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Vollständige Version anzeigen : Da fasse ich mir echt an den Kopf…


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Jörn
01.11.2017, 21:37
Nicht nur können Kinder schwer zwischen Wahrheit und Mythos unterschieden. Sondern ganz besonders schwer wird es, wenn ihnen ausdrücklich versichert wird, der Mythos wäre kein Mythos. Wenn ein Kind nämlich fragen würde: „Moment, ist das vielleicht nur ein Mythos?“, würde die Antwort lauten: „Nein“.

Hier kommt also noch die Autorität des Erwachsenen hinzu, sowie dessen Geschick, die tatsächliche Situation möglichst undurchschaubar zu gestalten.

Ich würde zu Arnes Schilderung mit den Gottesbegegnungen noch hinzufügen, dass keinem Religionslehrer jemals Gott begegnet ist. Der Religionslehrer weiß deswegen, dass die eifrige Zustimmung einiger Kinder ebenfalls nur gelogen ist. Er nimmt es in Kauf, weil es für die Kinder eine enorme Überzeugungskraft hat, wenn andere Kinder darüber berichten.

Klugschnacker
01.11.2017, 22:49
Der Religionslehrer weiß deswegen, dass die eifrige Zustimmung einiger Kinder ebenfalls nur gelogen ist.

Ich weiß, was Du meinst und stimme Dir zu. Doch das Wort "gelogen" finde ich bezüglich der Kinder zu hart. Deren Gefühle sind möglicherweise echt, und wer weiß, was sie sich unter dem Begriff "Gott" vorstellen. Vom Gottesbegriff der Theologen haben sie vermutlich keine Ahnung.

keko#
02.11.2017, 07:21
Ja, womöglich eröffnet es neue Wege und Sichtweisen. Aber warum erfährt man nichts über diese Wege und Sichtweisen? Das liegt ja nicht an den bösen Atheisten, sondern daran, dass die Gläubigen zuverlässig verstummen, sobald man sie danach befragt.
...
Ich würde gerne über „neue Wege und Sichtweisen“ sprechen, und falls Du das ebenfalls möchtest, werde ich brav zuhören und mich damit beschäftigen. :bussi:

Ein paar Zeilen weiter oben erklärt Vicky zum x-ten Mal, dass meine Sichtweise nicht zur Diskussion steht. Also warum sollte ich mich dazu äussern? Die offiziellen Sichtweisen kann man ja nachgoogeln.

keko#
02.11.2017, 07:29
Anlässlich des 500. Jubiläums Luthers 95 Thesen als Anschläge an die Kirche, wollte ich kurz mal erwähnen, wen wir da so feiern (https://www.theologe.de/martin_luther_juden.htm). Ich möchte damit lediglich darauf aufmerksam machen. War Martin Luther (https://www.theologe.de/theologe3.htm) überhaupt ein Reformator des Christentums? Sicher ja, aber nicht unbedingt zum besseren.

Ein paar Zitate:

...



Also trittst du diesen Feiertag auch in die Tonne? Was bleibt in deinem Atheisten-Kosmus überhaupt noch übrig? Ein paar bunte Christopher Street Days?
Schöne neue Atheisten-Welt -- mir graut es, je länger ich hier mitlese (mach ich sowieso nur noch alle paar Tage).

Jörn
02.11.2017, 07:59
Hallo keko, stimmst du Luthers Ansichten nun zu oder nicht, und sollten wir diese feiern oder nicht?

Würdest du sagen, dass es Dir graut vor Leuten, die Luthers Hexen- und Judenwahn ablehnen und ihn daher nicht feiern? So verstehe ich dein Posting.

Mein Eindruck ist, dass die Bevölkerung nicht eine einzige von Luthers angeblichen 95 Thesen kennt. Welche davon ist denn deine Lieblingsthese, die wir am meisten feiern sollten?

Vicky
02.11.2017, 08:15
Ich habe mir mal ein paar Dinge herausgepickt.

Widersprüche zwischen Martin Luther und Jesus von Nazareth

Luther:
Martin Luther fordert die Fürsten auf, die aufständischen Bauern zu töten
"Solch wunderliche Zeiten sind jetzt, dass ein Fürst den Himmel mit Blutvergießen verdienen kann, besser denn andere mit Beten ... Steche, schlage, würge hie[r], wer da kann. Bleibst du drüber tot, wohl dir, seliglicheren Tod kannst du nimmermehr überkommen. Denn du stirbst im Gehorsam göttlichen Wortes und Befehls."

(Wider die stürmenden Bauern, Weimarer Ausgabe der Lutherschriften (= WA) 18, S. 357-361)

Jesus von Nazareth:
Jesus weist auf das Gebot "Du sollst nicht töten" hin. Er lehrt die Versöhnung und das Zeigen von innerer Größe in einem Konflikt
a) "Willst du aber zum Leben eingehen, so halte die Gebote ... Du sollst nicht töten; du sollst nicht ehebrechen ... usw."

b) "Vertrage dich mit deinem Gegner sogleich, solange du noch mit ihm auf dem Weg bist ..."

c) "Wenn dich jemand auf deine rechte Backe schlägt, dem biete die andere auch dar."

(a) Matthäus 19, 17; b) Matthäus 5, 25; c) Matthäus 5, 39)

-------------------------------------------------------------

Luther:
Prediger sind die allergrößten Totschläger, weil Gott es angeblich befehle

"Prediger sind die allergrößten Totschläger. Denn sie ermahnen die Obrigkeit, dass sie entschlossen ihres Amtes walte und die Schädlinge bestrafe. Ich habe im Aufruhr alle Bauern erschlagen; all ihr Blut ist auf meinem Hals. Aber ich schiebe es auf unseren Herrgott; der hat mir befohlen, solches zu reden ..."

(WA, Tischreden, Band 3, Weimar 1914, Nr. 2911b, S. 75)

Jesus:
Keine Gewalt anwenden, sondern dienen

"Ihr wisst, die als Herrscher gelten, halten ihre Völker nieder, und ihre Mächtigen tun ihnen Gewalt an. Aber so ist es unter euch nicht; sondern wer groß sein will unter euch, der soll euer Diener sein ..."

(Markus 10, 42)


Jesus - von Gott nicht als Richter gesandt, sondern als Retter

"Denn Gott hat seinen Sohn nicht in die Welt gesandt, dass er die Welt richte, sondern dass die Welt durch ihn gerettet werde."

(Johannes 3, 17)

-------------------------------------------------------

Martin Luther:
"Gott" "henkt, rädert, enthauptet, tötet und führt den Krieg"; ein Soldat vollbringe im Krieg ein "göttliches" Werk

"Es ist so, wie wenn ein guter Arzt, wenn die Krankheit so schlimm und gefährlich ist, Hand, Fuß, Ohr oder Augen abnehmen und entfernen muss, um den Körper zu retten … So ist es auch: Wenn ich das Amt ansehe, das Krieg führt, wie es die Bösen bestraft, die, die Unrecht haben, tötet und solchen Jammer ausrichtet, da scheint es ein durchaus unchristliches Werk zu sein und in jeder Hinsicht gegen die christliche Liebe. Sehe ich aber darauf, wie es die Gerechten beschützt, Frau und Kind, Haus und Hof, Gut, Ehre und Frieden damit erhält und bewahrt, so ergibt es sich, wie wichtig und göttlich das Werk ist. Und ich merke, dass es auch ein Bein oder eine Hand abhaut, damit nicht der ganze Leib stirbt. Denn wenn nicht das Schwert entgegen tritt und den Frieden bewahrt, müsste alles, was es in der Welt gibt, im Unfrieden verderben."

(Martin Luther, Zur Frage, ob man auch als Soldat in einem Gott wohlgefälligen Stand lebt, WA 19; zit. nach http://www.landeskirche-hannovers.de/evlka-de/
wir-ueber-uns/sprengel-kirchenkreise/sprengel-lueneburg/
predigten-subhome/Buergerkanzel-Freuding)

Jesus:
Liebet eure Feinde / Wer das Schwert nimmt, wird durchs Schwert umkommen / Hütet euch vor Krieg
"Liebet eure Feinde und bittet für die, die euch verfolgen. Segnet, die euch fluchen, tut wohl denen, die euch hassen und bittet für die, die euch beleidigen und verfolgen, damit ihr Kinder seid eures Vaters im Himmel."

(Matthäus 5, 44)


"Stecke dein Schwert an seinen Ort! Denn wer das Schwert nimmt, der wird durchs Schwert umkommen. Oder meinst du, ich könnte meinen Vater nicht bitten, dass er mir sogleich mehr als zwölf Legionen Engel schickte?"

(Matthäus 26, 52-53)

------------------------------------------------------

Das sind nur 3 Beispiele aus vielen. Viel mehr Beispiele gibt es HIER (https://www.theologe.de/theologe3.htm).

Da kann man sich schon mal fragen, worin denn genau hier die Reformation bestand und... dieser "Freiheitsgedanke", der am vorgestrigen Tag so betont wurde...

Ich will damit zum Ausdruck bringen, dass wir nicht einfach so alles kritiklos und ungeprüft und ohne jeden Zweifel hinnehmen sollten, was uns die Kirche da erzählt.

Trimichi
02.11.2017, 08:26
@Trimichi: Hier sind vier Irrtümer bzw. Tricks am Werk:

1. Trimichi spricht nur scheinbar über Moral. Tatsächlich spricht er über Autorität.

Wenn Moral von einer angeblichen Gottheit festgelegt wird, können die Inhalte nicht angezweifelt oder hinterfragt werden. Die Inhalte treten dadurch in den Hintergrund. Im Vordergrund steht die Frage, wer der Urheber ist.

Das ist das genaue Gegenteil von dem, was wir heutzutage unter Moral verstehen. Moralische Maßstäbe bedeuten, dass jemand, der aufgrund seiner Position, Macht oder aufgrund von Gesetzen formal recht hat, dennoch moralisch im Unrecht sein kann. Moral steht also über der Autorität.

Religion geht jedoch vom Gegenteil aus: Göttliche Autorität steht über jeder Moral; die Autorität ersetzt daher die Moral als oberste Instanz. Es ist das Gegenteil dessen, was normale Leute unter Moral verstehen.


2. Trimichi verwendet unsere Sympathie für moralische Werte, um einen religiösen Hintergrund einzuschmuggeln. Es stimmt, wir wollen eine moralische Welt. Aber was hat Religion mit Moral zu tun? Vor allem: welche der vielen Religionen?

Wenn Wissenschaft moralisch versagen kann, kann es auch die Religion (oder jedes andere System). Dass Religion irgendwas mit Moral zu tun hat, muss erst noch bewiesen werden. Gott, wie er in der Bibel beschrieben wird, ist moralisch völlig ungebunden und desinteressiert. Die Bibel demonstriert das an vielen Stellen, bei denen Gott gegen seine eigenen Gebote und Versprechungen verstößt.

Das zentrale Element der Bibel ist nicht „Moral“, sondern „Unterwerfung“ und „Bestrafung“. Dass die Bibel ein Buch von höchster Moral sei, ist frommer Aberglaube von jenen, die die Bibel nicht gelesen haben.


3. Trimichi fügt die Annahme ein, die Bibel sei ein moralischer Kompass. Aber genau das ist die Bibel nicht und will es auch nicht sein.

Du sollst nicht töten.

Aber was war mit Hitler? Was ist mit Notwehr? Ein simples Gebot ist eben kein moralischer Kompass, wenn es viel zu simpel ist. Ein moralischer Kompass wäre die Bibel, wenn ein paar Kapitel darauf verwendet würden, jene Fälle zu untersuchen, in denen man eben doch töten sollte oder muss. Moral braucht Begründung und Einordnung, eine zusammenhängende Struktur. Eben das unterscheidet Moral von einer plumpen Vorschrift.

Die Bibel begründet keine ihrer zentralen Botschaften. Das ist nicht ihr Anliegen.

Jesus heilte eine kranke Frau; danach schärfte er seinen Jüngern ein, sie sollten niemandem davon erzählen, damit nicht lauter Kranke zu ihm kämen. Danach zog er sich zur Meditation in die Einöde zurück. Ist das ein moralisches Verhalten? Und warum? Auf diese Fragen gibt die Bibel keine Antwort. Ist jemand, der heilen kann, verpflichtet, dies zu tun?

„Christliche Moral“ bedient sich aller nur denkbarer Positionen und deren Gegenteil. Selbst unter den höchsten christlichen Autoritären und gelehrtesten Theologen findet man mühelos welche, die für die Homo-Ehe sind, und welche, die dagegen sind. Manche sind für die Gleichberechtigung der Frauen, manche sind dagegen. Manche sind für Scheidung und Wiederverheiratung, manche sind dagegen. Das zeigt, dass das Christentum kein moralischer Kompass sein kann. Ein Kompass kann nicht gleichzeitig nach Süden und nach Norden weisen, es sei denn, er wäre defekt.


4. Trimichi suggeriert, Wissenschaft könne kein moralisches Urteil fällen. Er zieht daraus den Schluss, Moral sei ein Gegenstand des Irrationalen.

Warum soll Moral irrational sein? Das ist eine rein rethorische Finte. Man kann mit rationaler Logik herausfinden, ob der Abwurf einer Atombombe Leid verursacht, und ob dieses Leid durch andere Vorteile aufgewogen wird.

Es ist nicht zutreffend, dass die Wissenschaft bei der Atombombe nicht imstande war, dies herauszufinden und klar zu begründen. Sondern die beteiligten Wissenschaftler und Politiker haben diesen Aspekt, der ihnen vermutlich völlig bewusst war, einfach ignoriert.

Es gibt Wissenschaftler, die ihre Frauen schlagen. Das bedeutet nicht, dass die Wissenschaft unfähig wäre, über die Folgen dieser Tat etwas auszusagen.

Das ist ja der Witz der Moral: Dass es eine begründete Abwägung darstellt, die möglichst alle Vor- und Nachteile berücksichtigt. Moralisch zu urteilen bedeutet nicht „raten“, sondern „nachdenken“.

zu 1.)
falsch. Moses hat die Inspiration der 10 Gebote in den Bergen durch den Erzengel Michael erhalten. De facto ist der Urheber nicht Gott, sondern Menschen, in diesem Fall Mose. Die 10 Gebote sind auch im Judaismus grundlegend (Pentateuch). Was du nicht willst das man dir tut, dass füg' auch keinen anderen zu (die goldene Regel), die in jeder Religion auftaucht, auf allen Kontinenten von Menschen ersonnen.

zu 2.)
falsch. Ich schmuggle keine Werte ein, ich liefere. Das was die Wissenschaft nämlich nicht kann. Sogar Arne hat dem explizit beigepflichtet. Religionen haben Gebote und Vorschriften, nicht so Wissenschaften. Diese Gebote sind streitbar, auslegbar, macht u.a. die Kirche. Allerdings hat die Wissenschaft überhaupt keine Regeln, Normen und Moral aufgestellt, die das menschlichen Zusammenlebe und Verhalten regelt. Das ist der Punkt.

zu 3).
falsch. Wie kannst du die Verhaltensregeln der Bibel mit Hitler widerlegt wissen. Das ist schon etwas schräg. Wenn ein Psychopath bei rot über die Ampel rast, müsste deiner Logik zufolge die STVO falsch sein.

zu 4.)
falsch. Der Abwurf einer Atombombe auf Zivilisten ist durch nichts, aber auch gar nichts gerechtfertigt. Das ist einfach nur eine feige Tat, ohne jede Ehre und Regel. Genauso gut hätte gegen Japan eine Seeblockade errichten werden können. Gerade hier zeigt sich der Sinn von Moral und Unmoral (kühler Kalkulation), nämlich Unmoralisches nicht zu tun. Es war unethisch, Hiroshima und Nagasaki, feige und unehrenhaft. Wenn man pro Atombombenabwurf argumentiert, dann ist Nazitum nicht mehr weit. Dann kannst du doch gleich sagen wir vergasen 3 Mrd. Menschen, weil wir überbevölkert mit 7 Mrd. Menschen sind. Macht nach Jörn und durch "Nachdenken", pro und contra Abwägungen durchaus Sinn. Kissinger war für begrenzte Atomkriege. Bist also in "guter" Gesellschaft.

Wie schon gesagt, Jörn muss keinen Sinn ergeben, Trimichi schon ;)

MattF
02.11.2017, 08:46
Nicht nur können Kinder schwer zwischen Wahrheit und Mythos unterschieden. Sondern ganz besonders schwer wird es, wenn ihnen ausdrücklich versichert wird, der Mythos wäre kein Mythos. Wenn ein Kind nämlich fragen würde: „Moment, ist das vielleicht nur ein Mythos?“, würde die Antwort lauten: „Nein“.

Hier möchste ich widersprechen. Mein Kinder konnten bereits sehr früh mit 5 unterscheiden, dass es den Osterhasen und den Weihnachtsmann nicht gibt. Egal was ihnen im (evangelischen) Kindergarten erzählt wurde.

Mein ältere Sohn (katholisch) hat im übrigen durchgehend bis zur 10 Klasse ne 1 in Religion, dabei ist er Atheist. Er weiß genau, dass das alles nur Geschichten sind, wie gesagt mit 5 hat er schon die Weihnachtsfeiern gesprengt.

Religionsunterricht ist doch ne super Übung sich Realitäten klar zu machen und auch sich gegen Autoritäten durchzusetzen.
Wenn alles immer so einfach und klar wäre, wäre die WElt doch strunz langweilig.

Jörn
02.11.2017, 09:28
Ja, manche Kinder sind natürlich schlauer (oder vertrauensseliger) als andere. Und manche Eltern sind geschickter (oder weniger geschickt) als andere, um sich als Weihnachtsmann zu präsentieren.

Mein Punkt ist, dass die Kinder nicht auf sich alleine gestellt sind, die Wahrheit herauszufinden; sondern dass die Erwachsenen dabei eine Rolle spielen. Eltern könnten ihre Kinder aktiv unterstützen oder aktiv behindern.

Antike Mythen als tatsächliche Wahrheiten auszugeben ist eine solche aktive Behinderung bei der Wahrheitssuche, und vielleicht beschädigt es auch die gedanklichen Werkzeuge, diese Unterscheidung irgendwann selbst zu treffen. Wenn die Zaubergeschichten aus der Bibel wahr sind, warum sollen dann Horoskope falsch sein?

Das ist der Unterschied zum netten Vorlesen von Märchen, bei denen die Tante stets beruhigend versichert: "Das ist natürlich nur ein Märchen, ihr braucht keine Angst zu haben". Stattdessen wird in bedeutungsvollem Ton versichert: "Nehmt Euch in acht vor dem Teufel! Sonst holt er Euch und wirft Euch ins Feuer!"

Das ist übrigens die offizielle Lehre, sowohl bei Katholiken als auch bei Protestanten.

Klugschnacker
02.11.2017, 09:41
Religionsunterricht ist doch ne super Übung sich Realitäten klar zu machen und auch sich gegen Autoritäten durchzusetzen.

Ich verstehe Deinen Punkt. Dagegen steht jedoch die Tatsache, dass Kinder fast immer die Religion ihrer Eltern annehmen. Das spricht spricht meines Erachtens dafür, dass der konkrete Glaube anerzogen, und weniger das Ergebnis persönlicher Einsicht ist.

Jörn
02.11.2017, 09:41
Widersprüche zwischen Martin Luther und Jesus von Nazareth

Danke für das interessante Posting!

qbz
02.11.2017, 10:06
.........
Da kann man sich schon mal fragen, worin denn genau hier die Reformation bestand und... dieser "Freiheitsgedanke", der am vorgestrigen Tag so betont wurde...

Ich will damit zum Ausdruck bringen, dass wir nicht einfach so alles kritiklos und ungeprüft und ohne jeden Zweifel hinnehmen sollten, was uns die Kirche da erzählt.

Durch eine abstrakte Gegenüberstellung von Luther- und Bibeljesuszitaten kommt man in meinen Augen dem Verständnis der lutheranischen Reformation nicht unbedingt näher.

Ein Jahr nach Luther wurde Zwingli, der Zürcher Reformator, geboren. Er kam als Bauernsohn und studierter Mönch/Priester über die Ablehnung des Söldnerwesens (vor allem Bauernsöhne traten in fremde Kriegsdienste, weil nur der Erstgeborene den Hof erbte), über das Studium der griechischen Bibeltexte und die Ablehnung des Zölibats (Zwingli hatte Frau und Kinder) zur Kritik an der Römischen Kirche, Luther über die Kritik am Ablasshandel (am erkauften Eintritt in den Himmel). Calvin, der 1 Generation später lebte, und vor seinem Bürgermeisteramt in Genf die Evangelen (Luther) in Frankreich verteidigte, hatte noch andere Gründe.

Luther, Zwingli und später auch Calvin wurden direkt oder indirekt in die damaligen Herrschaftsverhältnisse eingebunden, Zwingli als Bürgermeister im Bündnis mit dem herrschenden Bürgertum in Zürich, Luther im Bündnis mit papst-/ablasskritischen Fürsten. Man verbündete sich einerseits hauptsächlich gegen die Macht der römischen Kirche, die gebrochen werden sollte, und andererseits in DE gegen die aufständischen Bauern und in Zürich gegen die Täufer. Ohne diese Bündnisse hätten Luther und Zwingli als Ketzer ihr Leben verwirkt und die Fürsten bzw. das Bürgertum wären weiter unter der Macht der römischen Kirche gestanden. Später sprachen sich die Reformatoren selbst für Todesurteile gegen Aufständische (Luther), Täufer (Zwingli), Ketzer (Calvin) aus. Reformierte Gläubige trennen dieses Unrecht in meinen Augen von der reformatorischen Christenlehre, genauso wie für Demokraten heute die Lehre von der Freiheit, Gleichheit, Brüderlichkeit durch die Guillotine und den Terror der franzöischen Revolution eigentlich nicht infrage gestellt ist.

Jörn
02.11.2017, 10:21
qbz, danke für das informative Posting. Wenn ich Dich richtig verstehe, plädierst Du im letzten Absatz dafür, die guten Dinge von Luther nicht über die paar schlechten Begleiterscheinungen zu vergessen. Sondern man soll beides trennen -- so täten es auch die Gläubigen.

Was hältst Du von folgenden zwei Einwänden:

Erstens, die guten Aspekte von Luther basieren auf einem Hirngespinst, nämlich dass er (Luther) besser über das Himmelreich und dessen Funktionsweise bescheid wüsste als der Papst und dessen Gefolgschaft. Seine theologischen Thesen unterscheiden sich jedoch in ihrer Wirrheit in nichts von zehntausenden anderer ebenso wirrer theologischer Thesen. Insofern ist mir nicht ersichtlich, worin seine Leistung besteht, die ihn über andere hinaushebt.

Zweitens, die schlechten Aspekte von Luther sind in einer Weise ausgeprägt und betont, dass wir sie nicht als kleine lässliche Irrtümer bezeichnen können, schon gar nicht, wenn wir heute wissen, wozu es geführt hat. Seine Hetze ist zentraler Bestandteil seiner Arbeit und Lehre. Es ist also nicht vergleichbar mit einem Wissenschaftler, der rein privat etwas seltsame Ansichten hatte, die wir angesichts seiner mathematischen Leistungen nicht weiter beachten sollten. Sondern bei Luther geht es um seine Weltsicht, und genau diese Weltsicht ist zu jeder Zeit asozial* gewesen -- auch zur Zeit von Luther, lediglich mit Ausnahme einer kleinen geographischen Region in Zentraleuropa, und auch dort nur unter Christen. Überall sonst auf der Welt, und zu jedem Zeitpunkt, hätte man über seine Hetze genau das gedacht, was wir heute darüber denken.

*Luther über Schwangerschaften: "Ob die Frauen sich aber auch müde und zuletzt tot tragen, das schadet nichts. Lass sie nur tot tragen, sie sind darum da."

Schussel
02.11.2017, 11:57
Was ist aber mit den aus heutiger Sicht positive Dingen der Reformation? Es wird ja auch nicht Martin Luther als Person gefeiert, sondern die Reformation. Ich habe in den letzten Tagen kaum Artikel über Luther gelesen, in denen nicht auch auf seine negativen Ansichten hingewiesen wurde. Aber Luther und die Reformation nur darauf zu beschränken, ist auch ein wenig einfältig gedacht. Ohne Luther und seine Übersetzung der Bibel hätte es nicht diese Entwicklung der deutschen Sprache gegeben. Durch die Lutherbibel wurde der Buchdruck auch forciert. Es gab vor Luther auch schon genügend Übersetzungen der Bibel, nur sind sie nicht bekannt geworden. Luther hatte das Glück, dass zur selben Zeit Gutenberg den Buchdruck entwickelt hat. Luther hat sich auch sehr für die Schulbildung eingesetzt, was für die Zeit durchaus auch revolutionär einzuordnen wäre. Wie hätte sich die Welt/Europa entwickelt ohne die Reformation? Vielleicht hätte es keinen Bauernkrieg gegeben, vielleicht auch kein 30 jähriger Krieg. Aber die damalige Unterdrückung und Macht der katholischen Kirche wäre uneingeschränkt weitergegangen. Keine Ahnung ob das nun positiv oder negativ anzusehen gewesen wäre. Ich will Martin Luther nicht als Heiliger darstellen oder dargestellt wissen, aber die Reformation eben nur darauf zu beschränken ist nicht richtig. Die Reformation nur auf den Antisemitismus von Luther und seinen, aus heutiger Sicht, radikalen Ansichten zu beschränken, ist schon etwas sehr einseitig gedacht.
QBZ hat die Französische Revolution angesprochen. Mit derselben Denkweise könnte man auch durchaus die Demokratie negativ darstellen. Radikal gesprochen... :)

Jörn
02.11.2017, 12:23
Das sind interessante Was-wäre-wenn-Spekulationen. Buchdruck, Schulbildung, Sprache...

Ob da wirklich etwas dran ist, zeigt ein Vergleich mit jenen Regionen, in denen Luther abgelehnt wurde oder unbekannt blieb. Ist beispielsweise im katholischen Bayern der Buchdruck, die Schulbildung oder die Sprache weniger entwickelt? Okay, die Sprache — das stimmt. Aber der Rest?

Würdest Du sagen, dass Wittenstein durch Luther einen Vorteil hatte bei Buchdruck, Schulbildung und Sprache gegenüber nicht-protestantischen Städten wie Rom, London, Barcelona, Paris, Peking, St. Petersburg oder Wien?

Dass Luther die deutsche Sprache geprägt hätte, ist übrigens ein Märchen. Sein altdeutsches Kauderwelsch (leicht per Google zu finden) ist überhaupt nicht vergleichbar mit dem späteren Hochdeutsch. Dieses wurde eher von den Gebrüdern Grimm und anderen geprägt und standardisiert.

Ich sage übrigens nicht, man solle bei Luther nur das Negative sehen. Ich sage, man soll Positives wie Negatives gegeneinander aufwiegen. Bislang sind jedoch keine belastbaren und nachweisbaren positiven Dinge genannt worden. Stattdessen sind Geschichten aus dem Jenseits und aus der Unterwelt genannt worden, die er als Rechtfertigung für kirchenpolitische Scharmützel ausgab — exakt so, wie seine Gegner es taten. Der Verdacht, Luther habe sich dies frei ausgedacht, wurde nicht ausgeräumt. Der Unterschied zu zehntausend anderen Unterwelt-Märchen wurde nicht plausibel gemacht. Es ist ja nicht so, als hätte es keine Gelegenheit gegeben, diese Fragen zu beantworten. Die Antworten blieben jedoch aus, und am allerwenigsten finden wir diese Antworten in den Schriften von Luther.

Schussel
02.11.2017, 12:52
Richtig, es sind Spekulationen. Aber nichts anderes können wir rückblickend. Oder kannst du sagen, wenn dies oder das nicht stattgefunden hätte, wäre dies und das passiert? Zumindest im Bezug auf die Reformation.
Natürlich hat vom Buchdruck auch Bayern und die katholische Kirche profitiert. Luther hat eine für damalige Zeit Sprach- und Bild gewaltige Bibel übersetzt, die Gutenberg vervielfältigt hat. Dieses bunte Buch mit schön anzusehender Schrift und Ornamenten hat die damaligen Menschen fasziniert, sie haben sich vorlesen lassen und Menschen denen es möglich war, hat sich der Wunsch entwickelt Lesen zu lernen um dieses Buch mit seinen Farben lesen zu können. Menschen, denen Lesen und Schreiben in ihrer Zeit sonst vielleicht nicht so wichtig gewesen wäre. Dadurch ist der Buchdruck ja auch bekannt geworden, Gutenberg bzw. seine Nachfolger haben von der Lutherbibel profitiert. Dadurch hat sich auch die deutsche Sprache entwickelt. Natürlich wurde im 16. Jahrhundert noch anders gesprochen und geschrieben als wir es heute kennen. Die Sprache hat sich immer weiter entwickelt und wird es in Zukunft auch. Aber manche Redewendungen von damals haben sich erhalten und sind teilweise wohl auf Luther zurück zu führen.
Wenn Gutenberg statt der Lutherbibel z.B. eine wissenschaftliche Abhandlung von Wasserstoffmolekülen mit Formeln statt farbigen Ornamenten gehabt hätte, behaupte ich, hätte sich der Buchdruck nie so schnell entwickelt. Vielleicht hätte es keine Französische Revolution gegeben, manche Wissenschaftler hätten ihre Forschungen nicht publik machen können, wir hätten heutzutage morgens keine Zeitung im Briefkasten und Internet gebe es auch nicht. Ok, natürlich sehr viel Spekulation. Aber seht es doch nicht alles so einseitig. Vieles hängt zusammen. :Blumen:

Jörn
02.11.2017, 13:16
Ich möchte mal was Positives zu Luther beisteuern.

Luthers wichtigster Gedanke dreht sich darum, wie Sünden vergeben werden. Wer genau vergibt die Sünden: der Priester oder Gott selbst? Wer stellt die Regeln dazu auf: der Papst oder Gott?

Kann der Papst also einen Ablasshandel betreiben, wodurch Sünden getilgt werden? Kann der Papst das jenseitige Schicksal von bereits Verstorbenen ändern, indem man ihm etwas bezahlt? Wie begründet der Papst seine angebliche Autorität, und kraft welcher Zauberei kann er ins Jenseits eingreifen?

Luther kommt zu dem Schluss, dass es keinen anderen Vermittler zwischen Gott und dem Menschen gäbe als allein die Bibel. Die Auslegung der Bibel ist ebenfalls eine Sache zwischen Gott und den Menschen.

Dies suggeriert eine große Freiheit. Aber es ist eben nur eine Suggestion in der Rückschau, da wir dies heute als „Religionsfreiheit“ missverstehen. Wie Luther jedoch über Nicht-Christen dachte, haben wir bereits erörtert: Man solle sie umbringen, denn das wäre schließlich gerecht.

Luther wandte sich lediglich gegen eine bestimmte Kirchen-Hierarchie, die zentralistisch wie eine absolute Monarchie organisiert war, und wo alles von Papst ausging. Es war also vor allem eine (kirchen-) politische Freiheit, ein Gerangel verschiedener Hierarchien innerhalb der Gläubigen. Weder die verarmten Bauern noch sonstwer wurde „frei“, weder rechtlich noch geistig. Man durfte jedoch die Bibel nach Gutdünken auslegen — sie aber nicht ablehnen. Wer sie aus freiem Geiste ablehnte, brauchte feuerfeste Kleidung.

Ich erkenne also an, dass Luther den Mut hatte, sich gegen den christlichen Monarchen aufzulehnen, und dass er erkannte, dass der Papst im Grunde so viel weiß (und kann) wie jeder andere Theologe.

Was er jedoch nicht begriff, ist der simple Umstand, dass die Theologen insgesamt völlig ahnungslos sind, was die Welt, den Kosmos und das Jenseits angeht, und das betrifft auch ihn selbst. Im Grunde hätte er das erkennen müssen, denn wenn er begriff, dass der Papst nichts weiß: wieso sollte er dann selbst etwas wissen? Zu dieser Selbsterkenntnis konnte er sich jedoch nicht durchringen, und deswegen bleibt er letztlich nur einer der vielen religiösen Quacksalber.

Seine grandiose Idee, dass die eigene Erlösung/Vergebung nur von Gottes Gnade abhängt (und nicht von Ablasszahlungen oder Geboten), ist uralt. Es steht bereits im ältesten Teil des Neuen Testaments, nämlich in den Paulus-Briefen. Für keinen der damaligen Theologen waren also Luthers Begründungen neu. Denn genau diese Überlegung trennte damals das alte Judentum von neuen Christentum. Es ist das Fundament des Christentums und keineswegs die schlaue Erfindung von Luther. Er forderte es lediglich ein.

Jörn
02.11.2017, 13:32
Richtig, es sind Spekulationen. Aber nichts anderes können wir rückblickend. Oder kannst du sagen, wenn dies oder das nicht stattgefunden hätte, wäre dies und das passiert? Zumindest im Bezug auf die Reformation.
Natürlich hat vom Buchdruck auch Bayern und die katholische Kirche profitiert. Luther hat eine für damalige Zeit Sprach- und Bild gewaltige Bibel übersetzt, die Gutenberg vervielfältigt hat. Dieses bunte Buch mit schön anzusehender Schrift und Ornamenten hat die damaligen Menschen fasziniert, sie haben sich vorlesen lassen und Menschen denen es möglich war, hat sich der Wunsch entwickelt Lesen zu lernen um dieses Buch mit seinen Farben lesen zu können. Menschen, denen Lesen und Schreiben in ihrer Zeit sonst vielleicht nicht so wichtig gewesen wäre. Dadurch ist der Buchdruck ja auch bekannt geworden, Gutenberg bzw. seine Nachfolger haben von der Lutherbibel profitiert. Dadurch hat sich auch die deutsche Sprache entwickelt.

Was mir ein wenig fehlt, sind Belege.

Du müsstest doch mindestens irgendeine protestantische Region finden, in der sich Unterschiede zu nicht-protestantischen Regionen zeigen lassen. Denn das behauptest Du ja: Dass es einen Unterschied gab. Also müsstest Du doch einen solchen Unterschied demonstrieren können, oder ist das spitzfindig?

Wie kannst Du für Dich selbst sichergehen, dass es sich bei Deinen Ansichten nicht nur um Wunschdenken handelt?

Trimichi
02.11.2017, 13:33
Also trittst du diesen Feiertag auch in die Tonne? Was bleibt in deinem Atheisten-Kosmus überhaupt noch übrig? Ein paar bunte Christopher Street Days?
Schöne neue Atheisten-Welt -- mir graut es, je länger ich hier mitlese (mach ich sowieso nur noch alle paar Tage).

Wir nehmen bunte Pillen kritiklos ein, um mit der spirituellen Leere klar zu kommen. Klaro. Und weil der Atheisten Alltag so langweilig ist erklären wir unseren Kindern, dass Adam Adama und Eva Ivan war - und / oder umgekehrt, was ja völlig wurscht ist, weil man den lieben Kindern, die durchaus Flex mit Erwachsenen haben dürfen, wenn sie es selbst wollen, wie sie auch unter einander heiraten dürfen, dass Schmule Kinder haben können, was ja ganz normal ist. Oder dass das Kind zweier Flesben im Fleihbuterus einer dritten Flesbe aufwächst.

:Huhu:

Jörn
02.11.2017, 13:44
Hier mal eine Demonstration der atheistischen Langeweile und der spirituellen Leere:

https://news.nationalgeographic.com/news/2009/02/photogalleries/week-in-space-pictures-29/images/primary/090210-01-spiral-galaxy-hubble_big.jpg

https://cdn.zmescience.com/wp-content/uploads/2015/01/new-yor-galaxy.jpg

https://geneticliteracyproject.org/wp-content/uploads/2013/12/DNA-Strand.jpg

http://media1.faz.net/ppmedia/aktuell/feuilleton/1849982861/1.238121/default/wehende-soutanen-im-wind.jpg

aequitas
02.11.2017, 15:03
Kurze Nachfrage zwischendurch, da ich über die Suche nichts finden konnte.

Wurde hier schon einmal über die Ausgaben der Kirche diskutiert? Bzw. gibt es unabhängige Statistiken über die Ausgaben der Kirchensteuer?

Vicky
02.11.2017, 15:12
Kurze Nachfrage zwischendurch, da ich über die Suche nichts finden konnte.

Wurde hier schon einmal über die Ausgaben der Kirche diskutiert? Bzw. gibt es unabhängige Statistiken über die Ausgaben der Kirchensteuer?

Es gibt einige Infos (die nicht von der Kirche bestritten werden), was die Ausgaben für soziale Zwecke betreffen:

Zitat:

Nur 8 % der Kirchensteuern kommen sozialen Zwecken zu. […] Die Daten wurden von kompetenten kirchlichen Stellen nicht bestritten, in den letzten Jahren sogar vielfach bestätigt, z.B. von WiSo (ZDF, 4.3.92), Monitor (ARD, 11.5.92 u. 24.2.94), dem Spiegel (10.1.94 u. 6.3.95), Focus (30.12.96) sowie innerkirchlich in der Kirchenfunksendung Die Kirche und die Kohle (BR III, 28.5.92), in Weltbild (11.1.91), in der Kirchenzeitung der Erzdiözese Köln (21.9.90) durch den Finanzdirektor und Generalvikar Feldhoff, in Doppelpunkt (ZDF, 29.4.93) durch den Paderborner Theologieprofessor Eicher, vom Kirchenfinanzexperten Peter Wingert in der Fernsehdokumentation Die Wohlfahrts-GmbH (ARD, 3.11.94), in der Dokumentation Die Kirche und ihr Geld vom Münchner Evangelischen Kirchentag vom 26.5.90 u.a. In den letzten Jahren vermieden die Kirchen offizielle Angaben, um das Thema aus der Diskussion zu bringen, doch alle Andeutungen ergaben übereinstimmend, dass der Ausgaben-Anteil für Soziales seit 1995 sogar noch gesunken ist (vgl. Panorama, 17.10.2002).

Es wird hier und da (https://www.ibka.org/infos/ksteuer.html) geschrieben, dass ca. 2/3 des Geldes fürs Kirchenpersonal verwendet wird.

Ich denke, dass es sehr schwierig ist, da unabhängige Erhebungen zu finden. Die Kirche ist da nicht sonderlich transparent, wenn es um die Kohle geht...

Schussel
02.11.2017, 15:36
Was mir ein wenig fehlt, sind Belege.

Du müsstest doch mindestens irgendeine protestantische Region finden, in der sich Unterschiede zu nicht-protestantischen Regionen zeigen lassen. Denn das behauptest Du ja: Dass es einen Unterschied gab. Also müsstest Du doch einen solchen Unterschied demonstrieren können, oder ist das spitzfindig?

Wie kannst Du für Dich selbst sichergehen, dass es sich bei Deinen Ansichten nicht nur um Wunschdenken handelt?

Ich habe keine Belege. Und ich bin wissenschaftlich auch nicht so bewandert wie du, dass ich jetzt wissenschaftlich antworten könnte. Man kann sicherlich nicht sagen, dass 1520 in Sachsen Anhalt 25 Menschen lesen und schreiben konnten und in Bayern nur 24. Es ist aber auch falsch zu glauben, dass die Reformation in Bayern nicht stattgefunden hat. Augsburg war z.B. ein Zentrum der Täuferbewegung. Die Reformation war eine Bewegung die ganz Deutschland betraf. Letztlich haben immer die jeweiligen Fürsten entschieden, welche Religion in ihren Gebieten ausgeübt werden durfte.
Und was meinst du mit Wunschdenken? Die Reformation hat stattgefunden, der Buchdruck hat sich entwickelt, die Wissenschaft hat sich entwickelt. Es gab Kriege die meist wegen religiösen Gründen geführt worden sind. Es gab Verfolgungen, unter dem Zeichen des Kreuzes. Alles hängt doch zusammen in unserer Geschichte. Und die Reformation ist ein sehr großer und bedeutender Teil von all dem. Und dieses Ereignis wurde am Dienstag geehrt. Und nicht Martin Luther als Person. Habe ich irgendwelche Wunschgedanken formuliert?

Jörn
02.11.2017, 16:38
Naja, Du sagst, dass die Reformation "ein sehr großer und bedeutender Teil von all dem" gewesen wäre. Doch Belege lassen sich nicht finden. Weder beim Buchdruck, noch bei Schulbildung, noch bei der deutschen Sprache ließen sich bis jetzt irgendwelche Unterschiede zu anderen Regionen ausmachen, die von der Reformation nicht betroffen waren; weder innerhalb Deutschlands, noch im Vergleich zu fernen Ländern wie z.B. in Asien, Australien, Griechenland, Russland und dem ganzen Rest der Welt, wo Martin Luther bis heute unbekannt ist.

Auch die Reformation selbst ist ein lokal sehr begrenztes Phänomen. Im Grunde betrifft es ein paar deutsche Provinzen.

Kirchenspaltungen gab's früher schon jede Menge:

Kirche von Konstantinopel (Ökumenisches Patriarchat von Konstantinopel)
Autokephale Orthodoxe Kirche von ganz Albanien (Erzbistum von Albanien)
Autokephale Orthodoxe Kirche von Alexandria und ganz Afrika (Patriarchat von Alexandria)
Kirche von Amerika (Erzbistum von Amerika)
Kirche von Bulgarien (Patriarchat von Bulgarien; bulgarisch-orthodoxe Kirche)
Autokephale Orthodoxe Kirche von ganz Georgien (Patriarchat von Georgien; georgisch-apostolisch-orthodoxe Kirche)
Autokephale Orthodoxe Kirche von ganz Griechenland (Erzbistum von Griechenland; griechisch-orthodoxe Kirche)
Autokephale Orthodoxe Kirche von Jerusalem und ganz Palästina (Patriarchat von Jerusalem)
Autokephale Orthodoxe Kirche von ganz Polen (Erzbistum von Polen; polnisch-orthodoxe Kirche)
Autokephale Orthodoxe Kirche von Antiochien und dem ganzen Morgenland (Patriarchat von Antiochien; rum-orthodoxe Kirche)
Kirche von Rumänien (Patriarchat von Rumänien; rumänisch-orthodoxe Kirche)
Kirche von Moskau und ganz Russland (Patriarchat von Moskau und ganz Russland; russisch-orthodoxe Kirche)
Kirche von Serbien (Patriarchat von Serbien; serbisch-orthodoxe Kirche)
Autokephale Orthodoxe Kirche von ganz Tschechien und der Slowakei (Erzbistum von Tschechien und der Slowakei; tschechisch-slowakisch-orthodoxe Kirche)
Kirche von Zypern (Erzbistum von Zypern; zypriotisch-orthodoxe Kirche)

Mazedonisch-orthodoxe Kirche
Orthodoxe Kirche Bessarabiens
Montenegrinisch-Orthodoxe Kirche
Ukrainische Autokephale Orthodoxe Kirche
Ukrainische Autonome Orthodoxe Kirche
Ukrainisch-orthodoxe Kirche - Kiewer Patriarchat
Türkisch-Orthodoxes Patriarchat
Französisch-Orthodoxe Kirche
Abchasisch-Orthodoxe Kirche
Kroatisch-Orthodoxe Kirche
Moldauisch-Orthodoxe Kirche
Weißrussisch-Orthodoxe Kirche

Altorthodoxe Pomorische Kirche
Orthodoxe Altritualistische Kirche
Russisch-Orthodoxe Altritualistische Kirche
Russisch-Altorthodoxe Kirche

Koptisch-Orthodoxe Kirche (Ägypten),[1]
Äthiopisch-Orthodoxe Kirche,
Eritreisch-Orthodoxe Kirche,
Syrisch-Orthodoxe Kirche, mit Malankara Syrisch-Orthodoxe Kirche,
Malankara Orthodox-Syrische Kirche (alias: Indisch-Orthodoxe Kirche), mit Syrisch-Orthodoxe Kirche von Europa.
Armenisch-Orthodoxe Kirche (Heilige Armenische Apostolische Orthodoxe Kirche)

...und das sind noch nichtmal alle, sondern nur die Ost-Kirchen.

Die Kirchenspaltung durch Martin Luther ist also nur ein weiteres unter vielen ähnlichen Ereignissen, von denen die meisten von uns noch nie etwas gehört haben, weil sie so unbedeutend sind. Warum soll ausgerechnet die Spaltung durch Luther bedeutender sein?

Helmut S
02.11.2017, 16:38
Servus!

Weil oben zum Thema Moral - aus meiner Sicht zumindest missverständlich - geschrieben wurde, habe ich dazu eine ergänzende, evtl. erklärende Bemerkung: :Blumen:

Moral selbst bewertet nicht, sondern ist rein normativ. Moral gibt einen Handlungsrahmen vor, der in verschiedenen Gruppen gerne auch unterschiedlich sein kann. Im Iran z.B. ist der moralische Handlungsrahmen in vielen Teilen sicher ein anderer als in der Bundesrepublik (Umgang mit Ehebrecherinnen z.B.). Oder was die Frage nach Verzehr von Menschenfleisch oder der Asche der Toten angeht - auch dazu gibt es auf der Welt in einigen Ecken (z.B. Papua-Neuguinea oder Amazonasgebiet) noch andere Ansichten wie in den meisten Teilen der übrigen Welt. Es gibt also keine allgemeine Moral. Immanuel Kant ist in dem Versuch eine allgemeine Moral zu formulieren sehr weit gekommen, ist aber letztlich an der Frage gescheitert, wer den nun diejenige Person sein soll, die das allgemeine Gesetz festlegt.

Die Weltgemeinschaft hat das auch längst erkannt und versucht einen minimalen allgemein gültigen Handlungsrahmen zu schaffen, mit dem sich alle, ja wenigstens fast alle einverstanden erklären: Die Menschenrechte. Wie gut bzw. schlecht das auf der Welt funktioniert kann man täglich sehen/lesen/hören.

Moralische Bewertung hingegen ist subjektiv und auch emotional. Subjektiv ist einsichtig, dazu gibt es genügend Texte in der Philosophie und Experimente in der Psychologie (viele kennen das Experiment mit dem Zug, der Weiche, den Arbeitern und dem Kind). Emotional ist da spannender, das ist eine moralische Bewertung aber vor allem aus zweierlei Gründen. Einmal weil der Verstand ja in überwiegendem Maße nicht die Entscheidungen trifft, sondern nur die Sachverhalte analysiert und Fakten für die Entscheidung liefert. Entschieden wird dann durch das Gefühl. Das was David Hume ja bereits im 18. Jahrhundert formuliert hat, wird durch Psychologie (das Zugexperiment kann abgewandelt werden um das zu zeigen) und Hirnforschung heute unterstützt - Neuropsychologie ist ein hoch aufschlussreiches Fach,wenn man sich für den Menschen interessiert. Ebenfalls, und das ist der zweite Grund, die Sache des freien Willens (eine wichtige „Errungenschaft“ der Aufklärung) ist durch letztere Disziplinien, nochmals in die Kritik geraten: Es gibt wohl Experimente die zeigen, dass wir auf gewisse Weise das wollen was wir tun und nicht das tun was wir wollen.

Um zu verstehen - und ich weiß, ich wiederhole mich - warum die Welt so ist wie sie ist und wo man ansetzen kann um sie zu verbessern ist es unabdingbar den Menschen zu verstehen. Und ich meine mit Welt ausdrücklich nicht die Dinge jeglichen Maßstabes, sondern die Tatsachen die vom Menschen geschaffen werden (1 Die Welt ist alles, was der Fall ist. 1.1 Die Welt ist die Gesamtheit der Tatsachen, nicht der Dinge). Um also zu verstehen warum der Mensch als Induviduum so handelt wie er es tut und warum Gruppen so handeln wie sie es tun - undzwar sehr oft wider besseren Wissens - muss man sich mit der Individualpsychologie bzw. der Gruppen-/Sozialpsychologie auseinandersetzen. Oder im Kontext des Threads: Warum sind ca. 2/3 der Weltbevölkerung auf irgendeine Art gläubig, obwohl Wissen und Naturwissenschaft existiert und dieses Wissen für einen großen Teil auch zugänglich ist?

Viele liebe Grüße
Helmut

Klugschnacker
02.11.2017, 16:39
Also trittst du diesen Feiertag auch in die Tonne? Was bleibt in deinem Atheisten-Kosmus überhaupt noch übrig? Ein paar bunte Christopher Street Days? Schöne neue Atheisten-Welt ...

Wir nehmen bunte Pillen kritiklos ein, um mit der spirituellen Leere klar zu kommen. Klaro. Und weil der Atheisten Alltag so langweilig ist erklären wir unseren Kindern, dass Adam Adama und Eva Ivan war - und / oder umgekehrt, was ja völlig wurscht ist, weil man den lieben Kindern, die durchaus Flex mit Erwachsenen haben dürfen, wenn sie es selbst wollen, wie sie auch unter einander heiraten dürfen, dass Schmule Kinder haben können, was ja ganz normal ist. Oder dass das Kind zweier Flesben im Fleihbuterus einer dritten Flesbe aufwächst.

Mir scheint, Eure inneren Ängste vor einer Gesellschaft ohne Religion sind etwas übertrieben.

Helmut S
02.11.2017, 16:53
Übrigens: Nochmal zum Thema „festlegen des allgemeinen Gesetzes“.

Es gibt ja nicht wenige Stimmen, die eine Verbreitung solcher „allgemeinen Gesetzeswerke (aka Wektanschauungen)“ - man beachte den Plural - als ideologischen Imperialismus bezeichnen. Sei es nun ob man Religionen meint, Wirtschaftssysteme, politische Systeme, Sozialsysteme oder auch den Szientismus. Allen voran, zumindest was politische, wirtschaftliche und soziale Systeme anbelangt ist ja bekanntlich Herr Jakob Augstein junior. Wer ihn nicht kennt: Der ist sowas wie der Vorzeigeintellektuelle der linken Bourgeoisie und der Aluhutträger. ;) Außerdem Spiegel Erbe und Herausgeber der linken Zeitung „Der Freitag“

LG Helmut

Schussel
02.11.2017, 17:23
Naja, Du sagst, dass die Reformation "ein sehr großer und bedeutender Teil von all dem" gewesen wäre. Doch Belege lassen sich nicht finden. Weder beim Buchdruck, noch bei Schulbildung, noch bei der deutschen Sprache ließen sich bis jetzt irgendwelche Unterschiede zu anderen Regionen ausmachen, die von der Reformation nicht betroffen waren; weder innerhalb Deutschlands, noch im Vergleich zu fernen Ländern wie z.B. in Asien, Australien, Griechenland, Russland und dem ganzen Rest der Welt, wo Martin Luther bis heute unbekannt ist.

Auch die Reformation selbst ist ein lokal sehr begrenztes Phänomen. Im Grunde betrifft es ein paar deutsche Provinzen.

...

...und das sind noch nichtmal alle, sondern nur die Ost-Kirchen.

Die Kirchenspaltung durch Martin Luther ist also nur ein weiteres unter vielen ähnlichen Ereignissen, von denen die meisten von uns noch nie etwas gehört haben, weil sie so unbedeutend sind. Warum soll ausgerechnet die Spaltung durch Luther bedeutender sein?

Naja Jörn, was willst du noch als Beleg als die Geschichte Deutschlands und Europas selbst? Die Reformation hat stattgefunden, oder? In allen Gegenden Deutschlands hat man sich im Laufe der Zeit mit der Reformation beschäftigt, oder nimmst du eine bestimmte Region raus? Und die Geschichte ist wie sie ist, oder? Das ist doch genug Beleg. Reformation, Kirche und der Buchdruck sind eng miteinander verknüpft. Das ist Fakt, oder? Wie hätte er sich entwickelt, wenn nicht die Bibel gedruckt worden wäre? Es konnte Schriften vervielfältigt werden, z.B. die 12 Artikel und diese führten z.B. zum Bauernkrieg. Vieles ist doch geschichtlicher Fakt. Wie hätte sich der Buchdruck entwickelt wenn er zu der Zeit noch nicht entwickelt worden wäre? Hätte es dann einen Bauernkrieg gegeben?
Natürlich interessiert die Reformation in Russland niemand. Genauso wenig wie uns in Deutschland die verschiedenen Arten der orthodoxen Kirche interessiert. Es gab viele verschiedene Abspaltungen der Kirche, brauchst du ja auch nicht nach Asien gehen. Nehme doch nur Anglikanische Kirche in England. Ich rede aber von der Reformation aus der die Evangelische Kirche mit ihren weiteren Abzweigungen hervorging. Und das interessiert vor allem Deutschland, Mitteleuropa und Skandinavien. Asien mal gar nicht.

Und wenn du nach Belegen fragst, gebe du doch Belege wie unsere Welt heute aussehe wenn Luther und seine Ansichten damals im Kerker gelandet wären und die Reformation komplett niedergeschlagen wäre. Wie wäre dann die Geschichte Deutschlands und Mitteleuropas gewesen? Welchen Einfluss hätte dann die Kirche heute auf unser Leben. Gibt es einen Beleg das sich der Buchdruck ohne die Reformation so entwickelt hätte? Und komme jetzt nicht mit Asien, da hat sich das Drucken auch auf anderen Wegen entwickelt. Ich rede nur von Deutschland und Europa.

LidlRacer
02.11.2017, 17:33
Richtig, es sind Spekulationen. ...
Luther hat eine für damalige Zeit Sprach- und Bild gewaltige Bibel übersetzt, die Gutenberg vervielfältigt hat.

Vielleicht ein bisschen viel Spekulation?
Gutenberg war schon tot als Luther geboren wurde.
:Lachanfall:

Jörn
02.11.2017, 17:59
Zur Moral:

Manche sagen, Moral wurde vom Menschen geschaffen (und ist deswegen willkürlich). Manche sagen, Moral wurde von Gott vorgegeben (und ist deshalb verbindlich). Manche sagen, eine bestimmte Handlung sei moralisch, andere bestreiten es.

Dies alles trennt uns voneinander.

Was eint uns?

Was wir alle gemeinsam haben, ist die Notwendigkeit, miteinander auszukommen. Wir müssen einen gemeinsamen Nenner finden, auf den wir uns alle einigen können, auch wenn dieser gemeinsame Nenner womöglich winzig ist.

Wie gelingt uns das?

Die abrahamitischen Religionen versuchen, die ganze Welt auf einen einzigen Gesetzgeber einzuschwören und dadurch eine Einigung zu erzielen. Dieses Ansinnen ist bislang gescheitert.

Wir müssten etwas finden, was für alle Menschen und für alle Religionen gleich aussieht, egal von welcher Perspektive man es betrachtet.

Ich finde, Fakten könnten dieser gemeinsame Nenner sein, auf dem dann alles weitere aufbaut.

Deswegen ist das Ansinnen der Religionen nicht hilfreich, immer ausgefeiltere Theologien zu entwickeln. Deswegen war auch Martin Luther mit seiner Version nicht hilfreich. Es hat zu mehr Uneinigkeit geführt und nicht zu mehr Einigkeit.

Hilfreich ist, zu den Wurzeln zurückzukehren und erstmal eine solide Grundlage zu schaffen. Genau das macht die Wissenschaft.

Sollten wir je eine gemeinsame Moral entwickeln, dann wird sie auf den Erkenntnissen der Wissenschaft basieren.

Jörn
02.11.2017, 18:13
Naja Jörn, was willst du noch als Beleg als die Geschichte Deutschlands und Europas selbst? Die Reformation hat stattgefunden, oder?

Als Beleg brauchst Du einen Vergleich.

Anders als Du behauptest, hat die Reformation keineswegs überall stattgefunden. Mindestens dort müsste man einen Unterschied feststellen können.

Dass Du Buchdruck, Schulbildung und Sprachentwicklung einem einzigen Mann zuschreibst, der diese Ziele (wenn überhaupt) nur nebenher verfolgte, ist eine gewagte These. Ein direkter Zusammenhang (wie er bei Buchdruck und Gutenberg besteht) ist nicht erkennbar.

Sorry, aber wenn Du überhaupt keine Belege anführen kannst, überzeugt mich Dein Argument nicht. Ich bin durchaus offen für Belege.

Helmut S
02.11.2017, 19:04
Servus Jörn!

Manche sagen, eine bestimmte Handlung sei moralisch, andere bestreiten es

Völlig unabhängig davon, woher die Moral kommt: Genau das ist das Dilemma und der Unterschied zwischen Moral als Normativ und moralischer Bewertung. Hieran erkennt man sofort, sie und es sind subjektiv.

Ich kenne das Thema Moral nur als Thema der Philosophie einigermaßen gut. Nur dazu kann ich auch wirklich was beitragen.

Ich denke aber auch zu wissen - evtl. interessiert das für eigene Recherchen - auch, dass manche Wissenschaftler Moral als Nebenprodukt von kognitiven Funktionen sehen, das im Zuge der Evolution entstanden sei. Sie schreiben dem Menschen eine Art genetische „Moralgrundausstattung“ zu. Soweit ich weiß, geht man davon aus, dass diese Grundausstattung von der Evolution zum Zwecke der Kooperation mit anderen frühzeitlichen Menschen „produziert“ (sagt man das so?) wurde.

Ich finde, Fakten könnten dieser gemeinsame Nenner sein, auf dem dann alles weitere aufbaut.


Du kannst davon ausgehen, dass das nicht so ist. Du kannst dich selbst durch Anschauung überzeugen: Die Fakten liegen auf dem Tisch. Wissen und Wissenschaft ist verfügbar und zugänglich. Nicht nur in den Naturwissenschaften, sondern auch in den Sozialwissenschaften und insbesondere in den Geisteswissenschaften. Trotzdem ist die Welt stellenweise eine Katasthrophe und französische Konzerne füllen z.B. aus profitgierig Industriesilikon in Brustimplantate. Die Menschen betrügen, vergewaltigen, misshandeln usw. von Moral keine Spur. Die Wissenschaft war in dem Punkt Fakten zu präsentieren, die als moralischer Wegweiser dienen könnten bisher völlig erfolglos. Gerade die Philosophie hat diesbezüglich ja gar nix praktisches zustande gebracht und die Naturwissenschaften sowieso nicht.



Sollten wir je eine gemeinsame Moral entwickeln

Wie ich schon mehrfach ausgeführt habe, ist das Stand Philosophie heute nicht möglich. Hier müsste sich die Philosophie verändern, neue Sichten entwickeln. Allerdings bin ich skeptisch. Das Ding ist m.E. durch und über viele 100 Jahre hin- und hergedacht worden.

Im übrigen meiner bescheidenen Meinung nach so eine gemeinsame Moral auch gar nicht nötig bzw. ich bin nicht sicher ob dies nötig wäre. Das ist eine schwere Frage finde ich. Es müsste ja eine Instanz geben, die diese allgemeinen Gesetze gibt. Da ich nicht an einen gesetzgebenden Gott glaube, tue ich mich damit schwer.

Ich persönlich habe zunächst keinerlei Probleme damit, wenn andere Menschengruppen andere moralische Habdlungsmaxima haben als ich das habe. Freilich habe ich hier auch Grenzen. Allerdings habe ich mit meinen eigenen Grenzen auch Probleme, denn vor dem Hintergrund des o.g. ideologische Imperalismus scheinen mir meine Grenzen grenzwertig dogmatisch. :( Mit welchem Recht wollen wir den Kanibalen Papua-Neuguinea verbieten Menschenfleisch zu essen, weil es ggf. unmoralisch ist?

Liebe Grüße Helmut

qbz
02.11.2017, 19:06
qbz, danke für das informative Posting. Wenn ich Dich richtig verstehe, plädierst Du im letzten Absatz dafür, die guten Dinge von Luther nicht über die paar schlechten Begleiterscheinungen zu vergessen. Sondern man soll beides trennen -- so täten es auch die Gläubigen.
....


Es kommt mir weniger auf "gut" oder "schlecht", sondern darauf an, was Luther bewirkt hat und ob das historisch als reaktionär, konservativ, progressiv, revolutionär zu bewerten ist. So half er bekanntermassen mit den hier zitierten Texten aktiv mit, die Bauernaufstände zu unterdrücken, die sich gegen die Fürsten und den Zehnten richteten, und verbündete sich mit den die Bauern ausbeutenden Fürsten, die sich von der Römischen Kirche lossagten, um seine für die Lossagung passende Lehre mit der Erlaubnis der fürstlichen Obrigkeit unter das Volk zu bringen. Die aufständischen Bauern hätten allerdings auch keine Chance auf Erfolg für eine andere Ordnung gehabt, hätte sich Luther auf ihre Seite gestellt.

Die "neue geistliche Ordnung" Luther's beendete in einigen Fürstentümern die damals sehr grosse Macht des Papstes sowie der Römischen Kirche und lieferte für diese Zwecke die Gnaden-Lehre, die Du ja umschrieben hast. Er predigte herrschaftsbejahendes Verhalten gegenüber den weltlichen Mächten und Kritik an der päpstlichen Aneignung der Seelen. Ich denke, darüber kann es eigentlich keinen Streit geben, dass die Römische Kirche eine konservative bis reaktionäre Herrschaft zum damaligen Zeitpunkt in Europa darstellte und die Beschneidung ihres Einflusses durch Luther's Ablasskritik insofern als progressiv und die Bauernaufstände als revolutionär zu werten sind.

Verbündete sich Luther mit den feudalen Fürsten, suchten Zwingli und Calvin hingegen die Unterstützung des herrschenden Bürgertums in den Städten Zürich und Genf (beide als Stadtbürgermeister), dem Träger der späteren bürgerlichen Revolutionen. Die Zwinglianer und Calvinisten beschäftigten sich anders als Luther auch mit neuen weltlichen Gesetzen (Puritanismus, Arbeitsethik). Die (calvinistischen) Hugenotten in Frankreich forderten später z.B. die Trennung von Staat und Religion sowie die Religionsfreiheit. Der Calvinismus (https://de.wikipedia.org/wiki/Calvinismus#Staat_und_Gesellschaft) wirkte vor allem in den angelsächsischen Sprachraum nicht nur als Religion und geflohene Hugenotten beeinflussten auch Friedrich den Grossen und das preussische Staatswesen.

Man kann natürlich mit sehr guten Gründen der Meinung sein, dass die Abschaffung des mittelalterlichen, durch die Römische Kirche eingeführten Zinsverbotes in der italienischen Renaissance den Kapitalismus und das Ende des Mittelalters viel stärker beförderte als das Wirken von Luther. Und den Reformationsfeiertag zeitgemäss durch einen Zinsfeiertag ersetzen, ehrlicherweise. ;)

Ps:
Darüber, dass die Lutherbibel die Entstehung der (früh)neuhochdeutschen Sprache (https://de.wikipedia.org/wiki/Fr%C3%BChneuhochdeutsch) beeinflusste, wie Schussel schreibt, bestehen keine Zweifel. Zwingli übersetzte die Bibel, die bekannte Zürcher-Bibel ins Alemannische (mittelhochdeutsche), weshalb sie und Zwingli ausserhalb dieses Sprachraumes halt keine Verbreitung fanden.

qbz
02.11.2017, 20:39
.........
Gerade die Philosophie hat diesbezüglich ja gar nix praktisches zustande gebracht .....



Da fällt mir spontan ein:
"Die Philosophen haben die Welt nur verschieden interpretiert, es kommt darauf an, sie zu verändern." ;)

MattF
02.11.2017, 21:16
Ich verstehe Deinen Punkt. Dagegen steht jedoch die Tatsache, dass Kinder fast immer die Religion ihrer Eltern annehmen. Das spricht spricht meines Erachtens dafür, dass der konkrete Glaube anerzogen, und weniger das Ergebnis persönlicher Einsicht ist.

Das ist doch in Deutschland oder der EU Heute doch nur noch formal so.

Gerade unsere Generation (bzw. eigentlich noch ein bisschen davor :-) ) hat doch extrem gegen all das wofür unserer Eltern standen rebeliert.

Wenn in den 60er Jahren z.b. die Kirchen voll waren sind sie Heute leer. Die Erziehung der Elterngeneration ist total in die Hose gegangen.

Und wenn sich Heute in D jemand für Spiritualität interssiert, findet er das eher im Budsimus als in der katholischen Kirche.

Trimichi
03.11.2017, 06:24
Da fällt mir spontan ein:
"Die Philosophen haben die Welt nur verschieden interpretiert, es kommt darauf an, sie zu verändern." ;)

Da fällt mir spontan ein:
"Helmut erklärt uns die Welt, es kommt aber darauf an, über das Stadium der Reflektion hinauszugehen. ";)
Autor: Trimichokles

Übrigens Lidlracer: Gutenberg lebt! Da hast du dich geirrt. Macht ja nichts, denn Errare humanum est, wie der Lateiner zu sagen pflegt :)

Beweis: http://www.bild.de/themen/personen/karl-theodor-zu-guttenberg/politik-nachrichten-news-fotos-videos-15803094.bild.html

Helmut S
03.11.2017, 08:45
Servus qbz,

:Cheese: Den Spruch kenne ich, klingt auch irgendwie richtig ;) Zu Feuerbach kann ich aber nix sagen, habe nie was von dem gelesen. Da, wie gesagt, die Geisteswissenschaften (die Philodophie in dem Falle) nicht erfolgreich waren im Verändern der Welt, kann es gut sein, dass er an seinem eigenen Anspruch gescheitert ist :Lachen2:

Eine gute, praktisch relevante und vor allem brandaktuelle Fragestellung, auf die man Moralphilosopie anwenden kann ist: „Ist eine Obergrenze für Flüchlinge moralisch vertretbar?“

Welche Position (ich meine nicht die Politische) habt ihr denn zu der Fragestellung?

Liebe Grüße
Helmut

MattF
03.11.2017, 08:55
Servus qbz,

:Cheese: Den Spruch kenne ich, klingt auch irgendwie richtig ;) Zu Feuerbach kann ich aber nix sagen, habe nie was von dem gelesen. Da, wie gesagt, die Geisteswissenschaften (die Philodophie in dem Falle) nicht erfolgreich waren im Verändern der Welt, kann es gut sein, dass er an seinem eigenen Anspruch gescheitert ist :Lachen2:


Z.b. Karl Marx hat in meinen Augen die Welt extrem verändert.

Auch Voltaire und Rousseau haben in meine Augen die Welt verändert. Sie haben Vorlagen/ Ideen für neue Gesellschaftsformen geliefert, die Poltiker dann in Verfassungen z.b. gegossen haben.

Sie selbst haben den Kampf nicht geführt aber die intelektuellen Vorraussetzungen geschaffen, dass sich die Gesellschaft verändert hat, vom Feudalismus weg.

Sie selbst haben die Veränderungen nicht durchgeführt.

Einstein hat die Atombombe (und die KWKs und das GPS) aber auch nicht gebaut, sondern nur die wissenschaftlichen Grundlagen entwickelt.
Auch er hat die Welt verändert.

Trimichi
03.11.2017, 09:07
Zur Moral:

Manche sagen, Moral wurde vom Menschen geschaffen (und ist deswegen willkürlich). Manche sagen, Moral wurde von Gott vorgegeben (und ist deshalb verbindlich). Manche sagen, eine bestimmte Handlung sei moralisch, andere bestreiten es.

Dies alles trennt uns voneinander.

Was eint uns?

Was wir alle gemeinsam haben, ist die Notwendigkeit, miteinander auszukommen. Wir müssen einen gemeinsamen Nenner finden, auf den wir uns alle einigen können, auch wenn dieser gemeinsame Nenner womöglich winzig ist.

Wie gelingt uns das?

Die abrahamitischen Religionen versuchen, die ganze Welt auf einen einzigen Gesetzgeber einzuschwören und dadurch eine Einigung zu erzielen. Dieses Ansinnen ist bislang gescheitert.

Wir müssten etwas finden, was für alle Menschen und für alle Religionen gleich aussieht, egal von welcher Perspektive man es betrachtet.

Ich finde, Fakten könnten dieser gemeinsame Nenner sein, auf dem dann alles weitere aufbaut.

Deswegen ist das Ansinnen der Religionen nicht hilfreich, immer ausgefeiltere Theologien zu entwickeln. Deswegen war auch Martin Luther mit seiner Version nicht hilfreich. Es hat zu mehr Uneinigkeit geführt und nicht zu mehr Einigkeit.

Hilfreich ist, zu den Wurzeln zurückzukehren und erstmal eine solide Grundlage zu schaffen. Genau das macht die Wissenschaft.

Sollten wir je eine gemeinsame Moral entwickeln, dann wird sie auf den Erkenntnissen der Wissenschaft basieren.

Solche Entwicklungen gibt es bereits. Es gibt die Ethikkommission der APA (American Psychological Association), die der psychologischen Forschung sehr enge Grenzen setzt. Und natürlich auch Psychologen.
Um dieser Moral dienen zu dürfen sind sehr hohe Hürden vorgeschaltet. In DE ein NC von 1,3 im allgemeinen Abitur, um überhaupt erst einmal damit anfangen zu dürfen eine geisteswissenschaftliche Ausbildung absolvieren zu können. Dabei fragt jedoch die Psychologie nur nach dem wie, d.h. wie die Welt beschaffen ist. Das warum ist Gegenstand von Philosophie. Neben dem M. Sc. braucht es dann noch einen Dr. Phil.

Für 99,999% der Menschen ist das Lesen von religiösen Schriften, in dem vergleichsweise einfachere Verhaltenskodizes dargelegt sind, praktikabler. Nach der APA kostet das Stinkefinger zeigen 1500,- EUR, nach dem Gesetz § 185 StGb 500 EUR und nach der Bibel Null Euro. Ist doch fein so.

D.h. wenn jemals so eine Moral existieren wird, dann auf Basis von Liebe, auf Basis von Liebe und Vergebung, und nicht etwa auf Basis kalkulatorischer Größen. Hat übrigens auch schon ein großer Welt- und Weisheitslehrer vor über 2000 Jahren dargelegt ;). Vergebung ist auch die einzige Möglichkeit den Nahost-Konflikt zu lösen. Mit Moral kommst du im nahen Osten nicht so weit, da mache ich (fast) jede Wette.

MattF
03.11.2017, 09:12
D.h. wenn jemals so eine Moral existierien wird, dann auf Basis von Liebe, auf Basis von Liebe und Vergebung, und nicht etwa auf Basis kalkulatorischer Größen. Vergebung ist auch die einzige Möglichkeit den Nahost-Konflikt zu lösen. Mit Moral kommst du da nicht so weit, da mache ich (fast) jede Wette.

Sehe ich auch so, nur wo ist da die Religion?

Liebe und Vergebung geht auch ohne Religion.

MfG
Matthias

P.s.: Man kann nur Philosoph werden mit einem NC von 1.3? Versteh ich dich da richtig?

Helmut S
03.11.2017, 09:14
Sers MattF,

ich verstehe was du meinst und stimme dir in deiner Sichtweise auch zu. :Blumen: Ich stelle gerade fest, ich habe mich darüber hinaus auch wirklich schlecht ausgedrückt. Wenn ich „die Welt verändern“ schreibe, denke ich eigentlich „das Leben der Menschen auf der Welt verbessern“. Sorry dafür!

LG Helmut

Trimichi
03.11.2017, 10:04
Sehe ich auch so, nur wo ist da die Religion?

Liebe und Vergebung geht auch ohne Religion.

MfG
Matthias

P.s.: Man kann nur Philosoph werden mit einem NC von 1.3? Versteh ich dich da richtig?

Nein. NC ist in DE bei circa 1,3 im Abi für Psycho. Philo hat keinen NC (müsste ich aber aktuell überprüfen, war aber immer so).

Grützi
Trimichi

P.S.: ich meinte ein abgeschlossenes Doppelstudium. Für Philo allein greift nicht die APA. Grund u.a.: Philo führt keine empirische, naturwissenschaftliche Forschung durch, sie belegt ihre Aussagen nicht in der Praxis, wie man hier sehr schön (mit Bezug auf den Fussball-Thread) im Video versinnbildlicht sehen kann...
https://www.youtube.com/watch?v=71l1KytVNcY

qbz
03.11.2017, 10:44
Servus qbz,

......
Eine gute, praktisch relevante und vor allem brandaktuelle Fragestellung, auf die man Moralphilosopie anwenden kann ist: „Ist eine Obergrenze für Flüchlinge moralisch vertretbar?“

Welche Position (ich meine nicht die Politische) habt ihr denn zu der Fragestellung?

Liebe Grüße
Helmut

Hallo helmut,

was meinst Du dabei mit "politischer" im Unterschied zu "moralischer" Position. Gibt es da einen Unterschied in der Frage, ob man Flüchtlingen Asyl gewährt?

Ich kann mich noch sehr gut daran erinnern, als in der Schweiz kritische Schweizer in den 80ziger Jahren anfingen, ihr Land dafür zu kritisieren, dass es während des 2. Weltkrieges die Grenzen zu DE auch für Flüchtlinge (Juden) schloss (mit Armee) (https://de.wikipedia.org/wiki/Schweiz_im_Zweiten_Weltkrieg#Asyl-_und_Fl.C3.BCchtlingspolitik), obwohl man spätestens nach 1942 wusste, dass diese in DE ermordet werden. Bekannt wurde die Problematik durch den Film: "Das Boot ist voll" (http://www.filmportal.de/film/das-boot-ist-voll_32ab69d185944683bbe9a4812ed3c1b7)

"Der Bundesrat, das Eidgenössische Justiz- und Polizeidepartement und die Spitzen der Armee wussten im Sommer 1942, dass den zurückgewiesenen Flüchtlingen die Deportation nach Osteuropa und damit der Tod drohte. Der Schweizerische Israelitische Gemeindebund, die Hilfswerke, Teile der Bevölkerung und der sozialdemokratische Nationalrat David Farbstein protestierten vehement gegen die Grenzschliessung.[39]"

Aufgrund solcher Erfahrungen muss Asyl für alle Flüchtlinge gelten und wer illegal vom Leben bedrohte Flüchtlinge schützt (im Kirchenasyl z.B., um auf das Topic zu kommen ;) ) handelt IMHO human, politisch aber vielleicht illegal.

Herzlichen Gruss,
qbz

Klugschnacker
03.11.2017, 12:58
Der Mensch überschätzt sich, wenn er glaubt, er könne langfristig selbst festlegen, was moralisch oder unmoralisch sei. Tatsächlich kann er das weder durch die Religion, noch auf andere Weise. Moral entwickelt sich langfristig von selbst. Aus diesem Grund finden wir überall auf der Welt dieselbe Moral. Die bestehenden Unterschiede sind Feinheiten.

Denn was wir "Moral" nennen, ist nichts anderes als die jeweils erfolgreichste Strategie. Sie wird dann abgelöst, wenn sich eine noch erfolgreichere Strategie findet, die dann ihrerseits als "Moral" bezeichnet wird.

Eine solche Strategie lautet quer durch alle menschlichen Kulturen, aber auch unter Affen, Fledermäusen etc.: "Begegne anderen stets Kooperationsbereit, aber wehre Dich, wenn Du angegriffen wirst".

Diese Strategie ist erfolgreicher als andere Strategien. Ein Beispiel für eine andere Strategie lautet: "Greife stets sofort an und sichere Dir Deinen unmittelbaren Vorteil". Ein gegenteiliges Beispiel: "Weiche Konflikten stets aus und ergreife immer die Flucht".

Die Balance zwischen Aggression und Friedfertigkeit, zwischen Egoismus und Altruismus, zwischen kurzfristigen und langfristigem Benefit, stellt sich über eine kulturelle Evolution von selbst ein. Das erfolgreichste Verhalten (die erfolgreichste Strategie) setzt sich durch. Wir nennen das dann "Moral".

Diesen Mechanismus findet man nicht nur bei der Entstehung und Weiterentwicklung der Moral, sondern bei allen kulturellen Entwicklungen. Warum brach der Kommunismus zusammen? Weil andere Wirtschaftsweisen (Strategien) erfolgreicher waren. Aus demselben Grund weichen Monarchien den Demokratien.

Warum gibt es nur sehr wenige Gottesstaaten, warum sind die fundamentalchristlichen Gemeinschaften der USA sehr klein? Weil sich andere Strategien erfolgreicher ausbreiten. Deshalb entscheiden sich unsere Moralbegriffe etwas von denen der Mormonen. Nicht weil sie "besser" wären, sondern weil sie einen größeren Ausbreitungserfolg hatten.

Gesellschaften oder Gruppen mit erfolgreichen Strategien wirken an ihren Grenzen zu anderen Gruppen ansteckend. So breiten sich erfolgreiche Strategien aus.

Wir überlasten die Religionen auf unnötige und unfaire Weise, wenn wir erwarten, sie könnten uns eine tragfähige Moral (Verhaltensstrategie) liefern. Religion kann Impulse geben. Alles weitere entwickelt sich.

MattF
03.11.2017, 13:16
Warum gibt es nur sehr wenige Gottesstaaten,


Und die paar die es gibt, gibt es nur wg.Sondereffekten, konkret weil die Öl unter der Wüste gefunden haben und nicht real wirtschaften müssen für ihr Geld.

Müssten die ihren Wohlstand selber erarbeiten, wären sie längst weg vom Fenster.

MfG
Matthias

qbz
03.11.2017, 13:34
Der Mensch überschätzt sich, wenn er glaubt, er könne langfristig selbst festlegen, was moralisch oder unmoralisch sei. Tatsächlich kann er das weder durch die Religion, noch auf andere Weise. Moral entwickelt sich langfristig von selbst. Aus diesem Grund finden wir überall auf der Welt dieselbe Moral. Die bestehenden Unterschiede sind Feinheiten.

Denn was wir "Moral" nennen, ist nichts anderes als die jeweils erfolgreichste Strategie. Sie wird dann abgelöst, wenn sich eine noch erfolgreichere Strategie findet, die dann ihrerseits als "Moral" bezeichnet wird.

Eine solche Strategie lautet quer durch alle menschlichen Kulturen, aber auch unter Affen, Fledermäusen etc.: "Begegne anderen stets Kooperationsbereit, aber wehre Dich, wenn Du angegriffen wirst".

Diese Strategie ist erfolgreicher als andere Strategien. Ein Beispiel für eine andere Strategie lautet: "Greife stets sofort an und sichere Dir Deinen unmittelbaren Vorteil". Ein gegenteiliges Beispiel: "Weiche Konflikten stets aus und ergreife immer die Flucht".

Die Balance zwischen Aggression und Friedfertigkeit, zwischen Egoismus und Altruismus, zwischen kurzfristigen und langfristigem Benefit, stellt sich über eine kulturelle Evolution von selbst ein. Das erfolgreichste Verhalten (die erfolgreichste Strategie) setzt sich durch. Wir nennen das dann "Moral".
......


Ich möchte da doch mehrere Fragezeichen hinter diese Vorstellung über die allgemeine Entwicklung der menschlichen Moral und Kultur setzen und ich bezweifle auch, ob das bei den Säugetieren auf diese Weise zu verallgemeinern ist (der Löwe, der den Rudelchef vertreibt und den Nachwuchs tötet, verhält sich wenig kooperationsbereit ;) ).

Es lohnt sich, darüber nachzudenken, ob solche Verallgemeinerungen nicht mit bestimmter ideologischer Absicht postuliert werden, z.B. um zu verdecken, dass diejenigen, welche herrschen, jeweils eine andere Moral haben, abgeleitet von ihren Interessen, als diejenigen, die beherrscht werden. Wäre es anders, würden wohl kaum jede Minute auf der Welt Menschen verhungern. Ich würde eher postulieren, dass Moral rein interessengeleitet ist und die Interessen einzelner Schichten wiederum von den wirtschaftlichen Verhältnissen abhängen, die z.B. im Kapitalisums nicht mehr unter der Kontrolle der Menschen stehen.

Für menschliche Kleingruppen ohne starre Hierarchien in psychologischen und spielstrategischen Laborsituationen mögen die genannten allgemeinen Strategiewertungen bestimmt zutreffen. Auch sehe ich in der Kooperation und der Vergesellschaftung von Arbeit ein bestimmendes, allgemeines Moment der menschlichen Entwicklung, wobei halt seit der Entstehung von "Reichen" die Kooperation in konkreten Herrschaftsverhältnissen erfolgt, in denen sich die Moral der Herrschenden (z.B. der Pharaonen) und der Unterdrückten (der Sklaven in dem Fall) doch wesentlich unterscheidet.

MattF
03.11.2017, 13:42
Arne hat nicht behauptet, dass diese Strategie allgem im Tierreich herrscht sondern nur beispielsweise bei Affen z.b..

Da die meisten Tiere keine Kultur haben, sind entsprechende Vergleiche auch nur anekdotisch.

Es heißt auch nicht, dass es die einzige mögliche Strategie ist. Es ist allerdings die die sich im Moment herausgebildet hat.

Eine Strategie muss im übrigen auch nicht 100% der Individuen einer Gruppe helfen um erfolgreich zu sein, sondern nur den meisten.

Das ist ein Grund dafür, dass Menschen verhungern, nicht dass es eine Herrscherkaste gibt, die dafür sorgt dass Menschen verhungern.

Im übrigem verhungern immer weniger Menschen, wir sind also auf dem richtigen Weg.

qbz
03.11.2017, 14:10
Arne hat nicht behauptet, dass diese Strategie allgem im Tierreich herrscht sondern nur beispielsweise bei Affen z.b..

Da die meisten Tiere keine Kultur haben, sind entsprechende Vergleiche auch nur anekdotisch.


ich denke, die von Arne dargelegte Vorstellung meint den Vergleich nicht anekdotisch und bezieht sich auf die Evolution der Säugetiere bis zur Kultur der Menschen ganz allgemein. Aber mag Arne dazu etwas sagen.
......


Eine Strategie muss im übrigen auch nicht 100% der Individuen einer Gruppe helfen um erfolgreich zu sein, sondern nur den meisten.

Das ist ein Grund dafür, dass Menschen verhungern, nicht dass es eine Herrscherkaste gibt, die dafür sorgt dass Menschen verhungern.

Im übrigem verhungern immer weniger Menschen, wir sind also auf dem richtigen Weg.

Leider sind wir nicht auf dem richtigen Weg, weil die weltweite Vermögensverteilung immer ungleicher, ungerechter wird (https://www.oxfam.de/ueber-uns/aktuelles/2017-01-16-8-maenner-besitzen-so-viel-aermere-haelfte-weltbevoelkerung) sowie die kommende Erderwärmung jetzt schon für neue Hungergebiete sorgt und das nur als Vorbote von Katastrophen viel grösseren Ausmasses. Solange es nicht gelingt, die Armut, die wachsende Ungleichverteilung von Vermögen zu beseitigen und die Erderwärmung deutlich zu begrenzen, weil die imperialen Staaten und dominierenden Konzerne ihrer Profitkonkurrenz sowie nationalen Interessen folgen, gilt die Proftmaximierung als oberste Maxime weltweit, die nicht mal dann gebändigt wird, wenn es um die mögliche Vernichtung ganzer Völker geht. Die Ziele der Profitmaximierung bestimt letzlich die Moral ...

MattF
03.11.2017, 14:33
Leider sind wir nicht auf dem richtigen Weg, weil die weltweite Vermögensverteilung immer ungleicher, ungerechter wird (https://www.oxfam.de/ueber-uns/aktuelles/2017-01-16-8-maenner-besitzen-so-viel-aermere-haelfte-weltbevoelkerung)


Es geht nicht um Vermögen sondern um das was die Menschen sich leisten und kaufen können.

Und immer mehr Menschen können sich immer mehr Sachen kaufen und werden immer satter.

Ob jetzt irgendein Typ 50 Milliarden auf dem Konto hat ist dabei weitgehend wurscht. Der kann auch nicht mehr als Essen, Trinken, Wohnen und 1 Auto gleichzeitig fahren.


MfG
Matthias

Trimichi
03.11.2017, 15:20
Die Ziele der Profitmaximierung bestimt letzlich die Moral ...

So habe ich Arne auch verstanden. Fressen und gefressen werden. Mehr ist das nicht. Von wegen welche Strategie die bessere ist. Nur haben wir als Menschen Vernunftbegabung, sowie deduktive und nicht nur induktive Logik zur Verfügung. Im Unterschied zu Heuschrecken und dem gesamten Tierreich wissen wir, dass die Ressourcen endlich sind. Die Natur und damit auch das Tierreich, wie auch übrigens BWLer, geht/gehen von unendlichen Ressourcen aus.

Sollte also die blinde Fresswut (Profitmaximierung) über die Vernunftbegabung und das daraus bedingte Talent des Menschen sich über seine animalische Natur zu erheben und Moral zu schmieden triumphieren?
Falls ja, es wird ein trauriges Fest... .

Wissenschaftler sprechen deswegen auch vom Menschen als Irrläufer der Evolution. Weil er im Wissen sich selbst zu vernichten es dennoch tut, und in diesem Zusammenhang noch dümmer als ein Regenwurm erscheint (statistisch gesehen begreift ein Regenwurm in einem y-förmigen Labyrinth nach jeweiligen Stromschlag bei Ausgang A nach dem 123zigsten Mal, dass er Ausgang B (kein Stromschlag) zu wählen hat / Metapher für die menschliche Kriegsführung).

qbz
03.11.2017, 17:37
Es geht nicht um Vermögen sondern um das was die Menschen sich leisten und kaufen können.

Und immer mehr Menschen können sich immer mehr Sachen kaufen und werden immer satter.

Ob jetzt irgendein Typ 50 Milliarden auf dem Konto hat ist dabei weitgehend wurscht. Der kann auch nicht mehr als Essen, Trinken, Wohnen und 1 Auto gleichzeitig fahren.


MfG
Matthias

Ich glaube, es war ziemlich klar, dass ich nicht vom Konsum der Herrschenden sprach, sondern von deren wirtschaftlichen Macht, welche die Politik weltweit nicht unter Kontrolle bekommt, weil sie umgekehrt unter der Kontrolle der wirtschaftlich Mächtigen steht.

Infos zum Welthunger (https://de.wikipedia.org/wiki/Welthunger).

Klugschnacker
03.11.2017, 18:13
Sollte also die blinde Fresswut (Profitmaximierung) über die Vernunftbegabung und das daraus bedingte Talent des Menschen sich über seine animalische Natur zu erheben und Moral zu schmieden triumphieren?
Falls ja, es wird ein trauriges Fest... .

Das ist ein zu einfaches Bild. Erfolgreiche Strategien sind viel komplexer. Nehmen wir als Beispiel die Partnerwahl. Wer bekommst die begehrtesten Frauen oder Männer ab? Im einfachen Bild vom Fressen und gefressen Werden hole ich mir die Frau notfalls mit Gewalt und breche allen Konkurrenten das Nasenbein.

In der realen Welt ist das komplexer. Viele Frauen bevorzugen Männer mit ausgeprägten sozialen Stärken. Sie (die Männer) können damit langfristig zuverlässige Versorger für den Nachwuchs sein, können soziale Netzwerke knüpfen und einen hohen Status in der Gemeinschaft erlangen.

Falls diese (wahrscheinlich unbewusste) Strategie erfolgreich ist, breitet sie sich in einer Population aus. Man findet dann nach einiger Zeit viele Männer mit diesen sozialen Eigenschaften, sowie Frauen, welche diesen Typ bevorzugen. Das wiederum wirkt sich auf die Erwartungen und Gepflogenheiten innerhalb einer Gesellschaft aus. Offen unsoziales Verhalten wird nicht geduldet und geächtet.

Das bedeutet nichts anderes, als das die erfolgreichste Strategie automatisch die Moralvorstellungen hervorbringt: Das Verhalten eines Mannes, der stark davon abweicht, gilt als unmoralisch. Etwa, wenn er viele Frauen schwängert und sich anschließend nicht um die Kinder kümmert.

---

Ein zweites Beispiel:

Frauen gehen in einer Partnerschaft eine große Investition ein. Denn sie sind es, welche die Kinder gebären und im Falle einer Trennung jahrelang aufziehen müssen. Deshalb sind sie tendenziell an Männern interessiert, die langfristig zuverlässig sind und dauerhafte emotionale Bindungen einzugehen bereit sind.

Männer hingegen können nicht 100% sicher sein, ob die Kinder, die aufzuziehen sie täglich mithelfen, ihre eigenen sind. Sie sind daher tendenziell an Frauen interessiert, die ihnen sexuell treu sind.

Beide verfolgen damit das Ziel, ihre "Investition" zu schützen.

Die Eifersucht der Frau bezieht sich in diesem schematischen Bild darauf, die emotionale Bindung ihres Mannes nicht zu verlieren. Sie legt auf seine emotionale Treue mehr wert als auf seine sexuelle. Bei Männern ist es aus dem genannten Grund umgekehrt: Sie fürchten vor allem die sexuelle Untreue ihrer Frauen, weniger die emotionale.

Das wirkt sich auf unsere Moralbegriffe aus. Bei der Frau ist die sexuelle Untreue moralisch sehr negativ besetzt, weit stärker als die des Mannes. Beim Mann ist die emotionale Untreue moralisch sehr negativ besetzt; beispielsweise werden Seitensprünge von Männern gesellschaftlich akzeptiert, solange sie sich zu Hause um Frau und Kinder kümmern.

Wir unterliegen nun dem Irrtum, wir hätten solche Moralvorstellungen selbst erfunden. Sie sind aber nur das Ergebnis erfolgreicher Strategien oder erfolgreicher Verhaltensweisen.

(Vorsorglich bitte ich um Vergebung, dass ich vereinfachte Beispiele aus sehr komplexen sozialen Gebieten gewählt habe. Mir geht es nur um die Verdeutlichung einer Tendenz oder eines Prinzips.)

Klugschnacker
03.11.2017, 18:39
Es lohnt sich, darüber nachzudenken, ob solche Verallgemeinerungen nicht mit bestimmter ideologischer Absicht postuliert werden, z.B. um zu verdecken, dass diejenigen, welche herrschen, jeweils eine andere Moral haben, abgeleitet von ihren Interessen, als diejenigen, die beherrscht werden. Wäre es anders, würden wohl kaum jede Minute auf der Welt Menschen verhungern. Ich würde eher postulieren, dass Moral rein interessengeleitet ist und die Interessen einzelner Schichten wiederum von den wirtschaftlichen Verhältnissen abhängen, die z.B. im Kapitalisums nicht mehr unter der Kontrolle der Menschen stehen.

Bei mir gibt es keine ideologische Absicht. Das wolltest Du mir wahrscheinlich auch nicht unterstellen, daher sage ich es nur vorsorglich.

Ansonsten bin ich Deiner Meinung. Den Widerspruch, auf den Du hinaus willst, sehe ich nicht.

Moralbegriffe sind das Ergebnis erfolgreicher Strategien. In der Arbeiterklasse besteht eine erfolgreiche Strategie darin, fleißig und genügsam zu sein, eine gute Arbeitsmoral zu haben. Das spiegelt sich in den moralischen Vorstellungen: Frühaufsteher sind moralisch angesehener als Langschläfer, selbst wenn beide gleich viel arbeiten. Verschwendung ist ein moralisches Vergehen, Sparsamkeit eine Tugend.

In der Oberschicht haben sich andere Strategien als erfolgreich erwiesen. Daher findet man dort auch andere Moralbegriffe. Sklaverei wurde moralisch legitimiert. Die Ehe mit einer "Bürgerlichen" war beim Adel moralisch geächtet.

Du sagst, Moral sei das Ergebnis von Interessen. Ich sage, sie ist das Ergebnis erfolgreicher Strategien. Strategien und Interessen gehen Hand in Hand.

merz
04.11.2017, 08:15
ich erlaube mir mal eine Ambiguität in "erfolgreich" für eine Flanke zum zentralen Thema dieses threads zu nutzen:

Wirkt es nicht so, als seien die großen Weltreligionen die "erfolgreichsten" sozialen Phänomene/Strömungen in der Geschichte der Menschheit - mit ausdefinierten Moralvorstellungen? ("Erfolg" jetzt mal nach Stabilität, Adaptionsrate, "Marktdurchdringung").

Interessant, oder?


m.

Trimichi
04.11.2017, 08:18
Das ist ein zu einfaches Bild. Erfolgreiche Strategien sind viel komplexer. Nehmen wir als Beispiel die Partnerwahl. Wer bekommst die begehrtesten Frauen oder Männer ab? Im einfachen Bild vom Fressen und gefressen Werden hole ich mir die Frau notfalls mit Gewalt und breche allen Konkurrenten das Nasenbein.

In der realen Welt ist das komplexer. Viele Frauen bevorzugen Männer mit ausgeprägten sozialen Stärken. Sie (die Männer) können damit langfristig zuverlässige Versorger für den Nachwuchs sein, können soziale Netzwerke knüpfen und einen hohen Status in der Gemeinschaft erlangen.

Falls diese (wahrscheinlich unbewusste) Strategie erfolgreich ist, breitet sie sich in einer Population aus. Man findet dann nach einiger Zeit viele Männer mit diesen sozialen Eigenschaften, sowie Frauen, welche diesen Typ bevorzugen. Das wiederum wirkt sich auf die Erwartungen und Gepflogenheiten innerhalb einer Gesellschaft aus. Offen unsoziales Verhalten wird nicht geduldet und geächtet.

Das bedeutet nichts anderes, als das die erfolgreichste Strategie automatisch die Moralvorstellungen hervorbringt: Das Verhalten eines Mannes, der stark davon abweicht, gilt als unmoralisch. Etwa, wenn er viele Frauen schwängert und sich anschließend nicht um die Kinder kümmert.

---

Ein zweites Beispiel:

Frauen gehen in einer Partnerschaft eine große Investition ein. Denn sie sind es, welche die Kinder gebären und im Falle einer Trennung jahrelang aufziehen müssen. Deshalb sind sie tendenziell an Männern interessiert, die langfristig zuverlässig sind und dauerhafte emotionale Bindungen einzugehen bereit sind.

Männer hingegen können nicht 100% sicher sein, ob die Kinder, die aufzuziehen sie täglich mithelfen, ihre eigenen sind. Sie sind daher tendenziell an Frauen interessiert, die ihnen sexuell treu sind.

Beide verfolgen damit das Ziel, ihre "Investition" zu schützen.

Die Eifersucht der Frau bezieht sich in diesem schematischen Bild darauf, die emotionale Bindung ihres Mannes nicht zu verlieren. Sie legt auf seine emotionale Treue mehr wert als auf seine sexuelle. Bei Männern ist es aus dem genannten Grund umgekehrt: Sie fürchten vor allem die sexuelle Untreue ihrer Frauen, weniger die emotionale.

Das wirkt sich auf unsere Moralbegriffe aus. Bei der Frau ist die sexuelle Untreue moralisch sehr negativ besetzt, weit stärker als die des Mannes. Beim Mann ist die emotionale Untreue moralisch sehr negativ besetzt; beispielsweise werden Seitensprünge von Männern gesellschaftlich akzeptiert, solange sie sich zu Hause um Frau und Kinder kümmern.

Wir unterliegen nun dem Irrtum, wir hätten solche Moralvorstellungen selbst erfunden. Sie sind aber nur das Ergebnis erfolgreicher Strategien oder erfolgreicher Verhaltensweisen.

(Vorsorglich bitte ich um Vergebung, dass ich vereinfachte Beispiele aus sehr komplexen sozialen Gebieten gewählt habe. Mir geht es nur um die Verdeutlichung einer Tendenz oder eines Prinzips.)

Moin Arne! :Blumen:

Evolutionäre Psychologie a la David M. Buss (2004) ist eines meiner Steckenpferde. Du hast vergessen zu erwähnen, dass (a) soziale Motive in der Partnerwahl der Frau nur auf Rang 3 logieren. Platz 1 sind Ressourcen (womit wir wieder bei der Gewinnmaximierung sind). Platz 2 belegt Macht (Was auch wieder auf Gewinnmaximierung abzielt). Und (b) beziehen sich deine Ausführungen nur auf langfristige Partnerwahlstrategien der Frau. Kurzfristige Partnerwahlstrategien der Frau haben andere Schwerpunkte.
In short: vom Piraten träumen sie, den Buchhalter heiraten sie.

Was hat das nun mit Moral zu tun? Gute Frage, ich weiss es nicht.

Nächtelange Diskussionen unter Kybernetikern, Wirtschaftsinformatikern und Philosophen im Freundeskreis führten zu dem Ergebnis, daß das Wohl des Planeten und der menschlichen Rasse im limbischen System der Frau verortet ist (Holger).
Frauen haben Männer überholt, es steht 3:1 für die Frauen inzwischen. Denn zusätzlich zu den Waffen und Rundungen der Frauen kommt nun die Gleichberechtigung. Daher fordern die Soziologen im Gesprächskreis die Emanzipation des Mannes (Gerd, vor allem Jo).

Lasst uns endlich den Anschlußtreffer erzielen!

Die Haare der Frauen sind das Spinnennetz Satans in dem sich die Seelen der Männer verfangen. Männer, schneiden wir diesen Zopf endlich ab!

Schönes WE an alle!

Trimichi

;)

Klugschnacker
04.11.2017, 09:03
Was hat das nun mit Moral zu tun?

Es hat mit den Ursachen für Moral zu tun. Es beantwortet die Frage, warum haben wir diese bestimmte Moral und keine andere.

Dieser Frage muss man sich ja stellen, wenn man nicht akzeptiert, dass die Moral vom Himmel gefallen sei.

qbz
04.11.2017, 09:09
.......
Du sagst, Moral sein das Ergebnis von Interessen. Ich sage, sie ist das Ergebnis erfolgreicher Strategien. Strategien und Interessen gehen Hand in Hand.

Gerade bei Ehe, Familie und Sexualität kann man in der Geschichte ebenfalls sehr gut erkennen, dass prägend für die Moral die soziale und ökonomische Stellung ist, aus denen sich die Interessen von Ständen, Klassen, Schichten, Geschlechter ableiten. Insoferen unterscheidet sich die Moral zwischen diesen und wird von den jeweiligen Herrschaftsverhältnissen geprägt. Das widerspricht jetzt sicher nicht dem Gedanken, dass es für einen römischen Familienvorstand in der Antike eine erfolgreichere Strategie war, sich für seine Lust der SklavInnen zu bedienen, als der Herrin oder dem Sohn seines Nachbarn.

(Labor)Modelle, welche die Moral allein als erfolgreiche Strategie definieren und von den konkreten Herrschaftsverhältnissen absehen, verschleiern in meinen Augen die primäre Abhängigkeit der Moral von den sozialökonomische Lagen der Menschen, aufgrund dessen (und zwar dadurch bestimmt!) erst solche kognitiven Strategien zur Geltung kommen. So ist bekannt, dass die volle Berufstätigkeit der Frauen in der DDR sowie die staatliche und betriebliche Kinderbetreuung ab Säuglingsalter z.B. zu einer viel höheren Scheidungsrate führte wie in der BRD, um bei dem Beipiel der Familie zu bleiben.

Klugschnacker
04.11.2017, 09:14
ich erlaube mir mal eine Ambiguität in "erfolgreich" für eine Flanke zum zentralen Thema dieses threads zu nutzen:

Wirkt es nicht so, als seien die großen Weltreligionen die "erfolgreichsten" sozialen Phänomene/Strömungen in der Geschichte der Menschheit - mit ausdefinierten Moralvorstellungen? ("Erfolg" jetzt mal nach Stabilität, Adaptionsrate, "Marktdurchdringung").

Interessant, oder?

Ich sehe es als ein erfolgreiches Phänomen, aber nicht als das erfolgreichste. Aber das ist ja auch egal. Ausdefinierte Moralvorstellungen sehe ich eigentlich nicht.

Bespiel: Du sollst nicht töten. Gleichzeitig finden wir in der Bibel extrem viele Morde, verübt von Menschen, Engeln und Göttern, teils aus nichtigem bis bizarrem Grund. Ausdifferenziert ist dieses Gebot ebenfalls nicht. Denn wie soll man sich in Grenzfällen verhalten, etwa bei Notwehr? Gilt das Tötungsverbot auch gegenüber Tieren, zum Beispiel Menschenaffen?

Klugschnacker
04.11.2017, 09:41
Modelle, welche die Moral allein als erfolgreiche Strategie definieren und von den konkreten Herrschaftsverhältnissen absehen, verschleiern in meinen Augen die primäre Abhängigkeit der Moral von den sozialökonomische Lagen der Menschen, aufgrund dessen (und zwar dadurch bestimmt!) erst solche kognitiven Strategien zur Geltung kommen. So ist bekannt, dass die volle Berufstätigkeit der Frauen in der DDR sowie die staatliche und betriebliche Kinderbetreuung ab Säuglingsalter z.B. zu einer viel höheren Scheidungsrate führte wie in der BRD, um bei dem Beipiel der Familie zu bleiben.

Ich sehe doch gar nicht von den konkreten Herrschaftsverhältnissen ab, ganz im Gegenteil. Sie bestimmen ganz wesentlich mit. Sie zählen zu den Umweltbedingungen, innerhalb derer sich Moral entwickelt.

Setzen wir gedanklich einmal bestimmte Herrschaftsverhältnisse voraus. Dann ist damit die Moral noch nicht festgelegt. Mit anderen Worten, bei gleichen Herrschaftsverhältnissen können sich verschiedene Moralvorstellungen entwickeln. Welche dieser verschiedenen Möglichkeiten sich am Ende durchsetzt, hängt von ihrem Ausbreitungserfolg ab.

Beispiel: Wie bewerten wir heute ganz spontan und intuitiv eine Familie mit zwölf Kindern? Eher negativ. Vielleicht sind die zu doof zum Verhüten, oder sie gehören einer Sekte an? Eine Familie mit zwei Kindern bewerten wir positiver. Eine kinderlose Ehe tendenziell negativ.

Die erfolgreichste Strategie setzt die moralischen Normen. Unsere derzeitige Gesellschaft ist mit 1-2 Kindern pro Familie erfolgreich und setzt damit diese moralische Norm.

Ändern sich die Herrschaftsverhältnisse dahingehend, dass beispielsweise jeder ein festes Grundeinkommen sowie ein Stück Land bekommt, ändert sich möglicherweise auch die Geburtenzahl und damit unsere moralische Bewertung kinderreicher oder kinderloser Paare.

qbz
04.11.2017, 09:50
Ich sehe doch gar nicht von den konkreten Herrschaftsverhältnissen ab, ganz im Gegenteil. Sie bestimmen ganz wesentlich mit. Sie zählen zu den Umweltbedingungen, innerhalb derer sich Moral entwickelt.

Setzen wir gedanklich einmal bestimmte Herrschaftsverhältnisse voraus. Dann ist damit die Moral noch nicht festgelegt. Mit anderen Worten, bei gleichen Herrschaftsverhältnissen können sich verschiedene Moralvorstellungen entwickeln. Welche dieser verschiedenen Möglichkeiten sich am Ende durchsetzt, hängt von ihrem Ausbreitungserfolg ab.
...........



Man kann ziemlich sicher (voraus)sagen, dass in Gesellschaften mit einer gesicherten Rente und einem Soszialsystem für alle wie in DE deutlich weniger Kinder geboren werden als in welchen ohne ein allgemeine Rente und staatliche Absicherung im Alter. Die Moral ist abhängig und bestimmend beeinflusst von den sozialen Bedingungen. (und die Geburtenzahl und Verhütungspraxis entwickelte sich wegen der bestimmenden sozialen Umstände (Rente) auch im Widerspruch zur Sexualmoral der Kath. Kirche. Oder die berufliche Gleichberechtigung und Vollbeschäftigung von Frauen veränderte die moralische Enstellung der Gesellschaft zu Scheidungen entgegen den kath. Vorstellungen)

Klugschnacker
04.11.2017, 09:59
Gerade bei Ehe, Familie und Sexualität kann man in der Geschichte ebenfalls sehr gut erkennen, dass prägend für die Moral die soziale und ökonomische Stellung ist, aus denen sich die Interessen von Ständen, Klassen, Schichten, Geschlechter ableiten. Insoferen unterscheidet sich die Moral zwischen diesen und wird von den jeweiligen Herrschaftsverhältnissen geprägt.

Da sind wir einer Meinung. Wir sagen beide, dass Moral Ursachen hat. Sie wurde uns nicht vom Himmel herab gereicht.

Du konzentrierst Dich vor allem auf diese Ursachen; eine davon sind die sozialen und ökonomischen Verhältnisse, unter denen die Menschen leben. Ich konzentriere mich auf den Mechanismus, wie diese Ursachen auf die Moral wirken.

Die Ursachen einer Moral können in den sozialen und ökonomischen Verhältnissen liegen. Der Mechanismus, wie diese Ursachen eine bestimmte Moral unter mehreren möglichen herausgebildet haben, ist schlicht ihr Ausbreitungserfolg.

Klugschnacker
04.11.2017, 10:15
Die Moral ist abhängig und bestimmend beeinflusst von den sozialen Bedingungen.

So weit darf man meiner Meinung nach nicht gehen. Die sozialen Bedingungen sind sicher wichtig, aber nicht allein entscheidend. Es gibt moralische Normen, die von den sozialen Bedingungen unabhängig sind, etwa das Verhalten bei Notwehr, oder unsere grundsätzliche Kooperationsbereitschaft mit anderen Menschen.

merz
04.11.2017, 10:27
Ich sehe es als ein erfolgreiches Phänomen, aber nicht als das erfolgreichste. Aber das ist ja auch egal. Ausdefinierte Moralvorstellungen sehe ich eigentlich nicht.



"ausdefiniert" war leider ein völlig schräge Wortwahl von mir,-

Was ich sagen wollte:
Die Religionen, die hier Thema sind, und die man als sehr erfolgreiche soziale Phänomene betrachten kann (darum ging es mir primär), kommen inhaltlich auch mit gewissen explizit ausformulierten Moralvorstellungen daher - deren nähere Begründung, Umfang, Inhalt und genauer Sinn sicherlich Gegenstand von Diskussion und Auslegung ist.

m.

qbz
04.11.2017, 12:16
So weit darf man meiner Meinung nach nicht gehen. Die sozialen Bedingungen sind sicher wichtig, aber nicht allein entscheidend. Es gibt moralische Normen, die von den sozialen Bedingungen unabhängig sind, etwa das Verhalten bei Notwehr, oder unsere grundsätzliche Kooperationsbereitschaft mit anderen Menschen.

Die Sklaven durften sich niemals wehren gegen körperliche Angriffe der Herrschenden (auch Bauern im Feudalismus nicht, Verfolgte und Unterdrückte usf..), Notwehr gegen Herrschende wurde oft mit dem Tode bestraft.
Die Fähigkeit zur Kooperation zeichnet die Menschen seit Abstammung aus, wird jedoch überformt durch die Art der Produktion und der Herrschaftsverhältnisse, die erst die passenden kulturellen Kooperationsnormen hervorbringen (in denen dann z.B. Sklaven den Pharaonen riesige Monumente als Grabstätten bauen, mit Zwang zur Kooperation für dieses Bauwerk, und selbst im Elend wohnen).

Jörn
04.11.2017, 12:33
Nehmen wir als Beispiel jenes moralische Handeln, welches die größte Auswirkung hat und deswegen ganz besonders unmissverständlich geklärt sein sollte: das Töten.


Ist es ein Verbot oder ein Gebot der christlichen Bibel, zu töten? Ist es strikt verboten oder wird es sogar angeordnet?


Verbietet der Koran des Töten kategorisch, oder ordnet er es (auch) an?


Gibt es Vorschriften im Judentum, das Töten zu unterlassen? Oder wird es von Jahwe sogar gefordert?


In allen drei Schriften gibt es widersprüchliche moralische Gesetze. Das Töten wird sowohl verboten als auch angeordnet. Ein moralisches System hat sich hier nicht gebildet. Sondern die Schriften empfehlen stets das, was zu ihrem Ausbreitungserfolg nützlich schien.

Deswegen wird die Leugnung religiöser Dinge mit der Tötung des betreffenden Menschen, hilfsweise auch des ganzen Volkes, bestraft. Nicht-religiöse Sünden werden hingegen kaum erwähnt, weil sie mit dem Ausbreitungserfolg der Religion sowieso nichts zu tun haben. Bei nicht-religiösen Regelungen geht es meist um läppischen Besitz, etwa Ochsen oder Esel, aber eher selten um menschliche Verfehlungen. Ehebruch wird als Eigentumsdelikt verstanden -- der emotionale Teil wird nichtmal erwähnt. Der emotionale Teil ist der geringste von allen.

Daran kann man sehen, wie hoch jene Taten bewertet werden, die religiöse Folgschaft bedeuten; und wie gering jene Taten bewertet werden, bei dem diese Folgschaft keine Rolle spielt. Jene Dinge, die wir heute als "Moral" verstehen, nämlich den emotionalen Teil eines Ehebruchs, spielte überhaupt keine Rolle, weil diese "Moral" aus einer Zeit stammt, zu der der Ausbreitungserfolg noch das bestimmende Kriterium darstellte.

Anstelle von Moral haben wir einen Mechanismus für den maximalen Ausbreitungserfolg. Was die Eigenschaft hatte, sich erfolgreich auszubreiten, wurde zur "Moral". Was dazu nichts beitrug, wurde moralisch nicht (oder kaum) geregelt. Das erklärt die widersprüchlichen Gebote/Verbote in allen drei Religionen. Töten ist nicht schön und möglichst zu unterlassen, aber Ungläubige soll man auf jeden Fall töten. Es ist nur scheinbar ein Widerspruch. Die angebliche Moral der Bibel ist vor allem eine Anleitung für den Ausbreitungserfolg für sie selbst.

Man kann das gedanklich überprüfen: Es ist moralisch, einem Scharlatan das Handwerk zu legen, denn der Scharlatan könnte potenziell jeden beschädigen. Es ist jedoch unmoralisch, einem Bischof zu sagen, er sei ein Scharlatan -- selbst dann nicht, wenn man Berge von Beweisen vorlegt. Es schickt sich einfach nicht. Es entspricht einer Jahrtausende alten Tradition, dass ein Priester (also der, der die Ausbreitung organisiert), moralisch unantastbar ist. Wer den Motor der Ausbreitung infrage stellt, handelt unmoralisch, egal was er sagt.

Klugschnacker
04.11.2017, 12:53
Die Sklaven durften sichh niemals wehren gegen körperliche Angriffe der Herrschenden (auch Bauern im Feudalismus nicht, Verfolgte und Unterdrückte usf..), Notwehr gegen Herrschende wurde oft mit dem Tode bestraft.

Alles richtig. Aber moralische Normen konnten die Sklaverei, der Feudalismus und das Pharaonentum deshalb setzen, weil sie sich ausbreiten konnten. Diese Ausbreitung verlief erfolgreich, weil die zugrunde liegenden Strategien erfolgreicher waren als konkurrierende Strategien.

Sklaverei: Eine mögliche Moral hätte darin bestehen können, dass jeder Sklave rackern muss, bis er tot umfällt. Mit dieser brachialen Moral hätte die Sklaverei jedoch keinen Erfolg gehabt und sich nicht ausgebreitet. Also gewährte man Sklaven minimale Pausen, die deren Arbeitskraft erhalten konnten. Auf diese Weise hatte die Strategie, sich Sklaven zu halten, Erfolg und breitete sich aus. Gleichzeitig etablierte sie die moralische Norm, wie Sklaven zu halten seien. Die Bibel hält diesbezüglich zahlreiche detaillierte Tipps bereit.

Moral kommt im Schlepptau der Strategien daher, denen es gelingt, sich stark auszubreiten.

qbz
04.11.2017, 12:54
Da sind wir einer Meinung. Wir sagen beide, dass Moral Ursachen hat. Sie wurde uns nicht vom Himmel herab gereicht.

Du konzentrierst Dich vor allem auf diese Ursachen; eine davon sind die sozialen und ökonomischen Verhältnisse, unter denen die Menschen leben. Ich konzentriere mich auf den Mechanismus, wie diese Ursachen auf die Moral wirken.

Die Ursachen einer Moral können in den sozialen und ökonomischen Verhältnissen liegen. Der Mechanismus, wie diese Ursachen eine bestimmte Moral unter mehreren möglichen herausgebildet haben, ist schlicht ihr Ausbreitungserfolg.

einverstanden, würde da nicht "können" stehen. (für weitverbreite, vorherrschende Moralnormen), :Lachen2:

Es geht aber noch um mehr als um die Ursachen. Die Inhalte der Moral hängen mit den sozialen Verhältnissen dergestalt zusammen, indem sie in weiten Teilen die Normen der Herrschenden beeinhalten und die Ausbeutung anderer ermöglichen. Es ist deswegen kein "Zufall"; welche inhaltlichen Moralnormen gelten.

aequitas
04.11.2017, 13:01
Alles richtig. Aber moralische Normen konnten die Sklaverei, der Feudalismus und das Pharaonentum deshalb setzen, weil sie sich ausbreiten konnten. Diese Ausbreitung verlief erfolgreich, weil die zugrunde liegenden Strategien erfolgreicher waren als konkurrierende Strategien.

Nein, das greift zu kurz. Die Entstehung auf Spieltheorie zu reduzieren funktioniert nicht. Es sind nicht immer die erfolgreichen Strategien/Normen die sich durchsetzen.

qbz
04.11.2017, 13:01
Alles richtig. Aber moralische Normen konnten die Sklaverei, der Feudalismus und das Pharaonentum deshalb setzen, weil sich sich ausbreiten konnten. Diese Ausbreitung verlief erfolgreich, weil die zugrunde liegenden Strategien erfolgreicher waren als konkurrierende Strategien.

Sklaverei: Eine mögliche Moral hätte darin bestehen können, dass jeder Sklave rackern muss, bis er tot umfällt. Mit dieser brachialen Moral hätte die Sklaverei jedoch keinen Erfolg gehabt und sich nicht ausgebreitet. Also gewährte man Sklaven minimale Pausen, die deren Arbeitskraft erhalten konnten. Auf diese Weise hatte die Strategie, sich Sklaven zu halten, Erfolg und breitete sich aus. Gleichzeitig etablierte sie die moralische Norm, wie Sklaven zu halten seien. Die Bibel hält diesbezüglich zahlreiche detaillierte Tipps bereit.

Moral kommt im Schlepptau der Strategien daher, denen es gelingt, sich stark auszubreiten.

Und was entscheidet in den Beispielen den Erfolg der Strategie (Ausbreitung) im Unterschied zu anderen: Die bessere Ausbeutungsökonomie für die Herrscher. ;)

Klugschnacker
04.11.2017, 13:34
Die Inhalte der Moral hängen mit den sozialen Verhältnissen dergestalt zusammen, indem sie in weiten Teilen die Normen der Herrschend beeinhalten und die Ausbeutung anderer ermöglichen. Es ist deswegen kein "Zufall"; welche inhaltlichen Moralnormen gelten.

Auch hier bin ich Deiner Meinung. Moralische Normen sind alles andere als ein Zufall. Sondern das Ergebnis einer Auslese. Was sich gut ausbreiten kann, überlebt, was sich nicht ausbreiten kann, verschwindet.

Ich stimme mit Dir auch darin überein, dass sich moralische Normen nicht zwangsweise am Wohle der Menschen, genauer: am Wohl einer möglichst großen Zahl an Menschen, orientiert. Sie orientieren sich am Ausbreitungserfolg.

Der Feudalismus war gut für die herrschende Klasse, nicht jedoch für die Bauern, die bei weitem in der Mehrzahl waren. Denkt man sich zur gleichen Zeit eine bessere Gesellschaftsform, die sich jedoch nicht ausbreitet, so hat diese bessere Form keine Chance, moralische Normen zu setzen.

Das Christentum ist nicht deshalb so weit verbreitet, weil es die für den Menschen besten Normen enthielte. Sondern weil es mehr Ausbreitungserfolg als als konkurrierende Konzepte hatte.

Die Bewertung, ob eine Strategie gut oder schlecht für die Menschen ist, ist nicht einfach. War das Pharaonentum gut oder schlecht für die Ägypter? Den Sklaven ging es schlecht. Doch durch den Glaube an den gemeinsamen Gott waren die Ägypter zu gemeinsamen Handlungen fähig, etwa in der Verteidigung gegen äußere Feinde oder dem Bau eines gewaltigen Staudamms am Nil. Das half der Landwirtschaft und damit vielen Bauern.

In ähnlicher Weise ist es schwer zu beurteilen, ob das Christentum gut oder schlecht für die Menschen war und ist. Fest steht, dass es sich gut ausbreiten konnte, ebenso wie das Pharaonentum oder der Feudalismus zur jeweiligen Zeit.

Klugschnacker
04.11.2017, 13:54
Und was entscheidet in den Beispielen den Erfolg der Strategie (Ausbreitung) im Unterschied zu anderen: Die bessere Ausbeutungsökonomie für die Herrscher. ;)

Nein, keineswegs! Wie kommst Du zu dieser Einengung? Es muss nicht immer eine Minderheit sein, die eine Mehrheit ausbeutet. Es kann auch umgekehrt gehen. Nämlich dass eine Mehrheit eine Minderheit ausbeutet. In einer Demokratie ist das sogar wahrscheinlich.

Ich gebe Dir mal ein lustiges Beispiel aus dem Tierreich.

Zwei Schweine stehen in einem großen Stall, ein starkes und ein schwaches. An der einen Seite des Stalls befindet sich ein Schalter. Wird er von einem Schwein betätigt, fällt eine Portion Futter in einen großen Trog. Allerdings befinden sich Schalter und Futtertrog an den gegenüberliegenden Seiten des Stalls. Also: Schalter drücken, dann rüberspurten zum Trog und fressen. Dann zurück zum Schalter und alles wieder von vorne.

Am Anfang wollen beide Schweine, das starke und das schwache, den Schalter drücken. Dann rennen sie gemeinsam los zum Futtertrog. Das schwache Schwein verliert jedes dieser Laufduelle gegen das starke Schwein und geht immer leer aus.

Das schwache Schwein lernt schnell, dass seine Strategie nichts taugt. Also verzichtet es auf das Drücken des Schalters und postiert sich von Anfang an direkt vor dem Trog. Soll doch das starke Schwein den Schalter drücken. Sobald das starke Schwein das tut, kann das schwache Schwein bereits futtern, während das starke Schwein noch zwischen Schalter und Trog unterwegs ist. Erst bei dessen Ankunft am Trog wird das schwache Schwein beiseite geschubst.

Dennoch gelingt es dem schwachen Schwein mit dieser Strategie, den Großteil des Futters zu erobern. Diese Strategie ist "evolutionär stabil". Das bedeutet, es gibt für das starke Schwein keinen Ausweg im Sinne einer besseren Strategie. Wenn es wenigstens ein bisschen Futter haben will, muss es zwischen Schalter und Trog hin und her rennen. Jede gerechtere Aufteilung wird das schwache Schwein ablehnen.

In diesem Beispiel beutet das schwache Schwein mühelos das starke aus, welches allein die ganze Arbeit macht. Die zugrunde liegende Strategie fragt nicht nach der Gerechtigkeit, sondern allein nach der Stabilität der Strategie selbst. Ist sie gegeben, breitet sie sich aus.

Klugschnacker
04.11.2017, 14:01
Nein, das greift zu kurz. Die Entstehung auf Spieltheorie zu reduzieren funktioniert nicht. Es sind nicht immer die erfolgreichen Strategien/Normen die sich durchsetzen.

Ist das ein Missverständnis?

Ich verwende den Begriff "erfolgreich" im Sinne des Ausbreitungserfolgs. Erfolgreich ist eine Strategie dann, wenn sie sich durchsetzen und ausbreiten kann. Ich verstehe daher nicht, weshalb Du sagst, es gäbe Strategien, die sich durchgesetzt hätten, gleichzeitig aber nicht erfolgreich wären.
:Blumen:

aequitas
04.11.2017, 14:43
Ist das ein Missverständnis?

Ich verwende den Begriff "erfolgreich" im Sinne des Ausbreitungserfolgs. Erfolgreich ist eine Strategie dann, wenn sie sich durchsetzen und ausbreiten kann. Ich verstehe daher nicht, weshalb Du sagst, es gäbe Strategien, die sich durchgesetzt hätten, gleichzeitig aber nicht erfolgreich wären.
:Blumen:

Dann ist das wohl ein Missverständnis. Unter erfolgreich verstand ich jetzt bspw. die Durchsetzung einer Strategie im Gefangenendilemma: es setzt sich dabei eine Strategie durch, die nicht bzw. weniger erolgreich ist. So hatte ich den Begriff verstand. Da du Erfolg hier nur als die Durchsetzungskraft verstehst, kann ich dir zustimmen :Blumen:

qbz
04.11.2017, 16:03
Nein, keineswegs! Wie kommst Du zu dieser Einengung? Es muss nicht immer eine Minderheit sein, die eine Mehrheit ausbeutet. Es kann auch umgekehrt gehen. Nämlich dass eine Mehrheit eine Minderheit ausbeutet. In einer Demokratie ist das sogar wahrscheinlich.


Ich bezog doch meine Folgerung, dass die bessere Ausbeutungsökonomie gewinnt, auf Dein Beispiel, dass sich diejenige Sklavenarbeit bei den Pharaonen am besten ausbreitet, wo sie soviel zu Essen erhalten, dass sie noch bauen können.

Solange in der Demokratie das Wirtschaftssystem neoliberaler Kapitalismus dominiert, beutet eine Minderheit weltweit die Mehrheit aus.

Ich gebe Dir mal ein lustiges Beispiel aus dem Tierreich.

Zwei Schweine stehen in einem großen Stall, ein starkes und ein schwaches. An der einen Seite des Stalls befindet sich ein Schalter. Wird er von einem Schwein betätigt, fällt eine Portion Futter in einen großen Trog. Allerdings befinden sich Schalter und Futtertrog an den gegenüberliegenden Seiten des Stalls. Also: Schalter drücken, dann rüberspurten zum Trog und fressen. Dann zurück zum Schalter und alles wieder von vorne.

Am Anfang wollen beide Schweine, das starke und das schwache, den Schalter drücken. Dann rennen sie gemeinsam los zum Futtertrog. Das schwache Schwein verliert jedes dieser Laufduelle gegen das starke Schwein und geht immer leer aus.

Das schwache Schwein lernt schnell, dass seine Strategie nichts taugt. Also verzichtet es auf das Drücken des Schalters und postiert sich von Anfang an direkt vor dem Trog. Soll doch das starke Schwein den Schalter drücken. Sobald das starke Schwein das tut, kann das schwache Schwein bereits futtern, während das starke Schwein noch zwischen Schalter und Trog unterwegs ist. Erst bei dessen Ankunft am Trog wird das schwache Schwein beiseite geschubst.

Dennoch gelingt es dem schwachen Schwein mit dieser Strategie, den Großteil des Futters zu erobern. Diese Strategie ist "evolutionär stabil". Das bedeutet, es gibt für das starke Schwein keinen Ausweg im Sinne einer besseren Strategie. Wenn es wenigstens ein bisschen Futter haben will, muss es zwischen Schalter und Trog hin und her rennen. Jede gerechtere Aufteilung wird das schwache Schwein ablehnen.

In diesem Beispiel beutet das schwache Schwein mühelos das starke aus, welches allein die ganze Arbeit macht. Die zugrunde liegende Strategie fragt nicht nach der Gerechtigkeit, sondern allein nach der Stabilität der Strategie selbst. Ist sie gegeben, breitet sie sich aus.

So etwas meinte ich genau mit meinem ideologie-/wissenschaftskritischen Hinweis auf künstliche Labormodelle. Sie sagen erstmal nur etwas aus über die kognitiven Lernkapazitäten der Schweine unter diesen künstlichen Laborbedingungen (Vorher lernten die Schweine vermutlich einzeln den Schalter zu drücken für die Nahrung, anschliessend fand ein Umlernprozess bei Schwein B statt, weil sich die Situation (zu zweit, Kombination stark und schwach) änderte. Das Experiment zeigt, dass bei Schwein B in der neuen Situation ein instrumenteller Lernprozess stattfindet. Mehr nicht! Die schwächsten Wildschweine sterben in Realität bei zu wenig Nahrung oder werden von Wölfen gefressen.

Verallgemeinerungen daraus, die über Lernprozesse für Schweine hinausgehen und über die Aussage, auch zum menschlichen kognitiven Lernen gehört instrumentelles Lernen, sind in meinen Augen vollkommen unzulässig bzw. nicht anders zu sehen wie Gleichnisse aus der Bibel, aber halt moderne Gleichnisse (Experimente unter kontrollierten Bedingungen.), wenn man sie unter Verwendung von Begriffen wie Arbeit und Gerechtigkeit erzählt.

Klugschnacker
04.11.2017, 16:26
So etwas meinte ich genau mit meinem kritischen Hinweis auf künstliche Labormodelle.

Da gebe ich Dir gerne recht. Der Einwand gilt aber für Modelle jeder Art, weil sie eine Idealisierung darstellen, die es in der Wirklichkeit nicht gibt.

Wenn Du vom Feudalismus sprichst, handelt es sich dabei ebenfalls um ein idealisiertes Modell. Die tatsächlichen Herrschaftsverhältnisse, die man damit bezeichnet, sind im Detail alle sehr verschieden. Dennoch kann es Sinn machen, modellhaft und idealisiert vom Feudalismus zu sprechen.
:Blumen:

Jörn
04.11.2017, 16:37
Solange in der Demokratie das Wirtschaftssystem neoliberaler Kapitalismus dominiert, beutet eine Minderheit weltweit die Mehrheit aus.

So wie ich Arne verstehe, will er darauf hinaus, dass es kein Kriterium ist, wer wen ausbeutet. Man kann Beispiele finden, wo eine Minderheit die Mehrheit ausbeutet; aber ebenso Beispiele, wo eine Mehrheit die Minderheit ausbeutet.

Oft wird der Kapitalismus genannt, bei dem z.B. der reiche Westen (Minderheit) diesen Reichtum zu Lasten der ärmeren Länder (Mehrheit) erreicht hat.

Ein gegenteiliges Beispiel wären Steuer- und Sozialsysteme. In Deutschland werden 95% aller Steuern von nur 50% der Bevölkerung bezahlt. 10% der Einzahler stemmen 50% der Steuern. Diese Gesetzgebung wird jedoch von der Mehrheit beschlossen, d.h. die Empfänger bestimmen, was die Einzahler bezahlen müssen. Interessanterweise wird die Debatte darüber mit den Kriterien der Moral geführt. Der Millionär soll (noch) mehr bezahlen, weil es die Moral gebietet. Aber warum haben wir gerade diese Moral und keine andere?

Entschiedend ist alleine, ob die jeweilige Konstellation a) stabil ist, und b) sich ausbreiten und konkurrierende Systeme verdrängen kann.

Ich finde die Debatte darüber auf den letzten Seiten übrigens sehr spannend und interessant.

Klugschnacker
04.11.2017, 22:44
Das Schweinebeispiel ist für mich vor allem deshalb interessant, weil es ein Beispiel für eine stabile Strategie darstellt. Ich will kurz erläutern, was in diesem Zusammenhang "stabil" oder "nicht stabil" bedeutet.

Eine Strategie ist dann stabil, wenn sie nicht durch eine andere Strategie unterwandert werden kann. Stabile Strategien sind aber nicht immer die besten Strategien im Sinne des Einzel- oder Gemeinwohls.

1. Beispiel: Durch Kriege und Gewalt geschieht viel Unglück. Darum lautet die Strategie des Pazifismus, auf Waffen und Gewalt kategorisch zu verzichten. Konflikte sind gewaltfrei zu lösen. Wenn sich alle daran halten, wird dadurch eine bessere Welt geschaffen.

Diese Strategie ist nicht stabil, da sie leicht unterwandert werden kann. Wenn niemand mehr bewaffnet ist, genügt eine einzige Armee, um alle zu unterwerfen.

2. Beispiel: Zurück zum Schweinebeispiel. Nehmen wir an, beide Schweine einigen sich darauf, dass zunächst nur das eine Schwein frisst, bis es satt ist. Das andere Schwein drückt währenddessen pausenlos den Futterschalter. Danach werden die Rollen getauscht. So werden beide satt, und jedes Schwein muss nur ein einziges Mal den Stall durchqueren.

Diese Strategie ist ebenfalls nicht stabil. Sie kann dadurch unterwandert werden, dass eines der beiden Schweine einfach nicht mitmacht, sondern stur am Futtertrog wartet und sich satt frisst, ohne ein einziges Mal den Schalter zu betätigen.

Diese Strategie der Nicht-Kooperation ist hingegen stabil. Sie kann vom benachteiligten Schwein nicht unterwandert werden, außer vielleicht durch Mord.

In beiden Fällen ist die stabile Strategie nicht die beste Strategie für alle Beteiligten. Eine Welt ohne Waffen wäre insgesamt besser als ein mit Waffen, doch das ist kein stabiler Zustand. Stabile Strategien können ausgesprochen nachteilig für alle Beteiligten sein.

Stabile Strategien setzen die Normen für unsere Moral und Wertvorstellungen. Deshalb orientieren sich diese Normen nicht am größtmöglichen Gemeinwohl, denn das Gemeinwohl ist für die Stabilität einer Strategie nicht ausschlaggebend.

Bitte verzeiht mir die Ausführlichkeit. :Blumen:

Jörn
04.11.2017, 23:28
Aber könnte sich nicht auch eine Moralvorstellung entwickeln, die sich an einem unerreichbaren Ideal orientiert? Und die wegen dieser Unerreichbarkeit nicht durch die Realität herausgefordert/verdrängt werden kann?

Beispielsweise das Ideal der Feindesliebe? Oder Ideale, die aufgrund ihres Urhebers als Ideale angesehen werden?

In diesem Fall würde die Sau auch dann an ihrer Moral festhalten, wenn sie dadurch nichts zu fressen bekäme.*

Oder man könnte sich eine Moral vorstellen, bei der ein besonders fetter Futtertrog im Jenseits versprochen wird. Oder nicht?

*Aber dann würde sie vermutlich aussterben. Ich sehe das Problem.

Klugschnacker
04.11.2017, 23:42
Belohnung im Jenseits.

Diese Vorstellung kann eine Strategie, die viele Nachteile hat, stabil machen. Man denke beispielsweise an den Zölibat oder das Fahrverbot für Frauen oder das Kastenwesen, oder umständliche Ernährungsregeln.

Voraussetzung ist, dass sie nicht unterwandert werden kann durch eine konkurrierende Strategie, die noch größere Belohnungen verspricht. Dem entsprechend liegen die Versprechungen der großen Religionen am Maximum dessen, was überhaupt vorstellbar ist: Das ewige Paradies, Unsterblichkeit. Wer gegen die Regeln verstößt, wird maximal bestraft, also ewiges Höllenfeuer.

Unterwandert wird diese Strategie durch die realen Vorzüge unserer modernen Lebensweise. Etwa beim Gebrauch von Verhütungsmitteln.

Trimichi
05.11.2017, 07:41
So wie ich Arne verstehe, will er darauf hinaus,....

Entschiedend ist alleine, ob die jeweilige Konstellation a) stabil ist, und b) sich ausbreiten und konkurrierende Systeme verdrängen kann.



Wie ich schon festgestellt hatte: Fressen und gefressen werden. Wurde darauf hin sofort geleugnet. Jetzt wurde es so aber erneut konstatiert, kann man auch wie folgt umschreiben:



Eine Strategie ist dann stabil, wenn sie nicht durch eine andere Strategie unterwandert werden kann. Stabile Strategien sind aber nicht immer die besten Strategien.




Stabile Strategien setzen die Normen für unsere Moral und Wertvorstellungen. Deshalb orientieren sich diese Normen nicht am größtmöglichen Gemeinwohl, denn das Gemeinwohl ist für die Stabilität einer Strategie nicht ausschlaggebend.



Moral wird dabei ausgeblendet, siehe z.B. hier:

Belohnung im Jenseits.




Und hier liegt der große Irrtum begraben. Die Moral kommt womöglich nicht vom Himmel, aber von Idealisten.

Realismus allein schafft keine Moral, nur Tatsachen, aber keine ZIELE.

Daher noch einmal: Wahrheit muss keinen Sinn ergeben. Fiktion schon.

Wurde es jetzt klarer?

:Blumen:

Klugschnacker
05.11.2017, 09:14
Die Moral kommt womöglich nicht vom Himmel, aber von Idealisten.

Das kann im Einzelfall richtig sein. Es ist dann trotzdem erforderlich, dass die von Idealisten ausgedachte Moral sich ausbreitet und stabil ist. Sonst verschwindet sie wieder. Der Kommunismus und der Pazifismus beispielsweise sind annähernd idealistische Haltungen. Sie erwiesen sich als nicht stabil.

Pazifistische Gesellschaften, falls es je welche gab, werden von bewaffneten Nachbarn erobert. Wir Deutsche gehen ein enges Bündnis mit einer der kriegerischsten Nationen überhaupt ein. Die neutrale Schweiz ist bis an die Zähne bewaffnet.

Dem Kommunismus gelang eine erhebliche Ausbreitung, wurde jedoch von kapitalistischen Strömungen unterwandert, die wirtschaftlich viel erfolgreicher waren. Zudem ist Gemeinnutz als Handlungsmotiv weniger stabil als Eigennutz. Denn eine gemeinnützig handelnde Gesellschaft kann von Egoisten leicht unterwandert werden.

Diese Mechanismen sind komplex. Deshalb halte ich es für sehr unwahrscheinlich, die jeweilige Moral einer Gesellschaft ginge auf einen einzelnen Impuls zurück, etwa auf Moses oder Jesus von Nazareth. So etwas muss sich entwickeln.

Zu dieser Sichtweise passt, dass sich überall auf der Welt sehr ähnliche Moralbegriffe herausgebildet haben.

---

Ich halte diese Betrachtungen deshalb für wichtig, weil sie dem Argument begegnen, ohne Religion gäbe es keine Moral. Wir überschätzen und überfordern die Religionen damit. Eine Religion aus der Antike ist nicht in der Lage, den heutigen freiheitlichen Kulturen eine Moral zu geben, die stabil wäre. Darum halten sich heute auch gläubige Menschen nicht an die Moralbegriffe der Religionen, es sei denn, unter Zwang.

Wer kümmert sich heute um die Sexualmoral des Alten Testaments, oder von Augustinus (400 n.Chr) oder von Luther? Wer teilt die Ablehnung des Geldverleihens (Jesus), auf dem unser gesamtes Wirtschaftssystem beruht? Welcher gebildete heutige Mensch hätte nicht kapiert, dass die Aufforderung, uns die Welt untertan zu machen, eine groteske Verkennung der realen Verhältnisse darstellt?

MattF
05.11.2017, 12:11
Ich bezog doch meine Folgerung, dass die bessere Ausbeutungsökonomie gewinnt, auf Dein Beispiel, dass sich diejenige Sklavenarbeit bei den Pharaonen am besten ausbreitet, wo sie soviel zu Essen erhalten, dass sie noch bauen können.

Bei den Pharaonen gabs keine Sklaven. Die Bauwerke haben Bauern gebaut in den Zeiten in denen sie nicht auf dem Feld gebraucht wurde. Gegen Bezahlung.

http://www.sz-online.de/nachrichten/die-pyramiden-wurden-nicht-von-sklaven-gebaut-91727.html

Die agyptischen Arbeiter waren letztlich genauso Sklaven wie wir heute, die einer Lohnarbeit nachgehen.

MfG
Matthias

Trimichi
05.11.2017, 12:29
Das kann im Einzelfall richtig sein. Es ist dann trotzdem erforderlich, dass die von Idealisten ausgedachte Moral sich ausbreitet und stabil ist. Sonst verschwindet sie wieder. Der Kommunismus und der Pazifismus beispielsweise sind annähernd idealistische Haltungen. Sie erwiesen sich als nicht stabil.

Pazifistische Gesellschaften, falls es je welche gab, werden von bewaffneten Nachbarn erobert. Wir Deutsche gehen ein enges Bündnis mit einer der kriegerischsten Nationen überhaupt ein. Die neutrale Schweiz ist bis an die Zähne bewaffnet.

Dem Kommunismus gelang eine erhebliche Ausbreitung, wurde jedoch von kapitalistischen Strömungen unterwandert, die wirtschaftlich viel erfolgreicher waren. Zudem ist Gemeinnutz als Handlungsmotiv weniger stabil als Eigennutz. Denn eine gemeinnützig handelnde Gesellschaft kann von Egoisten leicht unterwandert werden.

Diese Mechanismen sind komplex. Deshalb halte ich es für sehr unwahrscheinlich, die jeweilige Moral einer Gesellschaft ginge auf einen einzelnen Impuls zurück, etwa auf Moses oder Jesus von Nazareth. So etwas muss sich entwickeln.

Zu dieser Sichtweise passt, dass sich überall auf der Welt sehr ähnliche Moralbegriffe herausgebildet haben.

---


Ich halte diese Betrachtungen deshalb für wichtig, weil sie dem Argument begegnen, ohne Religion gäbe es keine Moral. Wir überschätzen und überfordern die Religionen damit. Eine Religion aus der Antike ist nicht in der Lage, den heutigen freiheitlichen Kulturen eine Moral zu geben, die stabil wäre. Darum halten sich heute auch gläubige Menschen nicht an die Moralbegriffe der Religionen, es sei denn, unter Zwang.

Wer kümmert sich heute um die Sexualmoral des Alten Testaments, oder von Augustinus (400 n.Chr) oder von Luther? Wer teilt die Ablehnung des Geldverleihens (Jesus), auf dem unser gesamtes Wirtschaftssystem beruht? Welcher gebildete heutige Mensch hätte nicht kapiert, dass die Aufforderung, uns die Welt untertan zu machen, eine groteske Verkennung der realen Verhältnisse darstellt?



Warum gibt es weltweit nur 5 Steueroasen und Spielerparadise die nicht verschuldet sind?

link:
http://www.epochtimes.de/wirtschaft/weltweit-gibt-es-nur-fuenf-schuldenfreie-staaten-a1257267.html

dagegen stehen alle anderen Länder mit Schulden. Schulden, bei wem eigentlich? Frage auch an qbz.


Land Rang Staatsverschuldung in % vom BIP Bezugsjahr
Japan 1 227,70% 2014
Simbabwe 2 181,00% 2014
Griechenland 3 174,50% 2014
Libanon 4 142,40% 2014
Italien 5 134,10% 2014
Jamaika 6 132,00% 2014
Portugal 7 131,00% 2014
Zypern 8 119,40% 2014
Irland 9 118,90% 2014
Grenada 10 110,00% 2014
Singapur 11 106,70% 2014
Belgien 12 101,90% 2014
Eritrea 13 101,30% 2014
Barbados 14 101,20% 2014
Spanien 15 97,60% 2014
Frankreich 16 95,50% 2014
Island 17 94,00% 2014
Ägypten 18 93,80% 2014
Puerto Rico 19 93,60% 2014
Kanada 20 92,60% 2014
Bhutan 21 91,50% 2014
Jordanien 22 90,00% 2014
Antigua und Barbuda 23 89,00% 2014
Großbritannien 24 86,60% 2014
Cabo Verde 25 86,20% 2014
St. Kitts und Nevis 26 83,00% 2014
Österreich 27 80,20% 2014
Belize 28 79,60% 2014
Ungarn 29 78,20% 2014
Sri Lanka 30 78,20% 2014
São Tomé und Príncipe 31 77,10% 2014
St. Lucia 32 77,00% 2014
Marokko 33 76,60% 2014
Malta 34 75,30% 2014
Deutschland 35 74,70% 2014
Ghana 36 72,70% 2014
Albanien 37 71,40% 2014
Sudan 38 71,30% 2014
Vereinigte Staaten 39 71,20% 2014
Kroatien 40 70,30% 2014
Dominica 41 70,00% 2014
Niederlande 42 69,40% 2014
Israel 43 67,40% 2014
St. Vincent und die Grenadinen 44 67,00% 2014
Aruba 45 67,00% 2014
Ukraine 46 66,20% 2014
Serbien 47 65,00% 2014
Uruguay 48 64,70% 2014
Seychellen 49 64,50% 2014
Pakistan 50 64,30% 2014
El Salvador 51 63,40% 2014
Mauritius 52 61,40% 2014
Slowenien 53 59,80% 2014
Finnland 54 59,60% 2014
Costa Rica 55 59,40% 2014
Brasilien 56 59,30% 2014
Kenia 57 58,90% 2014
Slowakei 58 58,50% 2014
Guyana 59 58,00% 2014
Bahamas 60 57,60% 2014
Syrien 61 57,30% 2014
Äthiopien 62 55,10% 2014
Malaysia 63 54,20% 2014
Fidschi 64 52,30% 2014
Montenegro 65 52,10% 2014
Venezuela 66 51,40% 2014
Indien 67 51,30% 2014
Jemen 68 51,00% 2014
Trinidad und Tobago 69 50,60% 2014
Tunesien 70 49,90% 2014
Thailand 71 48,60% 2014
Philippinen 72 48,40% 2014
Dominikanische Republik 73 48,20% 2014
Malawi 74 48,00% 2014
Senegal 75 47,50% 2014
Südafrika 76 47,30% 2014
Mosambik 77 47,20% 2014
Laos 78 46,20% 2014
Polen 79 45,60% 2014
Vietnam 80 45,50% 2014
Bosnien und Herzegowina 81 45,50% 2014
Dänemark 82 44,30% 2014
Honduras 83 44,30% 2014
Vereinigte Arabische Emirate 84 44,20% 2014
Bahrain 86 43,40% 2014
Côte d'Ivoire 87 42,90% 2014
Tansania 88 42,90% 2014
Armenien 89 42,40% 2014
Kolumbien 90 41,90% 2014
Andorra 91 41,10% 2014
Westjordanland 92 41,00% 2014
Mexiko 93 41,00% 2014
Kuba 94 40,60% 2014
Nicaragua 95 40,60% 2014
Schweden 96 40,20% 2014
Rumänien 97 39,40% 2014
Litauen 98 38,70% 2014
Burundi 99 38,60% 2014
Dschibuti 100 38,60% 2014
Argentinien 101 37,90% 2014
Sambia 102 37,30% 2014
Korea, Republik 103 37,20% 2014
Panama 104 37,20% 2014
Hongkong 105 37,00% 2014
Lettland 106 36,50% 2014
Taiwan 107 36,50% 2014
Türkei 108 36,50% 2014
Georgien 109 36,30% 2014
Uganda 110 35,70% 2014
Bolivien 111 35,30% 2014
Neuseeland 112 35,30% 2014
Schweiz 113 34,70% 2014
Australien 114 34,50% 2014
Tschad 115 34,50% 2014
Mazedonien 116 34,00% 2014
Kongo, Demokratische Republik 117 33,40% 2014
Curaçao 118 33,20% 2014
Papua-Neuguinea 119 32,30% 2014
Mali 120 32,10% 2014
Ruanda 121 31,40% 2014
Kongo 122 30,20% 2014
Benin 123 30,10% 2014
Sierra Leone 124 30,10% 2014
Katar 125 30,00% 2014
Nepal 126 30,00% 2014
Ecuador 127 30,00% 2014
Guatemala 128 29,90% 2014
Norwegen 129 29,60% 2014
Namibia 130 28,60% 2014
Bangladesch 131 28,60% 2014
San Marino 132 25,80% 2014
Indonesien 133 23,90% 2014
Luxemburg 134 23,20% 2014
Bulgarien 135 22,90% 2014
Kamerun 136 22,70% 2014
China 137 22,40% 2014
Belarus 138 22,30% 2014
Anguilla 139 19,50% 2014
Moldau 140 18,90% 2014
Paraguay 141 18,40% 2014
Gabun 142 17,70% 2014
Botsuana 143 17,40% 2014
Chile 144 16,50% 2014
Peru 145 15,90% 2014
Angola 146 13,90% 2014
Russische Föderation 147 13,40% 2014
Kasachstan 148 12,10% 2014
Nigeria 149 11,70% 2014
Iran 150 11,40% 2014
Aserbaidschan 151 10,70% 2014
Estland 152 9,90% 2014
Kosovo 153 9,10% 2014
Äquatorialguinea 154 8,40% 2014
Liberia 155 8,10% 2014
Algerien 156 7,50% 2014
Usbekistan 157 7,50% 2014
Gibraltar 158 7,50% 2014
Kuwait 159 6,80% 2014
Tadschikistan 160 6,50% 2014
Wallis und Futuna 161 5,60% 2014
Oman 162 4,70% 2014
Libyen 163 2,90% 2014
Saudi-Arabien 164 1,60% 2014
...
USA z.B. sind es 16 Billionen absolut so in der Richtung....



Dito. Geld ist die einzige Moral, mit der das "Tier" Mensch (hebr. goi) regiert werden kann.

Jörn
05.11.2017, 13:00
Was ich so spannend an Arnes These finde ist, dass sie eine Erklärung für die Inhalte der Moral liefert. Warum haben wir diese Inhalte und keine anderen? Welche Inhalte hätten überhaupt die Chance, sich durchzusetzen? Wie lässt sich das ohne Abrakadabra erklären?

Wie frei sind wir, eine Moral festzulegen? Denn wenn ich Arne richtig verstehe, ergibt es sich evolutionär durch stetes Variieren, bis eine stabile Kombination von Werten gefunden wurde. Was bleibt, bleibt deswegen, weil es stabil ist, und nicht, weil die Werte so vorzüglich wären. Es ist dennoch beweglich, falls die Umstände sich ändern sollten oder eine bessere/stabilere Variation gefunden würde.

Es erklärt auch, warum die Kirchen der Moral stets hinterherlaufen anstatt sie anzuführen. Für mich ist nämlich nicht sichtbar, dass die Kirchen einen nennenswerten Einfluss auf die Moral haben. Stattdessen haben sie sich mit meist erheblicher Verzögerung an den vorherrschenden Konsens/Mainstream angepasst. Arnes These würde erklären, warum das zwangsläufig so ist: Niemand postuliert eine neue Moral, sondern sie bildet sich langsam heraus, wobei stabile Bestandteile bestehen bleiben und fragile Bestandteile wegfallen, wobei die Stabilität selbst das entscheidende Kriterium ist.

Das würde bedeuten, dass die (angeblichen) Lehren von Jesus oder von irgendeinem Papst keine große Rolle spielen — sie haben in dieser Mechanik die gleichen Chancen wie alle andere Lehren oder Einsichten, und vermutlich sind sie selbst ebenfalls nur das Ergebnis einer sich verändernden „Volksweisheit“ (und keineswegs vom Himmel gefallen).

qbz
05.11.2017, 14:25
Das Schweinebeispiel ist für mich vor allem deshalb interessant, weil es ein Beispiel für eine stabile Strategie darstellt. Ich will kurz erläutern, was in diesem Zusammenhang "stabil" oder "nicht stabil" bedeutet.

Eine Strategie ist dann stabil, wenn sie nicht durch eine andere Strategie unterwandert werden kann. Stabile Strategien sind aber nicht immer die besten Strategien im Sinne des Einzel- oder Gemeinwohls.

[INDENT]1. Beispiel: Durch Kriege und Gewalt geschieht viel Unglück. Darum lautet die Strategie des Pazifismus, auf Waffen und Gewalt kategorisch zu verzichten. Konflikte sind gewaltfrei zu lösen. Wenn sich alle daran halten, wird dadurch eine bessere Welt geschaffen.

Diese Strategie ist nicht stabil, da sie leicht unterwandert werden kann. Wenn niemand mehr bewaffnet ist, genügt eine einzige Armee, um alle zu unterwerfen. .....


In den USA, wo der freie Schusswaffenbesitz erlaubt ist, passieren pro Tag deutlich mehr Morde pro Einwohner als in Ländern, wo das verboten ist und der Staat für die Einhaltung des Verbotes sorgt. Solange der Staat sein Gewaltmonopol bei uns durchsetzt, bekommen wir keine amerikanischen Verhältnisse. In den USA sorgt hauptsächlich die Waffenlobby dafür, dass sich die Leute bewaffnen, und weltweit sorgt der Profit der Rüstungskonzerne für Kriege.

Wir stellen also zwei ESS fest, eines in DE, eines in den USA, und ein Übergang der USA zu DE-analogen Waffengesetzen ist nicht 100 % auszuschliessen oder umgekehrt. Die Pazifisten und Abrüstungsgegner engagieren sich analog zum staatlichen Gewaltmonopol für eine wirksame Kontrolle der Abrüstung und wirksame Einhaltung des Völkerrechtes, und das kann wiederum eine stabile Strategie darstellen (wie in DE das Verbot des privaten Waffenbesitzes), existiert eine weltweite, wirksame Abrüstungskontrolle mit Sanktionen. Ein Übergang dazu kann man nicht ausschliessen.

So wie oben formuliert, dient die ESS-Theorie einfach zur ideologischen Legitimierung eines Status Quo, vergleichbar einem modernen Bibelgleichnis. :Blumen:

Ps:
By the way:
Die Militärausgaben der CH im Verhältnis zum BIP sind übrigens fast um die Hälfte kleiner wie in DE.

Klugschnacker
05.11.2017, 14:47
So wie oben formuliert, dient die ESS-Theorie einfach zur ideologischen Legitimierung eines Status Quo. :Blumen:

Bis zum obigen Zitat habe ich Dir ungefähr zugestimmt. Jedoch: Die von mir dargestellte Sichtweise auf die Herkunft von Wertesystemen legitimiert nichts. Sie beschreibt lediglich einen Mechanismus.

Ebenso beschreibt die Theorie zur biologischen Evolution einen Mechanismus. Sie legitimiert dadurch nicht die Existenz der Affen, sondern erklärt einfach, warum sie da sind.

Die Einbettung in eine Ideologie kann geschehen. Ein Beispiel wäre die Vereinnahmung der Evolutionstheorie durch die Nazis. Es wäre aber ein Missverständnis, wenn wir die Evolutionstheorie abtun würden mit der Bemerkung: "Diese Theorie dient einfach zu ideologischen Legitimierung des Status Quo".

Klugschnacker
05.11.2017, 17:10
In der Antike konnten die Menschen sich die Herkunft der Welt nicht erklären. Wie konnte aus einfachen Anfängen etwas so komplexes entstehen wie Menschen? Die naheliegendste Erklärung lautete, ein Schöpfer müsse diese Komplexität aus dem Nichts heraus geschaffen haben.

Später entdeckte man den Mechanismus der Evolution. Dieser erklärt elegant und überzeugend, wie aus ganz einfachen Anfängen hochkomplexe Dinge entstehen können. Die dabei wirkenden Gesetze, Variantenbildung und Auslese, sind sehr einfach.

Heute fragen wir uns, wie hochkomplexe kulturelle Dinge entstehen konnten, zum Beispiel Wirtschaftssysteme oder moralische Regelwerke. Die christliche Religion sagt, dass uns die moralischen Regeln vom Himmel offenbart wurden. Eine mögliche andere Erklärung besteht darin, dass sie sich aus einfachen Anfängen entwickelt hat, und dabei komplexer wurde. Komplexität wäre auch hier das Ergebnis einer natürlichen Entwicklung.

Die Gesetzmäßigkeiten, die man bei der kulturellen Entwicklung erwarten wird, sind sehr wahrscheinlich wiederum sehr einfach, so wie das bereits bei der biologischen Evolution der Fall ist. Denn Verhaltensweisen gibt es nicht erst seit es Menschen gibt. Sondern bereits bei viel einfacheren Arten, die viel älter sind als die Menschen. Dass die grundlegenden Gesetzmäßigkeiten gar erst mit dem ersten Auftreten menschlicher Produktions- und Besitzverhältnisse entstanden sind, halte ich für unwahrscheinlich. Ich denke, dass wir auf sehr viel ältere, sehr einfache Prinzipien stoßen werden.

Ein wenig habe ich das auf den letzten Seiten bereits beschrieben. Ich klebe aber nicht an dem Gedanken. Wenn jemand eine bessere Erklärung für das Vorhandensein weltweit ähnlicher Wertesysteme hat, soll es mir recht sein.
:Blumen:

Jörn
05.11.2017, 17:48
Eine Vorstufe aus dem Tierreich könnte vielleicht die Notwendigkeit zur Kooperation gewesen sein? Gerechte Verteilung der Beute nach gemeinsamer Jagd, usw.

qbz
05.11.2017, 20:24
Bis zum obigen Zitat habe ich Dir ungefähr zugestimmt. Jedoch: Die von mir dargestellte Sichtweise auf die Herkunft von Wertesystemen legitimiert nichts. Sie beschreibt lediglich einen Mechanismus.

Ebenso beschreibt die Theorie zur biologischen Evolution einen Mechanismus. Sie legitimiert dadurch nicht die Existenz der Affen, sondern erklärt einfach, warum sie da sind.

Die Einbettung in eine Ideologie kann geschehen. Ein Beispiel wäre die Vereinnahmung der Evolutionstheorie durch die Nazis. Es wäre aber ein Missverständnis, wenn wir die Evolutionstheorie abtun würden mit der Bemerkung: "Diese Theorie dient einfach zu ideologischen Legitimierung des Status Quo".

Da es sich bei der "evolutionär stabilen Strategie" um ein formales, theoretisches Konzept aus der Spieltheorie handelt, erscheinen mir die Inhalte bei der Anwendung auf die menschliche Entwicklung und Kultur (nicht biologische Evolution) beliebig, sie reichen von Pflanzen, Tieren, Menschen, Staaten, Moralinstanzen, Religionen usf. Jede Verallgemeinerung aus dem Schweineexperiment, die über instrumentelles Lernen in Gefangenschaft bei Labortieren hinausgeht, würde ich als Ideologie bestimmt charakterisieren und nicht mehr als empirisch gesicherte Wissenschaft.

In diesem FAZ-Artikel schreibt Ariel Rubinstein, ein Spieltheoretiker, über die Grenzen solcher formalen Modelle, die ich auch so ähnlich sehen würde:

"In meinen Augen ist die Spieltheorie eine Ansammlung von Fabeln und Sprichwörtern. Die Implementierung eines Modells aus der Spieltheorie ist ebenso wahrscheinlich wie die Umsetzung einer Fabel. Eine gute Fabel versetzt uns in die Lage, eine Lebenssituation aus einem anderen Blickwinkel zu betrachten, und könnte dadurch irgendwann einmal vielleicht unser Handeln und Denken beeinflussen."

spieltheorie-kann-die-spieltheorie-die-probleme-der-eurozone-loesen-und-das-iranische-atomprogramm-aufhalten-12129126-p2 (http://www.faz.net/aktuell/feuilleton/debatten/spieltheorie-kann-die-spieltheorie-die-probleme-der-eurozone-loesen-und-das-iranische-atomprogramm-aufhalten-12129126-p2.html)

Jörn
05.11.2017, 20:43
qbz, würdest Du also sagen, dass die Stabilität nicht zu den notwendigen Kriterien zählt?

Bist Du der Meinung, das Prinzip des "Bestands des Stabilen" aus der Evolutionslehre sei nur ein "formales, theoretisches Konzept aus der Spieltheorie"? Es ist nicht empirisch gesichert?

aequitas
05.11.2017, 21:14
qbz, würdest Du also sagen, dass die Stabilität nicht zu den notwendigen Kriterien zählt?

Bist Du der Meinung, das Prinzip des "Bestands des Stabilen" aus der Evolutionslehre sei nur ein "formales, theoretisches Konzept aus der Spieltheorie"? Es ist nicht empirisch gesichert?

Bei der Entstehung von Normen kann nunmal keine Ratio unterstellt werden. Deshalb werden in der Ökonomie mittlerweile auch andere Modelle genutzt, s. behavioral economics. Die Ökonomie ist nunmal auch eine Sozialwissenschaft, die zwar versucht mittels Formeln und Modellen der Naturwissenschaft nahe zu kommen, es lassen sich allerdings trotzdem keine so einfachen Gesetzmäßigkeiten wie die der Spieltheorie unterstellen.

Jörn
05.11.2017, 21:20
Und die Evolution? Ist dort der "Bestand des Stabilen" nur eine vom Menschen gesetzte Norm, der keine Ratio unterstellt werden kann?

Oder lässt es sich bei der Evolution empirisch beobachten und dadurch als Fakt absichern?

Wenn ich die Debatte richtig verfolgt habe, stehen keine ökonomischen Modelle auf dem Prüfstand, sondern es geht um die Frage, wie empirisch beobachtbare Komplexität entstand (hier die Moral), oder sehe ich das falsch?

aequitas
05.11.2017, 21:33
Wenn ich die Debatte richtig verfolgt habe, stehen keine ökonomischen Modelle auf dem Prüfstand, sondern es geht um die Frage, wie empirisch beobachtbare Komplexität entstand (hier die Moral), oder sehe ich das falsch?

Das siehst du nicht direkt falsch, allerdings wird versucht die Frage mittels ökonomischer Theorie zu erklären. Die Spieltheorie wird allerdings auch dort nicht zur alleinigen Theorie zur Erklärung sozialer Tatbestände genutzt.

Mir fehlt gerade die Zeit für eine derartige Diskussion, tut mir leid.

Jörn
05.11.2017, 21:40
Womöglich hat das Wort "Spieltheorie" eine Nebendebatte angestoßen, die mit dem ursprünglichen Gegenstand nicht besonders viel zu tun hat.

Es ging doch nur darum, ob man sich zu einer moralischen Haltung theoretisch eine Strategie ausmalen könnte, die diese Haltung untergräbt. Etwa, dass ein Ferkelchen seine Kooperation einstellt, wenn es bemerkt, dass es auch ohne diese Kooperation an das Futter kommt. Mehr war doch eigentlich nicht gemeint, oder sehe ich das falsch?

Ein anderes Beispiel war, dass die noble Haltung des Pazifismus nicht stabil ist, weil diese Haltung untergraben werden kann, sobald jemand eben doch zu den Waffen greift. Weil diese Haltung also nicht stabil ist, finden wir sie auch nirgends. Und genau das sollte belegt werden. Am Ende landen wir nicht bei den nobelsten aller Haltungen, sondern bei jenen, die stabil sind.

Klugschnacker
05.11.2017, 21:48
Das siehst du nicht direkt falsch, allerdings wird versucht die Frage mittels ökonomischer Theorie zu erklären. Die Spieltheorie wird allerdings auch dort nicht zur alleinigen Theorie zur Erklärung sozialer Tatbestände genutzt.

Mir fehlt gerade die Zeit für eine derartige Diskussion, tut mir leid.

Entschuldigung, die evolutionäre Spieltheorie ist ein Zweig der Biologie. Es geht dabei um die Ausbreitung und Verteilung von Verhaltensmustern.

Meiner Ansicht nach kann sie zur Entstehung und Verbreitung menschlicher Verhaltensmuster etwas beitragen. Ethische Normen sind ja nichts anderes als Verhaltensmuster, die sich ausgebreitet haben.

Klugschnacker
05.11.2017, 22:05
Da es sich bei der "evolutionär stabilen Strategie" um ein formales, theoretisches Konzept aus der Spieltheorie handelt, erscheinen mir die Inhalte bei der Anwendung auf die menschliche Entwicklung und Kultur (nicht biologische Evolution) beliebig, sie reichen von Pflanzen, Tieren, Menschen, Staaten, Moralinstanzen, Religionen usf. Jede Verallgemeinerung aus dem Schweineexperiment, die über instrumentelles Lernen in Gefangenschaft bei Labortieren hinausgeht, würde ich als Ideologie bestimmt charakterisieren und nicht mehr als empirisch gesicherte Wissenschaft.

Dein Standpunkt ist, die menschliche Moral sei vollständig durch die Produktions- und Besitzverhältnisse bestimmt. Andere sagen, sie käme von Gott. Ich sage, sie entwickelt sich, entsprechend ihrem jeweiligen Umfeld, von selbst.

Und ausgerechnet meinen Standpunkt hältst Du für ideologisch? Das müsstest Du vielleicht noch kurz erklären. Mir scheint, Du müsstest die Ursachenkette einfach ein Stück weiter nach hinten verfolgen und Dich fragen, was die Ursachen für die Produktions- und Besitzverhältnisse sind. Sie sind das Ergebnis erfolgreicher Strategien.

Das ist genau das, was ich sage: Normen sind das Ergebnis dauerhaft erfolgreicher Strategien.
:Blumen:

merz
05.11.2017, 22:17
Darf ich einhaken und nach einem weiteren Ausbau von "erfolgreich" fragen?

Ich unterstelle nicht, dass wir hier an der These - auch nur von weitem - vorbeischrammen, das sich genau das (als Verhaltensmuster oder was auch immer) dauerhaft verbreitet etabliert, was sich eben dauerhaft etabliert - deswegen die weitere Frage.

m.

qbz
05.11.2017, 22:18
Entschuldigung, die evolutionäre Spieltheorie ist ein Zweig der Biologie. Es geht dabei um die Ausbreitung und Verteilung von Verhaltensmustern.
.......


dann irrt sich Wikipedia: "Eine evolutionär stabile Strategie (abgekürzt ESS, engl. evolutionarily stable strategy) ist eine Strategie, die – vorausgesetzt genügend Mitglieder einer Population wenden sie an – durch keine Alternativstrategie verbessert werden kann.[1] Sie ist ein spieltheoretisches Konzept, das in der Theoretischen Biologie 1973 von John Maynard Smith und George R. Price formuliert wurde.[2] "

Oder hier:

ESS, Kap. 6 unter Spieltheorie (https://vwl-mikro.wiwi.uni-kl.de/fileadmin/vwl-mikro.wiwi.uni-kl.de/Kapitel_06.pdf)

Was hält ihr von der Kritik von Ariel Rubinstein?

aequitas
05.11.2017, 22:29
Entschuldigung, die evolutionäre Spieltheorie ist ein Zweig der Biologie. Es geht dabei um die Ausbreitung und Verteilung von Verhaltensmustern.

Ja, aber die Theorie dahinter stammt aus der Ökonomie.

Klugschnacker
05.11.2017, 22:39
dann irrt sich Wikipedia: "Eine evolutionär stabile Strategie (abgekürzt ESS, engl. evolutionarily stable strategy) ist eine Strategie, die – vorausgesetzt genügend Mitglieder einer Population wenden sie an – durch keine Alternativstrategie verbessert werden kann.[1] Sie ist ein spieltheoretisches Konzept, das in der Theoretischen Biologie 1973 von John Maynard Smith und George R. Price formuliert wurde.[2] "

In Deinem Zitat steht, dass es um Biologie geht. Mehr behaupte ich nicht.


Für die stillen Mitleser: Warum steckt da der Begriff "Spiel" drin? Das hat folgenden einfachen Grund:

Die Mitglieder einer biologischen Population werden als Spieler aufgefasst. Beispielsweise bestünde eine Population als 1 Million Amseln aus 1 Million "Spielern".

Wie wird gespielt? Das zu untersuchende Verhalten gilt als Spiel oder Spielzug. Beispielsweise das Legen einer bestimmten Zahl von Eiern pro Gelege. Manche Amselpaare werden nur 1-2 Eier legen, andere 8-10, wieder andere etwas dazwischen.

So ein Spielzug hat Konsequenzen. Wer als Paar 8-10 Eier legt, hat anschließend Schwierigkeiten, ausreichend Futter heranzuschaffen. Viele Küken sterben an Unterernährung, bevor sie selbst Eier legen können. Sie schaffen es nicht in die nächste Spielrunde (Generation).

Nach vielen Spielrunden (Generationen) kristalliert sich eine Zahl von 3-6 Eiern pro Gelege als Optimum heraus. Sie verkörpert die beste Strategie.

Die Natur findet solche Balancen von selbst heraus, ohne das eine Amsel je darüber nachgedacht hätte. Solche Mechanismen gelten natürlich auch für die durchschnittliche Zahl menschlichen Nachwuchses in den jeweiligen Gesellschaften.

Die evolutionäre Spieltheorie als Zweig der Biologie untersucht, wie sich solche Strategien entwickeln und ausbreiten. Eine wichtige Erkenntnis besteht darin, dass nur ganz bestimmte Strategien eine Chance haben, sich langfristig zu halten. Man nennt diese Strategien "evolutionär stabil".

Mit diesem Rüstzeug kann man nun komplexe Verhaltensweisen von Menschen oder menschlichen Kulturen untersuchen.

qbz
05.11.2017, 22:41
Womöglich hat das Wort "Spieltheorie" eine Nebendebatte angestoßen, die mit dem ursprünglichen Gegenstand nicht besonders viel zu tun hat.

Es ging doch nur darum, ob man sich zu einer moralischen Haltung theoretisch eine Strategie ausmalen könnte, die diese Haltung untergräbt. Etwa, dass ein Ferkelchen seine Kooperation einstellt, wenn es bemerkt, dass es auch ohne diese Kooperation an das Futter kommt. Mehr war doch eigentlich nicht gemeint, oder sehe ich das falsch?


Über die Grenzen der Interpretation dieses Lernexperimentes hatte ich mich mehrfach schon geäussert. Um den Wechsel moralischer Haltungen in menschlichen Gesellschaften zu begründen, braucht es IMHO nicht dieses Gleichnis, aber eine konkrete Analyse der jeweiligen sozialen, menschlichen Verhältnisse.


Ein anderes Beispiel war, dass die noble Haltung des Pazifismus nicht stabil ist, weil diese Haltung untergraben werden kann, sobald jemand eben doch zu den Waffen greift. Weil diese Haltung also nicht stabil ist, finden wir sie auch nirgends. Und genau das sollte belegt werden. Am Ende landen wir nicht bei den nobelsten aller Haltungen, sondern bei jenen, die stabil sind.

In DE muss jeder ohne Schusswaffen leben (stabil), in den USA verhält es sich umgekehrt, stabil. Übertrage das staatliche Gewaltmonopol auf Weltorganisation mit entsprechenden Kompetenzen, und die Nationen brauchen keine Kriegswaffen mehr, stabil.

Jörn
05.11.2017, 22:48
In DE muss jeder ohne Schusswaffen leben (stabil), in den USA verhält es sich umgekehrt, stabil. Übertrage das staatliche Gewaltmonopol auf Weltorganisation mit entsprechenden Kompetenzen, und die Nationen brauchen keine Kriegswaffen mehr, stabil.

Eben. Es bilden sich stabile Lösungen heraus. Und nur diese, aus einer unendlichen Zahl von Möglichkeiten.*

Was ist ihnen gemeinsam? Der Inhalt? Nein. Sondern dass sie stabil sind.

Das ist doch das, was Arne deutlich machen will. Insofern müsstet Ihr beiden Euch doch einig sein.

*Beispielsweise trifft die Vorhersage zu, dass es sich nicht beim Pazifismus einpendeln wird, weil dieser nicht stabil ist.

Klugschnacker
05.11.2017, 22:49
Was hält ihr von der Kritik von Ariel Rubinstein?

Interessant, hat aber nichts mit unserem Thema zu tun. Rubinstein ist Wirtschaftswissenschaftler, kein Biologe. Seine Kritik bezieht sich auf die Anwendung der Spieltheorie auf wirtschaftliche Probleme, speziell das Atomprogramm im Iran und Probleme der Eurozone.

In der Biologie wird mittels der Spieltheorie untersucht, wie sich Verhaltensweisen in einer Vielzahl von Individuen ausbreiten.

Klugschnacker
05.11.2017, 22:50
Eben. Es bilden sich stabile Lösungen heraus. Und nur diese, aus einer unendlichen Zahl von Möglichkeiten.*

Was ist ihnen gemeinsam? Der Inhalt? Nein. Sondern dass die stabil sind.

Das ist doch das, was Arne deutlich machen will. Insofern müsstet Ihr beiden Euch doch einig sein.

*Beispielsweise trifft die Vorhersage zu, dass es sich nicht beim Pazifismus einpendeln wird, weil dieser nicht stabil ist.

Ganz genau, danke. :kruecken:

Klugschnacker
05.11.2017, 23:08
Um den Wechsel moralischer Haltungen in menschlichen Gesellschaften zu begründen, braucht es IMHO nicht dieses Gleichnis, aber eine konkrete Analyse der jeweiligen sozialen, menschlichen Verhältnisse.

Ja, dem stimme ich zu. Du betrachtest die Ursachen. Ich betrachte den Mechanismus, mit dem diese Ursachen Wirksamkeit bekommen.

Beispiel, vereinfacht: Betrachten wir die durchschnittliche Kinderzahl einer Familie in einer fiktiven Gesellschaft. Wenn es keine Rente oder Absicherung im Alter gibt, werden pro Familie viele Kinder geboren, die das Elternpaar im Alter versorgen können. Mit der Einführung eines Rentensystems verringert sich die durchschnittliche Kinderzahl.

Du betrachtest hier die Ursachen, also Rentenversicherung ja/nein. Ich betrachte die Strategien der Eltern: Viele/wenige Kinder bekommen, ohne die Ursachen zu betrachten. Ich behaupte lediglich, dass sich eine gewisse durchschnittliche Kinderzahl von selbst einstellen wird. Es geschieht in Reaktion auf die Umweltbedingung "Rentensystem ja/nein", aber ohne dass von den Eltern diese Durchschnittszahl bewusst angestrebt wird.

Trotzdem wird diese neu eingependelte durchschnittliche Kinderzahl künftig moralische Normen setzen. Denn Normen ergeben sich aus erfolgreichen Strategien zwangsläufig.

qbz
05.11.2017, 23:22
Eben. Es bilden sich stabile Lösungen heraus. Und nur diese, aus einer unendlichen Zahl von Möglichkeiten.*

Was ist ihnen gemeinsam? Der Inhalt? Nein. Sondern dass sie stabil sind.

Das ist doch das, was Arne deutlich machen will. Insofern müsstet Ihr beiden Euch doch einig sein.

*Beispielsweise trifft die Vorhersage zu, dass es sich nicht beim Pazifismus einpendeln wird, weil dieser nicht stabil ist.

Wiki:
a) "Unter Pazifismus (von lat. pax, „Frieden“, und facere, „machen, tun“) versteht man im weitesten Sinne eine ethische Grundhaltung, die den Krieg prinzipiell ablehnt und danach strebt, bewaffnete Konflikte zu vermeiden, zu verhindern und die Bedingungen für dauerhaften Frieden zu schaffen. b) Eine strenge Position lehnt jede Form der Gewaltanwendung kategorisch ab und tritt für Gewaltlosigkeit ein.[2"

A) ist eine reale Möglichkeit, stabil, bei weltweiter wirksamer Abrüstungskontrolle mit Sanktionen, vergleichbar dem staatlichen Gewaltmonopol.

Klugschnacker
05.11.2017, 23:24
Darf ich einhaken und nach einem weiteren Ausbau von "erfolgreich" fragen?

Ich unterstelle nicht, dass wir hier an der These - auch nur von weitem - vorbeischrammen, das sich genau das (als Verhaltensmuster oder was auch immer) dauerhaft verbreitet etabliert, was sich eben dauerhaft etabliert - deswegen die weitere Frage.

m.

Der Erfolg einer Verhaltensweise ist in diesem speziellen Kontext immer ihr Ausbreitungserfolg. Das Christentum könnte keine moralischen Normen setzen, wenn es sich nicht ausgebreitet hätte. Dasselbe gilt für den Kommunismus oder die soziale Marktwirtschaft oder den Feudalismus.

Nehmen wir an, innerhalb einer fiktiven Religion gäbe es zwei Strömungen, die etwas voneinander abweichen. Der Unterschied bestünde einfach darin, das in Variante A alle Kinder ungefragt getauft werden, um sie vor der Hölle zu retten. In Variante B wartet man damit bis zur Volljährigkeit und lässt die Kinder dann selbst entscheiden.

Es zeigt sich, dass Variante A einen größeren Ausbreitungserfolg als Variante B hat. Denn bei A werden alle Kinder getauft, bei B nur fast alle. Nach und nach wird die Kindstaufe damit zu einer Selbstverständlichkeit. Das setzt die moralische Norm: Eltern, die ihre Kinder nicht taufen, ernten verständnisloses Kopfschütteln.

Das Beispiel soll zeigen, wie sich Systeme in Richtung größeren Ausbereitungserfolgs verändern und gleichzeitig die Normen setzen.

qbz
05.11.2017, 23:31
Interessant, hat aber nichts mit unserem Thema zu tun. Rubinstein ist Wirtschaftswissenschaftler, kein Biologe. Seine Kritik bezieht sich auf die Anwendung der Spieltheorie auf wirtschaftliche Probleme, speziell das Atomprogramm im Iran und Probleme der Eurozone.

In der Biologie wird mittels der Spieltheorie untersucht, wie sich Verhaltensweisen in einer Vielzahl von Individuen ausbreiten.

Hast Du den Artikel wirklich gelesen oder nur die Überschrift? :Blumen:

Er schreibt zum Schluss des Artikels:

"Erinnern Sie sich noch an den Titel dieses Artikels? Ich habe Sie ausgetrickst. Ich war mir nicht sicher, ob der Titel: „Die Spieltheorie kann die Probleme der Eurozone nicht lösen und das iranische Atomprogramm nicht aufhalten“, Sie veranlassen könnte, den Artikel zu lesen. Deshalb handelte ich strategisch und gab ihm einen irreführenden Titel. Die Idee dazu hatte ich aber nicht aus der Spieltheorie." ;) :Blumen:

Und davor:

"Die Suche nach der praktischen Bedeutung der Spieltheorie ergibt sich aus der Vorstellung, akademische Forschung und Lehre brächten der Gesellschaft einen direkten Nutzen ein. Diese Ansicht teile ich nicht. Forschungseinrichtungen, vor allem auf dem Gebiet der Geistes- und Sozialwissenschaften, sind Teil eines kulturellen Gefüges. Kultur bemisst sich nicht nach ihrem Nutzen, sondern danach, wie interessant sie ist und welche Herausforderung sie darstellt. Ich glaube, die Spieltheorie ist Teil der Kultur, die zu klären versucht, wie wir denken. Dieses Ideal lässt sich in vielfältiger Weise verwirklichen - durch Literatur, durch Kunst, durch Hirnforschung und, ja, auch durch die Spieltheorie. Falls jemand darüber hinaus auch eine praktische Anwendung für die Spieltheorie fände, wäre das wunderbar."

Klugschnacker
05.11.2017, 23:34
Wiki:
a) "Unter Pazifismus (von lat. pax, „Frieden“, und facere, „machen, tun“) versteht man im weitesten Sinne eine ethische Grundhaltung, die den Krieg prinzipiell ablehnt und danach strebt, bewaffnete Konflikte zu vermeiden, zu verhindern und die Bedingungen für dauerhaften Frieden zu schaffen. b) Eine strenge Position lehnt jede Form der Gewaltanwendung kategorisch ab und tritt für Gewaltlosigkeit ein.[2"

A) ist eine reale Möglichkeit, stabil, bei weltweiter wirksamer Abrüstungskontrolle mit Sanktionen, vergleichbar dem staatlichen Gewaltmonopol.

Was Du hier als Pazifismus darstellt, ist kein Pazifismus. Es ist ein Gewaltmonopol, das in der Lage ist, ernsthafte Sanktionen über einen Aggressor zu verhängen. Man kann freilich auch mit Wirtschaftssanktionen ein Land ins Mittelalter schicken, nicht nur mit Bomben.

Ich hoffe persönlich sehr, dass ein solches klug organisiertes Gewaltmonopol Kriege mit herkömmlichen Waffen verhindern kann. Das ist aber kein Pazifismus im engeren Sinne, sondern eine äußerst wehrhafte Angelegenheit, wenn sie funktionieren soll.

Ich bin ein Anhänger pazifistischer Ideen, aber man darf sich über ihre Grenzen keine Illusionen machen. Vermutlich sind wir da einer Meinung.

Klugschnacker
05.11.2017, 23:37
Hast Du den Artikel wirklich gelesen oder nur die Überschrift? :Blumen:


:Cheese: Nur die Überschrift und den Wiki-Eintrag des Autors. 1:0 für Dich.

Ps.: Habe ich etwas verpasst?

Jörn
05.11.2017, 23:39
Wiki:
a) "Unter Pazifismus (von lat. pax, „Frieden“, und facere, „machen, tun“) versteht man im weitesten Sinne eine ethische Grundhaltung, die den Krieg prinzipiell ablehnt und danach strebt, bewaffnete Konflikte zu vermeiden, zu verhindern und die Bedingungen für dauerhaften Frieden zu schaffen. b) Eine strenge Position lehnt jede Form der Gewaltanwendung kategorisch ab und tritt für Gewaltlosigkeit ein.[2"

A) ist eine reale Möglichkeit, stabil, bei weltweiter wirksamer Abrüstungskontrolle mit Sanktionen, vergleichbar dem staatlichen Gewaltmonopol.

Könntest Du bitte nochmal möglichst einfach und knapp darlegen, was Deine These ist, bzw. welcher Teil Deiner These etwas mit Moral, Evolution oder Religion zu tun hat? Ich verstehe den Zusammenhang Deines Postings nicht.

Und zweitens, wie bildet sich Deiner Meinung nach eine Moral?

Klugschnacker
05.11.2017, 23:39
"Die Suche nach der praktischen Bedeutung der Spieltheorie ergibt sich aus der Vorstellung, akademische Forschung und Lehre brächten der Gesellschaft einen direkten Nutzen ein. Diese Ansicht teile ich nicht. Forschungseinrichtungen, vor allem auf dem Gebiet der Geistes- und Sozialwissenschaften, sind Teil eines kulturellen Gefüges. Kultur bemisst sich nicht nach ihrem Nutzen, sondern danach, wie interessant sie ist und welche Herausforderung sie darstellt. Ich glaube, die Spieltheorie ist Teil der Kultur, die zu klären versucht, wie wir denken. Dieses Ideal lässt sich in vielfältiger Weise verwirklichen - durch Literatur, durch Kunst, durch Hirnforschung und, ja, auch durch die Spieltheorie. Falls jemand darüber hinaus auch eine praktische Anwendung für die Spieltheorie fände, wäre das wunderbar."

Ich sehe hier keinen substantiellen Angriff auf meine Argumente. Diese sind ja sehr einfach. Es sollte also keine Mühe machen, sie zu widerlegen oder zu verbessern.

Jörn
05.11.2017, 23:42
(Zitat) ...akademische Forschung und Lehre brächten der Gesellschaft einen direkten Nutzen ein. Diese Ansicht teile ich nicht.

Monströs.

qbz
05.11.2017, 23:43
:Cheese: Nur die Überschrift und den Wiki-Eintrag des Autors. 1:0 für Dich.

Ps.: Habe ich etwas verpasst?

Ja, sonst hätte ich es nicht zitiert. ;)

Es passt zur Diskussion, weil er aus wissenschaftlicher Sicht sehr enge Grenzen für die Anwendung der Spieltheorie zieht.

qbz
05.11.2017, 23:49
Was Du hier als Pazifismus darstellt, ist kein Pazifismus. Es ist ein Gewaltmonopol, das in der Lage ist, ernsthafte Sanktionen über einen Aggressor zu verhängen. Man kann freilich auch mit Wirtschaftssanktionen ein Land ins Mittelalter schicken, nicht nur mit Bomben.

Ich hoffe persönlich sehr, dass ein solches klug organisiertes Gewaltmonopol Kriege mit herkömmlichen Waffen verhindern kann. Das ist aber kein Pazifismus im engeren Sinne, sondern eine äußerst wehrhafte Angelegenheit, wenn sie funktionieren soll.

Ich bin ein Anhänger pazifistischer Ideen, aber man darf sich über ihre Grenzen keine Illusionen machen. Vermutlich sind wir da einer Meinung.

Ziemlich sicher ja.

Klugschnacker
05.11.2017, 23:59
OFFTOPIC:

Ich war heute in einem Diavortrag. Ein Mann und eine Frau haben zu Pferde Amerika durchquert. Von Südamerika bis Alaska. Die Reise dauerte 15 Jahre.

Eine bewegende Geschichte trug sich hoch im Norden zu. Ich meine, in British Columbia, Kanada. In einem winzigen Dorf inmitten dieser Wildnis hörte man, dass oben in den Bergen zwei Pferde im meterhohen Tiefschnee feststeckten. Möglicherweise bereits seit Wochen. Es war Winter, und die Temperatur sank in den Nächten auf -35°C.

Vier Männer fuhren noch bei Dunkelheit auf Motorschlitten hinauf und fanden die Pferde im Licht der Scheinwerfer. Der Schnee war mehrere Meter hoch. Keine Chance für die Pferde, sich fortzubewegen. Die Männer hatten Heuballen als Futter dabei, aber auch Gewehre. Je nach Zustand der Pferde würden sie diese füttern oder töten.

Der Zustand der Pferde war erbärmlich. Sie steckten fest. Ich habe die Fotos gesehen. Die Männer fütterten die Pferde und kehrten ins Dorf zurück.

Von dort aus gruben die Dorfbewohner einen 1800 Meter langen Hohlweg den Berg hinauf zu den Pferden. Mehr als zwei Meter tief mussten sie graben, um festen, tragfähigen Schnee zu erreichen. So trieben sie ihren Schacht zu den Pferden hinauf. Meter für Meter, nur mit Schaufeln. Eine unfassbare Plackerei.

http://www.edmontonjournal.com/cms/binary/1112752.jpg

Schließlich erreichten sie die beiden Pferde, die noch lebten. Sie führten sie den schmalen, langen Schacht hinab bis ins Dorf, in einen warmen Stall, rieben sie ab und gaben ihnen Futter. Auf den Fotos sah man überglückliche, tief bewegte und erschöpfte Gesichter.

So großartig können Menschen sein.

keko#
06.11.2017, 08:04
Hallo keko, stimmst du Luthers Ansichten nun zu oder nicht, und sollten wir diese feiern oder nicht?

Würdest du sagen, dass es Dir graut vor Leuten, die Luthers Hexen- und Judenwahn ablehnen und ihn daher nicht feiern? So verstehe ich dein Posting.

Mein Eindruck ist, dass die Bevölkerung nicht eine einzige von Luthers angeblichen 95 Thesen kennt. Welche davon ist denn deine Lieblingsthese, die wir am meisten feiern sollten?

Hi Jörn, den Feiertag fand ich berechtigt. Luthers Einfluss auf den Lauf der Geschichte (sein Gesamtwerk) ist meiner Meinung nach gedenkwürdig.

Wenn wir so kritisch an alles rangehen, dürfte Amerika Washington nicht gedenken, er hatte Hunderte Sklaven. Die Liste läßt sich beliebig erweitern.

Die Welt ist alles andere als perfekt, weil der Mensch weit davon entfernt ist. Vor Atheisten graut es mir insofern, als dass ich das Gefühl habe, dass ihnen der perfekte Mensch vorschwebt. Vom Perfektionismus ist es manchmal nicht weit zur Intoleranz.

MattF
06.11.2017, 08:09
Die Welt ist alles andere als perfekt, weil der Mensch weit davon entfernt ist. Vor Atheisten graut es mir insofern, als dass ich das Gefühl habe, dass ihnen der perfekte Mensch vorschwebt.

Gefühlte Fakten, ja in so Zeiten leben wir.

MFG
Matthias

Klugschnacker
06.11.2017, 09:07
Die Welt ist alles andere als perfekt, weil der Mensch weit davon entfernt ist. Vor Atheisten graut es mir insofern, als dass ich das Gefühl habe, dass ihnen der perfekte Mensch vorschwebt. Vom Perfektionismus ist es manchmal nicht weit zur Intoleranz.

Die Welt wäre demnach toleranter, wenn es mehr gläubige Menschen gäbe? Diesen Standpunkt würde ich nicht gern in einer Debatte verteidigen müssen. In den Gottesstaaten unseres Planeten geht es nämlich alles andere als tolerant zu.

Im Christentum stellen bereits unreine Gedanken eine schwere Verfehlung dar. Ich erkenne darin durchaus einen gewissen Perfektionsanspruch an die Menschen. Dasselbe gilt für die Ebenbildlichkeit mit niemand geringerem als dem Schöpfer des Universums, wo wir doch in Wahrheit vor allem den Schimpansen ähneln.
:Lachen2:

qbz
06.11.2017, 09:19
Ja, dem stimme ich zu. Du betrachtest die Ursachen. Ich betrachte den Mechanismus, mit dem diese Ursachen Wirksamkeit bekommen.

Beispiel, vereinfacht: Betrachten wir die durchschnittliche Kinderzahl einer Familie in einer fiktiven Gesellschaft. Wenn es keine Rente oder Absicherung im Alter gibt, werden pro Familie viele Kinder geboren, die das Elternpaar im Alter versorgen können. Mit der Einführung eines Rentensystems verringert sich die durchschnittliche Kinderzahl.

Du betrachtest hier die Ursachen, also Rentenversicherung ja/nein. Ich betrachte die Strategien der Eltern: Viele/wenige Kinder bekommen, ohne die Ursachen zu betrachten. Ich behaupte lediglich, dass sich eine gewisse durchschnittliche Kinderzahl von selbst einstellen wird. Es geschieht in Reaktion auf die Umweltbedingung "Rentensystem ja/nein", aber ohne dass von den Eltern diese Durchschnittszahl bewusst angestrebt wird.

Trotzdem wird diese neu eingependelte durchschnittliche Kinderzahl künftig moralische Normen setzen. Denn Normen ergeben sich aus erfolgreichen Strategien zwangsläufig.

Ja, mir ging es allein um ein paar Grundgedanken zur Abhängigkeit der moralischen Einstellungen von sozialen Verhältnissen und den sozialen Lagen der Menschen (um damit auch auf Jörn's mich und einen Kommentar schwer überfordernde ;) Frage zu antworten, wie ich die Entstehung der Moral begründe.), also allein um einen Aspekt. Andere Aspekte von "Moral" findet man bei Piaget, Freud, Fromm, Sozialpsychologie, auch Spieltheorie usf..

Veranschaulichen lässt sich die Frage, wie soziale Lagen die Moral beeinflussen können, am Beispiel der (industriellen) Kinderarbeit. Ihre Verbreitung hängt historisch vom Entwicklungsstand der Industrialisierung, vom Kräfteverhältnis zwischen Kapital und Arbeit, der Armut der Familien, Wirtschaftskrisen, der Verteilung der erarbeiteten Ressourcen ab. Je nach Existenzabsicherung der Familie unterscheiden sich die Einstellungen der Eltern, zwischen Arbeit ihrer Kinder im eigenen Betrieb, als Bettler in Berlin, in einer Mine, Plantage, Schutthalde usf., oder dem Ermöglichen einer Schule bis hin zum Studium. Dabei send(et)en diejenigen, die von der Kinderarbeit profitieren und sie für gerechtfertigt halten (weil sie armen Familien hilft), ihre eigenen Kinder in die Schule. (schichtspezifische Moral).

keko#
06.11.2017, 09:37
Die Welt wäre demnach toleranter, wenn es mehr gläubige Menschen gäbe? Diesen Standpunkt würde ich nicht gern in einer Debatte verteidigen müssen. In den Gottesstaaten unseres Planeten geht es nämlich alles andere als tolerant zu.

Im Christentum stellen bereits unreine Gedanken eine schwere Verfehlung dar. Ich erkenne darin durchaus einen gewissen Perfektionsanspruch an die Menschen. Dasselbe gilt für die Ebenbildlichkeit mit niemand geringerem als dem Schöpfer des Universums, wo wir doch in Wahrheit vor allem den Schimpansen ähneln.
:Lachen2:

Ich lehne jede Art von Rigorismus ab. Auch der Atheist ist nicht gefeit vor eine rigorosen Denkweise. Genauso wie der Gläubige letztendlich völlig intolerant enden kann, kann auch der Atheist in einer Sackgasse enden.

Mittlerweile ist der negative Einfluss der Kirche auf unsere Gesellschaft gering. Wir werden es nicht ändern können, dass sie ein Teil der europäischen Geschichte und Kultur ist. Ebenso wie das 3. Reich immer mit DE verbunden bleiben wird. Will man was tun, sollte man Länder missionieren, in denen Frauen nicht unverhüllt auf die Strasse gehen dürfen.

(Ich wurde am Samstagabend in der Stuttgarter Fußgängerzone auf von einem offensichtlich fernöstlichen Mann angesprochen. Er hielt mir sein Handy unter die Nase und fragte mich, ob ich seine Schwester anrufen will. Solche Maschen kannte ich bisher nur aus den USA ("You need roomservice?"). Da fasse ich mir dann wirklich an den Kopf...)

Klugschnacker
06.11.2017, 10:18
Veranschaulichen lässt sich die Frage, wie soziale Lagen die Moral beeinflussen können, am Beispiel der industriellen Kinderarbeit. Ihre Verbreitung hängt historisch vom Entwicklungsstand der Industrialisierung, vom Kräfteverhältnis zwischen Kapital und Arbeit, der Armut der Familien, Wirtschaftskrisen, der Verteilung der erarbeiteten Ressourcen ab.

Dem stimme ich zu. Die Verfügbarkeit bestimmter Ressourcen beeinflusst das Verhalten einer Population. Langfristig beeinflusst das wiederum die Moral: Abweichendes Verhalten gilt als unmoralisch.

Die Eltern der frühindustriellen Epoche haben bestimmt alle möglichen Strategien ausprobiert, um zu überleben. An Ideen und Versuchen hat es gewiss nicht gefehlt, denn Not macht erfinderisch. Die meisten dieser Strategien sind gescheitert. Kinderarbeit erwies sich jedoch als erfolgreiche Strategie. Sie trug zum Überleben der Kinder und der Eltern bei, und motivierte Fabrikbesitzer, entsprechende Arbeitsplätze anzubieten.

Die Moralbegriffe wurden dadurch beeinflusst. Kinderarbeit wurde legitimiert. In den unteren Schichten war es eine Selbstverständlichkeit, die Kinder in die Mine zu schicken und nicht auf’s Gymnasium. Dieser Einfluss auf die Moralbegriffe ergab sich daraus, dass die Strategie "Kinderarbeit" erfolgreich war und stabil (dauerhaft).

Der Verdacht liegt nahe, dass auch andere Moralbegriffe das Ergebnis erfolgreicher Strategien sind.

aequitas
06.11.2017, 10:45
Das Problem verdeutlicht ziemlich schön, weshalb Sozialwissenschaftler in vielen Berufen gefragt sind: Ingenieure können manche Sachen einfach nicht "verstehen", da sie auf eine andere Art und Weise Probleme erfassen und analysieren. Genau das lässt sich in diesem Thread beobachten. Arne versucht auf Grundlage mathematischer/ökonomischer/naturwissenschaftlicher Theorien und Modelle die Welt zu erklären. Qbz als Psychologe (?) hat zu den Phänomenen die hier besprochen werden einen anderen Zugang.

Arne, die Ökonomen (ja, auch die versuchen die Entstehung von Moral zu erklären) machen das auch schon lange nicht mehr nur mit der Spieltheorie. Jegliches Verhalten und Entwicklung durch ESS zu erklären greift zu kurz.

Richard Thaler (hat dieses Jahr den Nobelpreis für die Wirtschaftswissenschaften erhalten) beschftigt sich mit behavioral economics/Verhaltensökonomie, also einer Theorie, die nicht auf Grundlage des homo oeconomicus (Spieltheorie) funktioniert. Vielleicht helfen dir seine Gedanken Moral von einer anderen Seite zu betrachten, statt es nur durch ESS zu erklären.

Helmut S
06.11.2017, 10:51
Servus!

Sorry zunächst, dass ich nicht real-time hier mitschreiben kann. Meine Alltag gibt das zeitlich im Moment nicht her. Deshalb bitte ich auch um Entschuldigung, falls ich hier irgendwas schreibe, was längst durch ist oder die letzten Beiträge mit meinem Posting nicht direkt adressiere. :Blumen:

Mir fällt auf, dass hier wohl verschiedene Verständnisweisen des Begriffes Moral existieren. Man sollte wirklich aufpassen, dass man das Wort nicht überlädt und am Ende dadurch sogar mit einer Worthülse dasteht. Ähnlich dem begriff "Würde des Menschen" - is ja auch sowas problematisches.

Die Moral im allerengsten philosophischen Sinne ist ein Regelwerk (normativ) nach dem der einzelne Mensch (es gibt in diesem Sinne keine Gruppenmoral) sein Handeln ausrichten soll, weil er ein Mensch ist und aus sonst keinem anderen Grunde. Daran haben sich die Philosophen die Zähne ausgebissen, denn die Tatsache das man Mensch ist, verpflichtet erstmal zu genau überhaupt nichts. Die Verpflichtungen kommen erst später dazu, wenn der Mensch Rollen in sozialen Gruppen (Herden, Familien, Vereinen, Schulen, Staaten usw. usw.) einnimmt.

Das die biologische Evolution dem Tier Mensch eine genetische Grundausstattung zur Fähigkeit zur Moral mitgegeben hat ist allerdings wohl unbestritten - soweit ich weiß, gibt es sozialwissenschaftliche Experimente, die selbiges auch bei Primaten zeigen. Das diese Fähigkeit zur Moral auch weiter zum Zwecke der Kooperation verschiedener menschlicher Tiere untereinander entwickelt wurde, darüber besteht wohl auch weitgehend Einigkeit. Ich bin auch der Meinung (und an sich ist das ja offensichtlich), dass diese Fähigkeit zur Moral der biologischen Evolution unterworfen ist. Ob es im Laufe dieser Evolution zu einer Mutation der Genetik gekommen ist oder noch kommen wird die eben für die Grundfähigkeit zur Moral verantwortlich ist - das weiß ich nicht. Das war es dann aber auch schon mit der Moral, die im Menschen a priori angelgt bzw. eben nicht angelegt ist.

Alleine wenn man die Grundlagen der Evolutionsbiologie kennt, muss aber klar sein, dass Begriffe wie "Strategie" oder "maximaler Ausbreitungserfolg" zumindest auf dieser Ebene nicht zutreffen. Die biologische Evolution hat keine Strategie, sie fasst keine Pläne, trifft keine Entscheidungen und hat auch kein Ziel. Sie ist blind, mechanisch und undurchdacht. Die Evolution des jeweiligen Organismus hat den Zweck den Allelen eine erfolgreiche Reproduktion zu garantieren. Sie hat dafür verschiedene Mechanismen, wie z.B. Mutation oder sexuelle Selektion. Ist das gewährleistet und ändern sich keine Umweltbedingungen, dann steht die Evolution für diesen Organismaus auch still ("Stasis"). Die Evolution will auch nicht, dass sich ein Organismus ausbreitet - sie weiß von "Ausbreitung" gar nichts, der Zweck ist die Reproduktion - nicht die Ausbreitung oder etwas anderes. Ausserdem führt die Evolution auch zu keinem absoluten Maximum, sondern steckt in lokalen Optima "fest". Ich möchte an der Stelle nochmal auf das Grundlagenbuch der Evolutionsbiologie verweisen, dass ich Seiten vorher schon mal empfohlen habe.

Moral im weitesten Sinne breitet sich lokal aus, das ist abhängig von den Gruppen und den Rollen in denen sich der Mensch befindet. Sie tritt hier in verschiedensten Formen in Erscheinung: Als Vorgaben in Religionen, als ungeschriebene Gesetze in Familien oder unter Kollegen, als Gesetzestexte von Staaten, im Völkerrecht, als Wertesysteme usw. All diese "Regelwerke" sind aber Konzepte, die vom Menschen erdacht wurden und ohne Menschen nicht existieren. Aus diesem Grunde sind sie auch nicht ursächlich - sondern nur indirekt - einer Evolution unterworfen. Einer Evolution unterworfen ist das Denken der Menschen und nur über eine Veränderung dessen, sind solche Konzepte überhaupt veränderbar. Die Einflüsse für verändertes Denken sind manigfaltig und in der Geschichte findet man Tausende: Entdeckung des Feuers, Erfindung des Rades, Industrialisierung, Aufklärung, Kriege, Epidemien, usw. usw. Auch hier in diesem Thread wurden ja viele Situationen genannt, die das menschliche Denken - und damit auch den Moralbegriff (im weitesten Sinne) - verändert haben. Aber auch hier gilt: Die absolute Moral gibt es nicht und wird es m.E. auch nicht geben.

Aus den o.g. Gründen, sind m.E. übrigens Apelle "an die Menschheit" völlig für die Katz: Der Mensch (in der Rolle als Mensch) schert sich nichts um die Menschheit. Erst in komplexeren Rollen schert er sich um Mitglieder seiner sozialen Einheit. Als Konsequenz kann man m.E. die Welt ein Stück besser machen in dem wir selbst bei uns anfangen und "moralische Milleus" erzeugen, in denen die Moral quasi "ansteckt". Das ist mein persönlicher, praktischer Ansatz. Darüber hinaus versuche ich meine beiden Kinder ebefalls in diesem Sinnezu erziehen.

Warum überall auf der Welt "ähnliche" Wertesysteme usw. existieren? Das ist m.E. einfach: Gewalt. Gerade die Europäer haben sich als Seefahrernationen (angefangen mit den Wickingern aber) spätestens seit Ende des 15. Jahrhunderts ja alles "einverleibt" was ging. Allen voran die Spanier, die Portugiesen und die Engländer. Es wurden Eingeborene versklavt, Menschenhandel getrieben, Krankheiten eingeschleppt, die wiederum ganze Kulturen ausgeschlöscht haben, Kriege geführt und Masaker angerichtet, ausgebeutet, kolonialisiert und christianisiert was ging - undzwar nahezu weltweit.

Das Argument, das es ohne Religion keine Moral gäbe, habe ich noch nie gehört. Das Religion Grundlage für eine (ganz bestimmte) Moral dienen kann, aber schon. Die Diskussion um erfolgreiche, stabile Stategien ist eine Scheindiskussion - eigentlich geht es um das Wesen des Menschen. Und ich fürchte, das die Ergebisse dieser Diskussion nicht besonders fröhlich stimmen. Schoppenhauer hat schon gesagt: "Der Mensch ist im Grunde ein wildes, entsetzliches Tier. Wir kennen es bloß im Zustande der Bändigung und Zähmung, welcher Zivilisation heißt." Womöglich nenen wir all das "moralisch" was in die Bändigung und Zähmung passt.

Was die Spieltheorie betrifft: Ich hab ja (in grauer Vorzeit) Informatik mit Nebenfach Mathe (zuerst BWL, dass war mir dann aber zuviel zu lernen) studiert. Dort habe ich Spieltheorie als Feld der Mathematik kennengelernt, deren Anwendungsgebiete vielfältig sind: Psychologie, Biologie, Wirtschaft ...

Anyway ... mein persönöliches Fazit ist: Leben und leben lassen. Das gilt auch für Religionen. Wo Weltanschauungen allerdings einschränken, unfrei machen und Leid über die Menschen bringen hört der Spaß auf. Idealerweise fange ich bei mir selber, in meinem "moralischen Millieu" an, die Welt ein Stück besser zu machen.

So ... jetzt wieder was arbeiten, damit auch noch genug Zeit für ein Läufchen heute Abend übrig bleibt.

LG Helmut :Huhu:

Klugschnacker
06.11.2017, 10:58
Richard Thaler (hat dieses Jahr den Nobelpreis für die Wirtschaftswissenschaften erhalten) beschftigt sich mit behavioral economics/Verhaltensökonomie, also einer Theorie, die nicht auf Grundlage des homo oeconomicus (Spieltheorie) funktioniert. Vielleicht helfen dir seine Gedanken Moral von einer anderen Seite zu betrachten, statt es nur durch ESS zu erklären.

Wenn wir seine Theorie diskutieren wollen, dann müsstest Du oder jemand anderes diese hier kurz skizzieren. Wäre das möglich?

Jörn
06.11.2017, 12:41
Hi Jörn, den Feiertag fand ich berechtigt. Luthers Einfluss auf den Lauf der Geschichte (sein Gesamtwerk) ist meiner Meinung nach gedenkwürdig.


Hallo keko, welche von Luthers 95 Thesen ist nicht völliger Irrsinn?

:Blumen:

Jörn
06.11.2017, 13:06
Ich lehne jede Art von Rigorismus ab. Auch der Atheist ist nicht gefeit vor eine rigorosen Denkweise. Genauso wie der Gläubige letztendlich völlig intolerant enden kann, kann auch der Atheist in einer Sackgasse enden.

Aber ist das nicht die übliche Vermischung von Wahrheit und Toleranz, die man in Debatten mit Gläubigen zuverlässig vorfindet, damit sich jeder seine bevorzugte „Wahrheit“ basteln kann?

Man kann ohne weiteres rigoros sein, in dem Versuch, Wahres und Belegbares von Unwahrem und Unbelegbarem zu trennen, und dennoch andere Lebenseinstellungen tolerieren als die eigene. Beides hat miteinander nichts zu tun.

Wenn über Wahrheit diskutiert wird, spielt Toleranz keine Rolle. Entweder dreht sich die Erde um die Sonne oder nicht. Entweder war das Grab von Jesus leer oder nicht. Hier eine „Toleranz“ einzufordern, geht am Zweck der Debatte vorbei. Wer ehrlich an der Wahrheit interessiert ist, möchte nicht, dass ihm mit „Toleranz“ geantwortet wird. Ein Wissenschaftler möchte wissen, ob seine Kollegen Einwände haben. Er hofft nicht darauf, dass sie ihre Einwände zurückhalten. Er will die Einwände hören.

In Debatten über Wahrheit plötzlich Toleranz einzufordern, ist vielleicht nur der Versuch, die Prüfung auf Wahrheit zu verhindern. Es ist eine der vielen Immunisierungsstrategien.

Man kann durchaus den Wahrheitsgehalt der Behauptung prüfen, Religionen wären in besonderem Maße tolerant. Dazu braucht man keinen Atheismus. Sondern man konfrontiert die Religionen einfach mit den Behauptungen der zahlreichen anderen Religionen. Da hört die Toleranz schlagartig auf. Martin Luther beispielsweise sah sich nicht imstande, die Ansichten des Papstes zu tolerieren, worauf er ihn als Madensack und Satan bezeichnete, was auf den ersten Blick wenig tolerant klingt. Auch sein Vorschlag, dem Papst die Zunge rauszureißen, weist in diese unfeine Richtung.

An der Wahrheit waren natürlich weder der Papst noch Luther interessiert.

Wenn man den Gott der Christen, Moslems oder Juden auf einen einzigen Charakterzug reduzieren müsste, dann den, dass er manisch eifersüchtig jede andere Religion verdammt. Das ist das oberste Gebot und der theologische Kern.

Toleranz entspringt der Erkenntnis, dass die eine Religion so unbewiesen ist wie die andere. Das ist eine Erkenntnis, die den monotheistischen Schriften völlig fremd ist.

Jörn
06.11.2017, 13:25
Hier noch eine Zugabe, mit der sich Toleranz und Luther wunderbar vereinigen können:

Luther spricht davon, dass seine Lehre so unantastbar sei, dass selbst die Engel kein Urteil darüber fällen könnten. Nur er, Luther, wäre der Richter — aber nicht nur über die Menschen, sondern sogar über die Engel. Warum? Weil er Gewissheit habe. Sein Urteil wäre daher das Urteil Gottes.

"Ich will meine Lehre ungerichtet haben von jedermann, auch von allen Engeln. Denn da ich ihr gewiss bin, will ich durch sie euer und auch der Engel (...) Richter sein, dass, wer meine Lehre nicht annimmt, dass er nicht möge selig werden. Denn sie ist Gottes und nicht mein; darum ist mein Gericht auch Gottes, und nicht mein."

(Wider den falsch genannten geistlichen Stand des Papstes und der Bischöfe, Index verborum, Martin Luther´s German Writings, 1516-1525, Boston College 1999, Volume 10/2, S. 107)

Ah, diese wunderbaren Lehren von Luther... und diese wunderbare Toleranz... und Bescheidenheit... einfach schön.

keko#
06.11.2017, 14:00
Aber ist das nicht die übliche Vermischung von Wahrheit und Toleranz, die man in Debatten mit Gläubigen zuverlässig vorfindet, damit sich jeder seine bevorzugte „Wahrheit“ basteln kann?

Man kann ohne weiteres rigoros sein, in dem Versuch, Wahres und Belegbares von Unwahrem und Unbelegbarem zu trennen, und dennoch andere Lebenseinstellungen tolerieren als die eigene. Beides hat miteinander nichts zu tun.

Wenn über Wahrheit diskutiert wird, spielt Toleranz keine Rolle. Entweder dreht sich die Erde um die Sonne oder nicht. Entweder war das Grab von Jesus leer oder nicht. Hier eine „Toleranz“ einzufordern, geht am Zweck der Debatte vorbei. Wer ehrlich an der Wahrheit interessiert ist, möchte nicht, dass ihm mit „Toleranz“ geantwortet wird. Ein Wissenschaftler möchte wissen, ob seine Kollegen Einwände haben. Er hofft nicht darauf, dass sie ihre Einwände zurückhalten. Er will die Einwände hören.

In Debatten über Wahrheit plötzlich Toleranz einzufordern, ist vielleicht nur der Versuch, die Prüfung auf Wahrheit zu verhindern. Es ist eine der vielen Immunisierungsstrategien.



Man kann und soll sehr wohl hartnäckig nach Wahrheit suchen. Dabei spielt die Toleranz tatsächlich zunächst keine Rolle.

Die Frage ist aber, wie man mit der Wahrheit umgeht und was man damit macht. Hier klang ja an, welch ein Unfug Luther u.a. verzapft hat. Er hat sicher auch viel Gutes und Wahres bewirkt und gewollt. Letztendlich kann man sich als Atheist begründet gegen diesen zusätzlichen Feiertag wehren. Ebenso gegen all anderen christlichen Feiertag; gegen sonstwas, was mit Religion zu tun. In letzter Konsequenz müsste man alles abschaffen. Damit geht man im Namen einer Toleranz Hand in Hand mit einer Intoleranz.

Und diese Wahrheit müsste man auch auf anderen Gebieten einfordern. Ich habe schon mit Menschen gearbeitet, die Dyskalkulie haben. Warum sollte ich ihnen im Namen der Wahrheit nicht die Wahrheit über ihre Fähigkeiten ins Gesicht sagen?

Ich bleibe dabei: eine Welt, die konsequent und ohne Toleranz auf Wahrheit setzt, ist für mich ein Schreckgespenst. Oder setzt du die Messlatte nur bei Religionen an?

Klugschnacker
06.11.2017, 14:19
Moral ... tritt hier in verschiedensten Formen in Erscheinung: Als Vorgaben in Religionen, als ungeschriebene Gesetze in Familien oder unter Kollegen, als Gesetzestexte von Staaten, im Völkerrecht, als Wertesysteme usw. All diese "Regelwerke" sind aber Konzepte, die vom Menschen erdacht wurden und ohne Menschen nicht existieren. Aus diesem Grunde sind sie auch nicht ursächlich - sondern nur indirekt - einer Evolution unterworfen.

Warum sollten Konzepte, die vom Menschen erdacht wurden, keiner Evolution unterliegen?

Wir haben die technische Evolution konkret vor Augen. Alle möglichen technischen Konzepte konkurrieren miteinander um Ausbreitung. Die VHS-Kassette war einmal sehr verbreitet und wurde von anderen Formaten abgelöst. Es gewann nicht unbedingt die beste Lösung, sondern die mit dem größten Ausbreitungserfolg. Wer früher einen Windows-Rechner hatte, weiß das.
:Lachen2:

Auf der kulturellen Seite haben wir beispielsweise die Evolution der Zahlungsmittel. Erst wurden Waren direkt getauscht, dann erfand man das erste Geld. Bargeld wird nun demnächst verschwinden. Der Großteil unserer heutigen Wirtschaft funktioniert mit fiktivem Geld, das gar nicht vorhanden ist – jede Bank kann das Zehnfache dessen verleihen, was sie tatsächlich hat. Geld ist zudem selbst zur Handelsware geworden.

Auch Gesetze unterliegen einer Evolution. Untaugliche Gesetze werden verändert oder verschwinden. Gerade eben wurde das Asylrecht wegen geänderter "Umweltbedingungen" angepasst.

Evolution findet nicht nur in den Genen der Lebewesen statt.
:Blumen:

Jörn
06.11.2017, 14:24
Und diese Wahrheit müsste man auch auf anderen Gebieten einfordern. Ich habe schon mit Menschen gearbeitet, die Dyskalkulie haben. Warum sollte ich ihnen im Namen der Wahrheit nicht die Wahrheit über ihre Fähigkeiten ins Gesicht sagen?

Ich bleibe dabei: eine Welt, die konsequent und ohne Toleranz auf Wahrheit setzt, ist für mich ein Schreckgespenst. Oder setzt du die Messlatte nur bei Religionen an?

Hallo keko, die Frage, ob man sich nur und immer an die Wahrheit hält, stellt sich überhaupt nicht. Es ist ein Strohmann-Argument, bei dem absichtlich eine absurde Option zur Auswahl steht, damit man automatisch die andere Option wählt.

Natürlich sagt man seiner Umwelt nicht dauernd die schonungslose Wahrheit, ebensowenig wie man dauernd die schonungslose Wahrheit über sich selbst hören will. Ich sehe keinen Zusammenhang mit Atheismus. Atheismus ist keine Form der Höflichkeit.

Ich sehe auch nicht, was die Frage, ob das Grab von Jesus leer war, mit Höflichkeit zu tun hat. Natürlich gibt es eine Menge gläubiger Menschen, die ein großes Theater aufführen, sobald es jemand wagen sollte, ihren Glauben infrage zu stellen. Hier wird die (angebliche) persönliche Verletztheit dazu verwendet, um eine Debatte über faktische Wahrheiten komplett unmöglich zu machen. Und in diesem Fall ist mir die (angebliche) persönliche Verletztheit egal, einfach damit die Gläubigen erkennen, dass dieser Schachzug keinen Erfolg hat.

Damit will ich sagen, dass man entweder durch Vereinbarung oder durch die Umstände einen Rahmen setzen kann, in dem mal die Wahrheit und mal die Höflichkeit bestimmt: In einem Thread wie diesem heißt es für mich „Feuer frei!“, während ich am Sterbebett von Bischof XY sicherlich keine Liste seiner Irrtümer verlesen werde.

Ich kann durchaus die vielen Muslime hier in Frankfurt tolerieren — ja, ich begrüße es, dass sie anders sind. Denn die dadurch eingeübte Toleranz kommt allen zugute. Es erzeugt Freiheit und Freiräume für alle. Trotzdem kann ich rigoros auf Beweisen bestehen, wenn mir eingeredet werden soll, irgendein Prophet wäre auf einem geflügelten Pferd umher geflogen. Ich muss die Wahrheit nicht der Toleranz opfern.

Du schreibst, Luther hätte „viel Gutes und Wahres bewirkt“. Aber wenn man Dich nach konkreten Beispielen seiner Thesen fragt, erhält man keine Antwort. Hingegen konnte ich (und Vicky) zahlreiche wirre Zitate anführen, die kein gutes Licht auf ihn werfen, und die in ihrer Mannigfaltigkeit auch nicht den Schluss zulassen, es handele sich um einzelne Ausreißer.

keko#
06.11.2017, 14:39
Ich kann durchaus die vielen Muslime hier in Frankfurt tolerieren — ja, ich begrüße es, dass sie anders sind. Denn die dadurch eingeübte Toleranz kommt allen zugute. Es erzeugt Freiheit und Freiräume für alle. Trotzdem kann ich rigoros auf Beweisen bestehen, wenn mir eingeredet werden soll, irgendein Prophet wäre auf einem geflügelten Pferd umher geflogen. Ich muss die Wahrheit nicht der Toleranz opfern.


Insofern geht es dir nur um die Wahrheit, die aber letztendlich keinerlei Konsequenzen hat?

Ansonsten müsstest du auf die Barrikade gehen, wenn dir in Frankfurt eine Frau mit Kopftuch begegnet.


Du schreibst, Luther hätte „viel Gutes und Wahres bewirkt“. Aber wenn man Dich nach konkreten Beispielen seiner Thesen fragt, erhält man keine Antwort. Hingegen konnte ich (und Vicky) zahlreiche wirre Zitate anführen, die kein gutes Licht auf ihn werfen, und die in ihrer Mannigfaltigkeit auch nicht den Schluss zulassen, es handele sich um einzelne Ausreißer.

Man könnte jetzt googeln und eine These rausholen, z.b:
86: Warum baut der reiche Papst nicht wenigstens den Petersdom von seinem Geld?

Insgesamt vertraue ich in der Beurteilung Luthers den Historikern mehr als dir und Vicky. Dass er streitbar ist, habe ich schon in der Schule gelernt.

Helmut S
06.11.2017, 14:40
Servus Arne!

Warum sollten Konzepte, die vom Menschen erdacht wurden, keiner Evolution unterliegen?

Sie tun es nicht unmittelbar - sie benötigen einen Mediator. Der Mediator von Gedankenkonzepten ist der Mensch. Eine Blume braucht zur Evolution keinen Menschen. Sie unterliegt unmittelbar der Evolution. Eine Religion z. B. dagegen benötigt zur Evolution den Menschen. Ja, bereits zur Existenz benötigt die Religion den Menschen - ohne Menschen keine Religion.

Wer hat denn das Geld erfunden? Wer hat denn die untauglichen Gesetze abgeschafft? Das war alles der Mensch.


LG H.

Klugschnacker
06.11.2017, 14:57
Sie tun es nicht unmittelbar - sie benötigen einen Mediator. Der Mediator von Gedankenkonzepten ist der Mensch. Eine Blume braucht zur Evolution keinen Menschen. Sie unterliegt unmittelbar der Evolution. Eine Religion z. B. dagegen benötigt zur Evolution den Menschen. Ja, bereits zur Existenz benötigt die Religion den Menschen - ohne Menschen keine Religion.

Richtig, eine Blume braucht zur Evolution keine Menschen. Aber Bienen, Boden, Luft, Wasser und Sonne. Es fällt mir schwer, hier einen prinzipiellen Unterschied festzustellen.

Denken wir uns mal die Bienen weg. In manchen Gegenden Chinas sind Bienen bereits ausgestorben. Hier bestäuben Menschen von Hand die Obstbäume. Die Obstbäume sind nun auf Menschen angewiesen. Unterliegen sie demnach nicht mehr der Evolution?

Was ist mit Tieren und Pflanzen, die vom Menschen gezüchtet wurden und die es in der Natur nicht gibt. Unterliegen auch sie nicht der Evolution?

Jörn
06.11.2017, 15:06
Insofern geht es dir nur um die Wahrheit, die aber letztendlich keinerlei Konsequenzen hat? Ansonsten müsstest du auf die Barrikade gehen, wenn dir in Frankfurt eine Frau mit Kopftuch begegnet.

Hallo keko! Konsequenzen kann ich nur für mich selber ziehen. Die Konsequenzen, die andere für sich ziehen, muss ich hinnehmen. Ich sehe keinerlei Probleme für mich darin, wenn Gläubige sich auf absurde Weise kleiden. Sie haben das Recht dazu.

Ich widerspreche erst dann (und zwar hartnäckig), wenn behauptet wird, irgendein Gott hätte diese Kleidung vorgeschrieben — und alles, was an „Beweisen“ vorgelegt wird, sind ein paar läppische Kritzeleien, die ganz offensichtlich von Menschen geschrieben wurden.

Ich würde auch nichts gegen einen Priester und seine Predigt einwenden. Ich würde nur dann widersprechen (und zwar hartnäckig), wenn er behauptet, er könne die Anwesenden wirksam segnen.

Ergo: Sobald Tatsachenbehauptungen im Spiel sind, ändert sich der Kontext. Dann darf man diese Tatsachen untersuchen.

86: Warum baut der reiche Papst nicht wenigstens den Petersdom von seinem Geld? Insgesamt vertraue ich in der Beurteilung Luthers den Historikern mehr als dir und Vicky. Dass er streitbar ist, habe ich schon in der Schule gelernt.

Ja, diese These ist sinnvoll. Es ist allerdings keine theologische These. Außerdem ist es ein Zirkelschluss, denn „das Geld des Papstes“ speist sich aus denselben Quellen wie der Ablasshandel. In allen Fällen kommt es von den Gläubigen, so oder so. Auch Luther lebte vom Geld der Gläubigen.

Du sagst, Du würdest dem Urteil der Historiker vertrauen. Ist das womöglich eine Immunisierungsstrategie? Ist es nicht identisch mit der Aussage: „Ihr könnt mir eine Million dieser Zitate vorlegen, und ich werde dennoch meine Meinung nicht ändern“? Was würde denn Deine Meinung ändern? Luther-kritische Historiker gibt‘s doch jede Menge. Ich finde, die vorgebrachten Zitate wiegen schwer.

Letztlich glaubst Du seinen Behauptungen ja selber nicht.

:Blumen:

Jörn
06.11.2017, 15:14
Wir sind auf Seite 1111!

Schnaps für alle!

:liebe053:

Vicky
06.11.2017, 15:17
Wir sind auf Seite 1111!

Schnaps für alle!

:liebe053:

und Du hast den 8888sten Beitrag geschrieben... *Prost* :Lachen2:

Helmut S
06.11.2017, 15:17
Servus Arne!

Aber die Bienen haben die Blumen nicht erdacht. ;) Der Mensch die Religion schon. Ausserdem benötigen die Blumen die Bienen nicht zur Evolution, sondern zur Fortpflanzung. Das ist ein Unterschied - im konkreten Fall eine Bestäubungssymbiose.

Nimm alle Menschen weg und es existiert unmittelbar und sofort keine Religion mehr. Religion ist ein reines Gedankenkind. Kein unmittelbares Ergebnis der Natur.

Möglicherweise stirbt eine konkrete Blumen aus, wenn du alle Bienen weg nimmst. Möglicherweise schafft die Evolution aber eine Mutation, die keine Bienen mehr benötigen. ;)

Off-Topic (oder auch nicht): Der Löwenzahn ist z.B. eine sehr interessante Spezies :Blumen: Und - sehr geil: Ich habe ein relativ großes Meerwasseraquarium. In dem kann man wunderbare biologische Beobachtungen machen. Unlängst erst hat die zweite asexuelle Vermehrung meiner Entacmaea quadricolor (https://www.meerwasser-lexikon.de/tiere/882_Entacmaea_quadricolor.htm) stattgefunden. :liebe053:

LG Helmut :Blumen:

keko#
06.11.2017, 15:22
Hallo keko! Konsequenzen kann ich nur für mich selber ziehen. Die Konsequenzen, die andere für sich ziehen, muss ich hinnehmen. Ich sehe keinerlei Probleme für mich darin, wenn Gläubige sich auf absurde Weise kleiden. Sie haben das Recht dazu.

Ich widerspreche erst dann (und zwar hartnäckig), wenn behauptet wird, irgendein Gott hätte diese Kleidung vorgeschrieben — und alles, was an „Beweisen“ vorgelegt wird, sind ein paar läppische Kritzeleien, die ganz offensichtlich von Menschen geschrieben wurden.

Ich würde auch nichts gegen einen Priester und seine Predigt einwenden. Ich würde nur dann widersprechen (und zwar hartnäckig), wenn er behauptet, er könne die Anwesenden wirksam segnen.

Ergo: Sobald Tatsachenbehauptungen im Spiel sind, ändert sich der Kontext. Dann darf man diese Tatsachen untersuchen.


Das finde ich ok!

Du zeigst mir den Unsinn auf, der es ist, dass ich Krichensteuer bezahle.
Und den Unsinn, der es ist, dass sich eine muslimische Frau ihre Haare bedeckt.

Beides tolerierst du aber. Die Krichensteuer und das Kopftuch.


Ja, diese These ist sinnvoll. Es ist allerdings keine theologische These. Außerdem ist es ein Zirkelschluss, denn „das Geld des Papstes“ speist sich aus denselben Quellen wie der Ablasshandel. In allen Fällen kommt es von den Gläubigen, so oder so. Auch Luther lebte vom Geld der Gläubigen.

Du sagst, Du würdest dem Urteil der Historiker vertrauen. Ist das womöglich eine Immunisierungsstrategie? Ist es nicht identisch mit der Aussage: „Ihr könnt mir eine Million dieser Zitate vorlegen, und ich werde dennoch meine Meinung nicht ändern“? Was würde denn Deine Meinung ändern? Luther-kritische Historiker gibt‘s doch jede Menge. Ich finde, die vorgebrachten Zitate wiegen schwer.

Letztlich glaubst Du seinen Behauptungen ja selber nicht.

:Blumen:

Nein, das ist keine Immunisierungsstrategie. Ich habe nicht nach dem Feiertag gerufen, finde ihn aber im Gesamtkonext gerechtfertigt.
Es sollte mehr solcher Gedenktage geben. Von mir aus auch einen Einstein-Tag, auch wenn er theoretische Voraussetzungen für den Bau der Atombombe bildete.

Klugschnacker
06.11.2017, 15:30
Nimm alle Menschen weg und es existiert unmittelbar und sofort keine Religion mehr. Religion ist ein reines Gedankenkind. Kein unmittelbares Ergebnis der Natur.

Natürlich ist sie das! Wovon soll sie denn sonst das Ergebnis sein? Menschen sind ein Teil der Natur.

Die kulturelle Evolution ist eine Tatsache. Sie findet zwangsläufig statt, sobald Individuen vorhanden sind, die lernen können. Sobald das der Fall ist, ergibt sich zwangsläufig eine Evolution der erlernten Verhaltensweisen, sprich: der Kultur.

Informationen werden dabei nicht von Genen weitergegeben, sondern durch Lehren und Lernen, also durch Traditionen. Innerhalb dieser Traditionen ergeben sich Varianten, die einer natürlichen Auslese unterliegen. Dabei kristallisieren sich die erfolgreichsten Traditionen heraus, andere verschwinden.

So wurden aus umherziehenden Jägern & Sammlern seßhafte Ackerbauern und Viehzüchter.

Helmut S
06.11.2017, 15:33
Natürlich ist sie das!

Ja Arne, aber doch nicht unmittelbar. Sie ist doch zunächst ein Produkt des menschlichen Geistes.

:Blumen:

Jörn
06.11.2017, 15:36
Aber diese Grafik beweist, dass Arne recht hat:

http://www.mac-tv.de/Forum/images/smilies/Mac-TV/Voting2.gif

Vielleicht hätte ich doch keinen Schnaps trinken sollen.

Klugschnacker
06.11.2017, 15:43
Ja Arne, aber doch nicht unmittelbar. Sie ist doch zunächst ein Produkt des menschlichen Geistes.

:Blumen:

Was ist mit dem Fliegen oder Schwimmen? Würdest Du sagen, das Schwimmen sei kein unmittelbares Ergebnis der Evolution, sondern nur eine Erfindung der Fische?

#ichkriegdichschonnoch :dresche

keko#
06.11.2017, 15:51
Ja Arne, aber doch nicht unmittelbar. Sie ist doch zunächst ein Produkt des menschlichen Geistes.

:Blumen:

Unsere Welt ist voll davon. Spontan fallen mir Dinge eine wie "unendliche Gerade", "parallele Geraden" oder der "Zahlenstrahl".

An "parallele Geraden, die sich nie berühren" zweifelt keiner, an fliegenden Jungfrauen jeder. :Cheese:

keko#
06.11.2017, 15:54
Informationen werden dabei nicht von Genen weitergegeben, sondern durch Lehren und Lernen, also durch Traditionen. Innerhalb dieser Traditionen ergeben sich Varianten, die einer natürlichen Auslese unterliegen. Dabei kristallisieren sich die erfolgreichsten Traditionen heraus, andere verschwinden.

Von welchen Informationen sprichst du genau? Ich habe in der Schule noch gelernt, dass Gene Träger der Erbinformationen sind. Ist allerdings schon über 30 Jahre her. :Cheese:

Helmut S
06.11.2017, 16:19
@Arne: Also ich denke nicht das Fische das schwimmen "erfunden" haben so wie Edison (oder wer auch immer) die Glühbirne. :Cheese: Ich denke aber das z.B. die Entwicklung einer Schwimmblase bei Knochenfischen durchaus der Evolution geschuldet ist. Ich mein: Haie haben echt die A-Karte - müssen den ganzen Tag schwimmen sonst sinken sie ab :Cheese:

Darum geht es mir aber nicht. Ich bin auch sicher kein Spezialist in Evolutionsbiologie. Ich weiß gerade im Moment auch nicht wie ich es besser erklären soll, was ich denke. Mir scheint das so glasklar :(

Ein Versuch: Ich denke es gibt die Natur so wie sie ist, so wie sie entstanden ist und sich nach Darwins Evolutions-dingens entwickelt hat. Auch die Sache mit der chemischen oder physikalische n Evolution - alles d'accord. All das - einschließlich Mensch - ist direkt der Evolution unterworfen. Es gibt Mutationen wenn nötig, sexuelle Selektion, manches stirbt, anderes entsteht neu. In meinem Meerwasseraquarium entstehen z.B. gelegentlich Populationen von gewissen (nützlichen) Bakterien, die dann - wenn ich einen Fehler bei der Pflege des Biotops mache und die Population zu groß wird - auch wieder völlig zusammenbrechen. Schade - etwas nützliches ist gestorben. Ja, all das gibt es. All das ist gegenständlich, dass ist irgendwie materiell.

Jetzt hat die Natur auch sowas hervorgebracht wie das Tier Mensch, dass auch noch recht intelligent und vor allem sehr komplex strukturiert ist. Und dieses Tier Mensch ist in der Lage sich eigene nicht materielle Konzepte einfallen zu lassen. Alles nur im Gedanken "Hirngespinste", die nicht ohne den Menschen, der sie erdacht hat existieren. Also nicht mal existieren - diese Dinge gibt es gar nicht ohne den Menschen.

Ich will auf diese Abhängigkeit dieser Konzepte vom Denken hinaus. Nicht mehr aber auch nicht weniger. Deshalb sage ich, wenn sich das Denken der Menschen ändert, ändern sich auch Konzepte wie Religion oder Moral. Aber eine Moral oder Religion ändert sich doch nicht unabhängig von den denkenden Menschen.

Religion und Moral als nicht gegenständliche Konzepte sind quasi die Schatten der Menschen die durch das Feuer des Denkens an die Höhlenwand geworfen werden (um mit Platons Höhlengleichnis zu sprechen).

Mir würde ja schon reichen, wenn du verstehst was ich meine, auch wenn du es anders siehst :Blumen:

LG Helmut :Blumen:

Klugschnacker
06.11.2017, 16:36
Von welchen Informationen sprichst du genau? Ich habe in der Schule noch gelernt, dass Gene Träger der Erbinformationen sind. Ist allerdings schon über 30 Jahre her. :Cheese:

Bei der biologischen Evolution werden die Erbinformationen über die Gene transportiert, also vererbt.

In der kulturellen Evolution werden die Informationen tradiert. Sie sind nicht in den Genen gespeichert, sondern in Gehirnen, Bräuchen und Traditionen, oder in Büchern usw.

Ein Beispiel wäre Deine Art, Dich fortzubewegen. Krabbeln und Gehen steckt vermutlich irgendwo in Deinen Genen. Das bedeutet, Du hast diese Fähigkeit ererbt. Das Radfahren hast Du jedoch erlernt, ebenso das Autofahren.

Die kulturell erworbenen Fortbewegungsarten stehen miteinander im Wettbewerb. Kaum jemand fährt heute noch mit dem Segelschiff über die Meere, dafür haben wir heute Flugzeuge. Die Mehrheit fährt derzeit Auto, aber wir erleben gerade das Aussterben der Verbrennungsmotoren.

Das zugrundeliegende Prinzip ist jeweils Mutation (Variantenbildung) und Selektion (Auswahl).

Helmut S
06.11.2017, 16:42
Kaum jemand fährt heute noch mit dem Segelschiff über die Meere, dafür haben wir heute Flugzeuge.

Wir Niederbayern haben wohl einiges aufzuholen: Wir fahren immer noch nicht mit Flugzeugen über die Meere sondern verwenden immer noch Schiffe. :Lachanfall: :Lachanfall:

Sorry :Blumen:

schnodo
06.11.2017, 16:44
Ein Beispiel wäre Deine Art, Dich fortzubewegen. Krabbeln und Gehen steckt vermutlich irgendwo in Deinen Genen. Das bedeutet, Du hast diese Fähigkeit ererbt. Das Radfahren hast Du jedoch erlernt, ebenso das Autofahren.

Rein interessehalber: Ist das tatsächlich so? Würden wir auch gehen wenn es uns niemand vormacht?

Klugschnacker
06.11.2017, 16:57
Mir würde ja schon reichen, wenn du verstehst was ich meine, auch wenn du es anders siehst :Blumen:

Ich verstehe durchaus, was Du meinst. Du sprichst von abstrakten Realitäten. Ich sehe jedoch nicht ein, warum Du deren Evolution bestreitest.

Unsere Sitten und Gebräuche sind eine abstrakte Realität. Sie existieren nur in unseren Gedanken. Auf welche Weise man eine Dame zum Tanz auffordert, ist nicht in den Genen gespeichert. Dennoch kommt diesen Sitten eine Realität zu, genauso wie bedrucktem Papier die Realität "Geld" zukommt. Wenn ich heute eine Frau so zum Tanzen aufforderte, wie man das im 17. Jahrhundert getan hat, hielte sie mich für einen Psychopathen.

Wenn eine GmbH eine andere GmbH verklagt – wer steht dann eigentlich vor Gericht? Es handelt sich bei beiden um juristische Personen. Das sind Fiktionen, die nur in unseren Köpfen existieren. Dennoch ist ihre Existenz real, solange alle diese Fiktion mitmachen.

Diese GmbHs durchlaufen eine Evolution im Sinne von Variantenbildung und Auslese.

Klugschnacker
06.11.2017, 17:02
Rein interessehalber: Ist das tatsächlich so? Würden wir auch gehen wenn es uns niemand vormacht?

Ich weiß es nicht. Mit jungen Vögeln hat man das jedoch untersucht. Einem Vögelchen hat man nach dem Schlüpfen die Flügel fixiert, es konnte also nicht flattern und das Fliegen üben. Die gleichalten Geschwister konnten flattern.

An dem Tag, an dem es den Geschwistern erstmals gelang, zu fliegen, entfernte man die Fesseln. Auch der bis dahin gefesselte Vogel konnte sofort fliegen.

Man interpretiert das so, dass die Vögel das Fliegen nicht lernen. Sondern sie müssen einfach warten, bis das Gehirn weit genug entwickelt ist. Dann können sie es auch ohne üben sofort. Es ist ihnen angeboren.

qbz
06.11.2017, 17:14
Bei der biologischen Evolution werden die Erbinformationen über die Gene transportiert, also vererbt.

In der kulturellen Evolution werden die Informationen tradiert. Sie sind nicht in den Genen gespeichert, sondern in Gehirnen, Bräuchen und Traditionen, oder in Büchern usw.

Ein Beispiel wäre Deine Art, Dich fortzubewegen. Krabbeln und Gehen steckt vermutlich irgendwo in Deinen Genen. Das bedeutet, Du hast diese Fähigkeit ererbt. Das Radfahren hast Du jedoch erlernt, ebenso das Autofahren.

Die kulturell erworbenen Fortbewegungsarten stehen miteinander im Wettbewerb. Kaum jemand fährt heute noch mit dem Segelschiff über die Meere, dafür haben wir heute Flugzeuge. Die Mehrheit fährt derzeit Auto, aber wir erleben gerade das Aussterben der Verbrennungsmotoren.

Das zugrundeliegende Prinzip ist jeweils Mutation (Variantenbildung) und Selektion (Auswahl).

ich sehe es in dieser Frage ähnlich wie Helmut (danke für den ausführlichen Beitrag, mir fällt viel dazu ein ;) ) und werde bei Gelegenheit sicher noch mal ausführlicher auf die Problematik der Übertragung von Begriffen aus der Evolutionsbiologe auf die Entwicklung von Produktivkräften, Kultur, Institutionen und die Soziologie eingehen und meine kritische Sichtweise dazu begründen.

Die Problematik und eventuell auch Missverständnisse beginnen eigentlich schon mit der unüblichen Verwendung des biologischen (Fach)Begriffes "Evolution" für kulturelle Entwicklungen: Unter Evolution (von lateinisch evolvere „herausrollen“, „auswickeln“, „entwickeln“) versteht man im deutschen Sprachraum heute in erster Linie die biologische Evolution. (https://de.wikipedia.org/wiki/Evolution)

schnodo
06.11.2017, 17:22
An dem Tag, an dem es den Geschwistern erstmals gelang, zu fliegen, entfernte man die Fesseln. Auch der bis dahin gefesselte Vogel konnte sofort fliegen.

Danke, das ist interessant. Auch spannend wäre es gewesen, zu sehen, was geschieht, wenn man einen Singvogel mit einigen Entenküken zusammensteckt. :)

qbz
06.11.2017, 17:30
Rein interessehalber: Ist das tatsächlich so? Würden wir auch gehen wenn es uns niemand vormacht?

Das Problem ist, dass die Berichte über die sog. "echten" Wolfskinder (https://de.wikipedia.org/wiki/Wolfskind) in der Wissenschaft angezweifelt sind. In den Schilderungen laufen die Kinder nicht aufrecht, wie z.B. die Wolfskinder: Kamala_und_Amala (https://de.wikipedia.org/wiki/Kamala_und_Amala)

Helmut S
06.11.2017, 17:46
Servus Arne!

Ich verstehe durchaus, was Du meinst. Du sprichst von abstrakten Realitäten. Ich sehe jedoch nicht ein, warum Du deren Evolution bestreitest.


Ich bestreite eine Evolution der abstrakten Realitäten grundsätzlich nicht. Ich stimme ansich allen Beobachtungen zu, die du als Beispiele anführst.

Meine Position ist, dass die Evolution, die wir bei diesen abstrakten Realitäten beobachten, lediglich sekundäre Effekte der Evolution auf diese abstrakten Realitäten sind. Ursache dieser sekundären Effekte ist die Veränderung des Denkens der Menschen, was den primären Effekt der Evolution darstellt. Primäres Objekt der Evolution ist der Mensch und sein Denken.

LG Helmut

Klugschnacker
06.11.2017, 18:07
Die Problematik und eventuell auch Missverständnisse beginnen eigentlich schon mit der Verwendung des biologischen (Fach)Begriffes "Evolution" für kulturelle Entwicklungen: Unter Evolution (von lateinisch evolvere „herausrollen“, „auswickeln“, „entwickeln“) versteht man im deutschen Sprachraum heute in erster Linie die biologische Evolution. (https://de.wikipedia.org/wiki/Evolution)

Die Einengung des Evolutionsbegriffs auf die biologische Evolution ist bedauerlich. Sie ist auch falsch. Denn bevor die biologische Evolution beginnen konnte, musste eine physikalische und eine chemische Evolution stattgefunden haben, an der keinerlei Zweifel bestehen. Das Leben ist ja nicht von Anfang an da gewesen, sondern ist seinerseits das Ergebnis einer Entwicklung. (1)

Betrachtet man das ganze Bild vom Urknall bis heute, ist es sehr willkürlich, den Sonderfall der biologischen Evolution isoliert herauszugreifen.

Eine ähnliche Einengung findet man beim Begriff "Geschichte". Man versteht darunter landläufig die Geschichte der Menschen ungefähr ab der Erfindung der Schrift. Die tatsächliche Geschichte der Menschen hat man damit zu 99% ausgeblendet.

---

(1)
Die Biologie auf der Erde begann vor ca. 4 Milliarden Jahren. Damals entstand zum ersten Mal primitives, einzelliges Leben auf unserem Planeten. Es ist der Startpunkt der biologischen Evolution, also der Entwicklung der belebten Dinge.

Davor hatte es eine Evolution der unbelebten Dinge gegeben. Damit Leben entstehen konnte, mussten sich zunächst komplexe Großmoleküle bilden, die dem Leben als Bausteine dienten. Diese Bausteine entwickelten sich in der chemischen Evolution.

Damit überhaupt eine Sonne und eine Erde vorhanden waren, musste sich eine physikalische Evolution vollziehen. Denn Atome, Sonnen und Planeten mussten sich in der Geschichte des Universums erst bilden. Das Universum war bereits 9 Milliarden Jahre alt, als unser Sonnensystem entstehen konnte. Es entwickelte sich Schritt für Schritt aus Wasserstoffgas.

Die physikalische, chemische und biologische Evolution beeinflussen sich gegenseitig. Beispielsweise gab es in der Uratmosphäre der Erde praktisch keinen freien Sauerstoff. Er kam erst durch die Pflanzen hinzu. Das hatte großen Einfluss auf die Chemie, die sich überall auf der Erde weiter abspielte. Es beeinflusste auch, für welche Strahlen der Sonne die Atmosphäre durchlässig blieb und für welche nicht. Kurz: Physikalische, chemische und biologische Evolution hängen zusammen. Es ist falsch, einen dieser Prozesse isoliert zu betrachten.

Die biologische Evolution hat uns zu lernfähigen Wesen gemacht, die Erlerntes weitergeben können. Sie stieß damit die kulturelle Evolution an, bei der nicht Gene, sondern Wissen weitergegeben wird. Auch kulturelle Dinge entwickeln sich durch Auslese dessen, was erfolgreich ist.

MattF
06.11.2017, 20:05
An "parallele Geraden, die sich nie berühren" zweifelt keiner, an fliegenden Jungfrauen jeder. :Cheese:


Die parallene Geraden entspringen einer Definition/Axiom die einen Zweck verfolgt in der Geometrie oder Analyses Dinge zu berechnen und Sachen zu beschreiben.

Man erhält dann Modelle, die sind nicht die Wirklichkeit.

Dem Mathematiker ist es völlig wurscht, ob sich die parallelen Geraden wirklich nicht treffen oder doch.

Dem Pabst ist die fliegende Jungfrau nicht wurscht, er hält sie für real.

Es gibt im übrigen die projektive Geometrie, in der teffen sich alle Geraden irgendwann irgendwo in der Ebene. Die Definition der parallelen Geraden braucht man also gar nicht unbedingt. Man kann auch zwischen den beiden Geometrien hin und her wechseln, je nach dem was man gerne berechnen würde.

Die Religionen ließen es nie zu, dass man sich aus allen Religionen das heraus sucht was einem am besten passt.

Deine Aussage oben mit den Parallelen Achsen ist also falsch.

qbz
06.11.2017, 20:14
,,,,,,,
Eine ähnliche Einengung findet man beim Begriff "Geschichte". Man versteht darunter landläufig die Geschichte der Menschen ungefähr ab der Erfindung der Schrift. Die tatsächliche Geschichte der Menschen hat man damit zu 99% ausgeblendet.
......


Ich glaube, das ist so nicht ganz richtig wiedergegeben. :Blumen:

Meines Wissens spricht man selbstverständlich wissenschaftlich von der "Geschichte der Menschheit" (was den Zeitraum bis zur Entstehung des Homo Sabiens umfasst) oder der "Urgeschichte", nur die Geschichtswissenschaft als arbeitsteilige Wissenschaftsdisziplin beschränkt ihren Gegenstandsbereich auf den Teil ab dem Vorliegen schriftlicher Quellen. Davor erforschen Archäologen, Ethnologen, Anthropologen u.a., also andere Disziplinen, die Geschichte der Menschen.
Ich wechselte von Geschichte zu Psychologie, weil mir die Quellen aus dem Keller der Bibliotheken zu verstaubt waren. ;)

Klugschnacker
06.11.2017, 20:52
Ich glaube, das ist so nicht ganz richtig wiedergegeben. :Blumen:

Meines Wissens spricht man selbstverständlich wissenschaftlich von der "Geschichte der Menschheit" (was den Zeitraum bis zur Entstehung des Homo Sabiens umfasst) oder der "Urgeschichte", nur die Geschichtswissenschaft als arbeitsteilige Wissenschaftsdisziplin beschränkt ihren Gegenstandsbereich auf den Teil ab dem Vorliegen schriftlicher Quellen. Davor erforschen Archäologen, Ethnologen, Anthropologen u.a., also andere Disziplinen, die Geschichte der Menschen..

Wenn Dir jemand sagt, er studiert Geschichte, was stellst Du Dir dann vor?

Einen Kosmologen, der die Evolution des Universums erforscht? Einen Anthropologen, der die Entwicklung des Homo Sapiens verfolgt? Oder jemanden, der sich mit Kriegen und Dynastien beschäftigt?

Deine Präzisierung ist völlig richtig. Sie ist aber auch für den Begriff der Evolution nötig. Evolution ist ein universales Konzept, das nicht auf die Biologie beschränkt ist.
:Blumen:

Klugschnacker
06.11.2017, 21:08
Dem Pabst ist die fliegende Jungfrau nicht wurscht, er hält sie für real.

Ich denke: Nur im theologischen Sinne. Ob er sie tatsächlich für real hält, ist für mich fraglich. Ich kann mir aus der Ferne natürlich kein Urteil anmaßen. Doch wenn ich mich entscheiden müsste, würde ich sagen, er kann sie unmöglich für real halten.

Wäre ich ein Jurist, könnte ich sicher leidenschaftlich darüber streiten, ob GmbHs Patente an Nutzpflanzen halten dürfen. Patente sind ein fiktives Konstrukt, das nur in unseren Köpfen existiert. GmbHs sind juristische Personen und ebenfalls fiktiv. Für mich als Juristen sind es jedoch reale Dinge meines täglichen Umgangs. Sie erhalten Realität dadurch, dass die Menschen in meiner Umgebung sie ebenfalls wie Realitäten behandeln.

Bedrucktes Papier wird ebenso zu realem, tauschbarem Geld, weil alle anderen es wie Geld behandeln. Außerhalb dieses Kontextes ist ein 100-Euro-Schein nur ein Stück Papier.

Innerhalb der Theologie, für einen Theologen, mag die Himmelfahrt Marias ebenso real sein wie für uns das Geld und den Juristen die Patente. Denn die Menschen in der Umgebung des Theologen behandeln diese Flugreise ebenfalls wie eine Realität.

Dass der Papst jedoch außerhalb des theologischen Systems die Himmelfahrt wirklich für real hält, halte ich nicht für wahrscheinlich.

Jörn
06.11.2017, 21:49
Der Katechismus sagt allerdings, dass diese ganzen Dinge (Marias Himmelfahrt, ihre Jungfräulichkeit, die Unbeflecktheit ihrer eigenen Mutter, Jesus als wahrer Mensch und wahrer Gott) real wären. (Auch päpstliche Dogmen weisen in diese Richtung, die ich bei Bedarf hervorkramen kann.)

Denn diese Frage haben bereits andere Leute gestellt, nämlich, ob es nur Metaphern oder Konstrunkte oder Bildnisse wären, oder ob sie in dem Sinne real wären, wie eine Kläranlage real ist. Und der Katechismus sagt, sie wären real in dem Sinne, wie eine Kläranlage real ist.

Das wird auch erhärtet durch weitere Textstellen. Beispielsweise gibt der Katechismus darüber Auskunft, wie man Widersprüche mit der Wissenschaft bewerten müsse. Hier zeigt sich also, dass beide im gleichen „System“ verortet werden, nämlich im Hier und Jetzt. Wenn Religion nur im theologischen Rahmen gültig wäre, könnte es überhaupt keinen Konflikt mit der Wissenschaft geben, und dann bräuchte man diesen Konflikt auch nicht im Katechismus zu regeln.

Frau Ranke-Heinemann, deren Bücher Du ja besser kennst als ich, wurde ihrer kirchlichen Ämter enthoben, weil sie sinngemäß sagte, man könne die Jungfräulichkeit Marias nicht wörtlich nehmen. Die Kirche war anderer Meinung.

Helmut S
06.11.2017, 22:07
Servus Jörg!

Das ist wohl alles richtig was du sagst, ich glaube das unbesehen und empfinde es auch als „strange“

Man sollte nicht übersehen, dass Kirche auch enorm viel Politik, Machtpolitik bedeutend. Da wird m.E. ebenso gelogen, verdreht und ausgewichen wie in der realen Politik. Wobei der „Fraktionszwang“ wahrscheinlich in der Kirche deutlich größer ist als in der weltlichen Politik :Lachanfall: . Ich persönlich tue mich hüben wie drüben unglaublich schwer die entsprechenden Menschen außerhalb des persönlichen Gesprächs in ihren jeweiligen Rollen ernst zu nehmen. Allerdings verspüre ich das auch nicht als Mangel.

LG Helmut :Blumen:

Jörn
06.11.2017, 22:14
Allerdings behauptet die Politik nicht, im Besitz der vollständigen und absoluten und ewigen Wahrheit zu sein (abgesehen von der CSU). Insofern kann man nachsichtig sein.

Anders bei den Kirchen. Wer Unfehlbarkeit in Anspruch nimmt, muss sich auch an diesem Maßstab messen lassen.

Ich bin ja hier für die deutlichen Worte zuständig, und daher verkünde ich, dass es unter vernünftigen Menschen keine zwei Meinungen geben kann, ob Maria vor, während und nach der Geburt eines Kindes eine Jungfrau war.

Außerdem finde ich es nicht schön, zweitausend Jahre lang mit einer riesigen Lupe auf die Geschlechtsteile einer jungen Frau zu starren, weil ich nämlich der Meinung bin, dass es niemanden etwas angeht.

http://rosenkranzbeten.info/rosenkranzbeten/wp-content/uploads/2014/02/22830275957497201116.jpg

Klugschnacker
06.11.2017, 22:50
Mich würde durchaus interessieren, was Jesus zu sagen hatte.

Ich denke, dass er viele Dinge nicht wusste und nicht wissen konnte, die uns heutigen Menschen selbstverständlich sind. Insofern ist fraglich, ob seine Einsichten für heutige Menschen noch relevant sind. Dennoch würde mich interessieren, was er aus der Perspektive seiner Zeit zu sagen hatte.

Deshalb finde ich es schade, dass von seinen Ansichten oder Worten kaum etwas erhalten geblieben ist. Was man mit einiger Sicherheit als von ihm selbst stammend bezeichnen kann, lässt sich bequem auf eine einzelne Papierseite schreiben.

Beschäftigt man sich mit Jesus, findet man dieses Thema von einem unglaublichen Haufen an Mythen, Halbwahrheiten, Fälschungen und handfesten Lügen zugedeckt. Mich interessiert seine Philosophie, aber von Auferstehungen, jungfräulichen Geburten, Geistern und Teufeln will ich nichts wissen.

Das werfe ich den Kirchen vor: Dass sie die spirituelle Debatte mit großen Mengen mythologischem Unsinn zugekleistert haben. Das ist ärgerlich und schade.

Das Ergebnis dieser Mystifizierung sieht man in der Debatte dieses Threads. Hier diskutieren viele Menschen, die sich aufrichtig Gedanken machen und Mühe geben mit den großen Daseinsfragen. Was Jesus sagte, spielt dabei kaum eine Rolle. Er ist vollkommen zugeschüttet von den intellektuellen Zumutungen, welche die nachträglichen Ausschmückungen seines Lebens darstellen. Eine Deutung der Welt, die mit fliegenden Jungfrauen daherkommt, kann ich leider nur zurückweisen. Das macht einer weitere Auseinandersetzung schwer bis unmöglich.

Damit möchte ich nicht behaupten, das Jesus von Nazareth etwas Wesentliches zu sagen hatte. Es kann sein, es kann aber auch nicht sein. Diese Bewertung wäre das Ergebnis einer Auseinandersetzung mit seinen Gedanken. Was er jedoch sagte und wollte, davon wissen wir herzlich wenig.

ziel
06.11.2017, 23:40
Mich würde durchaus interessieren, was Jesus zu sagen hatte.

Ich denke, dass er viele Dinge nicht wusste und nicht wissen konnte, die uns heutigen Menschen selbstverständlich sind. Insofern ist fraglich, ob seine Einsichten für heutige Menschen noch relevant sind. Dennoch würde mich interessieren, was er aus der Perspektive seiner Zeit zu sagen hatte.

Deshalb finde ich es schade, dass von seinen Ansichten oder Worten kaum etwas erhalten geblieben ist. Was man mit einiger Sicherheit als von ihm selbst stammend bezeichnen kann, lässt sich bequem auf eine einzelne Papierseite schreiben.

Beschäftigt man sich mit Jesus, findet man dieses Thema von einem unglaublichen Haufen an Mythen, Halbwahrheiten, Fälschungen und handfesten Lügen zugedeckt. Mich interessiert seine Philosophie, aber von Auferstehungen, jungfräulichen Geburten, Geistern und Teufeln will ich nichts wissen.

Das werfe ich den Kirchen vor: Dass sie die spirituelle Debatte mit großen Mengen mythologischem Unsinn zugekleistert haben. Das ist ärgerlich und schade.

Das Ergebnis dieser Mystifizierung sieht man in der Debatte dieses Threads. Hier diskutieren viele Menschen, die sich aufrichtig Gedanken machen und Mühe geben mit den großen Daseinsfragen. Was Jesus sagte, spielt dabei kaum eine Rolle. Er ist vollkommen zugeschüttet von den intellektuellen Zumutungen, welche die nachträglichen Ausschmückungen seines Lebens erfahren haben. Eine Deutung der Welt, die mit fliegenden Jungfrauen daherkommt, kann ich leider nur zurückweisen. Das macht einer weitere Auseinandersetzung schwer bis unmöglich.

Damit möchte ich nicht behaupten, das Jesus von Nazareth etwas Wesentliches zu sagen hatte. Es kann sein, es kann aber auch nicht sein. Diese Bewertung wäre das Ergebnis einer Auseinandersetzung mit seinen Gedanken. Was er jedoch sagte und wollte, davon wissen wir herzlich wenig.

Hallo Arne,
bleib dran. Ich kann dir nur sagen, und bezeugen, das sich alles um ihn dreht.:Blumen:

Jesus Christus ist der Schlüssel zu allen deinen Fragen.
Suche ihn, und er lässt sich finden.

Ich Bete für euch alle!
Gott Seegne euch.

Gruß Martin

Jörn
06.11.2017, 23:47
Hallo ziel, Du kannst überhaupt nichts bezeugen. Bitte korrigiere mich, falls ich mich irren sollte.

ziel
06.11.2017, 23:57
Hallo ziel, Du kannst überhaupt nichts bezeugen. Bitte korrigiere mich, wenn ich mich irren sollte.

Hallo lieber Jörn,
natürlich kann ich das.

Ich bezeuge, das Jesus Christus der Schlüssel ist .
Für alle fragen.

Und auch ganz speziell für deine Fragen.:Blumen:

Jörn
07.11.2017, 00:20
Üblicherweise verlangt man von Zeugen, dass sie ihre Aussagen belegen können. Ich ahne jedoch, dass uns diese Freude verwehrt bleibt.

ziel
07.11.2017, 00:38
Üblicherweise verlangt man von Zeugen, dass sie ihre Aussagen belegen können. Ich ahne jedoch, dass uns diese Freude verwehrt bleibt.

:Blumen: Ich bin ein Lebender Beweis. Und bezeuge meinen Herrn und Retter gerne.
Aber das zählt bei dir ja nicht.
Bleib dran, und verschließe dein Herz nicht.:Blumen:

Jörn
07.11.2017, 00:46
Es zählt, sobald Du es belegst.

Und mein Herz ist durchaus nicht verschlossen, sondern offen für Beweise. Aber Du wirst keine liefern.

ziel
07.11.2017, 01:21
Es zählt, sobald Du es belegst.

Und mein Herz ist durchaus nicht verschlossen, sondern offen für Beweise. Aber Du wirst keine liefern.

Du kennst meine vorgeschichte. Und Du weißt, wie Jesus Christus mein Leben verändert hat.
Und ich belege Dir gerne, wie Jesus Christus in meinem Leben wirkt.
Gerne unter vier Augen.
Das ist kein Trick, wie Du immer so schön behauptest.

Es ist nicht meine aufgabe, die Bibel oder das Evangelium zu Beweisen.
Sondern meinen Glauben an Jesus Christus zu bezeugen.
Als nachfolger Jesu.:Blumen:

Jörn
07.11.2017, 01:44
Wenn Deine Behauptung wahr wäre (dass Jesus das Leben seiner Anhänger positiv verändert), dann würden wir solche Geschichten nur von Jesus-Anhängern hören. Tatsächlich hören wir solche Geschichten aber aus allen Religionen, Kulten oder Sekten. Die Erleuchtung kann also nichts mit einer Hinwendung zu Jesus zu tun haben.

Gleichzeitig gibt es unter diesen Leuten aber auch die gleiche Anzahl betrüblicher Schicksale. Es lässt sich überhaupt kein Unterschied zum Rest der Bevölkerung feststellen -- und das weißt Du auch.

Wenn Du irgendeine Deiner Behauptungen belegen könntest, dann wäre das eine Weltsensation. Es gibt keinen Grund, dies nur unter vier Augen mitzuteilen. Tut mir leid, aber das halte ich nicht überzeugend.

Jörn
07.11.2017, 02:27
Warum wissen wir so wenig von Jesus?

Die ältesten Schriften von Jesus wurden nach seinem Tod verfasst. Es gibt keine zeitgenössischen Schriften, weder von Jesus selbst, noch von sonstwem.

Die älteste Quelle sind die Paulus-Briefe, die Paulus nach Jesus angeblichem Tod verfasst hat. Paulus kann also kein Augenzeuge gewesen sein.

Paulus zeigt sich an den Lehren von Jesus völlig desinteressiert. Er schreibt nichts aus dessen Lebenszeit: keine Predigten, keine Wahl der Jünger, keine Wunder, keine weisen Worte -- nichts. Das bedeutet, dass wir in den Paulus-Briefen keine Zitate von Jesus oder Berichte über seine Auftritte finden, weil sie schlicht nicht drinstehen. Was wir stattdessen finden, sind Paulus eigene Ansichten. Viele Christen denken, dass das Christentum auf den Worten von Jesus basiert, aber das stimmt nicht. Es basiert auf den Worten von Paulus.

Einige Jahrzehnte später tauchen nach und nach die Evangelien auf. Davon gibt es über 50, aber nur vier schafften es in die endgültige Fassung der Bibel. Diese Evangelien sind keine Biographien, sondern Erzählungen. Sie stützen sich teilweise auf Paulus (der selbst kein Augenzeuge sein konnte), aber größtenteils handelt es sich um freie Erfindungen (meist um eine Vermischung von griechischen Mythen mit den bekannten jüdischen Texten).

Die Aussagen dieser Evangelien widersprechen den Paulus-Briefen meist völlig, und zwar gerade in der Darstellung von Jesus und seinem irdischen Leben. Es ist ein um 180 Grad gedrehter Jesus. Es ist daher unmöglich, aus der Bibel ein einheitliches, widerspruchsfreies Bild von Jesus herauszufiltern.


In den Paulus-Briefen predigt Jesus nicht -- in den Evangelien quasselt er ununterbrochen, oft in wörtlicher Rede. Woher stammen diese Zitate? Die älteste Quelle ist Paulus, aber in den Paulus-Briefen steht davon nichts.



In den Evangelien wählt Jesus seine Jünger, geht auf Wanderschaft, heilt Kranke, vollbringt Wunder -- wiederum das exakte Gegenteil der Paulus-Briefe. Selbst zentrale Inhalte wie z.B. die Jungfrauenschaft Marias, ihre Empfängnis durch den Heiligen Geist, oder gar die Auferstehung von Jesus werden konträr dargestellt oder kommen nicht vor.



In den Evangelien geht es um den irdischen Jesus, wie er auf der Erde wandelte. In den Paulus-Briefen kommt gerade das nicht vor. Paulus schreibt vom jenseitigen Jesus. Der jenseitige Jesus ist jedoch in den Evangelien nicht zu finden.



Es ist offensichtlich, dass mit der Zeit vieles durch die Evangelien hinzu erfunden wurde. Das ist im Prinzip nicht so schlimm, da wir die ältesten Schriften heranziehen können, um den ältesten Kern der Verkündung zu finden. Das Dumme ist nur, dass die ältesten Schriften offenbaren, dass die Evangelien nicht auf ihnen basieren, und zudem ein völlig entgegengesetztes Bild liefern (und nicht etwa nur eine Ergänzung).

Die Evangelien sind also keine zuverlässigen Biographien, sondern bunt ausgeschmückte Propaganda-Schriften. Sie haben das erklärte Ziel, die jeweilige Gemeinde zufrieden zu stellen. Dazu muss man wissen, dass die Gemeinden unterschiedliche Überzeugungen hatten, je nachdem ob es sich um Juden, Griechen, oder Römer handelte. Entsprechend kamen ihnen die Verfasser entgegen. Markus, Lukas, Matthäus und Johannes schrieben also für eine unterschiedliche Zielgruppe (der sie selbst angehörten), und so erklären sich die Unterschiede in den Evangelien. Das beweist, dass es sich hier nicht um die originalen Worte von Jesus handeln kann.

Beispielsweise hatten die Römer keine Lust, sich als Erwachsene beschneiden zu lassen (aua!), und die Juden in Griechenland (es gab mehr Juden in Griechenland als sonstwo) hatten keine Lust auf die enorm strengen Regeln des klassischen Judentums. Entsprechend finden wir hier Aufweichungen. Die klassischen Juden empörten sich über die Vorstellung, dass jeder Hanswurst plötzlich gerettet werde sollte, also favorisierten sie eine strengere Variante. Das ist überhaupt der Grund, warum die Bibel mehr als ein Evangelium enthält: entscheidend war stets der zeitliche oder räumlich-kulturelle Abstand vom klassischen Judentum.

Im zuletzt geschriebenen Evangelium, dem Johannes-Evangelium, waren die Juden sogar schon zu satanischen Untermenschen mutiert. Das war erst möglich, nachdem sich das Christentum bereits vom Judentum gespalten hatte. Die ersten Christen war ja Juden. Die späteren Christen jedoch nicht mehr. Erst dadurch konnte die Verdammung der Juden beginnen. Daran kann man sehen, wie die sich Schriften mit der Zeit auch inhaltlich änderten. Zur Zeit von Jesus waren sie das auserwählte Volk. Nun waren sie plötzlich Untermenschen.

In diesem ganzen Durcheinander wollen nun besonders eifrige Gläubige wissen, was Jesus genau gesagt hat. Fakt ist, dass selbst die gescheitesten Historiker und Theologen es nicht sicher sagen können, wobei es sowieso nur eine Handvoll Zitate gibt, die überhaupt historisch sein könnten.

Die Leichtfertigkeit, mit der heutige Gläubige versichern, sie wüssten, was Jesus gesagt und gewollt hätte, wirft ein ungünstiges Licht auf die gesamten Schriften, die ja ihrerseits von eifrigen Christen geschrieben und frisiert wurden. Die vielen Fälschungen, die jede Gewissheit auf echte Jesus-Worte zunichte gemacht haben, gehen auf das Konto der Gläubigen. Ich wäre deswegen skeptisch, wenn Gläubige sich anbieten, diesen Knoten wieder zu entwirren.

Vielen Dank fürs Lesen!

:Blumen:

keko#
07.11.2017, 07:55
Deine Aussage oben mit den Parallelen Achsen ist also falsch.

Was bitte genau ist falsch?

Mathematik ist eine Idealisierung. Ebenso könnte man Religionen als Konstrukt und Idealsierung sehen. Aber das ist natürlich hier in diesem Fred nicht gewollt.

MattF
07.11.2017, 07:58
Hallo Arne,
bleib dran. Ich kann dir nur sagen, und bezeugen, das sich alles um ihn dreht.:Blumen:





Für Andere dreht sich alles um Mohammed, Andere um Buddah, Andere .....


Die Anderen haben also alle Unrecht und unterliegen einer Täuschung, weil sie den Wahren um den sich alles dreht noch nicht gefunden haben?

MattF
07.11.2017, 08:01
Was bitte genau ist falsch?

Mathematik ist eine Idealisierung. Ebenso könnte man Religionen als Konstrukt und Idealsierung sehen. Aber das ist natürlich hier in diesem Fred nicht gewollt.

Die Aussage, dass niemand in Frage stellt, parallele Achsen würden sich nie schneiden.

Es gibt einen Zweig der Geometrie, in der man davon ausgeht, dass sich parallele Achsen doch schneiden.


Mathematik ist eine Idealisierung. Ebenso könnte man Religionen als Konstrukt und Idealsierung sehen. Aber das ist natürlich hier in diesem Fred nicht gewollt.

Das Konstrukt muss aber einen Sinn haben, plausibel sein und zu Ergebnissen führen. All das tut die Religion nicht.
Wenn das Konstrukt nicht zu Ergebnissen führt wird es verworfen, auch dazu sind religiöse Menschen nicht bereit.

keko#
07.11.2017, 08:09
Das Konstrukt muss aber einen Sinn haben, plausibel sein und zu Ergebnissen führen. All das tut die Religion nicht.
Wenn das Konstrukt nicht zu Ergebnissen führt wird es verworfen, auch dazu sind religiöse Menschen nicht bereit.

Ob eine Religion zu einem Ergebnis führt, das überlasse doch bitte jedem Menschen selbst. Es mag sein, dass das für dich nicht der Fall ist. Andere Menschen sehen das vielleicht völlig anders.
Leider ist der private Glaube hier keine Thema und wurde schon vor Wochen abgewürgt bzw. vorgeführt.

MattF
07.11.2017, 08:20
Ob eine Religion zu einem Ergebnis führt, das überlasse doch bitte jedem Menschen selbst. Es mag sein, dass das für dich nicht der Fall ist. Andere Menschen sehen das vielleicht völlig anders.
Leider ist der private Glaube hier keine Thema und wurde schon vor Wochen abgewürgt bzw. vorgeführt.

Weil das doch genau der Fall ist.

Jeder kann machen was er will. Da bezweifelt doch hier kein Mensch. Jeder kann in der Tat für sich entscheiden ob es für ihn eine Sinn gibt.

Diskutieren kann man, wenn eine Kirche behauptet sie hätte die absolute Wahrheit.

Wie willst du den privaten Glauben diskutieren, wenn du selber sagst, dass ist jedem sein eigenes Ding? Das geht doch auch gar nicht und ist nicht angemessen.

keko#
07.11.2017, 08:22
Die Aussage, dass niemand in Frage stellt, parallele Achsen würden sich nie schneiden.

Es gibt einen Zweig der Geometrie, in der man davon ausgeht, dass sich parallele Achsen doch schneiden.


Ok, da gebe ich dir recht. Ich wollte nur darauf hinweisen, dass man z.B. Mathematik relativ gedankenlos hinnimmt. Ich unterrichte sehr oft und stelle fest, dass Schüler der Unterstufe manches noch wörtlich nehmen und dann Schwierigkeiten bekommen ("ein Punkt ist ein Objekt ohne Ausdehnung"), hingegen Studenten einfach nur noch blind rechnen. Sie hinterfragen im Grunde nur ganz selten noch.

keko#
07.11.2017, 08:30
Diskutieren kann man, wenn eine Kirche behauptet sie hätte die absolute Wahrheit.

Wie willst du den privaten Glauben diskutieren, wenn du selber sagst, dass ist jedem sein eigenes Ding? Das geht doch auch gar nicht und ist nicht angemessen.

Nur wird halt Religion gelebt in den Religionsgemeinschaften und von den Menschen. Und das ist halt sehr individuell.

Es ist so, wie wenn ich über die Faszination von Ferrari-Fahrzeugen diskutiere und mich daran aufhänge, was das Unternehmen Ferrari offiziell dazu sagt.

Ferrari behauptet, dass das neueste Model in 2,5s beschleunigt und ich trete das breit. Den einzelnen Fahrer mag das in seiner Faszination nicht ein bisschen interessieren.

MattF
07.11.2017, 08:38
Ferrari behauptet, dass das neueste Model in 2,5s beschleunigt und ich trete das breit. Den einzelnen Fahrer mag das in seiner Faszination nicht ein bisschen interessieren.


Na ja aber auch das musst du ja den Leuten hier überlassen über was sie diskutieren wollen.

Die einen wollen die Faszination Ferrari diskutieren wollen, Anlagenberater den Wert der Firma und wie sich der Aktienkurs entwickeln wird.

Klugschnacker
07.11.2017, 09:40
Leider ist der private Glaube hier keine Thema und wurde schon vor Wochen abgewürgt bzw. vorgeführt.

Das ist ein Missverständnis.

Du wurdest immer wieder nach Deinen persönlichen Sichtweisen gefragt. Zuletzt, ob Du Luthers Ansichten teilst, und welche seiner Thesen Du für besonders gut hältst. Es ist also durchaus Raum für und Interesse an persönlichen Sichtweisen.

Der persönliche Glaube wird nur dann zurückgewiesen, wenn er sich zur eigentlich gültigen Version des Christentums erklärt. Es ist heute sehr verbreitet, sich einzelne Aspekte des Christentums herauszupicken und zu erklären, dies sei es, was Jesus tatsächlich gewollt habe. Dabei bleibt stets offen, was diese Privatversion des Christentums gegenüber anderen Privatversionen privilegiert.

Privatversionen des Christentums bedürfen einer Begründung. Bei Deiner eigenen Privatversion des Christentums wäre beispielsweise zu klären, welche der biblischen Erzählungen oder kirchlichen Standpunkte Du für Metaphern und Idealisierungen hältst, andere jedoch für Tatsachen – und warum. Ein aussichtsloses Unterfangen, für das Du ja zunächst die Bibel lesen müsstest, Analysen von Historikern und so weiter.

Deshalb orientieren wir uns hier an den offiziellen Versionen des Christentums. Gerne kann jeder seinen persönlichen Glauben beisteuern. Er kann damit jedoch nicht die Kritik an den offiziellen Versionen gegenstandslos machen. Das ist gemeint, wenn gesagt wird, "um Deinen persönlichen Glauben geht es doch gar nicht".

Ich selbst bringe hier immer wieder Argumente ein, die keinen Beweis darstellen. Sie versuchen lediglich, plausibel zu sein. Viele Leser werden sie dennoch für unplausibel und wenig überzeugend halten. So ist das halt in einer Diskussion.
:Blumen:

Helmut S
07.11.2017, 09:46
Servus Jörn, servus beieinander!

Wenn Deine Behauptung wahr wäre (dass Jesus das Leben seiner Anhänger positiv verändert), dann würden wir solche Geschichten nur von Jesus-Anhängern hören. Tatsächlich hören wir solche Geschichten aber aus allen Religionen, Kulten oder Sekten.

Ich habe ihn nicht so verstanden, dass ausschließlich Jesus das Leben seiner Anhänger positiv verändert. Es spricht m.E. nichts dagegen, wenn auch Allah oder Budda oder wer auch immer das Leben seiner Anhänger positiv verändert. Nur weil Weißwein und Rotwein u.U. glücklich machen, heißt das ja nicht das es falsch ist, dass Weißwein glücklich macht. :Blumen:

Wahrheitsfindung geschieht immer im Rahmen von Wirklichkeiten (die im übrigen auch was mit sozialen Kontexten zu tun hat). Solange man versucht die Lebenswirklichkeiten anderer Menschen/Gruppen in die eigene Lebenswirklichkeit abzubilden um sie dann vor dem Hintergrund seiner eigenen Wirklichkeit (und seien es auch die Naturwissenschaften und zich-fach wissenschaftlich bewiesener Fakten - das ist völlig unerheblich) zu entlarven, wird man m. E. die Menschen nie dort abholen wo sie stehen und für die eigene Sache begeistern können. Im Gegenteil: Man wird Fronten aufbauen und als Gesprächspartner, Orientierungshilfe oder Ratgeber gemieden werden. Der Nutzen für die Menschen der aus solche einer Debatte entstehen könnte, bleibt auf der Stecke. Das ist Schade.

Wo Du Jörn dich aus meiner Sicht echt schwer tust, ist, die verschiedenen Wirklichkeiten der Menschen zu akzeptieren. Du akzeptierst auch nicht - so verstehe ich dich zumindest - das es überhaupt verschiedene Wirklichkeiten gibt. Dein Standpunkt ist, dass die Wirklichkeit der Wissenschaft die einzig gültige Wirklichkeit ist - zumindest verstehe ich deine Beiträge so - und demnach akzeptierst du auch nur die Methoden der Wahrheitsfindung, wie sie in deiner Wirklichkeit existieren. Ich kann deine Wirklichkeit übrigens sehr gut nachvollziehen. Sie ist auch Teil meiner Wirklichkeit.

Ich finde trotzdem, eine offenere Haltung gegenüber anderen Wirklichkeiten könnte dir nicht schaden. Mir zumindest hat das gut getan und mein Leben bereichert. D.h. natürlich nicht, dass das auch bei dir so ist. Evtl. wäre es ja einen Versuch wert? Zumindest würdest du dann aus meiner Sicht nicht Gefahr laufen als "Dogmatiker der Wissenschaft" wahrgenommen zu werden und ggf. einem ähnlichen Vorwurf ("doppelte Verschanzung") ausgesetzt zu werden, wie Hegel durch Popper ausgesetzt war. Wobei Letzteres ja rein akademisch ist und den Menschen keinen Nutzen bringt - und damit aus meiner erweiterten Sicht nicht mal schlimm wäre ;)

Wirklichkeiten haben sehr viel mit der individuellen Psychologie der Menschen bzw. der Psychologie der Menschen in Gruppen zu tun. Solange man nicht bereit ist sich mit dem Wesen und der Psychologie der Menschen auseinander zusetzen, hat man m. E. keine Chance den konkreten Menschen und sein Denken und sein Handeln wirklich zu verstehen. Verständnis der Sache ist m.E. unbedingte Voraussetzung für die Möglichkeit einer gewollte Veränderung einer Sache. Jeder der ein pubertierendes Kind hat, wird genau wissen was ich meine. ;)

Was die Wirklichkeiten der verschiedenen Menschen/Gruppen in den Religionen betrifft: Ich habe viel mit Priestern und Gläubigen reden dürfen und habe die Gelegenheit genutzt überwiegend zuzuhören. Ich bin deshalb recht sicher, dass die Wirklichkeit eines Papstes, eines Kardinals oder eines Bischofes deutlich anders aussieht als die, eines praktizierenden Gläubigen.

Alleine die Tatsache das Wissen existiert und für viele Menschen auch zugänglich ist, trotzdem aber ca. die Hälfte oder gar mehr Menschen der Erde in irgendeiner Religion verhaftet sind, sollte doch die Frage aufwerfen: "Warum tuen die das, obwohl doch Wissen und Fakten existieren?"

Aus meiner Sicht ist deshalb auch der Weg über die Bildung von moralischen Milieus ein Guter - er kann funktionieren. Er berücksichtigt die verschiedenen Lebenswirklichkeiten und hat die Chance im Hier und Jetzt im Kleinen und Konkreten zu starten. Das scheint mir erfolgversprechender als der Versuch des großen, naturwissenschaftlichen "Apostolats".

Edit, noch ein mglw. spannender Hinweis - weil plötzlich auch die Mathematik ins Rennen gebracht wird: Wenn man sich darüber Gedanken machen möchte inwieweit man mit formalen Methoden die Realität (schwerer Begriff!) erfassen kann bzw. nicht erfassen kann, der möge sich - falls er geneigt ist - mit den philosophischen Sichten auf Gödels Unvollständigkeitssatz/-sätze auseinandersetzen.

Viele liebe Grüße
Helmut :Blumen:

Klugschnacker
07.11.2017, 10:11
Ich habe es ja gerne konkret: Von welchen alternativen Wirklichkeiten sprechen wir gerade? Gibt es dafür ein Beispiel, mit dessen Hilfe sich der Punkt diskutieren lässt?

Die Existenz fiktiver Wirklichkeiten haben wir häufig besprochen. Etwa unser Geld, juristische Personen, Nationen, Staatsbürgerschaften, literarische Figuren. Deren Unterschied zu den physikalischen Wirklichkeiten ist aber ganz wesentlich. Würde ich etwa behaupten, im Wald seien mir Hänsel und Gretel begegnet, würde man das kaum als Wirklichkeit akzeptieren.

Mir wäre daher ein Beispiel für die Art Wirklichkeit nützlich, um die es jetzt gerade geht.
:Blumen:

Klugschnacker
07.11.2017, 10:42
Verständnis der Sache ist m.E. unbedingte Voraussetzung für die Möglichkeit einer gewollte Veränderung einer Sache.

Das würde ich bestreiten. Es haben sich viele Dinge geändert, ohne das jeweils die Gegenseite sich zunächst ein umfassendes Verständnis angeeignet hätte. Vielleicht ist es eher umgekehrt: Gegenseitiges Verständnis ist bei Veränderungen die Ausnahme.

Demokratie, Frauenrechte, Menschenrechte usw. hatten nicht zur Voraussetzung, sich zunächst in Monarchen, Patriarchen, Rassisten und Sklavenhalter einzufühlen.

Die Religionen ändern sich unter der Überzeugungskraft der Wissenschaften. Es ist nicht erforderlich, dass sich die Wissenschaftler zunächst in die Bibel einarbeiten.
:Blumen:

Helmut S
07.11.2017, 11:13
Servus Arne!

Naja ... Geld, juristische Personen usw. würde ich jetzt nicht als fiktiv bezeichnen, sondern eher als abstrakt. Anyway ...

Mir wäre daher ein Beispiel für die Art Wirklichkeit nützlich, um die es jetzt gerade geht.
:Blumen:

Ja, z.B. der Pabst. Der lebt doch definitiv in einer anderen Wirklichkeit als du und ich. Die Bischöfe, die Kardinäle. Wie du selbst angemerkt hast, ist der wahrscheinlich gebildet und nicht blöd. Das sehe ich genauso. Trotzdem sind die doch in einer anderen Wirklichkeit. Obwohl sie ziemlich sicher einiges an Wissen über die modernen Naturwissenschaften haben. Das sind schon recht g'scheite Leute denke ich.

Noch ein paar Beispiele: Ich habe eine weitg'schichtige Bekannte, die ist Bruno Gröning Jüngerin. Eine wirklich sehr spannende Wirklichkeit, die sie als existent annimmt. :Lachen2: Aber Arne: Die glaubt das!

Ich habe ne Verwandte die ist glühende Anhängerin der Homöopathie. Du kannst dir gar nicht vorstellen, wie die Wirklichkeit in der meine Frau lebt (Apothekerin) mit der Wirklichkeit der Verwandten an einigen Stellen kollidiert. :Lachanfall: Doppelblindstudien über Wirksamkeit auf Placeboniveau, keinerlei Wirkstoffgehalt und und und ... das ist der egal. Arne, die glaubt das. Das ist ihre Wirklichkeit.

Ich habe auch erzählt, dass ich einen guten Bekannten/Freund habe, der in der Mongolei und bei irgendwelchen Indianern über Jahre zum Schamanen ausgebildet wurde. Höre dem zu und du wirst eine völlig neue Wirklichkeit kennen lernen. Ich erinnere mich, an eine Geburtstagsfeier, da hat er die Seelen meiner Ahnen im Raum gesehen und für mich Kontakt zu ihnen aufgenommen. Oi! Das war spannend! Weißt du Aren, der glaubt das wirklich. Wenn du dem mit Wissenschaftlichem kommst, erntest du mitleidiges Lächeln. Der lebt in einer völlig anderen Wirklichkeit als du und ich.

Oder was ist mit den Reichsbürgern? Glaubst du, dass deren Wirklichkeit auch nur ansatzweise was mit der Realität zu tun hat? Aber Arne: Die glauben das!

Oder ein sehr persönliches Beispiel: Ich war mal vor langer Zeit bei einer Psychotherapeutin, weil ich psychische Probleme hatte. Die Frau hat mir zugehört und meine Wirklichkeit in der ich gefangen war als gegeben und als meine Wirklichkeit angesehen. Sie hat mich abgeholt und mir dann geholfen die Realität wieder zu erkennen. Ich hatte mir nen rechten Scheiß eingebildet und mich in was reingesteigert. :Lachen2:

Das würde ich bestreiten. Es haben sich viele Dinge geändert, ohne das jeweils die Gegenseite sich zunächst ein umfassendes Verständnis angeeignet hätte. Vielleicht ist es eher umgekehrt: Gegenseitiges Verständnis ist bei Veränderungen die Ausnahme.

Demokratie, Frauenrechte, Menschenrechte usw. hatten nicht zur Voraussetzung, sich zunächst in Monarchen, Patriarchen, Rassisten und Sklavenhalter einzufühlen.
:Blumen:

Da hast du recht und allgemein gültig ist das nicht was ich da geschrieben habe. Gerade wenn es um solch kulturelle/gesellschaftliche Themen geht. Da ist auch oft Revolution/Widerstand etc im Spiel. Meist - sogar selten - kein Verständnis. Da stimme ich dir zu. Wenn ich das so in dem Zitat sehe, was ich da geschrieben habe, würde ich sagen das ist in der Allgemeinheit schon schöner Käse.

Ich habe bei sowas aber immer den einzelnen Menschen im Kopf, wenn ich sowas schreibe. Da kommt das wahrscheinlich her. Ich bin nicht so der Gruppenbekehrer. Also eher "der one-on-one" Typ quasi. An der Stelle habe ich schon den Eindruck, dass man sehr gut fährt, wenn man zuhört und versucht zu verstehen um jemanden von seiner Sache zu begeistern.

Liebe Grüße
Helmut :Blumen:

ziel
07.11.2017, 11:48
Warum wissen wir so wenig von Jesus?

Die ältesten Schriften von Jesus wurden nach seinem Tod verfasst. Es gibt keine zeitgenössischen Schriften, weder von Jesus selbst, noch von sonstwem.

Die älteste Quelle sind die Paulus-Briefe, die Paulus nach Jesus angeblichem Tod verfasst hat. Paulus kann also kein Augenzeuge gewesen sein.

Paulus zeigt sich an den Lehren von Jesus völlig desinteressiert. Er schreibt nichts aus dessen Lebenszeit: keine Predigten, keine Wahl der Jünger, keine Wunder, keine weisen Worte -- nichts. Das bedeutet, dass wir in den Paulus-Briefen keine Zitate von Jesus oder Berichte über seine Auftritte finden, weil sie schlicht nicht drinstehen. Was wir stattdessen finden, sind Paulus eigene Ansichten. Viele Christen denken, dass das Christentum auf den Worten von Jesus basiert, aber das stimmt nicht. Es basiert auf den Worten von Paulus.

Einige Jahrzehnte später tauchen nach und nach die Evangelien auf. Davon gibt es über 50, aber nur vier schafften es in die endgültige Fassung der Bibel. Diese Evangelien sind keine Biographien, sondern Erzählungen. Sie stützen sich teilweise auf Paulus (der selbst kein Augenzeuge sein konnte), aber größtenteils handelt es sich um freie Erfindungen (meist um eine Vermischung von griechischen Mythen mit den bekannten jüdischen Texten).

Die Aussagen dieser Evangelien widersprechen den Paulus-Briefen meist völlig, und zwar gerade in der Darstellung von Jesus und seinem irdischen Leben. Es ist ein um 180 Grad gedrehter Jesus. Es ist daher unmöglich, aus der Bibel ein einheitliches, widerspruchsfreies Bild von Jesus herauszufiltern.


In den Paulus-Briefen predigt Jesus nicht -- in den Evangelien quasselt er ununterbrochen, oft in wörtlicher Rede. Woher stammen diese Zitate? Die älteste Quelle ist Paulus, aber in den Paulus-Briefen steht davon nichts.



In den Evangelien wählt Jesus seine Jünger, geht auf Wanderschaft, heilt Kranke, vollbringt Wunder -- wiederum das exakte Gegenteil der Paulus-Briefe. Selbst zentrale Inhalte wie z.B. die Jungfrauenschaft Marias, ihre Empfängnis durch den Heiligen Geist, oder gar die Auferstehung von Jesus werden konträr dargestellt oder kommen nicht vor.



In den Evangelien geht es um den irdischen Jesus, wie er auf der Erde wandelte. In den Paulus-Briefen kommt gerade das nicht vor. Paulus schreibt vom jenseitigen Jesus. Der jenseitige Jesus ist jedoch in den Evangelien nicht zu finden.



Es ist offensichtlich, dass mit der Zeit vieles durch die Evangelien hinzu erfunden wurde. Das ist im Prinzip nicht so schlimm, da wir die ältesten Schriften heranziehen können, um den ältesten Kern der Verkündung zu finden. Das Dumme ist nur, dass die ältesten Schriften offenbaren, dass die Evangelien nicht auf ihnen basieren, und zudem ein völlig entgegengesetztes Bild liefern (und nicht etwa nur eine Ergänzung).

Die Evangelien sind also keine zuverlässigen Biographien, sondern bunt ausgeschmückte Propaganda-Schriften. Sie haben das erklärte Ziel, die jeweilige Gemeinde zufrieden zu stellen. Dazu muss man wissen, dass die Gemeinden unterschiedliche Überzeugungen hatten, je nachdem ob es sich um Juden, Griechen, oder Römer handelte. Entsprechend kamen ihnen die Verfasser entgegen. Markus, Lukas, Matthäus und Johannes schrieben also für eine unterschiedliche Zielgruppe (der sie selbst angehörten), und so erklären sich die Unterschiede in den Evangelien. Das beweist, dass es sich hier nicht um die originalen Worte von Jesus handeln kann.

Beispielsweise hatten die Römer keine Lust, sich als Erwachsene beschneiden zu lassen (aua!), und die Juden in Griechenland (es gab mehr Juden in Griechenland als sonstwo) hatten keine Lust auf die enorm strengen Regeln des klassischen Judentums. Entsprechend finden wir hier Aufweichungen. Die klassischen Juden empörten sich über die Vorstellung, dass jeder Hanswurst plötzlich gerettet werde sollte, also favorisierten sie eine strengere Variante. Das ist überhaupt der Grund, warum die Bibel mehr als ein Evangelium enthält: entscheidend war stets der zeitliche oder räumlich-kulturelle Abstand vom klassischen Judentum.

Im zuletzt geschriebenen Evangelium, dem Johannes-Evangelium, waren die Juden sogar schon zu satanischen Untermenschen mutiert. Das war erst möglich, nachdem sich das Christentum bereits vom Judentum gespalten hatte. Die ersten Christen war ja Juden. Die späteren Christen jedoch nicht mehr. Erst dadurch konnte die Verdammung der Juden beginnen. Daran kann man sehen, wie die sich Schriften mit der Zeit auch inhaltlich änderten. Zur Zeit von Jesus waren sie das auserwählte Volk. Nun waren sie plötzlich Untermenschen.

In diesem ganzen Durcheinander wollen nun besonders eifrige Gläubige wissen, was Jesus genau gesagt hat. Fakt ist, dass selbst die gescheitesten Historiker und Theologen es nicht sicher sagen können, wobei es sowieso nur eine Handvoll Zitate gibt, die überhaupt historisch sein könnten.

Die Leichtfertigkeit, mit der heutige Gläubige versichern, sie wüssten, was Jesus gesagt und gewollt hätte, wirft ein ungünstiges Licht auf die gesamten Schriften, die ja ihrerseits von eifrigen Christen geschrieben und frisiert wurden. Die vielen Fälschungen, die jede Gewissheit auf echte Jesus-Worte zunichte gemacht haben, gehen auf das Konto der Gläubigen. Ich wäre deswegen skeptisch, wenn Gläubige sich anbieten, diesen Knoten wieder zu entwirren.

Vielen Dank fürs Lesen!

:Blumen:

Lieber Jörn,
das liest sich alles sehr schlüssig und logisch.(aus Menschlicher sicht).
Das stimmt aber aus meiner bescheidenen sicht nicht, und die Bibel erklärt ja auch ganz genau, warum ein Mensch der Nicht wiedergeboren ist , dies nicht erfassen kann.

Lese bitte dazu, 1. Korinther 1 Vers 18-21. Dann 1.Korinther 2 Vers 14-16.

Suche mehr und intensiver in der Bibel, und Du wirst Gott Jesus und den Heiligen Geist ganz am Anfang der Bibel finden. Der Heilige Geist zb.1.Mose 1 Vers 2

Jesus Christus, Gottes einzigen Sohn und unseren erlöser...............auf der ersten Seite der Bibel:Blumen:

Belege hierfür,
1.Mose 1 vers 1. Im Anfang schuf Gott die Himmel und die Erde. Hebräisch Elohim. Bedeutet so viel ich weiß, Gott in der Mehrzahlvorm(Gott Jesus und der Heilige Geist)

Dann 1.Mose 1 Vers 26. Und Gott sprach: Lasst uns Menschen machen.........wieder in Mehrzahl(Gott Jesus Heiliger Geist)

1.Mose 3 Vers 22.....der Mensch ist geworden wie unsereiner(wieder Mehrzahl)

1.Mose 11 Vers 7.......lass uns hinabsteigen......(wieder Mehrzahl).:Blumen:

Nur so als anregung.:Blumen:
Aber ich kann jetzt auch eure reaktionen verstehen.
Siehe die erklärung im Korintherbrief:Blumen:

Gruß Martin

Helmut S
07.11.2017, 12:20
Servus Martin!

Ich bin zwar nicht Jörn, hätte aber trotzdem ein paar Verständnisfragen. :)

das liest sich alles sehr schlüssig und logisch.(aus Menschlicher sicht).

Was meinst du genau mit "aus menschlicher Sicht"? Was wäre denn eine "nicht menschliche Sicht"? Oder meinst du den Menschen per se ohne irgendwelche Rollen?


warum ein Mensch der Nicht wiedergeboren ist , dies nicht erfassen kann.

Heißt das, dass es Menschen gibt, die wiedergeboren sind und solche, die nicht (oder lediglich noch nicht?) wiedergeboren sind? Wird jeder Mensch wiedergeboren?

Danke + liebe Grüße
Helmut

Vicky
07.11.2017, 12:20
Lese bitte dazu, 1. Korinther 1 Vers 18-21. Dann 1.Korinther 2 Vers 14-16.

Belege hierfür,
1.Mose 1 vers 1. Im Anfang schuf Gott die Himmel und die Erde. Hebräisch Elohim. Bedeutet so viel ich weiß, Gott in der Mehrzahlvorm(Gott Jesus und der Heilige Geist)

Dann 1.Mose 1 Vers 26. Und Gott sprach: Lasst uns Menschen machen.........wieder in Mehrzahl(Gott Jesus Heiliger Geist)

1.Mose 3 Vers 22.....der Mensch ist geworden wie unsereiner(wieder Mehrzahl)

1.Mose 11 Vers 7.......lass uns hinabsteigen......(wieder Mehrzahl).:Blumen:

Gruß Martin

Zwischenfrage:

Dürfte ich kurz erfahren, wer der Autor der geschriebenen Wort ist?

ziel
07.11.2017, 12:32
Hallo Vicky,
Ich benutze nur Alte Überstzungen. In diesem Fall, Schlachter 2000.
Oder Luther 1912, oder Alte Eberfelder.
Aber keine neueren Übersetzungen.

Vicky
07.11.2017, 12:37
Hallo Vicky,
Ich benutze nur Alte Überstzungen. In diesem Fall, Schlachter 2000.
Oder Luther 1912, oder Alte Eberfelder.
Aber keine neueren Übersetzungen.

Ok... von wem haben sie es denn übersetzt? Wer ist der Ursprung des Ganzen? Wer hats geschrieben?

ziel
07.11.2017, 13:05
Servus Martin!

Ich bin zwar nicht Jörn, hätte aber trotzdem ein paar Verständnisfragen. :)



Was meinst du genau mit "aus menschlicher Sicht"? Was wäre denn eine "nicht menschliche Sicht"? Oder meinst du den Menschen per se ohne irgendwelche Rollen?




Heißt das, dass es Menschen gibt, die wiedergeboren sind und solche, die nicht (oder lediglich noch nicht?) wiedergeboren sind? Wird jeder Mensch wiedergeboren?

Danke + liebe Grüße
Helmut

Hallo Helmut:Blumen:

Wiedergeboren meinte ich Geistlich gesehen.
Ich habe mich zu Jesus Christus bekehrt, und ihn als meinen Retter und erlöser angenommen. Und dadurch habe ich ,,meine Geistliche Wiedergeburt erlebt".
Das heißt, mein Geist ist erneuert bzw. wird jeden Tag erneuert durch Jesus Christus. Aber mein Fleisch bzw. der Körber leider nicht.
Das geschieht erst bei der wiederkunft Jesu. Oder wenn ich Sterbe.

Jeder, der den Herrn Jesus Christus annimmt,kann seine Geistliche Wiedergeburt erlangen. Wenn er aufrichtig Buße tut.
Da ist aber jeder persöhnlich gefragt, und läuft auch bei jedem anders ab.
Das ist eine sache zwischen der Person und Jesus Christus.
Da braucht es zu 100% keine Menschen bzw. Religionen usw.

Früher, als ich meine Geistliche Wiedergeburt noch nicht hatte.
Konnte ich, obwohl ich schon ,,Gläubig wahr" mit der Bibel nicht viel anfangen. Und konnte Geistlich nicht begreifen, was ich las.
Deswegen kann ich aus heutiger sicht, nachvollziehen wie es dem,,Normalen Menschen"
sich nicht erschließt was er da liest.:Blumen: :Blumen:
Das ist meine bescheidene sicht und erklärung.:Blumen:
(siehe die erklärung im Korinther)
Gruß Martin

Jörn
07.11.2017, 13:12
Hallo ziel, Deine Bibelverse sind irrelevant, ungeachtet des Inhalts.

Es ist die Bibel, die auf dem Prüfstand steht. Es ist irrelevant, wenn die Bibel oder ihre Anhänger behaupten, dass die Bibel recht hat. Natürlich steht in der Bibel, dass die Bibel recht hat. Wen willst Du damit beeindrucken?

Wenn Du vor Gericht stehst, dann nützt es nichts, wenn Du ein selbst geschriebenes Schriftstück einreichst, in dem steht, dass Du recht hast. Das ist albern. Wenn der Richter darauf hereinfallen würde, wäre er ein Idiot.

Nur Quellen und Indizien außerhalb der Bibel können einen Beweis formen dafür, ob die Bibel recht oder unrecht hat.

Ich habe ausführlich dargelegt, warum niemand wissen kann, was Jesus angeblich gesagt hat, nämlich weil die Schriften größtenteils Fälschungen oder bunte Erzählungen sind, die sich widersprechen. Du konterst, indem Du aus diesen bunten Erzählungen zitierst. Wozu soll das gut sein?

Ich kann Dir leider einen weiteren Punkt nicht ersparen. Du behauptest ja nicht nur, dass die Bibel recht hat, sondern außerdem, dass Du persönlich es wüsstest, weil Du auf geheimnisvolle Weise erleuchtet wurdest. Es nützt also nichts, Moses und Paulus zu zitieren, sondern Dein persönliches Wissen und dessen geheimnisvolle Herkunft stehen auf dem Prüfstand.

Noch ein letzter Punkt: Moses weiß von Jesus überhaupt nichts, es nützt also nichts, ihn zu zitieren. Erstens starb er einige tausend Jahre vor Jesus. Zweitens geht kein ernstzunehmender Historiker davon aus, dass Moses überhaupt gelebt hat.

:Blumen:

ziel
07.11.2017, 13:18
Ok... von wem haben sie es denn übersetzt? Wer ist der Ursprung des Ganzen? Wer hats geschrieben?

:Blumen: Liebe Vicky,
Du weißt, ganz ohne tricks.

Ich Glaube an die Wahrheit der Heiligen Schrift.
Und ich verrate Dir auch warum.

Weil, wenn die erste Seite der Bibel nicht stimmt, dann stimmt auch der rest der Bibel nicht.
Und dann wären wir alle verloren, und das kann und will ich nicht Glauben.:)
So hat noch jeder, der möchte die chance gerettet zu werden.

Auch ganz besonders DU, Arne und Jörn..........ich wünsche es wirklich jedem Menschen.

Sorry, wollte euch nicht stören. Und ziehe mich auch wieder zurück.
Ganz liebe Grüße
Martin

Helmut S
07.11.2017, 13:29
Servus!

[...] Im Gegenteil: Man wird Fronten aufbauen und als Gesprächspartner, Orientierungshilfe oder Ratgeber gemieden werden. [...]

Sorry, wollte euch nicht stören. Und ziehe mich auch wieder zurück

q.e.d. :(

@Martin - sehr schade. Was mich betrifft, mich hast du nicht gestört. Was ich zur geistigen Wiedergeburt sagen kann - ich selbst habe das noch nicht empfinden. Ich glaube aber ich könnte das verstehen, wenn du mir noch mehr erklärst. Ich habe nämlich ähnliches schon mal gehört, als ich mit meinem schamanischen Freund gesprochen habe. In deren "Kultur" gibt es das sog. "Schwitzhüttenritual", dass zur "geistigen Erneuerung" führt. Es wird in einer Art "Extremsauna" zuerst gedankt (für alles was man bisher erlebt hat), dann wird um Einsicht gebeten um dann in Stille zu verharren um offen für die geistige Erneuerung zu sein.

LG Helmut :Blumen:

ziel
07.11.2017, 13:40
Hallo ziel, Deine Bibelverse sind irrelevant, ungeachtet des Inhalts.

Es ist die Bibel, die auf dem Prüfstand steht. Es ist irrelevant, wenn die Bibel oder ihre Anhänger behaupten, dass die Bibel recht hat. Natürlich steht in der Bibel, dass die Bibel recht hat. Wen willst Du damit beeindrucken?

Wenn Du vor Gericht stehst, dann nützt es nichts, wenn Du ein selbst geschriebenes Schriftstück einreichst, in dem steht, dass Du recht hast. Das ist albern. Wenn der Richter darauf hereinfallen würde, wäre er ein Idiot.

Nur Quellen und Indizien außerhalb der Bibel können einen Beweis formen dafür, ob die Bibel recht oder unrecht hat.

Ich habe ausführlich dargelegt, warum niemand wissen kann, was Jesus angeblich gesagt hat, nämlich weil die Schriften größtenteils Fälschungen oder bunte Erzählungen sind, die sich widersprechen. Du konterst, indem Du aus diesen bunten Erzählungen zitierst. Wozu soll das gut sein?

Ich kann Dir leider einen weiteren Punkt nicht ersparen. Du behauptest ja nicht nur, dass die Bibel recht hat, sondern außerdem, dass Du persönlich es wüsstest, weil Du auf geheimnisvolle Weise erleuchtet wurdest. Es nützt also nichts, Moses und Paulus zu zitieren, sondern Dein persönliches Wissen und dessen geheimnisvolle Herkunft stehen auf dem Prüfstand.

Noch ein letzter Punkt: Moses weiß von Jesus überhaupt nichts, es nützt also nichts, ihn zu zitieren. Erstens starb er einige tausend Jahre vor Jesus. Zweitens geht kein ernstzunehmender Historiker davon aus, dass Moses überhaupt gelebt hat.

:Blumen:

Ich bin nicht erleuchtet worden. Oder behaupte irgendwas besonderes zu Wissen.
Ich behaupte nur, das geschriebene zu bergreifen und zu verstehen.

Nichts Magisches oder besonderes.

Ich habe begriffen bei deiner argumentation, das es auf die annahme ankommt.

Du Glaubst an die Evolution, und kannst dadurch keinen Gott zulassen. Das ist Gestz.
Weil wenn es ihn geben könnte, fällt das ganze Kartenhaus zusammen.
Das ist dein gutes Recht.

Ich Glaube an Gott und die Bibel.....und weiß, das Jesus Christus lebt.
Wir werden am ende sehen, wer recht hat.:Blumen: :Blumen: :Blumen:
Alles gute. Und Gottes Seegen.
Martin

Jörn
07.11.2017, 13:58
(Betrachtungen über Wirklichkeit)

Hallo Helmut, Du schreibst, ich solle zunächst mal die individuelle „Wirklichkeit“ der Leute akzeptieren und führst dazu zahlreiche gute Gründe an.

Du stellst es dar als einen Berggipfel, den ich erst noch erklimmen muss und der noch vor mir steht. Als eine Einsicht, die ich erst noch gewinnen müsste.

Ich sehe das anders. Ich frage mich: Was kommt nach diesem Gipfel und nach dieser Einsicht? Denn diese Einsicht ist ja offensichtlich, und man kommt doch sehr schnell zur nächsten Frage, einfach aus Langeweile.

Wenn ich die subjektiv empfundene „Wirklichkeit“ einer Person erkannt habe, dann möchte ich als nächstes wissen, ob es tatsächlich/faktisch zutrifft.

Du nennst den Papst als Beispiel. Der Papst empfindet sicherlich eine ganz andere „Wirklichkeit“ als ein Postkartenverkäufer; da gebe ich Dir recht. Die Wirklichkeit des Papstes besteht zweifellos darin, dass er der Papst ist — der Nachfolger Petri (der wiederum von Jesus den Schlüssel zum Himmelreich erhalten hat). Daran glaubt er.

Aber warum ausgerechnet er und nicht der Bischof von Paris? Der römische Bischof stützt sich darauf, dass Petrus eben der erste Bischof von Rom gewesen wäre, folglich der erste Papst, und so erklärt sich die Nachfolge bis zum heutigen Tag.

Jedoch ist äußerst zweifelhaft, ob Petrus je in Rom war, und Bischöfe gab‘s erst ein paar hundert Jahre später. Dass Petrus der erste Bischof von Rom war, ist völlig ausgeschlossen.

Und das fügt der „Wirklichkeit“ des Papstes ein wichtige Information für uns hinzu, nämlich, dass es ein Hirngespinst ist. Das sagt nicht nur etwas aus über die kalten Fakten, sondern auch rein menschlich über den Papst. Wenn man einer Person und ihrer „Wirklichkeit“ gerecht werden will, muss man den Rahmen berücksichtigen, in dem sich das abspielt. Es nützt nichts, diesen Rahmen zu ignorieren.

Wenn jemand denkt, er sei Napoleon, dann ist es ein wichtiger Unterschied, ob er es tatsächlich ist. Nur zusammen mit dieser Information wird man ihm gerecht.

Jörn
07.11.2017, 14:30
Du Glaubst an die Evolution, und kannst dadurch keinen Gott zulassen. Das ist Gesetz.
Weil wenn es ihn geben könnte, fällt das ganze Kartenhaus zusammen.
Das ist dein gutes Recht.

Ich Glaube an Gott und die Bibel.....und weiß, das Jesus Christus lebt.


Hallo ziel, auf die Gefahr, dass ich hartnäckig wirke: Das ist eine falsche Darstellung sowohl des Glaubens als auch der Wissenschaft.

Es wird von Gläubigen immer wieder suggeriert, als wäre die Wissenschaft ebenfalls nur ein Glaube, und als stünden sich Glaube und Wissenschaft gleichberechtigt gegenüber, und als seien beide gleich glaub-würdig.

Kein vernünftiger Mensch „glaubt“ an die Evolution, sondern man ist überzeugt von den vorgebrachten Beweisen — allerdings nur in dem Maße, wie diese Beweise stichhaltig scheinen. Sobald gegenteilige Indizien vorgelegt werden, erwacht die Skepsis.

Dein Posting erweckt den Eindruck, als wäre der „Glaube“ an die Evolution unbegründet. Folglich wäre auch ein unbegründeter Glaube an Gott statthaft. Aber der „Glaube“ an die Evolution gehört zu den am besten durch Fakten belegte Erklärungen für beobachtbare Vorgänge in der Natur. Nichts davon trifft auf den Götterglauben zu.

Ich will Dir Deinen Glauben nicht nehmen, aber bitte sei so fair und erkenne an, dass die Evolutionslehre durch massive Beweise gestützt wird, während bis jetzt kein einziger Beweis für irgendeine religiöse These aufgetaucht ist.

:Blumen:

keko#
07.11.2017, 15:27
Es wird von Gläubigen immer wieder suggeriert, als wäre die Wissenschaft ebenfalls nur ein Glaube, und als stünden sich Glaube und Wissenschaft gleichberechtigt gegenüber, und als seien beide gleich glaub-würdig.



Das stimmt doch überhaupt nicht! Es ist eher die Frage, ob der Glaube vollständiger Gegenstand des Denkens ist. Ob der Glaube mit begrifflicher, wissenschaftlicher Vernunft gänzlich zu durchdringen ist. Oder aus dem Leteinunterricht: "si comprehendis non est deus" (begreifst du es, dann ist es nicht Gott). Meiner Meinung nach sind dem Menschen natürliche Grenzen gesetzt.

Jörn
07.11.2017, 15:37
Hallo keko, wenn dem Denken des Menschen natürliche Grenzen gesetzt sind, dann kann das ebenso auf den Glauben zutreffen. Es ist ein Fehlschluss, anzunehmen, der Glaube wäre automatisch unbegrenzt.

Ebensogut könnte der Glaube noch viel begrenzer sein als das Denken. Niemand glaubt an n-dimensionale Räume mit gekrümmter Zeitachse, aber für das Denken ist es mittlerweile kein Problem (vorausgesetzt, man ist gut in Mathe).

Es ist weiterhin ein Fehlschluss, anzunehmen, der Glaube würde überhaupt zu Erkenntnissen führen. Er könnte ebenso unbegrenzt sein und zu nichts anderem als Fehlern führen.

Sollte sich herausstellen, dass der Glaube unbegrenzt ist, dann wäre gleichzeitig bewiesen, dass er falsch ist.

:Blumen:

Klugschnacker
07.11.2017, 15:59
In deren "Kultur" gibt es das sog. "Schwitzhüttenritual", dass zur "geistigen Erneuerung" führt.

Dagegen hat niemand etwas. Diesen Weg zu geistigen Erneuerung, der ohne Kreuzigungen auskommt, werden die meisten erstmal positiv finden.

Das Bild trübt sich erst, wenn diese geistigen Erneuerungen mit der Offenbarung einhergehen, dass der Schöpfer des Weltalls etwas gegen gleichgeschlechtliche Liebe hätte. Und was von Anders- oder Nichtgläubigen zu halten ist. Wie mit Zauberern und Hexen zu verfahren sei, und dass wir ohne die Weiber noch im Paradies wären.

Diese Begleiterscheinungen von geoffenbartem Wissen darf man nicht unter den Tisch fallen lassen.

qbz
07.11.2017, 16:15
Weil, wenn die erste Seite der Bibel nicht stimmt, dann stimmt auch der rest der Bibel nicht.
Und dann wären wir alle verloren, und das kann und will ich nicht Glauben.:)
So hat noch jeder, der möchte die chance gerettet zu werden.

Auch ganz besonders DU, Arne und Jörn..........ich wünsche es wirklich jedem Menschen.



Hallo Ziel,

ich glaube Dir das, was Du über Deine ganz persönlichen Erfahrungen mit Deinem Glauben, der geistlichen Wiedergeburt und Rettung durch Jesus Christus sowie Deine Idee von der körperlichen Wiedergeburt schreibst. Alles paletti.

Problematisch wird Dein Glaube für mich erst, wo er mich tangiert. Du bewertest darin alle Menschen, welche die Bibel ganz anders lesen wie Du, als Verlorene, zu Rettende. Weshalb akzeptierst Du umgekehrt nicht meinen Atheismus als eine für mich selbstgewählte, positive Einstellung zum Leben so wie ich Deine Wiedergeburt als Rettung? Statt das Bild der Bibel über andere Menschen (Nichtchristen) zu übernehmen, sollte man zuerst das Bild akzeptieren, das sie selbst über sich vermitteln, finde ich. (wie Du es ja auch von Dir wünschst.) Vielleicht denkst Du darüber mal nach oder redest darüber in der Gemeinde?

Gruss,
qbz

Jörn
07.11.2017, 16:44
https://3.bp.blogspot.com/-lzteeNWYl1c/Vs72DUhQHtI/AAAAAAAAA04/dBOkHKAyZs0/s1600/tumblr_n8ckniHg7M1tgviaao1_500.png

George Smith in Atheism: The Case Against God

"Können wir das Konzept Gott nicht verstehen, so kommen wir dem Verstehen durch den Glauben nicht näher. Sind die Dogmen des Christentums absurd, so verlieren sie ihre Absurdität durch den Glauben nicht. Der Glaube eliminiert keine Widersprüche und Absurditäten, er erlaubt es lediglich, trotz Widersprüchen und Absurditäten zu glauben. Der Verweis auf den Glauben löst nichts und erklärt nichts; er lenkt lediglich von der zentralen Frage der Wahrheit ab. Die abschliessende Analyse zeigt, dass das Konzept des Glaubens nicht nur das unvereinbare Gegenteil der Vernunft ist, sondern auch ein Ausweichmanöver und nutzlos."

Dan Barker, ehemaliger Prediger, über das Beten zugunsten anderer Personen:

„Beten ist wie Masturbieren; es fühlt sich nur für dich selbst gut an und bringt der Person, an die du denkst, überhaupt nichts.“

Die Zitate werte ich als Beweis, dass ich nicht der schlimmste Atheist bin, sondern allenfalls der zweitschlimmste.

https://3.bp.blogspot.com/-52PXuOJPqKw/V5qhSACxAuI/AAAAAAAABD8/gytI0IAZRMku2xm8hPM7j8CUn3F1p67SACLcB/s1600/subjempf.jpg

Nach wie vor unübertroffen:

"So spricht der HERR, der Gott Israels: Gürte ein jeglicher sein Schwert um seine Lenden und durchgehet das Lager, hin und zurück, von einem Tor zum andern, und erwürge ein jeglicher seinen Bruder, Freund und Nächsten."

2. Mose 32, 27

ziel
07.11.2017, 18:35
Hallo Ziel,

ich glaube Dir das, was Du über Deine ganz persönlichen Erfahrungen mit Deinem Glauben, der geistlichen Wiedergeburt und Rettung durch Jesus Christus sowie Deine Idee von der körperlichen Wiedergeburt schreibst. Alles paletti.

Problematisch wird Dein Glaube für mich erst, wo er mich tangiert. Du bewertest darin alle Menschen, welche die Bibel ganz anders lesen wie Du, als Verlorene, zu Rettende. Weshalb akzeptierst Du umgekehrt nicht meinen Atheismus als eine für mich selbstgewählte, positive Einstellung zum Leben so wie ich Deine Wiedergeburt als Rettung? Statt das Bild der Bibel über andere Menschen (Nichtchristen) zu übernehmen, sollte man zuerst das Bild akzeptieren, das sie selbst über sich vermitteln, finde ich. (wie Du es ja auch von Dir wünschst.) Vielleicht denkst Du darüber mal nach oder redest darüber in der Gemeinde?

Gruss,
qbz

Lieber qbz,:Blumen:
Ich akzeptiere voll und ganz, jedem seinen Glauben. Oder auch nicht Glauben.
Auch den Atheismus von Dir, Arne, Jörn, Vicky.....und allen anderen.

Es ist mir ein Herzensanliegen, das jeder Mensch von der frohen Botschaft bzw. Jesus Christus erfährt.:Blumen:

Das ist ein Ergebnis, das ich durch meine Wiedergeburt erfahren durfte,
ganz einfach,

Nächstenliebe!

Mir ist eben nicht egal, was mit den Menschen geschieht, wenn sie Sterben bzw. was danach ist.
Und ich habe erfahren dürfen.

Wessen Herz voll ist , geht der Mund über.

Und wenn ich, so wie hier, der einzige wäre auf dieser Erde. So ist es umso wichtiger, diese Botschaft nicht zu verschweigen.

Und durch diese Erfahrung, und mit dem Studium der Kirchengeschichte, angeregt auch von Arne und Jörn.
Bin ich im März sogar, aus der Evangelischen Kirche ausgetreten.

Und Du kannst mir glauben, das das nicht so einfach war für mich:Blumen: :Blumen:
Und sorry, wenn mich jemand fragt, willst Du mich Missionieren, dann sage ich Ja. Weil ich jeden Menschen so Lieben möchte. Wie mich selbst.:Blumen:

Gruß Martin

Vicky
07.11.2017, 18:52
Mir ist es nicht egal, wie es Menschen geht, die mir wichtig sind. Ganz und gar nicht. Dafür muss ich auch niemanden missionieren, denn es ist mir egal, ob und wenn ja welchen Glauben mein Gegenüber hat. Es gibt andere Dinge, die viel wichtiger sind.

Ich beschäftige mich nicht damit, was mit Menschen nach dem Tod passiert. Ich beschäftige mich viel lieber mit ihnen, solange sie noch leben. :Blumen: (ja unglücklich formuliert... aber ihr versteht, was ich meine.).

VG!

Vicky... Atheist... und trotzdem in der Lage, Nächstenliebe, Dankbarkeit und viel schönes... ;-)

Jörn
07.11.2017, 19:04
Aber ziel, Du gehörst doch selbst zu denen, die die Botschaft von Jesus praktisch gar nicht kennen. Was willst Du da verkünden? Nach Deiner eigenen Schilderung fängst Du mit dem Bibelstudium gerade erst an. Deine Entscheidung, plötzlich erleuchtet zu sein, hast Du vor Deinem Bibelstudium getroffen, nicht hinterher. Es hat mit Jesus und seinen angeblichen Worten überhaupt nichts zu tun.

Wenn Du Atheisten wie mich überzeugen möchtest: Bring mal ein paar Fakten. Formuliere eine konkrete These. Dieses beseelt-entrückte Geraune überzeugt doch keinen Atheisten, jedenfalls mich nicht. Warum sollte es auch?

ziel
07.11.2017, 19:12
Mir ist es nicht egal, wie es Menschen geht, die mir wichtig sind. Ganz und gar nicht. Dafür muss ich auch niemanden missionieren, denn es ist mir egal, ob und wenn ja welchen Glauben mein Gegenüber hat. Es gibt andere Dinge, die viel wichtiger sind.

Ich beschäftige mich nicht damit, was mit Menschen nach dem Tod passiert. Ich beschäftige mich viel lieber mit ihnen, solange sie noch leben. :Blumen: (ja unglücklich formuliert... aber ihr versteht, was ich meine.).

VG!

Vicky... Atheist... und trotzdem in der Lage, Nächstenliebe, Dankbarkeit und viel schönes... ;-)

Absolute zustimmung:Blumen:
Das sehe ich genauso.Das eine schließt das andere nicht aus.
Aber das sind leider nur ein par Jährchen mehr oder weniger.
Ich mache mir sorgen, um das danach.:Blumen: :bussi:
Gruß Martin

ziel
07.11.2017, 19:34
Aber ziel, Du gehörst doch selbst zu denen, die die Botschaft von Jesus praktisch gar nicht kennen. Was willst Du da verkünden? Nach Deiner eigenen Schilderung fängst Du mit dem Bibelstudium gerade erst an. Deine Entscheidung, plötzlich erleuchtet zu sein, hast Du vor Deinem Bibelstudium getroffen, nicht hinterher. Es hat mit Jesus und seinen angeblichen Worten überhaupt nichts zu tun.

Wenn Du Atheisten wie mich überzeugen möchtest: Bring mal ein paar Fakten. Formuliere eine konkrete These. Dieses beseelt-entrückte Geraune überzeugt doch keinen Atheisten, jedenfalls mich nicht. Warum sollte es auch?

Ich kann und möchte niemand überzeugen oder überreden.
Das wäre eine falsche Bekehrung. Und nicht echt!

Meine Aufgabe ist zu bezeugen.
Darauf hinzuweisen.

Alles andere macht der Herr unser Gott bzw.
Der Heilige Geist zieht zum Vater bzw. zu Jesus Christus.
Und ist eine persöhnliche sache zwischen Dir und Jesus.

Der Heilige Geist spricht jeden von uns 2 bis 3 mal in seinem Leben an.
Durch ein Ereignis, oder durch Krankheit, oder wenn jemand in Not ist.
Und Du hast die absolut freiwillige entscheidung, ob Du es annimmst.

Da spielt es überhaupt keine Rolle, ob Du die Bibel kennst, oder nicht.
Es hat auch nicht jeder die Möglichkeit genau zu Studieren was in der Bibel steht.
Wenn er nicht lesen kann usw.

Das ist auch ganz einfach beweisbar, wie du immer verlangst. Oder auch nicht:Blumen:
Spass:Huhu:

Ich kann doch auch ganz einfach, ohne irgend ein Buch zu kennen, oder zu verstehen was das überhaupt ist.............ganz schlicht und einfach........einen Triathlon machen.

Und wenn ich dann beim Ironman Frankfurt im Ziel bin.

Bin ich dann nicht doch auch ein Triathlet. Obwohl ich von dieser sache eigentlich keine ahnung habe.:Huhu:
Liebe Grüße Martin

Vicky
07.11.2017, 19:41
Was GENAU möchtest Du denn bezeugen?

Welche konkreten Maßnahmen ergreift denn dieser gewisse Herr / Gott und warum?

Wie setzt er das um? Welchen Vor- oder Nachteil hat er davon, dass Menschen an ihn glauben?

Jörn
07.11.2017, 19:50
Hallo ziel, Du schreibst, dass es keine Rolle spielt, ob man die Bibel kennt oder nicht, sondern es zählt allein, dass man sich entsprechend verhält. Ebenso wie man einen Triathlon bestehen könnte, selbst wenn man nicht wüsste, was ein Triathlon ist. Wer die Strecke hinter sich bringt, hat es vollbracht.

Theologisch ist das falsch. Du landest also in der Hölle. Nicht nur handelst Du falsch, sondern Du gibst außerdem ein falsches Zeugnis und stiftest dadurch andere an, ebenso falsch zu handeln.

Paulus sagt klipp und klar, dass wir nicht durch unsere Werke selig werden können, sondern allein durch den Glauben. Deine These, dass man einfach immer nur das Richtige tun müsse, ist widerlegt. Paulus sagt, dass Jesus selbst ihm diese Weisheit offenbart hätte.

Nicht auf Deine Werke kommt es an, sondern auf den Glauben. Und wenn Du die Bibel nicht gelesen hast und ergo nicht weiß, was Du glauben musst, dann sieht‘s schlecht aus für Dich.

Übrigens finden wir diese schöne Weisheit an vielen Stellen des Neuen Testaments, es ist also kein einsames Zitat, sondern sehr gut begründet. Tatsächlich ist es einer der Grundpfeiler des Christentums.

Darf ich mich erkundigen, wie viele Leute Du durch dieses falsche Zeugnis bereits ins sichere Verderben geleitet hast?

ziel
07.11.2017, 20:03
Hallo ziel, Du schreibst, dass es keine Rolle spielt, ob man die Bibel kennt oder nicht, sondern es zählt allein, dass man sich entsprechend verhält. Ebenso wie man einen Triathlon bestehen könnte, selbst wenn man nicht wüsste, was ein Triathlon ist. Wer die Strecke hinter sich bringt, hat es vollbracht.

Theologisch ist das falsch. Du landest also in der Hölle. Nicht nur handelst Du falsch, sondern Du gibst außerdem ein falsches Zeugnis und stiftest dadurch andere an, ebenso falsch zu handeln.

Paulus sagt klipp und klar, dass wir nicht durch unsere Werke selig werden können, sondern allein durch den Glauben. Deine These, dass man einfach immer nur das Richtige tun müsse, ist widerlegt. Paulus sagt, dass Jesus selbst ihm diese Weisheit offenbart hätte.

Nicht auf Deine Werke kommt es an, sondern auf den Glauben. Und wenn Du die Bibel nicht gelesen hast und ergo nicht weiß, was Du glauben musst, dann sieht‘s schlecht aus für Dich.

Übrigens finden wir diese schöne Weisheit an vielen Stellen des Neuen Testaments, es ist also kein einsames Zitat, sondern sehr gut begründet. Tatsächlich ist es einer der Grundpfeiler des Christentums.

Darf ich mich erkundigen, wie viele Leute Du durch dieses falsche Zeugnis bereits ins sichere Verderben geleitet hast?

Jörn, lass es.
Auf deine Tricks lasse ich mich nicht ein.

Du kannst meine Worte und meine aussagen verdrehen wie Du willst.
Ich behaupte oder überrede niemanden.

Sondern ich bezeuge nur, mein lieber Jörn.

Icch bin gar nichts.
Ich spiele überhaupt keine Rolle.
Bin auch zu dumm wie Du bestimmt auch meinst.

Ich folge nur nach.:Blumen:
Du kannst alles versuchen, und du kannst mir alles unterstellen,

ich kann dich doch verstehen.
Und möchte, das Du gerettet wirst, das ist mein vollkommener ernst:Blumen: :Blumen:

Jörn
07.11.2017, 20:07
Was für Tricks?

Du sagst, durch Werke wird man selig. Paulus sagt, das ist falsch; nur durch Glauben wird man selig. Auch in den Evangelien steht es drin.

Du sagst, Du hast recht. Die Bibel steht jedoch gegen Dein Wort.

Ich finde, mein Einwand ist dadurch berechtigt. Du behauptest, Du würdest das alles ganz wunderbar durchschauen. Aber es hat mich zwei dusselige Foren-Postings gekostet, um Dich ins Schleudern zu bringen.

Deine Idee, man müsste nur auf die beseelte innere Stimme hören, bringt Dich in dieser Frage nicht weiter. Glaube oder Werke? Nur eins davon ist das Türchen zum Paradies. Aber welches? Du weißt es nicht.

ziel
07.11.2017, 20:20
Was für Tricks?

Du sagst, durch Werke wird man selig. Paulus sagt, das ist falsch; nur durch Glauben wird man selig. Auch in den Evangelien steht es drin.

Du sagst, Du hast recht. Die Bibel steht jedoch gegen Dein Wort.

Ich finde, das ist ein berechtigter Einwand. Du behauptest, Du würdest das alles ganz wunderbar durchschauen. Aber es hat mich zwei dusselige Foren-Postings gekostet, um Dich ins Schleudern zu bringen.

Ist das dein Ernst,
ich hoffe nicht.
Nochmal, Du kannst mir unterstellen und meine Worte verdrehen wie Du willst.

Du kannst mich auch niedermachen wie Du willst.

Ich spiele überhaupt keine Rolle und das weißt Du genau.

Jesus liebt dich, und ich versuche es auch.
Und jeden anderen versuche ich auch zu lieben.
Magst Du mir unterstellen was Du willst das ändert nichts daran:Blumen: :Blumen: :Blumen:

Jörn
07.11.2017, 20:24
Ich verdrehe Deine Worte nicht. Ich finde, das ist eine unfaire Unterstellung.

Wenn ich Dich falsch wiedergebe, dann stelle es bitte richtig. Ich werde dann darauf eingehen und meine Antworten anpassen.

Damit die stillen Mitleser besser einschätzen können, ob ich ziel über eine unbedeutende Haarspalterei stolpern lasse, damit er schlecht aussieht: Das ist nicht der Fall. Es handelt sich stattdessen um eine der ganz elementaren Grundlagen des Christentums. Hier ein Zitat aus einer christlichen Webseite: (https://www.gotquestions.org/Deutsch/Durch-Glauben-allein.html)

Frage: "Haben wir Errettung allein duch den Glauben, oder durch Glaube und Werke?"

Antwort: Dies ist vielleicht die wichtigste Frage in der gesamten christlichen Theologie

Das belegt, dass es berechtigt ist, auf diese Frage hinzuweisen, und auch eine Antwort zu erwarten. Die Antwort von ziel war falsch, und jedem, der sich für christliche Theologie interessiert, muss das auch aufgefallen sein. Darauf habe ich hingewiesen. Nicht mehr, und nicht weniger.

ziel
07.11.2017, 20:40
Ich verdrehe Deine Worte nicht. Ich finde, das ist eine unfaire Unterstellung.

Wenn ich Dich falsch wiedergebe, dann stelle es bitte richtig. Ich werde dann darauf eingehen und meine Antworten anpassen.

Damit die stillen Mitleser besser einschätzen können, ob ich ziel über eine unbedeutende Haarspalterei stolpern lasse, damit er schlecht aussieht: Das ist nicht der Fall. Es handelt sich stattdessen um eine der ganz elementaren Grundlagen des Christentums. Hier ein Zitat aus einer christlichen Webseite:

Das mit dem Triathlon war nur zum verdeutlichen.
Ich habe nicht gemeint, bzw. gesagt.
Das man durch werke in den Himmel kommt.
Das weißt Du genau.
Du bist ein Meister im Worte verdrehen.

Und nochmal, ich bin nichts. Ich kann mich auch irren und täuschen.

Das ändert nichts am Evangelium.

Jesus will uns alle Retten.

Da spiele ich kleiner unbedeutender Mensch keine Rolle.

Ich kann nur bezeugen, und Jesus nachvolgen.

Sorry Jörn, ich kann mich auch irren und täuschen.
Aber Jesus und die Bibel nicht:Blumen: :Blumen: :Blumen:

Klugschnacker
07.11.2017, 20:44
Jesus will uns alle Retten.

Warum macht er das dann nicht einfach? :Blumen:

Er könnte doch sagen: "Hiermit errette ich Euch alle". Dann wäre der Drops doch gelutscht.

Btw, warum starb Jesus eigentlich am Kreuz, wenn unsere Schuld immer noch nicht gesühnt ist? Die Vergebung der Sünden war doch der Sinn der Kreuzigung.

ziel
07.11.2017, 20:53
Warum macht er das dann nicht einfach? :Blumen:

Weil er unseren freien Willen akzeptiert.

Jeder hat die freie Wahl.
Das ist das unfassbare unbegreifliche Wunder Gottes.

Ich muss es einfach nur annehmen.

Ohne zwang.

Das ist das Evangelium...............wie einfach.:Blumen: :Blumen: :Blumen:

Und was haben wir Menschen daraus gemacht.......einfach nur traurig.

Deswegen kann ich nur darauf hinweisen.
Bezeugen, das ich ein Kind Gotttes bin.

Ich möchte, das nicht einer verloren geht.

Mehr habe ich nicht zu sagen:Blumen:

Jörn
07.11.2017, 21:00
Sorry Jörn, ich kann mich auch irren und täuschen.
Aber Jesus und die Bibel nicht.

Jesus und die Bibel können nicht irren? Also das ist nun wirklich albern. Soll ich Dir ganze Stapel an Bibel-Irrtümern vorlegen, oder sollen wir uns das gemeinsam erlassen? Bestehst Du darauf?

Hier sind ein paar Jesus-Fehler, weil Du ja so von Jesus durchgeistigt bist:


Jesus nach Mk 9,1: „Es stehen einige hier, die werden den Tod nicht schmecken, bis sie das Reich Gottes kommen sehen in Kraft.“ Es kam aber nichts.



Seine Jünger hat er zur Verkündigung ausgesandt mit den Worten: „Ihr werdet mit den Städten Israels nicht zu Ende kommen, bis der Menschensohn kommt“ (Mt 10,23). Er kam aber nicht.



In Mk 13,30 bekräftigt er: „Wahrlich, ich sage euch: Dieses Geschlecht wird nicht vergehen, bis dies alles geschehen sein wird.“ Es geschah aber nichts (gemeint ist das Absenken des Himmelreichs auf die Erde).


Rudolf Bultmann fasst so stellvertretend für die neutestamentliche Forschung zusammen: „Es bedarf keines Wortes, daß sich Jesus in der Erwartung des nahen Weltendes getäuscht hat.“ (Rudolf Bultmann, Das Urchristentum, S. 22)

Heinz-Werner Kubitza in „Der Jesuswahn“: „Nach 2000 Jahren warten die Christen immer noch auf die Zeitenwende, die ihnen ihr Herr fälschlicherweise als unmittelbar bevorstehend angekündigt hat. Und man darf den Kirchen mit Recht die Frage stellen, wie der Sohn Gottes, als den sie ihn ja verkündigen, sich so habe irren können.“

ziel
07.11.2017, 21:01
Er könnte doch sagen: "Hiermit errette ich Euch alle". Dann wäre der Drops doch gelutscht.

Btw, warum starb Jesus eigentlich am Kreuz, wenn unsere Schuld immer noch nicht gesühnt ist? Die Vergebung der Sünden war doch der Sinn der Kreuzigung.

Er starb natürlich für alle Menschen.
Mit der einen bedingung, das wir ihn annehmen und an ihn Glauben.
Einfach so, funktioniert nicht. Wegen dem Sündenfall.:Blumen:

schoppenhauer
07.11.2017, 21:01
Weil er unseren freien Willen akzeptiert.

Jeder hat die freie Wahl.
Das ist das unfassbare unbegreifliche Wunder Gottes.

Ich muss es einfach nur annehmen.

Ohne zwang.:

Ich denke mal zum Christentum ist hier längst alles gesagt, was die noch übrig gebliebenen Protagonisten beisteuern können.

Lasst uns zum Islam wechseln! In Saudi-Arabien dürfen jetzt auch Frauen Auto fahren, wenn auch nur unter männlicher Aufsicht. Gefällt uns das wirklich, oder ist das eine gefährliche Entwicklung? Wie sagt der Volksmund so schön: „Frau am Steuer - Leben teuer.“

Jörn
07.11.2017, 21:13
Weil er unseren freien Willen akzeptiert.

Das Argument, das Unglück der Welt läge begründet in unserem freien Willen, ist eines der am häufigsten genannten Argumente der Christen. Es demonstriert, wie sehr man sich dort immunisiert hat. Denn das Argument ist seit Jahrhunderten widerlegt.

Was ist mit Ungeborenen, die aufgrund eines Tsunamis oder Vulkanausbruchs sterben? Weder das Ungeborene noch der Tsunami haben einen freien Willen.

Wenn man darauf besteht, dass Gott in jedem Fall und immer den freien Willen der Menschen berücksichtigt, auch dann, wenn das fatale Konsequenzen hat: Dann erledigt sich dadurch das Paradies.

Denn wenn wir die Möglichkeit hätten, durch freien Willen und falsche Entscheidungen das Paradies zu ruinieren, dann wäre es nach kurzer Zeit kein Paradies mehr. Wenn Gott es jedoch verhindert und eingreift, dann hätte er es auch schon in der irdischen Welt verhindern können.

Genauso wie Eltern den freien Willen ihrer Kinder respektieren — aber natürlich nicht, wenn diese im fünften Stock auf dem Fenstersims balancieren und die Gefahr nicht sehen. Kein Vater und keine Mutter würde das Kind stürzen lassen, mit der Begründung, der freie Wille wäre zu respektieren.

Das ganze Argument mit dem freien Willen ist völliger Humbug.

schoppenhauer
07.11.2017, 21:20
Das Argument, das Unglück der Welt läge begründet in unserem freien Willen, ist eines der am häufigsten genannten Argumente der Christen.

Sind Moslems diesbezüglich lockerer drauf, oder wer schmeißt die Bomben auf ungläubige Zivilisten in westlichen Städten?

Jörn
07.11.2017, 21:20
Wegen dem Sündenfall.

Du nimmst also die Geschichte mit Adam und Eva wörtlich?

schoppenhauer
07.11.2017, 21:24
Oh Gott, und jetzt zurück zu Adam und Eva...

ziel
07.11.2017, 21:24
Jesus und die Bibel können nicht irren? Also das ist nun wirklich albern. Soll ich Dir ganze Stapel an Bibel-Irrtümern vorlegen, oder sollen wir uns das gemeinsam erlassen? Bestehst Du darauf?

Hier sind ein paar Jesus-Fehler, weil Du ja so von Jesus durchgeistigt bist:


Jesus nach Mk 9,1: „Es stehen einige hier, die werden den Tod nicht schmecken, bis sie das Reich Gottes kommen sehen in Kraft.“ Es kam aber nichts.



Seine Jünger hat er zur Verkündigung ausgesandt mit den Worten: „Ihr werdet mit den Städten Israels nicht zu Ende kommen, bis der Menschensohn kommt“ (Mt 10,23). Er kam aber nicht.



In Mk 13,30 bekräftigt er: „Wahrlich, ich sage euch: Dieses Geschlecht wird nicht vergehen, bis dies alles geschehen sein wird.“ Es geschah aber nichts (gemeint ist das Absenken des Himmelreichs auf die Erde).


Rudolf Bultmann fasst so stellvertretend für die neutestamentliche Forschung zusammen: „Es bedarf keines Wortes, daß sich Jesus in der Erwartung des nahen Weltendes getäuscht hat.“ (Rudolf Bultmann, Das Urchristentum, S. 22)

Heinz-Werner Kubitza in „Der Jesuswahn“: „Nach 2000 Jahren warten die Christen immer noch auf die Zeitenwende, die ihnen ihr Herr fälschlicherweise als unmittelbar bevorstehend angekündigt hat. Und man darf den Kirchen mit Recht die Frage stellen, wie der Sohn Gottes, als den sie ihn ja verkündigen, sich so habe irren können.“

Jörn, ich bin kein Theologe oder Bibelkenner.
Das weißt Du.
Und eines ist auch 100% ig fakt.

Wenn die erste Seite der Bibel nicht stimmt. Oder wenn Jesus Christus nicht auferstanden ist.
Dann sind wir alle verloren:(

Deshalb bin ich auch zu 100% überzeugt, das die Bibbel richtig ist.

Es gibt nur richtig oder falsch, wahr oder nicht.

Das ist nur meine kleine sicherlich eingeschränkte Meinung.:Blumen:

Was jeder selber daraus macht. Ist seine persöhnliche sache.

Und nochmal, ich folge nur nach.
Ich möchte nur bezeugen.
Keine Lehre oder sonst was vermitteln.
Alles was der Mensch braucht, ist sein Verstand und die Bibel.

Jesus lässt sich finden.
Das durfte ich Sündiger dummer kleiner nichtsnutziger Hauptschüler erfahren.:Blumen:
Bitte nicht wieder falsch verstehen lieber Jörn:Blumen:

Jörn
07.11.2017, 21:33
Warum sollten wir verloren sein, wenn die Bibel nicht stimmt?

Wenn die versprochene Rettung gelogen war, dann war auch die gleichzeitig angedrohte Verdammnis gelogen. Beides verschwindet miteinander.

Bisher sind noch alle Religionen irgendwann verschwunden. Das ist eine Behauptung, die jeder nachprüfen kann.

Klugschnacker
07.11.2017, 21:35
Denn wenn wir die Möglichkeit hätten, durch freien Willen und falsche Entscheidungen das Paradies zu ruinieren, dann wäre es nach kurzer Zeit kein Paradies mehr. Wenn Gott es jedoch verhindert und eingreift, dann hätte er es auch schon in der irdischen Welt verhindern können.

Dazu passt, dass wir ja ursprünglich bereits im Paradies waren und es durch einen Akt des freien Willens vermasselt haben, nämlich als Adam und Eva in den Apfel bissen. Diese folgenreiche Tat hat Gott nicht verhindert.

---

Wo sind hier eigentlich die Philosophen und Logiker? Kann es einen freien Willen überhaupt geben, wenn gleichzeitig ein allwissendes Wesen existiert? Mit anderen Worten: Wenn jemand alle meine Entscheidungen bereits im Voraus kennt, können diese Entscheidungen dann frei sein?

Angenommen, ich stehe an einer Weggabelung. Ich kann links oder rechts gehen, muss mich aber noch entscheiden. Gott weiß bereits im Voraus, dass ich links gehen werde. Wenn ich trotzdem rechts gehe, wäre Gott nicht allwissend. Das bedeutet im Umkehrschluss, dass Gott nur dann allwissend sein kann, wenn meine Wahl nicht frei ist. Wie kann er mich dann aber für meine Taten verantwortlich machen?

Sicher wurde das bereits durchdacht und gelöst. Falls jemand einen Link hat – ich wäre interessiert.
:Blumen:

ziel
07.11.2017, 21:39
Tja, ob die Verdammnis dann auch verschwindet.
Bin ich mir nicht so sicher.

schoppenhauer
07.11.2017, 21:47
Dazu passt, dass wir ja ursprünglich bereits im Paradies waren und es durch einen Akt des freien Willens vermasselt haben, nämlich als Adam und Eva in den Apfel bissen. Diese folgenreiche Tat hat Gott nicht verhindert

Aber irgendwie haben Gott oder die Christen es geschafft, uns auf den Weg Richtung Paradies zurück zu bringen. :Lachanfall::Huhu:

Das christlich geprägte Europa ist in meinen Augen freier, offener und toleranter als 90% vom Rest der Welt. Vielleicht hat das nix mit dem Christentum zu tun, diese Entwicklung wurde durch Christen aber weniger verhindert als durch andere Machtgruppen in anderen Regionen dieser Welt.

Ich bin froh hier leben zu dürfen. Und der Mensch braucht offensichtlich den Glauben, sei es auch nur an Hawaii.

Jörn
07.11.2017, 21:50
Und zu dieser Zeit.

schnodo
07.11.2017, 21:53
Ich bin kein Philosoph oder Logiker, nehme mir aber trotzdem die Freiheit, losgelöst von tiefgründigen Erkenntnissen drauflos zu plappern. :)

Mit anderen Worten: Wenn jemand alle meine Entscheidungen bereits im Voraus kennt, können diese Entscheidungen dann frei sein?

Auf welcher Grundlage sollte denn dieser Schluss überhaupt zulässig sein?

Nehmen wir einmal an, es gibt ein Wesen, das in der Lage ist, eine Dimension mehr wahrzunehmen als wir, sich vielleicht sogar in dieser Dimension, der Zeit, zu bewegen. Für dieses Wesen wären doch Zukunft und Vergangenheit wie für uns der Unterschied zwischen dem ersten Stock und dem Keller. Und wenn wir im Erdgeschoss Ameisen herumkrabbeln sehen, dann kommt doch niemand auf die Idee zu sagen, die Ameisen hätten keinen freien Willen, nur weil wir sie beobachten.

Viel interessanter ist doch die Frage, ob Gott frei entscheiden kann.

Jörn
07.11.2017, 21:54
Ich finde, Arnes Argumentation zeigt ziemlich eindrucksvoll, dass der ganze Bibelkram aus logischen Gründen nicht stimmen kann, egal wie man es dreht und wendet.

Jörn
07.11.2017, 21:57
Viel interessanter ist doch die Frage, ob Gott frei entscheiden kann.

Die Frage stellt sich etwas anders. Die Frage ist, ob freier Wille und Allmacht sich gegenseitig ausschließen oder nicht.

Wenn Gott alles weiß, also auch die Zukunft, dann steht die Zukunft fest. Und dann hat er keine Macht, sie zu ändern. Ändert er sie, war sein früheres Wissen darüber nicht korrekt.

Man muss sich also zwischen Allmacht (Freiheit) und Allwissen entscheiden.

Klugschnacker
07.11.2017, 22:01
Nehmen wir einmal an, es gibt ein Wesen, das in der Lage ist, eine Dimension mehr wahrzunehmen als wir, sich vielleicht sogar in dieser Dimension, der Zeit, zu bewegen. Für dieses Wesen wären doch Zukunft und Vergangenheit wie für uns der Unterschied zwischen dem ersten Stock und dem Keller. Und wenn wir im Erdgeschoss Ameisen herumkrabbeln sehen, dann kommt doch niemand auf die Idee zu sagen, die Ameisen hätten keinen freien Willen, nur weil wir sie beobachten.

Das bloße Beobachten nimmt den Ameisen nicht ihre Handlungsoptionen. Wenn ich jedoch im Voraus wüsste, wie sie handeln werden, können ihre Entscheidungen nicht mehr frei sein. Diesen Knoten hast Du meines Erachtens noch nicht gelöst, oder ich verstehe es nicht. Warum verweist Du auf zusätzliche Dimensionen?

schnodo
07.11.2017, 22:02
Man muss sich also zwischen Allmacht (Freiheit) und Allwissen entscheiden.

Muss man das? Ein allmächtiger Gott könnte sich entscheiden, an einem Tag allwissend zu sein und am anderen nicht, um sich den Spaß nicht zu verderben.

schoppenhauer
07.11.2017, 22:07
Wenn Gott alles weiß, also auch die Zukunft, dann steht die Zukunft fest. Und dann hat er keine Macht, sie zu ändern. Ändert er sie, war sein früheres Wissen darüber nicht korrekt.

Man muss sich also zwischen Allmacht (Freiheit) und Allwissen entscheiden.

Was der BWL‘er schon im 1. Semester lernt, wird Gott wohl auch kennen: Szenario-Technik. Szenario A, B, C, .... Euer bemüht intellektuellere Zugang führt hin und wieder zu wirklich sonderlichen Schlüssen.

schnodo
07.11.2017, 22:07
Diesen Knoten hast Du meines Erachtens noch nicht gelöst, oder ich verstehe es nicht. Warum verweist Du auf zusätzliche Dimensionen?

Weil der Beobachter, der in der Lage ist, in der vierten Dimension zu navigieren, natürlich ein "Stockwerk nach oben" gehen/schauen kann (also in die Zukunft), um zu überprüfen, ob Du links oder rechts gegangen sein wirst. Wohin Du gehst, ist trotzdem Deine Entscheidung.

Jörn
07.11.2017, 22:11
Was der BWL‘er schon im 1. Semester lernt, wird Gott wohl auch kennen: Szenario-Technik. Szenario A, B, C, .... Euer bemüht intellektuellere Zugang führt hin und wieder zu wirklich sonderlichen Schlüssen.

Weiß er also nicht, welches Szenario eintreten wird? Dann ist er nicht allwissend.

Klugschnacker
07.11.2017, 22:14
Was der BWL‘er schon im 1. Semester lernt, wird Gott wohl auch kennen: Szenario-Technik. Szenario A, B, C, .... Euer bemüht intellektuellere Zugang führt hin und wieder zu wirklich sonderlichen Schlüssen.

Verstehe ich nicht. Ich hatte kein BWL – zweifellos ein unterschätztes Fach! Also auf welche Weise kann Gott gleichzeitig allmächtig und allwissend sein?
:Blumen:

Jörn
07.11.2017, 22:16
Weil der Beobachter, der in der Lage ist, in der vierten Dimension zu navigieren, natürlich ein "Stockwerk nach oben" gehen/schauen kann (also in die Zukunft), um zu überprüfen, ob Du links oder rechts gegangen sein wirst. Wohin Du gehst, ist trotzdem Deine Entscheidung.

Aber diese Technik kann er nicht auf sich selbst anwenden.

schnodo
07.11.2017, 22:17
Also auf welche Weise kann Gott gleichzeitig allmächtig und allwissend sein?
:Blumen:

Wenn ich ein allmächtiger Gott wäre, dann würde ich zuerst mal definieren, dass dies keinen Widerspruch darstellt und mich dementsprechend einrichten. Und diejenigen, die meinen, dass der Widerspruch dennoch existiert, würde ich dumm sterben lassen und ihnen im Jenseits eine lange Nase machen. :Cheese:

schoppenhauer
07.11.2017, 22:18
Verstehe ich nicht. Ich hatte kein BWL – zweifellos ein unterschätztes Fach! Also auf welche Weise kann Gott gleichzeitig allmächtig und allwissend sein?
:Blumen:

Er ist allwissend über mögliche Szenarien, wie der Lauf der Dinge erfolgen kann. Und frei und mächtig, sich für eins zu entscheiden. Göttlich halt.

Aber bitte, nun wieder zurück zum Islam.

schnodo
07.11.2017, 22:21
Aber diese Technik kann er nicht auf sich selbst anwenden.

Das war im Bezug auf den freien Willen nicht die Frage.

Klugschnacker
07.11.2017, 22:26
Er ist allwissend über mögliche Szenarien, wie der Lauf der Dinge erfolgen kann. Und frei und mächtig, sich für eins zu entscheiden. Göttlich halt.
Was sollen "mögliche Szenarien" sein? Gibt es für einen allmächtigen Gott auch unmögliche Szenarien?

Zur Frage nach dem Konflikt zwischen Willensfreiheit und Allwissenheit trägt das für mein Verständnis nichts bei, oder ich bin zu doof.
:Blumen:

schoppenhauer
07.11.2017, 22:31
Was sollen "mögliche Szenarien" sein? Gibt es für einen allmächtigen Gott auch unmögliche Szenarien?
:

Klar. Ein total depperter Papst zum Beispiel, wo das doch sein legitimer Vertreter auf Erden ist.

schoppenhauer
07.11.2017, 22:41
Was mich hier einfach nervt, dass ihr beide als Referenz immer nur den Unglaube heran zieht. Für mich ist aufgrund der aktuellen Ereignisse in unserer zerbrechlichen Welt vor allem die andere Weltreligion die zentrale Referenz, wenn ich das Christentum bewerte.

Glaube muss für viele Menschen nun mal sein, ob uns das gefällt oder nicht.

schnodo
07.11.2017, 22:44
Zum freien Willen habe ich noch eine weit hergeholte Idee.

Nehmen wir mal an, es gibt keinen Gott. Also niemanden, der in irgendeiner Form bewusst unsere Wirklichkeit beobachtet oder beeinflusst. Dafür nehmen wir an, dass unsere Wirklichkeit so gestaltet ist, dass jedesmal, wenn jemand eine Entscheidung trifft, sich das Universum teilt, ohne dass wir es merken; denn was in anderen Universen geschieht, können wir ja nicht sehen oder messen. Das geschieht unendlich oft und somit gibt es unendlich viele Universen.

In einem resultierenden Universum geht Arne nach links, im anderen nach rechts, im dritten gräbt er sich ein Loch.

Haben die Arnes einen freien Willen?

Und nun stellen wir uns doch wieder einen Gott vor. Wäre seine Allwissenheit in dieser Umgebung immer noch ein Widerspruch zur Allmacht?

Klugschnacker
07.11.2017, 22:46
Was mich hier einfach nervt, dass ihr beide als Referenz immer nur den Unglaube heran zieht. Für mich ist aufgrund der aktuellen Ereignisse in unserer zerbrechlichen Welt vor allem die andere Weltreligion die zentrale Referenz, wenn ich das Christentum bewerte.

Es steht Dir doch frei, Dich hier über den Islam auszubreiten. Warum kritisierst Du mich dafür, dass ich das nicht für Dich übernehme?

Klugschnacker
07.11.2017, 22:59
Zum freien Willen habe ich noch eine weit hergeholte Idee.

Nehmen wir mal an, es gibt keinen Gott. Also niemanden, der in irgendeiner Form bewusst unsere Wirklichkeit beobachtet oder beeinflusst. Dafür nehmen wir an, dass unsere Wirklichkeit so gestaltet ist, dass jedesmal, wenn jemand eine Entscheidung trifft, sich das Universum teilt, ohne dass wir es merken; denn was in anderen Universen geschieht, können wir ja nicht sehen oder messen. Das geschieht unendlich oft und somit gibt es unendlich viele Universen.

In einem resultierenden Universum geht Arne nach links, im anderen nach rechts, im dritten gräbt er sich ein Loch.

Haben die Arnes einen freien Willen?

Und nun stellen wir uns doch wieder einen Gott vor. Wäre seine Allwissenheit in dieser Umgebung immer noch ein Widerspruch zur Allmacht?

Ja, das wäre nach wie vor ein Widerspruch, denke ich. Er ergibt sich aus der Allwissenheit. Ob ich meine Entscheidungen hier oder in verschiedenen Universen treffe, spielt doch keine Rolle. Entscheidend ist, dass Gott jede meiner Entscheidungen im Voraus kennt und sie dadurch festgelegt sind.

schoppenhauer
07.11.2017, 23:02
Es steht Dir doch frei, Dich hier über den Islam auszubreiten. Warum kritisierst Du mich dafür, dass ich das nicht für Dich übernehme?

Du sollst da gar nix für mich übernehmen. Wie man sich aber so akribisch als Atheist mit dem Christentum auseinandersetzen kann wie Ihr, ohne dabei den Islam als Referenz heran zu ziehen, ist wohl eine berechtigte Frage.

Ich würde nie so tief in etwas eintauchen, dass ich nicht liebe.