Fraktion zitiert stets Philosophen und Denker aus der vorwissenschaftlichen Zeit, als Behauptungen noch nicht durch Experimente bewiesen werden konnten. Nur aus diesem Grund wird in religiösen Kreisen so eisern festgehalten an Aristoteles (oder einzelnen Ideen von Leibniz oder Laplace). Es klingt gelehrt, und die Last eines Beweises entfällt.

In religiösen Kreisen versichert man sich immer und immer wieder: „Schon Aristotetels wusste...“ — aber er wusste es eben nicht, sondern hat nur Vermutungen angestellt. Wissen benötigt einen Beweis, ansonsten ist es Glaube.

Wir leben heute in einer Zeit, in der man die Behauptungen von Aristoteles mühelos widerlegen kann. Diese Widerlegungen nicht zur Kenntnis zu nehmen ist eine Immunisierungsstrategie, die typisch ist in religiösen Zirkeln. Man tut so, als stünde Aussage gegen Aussage, Einstein gegen Aristoteles, und als sei es eben eine reine Meinungssache, wem man sich anschlösse.

Jedoch ist es keineswegs eine Meinungssache, denn Einsteins Theorien gehören zu den am besten durch Experimente belegten Tatsachen der gesamten Wissenschaft, d.h. man kann deren Auswirkungen beobachten, messen und präzise vorhersagen. Nichts davon trifft auf Aristoteles zu. Das Gegenteil ist der Fall: Aristoteles Ideen, sofern sie die Physik betreffen, sind komplett und vollständig widerlegt.

Der zweite Punkt, auf den man sich bei diesen Debatten stets verlassen kann: Sobald es konkret wird, wird das Thema gewechselt oder die Debatte verstummt. Der Diskurs über den „Sinn“, der von der gläubigen Fraktion immer begeistert als unschlagbares Argument für ihre Seite angeführt wurde, verstummte vorhersagbar in dem Moment, als gefragt wurde, worin der Sinn konkret bestünde.

Werden wir doch mal konkret bei Aristoteles! Stimmen seine Ansichten über die Materie? Haben seine Vorstellungen auch nur *irgendwas* zu tun mit dem, was unsere Messungen zeigen? Stimmt seine Theorie, dass jede Bewegung durch einen Beweger verursacht sein muss? Was bewegt die Raumsonde Voyager, die seit Jahrzehnten ohne jeden Antrieb durchs All rast und dies auch in einer Milliarde Jahren noch in unveränderter Geschwindigkeit tun wird?

Was ist mit seiner Schlussfolgerung, es könne kein Vakuum geben? Was ist mit Photonen, die nachweislich ohne präzise Ursache entstehen und masselos sind? Was ist mit seiner These, auf der Erde herrschten andere Naturgsetze als zwischen Erde und Mond? Ist das alles nicht längst widerlegt?

Foxi
09.10.2017, 18:03
Was bewegt die Raumsonde Voyager, die seit Jahrzehnten ohne jeden Antrieb durchs All rast und dies auch in einer Milliarde Jahren noch in unveränderter Geschwindigkeit tun wird?
[...] Ist das alles nicht längst widerlegt?

Hallo Jörn, nicht ganz. Denn die Raumsonde Voyager folgt in ihrer fortdauernden Bewegung auch nur dem 1. Newton'schen Axiom. Sie hat einmal eine Kraft erfahren, die sie antrieb, und bewegt sich - nach Wegfall jeder weiteren Antriebskraft - solange konstant fort, bis sie in ein anderen Kraftfeld gelangt und dort abgebremst oder abgelenkt wird.

Dies nur als kleine Ergänzung zu deinem Beispiel.

Jörn
09.10.2017, 18:22
Aber laut Aristoteles würde sie irgendwann zum Stehen kommen. Tut sie aber nicht.

Trimichi
10.10.2017, 06:54
Aber laut Aristoteles würde sie irgendwann zum Stehen kommen. Tut sie aber nicht.

Meinst du die Rotation um die eigene Achse oder die Rotation um das Zentralgestirn?


"Die Erde dreht sich langsamer"- Link
https://www.welt.de/wissenschaft/article1177427/Die-Erde-dreht-sich-immer-langsamer.html

daraus:

Erdentage sind auch nicht mehr das, was sie einmal waren: Unser Planet rotiert immer langsamer, mit der Folge, dass die Tageslänge sich verlängert. Forscher gehen davon aus, dass sich die Drehung der Erde derzeit täglich um drei bis vier Zentimeter verlangsamt.

Trimichi
10.10.2017, 07:17
Hallo Trimichi, die religiöse Fraktion zitiert stets Philosophen und Denker aus der vorwissenschaftlichen Zeit, als Behauptungen noch nicht durch Experimente bewiesen werden konnten. Nur aus diesem Grund wird in religiösen Kreisen so eisern festgehalten an Aristoteles (oder einzelnen Ideen von Leibniz oder Laplace). Es klingt gelehrt, und die Last eines Beweises entfällt.

In religiösen Kreisen versichert man sich immer und immer wieder: „Schon Aristotetels wusste...“ — aber er wusste es eben nicht, sondern hat nur Vermutungen angestellt. Wissen benötigt einen Beweis, ansonsten ist es Glaube.

Wir leben heute in einer Zeit, in der man die Behauptungen von Aristoteles mühelos widerlegen kann. Diese Widerlegungen nicht zur Kenntnis zu nehmen ist eine Immunisierungsstrategie, die typisch ist in religiösen Zirkeln. Man tut so, als stünde Aussage gegen Aussage, Einstein gegen Aristoteles, und als sei es eben eine reine Meinungssache, wem man sich anschlösse.

Jedoch ist es keineswegs eine Meinungssache, denn Einsteins Theorien gehören zu den am besten durch Experimente belegten Tatsachen der gesamten Wissenschaft, d.h. man kann deren Auswirkungen beobachten, messen und präzise vorhersagen. Nichts davon trifft auf Aristoteles zu. Das Gegenteil ist der Fall: Aristoteles Ideen, sofern sie die Physik betreffen, sind komplett und vollständig widerlegt.

Der zweite Punkt, auf den man sich bei diesen Debatten stets verlassen kann: Sobald es konkret wird, wird das Thema gewechselt oder die Debatte verstummt. Der Diskurs über den „Sinn“, der von der gläubigen Fraktion immer begeistert als unschlagbares Argument für ihre Seite angeführt wurde, verstummte vorhersagbar in dem Moment, als gefragt wurde, worin der Sinn konkret bestünde.

Werden wir doch mal konkret bei Aristoteles! Stimmen seine Ansichten über die Materie? Haben seine Vorstellungen auch nur *irgendwas* zu tun mit dem, was unsere Messungen zeigen? Stimmt seine Theorie, dass jede Bewegung durch einen Beweger verursacht sein muss? Was bewegt die Raumsonde Voyager, die seit Jahrzehnten ohne jeden Antrieb durchs All rast und dies auch in einer Milliarde Jahren noch in unveränderter Geschwindigkeit tun wird?

Was ist mit seiner Schlussfolgerung, es könne kein Vakuum geben? Was ist mit Photonen, die nachweislich ohne präzise Ursache entstehen und masselos sind? Was ist mit seiner These, auf der Erde herrschten andere Naturgsetze als zwischen Erde und Mond? Ist das alles nicht längst widerlegt?

Jesus von Nazareth hat mit dem Laufen über das Wasser bewiesen, dass die Gravitationsgesetze usw. eben nicht uneingeschränkt gelten. Als Sohn Gottes (des unbewegten Bewegers) war es ihm möglich, die Aristotelische Physik von der Ausdehnung der Körper in alle Richtungen (Substanzontologie) zu beweisen. Nach Aristoteles kann ein Körper auch nach oben "fallen". Jesus hat es beweisen, indem er übers Wasser schwebte.

Wenn wir an Jesus, und nicht etwa an Einstein glauben ist es uns vielleicht irgendwann einmal möglich den Planeten zu verlassen. Voyager und co. ? Was willst du mit dieser vorsintflutlichen Technologie überhaupt erreichen, außer das sie Milliardensummen verschlingt? Die reinste Volksverblödung?

Beweis? kannst du haben!
Geh doch mal in eine leere Fabrikhalle z.B., nimm zwei Metallscheiben, Legierung ist erstmal wurscht,Durchmesser 40-50 cm, Stärke 1,5-2cm, durchbohre sie in der Mitte, verbinde sie mit einem Schaft, mit Muttern kontern, Abstand 1-3 cm, und lass sie dann gegenläufig rotieren, z.B. mit Hilfe eines präzise arbeitenden Hochdruckgebläses (5-6 T Umdrehungen reichen). Die rotierende Konstruktion hängt an einem Newtonmeter (einfache, aber starke Feder reicht auch). Guck dann mal was passiert......

qbz
10.10.2017, 09:47
Jesus von Nazareth hat mit dem Laufen über das Wasser bewiesen, dass die Gravitationsgesetze usw. eben nicht uneingeschränkt gelten. Als Sohn Gottes (des unbewegten Bewegers) war es ihm möglich, die Aristotelische Physik von der Ausdehnung der Körper in alle Richtungen (Substanzontologie) zu beweisen. Nach Aristoteles kann ein Körper auch nach oben "fallen". Jesus hat es beweisen, indem er übers Wasser schwebte.

......

http://www.spiegel.de/spam/spam-satire-satellitenbilder-jesus-a-983170.html ;)

MattF
10.10.2017, 12:04
JGuck dann mal was passiert......


Das ist halt der Unterschied zwischen Wissenschaftlern und Gläubigen.

Gläubige ergehen sich in Andeutungen, Wissenschaftler veröffentlichen ihre Erkenntnisse konkret.

Was passiert denn nun?

MfG
Matthias

waden
10.10.2017, 14:21
Guck dann mal was passiert......

Ich wüßte auch gerne das Ergebnis und Deine Schlussfolgerung

Helmut S
10.10.2017, 16:53
https://www.youtube.com/watch?v=ENSPQyUJzkM

EDIT: oder auch https://www.youtube.com/watch?v=6fziMlDCjRE

LG H.

Trimichi
10.10.2017, 16:56
Was passiert denn nun?



Erstaunliches, um in den Worten von Aristoteles zu sprechen.

Trimichi
10.10.2017, 17:10
Ich wüßte auch gerne das Ergebnis und Deine Schlussfolgerung

Leiste Jörn doch Gesellschaft. Wir waren damals auch zu zweit....

Klugschnacker
10.10.2017, 17:12
Trimichi, bitte beteilige Dich wieder konstruktiv an der Diskussion.
:Blumen:

Jörn
10.10.2017, 19:19
Eine Frage an die gläubige Fraktion: Wie sollte man in einer Debatte angemessen auf einen Beitrag reagieren, in dem eine wissenschaftliche These mit dem Argument widerlegt wird, Jesus wäre übers Wasser gelaufen? Soll man es ignorieren, widerlegen, veralbern?

Jene Leute, die das Wasser-Wunder für ein valides wissenschaftliches Argument halten, sind vermutlich durch Gegenargumente sowieso nicht mehr erreichbar. Insofern stellt sich die Frage, ob ein Austausch von Argumenten überhaupt stattfindet. Aber in der Hoffnung, dass dieser Thread durch Google in die weite Welt gespült wird, wo vielleicht jemand nach Argumenten sucht, möchte ich ein paar Antworten geben.


1. Tricks

Nehmen wir an, Einstein hätte sich geirrt. Nehmen wir an, die gesamte Wissenschaft hätte sich geirrt. Dann müsste dennoch bewiesen werden, dass Aristoteles (oder Trimichi) recht hat. Es nützt nämlich überhaupt nichts, geheimnisvoll über die möglichen Fehler von Einstein zu raunen. Das ist nur ein alter rhetorischer Trick, der suggeriert, dass automatisch B korrekt ist, wenn A als falsch erkannt wurde. Stattdessen muss B bewiesen werden, und dieser Beweis fehlt.


2. Ewigkeit

Trimichi beschreibt ein Hin und Her zwischen verschiedenen Denkansätzen: Heute ist Einstein aktuell, aber das kann sich auch wieder ändern. Das ist eine leicht durchschaubare Immunisierungsstrategie, die es bequem macht, Fakten einfach zu ignorieren. Es kann sich ja sowieso alles wieder ändern, nicht wahr? Jedoch trifft das nicht auf Erkenntnisse zu, die experimentell belegt sind. Wenn ein Experiment gezeigt hat, dass ein Apfel unter bestimmten Bedingungen zur Erde fällt, dann wird dieses Ergebnis auch in einer Million Jahren noch gültig sein. Oder ist es denkbar, dass irgendwann jemand sagen kann: „Verdammt, wir haben uns geirrt, der Apfel flog ja nach oben“?

Zwar werden wir vermutlich mehr über die Gründe wissen, aber die Messdaten selbst sind ewig. Und deswegen bleiben auch die bereits gemessenen Ergebnisse von Einsteins Formeln ewig gültig. Es ist also nicht zutreffend, dass wir es mit einem Hin und Her zu tun hätten. Ein Hin und Her gibt es nur dort, wo sich niemand die Mühe macht, Behauptungen durch Messungen und Experimente zu belegen.


3. Beweise

Die Kindermärchen über Jesus und seine Wunder beweisen nichts. Höchstens beweisen sie, dass deren Verfechter nicht wissen, was ein Beweis ist. Nach meiner Beobachtung wissen die allermeisten Gläubigen (mit denen ich bisher diskutiert habe) nicht, was ein Beweis ist.

Eine Erzählung über einen Beweis ist kein Beweis, sondern eine Erzählung. Schaut man in die Bibel (oder die unzähligen anderen Religionen, in denen es Wasserwunder zuhauf gibt), steht dort nichts von einem Beweis. Es wird nichts bewiesen.

Gläubige stehen gerne auf dem Standpunkt, dass die vielfältige Zeugenschaft des Wunders als Beweis ausreicht. Aber es gibt keine Zeugen. Es gibt nur Erzählungen über Zeugen. Selbst der Erzähler ist anonym und daher unbekannt. Die angeblichen Zuschauer des Spektakels sind unbekannt. Der Erzähler kann selbst kein Zeuge gewesen sein. Ort, Datum und Zeit sind unbekannt, Quellen oder Überlieferungen sind nicht vorhanden.

Dies als „Gegenbeweis“ gegen die sorgfältig durch Experimente, Messungen und Mathematik bewiesene Theorie Albert Einsteins anzuführen, ist absurd.


4. Was genau soll bewiesen werden?

Wenn Jesus beweisen wollte, dass es den Naturgesetzen entspricht, wenn ein Mann übers Wasser läuft: Warum können wir dann nicht alle übers Wasser laufen?

Wenn Jesus jedoch beweisen wollte, dass er über den Naturgesetzen steht, dann demonstriert das lediglich, dass die Naturgesetze es eben nicht erlauben, und dass wir Menschen es eben nicht können. Und genau das sagt die Wissenschaft.

Die Bibelgeschichte sagt also genau das Gegenteil dessen, was Trimichi behauptet. Die Bibel sagt, dass wir es nicht können, und dass die Naturgesetze gültig sind (allenfalls kurzzeitig außer Kraft gesetzt von Gott). Überhaupt gar nichts steht da von Aristoteles oder von den Eigenschaften der Materie.

Das bedeutet: Selbst wenn die Bibel völlig fehlerfrei berichtet, widerspricht sie nicht den Naturgsetzen, sondern bestätigt sie. (Außer in der Behauptung, Naturgesetze könnten von Gott für den eigenen Gebrauch kurzzeitig außer Kraft gesetzt werden; aber da wir alle keine Götter sind, gilt das nicht für uns und kann daher ignoriert werden.)

Helmut S
10.10.2017, 19:36
Servus Jörn!

Schau mal den Beitrag den ich auf YT verlinkt habe - den mit Prof. Lesch. Für mich die Top Message: Gott kommt in der Naturwissenschaft nicht vor. Gott ist kein Naturwisssnachaftliches Konzept, kein Term. Ich finde diese Aussage wichtig, denn man kann einfach den Naturwissenschaftlern einerseits und den Gottgläubigen ihren Frieden lassen und sich freuen, dass man sein „Ding“ hat. Es gibt keinen Berührungspunkt, dass eine spielt für das andere keine Rolle. Weder die Naturwissenschaft für den Glauben noch umgekehrt. Eine Anwendung des einen Wissens auf die andere Domäne wird deshalb auch nicht zum Erfolg führen. Ich hab ja mal in Südkorea und Japan gelebt: Es ist nicht möglich z.B. japanisches Verhalten mit europäischen Wertmaßstäben zu bewerten. Das führt völlig am Ziel vorbei.

Ich sehe ganz ehrlich auch überhaupt keine Notwendigkeit den Naturwissenschaftlern einen Gottbegriff aufzudrängen und auch keine Notwendigkwit den Gläubigen ihren Glauben mit naturwissenschaftlichen Methoden zu widerlegen. Warum auch?

Freilich gibt es hüben wie drüben Dogmatiker. An der Stelle kann man sich auch dafür entscheiden tief zu atmen und das Leben - wie auch immer - zu genießen. :Blumen:

Viele Liebe Grüße
Helmut

Jörn
10.10.2017, 20:01
Ach so. Wissenschaftler können den ganzen Tag lang herumforschen wie sie lustig sind. Aber den Ursprung des Universums dürfen sie nicht erforschen, das geht sie nichts an. Das ist nicht das Gebiet der Wissenschaft.

Jede Frage, die sich mit Ja oder Nein beantworten lässt, ist eine wissenschaftliche Frage. Gibt es Gott, ja oder nein? Es ist ausschließlich eine wissenschaftliche Frage. Entweder es gibt ihn, oder es gibt ihn nicht.

Außerdem, was sollen wir mit wissenschaftlichen Erkenntnissen anfangen, die wir bereits gemacht haben, bevor wir erfuhren, dass es uns nichts angeht? Was ist mit unseren Kenntnissen über die Entstehung der Erde oder des Menschen, die den religiösen Darstellungen fundamental widersprechen? Sollen wir diese Erkenntnisse wieder über Bord werfen? Sollen wir die Fossilien wieder eingraben? Weil es uns ja nichts angeht?

Ich schätze Harald Lesch, aber als bekennender Jesuit ist seine Motivation hier nur allzu durchsichtig.

:Blumen:

PS: Ich vergaß noch darauf hinzuweisen, dass es sich hierbei um eine Immunisierungsstrategie der Gläubigen handelt.

Helmut S
10.10.2017, 20:30
Servus Jörg!

Ach so. Wissenschaftler können den ganzen Tag lang herumforschen wie sie lustig sind. Aber den Ursprung des Universums dürfen sie nicht erforschen, das geht sie nichts an. Das ist nicht das Gebiet der Wissenschaft.


Doch, natürlich. Die dürfen, sollen und was auch immer. Alles gut!


Jede Frage, die sich mit Ja oder Nein beantworten lässt, ist eine wissenschaftliche Frage.


Naja...zunächst ist das eine binäre Frage. Und es ist m.E. schon wichtig, auf welche Domäne sich die Frage bezieht. Und Gott/Religion is nun mal kein naturwissenschftliches Konzept. Gott ist ein spirituelles Konzept. Ich kann mir auch nicht vorstellen, dass in irgendein naturwissenschaftlichs Forschungsprojekt Gelder gesteckt werden, dass nach Gott sucht. Kennst du eins?

Und die Gläubige: Lass ihnen doch ihren Glauben, sie stören dich ja nicht beim forschen.

Ich plädiere einfach für deutlich mehr Entspanntheit in diesem Thema. Weder Dogmatismus noch Versessenheit führen doch zu irgendwas. Irgendwann finde ich ist vieles, ja alles gesagt. :Blumen:


Liebe Grüße
Helmut

Jörn
10.10.2017, 20:35
Ich sehe ganz ehrlich auch überhaupt keine Notwendigkeit den Naturwissenschaftlern einen Gottbegriff aufzudrängen und auch keine Notwendigkwit den Gläubigen ihren Glauben mit naturwissenschaftlichen Methoden zu widerlegen. Warum auch?

Du sagst, Du siehst keine Notwendigkeit, Gläubigen ihren Glauben auszureden.

Wie ist es hiermit:

- Wer Gott leugnet, soll gesteinigt werden, und seine Eltern sollen den ersten Stein werfen.

- Wenn eine Frau ohne Kopftuch auf öffentlichen Straßen wandelt, wird sie mit dem Tode bestraft.

- Wenn zwei Unverheiratete miteinander einvernehmlichen Sex haben, werden beide mit dem Tode bestraft.

- Wenn ein junger Mann gegen seine Eltern zürnt, so soll er des Todes sterben.

- Wenn jemand sagt: „Du gottloses Narr“, dann soll man ihn steinigen.

- Wenn jemand Kleidung trägt, welches aus mehr als einer Faser gewebt ist, dann soll er aus dem Volke ausgemerzt werden.

Jörn
10.10.2017, 20:45
Und es ist m.E. schon wichtig, auf welche Domäne sich die Frage bezieht. Und Gott/Religion is nun mal kein naturwissenschftliches Konzept. Gott ist ein spirituelles Konzept.

Gott ist kein naturwissenschaftliches Konzept. Aber die Frage, wer/was das Universum schuf, ist eine wissenschaftliche Frage. Niemand kann behaupten, es wäre keine. Sobald die Frage gestellt wird, ist sie vorhanden.

Es ist überhaupt nicht zutreffend, dass die Wissenschaft sich dreist in religiöse Gebiete drängen würde. Denn kein Wissenschaftler hat sich je darum gekümmert, ob Gott nun dreifaltig oder vierfaltig ist. Sondern die Bibel drängt sich in wissenschaftliche Fragen, indem sie das tatsächliche Vorhandsein bestimmter Dinge und Geschehnisse behauptet. Die Bibel ist voll von Tatsachenbehauptungen, und Tatsachen sind die Domäne der Wissenschaft.

Ob man Frauen steinigen soll, ist eine religiöse Frage, keine wissenschaftliche. Aber wie Frauen entstanden sind, ist eine wissenschaftliche Frage. Ob es wirklich Gott war, der dieses Gesetz geschrieben hat, oder ob es ein verwirrter Priester war, ist eine wissenschaftliche Frage.

Ist es eine religiöse oder eine wissenschaftliche Frage, wie das morgige Wetter sein wird? Über Jahrtausende dachte man, es sei eine religiöse Frage. Trifft das immer noch zu? Denn wenn es nicht mehr zutrifft, dann kann auch alles andere nicht mehr zutreffen, was Gläubige heute für religiös erachten.

Sobald Religion sich auf die reale Welt bezieht, betritt sie das Gebiet der Wissenschaft.

Helmut S
10.10.2017, 20:51
Hallo Jörn,

Von was sprichst du? Von Fanatikern, von Terroristen, vom Alten Testament? Ja denkst du, du kannst islamistischen Fanatikern oder so komischen Staatssystem wie dem im Iran mit naturwissenschaftlichen Argumentationen ihren Fanatismus oder wenigstens ihre Sicht austreiben?

Wieso Jörn ist dir das persönlich alles eigentlich so wichtig? Was ist dir widerfahren?

Liebe Grüße Helmut

Helmut S
10.10.2017, 20:55
Jörn,

Zum Nachtrag - ich hab das viel weiter oben schon geschrieben: Bibelexegese mache ich nicht. Da bin raus. Da bin ich nicht gebildet genug.

Liebe Grüße Helmut

Jörn
10.10.2017, 21:02
Ich spreche davon, dass die Aufklärung den bösen Geist der Religionen gezähmt hat. Nur dadurch sind wir zu einem moderaten Märchenglauben gekommen (in manchen Teilen der Welt).

Die Tür zur Aufklärung öffnet sich nicht von innen. Es waren keine religiösen Offenbarungen, die zur Aufklärung führten. Sondern es war die Wissenschaft, die von außen kommend Stück für Stück den religiösen Aberglauben widerlegte, unter dem erbitterten Widerstand der Kirchen.

Das beantwortet die Frage, ob die Wissenschaft imstande ist, religiösen Fanatismus zu bändigen. Ja, dazu ist die Wissenschaft imstande. Übrigens NUR die Wissenschaft.

:Blumen:

PS: Die schrecklichen Gebote, die ich kurz zuvor gepostet hatte, sind das, woran Papst Ratzinger unerschütterlich glaubt — nicht unbedingt, dass man die Gebote immer befolgen müsste, aber doch insofern, dass es Gottes Worte sind. Ist er ein Fanatiker oder nicht? Das Gebot zum Bedecken der Haare stammt übrigens nicht aus dem Islam, sondern aus dem NEUEN Testament.

captainbeefheart
10.10.2017, 21:10
Servus Jörn!

Schau mal den Beitrag den ich auf YT verlinkt habe - den mit Prof. Lesch. Für mich die Top Message: Gott kommt in der Naturwissenschaft nicht vor. Gott ist kein Naturwisssnachaftliches Konzept, kein Term. Ich finde diese Aussage wichtig, denn man kann einfach den Naturwissenschaftlern einerseits und den Gottgläubigen ihren Frieden lassen und sich freuen, dass man sein „Ding“ hat. Es gibt keinen Berührungspunkt, dass eine spielt für das andere keine Rolle. Weder die Naturwissenschaft für den Glauben noch umgekehrt. Eine Anwendung des einen Wissens auf die andere Domäne wird deshalb auch nicht zum Erfolg führen. Ich hab ja mal in Südkorea und Japan gelebt: Es ist nicht möglich z.B. japanisches Verhalten mit europäischen Wertmaßstäben zu bewerten. Das führt völlig am Ziel vorbei.

Ich sehe ganz ehrlich auch überhaupt keine Notwendigkeit den Naturwissenschaftlern einen Gottbegriff aufzudrängen und auch keine Notwendigkwit den Gläubigen ihren Glauben mit naturwissenschaftlichen Methoden zu widerlegen. Warum auch?

Freilich gibt es hüben wie drüben Dogmatiker. An der Stelle kann man sich auch dafür entscheiden tief zu atmen und das Leben - wie auch immer - zu genießen. :Blumen:

Viele Liebe Grüße
Helmut

Sowohl dem YT Beitrag von Lesch, als auch Deiner Argumentation stimme ich zu.

Jörn
10.10.2017, 21:15
Also wie wurde denn nun die Erdkugel geschaffen? Und wer kann darüber am besten Auskunft geben? Der Papst oder die Wissenschaft?

Was der Papst darüber weiß, ist exakt Null.

Warum vergleichen wir nicht die Ansichten des Papstes mit denen eines australischen Schamanen, und prüfen auf diese Weise, ob die Religionen übereinstimmend die Schaffung der Erde erklären können? Wenn es doch das Spezialgebiet der Religionen ist?

Selbst an diesem einfachen Test scheitern die Religionen bereits.

merz
10.10.2017, 21:29
@Helmut S., als Späteinsteiger in diesen Thread, mein völlig untaugliche Versuch einer Zusammenfassung von 1000 Posts

Gott kommt in den Naturwissenschaften nicht vor, concedo, wäre ja auch komisch wenn das so wäre.

Nur kommen in der Rede der Religionen vielen Aussagen über diese Welt vor, die naturwissenschaftlich nicht haltbar scheinen.

Da hat sich in diesem Thread sehr lange eine Diskussion daran entzündet, wie diese Aussagen zu verstehen sind. Die katholische dogmatische Aussage ist: "wörtlich", genau so.
Und das ist das Problem.

Lesch macht sich vll. die Sache zu leicht - wie Newton die heutige Informationslage gedeutet hätte (mglw. sah er Naturwissenschaften zuerst als das Studium der Schöpfung, Gottesdienst im Labor - mir gefällt daran das Moment der Ergriffenheit ) wäre sehr interessant.

m.

PS: Und noch was, :) Aristoteles, ja die Physik ist etwas schwach, aber für 300 v.C. schon cool, aber sonst: grossartig! :)

captainbeefheart
10.10.2017, 21:29
Also wie wurde denn nun die Erdkugel geschaffen? Und wer kann darüber am besten Auskunft geben? Der Papst oder die Wissenschaft?

Was der Papst darüber weiß, ist exakt Null.

Warum vergleichen wir nicht die Ansichten des Papstes mit denen eines australischen Schamanen, und prüfen auf diese Weise, ob die Religionen übereinstimmend die Schaffung der Erde erklären können? Wenn es doch das Spezialgebiet der Religionen ist?

Selbst an diesem einfachen Test scheitern die Religionen bereits.

Das wissen wir bereits. Scharlatane und Betrüger. Du führst nach Deiner Rechnung 3:0. Nur die Wissenschaft ist Ernst zu nehmen. Außerdem beuten sie die Staatsfinanzen aus. Hab ich was vergessen?

Jörn
10.10.2017, 21:31
Das wissen wir bereits. Scharlatane und Betrüger. Du führst nach Deiner Rechnung 3:0. Nur die Wissenschaft ist Ernst zu nehmen. Außerdem beuten sie die Staatsfinanzen aus. Hab ich was vergessen?

Ja, Du hast vergessen, irgendein Argument und dessen Begründung zu nennen.

Jörn
10.10.2017, 21:42
Mein Punkt ist, dass Religion bestimmte Dinge für wahr hält, andere jedoch nicht. Es gibt also eine Unterscheidung.

Diese Unterscheidung in wahr und falsch schlägt fehl, und man kann es sowohl religiös als auch wissenschaftlich begründen. Selbst wenn man die Wissenschaft nicht bemüht, fällt auf, dass Religionen den exakt gleichen Sachverhalt unterschiedlich beurteilen. Es gibt so viele Varianten wie es Religionen gibt. Man kann nicht sagen, welche Variante zutrifft.

Folglich kann eine Religion keinen Anspruch auf Wahrheit erheben, auch wenn man die Wissenschaft ignoriert. Die Religionen scheitern an sich selbst.

Wenn Harald Lesch meint, die Wissenschaft könne zu keinem Ergebnis kommen, dann hat er dadurch nicht bewiesen, dass die Religionen zu einem Ergebnis kommen können. Denn dafür gibt es nicht den geringsten Hinweis. Wenn er als Kosmologe nicht imstande sein sollte, den Ursprung des Universums zu beweisen, warum sollte es dann der Papst können? Womit wird das begründet? Warum ausgerechnet der Papst? Warum nicht ein australischer Schamane?

Die Idee, dass die Religionen keinen Beweis bräuchten (das wäre ja „wissenschaftlich“), macht sich die Suggestion zunutze, es gäbe nur eine einzige Religion. Aber es gibt ca. 3000 Götter und noch mehr Religionen. Und deswegen muss auch die Religion ein Werkzeug haben, um Wahres von Falschem zu unterschieden. Dieses Werkzeug ist nicht vorhanden, und damit ist der Fall erledigt. Religionen können in der Frage, was wahr ist, nichts beitragen. Und zwar auch dann nicht, wenn die gesamte Wissenschaft scheitern sollte.

Klugschnacker
10.10.2017, 22:47
Ich sehe ganz ehrlich auch überhaupt keine Notwendigkeit den Naturwissenschaftlern einen Gottbegriff aufzudrängen und auch keine Notwendigkwit den Gläubigen ihren Glauben mit naturwissenschaftlichen Methoden zu widerlegen. Warum auch?

Privat soll jeder glauben, was er will. Ich kritisiere den Teil der Religionen in der Welt, der nicht privat ist.

Nicht privat ist, wenn Millionen oder gar Milliarden Menschen einem bestimmten Glauben anhängen. Nicht privat ist, wenn Religionen sich Institutionalisieren, etwa in Form von Kirchen. Denn es hat beträchtliche Auswirkungen auf alle Menschen.

Ich meine, es kann nicht schaden, wenn man danach fragt, ob das, was die Kirchen behaupten, wahr ist.

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Harald Lesch hat mit seiner strikten Trennung von einer religiösen und einer wissenschaftlichen Sphäre unrecht. Ich denke, eigentlich weiß er das auch, denn er ist nicht dumm. Er ist aber auch religiös.

Sein Argument lautet, dass sich religiöse Aussagen nicht wissenschaftlich beweisen und auch nicht widerlegen lassen. Das ist ein häufig vorgebrachtes Argument. Dennoch geht es ein wenig an dem vorbei, was Wissenschaft eigentlich macht. "Schuld" daran ist wohl auch Karl Popper. Er stellte bekanntlich das Dogma auf, der Kern aller Wissenschaft sei die Falsifikation.

Dieses Prinzip besagt, dass wir auch in der Wissenschaft keine Aussage positiv beweisen können. Aber die Wissenschaft kann falsche Aussagen widerlegen. Wissenschaftlich "wahr" ist demnach alles, was wir noch nicht beim Falschsein erwischt haben.

Dieses Dogma geht am Kern wissenschaftlichen Arbeitens gelegentlich vorbei. Man widerlegt dort nicht von morgens bis abends seine Lieblingstheorien. Sondern man versucht, Theorien plausibel zu machen und ihnen eine hohe Überzeugungskraft zu geben. Im Gegensatz zum Popperschen wahr-unwahr-Konzept, hat man es in der Wissenschaft oft mit Überzeugungsgraden zu tun. Zwei erläuternde Aspekte dazu:

• Unplausible Theorien erfordern besonders überzeugende und gewichtige Indizien oder Argumente, um ausreichend Überzeugungskraft zu entwickeln. Plausible, einfache und elegante Theorien haben per se einen höheren Überzeugungsgrad.

• Beispiel Multiversumstheorie: Multiversen lassen sich noch nicht beweisen oder falsifizieren. Die Theorie fußt aber auf etablierten Theorien, die ein sehr hohes Evidenzgewicht mitbringen. Das steigert die Überzeugungskraft der Multiversumstheorie.

Lesch weiß natürlich, dass viele religiöse Aussagen sich im popperschen Sinne nicht beweisen oder widerlegen lassen. Trotzdem handelt es sich um ein äußerst unplausibles Gedankengebäude, für das man sehr starke Indizien anführen müsste, um es wissenschaftlich ernst nehmen zu können. Wissenschaftlich bedeutet hier: Im Sinn einer tatsächlichen Wahrheit.

Lesch lässt unter den Tisch fallen, dass sich diese starken Indizien, welche religiöse Aussagen stützen könnten, nicht finden lassen.

Mit anderen Worten: Für all die Teufel, Engel, Götter und Heilige Geister lassen sich keinerlei belastbare Indizien finden. Stattdessen findet man zahlreiche innere Widersprüche und Unmöglichkeiten. Diese unbestreitbare Tatsache belastet sehr wohl die Überzeugungskraft religiöser Aussagen.

Jörn
11.10.2017, 00:24
Es ist eine gute Idee, die Falsifizierbarkeit von Religion zu betrachten. Aufbauend auf Arnes Posting möchte ich darlegen, warum Religionen an der Falsifizierbarkeit scheitern, selbst wenn man ihnen einen geschützten Bereich außerhalb der Wissenschaft zugesteht.

Nehmen wir an, Lesch hätte recht: Religionen könnten nicht falsifiziert werden, deswegen würde die Prüfung auf Falsifizierung unterbleiben. Das ist tatsächlich eine Schachmatt-Situation für die Religionen. Aus folgendem Grund:

Jede Religion macht Aussagen. Diese Aussagen haben mindestens die Eigenschaft, sich von anderen Aussagen abzugrenzen. Nehmen wir die Aussage, es gäbe Gott. Egal ob das stimmt oder nicht: Mindestens enthält die Aussage die Abgrenzung zum Gegenteil (nämlich dass es keinen Gott gibt).

Diese Betrachtung ist völlig unabhängig davon, ob es Gott gibt, oder ob ich es prüfen kann. Es spielt lediglich eine Rolle, dass Aussagen getroffen werden (egal ob wahr oder nicht), die sich vom Gegenteil unterscheiden lassen. „Es regnet“ lässt sich unterscheiden von „es regnet nicht“ — egal ob es regnet. Ich kann also prüfen, ob eine Aussage dieser Anforderung gerecht wird: Ist eine Aussage unterscheidbar von ihrem Gegenteil, ja oder nein?

Das ist bereits eine Falsifizierung. Aber wir wollten ja auf jede Falsifizierung verzichten.

Also unterlassen wir diese Falsifizierung. Wir unterlassen die Prüfung, ob eine religiöse Behauptung womöglich das exakte Gegenteil einer anderen religiösen Behauptung darstellt. Nochmals, es geht nicht darum, welche davon wahr ist. Es geht nur darum, dass ich die Prüfung unterlasse, ob sie sich unterscheiden.

Das Ergebnis ist ein System, in dem eine Aussage und deren exaktes Gegenteil gleichermaßen valide sind. Ich prüfe es überhaupt nicht. Gottes erste Botschaft an uns könnte lauten, dass er nicht existiert — und es wäre kein Widerspruch. Man könnte einen einzigen Gott haben oder tausende, oder gar keinen. Alle Varianten wären valide, und zwar gleichzeitig. Gott könnte eine Raupe sein oder ein Stück Blech oder beides gleichzeitig. Es lässt sich keine Aussage formulieren, die falsch wäre. Denn „richtig“ und „falsch“ gibt es nur dann als Kriterien, wenn eine Falsifizierung zugelassen wird.

Ein System, in dem nie etwas falsch ist, weil eine Prüfung per se ausgeschlossen ist, ist wertlos. Es ist unsinnig. Der Verzicht auf Falsifizierung zimmert also kein geschütztes Biotop für die Religionen, sondern zerstört sie.

Die Ironie der Geschichte ist, dass es zum Kern von Religionen gehört, alle anderen "Weisheiten" für falsch zu erklären. Sie selbst wollen aber nicht infrage gestellt werden.

trithos
11.10.2017, 06:28
Du sagst, Du siehst keine Notwendigkeit, Gläubigen ihren Glauben auszureden.

Wie ist es hiermit:

- Wer Gott leugnet, soll gesteinigt werden, und seine Eltern sollen den ersten Stein werfen.

- Wenn eine Frau ohne Kopftuch auf öffentlichen Straßen wandelt, wird sie mit dem Tode bestraft.

- Wenn zwei Unverheiratete miteinander einvernehmlichen Sex haben, werden beide mit dem Tode bestraft.

- Wenn ein junger Mann gegen seine Eltern zürnt, so soll er des Todes sterben.

- Wenn jemand sagt: „Du gottloses Narr“, dann soll man ihn steinigen.

- Wenn jemand Kleidung trägt, welches aus mehr als einer Faser gewebt ist, dann soll er aus dem Volke ausgemerzt werden.

Ich sehe wie Du die Notwendigkeit, den Leuten, die DAS glauben, ihren Glauben auszureden. Und falls sie diesen Glauben in die Praxis umsetzen, sollen sie dafür von der Gesellschaft (dem Staat) gemäß den weltlichen Gesetzen bestraft werden.

Aber ich habe nicht den Eindruck, dass Du in diesem Forum viele Diskussionspartner findest, denen Du einen solchen Glauben ausreden musst. Und von Steinigungen in D oder Ö hab ich auch schon lange nichts mehr gehört.

Also theoretisch betrachtet: du hast völlig recht! Praktisch betrachtet: du beschäftigst Dich in diesen Zitaten mit einem nicht vorhandenen Problem.

Jörn
11.10.2017, 06:51
Hallo trithos, das ist ein oft vorgebrachter Einwand. Er besteht in der Behauptung, man würde gar nicht an X, Y, und Z glauben, beispielsweise würde man das Gebot der Steinigung nicht befolgen.

Warum eigentlich nicht?

Die Einsicht, dass diese Handlungsweisen falsch sind, ergibt sich nicht aus dem Glauben, sondern wird von außen an die Religionen herangetragen.

Aus diesem Grund hat sich auch der Glaube nur wenig verändert. Verändert hat sich die Bereitschaft, zu handeln und die Konsequenzen dieser Handlung zu tragen, denn die Konsequenzen werden mittlerweile von außen festgelegt. Es ist nämlich ein Unterschied, ob man glaubt, die Bibel sei das Wort Gottes und lediglich die Bestrafung der Ungläubigen sei zu unterlassen; oder ob man glaubt, dass die Verse überhaupt nicht göttlich sind (und vermutlich die ganze Bibel nicht).

Gläubige reißen sich kein Auge mehr aus, wenn das Auge sie zur Sünde verführt, wie es Jesus befohlen hat — aber sie glauben weiterhin an die Sünde. Das ist ein Unterschied. Die Handlung hat sich verändert. Der Glaube nicht (oder nur wenig).

Zwar steinigen wir keine Homosexuellen (das wird von außen bestimmt), aber heiraten sollen sie dann auch wieder nicht (das bestimmen die Kirchen selbst), jedenfalls nicht in der gesegneten Kirche, sondern allenfalls auf dem Rathaus, und man gibt ihnen jenen Segen, den man auch für Hunde und Parkplätze beantragen kann.

Frauen sind zwar kein Besitz mehr (das wird von außen festgelegt), aber die Tatsache, dass Frauen nicht die Papstwürde bekommen können (das legt die kath. Kirche selbst fest), leiten wir weiterhin aus ein paar Versen ab, von deren Göttlichkeit die Gläubigen überzeugt sind.

trithos
11.10.2017, 07:40
Hallo trithos, das ist ein oft vorgebrachter Einwand. Er besteht in der Behauptung, man würde gar nicht an X, Y, und Z glauben, beispielsweise würde man das Gebot der Steinigung nicht befolgen.

Warum eigentlich nicht?

Die Einsicht, dass diese Handlungsweisen falsch sind, ergibt sich nicht aus dem Glauben, sondern wird von außen an die Religionen herangetragen.


Ja, teilweise kommt das von außen, aber nicht nur. Wenn Du lange genug suchst, findest Du sicher auch in der Bibel "menschenfreundliche" Zitate (wahrscheinlich eher im neuen Testament). Ich will hier aber bitte bitte keine bibelwissenschaftliche Diskussion mehr führen. Vielleicht können wir uns als Diskussionsgrundlage für eine gesellschaftspolitische Debatte einfach darauf einigen, dass die Bibel in mancher Hinsicht widersprüchlich ist.

Und mir geht es in der gesellschaftspolitischen Religionsdiskussion ohnehin nicht darum, ob jemand an X, Y, Z oder das fliegende Spaghettimonster glaubt. Ich kann und will keinem Menschen vorschreiben, was er zu denken und zu glauben hat. In der gesellschaftlichen Religionsdiskussion geht es mir vor allem um die praktischen Auswirkungen von Religionen.

Beispiel: ob die Amtskirche die Ehe homosexueller Menschen ablehnt, ist mir relativ wurscht, so lange sie ihren Standpunkt nicht dem Staat aufzwingt (aufzwingen kann).
Ich halte die gesellschaftspolitische Dimension dieser Diskussion für relevanter als die theologische. Aber selbstverständlich kann und will ich auch niemanden davon abhalten, die theologische Diskussion zu führen - ich mach halt einfach nicht mit ;) .

captainbeefheart
11.10.2017, 07:52
...

Beispiel: ob die Amtskirche die Ehe homosexueller Menschen ablehnt, ist mir relativ wurscht, so lange sie ihren Standpunkt nicht dem Staat aufzwingt (aufzwingen kann).
Ich halte die gesellschaftspolitische Dimension dieser Diskussion für relevanter als die theologische. Aber selbstverständlich kann und will ich auch niemanden davon abhalten, die theologische Diskussion zu führen - ich mach halt einfach nicht mit ;) .

Ich stimme Dir zu. In der alltagspraktischen Welt sind religiöse Systeme nun mal relevante Stakeholder, die eine relevante Anzahl Menschen umfassen. Die Standpunkte muss ich ja nicht teilen, sie sind aber dennoch real und relevant im gesellschaftlichen Diskurs.

Jörn
11.10.2017, 08:12
Gut, dann reden wir über die gesellschaftspolitische Dimension.

Es war die Kirche, die Jahrtausende lang den völlig unbescholtenen homosexuellen Mitbürgern das Leben zu Hölle gemacht hat, indem sie so viel Müll und Schande über deren Köpfen auskippte, dass diese sich nicht einmal mehr zu verteidigen wagten.

Bis zum Jahr 2017 saß in jeder verdammten Talkshow zu diesem Thema ein Pfaffe, der dort zu gesellschaftlichen Aspekten mitdiskutiere und sich keineswegs auf das angebliche Jenseits beschränkte. Was willst Du einem 70jährigen Homosexuellen erzählen, der sich nie getraut hat, sein Leben zu leben? Willst Du dem sagen, dass es im Jahr 2017 glücklicherweise alles anders wurde? Soll er darüber jubeln? Für ihn ist das Leben vorbei.

Ähnliches weiß man über Frauenrechte zu berichten, die angeblich dem Manne untertan sind — und zwar nicht im Jenseits, sondern hier und jetzt. Nur den Kirchen war es zu verdanken, dass die Frauen in Europa fast zweitausend Jahre praktisch rechtlos waren.

Uneheliche Kinder hatten nichts zu lachen, obwohl sie keine Schuld treffen konnte. Ebenso Ungetaufte, Andersgläubige, Juden. Ketzer, Abweichler. Die gesamte Wissenschaft, alle die nicht an die Bibelmärchen glauben wollten. Denen ging es an den Kragen.

Über das parasitäre Verhalten der Kirchen an den Futtertrögen des deutschen Steuerzahlers hatten wir schon gesprochen, das hat mit Theologie nichts zu tun. In der Bibel steht kein Wort davon, dass der Steuerzahler einem Bischof einen kostenlosen Dienstwagen mit Chauffeur bezahlen soll, dazu kostenloses Wohnen in Schlössern.

Zu sagen, man wolle aber nicht über theologische Gründe debattieren, hat eine gewisse sympathische Chuzpe, denn was sonst soll das alles rechtfertigen? Man würde doch wohl hoffen, dass es ein paar sehr stichhaltige theologische Gründe für all das gibt.

Ich habe den Verdacht, dass die Gläubigen einfach keine Verantwortung dafür übernehmen wollen, was ihr Glaube bisher angerichtet hat.

qbz
11.10.2017, 08:31
.......

Ähnliches weiß man über Frauenrechte zu berichten, die angeblich dem Manne untertan sind — und zwar nicht im Jenseits, sondern hier und jetzt. Nur den Kirchen war es zu verdanken, dass die Frauen in Europa fast zweitausend Jahre praktisch rechtlos waren.
......


Ich finde ein Weltbild, das die Vergangenheit nach heutigen Moralnormen bewertet und für alle negativen Abweichungen davon allein die Kirche verantwortlich macht, höchst ahistorisch und unwissenschaftlich. So ist doch bekannt, dass alle indoeuropäischen Völker wirtschaftlich patriarchalisch organisiert waren und die Frauen sowie Kinder und alle im Hausstand Mitlebenden der Vormundschaft des Patriarchen unterstellt waren. Die christliche Kirche erfand mit dem Patriarchat nichts grundsätzlich Neues ....

Jörn
11.10.2017, 08:33
Es spielt keine Rolle, ob die Idee neu war.

Es spielt lediglich eine Rolle, ob die Kirchen diese Vorstellung hatten und durchsetzten, und zwar begründet mit der Bibel, und nicht etwa mit dem Hinweis auf andere Traditionen. Die Kirche beruft sich seit 2.000 Jahren auf die Paulus-Briefe, also auf das NEUE Testament.

Da sie es taten, ist es historisch.

Jeder kann sich selbst davon überzeugen, ob meine Behauptungen historisch zutreffen.

Jörn
11.10.2017, 08:40
Ah, Kommando zurück! Mein Fehler! Mein Fehler!

Die Kirchen hatten mit der Unterdrückung irgendwelcher Leute überhaupt nichts zu tun. Sie nahmen den Leuten auch kein Geld ab, oder behinderten die Wissenschaft.

Sorry für den Irrtum!

qbz
11.10.2017, 08:57
......

Jeder kann sich selbst davon überzeugen, ob meine Behauptungen historisch zutreffen.

Jörn, die Behauptung: "Nur den Kirchen ist es zu verdanken, dass die Frauen .... rechtlos waren" trifft nicht zu, weil die Frauen bei den Indoeuropäer auch ohne das Christentum rechtlos waren.

trithos
11.10.2017, 09:03
Gut, dann reden wir über die gesellschaftspolitische Dimension.

Ich habe den Verdacht, dass die Gläubigen einfach keine Verantwortung dafür übernehmen wollen, was ihr Glaube bisher angerichtet hat.

Ich habe den Verdacht, dass Du hier unzulässig verallgemeinerst. Wie sollte denn Deiner Meinung nach ein Gläubiger heute "Verantwortung" für die Hexenverbrennung übernehmen? Außer ein paar salbungsvollen bedauernden Worten kann da wohl wenig rauskommen.

Die für mich wesentliche Frage lautet: wer verteidigt heutzutage noch die Hexenverbrennungen und findet das gut? Nenne den beim Namen und mach ihn rhetorisch fertig! Ich werde Dir dabei helfen! Und ich werde gemeinsam mit Dir darum kämpfen, dass Hexenverbrennungen auch künftig verboten bleiben, falls jemand auf die Idee kommen sollte, Hexenverbrennungen wieder einführen zu wollen!

Jörn
11.10.2017, 09:09
Jörn, die Behauptung: "Nur den Kirchen ist es zu verdanken, dass die Frauen .... rechtlos waren" trifft nicht zu, weil die Frauen bei den Indoeuropäer auch ohne das Christentum rechtlos waren.

Niemand redet von irgendwelchen „Indoeuropäern ohne Christentum“. Sondern es geht um die realen Zustände in Deutschland, und dort herrschte das Christentum.

Klugschnacker
11.10.2017, 09:17
Die für mich wesentliche Frage lautet: wer verteidigt heutzutage noch die Hexenverbrennungen und findet das gut? Nenne den beim Namen und mach ihn rhetorisch fertig! Ich werde Dir dabei helfen! Und ich werde gemeinsam mit Dir darum kämpfen, dass Hexenverbrennungen auch künftig verboten bleiben, falls jemand auf die Idee kommen sollte, Hexenverbrennungen wieder einführen zu wollen!

Finde ich gut! :Blumen:

Ich finde jedoch auch Jörns Ansatz gut, der das etwas grundsätzlicher sieht. Er richtet sich nicht nur gegen das Verbrennen von Menschen, sondern auch gegen die Ursachen und Legitimationen.

Jörn
11.10.2017, 09:18
Ich habe den Verdacht, dass Du hier unzulässig verallgemeinerst. Wie sollte denn Deiner Meinung nach ein Gläubiger heute "Verantwortung" für die Hexenverbrennung übernehmen? Außer ein paar salbungsvollen bedauernden Worten kann da wohl wenig rauskommen.

Die für mich wesentliche Frage lautet: wer verteidigt heutzutage noch die Hexenverbrennungen und findet das gut? Nenne den beim Namen und mach ihn rhetorisch fertig! Ich werde Dir dabei helfen! Und ich werde gemeinsam mit Dir darum kämpfen, dass Hexenverbrennungen auch künftig verboten bleiben, falls jemand auf die Idee kommen sollte, Hexenverbrennungen wieder einführen zu wollen!

Es geht um unbegründeten Glauben, denn dieser ist gefährlich, egal ob der eine an Hexen glaubt und der andere an den Teufel. Der Glaube ist heute so wenig begründet wie damals, und er ist auch genauso abwegig wie damals. Allenfalls ist er heute abwegiger als damals, da wir inzwischen über wissenschaftliche Erkenntnisse verfügen.

Ich sprach übrigens nicht von Hexen. Sondern von Homosexuellen. Das hat den Vorteil, dass man diese Leute heute noch befragen, untersuchen und bewerten kann, während Hexen tot sind. Ich finde Dir mühelos tausende Leute, die heute unter den Kirchen zu leiden haben oder während ihrer Lebzeiten zu leiden hatten. Das macht es relevant.

Jeden einzelnen Tag findet man in den religiösen Medien mehrere Angriffe auf diese Leute (also auf Frauen, Unverheiratete, Homosexuelle, Ungläubige, usw.). Da gibt es Spendenaufrufe gegen den Satan (Homo-Ehe ganz weit vorne), Demos, Facebook-Aktionen, Pressemeldungen der Bistümer, Interviews, Artikel, Kolumnen — jeden Tag, ohne Pause. Die Vorstellung, die Kirchen wären sanft und gutmütig geworden, ist völlig falsch. Wer will, kann es nachprüfen.

Hier ist eine Webseite, auf der die lustigeren dieser Aktionen zwecks Heiterkeit gesammelt werden. Jeden Tag gibt es fünf bis zehn solcher Schlagzeilen:
https://blasphemieblog2.wordpress.com

Beispiel: „Gott macht keine Fehler! Ehepaar lässt Baby an Geldbsucht sterben“ (kein Scherz)
https://blasphemieblog2.wordpress.com/2017/10/06/gott-macht-keine-fehler-eltern-lassen-ihr-baby-an-gelbsucht-sterben/

Bereits 4.000 Teilnehmer beim ‚Gebetssturm für die Ehe‘:
https://blasphemieblog2.wordpress.com/2017/10/05/bereits-4-000-teilnehmer-beim-gebetssturm-fuer-die-ehe/

qbz
11.10.2017, 09:31
ottweiler-verdi-streikt-an-einem-katholischen-krankenhaus-erstmals (http://www.spiegel.de/karriere/ottweiler-verdi-streikt-an-einem-katholischen-krankenhaus-erstmals-a-1172311.html)

trithos
11.10.2017, 09:47
Ich sprach übrigens nicht von Hexen. Sondern von Homosexuellen. Das hat den Vorteil, dass man diese Leute heute noch befragen, untersuchen und bewerten kann, während Hexen tot sind. Ich finde Dir mühelos tausende Leute, die heute unter den Kirchen zu leiden haben oder während ihrer Lebzeiten zu leiden hatten. Das macht es relevant.

Jeden einzelnen Tag findet man in den religiösen Medien mehrere Angriffe auf diese Leute (also auf Frauen, Unverheiratete, Homosexuelle, Ungläubige, usw.). Da gibt es Spendenaufrufe gegen den Satan (Homo-Ehe ganz weit vorne), Demos, Facebook-Aktionen, Pressemeldungen der Bistümer, Interviews, Artikel, Kolumnen — jeden Tag, ohne Pause. Die Vorstellung, die Kirchen wären sanft und gutmütig geworden, ist völlig falsch. Wer will, kann es nachprüfen.


Dass "die Kirchen" sanft und gutmütig seien hab ich nirgends geschrieben und denke es auch nicht. Für mich ist daher selbstverständlich, dass es relevant ist und abgestellt gehört, wenn Menschen unter den Kirchen zu leiden haben. Hast Du in den zahlreichen Fällen, die Dir bekannt sind, etwas unternommen, um die Opfer zu unterstützen oder die Täter zur Verantwortung zu ziehen?

Klugschnacker
11.10.2017, 09:52
Jörn, die Behauptung: "Nur den Kirchen ist es zu verdanken, dass die Frauen .... rechtlos waren" trifft nicht zu, weil die Frauen bei den Indoeuropäer auch ohne das Christentum rechtlos waren.

Die Kirchen gaben diesen Zuständen durch die von ihnen selbst erschaffene Religion einen geistigen Überbau, Legitimation und Stabilität.

Du scheinst auf die korrekte historische Reihenfolge wert zu legen: Die Frauen waren bereits rechtlos, dann kamen die Kirchen und festigten diese Rechtlosigkeit, indem sie sie für Gottes Wille ausgaben.

Dass die Frauen rechtlos wurden, ist nicht die Schuld der Kirche, wie Du sagst. Dass sie es weiterhin blieben, ist jedoch durchaus den Kirchen zuzurechnen, wenn auch nicht ihnen alleine.

anlot
11.10.2017, 09:54
Ich finde ein Weltbild, das die Vergangenheit nach heutigen Moralnormen bewertet und für alle negativen Abweichungen davon allein die Kirche verantwortlich macht, höchst ahistorisch und unwissenschaftlich. So ist doch bekannt, dass alle indoeuropäischen Völker wirtschaftlich patriarchalisch organisiert waren und die Frauen sowie Kinder und alle im Hausstand Mitlebenden der Vormundschaft des Patriarchen unterstellt waren. Die christliche Kirche erfand mit dem Patriarchat nichts grundsätzlich Neues ....


Was willst Du uns damit sagen? Das die Kirche Ihre Unterdrückungen dadurch legitimieren kann, da sie nicht der Erfinder dieser war?

Klugschnacker
11.10.2017, 09:57
Hast Du in den zahlreichen Fällen, die Dir bekannt sind, etwas unternommen, um die Opfer zu unterstützen...?

Ja, das hat er, falls ich das beantworten darf. Mehr als ich mir bis dahin vorstellen konnte. Die Details gehören jedoch nicht in ein öffentliches Forum.

Helmut S
11.10.2017, 09:58
Servus Beieinander!

Eingangsbemerkung: Ich halte es für unablässlich, dass jegliche "Erkenntnis" die irgendwann und irgendwo niedergeschrieben wurde, auch im Kontext der Zeit (der Evolution des Wissens) zu sehen. Vieles muss so verstanden werden wie es in dem historischen Kontext gemeint ist. Das macht die Aussagen über einen Äther als Ausbreitungsmedium oder die Aussagen der Schöpfung im heutigen Licht zwar nicht richtiger - aber die Beurteilung ist fairer und seriöser. So denke ich zumindest.

Ich spreche davon, dass die Aufklärung den bösen Geist der Religionen gezähmt hat. Nur dadurch sind wir zu einem moderaten Märchenglauben gekommen (in manchen Teilen der Welt).

[...]

Das beantwortet die Frage, ob die Wissenschaft imstande ist, religiösen Fanatismus zu bändigen. Ja, dazu ist die Wissenschaft imstande. Übrigens NUR die Wissenschaft.


Es ist ohne Zweifel richtig, dass im "Namen Gottes", "der Kirchen", "des Glaubens" viel Leid über die Menschen gebracht wurde und immer noch gebracht wird. Es ist m.E. ebenfalls richtig, dass die Aufklärung die Epoche war, in der vieles an Aberglauben, ja "aufgezwungenem Aberglauben" zugunsten rationalem Denken und Erkenntnisse aufgegeben wurde/werden musste. Allerdings gab es neben der Wissenschaft als Disziplinen -
insbesondere der Naturwissenschaft - ja auch noch viele andere Einflüsse, die die Aufklärung begünstigten. Politische Bündnisse veränderten sich, das Verhältnis Staat/Bürger veränderte sich, der Zugang zu Bildung (Lesen) wurde ein anderer und war für die Bürger "offener", Geisteswissenschaften, Sozialwissenschaften trennten sich von der Naturwissenschaft und und und. Kurz: Eine Menge politische und soziale Veränderungen waren sicher entscheidend für den "Erfolg" der Aufklärung. Vor diesem Hintergrund lieferten die (Natur)wissenschaften vieles an Erkenntnis. Die Wissenschaft kann deshalb sicher als Erfolgsmodell bezeichnet werden.

Ich bin allerdings der Meinung, wenn wir heute darüber sprechen, dass z.B. in der islamischen Welt "im Namen Ahllas" Dinge passieren, die indiskutabel sind, dann werden wir nichts verbessern, wenn wir den Menschen dort mit wissenschaftlichen Methoden vor Augen führe, dass sie wissenschaftlich belegt, an Käse glauben oder oder. Es ist ja heute - im Gegensatz zu den Anfängen der Aufklärung - nicht mehr so, dass wissenschaftliche Belege fehlen würden und sie sind auch (meist) zugänglich. Trotzdem werden sie ignoriert - ja bekämpft. Hier gilt es m.E. deshalb auf anderen Ebenen zu arbeiten. Ich bin der festen Überzeugung, dass hier nur der friedliche Dialog vor rechtsstaatlichen Hintergründen und Menschenrechten und viele Jahre, Jahrzehnte, wenn nicht Jahrhunderte Geduld helfen. Eine andere (theoretische) Möglichkeit wären "Kreuszzüge" im namen der Wissenschaft - diese lehne ich ab.

Also wie wurde denn nun die Erdkugel geschaffen? Und wer kann darüber am besten Auskunft geben? Der Papst oder die Wissenschaft?


Ich denke, dass der Papst nicht blöd ist. Und Franziskus ist kein so harter Dogmatiker im Sinne Ratzingers. Ich bin überzeugt, wenn man mit dem spricht, wird er sich sehr gut mit der Urknalltheorie auskenne, wahrscheinlich besser als alle hier mitdiskutierenden. Davon glaube ich kann man ausgehen. Ich denke das der Gute in Sachen Bildung uns alle in die Tasche steckt. Was der aus kirchenpolitischen Gründen sagt, is eine andere Sache denke ich. Schnell gegoogelt fide ich z.B. das: http://www.spiegel.de/panorama/gesellschaft/papst-franziskus-kein-konflikt-zwischen-evolution-und-schoepfung-a-999893.html Habe es aber nur quergelesen. Evtl. ist es ja interessant. Obwohl es vom Spiegel ist :Lachanfall:

Was mich interessieren würde: Was wissen wir den wirklich? Und was sind "nur" Theorien. Ich bin kein Physiker ahbe aber mal beim warten auf nen Räderwechsel irgendwo in einer Zeitschrift gelesen, dass es wohl Untersuchungen gibt, die nahelegen würden, dass das Planksche Wirkungsquantum h über die zeit nicht konstant war/ist, was wohl viele der aktuellen Modelle ins wanken bringen würde? Ganz ehrlich gesagt weiß ich nicht mal genau was das eigentlich heißt, nur erweckt es bei mir den Eindruck, dass man sich nicht an jeder Stelle sicher ist. Dann habe ich mal gelesen, dass man nicht so genau sagen kann, was in einer kurzen Zeit nach dem Urknall (heißt wohl Plankzeit) so alles passiert ist und das da irgendwelche Gesetze nicht gelten. Auch das verstehe ich nicht wirklich erzeugt aber auch den Eindruck, dass manches zwar hervorragend passwende und anwendbare Modelle sind, aber die letzte Sicherheit fehlt. Ich glaube der Lesch hat auf Alpha Centauri mal gesagt, "wir wissen streng genommen erstaunlich wenig." Wie gesagt: Ich habe von all dem noch weniger als halbwissen. Interessant fände ich - falls das hier überhaupt einer überblickt - was wir denn nun wirklich ganz genau wissen?


Mein Punkt ist, dass Religion bestimmte Dinge für wahr hält, andere jedoch nicht. Es gibt also eine Unterscheidung.

Diese Unterscheidung in wahr und falsch schlägt fehl, und man kann es sowohl religiös als auch wissenschaftlich begründen. Selbst wenn man die Wissenschaft nicht bemüht, fällt auf, dass Religionen den exakt gleichen Sachverhalt unterschiedlich beurteilen. Es gibt so viele Varianten wie es Religionen gibt. Man kann nicht sagen, welche Variante zutrifft.


Ja genau, weil es die einheitliche Religion ja gar nicht gibt. Was hast du denn nur immer mit dieser Suche nach der einheitlichen Religion? Jeder Grundschüler in Bayern (sogar in Bayern!) kommt bereits erklärt, dass das was in der Bibel steht nicht so wörtlich zu nehmen ist und in den verschiedenen Religionen verschiedene Auslegungen existieren, ja sogar innerhalb der Religionen selbst. Ich sage nur Koran! Halleluja ... welch unterschiedliche Interpretationen der Suren!! Bibel zu großen Teilen auch - deshalb sage ich ja immer Exegese amche ich nicht. Ich bin kein Theologe oder was auch immer ... da muss man dick Ahnung haben um an der Stelle wirklich ernsthafte Beiträge zu liefern.


Folglich kann eine Religion keinen Anspruch auf Wahrheit erheben, auch wenn man die Wissenschaft ignoriert. Die Religionen scheitern an sich selbst.


Na freilich. Aber das bezweifelt doch niemand hier, oder?


Wenn Harald Lesch meint, die Wissenschaft könne zu keinem Ergebnis kommen, dann hat er dadurch nicht bewiesen, dass die Religionen zu einem Ergebnis kommen können.


Das will er doch gar nicht.


Die Idee, dass die Religionen keinen Beweis bräuchten (das wäre ja „wissenschaftlich“), macht sich die Suggestion zunutze, es gäbe nur eine einzige Religion. Aber es gibt ca. 3000 Götter und noch mehr Religionen. Und deswegen muss auch die Religion ein Werkzeug haben, um Wahres von Falschem zu unterschieden.

Dieeses Werkzeug ist nicht vorhanden, und damit ist der Fall erledigt. Religionen können in der Frage, was wahr ist, nichts beitragen. Und zwar auch dann nicht, wenn die gesamte Wissenschaft scheitern sollte.

Ja, ja, ja. Das ist aber doch sowas von glasklar und ich wüsste nicht wer das Gegenteil behauptet, solange wir vom gleichen Kalkül (dem wissenschaftlichen Kalkül) und damit vom gleichen wahr sprechen. Auf Basis eines anderen Kalküls kann eine andere "Wahrheit" entstehen. Aber das interessiert halt die Wissenschaft (mit recht) nicht.


Nicht privat ist, wenn Millionen oder gar Milliarden Menschen einem bestimmten Glauben anhängen.


Aber doch schon. Das ist doch Privatsache eines jeden Einzelnen. Von den Staaten die Glauben aufzwingen rede ich jetzt nicht. Denen muss man mit Dialog begegnen - siehe oben.


Nicht privat ist, wenn Religionen sich Institutionalisieren, etwa in Form von Kirchen. Denn es hat beträchtliche Auswirkungen auf alle Menschen.

Dem stimme ich dagegen zu.


Ich meine, es kann nicht schaden, wenn man danach fragt, ob das, was die Kirchen behaupten, wahr ist.


Für den Bereich, in dem diese Aussagen den Bürger des Staates betreffen stimme ich uneingeschränkt zu. Für den Rest halte ich es so: Geht mich nix an, ist die Privatsache des Gläubigen. Es ist auch deine Sache ob du dich vegan ernährst (was ich gut finde es aber nicht praktiziere) oder nicht.


Harald Lesch hat mit seiner strikten Trennung von einer religiösen und einer wissenschaftlichen Sphäre unrecht.


Das sehe ich überhaupt nicht so. Ich denke das ist der einzig vernüftige Weg. Ich würde mich ja überzeugen lassen, wenn es ein Forschungsprojekt gäbe in den naturwissenschaftlichen Disziplinen in denen nach Religiösen Inhalten geforscht werden würde. Oder wenn es irgendwo in den Naturwissenschaften eine Formel, einen term etc. geben würde in dem etwas Religiöses vorkommt. Fakt ist: Religion existiert in der Naturwissenschaft nicht. Daran ändern auch religiöse Wissenschaftler nichts, denn das ist deren Privatvergnügen. Nebenbei: Gott ist nicht gleich Gott. Es steht jedem frei den Bereich des bisher nicht wissenschaftlich Geklärten mit dem Begriff Gott zu bezeichnen. Ich tue das z.B. - ist meine Sache.

"Schuld" daran ist wohl auch Karl Popper. Er stellte bekanntlich das Dogma auf, der Kern aller Wissenschaft sei die Falsifikation.


Da hast du den Popper falsch verstanden glaube ich. Ich hab zwar nur "Logik der Forschung" gelesen aber ich kenne alle Philosophen auf denen Poppers Argumentation baut bzw. weswegen sie motiviert ist. Insbesondere Hume und Kant.

Kurz: Popper kritisiert die zu Zeiten Kants und Humes übliche Vorgehensweise der Induktion und das aufstellen von "wissenschaftlichen Behauptungen". Hume hatte daran wenigstens schon Zweifel. Kant dagegen hat da mit dem kategorischen Imperativ, der ja auch vom Besonderen auf's Allgemeine schließen will ja noch voll ins Klo gegriffen. Insbesondere die philosophische Induktion war/ist ja verbreitet.

Popper fordert dagegen eine deduktive Vorgehensweise zum Erkenntnisgewinn. Ausserdem fordert er, dass eine gute wissenschaftliche Behauptung mindestens auch falsifiziert werden können muss. D.h. insbesondere nicht, dass man Erkentnisse durch Falsifizieren gewinnen MUSS. Deduktives Schließen und deduktive Beweißmethoden sind heute völlig geläufig und normal. Jeder kennt die in der Mathematik übliche vollständige Induktion, die ein wissenschaftlich anerkanntes deduktives Beweismittel ist. Selbes gilt z.B. für den Widerspruchsbeweis.


Lesch lässt unter den Tisch fallen, dass sich diese starken Indizien, welche religiöse Aussagen stützen könnten, nicht finden lassen.


Das will er ja auch gar nicht, oder täusche ich mich? Nochmal: Das ist ja eh glasklar, dass dem so ist. Muss so sein, weil Religion nix mit Naturwissenschaften zu tun hat. Es gibt kein Projekt, keinen Term, nix.

Es ist eine gute Idee, die Falsifizierbarkeit von Religion zu betrachten.


Nein, ist es nicht. Siehe oben.


Aufbauend auf Arnes Posting möchte ich darlegen, warum Religionen an der Falsifizierbarkeit scheitern, selbst wenn man ihnen einen geschützten Bereich außerhalb der Wissenschaft zugesteht.

Nochmal: Das ist glasklar. Das muss so sein, den Religion hat nix mit Naturwissenschaft zu tun. Genauer: Religion ist nicht Gegenstand naturwissenschaftlicher Untersuchungen. Nochmal: Wo ist das Projekt? Wo ist der Term.


Also unterlassen wir diese Falsifizierung.


Ja Halleluja! Endlich! :Blumen:

Ich würde mich gerne an Diskussionen beteiligen darüber was die Wissenschaft eigentlich genau weiß - das interessiert mich ehrlich, oder darüber, wie es gelingt sog. "Gottesstaaten" und Fanatikern mit Mitteln des Dialogs und der gesellschaftlichen Entwicklung zu helfen. Ich würde gerne darüber diskutieren, wie man vielleicht Menschenrechtsverletzungen im "Namen Gottes" verhindern kann.

Aber ich will nicht auf dem wissenschaftlichen Finger auf andere zeigen, nur weil sie an etwas glauben, was wissenschaftlich nicht haltbar ist. Ich will niemanden als Depp oder sonstwas hinstellen - weder direkt noch indirekt. Ich bin kein Dogmatiker: Weder religiös noch wissenschaftlich.

Liebe Grüße und vor allem "hang loose"
H.

Klugschnacker
11.10.2017, 10:14
Eingangsbemerkung: Ich halte es für unablässlich, dass jegliche "Erkenntnis" die irgendwann und irgendwo niedergeschrieben wurde, auch im Kontext der Zeit (der Evolution des Wissens) zu sehen. Vieles muss so verstanden werden wie es in dem historischen Kontext gemeint ist. Das macht die Aussagen über einen Äther als Ausbreitungsmedium oder die Aussagen der Schöpfung im heutigen Licht zwar nicht richtiger - aber die Beurteilung ist fairer und seriöser. So denke ich zumindest.

Moment! :Blumen:

Warum muss bei den Worten des allmächtiges und allwissenden Schöpfers des Weltalls der damalige Zeitgeist berücksichtigt werden? Man sollte doch meinen, dass sie unabhängig vom Zeitgeist gelten. Sonst bräuchten wir sie doch gar nicht.
:Blumen:

trithos
11.10.2017, 10:14
Ja, das hat er, falls ich das beantworten darf. Mehr als ich mir bis dahin vorstellen konnte. Die Details gehören jedoch nicht in ein öffentliches Forum.

Vielen Dank für die Info. Und Dir, Jörn, vielen Dank für Deine Zivilcourage und Dein Engagement. Ich hoffe und wünsche Dir, dass Du dabei etwas bewirken konntest, obwohl die Widerstände sicher sehr groß waren. :Blumen:

Jörn
11.10.2017, 10:18
Kleiner Exkurs: Haben die Kirchen das Frauenbild nur übernommen oder haben sie es aktiv gestaltet?

Dass die Frauen zumindest in religiöser Hinsicht in den urchristlichen Gemeinden durchaus etwas zu sagen hatten, erfahren wir direkt in der Bibel. Sie durften Aufgaben bei den Zeremonien übernehmen und sogar aus den Briefen vorlesen, die man dort benutzte (die Evangelien gab es noch nicht). Die strikte Unterordnung aus dem Judentum gab es also gerade nicht.

Das wissen wir, weil es zu einem Disput führte, den man in den Paulus-Briefen nachlesen kann. Paulus waren die Frauen egal, es spielte keine Rolle. Später wurden von anderen Leuten Texte in diese Briefe eingefügt, durch die festgelegt wurde, dass Frauen ihr Haar bedecken und schweigen sollten. Seitdem ist dies die Haltung des Christentums (später aufgeweicht durch den Protestantismus).

Das bedeutet, dass die christlichen Kirchen sehr wohl daran mitgewirkt haben, die Rolle der Frauen zu schwächen. Sie haben dies nicht nur übernommen, sondern intensiviert und zementiert. Der Papst beruft sich noch heute auf Paulus, wenn er ausführt, warum Frauen keine Priester werden können.

In den späteren Evangelien kommen Frauen entweder als Huren oder als Heilige vor. Praktisch keine Frau des Neuen Testaments hat überhaupt einen Namen, abgesehen von den zwei Marias (die eine eine Hure, die andere eine Heilige).

qbz
11.10.2017, 10:25
Was willst Du uns damit sagen? Das die Kirche Ihre Unterdrückungen dadurch legitimieren kann, da sie nicht der Erfinder dieser war?


Genau das, was ich einwandte, nämlich dass es ahistorisch wäre, festzustellen, der rechtlose Zustand der Frauen wäre nur dem 2000jährigen Reich der Kirchen zu verdanken.

Welcher römische Familienvorstand oder germanisch-keltisch-fränkisch-allemannische-etc. Stamm wäre wohl zum Christentum konvertiert, hätte das Christentum das Genderprinzip vertreten?

Das Patriarchat basiert auf ganz bestimmten Wirtschafts- und Herrschaftsformen und drückt sich deswegen weltweit in vielen Ideologien und Religionen als Herrschaft des Mannes über die Ehefrau(en) und Kinder aus. Es änderte sich in den Vorstellungen und später in den Gesetzen erst im Zuge der industriellen Revolution, als Frauen immer mehr als gleiche und freie Arbeiterinnen auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt ihre Arbeitskraft anbieten mussten.

Helmut S
11.10.2017, 10:27
Moment! :Blumen:

Warum muss bei den Worten des allmächtiges und allwissenden Schöpfers des Weltalls der damalige Zeitgeist berücksichtigt werden? Man sollte doch meinen, dass sie unabhängig vom Zeitgeist gelten. Sonst bräuchten wir sie doch gar nicht.
:Blumen:

Weil der Schöpfer Hoshi keinen Laptop hatte und - meines bescheidenen Wissens nach das Neue Testament erst 2 oder 300 Jahre später von irgendwelchen Menschen die zu der Zeit sozialisiert wurden und nix von Aufklärung wussten interpretiert und niedergeschrieben wurde. Aber wie gesagt: Diese Bibelinterpretation/-auslegung is was für Theologen, Historiker und andere Schriftgelehrte. Soweit ich weiß sind sich aber ja nicht mal die einig. Was soll ich mich da einmischen? Mir is nur klar, dass wenn jemand was schreibt/sagt etc. dann passiert das immer in einem Kontext, vor dem Hintergrund eienr Sozialsierung, einer sich veränderten Spreche und das sollte man - so finde ich - berücksichtigen. Du sagst ja selbst alles ist der Evolution unterworfen. Sehe ich auch so - auch Interpretationen sind das.

Und was diesen Schöpfer betrifft: Ich bin kein Creationist oder wie die heissen. Ich denke hier treibt sich aber auch keiner rum. Bei den Amis findet man sowas gerne denke ich. ;)

LG H. :Blumen:

Klugschnacker
11.10.2017, 10:29
Helmut, ich habe noch nicht verstanden, was Du mit einem religiösen Term in einer Gleichung, oder mit Gott in einer wissenschaftlichen Erklärung willst. Ich verstehe nicht, welches Argument Du damit verbindest.

Auch Goethes Faust, die Menschenrechte und das Erbrecht tauchen in physikalischen Gleichungen nicht auf. Dennoch haben sie eine abstrakte Realität und Berührungspunkte mit der Naturwissenschaft. Ich könnte untersuchen, ob Faust tatsächlich existiert hat, ob alle Menschen tatsächlich gleich sind, oder ob der Erblasser tatsächlich gestorben ist.

In gleicher Weise kann man prüfen, ob Aussagen der Bibel auf Tatsachen beruhen. Das geschieht aber nicht durch Widerlegung eines Bibel-Terms in einer Gleichung. Du siehts, ich bin etwas ratlos, was das für ein Argument sein soll.
:Blumen:

Helmut S
11.10.2017, 10:32
Kleiner Exkurs: Haben die Kirchen das Frauenbild nur übernommen oder haben sie es aktiv gestaltet?

Das Frauenbild der Kirche war - falls das jemanden interessiert - einer der vielen Gründe warum ich ausgetreten bin. Find ich unmöglich.


Praktisch keine Frau des Neuen Testaments hat überhaupt einen Namen, abgesehen von den zwei Marias (die eine eine Hure, die andere eine Heilige).


Aha. Da ich das nicht auswendig weiß frag ich wiki und das sagt, dass es im NT 22 Frauen mit Namen gibt. ;)

LG H.

Helmut S
11.10.2017, 10:37
Arne: Es geht mir darum, dass wenn Religion oder Gott Gegenstand der Naturwissenschaft wäre, in irgendeinem Modell oder einem Forschungsprojekt das auch so vorkommen müsste.

Wenn du sagst, dass möglicherweise am Ende der Naturwissenschaft einen Berührungspunkt zu dem "biblischen Schöpfergott" gibt. Ok. Eine Schnittstelle, wenn du so willst. Da geh ich mit. Persönlich denke ich aber - und mir reicht das aus - ist das Thema Schöpfergott durch die Wissenschaft so gut wie erledigt. Es ist nur noch eine Frage der Zeit, bis "die letzte Bastion" fällt. Oder so ...

Goethes Faust und Menschenrechte sind auch nicht Gegenstand der Naturwissenchaften - evtl. Sozialwissenschaften und Literaturwissenschaften.

LG H.

Helmut S
11.10.2017, 10:42
Aus meiner Sicht es es auch nicht zwingend zulässig mit Methoden aus einer Domäne Schlüsse in einer anderen Domäne zu ziehen. Das kann bei gewissen Gleichartigkeiten gelingen. Es gibt aber wohl nix unterschiedlicher als Wissenschaft und Glaube. ;)

Und: Freilich - untersuchen kann ich Vieles. Ich kann auch untersuchen ob Äpfel nach oben fallen. Ich kann stattdessen aber auch einfach laufen gehen ;)

LG H.

Jörn
11.10.2017, 10:42
Ich würde mich gerne an Diskussionen beteiligen darüber was die Wissenschaft eigentlich genau weiß

Hallo Helmut, Du schreibst, dass Du gerne darüber diskutieren würdest, was die Wissenschaft eigentlich genau weiß.

Der Knackpunkt hierbei ist das Wort „genau“. Wie sicher kann sich die Wissenschaft sein, dass sie richtig liegt? Das kann man nicht beurteilen, wenn man nur das Ergebnis betrachtet. Sondern man muss die Methode betrachten, mit der die Erkenntnis gewonnen wurde. Die Frage: „Was weiß man eigentlich genau?“ lautet korrekterweise: „Wie plausibel sind die Methoden?“.

Da hier jedoch nicht die Wissenschaft auf dem Prüfstand steht, sondern die Religion, könnte man diese Frage doch auch auf die Religionen anwenden. Aus „was steht in der Bibel?“ wird dann: „Wie kam es dort hinein und wie sicher weiß man, dass es von Gott kam?“.

Oder: „Welchen Methode hat Bischof XY angewendet, um zu seinen grandiosen Erkenntnissen zu gelangen, abgesehen von Alkohol?“

Oder: „Wie zuverlässig können wir wissen, dass ausgerechnet der Bischof von Rom der Nachfolger von Petrus sein soll, und nicht der Bischof von Würselen?“

Wäre das nicht ebenso aufschlussreich? Mich würde das sehr interessieren. Ich könnte mir vorstellen, dass es für unser Leben aussagekräftiger wäre, als die Erkenntnis, auf wie viele Kommastellen man die ersten Quanten ausrechnen kann.

Helmut S
11.10.2017, 10:51
Hallo Helmut, Du schreibst, dass Du gerne darüber diskutieren würdest, was die Wissenschaft eigentlich genau weiß.


Ja, schon. Da ich ja kein Physiker bin und mir völlig der Überblick fehlt über den "aktuellen Stand" bin ich oft unsicher in dem was man so liest (neugierig bin ich ja doch) ob das nun Modelle sind oder ob das im wissenschaftlichen Sinn gesichert ist. Irgendwie gibt's da ja so statistische Wahrscheinlichkeiten mit denen irgendwelche Ereignisse bewertet werden usw. Da war ja was in der Presse grad wegen den Gravitationswellen, oder?

EDIT: Genaugenommen möchte ich gar nicht darüber diskutieren, ich hätte gerne mal jemanen der mir das erklärt. Was soll ich da schon groß diskutieren?



Wäre das nicht ebenso aufschlussreich? Mich würde das sehr interessieren.

Ich verstehe das schon. Aber ist das nicht schon 1000x beantwortet worden die letzten zich Jahrzehnte? Es ist Dogma, Interpretation, Machterhalt usw. usw. Ich kann - ich wiederhole mich, ich weiß - null-komm-null naturwissenschaftliches in einer Religion erkennen und umgekehrt. Da is Wünschelrutengehen noch näher dran ;)

LG H.

Jörn
11.10.2017, 10:54
Aus meiner Sicht es es auch nicht zwingend zulässig mit Methoden aus einer Domäne Schlüsse in einer anderen Domäne zu ziehen. Das kann bei gewissen Gleichartigkeiten gelingen.

Die Bibel ist in weiten Teilen eine historische Schrift, weil sie von historischen Ereignissen berichtet. Viele der dort beschriebenen Länder, Völker, Könige usw. hat es tatsächlich gegeben. Insofern ist es statthaft, dies mit historischer Forschung zu untersuchen. Mit was auch sonst?

Allerdings verzerrt die Bibel diese historischen Fakten, um einen speziellen Effekt zu erzielen. Das findet die historische Forschung heraus, indem sie verschiedene Quellen vergleicht oder Fundstücke analysiert.

Das hat mit Religion nichts zu tun, d.h. dahinter kann man sich nicht verschanzen. Es sind historische Fakten, die geprüft werden. Hat König XY in der Wüste von Judäa wirklich ein Heer aufgeboten, welches größer war als das Heer des gesamten römischen Reiches? Gab es die genannten Städte? Das sind ganz nüchterne Fragen, die ein Historiker seriös beantworten kann.

Jörn
11.10.2017, 11:02
Ich kann - ich wiederhole mich, ich weiß - null-komm-null naturwissenschaftliches in einer Religion erkennen und umgekehrt. Da is Wünschelrutengehen noch näher dran ;)

LG H.

Ich finde, dass die Existenz eines Gottes nichts anderes ist als ein wissenschaftlicher Fakt. Je nachdem, ob das wahr ist oder nicht, blicken wir auf eine komplett andere Welt.

Auch ob die Erdkugel und der Mensch von Gott geschaffen wurde, ist eine rein wissenschaftliche Behauptung und kann auch nur wissenschaftlich untersucht werden. Durch Singen und Händeklatschen wird man es jedenfalls nicht herausfinden.

Letztlich geht es um die Frage, ob in unserer Welt alles mit rechten Dingen zugeht. Weht der Wind, weil Gott es will, oder gibt es eine andere Ursache? Man kommt nicht umhin, diese Frage zu beantworten, ob man will oder nicht. Selbst wenn ein Meteorologe sich fest vornimmt, keine Aussage zu Gott zu treffen, tut er es dennoch, wenn er feststellt, dass der Wind natürliche Ursachen hat.

Niemand würde Meteorologie studieren, wenn er wüsste, dass der Wind ohnehin von Gott nach Gutdünken geblasen wird. Die Frage ist also auch für die Studienberatung relevant.

Klugschnacker
11.10.2017, 11:15
Da hast du den Popper falsch verstanden glaube ich.

:Blumen:
Poppers Ansatz hat einige Schwächen:

• Es gibt Hypothesen, die falsifizierbar sind, und dennoch nicht wissenschaftlich. Beispielsweise ist die Vorhersage der Zukunft mit Hilfe von Horoskopen falsifizierbar, aber keine Wissenschaft.

• Andersherum waren Gravitationswellen zur Zeit Einsteins, der sie vorhersagte, nicht falsifizierbar. Erst ein Jahrhundert später gelang dies und führte in diesem Jahr zum Nobelpreis für Physik. Wir wissen also gar nicht so genau, was falsifizierbar ist und was nicht. Denn unsere Fähigkeiten, zu Falsifizieren, entwickeln sich. Dennoch war Einsteins Vorhersage von Gravitationswellen wissenschaftlich, denn die Theorie, aus der sie folgten, hatte eine hohes Evidenzgewicht.

Im Gegensatz zu Poppers Auffassung kann eine Hypothese dann wissenschaftlich sein, wenn ein einziges Indiz für sie spricht.

Beispiel: Bei der Beobachtung des Kosmos finden wir Indizien, die dafür sprechen, dass es viele Universen geben könnte. Wir können diese anderen Universen nicht direkt beobachten oder fasifizieren. Dennoch treiben wir zweifellos Wissenschaft, wenn wir die Überzeugungskraft dieser Indizien untersuchen. Statt nach "wahr/nicht wahr" fragen wir nach Wahrscheinlichkeiten an Wahrheit.

Stellen wir uns vor, dass wir in der Nähe unseres Heimatplaneten einen gewaltigen Meteor entdecken, der geradewegs auf uns zu rast. Die Frage ist, ob er auf der Nord- oder Südhalbkugel einschlägt. Für einen Einschlag auf der Nordhalbkugel spricht eine einfache Berechnung seiner Flugbahn mit den Keplerschen Gesetzen. Für einen Einschlag auf der Südhalbkugel spricht eine komplizierte theologische Abhandlung auf alten Schriftrollen in aramäischer Sprache. Dann würdest Du noch heute Dein Zugticket auf die Südhalbkugel kaufen, und am Bahnhofsschalter auch den Papst und Prof. Lesch antreffen, die es beide eilig haben. Die Falsifizierbarkeit spielt dabei weniger eine Rolle als die Überzeugungskraft, das Evidenzgewicht der vorgebrachten Argumente oder Indizien.
:Blumen:

Klugschnacker
12.10.2017, 08:17
Aus meiner Sicht es es auch nicht zwingend zulässig mit Methoden aus einer Domäne Schlüsse in einer anderen Domäne zu ziehen. Das kann bei gewissen Gleichartigkeiten gelingen. Es gibt aber wohl nix unterschiedlicher als Wissenschaft und Glaube. ;)

Das halte ich für eine Immunisierungshaltung der Religionen.

Nehmen wir einmal fiktiv an, der Wissenschaft gelängen einige Entdeckungen, die einem Beweis für die Existenz des christlichen Gottes sehr nahe kommen, beispielsweise:


Man findet am Grab Jesu einige seiner Körperzellen. Eine Analyse seiner DNA ergibt, dass Jesus nur die Erbanlagen seiner Mutter (XX), jedoch keine seines Vaters (XY) hatte.
Wir erhalten Kontakt zu einem Dutzend außerirdischer Gesellschaften. Sie alle berichten übereinstimmend von einem Gott, der ihnen ihre Sünden vergeben will und darum seinen Sohn schickte.
Es gelingt der Nachweis der Unsterblichkeit der Seele. Die Seelen längst verstorbener Menschen lassen sich in künstlichen Gehirnen auf Siliziumbasis wieder aktivieren.


Meinst Du wirklich, die Religionsvertreter würden diese Indizien zurückweisen, weil sie aus der Wissenschaft kommen, und damit aus der falschen Domäne? Ich kann mir das kaum vorstellen.
:Blumen:

Jörn
12.10.2017, 09:00
Zu welcher Domäne gehört kritisches Nachdenken und Nachprüfen? Und zu welcher gehört es nicht?

Helmut S
12.10.2017, 09:11
Servus Arne,

sorry - die Antwort hat etwas gedauert; Arbeit kam dazwischen. Zunächst: Du bist ein Fuchs Arne ... man muss immer scharfsinnig bleiben. ;) Dafür kriegst du lieb gemeinte Blumen mit Humor :Blumen:

Ich denke aber, ich kann da schon noch etwas "Licht" beitragen. In der Philosophie kenne ich mich zumindest besser aus als in der Physik oder der Theologie. Das Problem is ja eh: Is man irgendwo sehr kompetent, hat also viel Zeit dafür aufgewendet, ist die Wahrscheinlichkeit hoch, dass man in anderen Feldern weniger kompetent ist. Woher denn auch die ganze zeit nehmen? Die eigene Kompetenz schwimmt also in einem Meer von Inkompetenzen. Witziger Gedanke - ist von Richard David Precht und nicht von mir. ;)


• Es gibt Hypothesen, die falsifizierbar sind, und dennoch nicht wissenschaftlich. Beispielsweise ist die Vorhersage der Zukunft mit Hilfe von Horoskopen falsifizierbar, aber keine Wissenschaft.


Popper (und der Philosophie insgesamt) ging es in dem Thema um die "echte" Erkenntnis. Also was wissen wir wirklich, nicht: Was ist zu 99,99999% wahrscheinlich und alles was wir beobachten sagt: Das ist so. Damit ist er (und die Philosophie) nicht zufrieden.

In dem Umfeld hatte er zwei "Gedanken". Deduktion statt Induktion als Prinzip und Falsifizierbarkeit von Hypothesen als Kriterium für ihre Wissenschaftlichkeit.

Falsifizierbarkeit

Was du oben beschreibst ("...die Vorhersage der Zukunft mit Hilfe von Horoskopen...") ist zunächst keine Hypothese, sondern eine Methode. Ich weiß aber was du meinst. An der Stelle muss man aber genau formulieren - das ist wichtig. Beispiel:

Hypothese 1: "Mit Horoskopen kann man die Zukunft vorhersagen."
Hypothese 2: "Mit dem vorliegenden Horoskop kann man die Zukunft für nächsten Samstag vorhersagen"

Hypothese 1 ist NICHT falsifizierbar, weil die Zukunft unendlich ist und die Hypothese nie als falsch markiert werden kann. Man kann schlecht warten bis die Zukunft komplett vorbei ist :Cheese:

Hypothese 2 IST falsifizierbar. Man wartet einfach bis Sonntag und sieht dann - das war wohl nix.

Popper sagt übrigens AUSDRÜCKLICH, dass es völlig egal ist welchen Käse die Hypothese behauptet. Sie ist dann eine wissenschaftliche, wenn sie falsifizierbar ist.

Popper sagt auch meines Wissenes nix darüber, was eine Wissenschaft (oder gar Naturwissenschaft) sei oder nicht.

Es geht m.E. auch überhaupt nicht darum das man als Wissenschaftler rumlaufen muss und panisch eine Hypothese Falsifizieren muss. Falsifizierbarkeit muss eine prinzipielle logische Eigenschaft einer Hypothese sein, damit sie als Wissenschaftlich gilt. Freilich schlägt er das Falsifizierungskonzept dann als Arbeitskonzept vor - aber das geht dann eher in den Punkt Deduktion statt Induktion. Hier wird es auch schwieriger - zumindest für mein Weichteil zwischen den Ohren ;)

Es geht auch überhaupt nicht darum das man eine Hypothese technisch oder Know-how mäßig zu einem bestimmten Zeitpunkt falsifizieren kann - das ist keine Forderung. Es geht einzig um die logische Eigenschaft der Falsifizierbarkeit. Der 2. Teil des Tractatus von Wittgenstein (also nicht der mit "Die Welt ist alles was der Fall ist" sonder der Teil danach) kann dazu beitragen zu erkunden wie Philosophen das denken. Das hat auch was mit Sprache zu tun - Wittgenstein war auch Linguist.

Popper sagt auch, dass Theorien immer "härter" werden, je mehr Falsifizierungsversuchen sie standhalten. Man sollte im übrigen Bedenken, dass philosophisch gesehen jeder Positivierungstest einer Hypothese auch ein Falsifizierungstest ist. Es liegt in der Natur der Sache, dass Bemühungen Erfolg haben können oder aber auch scheitern können.

Für den Absatz mit den Paralleluniversen gilt das auch in der Art, deshalb lasse ich das einfach weg. Bringt nix Neues aus meiner Sicht.

Deduktion statt Induktion

Das finde ich persönlich intellektuell deutlich schwieriger als die Falsifizierbarkeit. Ich versuche es trotzdem: Popper steht auf dem Standpunkt, dass man aus Sicht der Erkenntnistheorie eine Hypothese nie zweifelsfrei beweisen kann. Denn die Methoden dazu sind selbst unbewiesene Theorien. Das ist aus meiner Sicht der Hammer, denn was bedeutet das eigentlich für alles was wir im inneren unseres Universums an Theorien durch Beobachtung abgeleitet haben und allen Folgerungen daraus? Das ist auch das Umfeld in dem wohl der Streit mit Wittgenstein ausgebrochen ist. Wie gesagt, das ist aus meiner Sicht intellektuell unglaublich schwierig. Ich habe aber den Verdacht, da is was dran. ;)

So. Ich habe jetzt dann gleich einen Termin. Ich versuche jedenfalls so schnell wie Möglich deinen neuen Beitrag zu lesen.

Danke dafür + liebe grüeß
Helmut

MattF
12.10.2017, 10:09
Das ist aus meiner Sicht der Hammer, denn was bedeutet das eigentlich für alles was wir im inneren unseres Universums an Theorien durch Beobachtung abgeleitet haben und allen Folgerungen daraus?

Ja was folgert denn daraus?

Ich muss allerdings auch sagen, mich interessiert kein bisschen was vor dem Urknall war, eigentlich interessiert mich schon nicht ob es den Urknall tatsächlich gab.
Es sind Hypothesen die eine gewisse Wahrscheinlichkeit haben, niemand wird wohl je erfahren ob es so war. Für mein Leben hat das keine Relevanz. Es sind interessante Gedankenspiele.
Das Problem ist hier ein bisschen dass es Wissenschaftler gibt, die zumindest so tun als wären ihre Theorien Wahrheit, oder es sind nur die Journalisten die drüber berichten ich weiß es nicht.

Anderes Beispiel, gab es die Dinosaurier. Ein Kreationist sagt die Erde wurde vor 6000 erschaffen also kann es vor 100 Mil. Jahren keine Dinosaurier gegeben haben.
Auch hier wird niemand jemals 100 % unzweifelhaft nachweisen können dass wirklich mal ein Dinosauriere auf der Erde gelebt hat. Alle Indizien zeigen aber dass es zu 99.99999999% so war.
Also gehe ich davon aus, dass Dinosaurier existiert haben, genauso wie ich davon ausgehe dass ich existiere.

Wenn man es aber ganz genau nehmen will muss man sagen; Wir wissen es nicht ob die Dinosaurier existiert haben und ob das Universum älter als 6000 Jahren ist. Wir waren nicht dabei. Trotzdem würde ich mein Leben nicht nach dieser Theorie ausrichten, weil sie irre unwahrscheinlich ist.
Trotzdem werden die Wissenschaftler die Kreationisten nie wirklich/endgültig wiederlegen können.

An die wirklich Gläubigen kommt man auch mit der Argumentation die Jörn und Arne hier versuchen, gar nicht dran.

Klugschnacker
12.10.2017, 10:36
An die wirklich Gläubigen kommt man auch mit der Argumentation die Jörn und Arne hier versuchen, gar nicht dran.

Ich weiß, was Du meinst. Trotzdem möchte ich das kurz klarstellen, um mögliche Missverständnisse auszuschließen:

Mir geht es nicht um den einzelnen Gläubigen. Glauben ist Privatsache, da soll jeder glauben was er will. Ich möchte lediglich die Autorität der Kleriker infrage stellen, wenn sie ihre Unverschämtheiten gegenüber Andersdenkenden vom Stapel lassen. Wären die Kirchen nicht so impertinent gegenüber Frauen, Andersgläubigen, Nichtglaubenden, Geschiedenen, Wiederverheirateten, gleichgeschlechtlich liebenden Menschen, oder Menschen anderer Meinung, würde es mich wahrscheinlich nicht sehr interessieren, was sie über Teufel, Engel und heilige Geister sagen.

Von diesem Motiv abgesehen, interessiert mich, was wahr ist, oder genauer: was ich für wahr halten kann, was mich überzeugt. Ich finde das einfach spannend. Ich akzeptiere es aber, wenn jemand zu einem anderen Ergebnis kommt als ich; bspw. Zarathustra.

runningmaus
12.10.2017, 11:40
.... beispielsweise:

[LIST]
Man findet am Grab Jesu einige seiner Körperzellen. Eine Analyse seiner DNA ergibt, dass Jesus nur die Erbanlagen seiner Mutter (XX), jedoch keine seines Vaters (XY) hatte....

Christus war eine Christa (XX) :Blumen:

Jörn
12.10.2017, 15:21
Wenn man es aber ganz genau nehmen will muss man sagen; Wir wissen es nicht ob die Dinosaurier existiert haben und ob das Universum älter als 6000 Jahren ist. Wir waren nicht dabei. Trotzdem würde ich mein Leben nicht nach dieser Theorie ausrichten, weil sie irre unwahrscheinlich ist.
Trotzdem werden die Wissenschaftler die Kreationisten nie wirklich/endgültig wiederlegen können.

An die wirklich Gläubigen kommt man auch mit der Argumentation die Jörn und Arne hier versuchen, gar nicht dran.

Die Frage, ob Dinosaurier existiert haben, klärt sich doch spätestens dann, wenn man deren Skelette findet, oder etwa nicht? Hier in Frankfurt ist ein besonders spektakuläres Exemplar eines Tyrannorsaurus ausgestellt.

Das Alter des Universums ergibt sich zwingend daraus, dass wir das Alter der Lichtstrahlen bestimmen können, die uns aus dem All erreichen. Da die Lichtgeschwindigkeit eine Konstante ist, eignet sie sich hervorragend, um sie als Metermaß und Stoppuhr zu verwenden.

Beides demonstriert, dass wir es hier nicht (mehr) mit Hypothesen zu tun haben, sondern dass die erforderliche empirische Absicherung bereits stattgefunden hat. Vor ein paar Tagen wurde der Physik-Nobelpreis an eine dieser empirischen Untersuchungen vergeben, nämlich die Messung der Gravitationswellen (die von Einsteins Theorien vorhergesagt wurden).

Die "wirklich Gläubigen" erreicht man vermutlich nur deshalb nicht, weil sie nicht erreicht werden wollen. Es ist ja nicht so, dass sie eigene Forschungsarbeiten zu Dinosauriern oder zum Universum durchgeführt hätten, die zu abweichenden Ergebnissen kamen. Sondern es handelt sich um das absichtliche Ignorieren wissenschaftlicher Ergebnisse und eine Unkenntnis über die angewandten Methoden. Die Frage ist: Warum wird das ignoriert?

Ich habe meine Meinung darüber geändert, was die Gründe für Religiosität sind — nicht zuletzt durch die Debatten in diesem Thread. Nach meiner aktuellen Hypothese hat es nichts mit Theologie zu tun, denn die meisten Gläubigen haben keine Ahnung von Theologie (und nichtmal ein vages Interesse). Es hat auch nichts mit „Moral“ oder dem „Sinn von allem“ zu tun, wie der Thread vor ein paar Seiten gezeigt hat.

Ich würde die Ursachen eher in der Psychologie und Soziologie suchen. Die Gläubigen halten eisern an etwas fest, was oberflächlich aussieht wie Religion, aber es ist völlig unabhängig von religiösen Inhalten — ja sogar davon, ob überhaupt ein Inhalt vorhanden ist.

Die Argumente, die von Gläubigen präsentiert werden, sind nach meiner Beobachtung keine Argumente in dem Sinn, dass Fakten untersucht und bewertet werden. Sondern es sind Immunisierungsstrategien. Motiviert durch diesen Thread achte ich derzeit darauf, ob ich einem Argument begegne, welches keine Immunisierungsstrategie darstellt. Das kann natürlich auch daran liegen, dass alle anderen Argumente bereits von der Wissenschaft kassiert wurden.

:Gruebeln:

merz
12.10.2017, 18:35
Popper sagt übrigens AUSDRÜCKLICH, dass es völlig egal ist welchen Käse die Hypothese behauptet. Sie ist dann eine wissenschaftliche, wenn sie falsifizierbar ist.
(....)
Popper sagt auch meines Wissenes nix darüber, was eine Wissenschaft (oder gar Naturwissenschaft) sei oder nicht.
(....)
Deduktion statt Induktion
(....)


Jetzt ist aber doch nach the world famous „Abgrenzungsproblem“ die prinzipielle Falsifizierbarkeit das Hauptkriterium empirische Wissenschaft vom Rest zu unterscheiden, oder?

zu „Deduktion statt Induktion"

Wie wäre dann diese Verbindung:
All-Aussagen/generelle Aussagen sind nicht eindeutig und final zu verifizieren, aber durch einen einzige Gegen-Fall zu widerlegen. Aus dieser logischen Beobachtung folgt dann für Popper die Falsifikation als Prinzip (die „black swan“ Beobachtung).

m.

Klugschnacker
12.10.2017, 18:51
Jetzt ist aber doch nach the world famous „Abgrenzungsproblem“ die prinzipielle Falsifizierbarkeit das Hauptkriterium empirische Wissenschaft vom Rest zu unterscheiden, oder?

Demnach wäre Wahrsagerei eine Wissenschaft, da ihre Aussagen falsifizierbar sind.

Helmut hat darauf hingewiesen, dass nach Popper die Aussagen selbst wissenschaftlich sein können ("morgen 8 Uhr geht die Welt unter"), ohne dass die Wahrsagerei deshalb als Wissenschaft gelten könne.

MattF
12.10.2017, 18:59
Ich weiß, was Du meinst. Trotzdem möchte ich das kurz klarstellen, um mögliche Missverständnisse auszuschließen:

Mir geht es nicht um den einzelnen Gläubigen. Glauben ist Privatsache, da soll jeder glauben was er will. Ich möchte lediglich die Autorität der Kleriker infrage stellen, wenn sie ihre Unverschämtheiten gegenüber Andersdenkenden vom Stapel lassen. Wären die Kirchen nicht so impertinent gegenüber Frauen, Andersgläubigen, Nichtglaubenden, Geschiedenen, Wiederverheirateten, gleichgeschlechtlich liebenden Menschen, oder Menschen anderer Meinung, würde es mich wahrscheinlich nicht sehr interessieren, was sie über Teufel, Engel und heilige Geister sagen.

Aber die Gläubigen unterstützen halt die Kleriker mit z.b. der Kirchensteuer und solange die zahlen, können die Kleriker schwätzen :)

Also überzeugen musst du die Gläubigen, diesen Verein zu verlassen.

MattF
12.10.2017, 19:06
Die Frage, ob Dinosaurier existiert haben, klärt sich doch spätestens dann, wenn man deren Skelette findet, oder etwa nicht? Hier in Frankfurt ist ein besonders spektakuläres Exemplar eines Tyrannorsaurus ausgestellt.


Wenn das denn so einfach wäre.

Die Erklärungen gehen von:

Gott hat vor 6000 die Erde halt genau so erschaffen wie sie ist, mit allen
Fossilien z.b. Und er hat sie auch so erschaffen dass es aussieht, als
wäre das Universum 14 Milliarden Jahre alt.

Bis hin zu, dass die Dinosauriere bei der Sintflut ertrunken sind.

MattF
12.10.2017, 19:11
Die "wirklich Gläubigen" erreicht man vermutlich nur deshalb nicht, weil sie nicht erreicht werden wollen. Es ist ja nicht so, dass sie eigene Forschungsarbeiten zu Dinosauriern oder zum Universum durchgeführt hätten, die zu abweichenden Ergebnissen kamen. Sondern es handelt sich um das absichtliche Ignorieren wissenschaftlicher Ergebnisse und eine Unkenntnis über die angewandten Methoden. Die Frage ist: Warum wird das ignoriert?


Auch Klimaskeptiker ignorieren die Wissenschaft, genauso Chemtrailer usw. usw..

Lustig ist ja dass die die absichtlich Wissenschaft ignorieren ihre Ergebnisse aber lustig nutzen, z.b. PCs (sonst könnten sie ihren Unsinn nicht im Internet verbreiten, GPS Geräte, Autos.

Das sind halt auch Sekten, die von ihren Sektenchefs entsprechend gebrieft werden.

Trimichi
12.10.2017, 19:18
Christus war eine Christa (XX) :Blumen:



das erklärt auch warum "er" nur mit 2,8 km/h übers Wasser gewandelt ist, wie Geheimdienstunterlagen enthüllen. :Lachen2:

Jörn
12.10.2017, 19:27
Einer der (für mich) verblüffendsten Erkenntnisse des Threads ist, dass "Glaube" keineswegs gleichzusetzen ist mit "überzeugt sein, dass etwas wahr ist". Das haben die Debatten zwischen Arne und keko (sowie anderen Teilnehmern) gezeigt.

Dadurch angestachelt habe ich in meinem Bekanntenkreis nachgeforscht und dabei festgestellt, dass es ein gängiges Phänomen zu sein scheint. Ich würde sogar schätzen, dass nur eine Minderheit unter den Gläubigen ihren Glauben für wahr hält, während die Mehrheit ihren Glauben als "nützlich" oder "schön" oder "beruhigend" usw. einstuft. Dennoch verteidigen sie ihren Glauben vehement gegen sachliche Argumente, genau so, als ob er wahr wäre.

Ich finde das verblüffend. Wenn ich weiß, dass es keine Gottesmutter Maria gab, dann bete ich sie auch nicht an. Noch absurder wäre, wenn ich sie in Debatten verteidigen würde.

MattF
12.10.2017, 20:18
Ich finde das verblüffend. Wenn ich weiß, dass es keine Gottesmutter Maria gab, dann bete ich sie auch nicht an. Noch absurder wäre, wenn ich sie in Debatten verteidigen würde.


Und noch absurder wird es, wenn ich mich und andere wg. meines Glaubens an irgendwas in die Luft sprenge.

So ist sie aber die Welt.

Jörn
12.10.2017, 20:51
Noch absurder ist es, wenn sich die Leute in die Luft sprengen, aber der Glaube überlebt.

captainbeefheart
12.10.2017, 21:26
...

Lustig ist ja dass die die absichtlich Wissenschaft ignorieren ihre Ergebnisse aber lustig nutzen, z.b. PCs (sonst könnten sie ihren Unsinn nicht im Internet verbreiten, GPS Geräte, Autos.

...

Das haben doch Ingenieure gemacht, nicht Wissenschaftler! Letzere sind doch nur an der Wahrheit interessiert.

MattF
12.10.2017, 21:52
Das haben doch Ingenieure gemacht, nicht Wissenschaftler! Letzere sind doch nur an der Wahrheit interessiert.

Da ist was dran :Huhu:

Klugschnacker
12.10.2017, 21:55
Und noch absurder wird es, wenn ich mich und andere wg. meines Glaubens an irgendwas in die Luft sprenge.

So ist sie aber die Welt.

So absurd finde ich das gar nicht. Auch unter nichtreligiösen Menschen wären einige dazu bereit, zur Verteidigung beispielsweise der Menschenrechte zur Waffe zu greifen. Die Menschenrechte sind jedoch ebenfalls eine Fiktion, die wir uns selbst ausgedacht haben.

Der Glaube an sie bringt uns zu der felsenfesten Überzeugung, dass man Bürger wie Raif Badawi nicht öffentlich totschlagen dürfe, um sie für die Übertretung religiöser Gebote zu bestrafen. Wer von uns fühlt nicht den Impuls, den armen Kerl notfalls mit Waffengewalt da raus zu holen oder rausholen zu lassen? Haben wir nicht das Recht, vielleicht sogar die menschliche Pflicht, ihn zu befreien?

Man darf meiner Meinung nach nicht dem Irrtum verfallen, die ganzen Attentäter seien verrückt. Denn das sind sie nicht. Muhamad Atta und seine Mitstreiter, die in die Türme des World Trade Centers rasten, waren nicht verrückt, sondern vermutlich sehr intelligent. Sie waren aber auch sehr religiös.

captainbeefheart
12.10.2017, 22:00
...

Denn das sind sie nicht. Muhamad Atta und seine Mitstreiter, die in die Türme des World Trade Centers rasten, waren nicht verrückt, sondern vermutlich sehr intelligent. Sie waren aber auch sehr religiös.

Ach so. Und woher weißt Du das? Kanntest Du sie?

Jörn
12.10.2017, 22:17
Hallo beef! Mich würde Deine Meinung interessieren, denn damit hältst Du ja bei solchen Manövern gerne hinterm Berg (no offense!):

Waren die berühmtesten islamistischen Attentäter des Jahrhunderts, die in der Lage waren, Passagierflugzeuge präzise zu navigieren, religiös und intelligent? Und muss man sie für eine Einschätzung persönlich gekannt haben?

captainbeefheart
12.10.2017, 22:30
Hallo beef! Mich würde Deine Meinung interessieren, denn damit hältst Du ja bei solchen Manövern gerne hinterm Berg (no offense!):

Waren die berühmtesten islamistischen Attentäter des Jahrhunderts, die in der Lage waren, Passagierflugzeuge präzise zu navigieren, religiös und intelligent? Und muss man sie für eine Einschätzung persönlich gekannt haben?

Das kann ich nicht beurteilen, ich bin kein Profiler.

Ebensowenig kann ich beurteilen, dass sie "nicht verrückt" waren, ich bin kein Psychiater und wenn ich einer wäre, würde ich keine Ferndiagnose stellen.

keko#
12.10.2017, 22:35
Ich glaube nicht so recht, dass Du das könntest. Es ist eine sehr schwierige Frage. Sie zielt nicht nach dem Sinn, den Du persönlich in Deinem privaten Glauben siehst. Sondern sie fragt nach dem Sinn, welche die christliche Religion unserer Existenz beimisst.

Ich könnte sehr wohl dazu etwas schreiben (habe es in Ansätzen auch schon), verkneife es mir aber, weil es letztendlich wieder auf Wahrheit und Wissenschaft geprüft wird und den üblichen Weg geht.
Mir geht auch die Fragerei auf den Wecker, die letztendlich nur dazu dient, altbekannte Argrumente gegen Religion und Glauben zu verbreiten.
Vielleicht können wir ja mal deinen Glauben unter die Lupe nehmen und auf Wahrheit und wissenschaftlich prüfen?
Mein Chef z.B. glaubt an Wachstum, mein Nachbar, dass seine Frau ihn liebt (wenn der wüßte..). Mein Arbeitskollege an den DAX (obwohl er nach eigener Aussage in der Finanzkrise 100.000€ verloren hat), der Liberale an die Freiheit. Ein anderer an die Vernunft der Menschheit (hahaha....). An was du? Vielleicht an den Mythos Hawaii? ;) (nicht wenige schauen beim Zieleinlauf nach oben und strecken sogar ihre Arme in den Himmel, warum der Quatsch? - warum nicht nach unten??)
Der Mensch ist auf Glaube programmiert, weil Glaube im Kern viel mit Vertrauen zu tun hat. An eine Verbindung zu etwas Übergeordnetem. Das eint meinen Chef mit meinem Nachbarn und meinem Arbeitskollegen und einige Hawaii-Finisher übermorgen.

Jörn
12.10.2017, 22:53
Hallo keko, es wäre vermutlich hilfreich, wenn nicht absichtlich die Begriffe so verwirrt würden, dass jede Debatte zwecklos wird.

Dein Chef „glaubt“ nicht an Wachstum, sondern findet ihn für seine Ziele nützlich. Und Dein Kollege „glaubt“ nicht an den DAX, sondern sieht darin eine Maßeinheit. Ebensogut könntest du sagen, Deine Nachbarin „glaubt“ an das Wetter, weil sie gerne bei Sonnenschein spazieren geht.

Und selbst wenn Dein Chef innig an „das Wachstum“ glauben und dafür eine Kapelle errichten würde, wäre damit noch nicht bewiesen, dass es klug wäre, und auch nicht, dass deswegen der Glaube an Maria & Josef plausibel wäre.

Bitte vermische außerdem nicht „Glaube“ mit „Vertrauen“ oder „Erwartung“, oder lege wenigstens dar, warum die Begriffe nach Deiner Auffassung synonym sein sollten.

Deine Ansichten zum „Sinn von allem“ würden mich nach wie vor interessieren.

:Blumen:

Klugschnacker
12.10.2017, 23:03
Ich könnte sehr wohl dazu etwas schreiben (habe es in Ansätzen auch schon), verkneife es mir aber, weil es letztendlich wieder auf Wahrheit und Wissenschaft geprüft wird und den üblichen Weg geht. Mir geht auch die Fragerei auf den Wecker, die letztendlich nur dazu dient, altbekannte Argrumente gegen Religion und Glauben zu verbreiten.

Entschuldige bitte, dass ich mich erkundigt habe. Wenn Du sagst, Du könntest die Sinnfrage des christlichen Weltbildes beantworten, dann ist das interessant für diese Debatte. Da magst Du mir dann bitte nachsehen, dass ich nachhake.
:Blumen:

Dabei geht es nicht um Deine private Version des Christentums, das habe ich mehrfach ausdrücklich betont. Sondern um die offizielle Position der Kirche(n).

Warum verwahrst Du Dich dagegen, den Sinn der Welt, wie ihn die christliche Religion sieht, einer kritischen Diskussion zu unterziehen?

Wir Menschen sehen uns heute in einem gigantischen Kosmos mit mehreren hundert Milliarden Galaxien wie unsere Milchstraße, jede davon mit hundert Milliarden Sternen, in einer über dreizehn Milliarden Jahre währenden Geschichte. Wir sehen schöne Dinge, aber auch unfassbares Leid und unerträgliches Unrecht. Und der Sinn von alldem ist so ein scheues Reh, dass sich jeder kritische Einwand verbietet? Ist der Sinn unserer Existenz und die Rechtfertigung allen Leids so eine sensible Sache, dass man sie nicht diskutieren kann?

MattF
13.10.2017, 08:09
Man darf meiner Meinung nach nicht dem Irrtum verfallen, die ganzen Attentäter seien verrückt. Denn das sind sie nicht. Muhamad Atta und seine Mitstreiter, die in die Türme des World Trade Centers rasten, waren nicht verrückt, sondern vermutlich sehr intelligent. Sie waren aber auch sehr religiös.

Was ist mit Anis Amri oder dem Typ der in Las Vegas rum geballert hat?
Waren die verrückt oder auch nicht verrückt?

Es gibt schon einen Unterschied in meinen Augen ob ich die Menschenrechte verteidige und z.b. eine Tyrannenmord begehe oder ein islamistisches oder auch fundamental christliches Terrorattentat (auf Unschuldige) begehe.
Im übrigen schließt Intelligenz Verrücktheit nicht aus.


Natürlich sind die Menschenrechte eine Fiktion/Idee, bzw. ich würde sie als Modell begreifen.
Sie sind ein Modell wie für jeden Mensch ein möglichst gutes Leben heraus kommen kann, wobei was ein gutes Leben ist, natürlich auch eine "willkürliche" Festlegung ist.
Andere Modelle stellen das Kollektiv über das Individuum.

Die Menschrechte sind aber ein Modell was bewiesen hat, dass es einigermassen funktioniert, genauso wie der Benzinmotor bewiesen hat, dass er zum Antrieb eines Autos nutzt.

Helmut S
13.10.2017, 08:28
Servus Beieiander!

Das halte ich für eine Immunisierungshaltung der Religionen.


Ein klares Jein. Du hast m.E. völlig recht, dass diese Positionen gegen Argumente Immun machen. Ich kann mir vorstellen, dass die Religions- und Kirchenvertreteter nichtr direkt traurig darüber sind. Ich habe allerdings so meine Zweifel, ob es sich dabei wirklich um einen Aktiven Ansatz handelt. Vielmehr denek ich, dass vielend er Behauptungen eine "Unprüfbarkeit" - im erkenntnistheoretischen Sinne innewohnt. So nach dem Motto: Gott hat sich so gut versteckt, dass wir ihn nicht fidnen können ;) Oder wengisten so ähnlich.


Meinst Du wirklich, die Religionsvertreter würden diese Indizien zurückweisen, weil sie aus der Wissenschaft kommen, und damit aus der falschen Domäne? Ich kann mir das kaum vorstellen.
:Blumen:

Ich auch nicht - da wäre Russendisko angesagt - 100%ig :Lachanfall:

Wären die Kirchen nicht so impertinent gegenüber Frauen, Andersgläubigen, Nichtglaubenden, Geschiedenen, Wiederverheirateten, gleichgeschlechtlich liebenden Menschen, oder Menschen anderer Meinung, würde es mich wahrscheinlich nicht sehr interessieren, was sie über Teufel, Engel und heilige Geister sagen.


100% d'accord! Mich interessiert allerdings - abgesehen vielleicht von aktiven Rückfällen in ein längst ruhendes Interessengebiet der Philosophie - so oder so nicht, was sie über Teufel, Engel und heilige Geister sagen.


Von diesem Motiv abgesehen, interessiert mich, was wahr ist, oder genauer: was ich für wahr halten kann, was mich überzeugt. Ich finde das einfach spannend. Ich akzeptiere es aber, wenn jemand zu einem anderen Ergebnis kommt als ich; bspw. Zarathustra.
[/QUOTE]

Ich poste am Ende des Textes nen Link zu nem Interview mit Richard David Precht auf der Frankfurter Buchmesse. Hoch interessant und auch hoch amüsant! Passt hierzu und überhaupt in den Thread.

Jetzt ist aber doch nach the world famous „Abgrenzungsproblem“ die prinzipielle Falsifizierbarkeit das Hauptkriterium empirische Wissenschaft vom Rest zu unterscheiden, oder?


Schon - und nicht nur das. Popper hat Kriterien aufgestellt, nach dem Sätze u.a in empirisch, methapysisch, synthetisch, analystisch aufgeteilt werden und wie man empirische WIssenschaft einerseits von reiner Mathematik, Logik und Scheinwissenschaften abgrenzen kann. Die Falisifikation und auch die Verifikation meine ich (Prüfbarkeit i.A.) hat er da als "Werkzeug vorgeschlagen". Aber ehrlich: Das ist alles schon nciht eifnach so zu schreiben. Ich weiß das alles auch nicht mehr so genau. Mit Philosophie und dem Zeugs is es wie mit Sport: Man muss es täglich betreiben sonst verlernt man es. Ich hab auch schon vieles vergessen muss ich sagen und ich frage mich die letzten Tage oft: Wie war das nochmal? :(




Wie wäre dann diese Verbindung:
All-Aussagen/generelle Aussagen sind nicht eindeutig und final zu verifizieren, aber durch einen einzige Gegen-Fall zu widerlegen. Aus dieser logischen Beobachtung folgt dann für Popper die Falsifikation als Prinzip (die „black swan“ Beobachtung).


Das ist das was ich zu Arnes Beitrag geschrieben habe: Da kommt es unglaublich auf das Sprachliche an. Ich erinnere mich an das Schwan-Thema nur insofern, dass es immer(?) als Beispiel diente Unterschiede zwischen Kontradiktionen, Tautologien, Allgemeinen und besonderen Sätzen aufzuzeigenund zu zeigen in welche der Gruppen eine solche Hypothese fallen würde. Ob daraus nun tatsächlich die Falsifikation folgert, bin ich nicht sicher. Ehr wohl das Prinz der Prüfbarkeit - aber wie gesagt: Phuuuu ....

Hier also der Link zu youtube: https://www.youtube.com/watch?v=e3DMfhchAKQ und ab ins Meeting ;)

Liebe Grüße Helmut

Klugschnacker
13.10.2017, 09:01
Was ist mit Anis Amri oder dem Typ der in Las Vegas rum geballert hat? Waren die verrückt oder auch nicht verrückt?

Ich weiß es nicht. Um es herauszufinden, würde ich die jeweiligen Motive untersuchen, die der Tat zugrunde lagen.

Nehmen wir als Beispiel Martin Luther. Er galt zu seiner Zeit als kluger Mann, der nicht verrückt war. Würde man ihn jedoch durch eine Zeitmaschine in unsere heutige Zeit versetzen, fiele das Urteil vielleicht anders aus. Was er an Hirngespinsten über Frauen, Behinderte, Juden, Hexen und Zauberer verzapfte, wäre im heutigen Kontext an der Grenze zur Geisteskrankheit. Dazu noch seine Behauptungen, der Teufel sei ihm mehrfach in seinem Arbeitszimmer erschienen... Lebte er heute mit denselben Überzeugungen zwischen uns, würden wir uns Sorgen machen, der arme Kerl sei verrückt geworden.

Zu seiner Zeit war es aber eher umgekehrt: Es war ein Ausweis von Geisteskrankheit, an der Existenz des Teufels, der Hölle, der Schöpfung oder der Dreifaltigkeit zu zweifeln. In der Hölle zu landen, war eine konkrete und ernstzunehmende Bedrohung, der sich die Menschen damals ausgesetzt sahen. Wunder waren ebenso eine Selbstverständlichkeit, wie durch menschliches Fehlverhalten ausgelöste Naturkatastrophen wie Erdbeben oder Dürreperioden.

Kurz: Wir würden im Fall von Martin Luther berücksichtigen, in welchem Kontext er lebte. In diesem Kontext war er nicht verrückt. Wir können festhalten, dass er ordentlich log, denn der Teufel ist ihm wohl nicht wirklich erschienen, aber verrückt war er nicht.

Ich finde es schwierig, das von einem Überzeugungstäter einer anderen Ideologie zu unterscheiden. Mir scheint, dass Luther, Atta, Gandhi, Stalin, Locke usw. alle das Gute wollten. Diese Absicht haben sie gemeinsam. Die unterschiedlichen Bewertungen kommen durch das nachträgliche Anlegen unserer eigenen Wertmaßstäbe zustande.

(Ich entschuldige mich vorsorglich bei allen, denen die Nennung der oben genannten Personen im selben Satz, und ihr Vergleich miteinander, sauer aufstößt. Ich möchte niemanden brüskieren. Mir geht es nur um die Verdeutlichung meines Arguments.)
:Blumen:

MattF
13.10.2017, 09:21
Ich finde es schwierig, das von einem Überzeugungstäter einer anderen Ideologie zu unterscheiden. Mir scheint, dass Luther, Atta, Gandhi, Stalin, Locke usw. alle das Gute wollten. Diese Absicht haben sie gemeinsam. Die unterschiedlichen Bewertungen kommen durch das nachträgliche Anlegen unserer eigenen Wertmaßstäbe zustande.



Kann man wirklich das Gute wollen und wie Stalin Millionen Menschen ermorden (lassen)?

Gibt es da wirklich keinen objektiven Bewertungsfaktor?

captainbeefheart
13.10.2017, 09:34
Ich weiß es nicht. Um es herauszufinden, würde ich die jeweiligen Motive untersuchen, die der Tat zugrunde lagen.

...

Warum schreibst Du dann wenige Posts vorher, dass die 9/11 Attentäter "nicht verrückt" waren?

captainbeefheart
13.10.2017, 09:46
...

Ich finde es schwierig, das von einem Überzeugungstäter einer anderen Ideologie zu unterscheiden. Mir scheint, dass Luther, Atta, Gandhi, Stalin, Locke usw. alle das Gute wollten. Diese Absicht haben sie gemeinsam. Die unterschiedlichen Bewertungen kommen durch das nachträgliche Anlegen unserer eigenen Wertmaßstäbe zustande.

...

Entschuldigung bitte, das ist eine ziemlich despektierliche Aussage: Es gab auch schon im zur Zeit des Regimes von bspw. Stalin sehr unterschiedliche Bewertungen seiner "guten" Absicht. Das hat etliche davon auch ins Grab gebracht.

keko#
13.10.2017, 14:38
Hallo keko, es wäre vermutlich hilfreich, wenn nicht absichtlich die Begriffe so verwirrt würden, dass jede Debatte zwecklos wird.

Dein Chef „glaubt“ nicht an Wachstum, sondern findet ihn für seine Ziele nützlich. Und Dein Kollege „glaubt“ nicht an den DAX, sondern sieht darin eine Maßeinheit. Ebensogut könntest du sagen, Deine Nachbarin „glaubt“ an das Wetter, weil sie gerne bei Sonnenschein spazieren geht.

Und selbst wenn Dein Chef innig an „das Wachstum“ glauben und dafür eine Kapelle errichten würde, wäre damit noch nicht bewiesen, dass es klug wäre, und auch nicht, dass deswegen der Glaube an Maria & Josef plausibel wäre.

Bitte vermische außerdem nicht „Glaube“ mit „Vertrauen“ oder „Erwartung“, oder lege wenigstens dar, warum die Begriffe nach Deiner Auffassung synonym sein sollten.

Deine Ansichten zum „Sinn von allem“ würden mich nach wie vor interessieren.

:Blumen:

Ich habe dich mittlerweile 4x gefragt, ob und an was du glaubst. Ich fände nämlich interessant zu hören, ob Atheisten glauben und an was.
Auch Klugschnacker weicht dieser Frage aus. Wahrscheinlich ist sie zu persönlich oder auch zu einfach :Cheese: Entsprechend antworte ich auch nach persönlichem Belieben. :Blumen:

keko#
13.10.2017, 14:41
Warum verwahrst Du Dich dagegen, den Sinn der Welt, wie ihn die christliche Religion sieht, einer kritischen Diskussion zu unterziehen?

Mach ich doch gar nicht. Aber wieso soll ich die offizielle Meinung der Kriche hier diskutieren? Mein Glaube ist individuell und das ist auch gut so.

LidlRacer
13.10.2017, 14:50
Ich habe dich mittlerweile 4x gefragt, ob und an was du glaubst. Ich fände nämlich interessant zu hören, ob Atheisten glauben und an was.
Auch Klugschnacker weicht dieser Frage aus. Wahrscheinlich ist sie zu persönlich oder auch zu einfach :Cheese: Entsprechend antworte ich auch nach persönlichem Belieben. :Blumen:

Die Frage wurde mehrfach beantwortet.
Atheisten haben keinen Glauben, der mit dem Religiösen vergleichbar ist - ich jedenfalls nicht. Wenn ich etwas glaube, dann hat das Wort eine völlig andere Bedeutung.

captainbeefheart
13.10.2017, 15:08
Die Frage wurde mehrfach beantwortet.
Atheisten haben keinen Glauben, der mit dem Religiösen vergleichbar ist - ich jedenfalls nicht. Wenn ich etwas glaube, dann hat das Wort eine völlig andere Bedeutung.

Ich bin da ganz bei keko.

Atheisten glauben nicht an Gott. Sie bewegen sich aber auch in Feldern, in denen es eine absolute Wahrheit offensichtlich nicht gibt und damit Überzeugungen und Glaubenssätze eine Rolle spielen.

Kandidaten sind z.B. Freiheit, Autonomie, (Eigen-)Verantwortung, Liebe etc.

Was dann z.B. bzgl. "Liebe" ausgeführt wurde, war dann, na ja, eher niedlich.

waden
13.10.2017, 15:40
Atheisten glauben nicht an Gott. Sie bewegen sich aber auch in Feldern, in denen es eine absolute Wahrheit offensichtlich nicht gibt und damit Überzeugungen und Glaubenssätze eine Rolle spielen.


Ich halte Dinge für wichtig, wünschenswert; ich habe ich zu anderen Menschen Vertrauen; ich vertraue auch darauf, morgen wieder aufzuwachen . Hier spielen auch Emotionen eine Rolle - aber "Glauben" nenne ich das nicht. Ich kann momentan keinen Glaubenssatz in meiner atheistischen Haltung erkennen. Kannst Du bitte ein Beispiel geben für Glaubenssätze, ohne die Atheisten nicht auskommen?

Klugschnacker
13.10.2017, 15:56
Mein Glaube ist individuell und das ist auch gut so.

Gegen Deinen persönlichen Glauben hat ja keiner was. Wenn er die Frage nach dem Sinn der Existenz für Dich beantwortet, finde ich das gut!
:Blumen:

(Ich sehe Dich übrigens nicht als einen Gläubigen. Wenn ich den Satz zu vervollständigen hätte: "keko glaubt an …", wäre ich in Schwierigkeiten. Vielleicht eine Energie oder Macht, die den Urknall bewirkt hat. Mir scheint, Du schätzt den Glauben oder die Religionen wegen ihrer Wirkungen, nicht aufgrund ihrer Ursachen. Wenn der Glaube Halt gibt, Traditionen bildet oder Sinn stiftet, ist es zweitrangig, ob die Götter und Teufel wirklich existieren. – Mir geht es umgekehrt, mich interessieren die Ursachen mehr als die Wirkungen.)
:Blumen:

LidlRacer
13.10.2017, 15:58
Was dann z.B. bzgl. "Liebe" ausgeführt wurde, war dann, na ja, eher niedlich.

So lange ich kein 99,999%ig nicht existentes Wesen liebe, sehe ich keinerlei Zusammenhang zum religiösen Glauben.
Aber ich glaube (:)), das hatten wir alles schon.

captainbeefheart
13.10.2017, 16:04
Ich halte Dinge für wichtig, wünschenswert; ich habe ich zu anderen Menschen Vertrauen; ich vertraue auch darauf, morgen wieder aufzuwachen . Hier spielen auch Emotionen eine Rolle - aber "Glauben" nenne ich das nicht. Ich kann momentan keinen Glaubenssatz in meiner atheistischen Haltung erkennen. Kannst Du bitte ein Beispiel geben für Glaubenssätze, ohne die Atheisten nicht auskommen?

Ob der einzelne Atheist damit auskommt oder nicht, weiß ich nicht, das muss jeder für sich wissen (oder auch nicht). Für mich sind es Glaubenssätze, wie z.B.:

Meine Frau liebt mich.
Ich liebe meine Frau.
Es gibt einen freuen Willen.
Jeder ist seines Glückes Schmied.
usw.

Die Frage von keko war aber nicht woran ICH glaube, sondern woran Klugschnacker und Jörn, wenn ich das richtig verfolgt habe.

Trimichi
13.10.2017, 16:19
Ich bin da ganz bei keko.

Atheisten glauben nicht an Gott. Sie bewegen sich aber auch in Feldern, in denen es eine absolute Wahrheit offensichtlich nicht gibt und damit Überzeugungen und Glaubenssätze eine Rolle spielen.





zu 9/11. Wenn man Kuhhirten ihr Land wegnimmt und auch nur deswegen, damit man sich seinen eigenen arroganten zum Himmel stinkenden Luxus finanzieren kann (Öl), muss es da nicht wundern, wenn sich diese Kuhhirten irgendwann mal zur Wehr setzten?

Wer spendet eigentlich das Recht die Terroristen als solche zu be- und verurteilen? In der arabischen Welt sind es Helden. Wenn nicht das Christliche Fundament.

Wir hatten das hier schon mal und ich begrüße den Einwurf von MattF. Wer sagt eigentlich welcher Filter der richtige ist? Wer legt fest was richtig und falsch und was objektiv richtig ist?

Die Wissenschaftler hier meinen die Irrelevanz von Moral in der Religion belegen zu können, und behaupten zugleich im Besitz der Wahrheit zu sein ohne das selbst an sich belegen zu müssen. Das nennt man Doppelmoral.

Was sagt die Psychologe zum Double-Standard grundsätzlich?

Klugschnacker
13.10.2017, 16:36
Wer legt fest was richtig und falsch und was objektiv richtig ist?

Wenn’s unfehlbar sein soll, müsste der Papst ran. :Lachen2:

Ansonsten müssen wir Menschen die moralischen Fragen untereinander aushandeln. :Blumen:

waden
13.10.2017, 17:04
Für mich sind es Glaubenssätze, wie z.B.:
Meine Frau liebt mich.
Ich liebe meine Frau.
Es gibt einen freuen Willen.
Jeder ist seines Glückes Schmied.
usw.


An meinem freuen Willen freie ich mich am meisten ;-)
Das halte ich für Annahmen, Erwartungen, Hoffnungen - aber auf diese Haltungen den Begriff des religiösen Glaubens anzuwenden a la "jeder glaubt an irgendwas", ist m.E. eine wenig zielführende Aufweichung des Begriffs.

captainbeefheart
13.10.2017, 17:15
An meinem freuen Willen freie ich mich am meisten ;-)
Das halte ich für Annahmen, Erwartungen, Hoffnungen - aber auf diese Haltungen den Begriff des religiösen Glaubens anzuwenden a la "jeder glaubt an irgendwas", ist m.E. eine wenig zielführende Aufweichung des Begriffs.

Der Duden führt "annehmen" und "glauben" als Synonyme und ich verwende es ebenso. Und ich glaube tatsächlich, dass jeder an etwas glaubt. Das muss nicht immer ein religiöser Glaube sein. Nehme ich zumindest an.

Klugschnacker
13.10.2017, 17:42
Wir diskutieren hier den religiösen Glauben, oder habe ich diesen Thread bisher missverstanden?

"Ich glaube/vertraue darauf/nehme an, dass es morgen früh wieder hell wird" ist kein Glaube in diesem Sinne.


Die Kirchen haben zweitausend Jahre lang Zeit gehabt um herauszuarbeiten, worin der christliche Glaube eigentlich besteht, was sein Inhalt ist und worauf er sich bezieht. Als Kurzfassung haben sie das Glaubensbekenntnis formuliert:

Ich glaube an Gott,
den Vater, den Allmächtigen,
den Schöpfer des Himmels und der Erde.

Und an Jesus Christus,
seinen eingeborenen Sohn, unsern Herrn,
empfangen durch den Heiligen Geist,
geboren von der Jungfrau Maria,
gelitten unter Pontius Pilatus,
gekreuzigt, gestorben und begraben,
hinabgestiegen in das Reich des Todes,
am dritten Tage auferstanden von den Toten,
aufgefahren in den Himmel;
er sitzt zur Rechten Gottes,
des allmächtigen Vaters;
von dort wird er kommen,
zu richten die Lebenden und die Toten.

Ich glaube an den Heiligen Geist,
die heilige katholische (christliche/allgemeine) Kirche,
Gemeinschaft der Heiligen,
Vergebung der Sünden,
Auferstehung der Toten
und das ewige Leben.
Amen.

Trimichi
13.10.2017, 18:43
Wenn’s unfehlbar sein soll, müsste der Papst ran. :Lachen2:

Ansonsten müssen wir Menschen die moralischen Fragen untereinander aushandeln. :Blumen:

Hehe, jetzt habe ich dich.
Du hast geschrieben, Atta ist ein Terrorist. Das kannst du auch nur schreiben, weil der christliche Westen diese Taten als solche deklariert. In Arabien haben sie Freudentänze aufgeführt und an den Stränden Sandburgen mit in Türmen steckenden Flugzeugen gebaut. Was haben die sich dort gefreut. Alles Kuhhirten ohne Hirn? Und wo bleibt das Neutralitätsdiktat der Wissenschaft? Und wer weiss was sich asiatische Topmanager gedacht haben? Als Atheist solltest du einen unabhängigeren, wissenschaftlichen Standpunkt vertreten. Wie zum Beispiel, dass 9/11 die Hervorbringung neuer Sicherheits- und Überwachungstechnologien vorangetrieben hat und sodurch die Welt noch berechenbarer wurde.

In der Psychologie spricht man explizit von Framing. Du urteilst auf Grund eines christlichem Bezugrahmens. ;)

Natürlich sind es Terroristen, wenn man Christ ist. Wie denken nun gleich nochmal die Juden über 9/11:confused: :Lachen2:

captainbeefheart
13.10.2017, 19:00
Wir diskutieren hier den religiösen Glauben, oder habe ich diesen Thread bisher missverstanden?

"Ich glaube/vertraue darauf/nehme an, dass es morgen früh wieder hell wird" ist kein Glaube in diesem Sinne.

...

Täuscht mich meine Wahrnehmung, dass einerseits klare Definitionen und Begriffsbestimmungen von Dir als unnötige Haarspalterei gedeutet werden, andererseits aber klare begriffliche Grenzen gezogen werden (Religion = Kirche, Klerus, Papst) - und zwar immer dann, wenn es in Deine Argumentstion passt?

Ich frage, weil mir seit einiger Zeit der Begriff Immunisierung geläufig ist.

schoppenhauer
13.10.2017, 19:21
Mir geht es nicht um den einzelnen Gläubigen. Glauben ist Privatsache, da soll jeder glauben was er will. Ich möchte lediglich die Autorität der Kleriker infrage stellen, wenn sie ihre Unverschämtheiten gegenüber Andersdenkenden vom Stapel lassen. Wären die Kirchen nicht so impertinent gegenüber Frauen, Andersgläubigen, Nichtglaubenden, Geschiedenen, Wiederverheirateten, gleichgeschlechtlich liebenden Menschen, oder Menschen anderer Meinung, würde es mich wahrscheinlich nicht sehr interessieren, was sie über Teufel, Engel und heilige Geister sagen.



Ich hab das hier nur noch am Rande mitverfolgt, aber es geht euch beiden offensichtlich vor allem um das christentum. Ihr wirkt geradezu besessen, ohne den Grund dafür preis zu geben.

Wie ist eure Meinung zum Islam? Was mich an dieser Religion wirklich ankotzt ist, dass keiner der Würdenträger bislang die abscheulichen Attentate der Dschihadisten im Namen Allahs verurteilt hat. Die Hierarchie schweigt konsequent, das stört mich!

Jörn
13.10.2017, 19:25
Ich finde ebenfalls, dass sich die Debatte um religiösen Glauben dreht und nicht um Aussagen wie: „Ich glaub‘, der Zug fährt von Gleis 4“. In der Alltagssprache ist dieser vage Gebrauch des Ausdrucks üblich, aber wir wissen doch genau, dass wir in dieser Debatte eine bestimmte Bedeutung meinen (nämlich die religiöse Bedeutung) und keine andere.

@keko:

Ich finde religiösen Glauben per se fragwürdig, weil es meist nichts anderes ist als eine Abwehr: „Das muss ich nicht begründen, das ist mein Glaube!“ Beispiel: Volker Kauder (CDU) hat in der Debatte für die „Ehe für alle“ zwar bekannt gegeben, dass er dagegen ist, aber eine Begründung hat er verweigert — das sei eben sein Glaube.

Vielleicht nimmt die „allgemeine Bevölkerung“ an, dass die rechtliche Situation von Homosexuellen in den letzten Jahrzehnten gut begründet war, egal ob man persönlich dieser Begründung zustimmt. Aber man würde wohl annehmen, dass es eine Begründung gibt. Aber eine Begründung wurde nie gegeben, außer: „Pech, das ist eben mein Glaube. Ätsch!“

Wenn Atheisten neuerdings darauf bestehen, dass der Glaube a) klar formuliert und b) auf Plausibilität geprüft wird, dann gilt das als Affront und Tabubruch.

Du fragst mich immer wieder, woran ich glauben würde, und Du akzeptierst meine Antwort einfach nicht. Vielleicht kannst Du anhand der obigen Begründung nachvollziehen, warum ich den religiösen Glauben per se ablehne. Ich lehne ihn ab, weil er sich einer Begründung und Prüfung entzieht, und das ist schlecht.

Ich stehe auf dem Standpunkt, dass wir heute über genügend Wissen verfügen, um die Plausibilität aller Religionen einschätzen zu können. Glaube ist nicht erforderlich, denn Wissen steht zur Verfügung.

Trimichi
13.10.2017, 19:28
Noch eine Kleinigkeit.

Damit die im Luxus schwimmenden Triathleten ihre Ausfahrten auf dem Carbonbike möglichst ohne auf die Landkarte zu schauen durchführen können u.a. hat man zig Satelliten ins All geschossen. Toll, was die Wissenschaft kann, toll, wirklich ganz toll. wenn man bedenkt wie viele Menschen für das überflüssige Spielzeug ausgebeutet werden in der dritten Welt (man denke nur einmal an die Förderung von Rohstoffen zur Halbleiterproduktion in der dritten Welt).

Wie kann man als Wissenschaftler eigentlich behaupten, dass die Wissenschaft eine saubere Sache ist? Vor nicht all zu langer Zeit haben Wissenschaftler zu Zwecken der Forschung tausendfach Schädel aufgesägt am lebenden Objekt und so durch die Grundlage der Neuroanatomie wie wir sie heute kennen gelegt (!).

Auch davon wollen Wissenschaftler nichts wissen. Ebenso wenig von Experimenten an Tieren.

Ein weiterer Fall von Doppelmoral tut sich auf. Vermutlich wird jetzt argumentiert mit: ja, aber. Insofern, dass man so etwas als Wissenschaftler nicht unterstützt hätte.

Wie kann man also dann hergehen und alle, die an Religion festhalten mit der blutigen Historie konfrontieren, vor der eigenen blutigen Historie jedoch die Augen verschließen?

So hat doch jeder seinen eigenen Privatglauben, wie keko so schön aufzeigt. Eine subjektive verstellte Sicht auf die Arbeit, Objektivität wollte ich schreiben. Wer etwas anderes behauptet ist kein Mensch, so viel steht definitiv fest.

Jörn
13.10.2017, 19:30
Ich hab das hier nur noch am Rande mitverfolgt, aber es geht euch beiden offensichtlich vor allem um das christentum. Ihr wirkt geradezu besessen, ohne den Grund dafür preis zu geben.

Der Grund wurde oft genannt. Der Grund ist, dass das Christentum in Deutschland gesellschaftlich wirksam und daher relevant ist.

Was mich an dieser Religion wirklich ankotzt ist, dass keiner der Würdenträger bislang die abscheulichen Attentate der Dschihadisten im Namen Allahs verurteilt hat. Die Hierarchie schweigt konsequent, das stört mich!

Es haben sich zahlreiche islamische Würdenträger gegen den islamistischen Terrorismus ausgesprochen, sowohl in Deutschland als auch anderswo. In Frankfurt war ich Zeuge von entsprechenden Kundgebungen.

captainbeefheart
13.10.2017, 19:34
Noch eine Kleinigkeit.

Damit die im Luxus schwimmenden Triathleten ihre Ausfahrten auf dem Carbonbike möglichst ohne auf die Landkarte zu schauen durchführen können u.a. hat man zig Satelliten ins All geschossen. Toll, was die Wissenschaft kann, toll, wirklich ganz toll. wenn man bedenkt wie viele Menschen für das überflüssige Spielzeug ausgebeutet werden in der dritten Welt (man denke nur einmal an die Förderung von Rohstoffen zur Halbleiterproduktion in der dritten Welt).

Wie kann man als Wissenschaftler eigentlich behaupten, dass die Wissenschaft eine saubere Sache ist? Vor nicht all zu langer Zeit haben Wissenschaftler zu Zwecken der Forschung tausendfach Schädel aufgesägt am lebenden Objekt und so durch die Grundlage der Neuroanatomie wie wir sie heute kennen gelegt (!).

Auch davon wollen Wissenschaftler nichts wissen. Ebenso wenig von Experimenten an Tieren.

Ein weiterer Fall von Doppelmoral tut sich auf. Vermutlich wird jetzt argumentiert mit: ja, aber. Insofern, dass man so etwas als Wissenschaftler nicht unterstützt hätte.

Wie kann man also dann hergehen und alle, die an Religion festhalten mit der blutigen Historie konfrontieren, vor der eigenen blutigen Historie jedoch die Augen verschließen?

So hat doch jeder seinen eigenen Privatglauben, wie keko so schön aufzeigt. Eine subjektive verstellte Sicht auf die Arbeit, Objektivität wollte ich schreiben. Wer etwas anderes behauptet ist kein Mensch, so viel steht definitiv fest.

Trimichi, Jörn hat doch klar gestellt, dass es die Ingenieure sind, die sowas machen. Wissenschaftler tun so etwas nicht, die sind nur an der Wahrheit interessiert. Verstehst Du das nicht?

schoppenhauer
13.10.2017, 19:35
Es haben sich zahlreiche islamische Würdenträger gegen den islamistischen Terrorismus ausgesprochen, sowohl in Deutschland als auch anderswo. In Frankfurt war ich Zeuge von entsprechenden Kundgebungen.

Ok, Würdenträger ist ein dehnbarer Begriff. Wer aus der Spitze der islamischen Hierarchie hat je diesen Terror deutlich verurteilt?

Klugschnacker
13.10.2017, 19:39
Täuscht mich meine Wahrnehmung, dass einerseits klare Definitionen und Begriffsbestimmungen von Dir als unnötige Haarspalterei gedeutet werden, ...

Ja, da täuschst Du Dich.

Es ist in einer Debatte gut, sich um eine klare Ausdrucksweise zu bemühen. Falls ich diesbezüglich unter dem Durchschnitt liege, bitte ich um Entschuldigung.
:Blumen:

Klugschnacker
13.10.2017, 19:46
Hehe, jetzt habe ich dich. Du hast geschrieben, Atta ist ein Terrorist. Das kannst du auch nur schreiben, weil der christliche Westen diese Taten als solche deklariert. ... Du urteilst auf Grund eines christlichem Bezugrahmens.

Verwechselst Du mich möglicherweise mit einem anderen Diskussionsteilnehmer? Ich war es, der darauf hingewiesen hat, dass Atta innerhalb seines eigenen Wertesystems wahrscheinlich für das Gute gekämpft hat. Ein Terrorist oder Verrückter ist er aus dem Urteil eines anderen Wertesystems. – Bitte lies nochmal nach.
:Blumen:

Klugschnacker
13.10.2017, 19:56
Ihr wirkt geradezu besessen, ohne den Grund dafür preis zu geben.

Tut mir leid, wenn es auf Dich so wirkt. :Blumen:

Ich fühle mich von dem Thema keineswegs besessen. Im Wesentlichen interessiere ich mich für ganz andere Dinge, Religion liegt da eher am Rande. Aber das Interesse daran flammt immer mal wieder auf. Ich wusste nicht, dass Dich das stört.

Jörn
13.10.2017, 20:11
Ihr wirkt geradezu besessen, ohne den Grund dafür preis zu geben.

Ist der Papst besessen? Da er sich sein Leben lang rund um die Uhr in eine der zahlreichen Götter-Mythen verrannt hat? Würde man sagen, jemand ist besessen, wenn er sein Leben lang auf Liebe, Familie und Sex verzichtet, weil er glaubt, er sei die unberührte Braut Jesu Christi?

Sind Leute besessen, die sonntags in die Kirche gehen und dort ein Ritual zelebrieren, dessen Höhepunkt im Verzehr des wahrhaftigen Leibes Jesu Christi besteht?

Sind Priester besessen, weil sie überzeugt davon sind, der Schöpfer der Welt habe ausgerechnet sie dazu auserkoren, der Welt die Wahrheit zu verkünden und sie damit zu erretten?

Wie gelangst Du zu der Auffassung, ausgerechnet die Kritiker dieses Wahnsinns wären besessen?

captainbeefheart
13.10.2017, 20:15
Ich finde ebenfalls, dass sich die Debatte um religiösen Glauben dreht und nicht um Aussagen wie: „Ich glaub‘, der Zug fährt von Gleis 4“. In der Alltagssprache ist dieser vage Gebrauch des Ausdrucks üblich, aber wir wissen doch genau, dass wir in dieser Debatte eine bestimmte Bedeutung meinen (nämlich die religiöse Bedeutung) und keine andere.

....

Hier mal das Definitionsangebot von Klugschnacker:

"1. Eine Sache für wahr halten. ...

2. "So tun, als ob eine Sache wahr sei".... #8113

Hmm.

Jörn
13.10.2017, 20:19
Hallo beef, wenn Du möchtest, dass ich auf Deine Postings antworte, dann formuliere einen Standpunkt in der Sache.