PDA

Vollständige Version anzeigen : Da fasse ich mir echt an den Kopf…


Seiten : 1 2 3 4 5 6 7 8 9 10 11 12 13 14 15 16 17 18 19 20 21 22 23 24 [25] 26 27 28 29 30 31 32 33 34 35 36 37 38 39 40 41 42 43 44 45 46 47 48 49 50 51 52 53 54 55 56 57 58 59 60 61 62 63 64 65 66 67 68

MattF
11.05.2017, 13:13
Stimmt. Aber sie hat ihre eigenen Regeln, die nicht (allein) durch empirische Beobachtung oder kontrolliertes Experiment bestimmt werden.

Sondern?

keko#
11.05.2017, 14:22
Na ja es ginge ja erstmal darum den Begriff Schönheit zu definieren.

Dabei kann man sich überelgen was die Menschen schön finden und daraus kann man Muster ableiten, die auch reproduzierbar sind.

Man kann den Menschen dann z.b. ein Bild vorlegen, und die meisten werden es schön finden.

Schönheit ist nichts mythisches.

Schönheit ist wie Wahrheit subjektiv und im Kontext zu betrachten. v = ω x r finde ich sehr schön, meine Frau nicht (also das Vektorprodukt, nicht sie :-). Worte können schön sein. Ein chaotischer Urwald, aber auch strenge Symmetrie.

Klugschnacker
11.05.2017, 14:38
Ich denke, für diese Diskussion ist der Aspekt entscheidend, dass das ästhetische Empfinden auf Ursachen beruht. Und nicht auf einem Funken aus dem Jenseits.

Zarathustra
11.05.2017, 15:44
Sondern?


Nehmen wir Beethovens Große Fuge:

https://www.youtube.com/watch?v=XEZXjW_s0Qs

Wie hat Beethoven dieses Werk komponiert? Genau wissen wir es nicht. Er orientierte sich wohl an historisch tradierten Kompositionsregeln und überschritt bzw. erweiterte diese um seine eigenen Erfindungen, wo er es für nötig befand. Das Werk selbst ist individuell.

Wie steht es mit dem Rezipienten? Nun, es ist davon auszugehen, daß die Wenigsten dieses Werk auf Anhieb als schön empfinden können. Vielmehr setzt es eine mehr oder weniger fortgeschrittene musikästhetische Erziehung und Gewöhnung voraus.

Nirgendwo spielt hier die Wissenschaft eine Rolle, es wird aber natürlich auch nicht gegen ihre Gesetze verstoßen.

Schönheit wird nicht mit wissenschaftlicher Methode gefunden.

captainbeefheart
11.05.2017, 16:35
Nehmen wir Beethovens Große Fuge:

https://www.youtube.com/watch?v=XEZXjW_s0Qs

Wie hat Beethoven dieses Werk komponiert? Genau wissen wir es nicht. Er orientierte sich wohl an historisch tradierten Kompositionsregeln und überschritt bzw. erweiterte diese um seine eigenen Erfindungen, wo er es für nötig befand. Das Werk selbst ist individuell.

Wie steht es mit dem Rezipienten? Nun, es ist davon auszugehen, daß die Wenigsten dieses Werk auf Anhieb als schön empfinden können. Vielmehr setzt es eine mehr oder weniger fortgeschrittene musikästhetische Erziehung und Gewöhnung voraus.

Nirgendwo spielt hier die Wissenschaft eine Rolle, es wird aber natürlich auch nicht gegen ihre Gesetze verstoßen.

Schönheit wird nicht mit wissenschaftlicher Methode gefunden.

Schönheit ist eine rein subjektive Kategorie und ist von den individuellen Werten abhängig ("Schönheit entsteht im Auge des Betrachters"). M.E. nicht objektivierbar und mit wissenschaftlichen Methoden weder begründ-, noch nachweisbar. Damit ziemlich nah am Begriff "Glaube".

Jörn
11.05.2017, 16:56
Wir hecheln nur hinther, berschreiben nur irgendwelche Dinge, die wir beobachten. Das ist mir zu dünn.

Aber was hindert Dich, Dinge zu betrachten, die nicht dünn sind? Du musst ja nicht bei den Newtonschen Formeln stehen bleiben.

Außerdem solltest Du zumindest in Betracht ziehen, dass hier ein Zirkelschluss vorliegt. Denn die Erforschung einer Sache könnte zwangsläufig so ablaufen, dass man sie auf einfache Grundprinzipien zurückführt, die miteinander verwoben sind und auf diese Weise komplex werden. Am Ende landest Du also immer bei einfachen Formeln -- weil genau dies gemeint ist, wenn wir von präziser Erkenntnis sprechen. Es würde also nichts nützen, wenn Du am Ende auf die einfachen Formeln schaust und sagst: "Das ist mir zu einfach". Diese einfache Formel beschreibt eben nur einen winzigen Aspekt das Ganzen.

Klugschnacker
11.05.2017, 17:12
Goldener Schnitt, Harmonielehre, Proportionen kleiner ganzer Zahlen in Musik und Architektur und so weiter dürften jedem als Beispiele für die Anwendung wissenschaftlicher Methoden in der Ästhetik einfallen.

Ein Computer kann grafisch ein Gesicht erzeugen, das in jedem Model-Contest ganz weit nach vorne kommt. Fast alle Parameter sind frei bestimmbar, also Haarfarbe, Rasse, Alter etc. und der Computer sorgt dafür, dass ein für unseren Geschmack schönes Gesicht entsteht.

http://i.dailymail.co.uk/i/pix/2015/03/30/04/271843A300000578-0-image-m-85_1427687461901.jpg

Man hat Computern beigebracht, Musik im Stile Johann Sebastian Bachs zu komponieren. Als das System nach 7 Jahren fertig trainiert war, komponierte es 5000 Choräle an einem Nachmittag. Die besten davon kamen in einem Musikfestival in Santa Cruz zur Aufführung, das Publikum zeigte sich erschüttert ob der emotionalen Tiefe. Als man sie über die wahre Urheberschaft aufklärte, reagierten sie erbost. Der Computer lernte zudem die Stile von Rachmaninov, Stravinsky, Chopin, Beethoven, Vivaldi und Mahler. Der leitende Forscher, Prof. David Cope, verschaffte dem Computer einen Plattenvertrag. Das erste Album namens Classical Music Composed By Computer verkaufte sich gut (Amazon (https://www.amazon.com/Classical-Music-Composed-Computer-David/dp/B00000580E)).

Beispiel im Stile Bachs (https://www.youtube.com/watch?v=PczDLl92vlc)
Beispiel im Stile Beethovens (https://www.youtube.com/watch?v=CgG1HipAayU)
Beispiel im Stile Vivaldis (https://www.youtube.com/watch?v=2kuY3BrmTfQ)
Beispiel im Stile eines Nocturnes von Chopin (https://www.youtube.com/watch?v=t6WeiyvAiYQ)

Sony hat ein Computerprojekt, bei dem ein Computer Musik in verschiedenen Stilen komponiert, und zwar durch selbständiges Lernen. Beispiel:

Von Computer komponiert im Stil der Beatles (https://www.youtube.com/watch?v=LSHZ_b05W7o)
Von Computer komponiert im Stil Bachs (https://www.youtube.com/watch?v=QiBM7-5hA6o)
Vom Computer komponierte Jazz-Improvisation (https://www.youtube.com/watch?v=Cbb08ifTzUk)

Hier ein Computer von Google (https://www.youtube.com/watch?v=Y8UawLT4it0). Die Musik erinnert an den Komponisten Alexander Scriabin, finde ich. Zum Vergleich eine Klangprobe vom echten Scriabin, gespielt von Yuja Wang (https://www.youtube.com/watch?v=nHO4Ucw9zL4).

Menschen sind Algorithmen: Input -> Output. Es sind hochkomplexe Algorithmen, aber keine Wunder. Wir begegnen in der Ästhetik nur wieder unserem alten Mittelpunktswahn.

Jörn
11.05.2017, 17:24
Können wir mit unserem Verstand alles erfassen? Eindeutig nein. Die Wirklichkeit der Welt endet nicht an der Grenzlinie unserer Erkenntnisfähigkeit.

Vermutlich stimmt das. Und ich weiß auch, was Du damit meinst. Aber die gleichen Worte, würden sie von einem TV-Pfarrer ausgesprochen, führen auch schnell auf eine falsche Fährte.

Das Besondere am Menschen ist nämlich, dass er Methoden gefunden hat, weit über das hinaus zu gehen, was er "einfach so" verstehen kann. Etwa dadurch, dass wir über Generationen hinweg auf die gleichen Formeln oder Phänomene starren, und das Puzzle über Jahrhunderte neu zusammensetzen, bis es endlich einen Sinn ergibt. Es reicht aus, wenn wir langsam verstehen, und Methoden haben, die Dinge in Zeitlupe zu betrachten, so dass unser Verstand eben doch ausreicht.

So dauerte es mehrere hundert Jahre, bis wir von Newton zu Einstein kamen; und die meisten von uns verstehen weder das eine noch das andere. Aber jeder von uns kapiert deren Theorien, wenn wir sie ganz langsam und mit anschaulichen Beispielen erklärt bekommen.

Wir können unsere Intelligenz bündeln, indem wir zusammenarbeiten. Wir können mit der Mathematik Dinge formulieren, die uns nicht anschaulich sind, oder die vor 13 Milliarden Jahren geschahen. Wir können Hypothesen testen und verwerfen.

Wo ist hier die Grenze? Niemand weiß das. Vielleicht gibt es eine Grenze. Aber wir haben bisher alle Grenzen eingerissen, die vor 200 Jahren noch als unumstößlich galten. Wir sind dabei auf neue Grenzen gestoßen, und die verlauste Wissenschaft arbeitet gerade daran, auch diese einzureißen.

Vielleicht ist unser Verstand, kombiniert mit klugen Methoden und viel Zeit, bereits ausreichend, um die Welt zu verstehen. Ich würde das jedenfalls nicht ausschließen.

Jörn
11.05.2017, 17:46
Man hat Computern beigebracht, Musik im Stile Johann Sebastian Bachs zu komponieren. Als das System nach 7 Jahren fertig trainiert war, komponierte es 5000 Choräle an einem Nachmittag.

Das ist ja wohl eine FRECHHEIT!

:Duell:

Zarathustra
11.05.2017, 18:46
Goldener Schnitt, Harmonielehre, Proportionen kleiner ganzer Zahlen in Musik und Architektur und so weiter dürften jedem als Beispiele für die Anwendung wissenschaftlicher Methoden in der Ästhetik einfallen.


Man hat Computern beigebracht, Musik im Stile Johann Sebastian Bachs ...

Menschen sind Algorithmen: Input -> Output. Es sind hochkomplexe Algorithmen, aber keine Wunder. Wir begegnen in der Ästhetik nur wieder unserem alten Mittelpunktswahn.


Beschreibe doch mal, wie Beethoven die wissenschaftliche Methode beim Komponieren seiner Musik angewendet haben soll!

Einen Stil technisch nachahmen können und einen Stil erfinden bzw. erweitern sind sehr verschiedene Dinge.

„Menschen sind Algorithmen“ ist genauso wissenschaftlich wie „Hinter der Wolke verbirgt sich Zeus“. Im Übrigen kommen die Algorithmen immer zu spät. Ihnen entgeht das (qualitativ) Neue, zu dem die Menschen gelegentlich fähig sind.

Jörn
11.05.2017, 18:53
Natürlich können in der Wissenschaft neue Begriffe eingeführt werden. Diese müssen aber klar und deutlich sein. Man könnte etwa eine neue Naturkraft definieren und diese mit dem Wort Gott bezeichnen oder nach irgendwelchen sogenannten Gottesteilchen suchen. Nur wäre damit nichts gewonnen, denn der Nachweis, daß dieser neu eingeführte Begriff mit dem Gottesbegriff der Religionen identisch sei, bleibt aus und kann auch nicht gelingen, weil etwas Dunkles und Verworrenes nicht als identisch mit etwas Klarem und Deutlichem bestimmt werden kann.

Du schreibst, dass die beiden Systeme (Religion und Wissenschaft) niemals kompatibel sein werden, weil man nicht beweisen könne, dass beide Systeme das gleiche meinen, wenn sie das Wort "Gott" benutzen. Weiterhin, dass der Gottesbegriff in den Religionen undeutlich und unbestimmt wäre.

Aber ich könnte doch sofort eine Religion erfinden, die beide Unklarheiten ausräumt. Beispielsweise so:

1. Und Gott sprach zu Mose: "Siehe, alle Begriffe sind so gemeint wie in der Wissenschaft." Jehova!

2. Moses sagte: "Wer bist Du?" Und Gott antwortete: "Ich bin der, der ich bin". Jehova!

Hier haben wir also eine Religion, deren Begriffsbedeutung geklärt wurde, und in der auch Gott scharf definiert ist. (Er ist beispielsweise nicht das, was er nicht ist.)

Nummer 2 steht so in der Bibel. "Jahwe" bedeutet soviel wie "Ich bin der, der ich bin" oder "Ich bin der, als der ich mich erweisen werde".

Nummer 1 ergibt sich aus dem Umstand, dass Gott nicht selbst zu den Menschen spricht, sondern sich Moses als Sprachrohr erwählt. Warum? Damit Moses in eben jenen Worten sprechen kann, die kompatibel sind zu den Worten der Menschen. Alle Gottesworte in der Bibel sind also so zu verstehen, wie wir Menschen auch alles andere verstehen.

Tatsächlich beruft Gott den Bruder des Mose, Aaron, damit dieser das Sprachrohr sei, denn Mose fühlt sich rhetorisch nicht begabt. Gott legt also ausdrücklich Wert darauf, dass er in verständlicher, menschlicher Sprache verkündet wird. Hier die entsprechende Passage der Bibel:

Mose aber sprach zu dem HERRN: Ach, mein Herr, ich bin von jeher nicht beredt gewesen, (...) denn ich hab eine schwere Sprache und eine schwere Zunge. (...)

14 Da wurde der HERR sehr zornig über Mose und sprach: Gibt es da nicht deinen Bruder Aaron, den Leviten? Ich weiß, dass er beredt ist. (...)

15 Du sollst zu ihm reden und die Worte in seinen Mund legen. Und ich will mit deinem und seinem Munde sein und euch lehren, was ihr tun sollt. 16 Und er soll für dich zum Volk reden; er soll dein Mund sein, und du sollst für ihn Gott sein.

2. Mose 4 (https://www.bibleserver.com/text/LUT/2.Mose4)

Daraus folgt, dass Gott in der christlichen Religion durchaus definiert ist; und dass die Worte so zu verstehen sind, wie wir auch alle anderen Worte verstehen.

Gott sagt ja ausdrücklich nicht: "Gehe hin und rede irgendein nebulöses Kauderwelsch, und gebe allen Worten eine unerfindliche Bedeutung, auf das alle Welt verwirrt sei. Jehova!".

Dieser Punkt müsste also geklärt sein, oder sehe ich das falsch?

captainbeefheart
11.05.2017, 18:58
Im Übrigen kommen die Algorithmen immer zu spät. Ihnen entgeht das (qualitativ) Neue, zu dem die Menschen gelegentlich fähig sind.

Schönheit entsteht z.B. aus Sympathie, Liebe, Mut, Kreativität, Zufriedenheit, Hoffnung, Enthusiasmus usw.. Bin gespannt wie der Algorithmus dazu aussieht.

qbz
11.05.2017, 19:05
Goldener Schnitt, Harmonielehre, Proportionen kleiner ganzer Zahlen in Musik und Architektur und so weiter dürften jedem als Beispiele für die Anwendung wissenschaftlicher Methoden in der Ästhetik einfallen ...

Ein Computer kann grafisch ein Gesicht erzeugen ....

Man hat Computern beigebracht, Musik im Stile Johann Sebastian Bachs zu komponieren ...

Durch die Konstruktion von Robotern, welche Messen lesen, Predigten halten, Beichten abnehmen, Absolution erteilen, also die Anwendung wissenschaftlicher Methoden, würden doch die göttlichen Inhalte selbst keinen Jota mehr Gesetzmässigkeiten materieller Wirklichkeit enthalten wie vorher. ;) :Blumen:

Klugschnacker
11.05.2017, 19:28
Beschreibe doch mal, wie Beethoven die wissenschaftliche Methode beim Komponieren seiner Musik angewendet haben soll!

Ich fürchte, das führt uns jetzt etwas sehr weit vom Thema weg. Beethoven bediente sich ganz bestimmter Mittel, um eine bestimmte Wirkung zu erzeugen. So konstruierte er seine Werke, Note für Note, mit unzähligen Verbesserungen und Korrekturen.

Er begann wie jeder andere Komponist damit, sich auf eine bestimmte Grundtonart festzulegen, etwa c-moll, (https://www.youtube.com/watch?v=jv2WJMVPQi8) wegen des düsteren, schicksalhaften Klangs. Für einen hellen, sonnigen Klang hätte er vielleicht F-Dur (https://www.youtube.com/watch?v=s_xS8OLQYI0&feature=youtu.be&t=30s) gewählt. Hier hast Du bereit das Prinzip von Ursache und Wirkung, bevor auch nur eine einzige Note auf dem Papier steht. Durch die Wahl der Grundtonart wird bewusst eine ganz bestimmte Wirkung erzielt.

Danach skizziert er mit Feder und Tusche die wichtigsten melodischen Motive. Auch dieser Schritt ist nicht frei von Ursachen. Er lebte zur Zeit der Klassik und komponierte daher im klassischen Stil. Anschließend setzte er die Basslinie darunter, wobei er stets die Wirkung im Blick hatte. Geholfen hat ihm dabei die Harmonielehre; er verwendete eine temperierte Tonleiter, wie das damals üblich war. So konstruierte er seine Werke mühevoll zusammen, bis er fertig war.

"Wissenschaftlich" im Sinne von Ursache und Wirkung ist dabei die Lehre von den Harmonien. Auch dort, wo er sich in voller Absicht von ihr löste, um einen schönen Effekt zu erzielen. Beethoven hat ja nicht mit zurückgeworfenem Kopf und verdrehten Augen ein paar Noten auf das Notenpapier gekrizelt, und heraus kam ein Meisterwerk. Seine Werke sind Konstruktionen.

Du kennst ja wahrscheinlich die unsterbliche Filmszene (https://www.youtube.com/watch?v=tlPQD04tn88), wie Mozart auf dem Sterbebett sein letztes Werk komponierte.
:Blumen:

„Menschen sind Algorithmen“ ist genauso wissenschaftlich wie „Hinter der Wolke verbirgt sich Zeus“.

Menschen sind Algorithmen, na klar, wenn auch hochkomplexe! Beispielsweise kannst Du keinen Gedanken denken, für den Du keine Gehirnstruktur hast. Du bist nicht in der Lage, dich außerhalb des Reiz <-> Reaktionsmusters Deines Gehirns zu bewegen.
:Blumen:

Zarathustra
11.05.2017, 20:34
...
Daraus folgt, dass Gott in der christlichen Religion durchaus definiert ist; und dass die Worte so zu verstehen sind, wie wir auch alle anderen Worte verstehen.
...

Dieser Punkt müsste also geklärt sein, oder sehe ich das falsch?


Das sehe ich völlig anders.

„Ich bin der, der ich bin“ ist doch keine Definition(!), sondern eine Tautologie. („Die Schwerkraft ist die, die sie ist“, bringt mir als Antwort keine Punkte in der Physikklausur.)

Wie Worte zu verstehen sind, kann ein Problem sein. Du setzt voraus, daß das immer unproblematisch verläuft. Ließ doch mal einen anderen, nichtreligiösen, zweitausend Jahre alten Text. Und auch innerhalb unserer aktuellen Sprache arbeiten die Worte und Sätze nicht alle auf die gleiche Weise.

Die Sprache ist älter als die Wissenschaft und ist auch nicht zu ihrem Zweck entstanden. Es geschieht aber ständig, daß die Wissenschaft sich Begriffe aus der Sprache (des Alltags, der Philosophie, der Religion, etc.) herausgreift und zu ihren Zwecken umdefiniert, dabei die Bedeutung verengt und auf bestimmte Aspekte fokussiert.

Zarathustra
11.05.2017, 20:59
...
Beethoven bediente sich ganz bestimmter Mittel, um eine bestimmte Wirkung zu erzeugen...


Menschen sind Algorithmen, na klar, wenn auch hochkomplexe! Beispielsweise kannst Du keinen Gedanken denken, für den Du keine Gehirnstruktur hast...
:Blumen:

Danke für Deine Beschreibung! Die kann man zwar im Einzelnen diskutieren, im Großen und Ganzen hätte ich aber nicht viel auszusetzen. Wir sehen: es passiert nichts , das den Naturgesetzen widerspricht.

Was wir auch sehen: Die Beschreibung bleibt allgemein. Sie kann nicht erklären, warum das Werk genau so geworden ist, wie es ist und nicht anders, oder warum nicht ein anderer Künstler, der dieselben Voraussetzungen hatte, dasselbe komponiert hat. Das Werk ist individuell. Individuum est ineffabile.

Also ich bin kein Algorithmus und meine Mitmenschen auch nicht. Wir sind aus Fleisch und Blut, ein Algorithmus nicht. Wir verfügen über Vernunft, ein Algorithmus nicht. Wir haben einen Willen...

Ohne Gehirn kann ich sicher nicht denken. Inwiefern einzelne, bestimmte Gedanken mit einer jeweils bestimmten Gehirnstruktur in Verbindung gebracht werden können, ist eine andere noch offene Frage. Für das Denken insgesamt wird es auch so bleiben, solange es neue Gedanken geben wird.

Jörn
11.05.2017, 21:10
„Ich bin der, der ich bin“ ist doch keine Definition(!),

Ich komme Dir entgegen, damit es keine Debatte über Definitionen wird: Ist beispielsweise ein Mensch "konkret genug"? Jesus war ja Gott und er wandelte auf der Erde. Die damaligen Menschen hätten also eine sehr genaue Definition gehabt. Du kannst also nicht behaupten, der Gottesbegriff sei im Christentum so nebulös, dass er für die Wissenschaft nicht zugänglich wäre. Jesus aß Fisch, trank Wein, ließ den Satan in eine Herde Säue fahren, und vieles mehr. Du weißt über Jesus mehr, als Du über mich weißt. Und Du würdest vermutlich nicht behaupten, ich wäre zu nebulös für eine wissenschaftliche Betrachtung.

Wie Worte zu verstehen sind, kann ein Problem sein. Du setzt voraus, daß das immer unproblematisch verläuft.

Das stimmt sicherlich. Aber nur weil Frau Müller eventuell missverstehen könnte, was Frau Schulze gemeint hat, kann man nicht postulieren, dass ein Verstehen generell ausgeschlossen wäre, oder dass man überhaupt keine Bewertungen vornehmen könnte. Um Zweideutigkeiten zu klären, sind meist genügend Anhaltspunkte vorhanden.

Meine These ist dies: Die alten religiösen Schriften bedienten sich exakt der Sprache, die zum Zeitpunkt des Verfassens allgemein üblich war. Wir verstehen diese Sprache auch heute noch, und zwar auch dort, wo sie von der heutigen Umgangssprache abweicht. Der geschichtliche Kontext ist uns bekannt und wird auch berücksichtigt; eben deswegen verstehen wir es. Die Religion macht Aussagen über die real vorhandene Welt, und wir können diese Aussagen überprüfen.

Zarathustra
11.05.2017, 22:07
... x=x ist eine gültige Defintion.

... Ist beispielsweise ein Mensch "konkret genug"? Jesus war ja Gott und er wandelte auf der Erde. ...

dass ein Verstehen generell ausgeschlossen wäre, oder dass man überhaupt keine Bewertungen vornehmen könnte...

... Die Religion macht Aussagen über die real vorhandene Welt, und wir können diese Aussagen überprüfen.

Wenn x=x als Definition auch gültig sein mag, bleibt sie dennoch recht uninformativ.

Ja, laut Bibel war Jesus ein Mensch. Da er aber zugleich auch Gott war, sehe nicht, wie das das Problem verringern sollte. Oder welche Gottmenschen kennst Du sonst noch?

Ich sagte nicht, daß Verstehen generell ausgeschlossen ist. Ich sagte, Wissenschaft benötigt wohldefinierte Begriffe sowie eindeutige Wahrheitsbedingungen für ihre Hypothesen. Das ist bei dem Satz „Gott ist der Schöpfer der Welt“ aus den genannten Gründen nicht gegeben.

Jörn
11.05.2017, 22:24
Ich sagte, Wissenschaft benötigt wohldefinierte Begriffe sowie eindeutige Wahrheitsbedingungen für ihre Hypothesen. Das ist bei dem Satz „Gott ist der Schöpfer der Welt“ aus den genannten Gründen nicht gegeben.

"Wohldefiniert" bedeutet aber nicht, dass alle Details definiert sein müssen.

Das Wort "Gott" beschreibt im Christentum ein personales, bewusstes, mit Willen ausgestattetes Etwas. Das ist ausreichend, um es abzugrenzen gegenüber einem nicht-personalen, unbewussten und willenlosen Prozess.

Wir können also untersuchen, ob "Gott" (mit den oben beschrieben Eigenschaften) die Erde geschaffen hat, d.h. ob sich irgendwelche Anzeichen eines personalen, bewussten und gewollten Schöpfungsakts finden lassen, oder wir stattdessen einfach das Zusammenklumpen von Gesteinen vorfinden.

Zarathustra
11.05.2017, 22:45
...

Das Wort "Gott" beschreibt im Christentum ein personales, bewusstes, mit Willen ausgestattetes Etwas. ...

Wir können also untersuchen, ob "Gott" (mit den oben beschrieben Eigenschaften) die Erde geschaffen hat, ...

Die Physik findet doch nicht einmal auf der Erde ein „personales, bewußtes, mit Willen ausgestattes Etwas“. Wie sollte ihr die Untersuchung außerhalb der materiellen Welt, also außerhalb ihres Gegenstandsbereichs gelingen?

Jörn
11.05.2017, 23:05
Wie sollte ihr die Untersuchung außerhalb der materiellen Welt, also außerhalb ihres Gegenstandsbereichs gelingen?

Es gelingt nur deswegen nicht, weil die Aufgabenstellung und Zuständigkeiten von Dir so formuliert wurden, dass es nicht gelingen kann.

Es existiert nichts außerhalb der materiellen Welt; und die Behauptung, dass die Religion irgendwelche Aussagen über diese nicht existierende Welt machen könne, ist willkürlich.

Wenn dieser willkürliche Winkelzug für die Religion erlaubt ist, dann ist es auch für mich erlaubt. Dann kann ich für mich Anspruch nehmen, exakt über die nicht-materielle Welt Bescheid zu wissen.

Falls Du entgegnest, dies wäre gegen die Spielregeln, kann ich Dir im Vatikan einige Herren zeigen, die genau dieses Wissen über die nicht-materielle Welt für sich in Anspruch nehmen.

Wenn Du mir das nicht zugestehst, dann fällt dieses Privileg auch für den Vatikan und für deren Religion weg.

Ich verstehe nicht, warum Du sehr genau auf die Grenzen der Wissenschaft achtest, jedoch der Religion grenzenlos und ungeprüft alles zubilligst, was diese für sich in Anspruch nimmt.

Jörn
11.05.2017, 23:56
Zarathustra, was spricht nach Deiner Auffassung gegen folgende Feststellung:

"Religionen sind per se nicht in der Lage, irgendwelche Aussagen über das Nichtmaterielle oder Übersinnliche zu treffen."

Zarathustra
12.05.2017, 00:32
...
Es gibt nichts außerhalb der materiellen Welt; und die Behauptung, dass die Religion irgendwelche Aussagen über diese nicht existierende Welt machen könne, ist willkürlich.
....


Richtig ist, daß die Physik die materielle Welt untersucht. Wenn sie dabei nichts Personales, Bewußtes oder Willentliches, nichts Gutes, Schönes oder Göttliches findet, heißt das nicht automatisch, daß es das alles nicht gibt, sondern daß die Physik die falsche Methode dafür ist.

Der Anspruch mit der naturwissenschaftlichen Methode alles(!) erklären zu wollen, ist selbst unwissenschaftlich und fast schon religiös.

Zarathustra
12.05.2017, 00:46
Zarathustra, was spricht nach Deiner Auffassung gegen folgende Feststellung:

"Religionen sind per se nicht in der Lage, irgendwelche Aussagen über das Nichtmaterielle oder Übersinnliche zu treffen."

Der Feststellung würde ich zustimmen. Denn die Religionen liefern meiner Meinung nach, da wo es so aussieht als sprächen sie über Nichtmaterielles oder Übersinnliches, eigentlich gar keine Aussagen, die man als wahr oder falsch beurteilen könnte. Ich würde die entsprechenden Sätze eher als Vorstellungsbilder und Vorschriften verstehen, was natürlich der Selbstauffassung der Religion (teilweise) widerspricht.

Jörn
12.05.2017, 01:28
Wenn sie [die Physik] dabei nichts Personales, Bewußtes oder Willentliches, nichts Gutes, Schönes oder Göttliches findet, heißt das nicht automatisch, daß es das alles nicht gibt, sondern daß die Physik die falsche Methode dafür ist.

Die Wissenschaft findet aber jede Menge "Personales, Bewußtes oder Willentliches". Nur eben nicht bei der Erschaffung der Erde. Dies ist ein rein mechanischer Prozess, bestehend aus Steinen und Gravitation, den wir in allen Einzelheiten verstehen.

Es überhaupt nicht zutreffend, dass die Wissenschaft bei allem versagt, was nicht aussieht wie ein Zahnrad. Die Wissenschaft weiß über "Personales, Bewußtes oder Willentliches" mehr als alle katholischen Schriften zusammen -- bei weitem!

Der Anspruch mit der naturwissenschaftlichen Methode alles(!) erklären zu wollen, ist selbst unwissenschaftlich und fast schon religiös.

Komm schon, das ist Rhetorik, und Du weißt es. :Liebe:

Es gibt keine Erklärung außerhalb einer wissenschaftlichen Erklärung. Niemand behauptet, dass diese Methode alles erklären kann. Manchmal bleibt die Erklärung offen. Aber es ist ja nicht so, dass irgendeine andere geheimnisvolle Methode bessere Ergebnisse liefern würde, ohne Daten, ohne Beweise, ohne Prüfbarkeit. Das wäre lediglich Scharlatanerie, also das Vortäuschen von Wissen, oder das Verschweigen von Widersprüchen.

Sofern wir den Anspruch erheben, dass die Erklärung prüfbar und widerspruchsfrei sein soll, dann ist es Wissenschaft. Wenn es nicht prüfbar und nicht widerspruchsfrei ist, dann ist es einfach wertlos.

Was hat es für eine Bedeutung, wenn der Papst sagt: "Die Erde wurde, öh, geschaffen... wurde geschaffen von... also von... naja... also... von Gott"? Antwort: Es hat überhaupt keine Bedeutung.

Danke für die Debatte zu so später Stunde! :Blumen:

Jörn
12.05.2017, 03:46
Ich würde gerne noch eine Beobachtung hinterherschicken:

Die Tatsache, dass der Klerus sich immer mehr auf das Unfassliche, Unquantisierbare, Unprüfbare zurückzieht, dient nur der Verschleierung der eigenen Ahnungslosigkeit.

Selten hört man den Klerus über Atome reden, denn das könnte man prüfen, und hier wäre echtes Wissen erforderlich. Aber sobald es um substanzloses Gerede über Masturbation geht, plappert der Klerus ungefragt drauflos.

Je offensichtlicher es durch die konkreten Erfolge der Wissenschaft wird, dass der Klerus von der Welt keine Ahnung hat, desto eifriger werden diese substanzlosen Themen in den Vordergrund geschoben und zu einem riesigen Popanz aufgeblasen.

Da brüstet sich die Kirche stolz, dass man einer Drogeriekette das Ladenlokal nur vermietet hat, als es gelobte, keine Kondome zu verkaufen. Wie lächerlich! Da rühmt sich die evangelische Tagungsstätte, dass man alle Hochzeitsfeiern storniert habe, als die Stadtverwaltung darauf bestand, dass auch an schwule Paare vermietet werden müsse. Ja, so stellen wir uns Moral vor!

Während der Papst sich mit Exorzisten trifft, erforschen Wissenschaftler beim CERN den Ursprung aller Materie, und andere Wissenschaftler entschlüsseln unsere Gene. Der Klerus ist derart abgehängt -- es ist noch nicht mal lustig.

Der Papst sollte zurücktreten, den Vatikan auflösen und die Reichtümer in eine Stiftung überführen, die dem Wohl und dem Fortschritt der Menschheit dient. Das wäre anständig. Aber Anstand ist das Letzte, was man von dieser hysterischen Kaste alter Männer erwarten kann.

keko#
12.05.2017, 07:55
Ein Computer kann grafisch ein Gesicht erzeugen, das in jedem Model-Contest ganz weit nach vorne kommt. Fast alle Parameter sind frei bestimmbar, also Haarfarbe, Rasse, Alter etc. und der Computer sorgt dafür, dass ein für unseren Geschmack schönes Gesicht entsteht.

...

Man hat Computern beigebracht, Musik im Stile Johann Sebastian Bachs zu komponieren. Als das System nach 7 Jahren fertig trainiert war, komponierte es 5000 Choräle an einem Nachmittag. Die besten davon kamen in einem Musikfestival in Santa Cruz zur Aufführung, das Publikum zeigte sich erschüttert ob der emotionalen Tiefe. Als man sie über die wahre Urheberschaft aufklärte, reagierten sie erbost. Der Computer lernte zudem die Stile von Rachmaninov, Stravinsky, Chopin, Beethoven, Vivaldi und Mahler. Der leitende Forscher, Prof. David Cope, verschaffte dem Computer einen Plattenvertrag. Das erste Album namens Classical Music Composed By Computer verkaufte sich gut (Amazon (https://www.amazon.com/Classical-Music-Composed-Computer-David/dp/B00000580E)).

....

Sony hat ein Computerprojekt, bei dem ein Computer Musik in verschiedenen Stilen komponiert, und zwar durch selbständiges Lernen. Beispiel:

...

Menschen sind Algorithmen: Input -> Output. Es sind hochkomplexe Algorithmen, aber keine Wunder. Wir begegnen in der Ästhetik nur wieder unserem alten Mittelpunktswahn.

Ja ja Computer. Das ist ein hochinteressantes Thema und ich lese gerade darüber. Letztendlich sind wird erst ganz am Anfang. Ein Punkt ist z.B., dass Algorithmen normalerweise zuerst noch vom Menschen initial entwickelt werden und sie somit "etwas mitbekommen", also mit auf dem Weg bekommen. Was schön ist, entscheiden sie also nicht wirklich frei. Sie bilden ab und verstärken Merkmal sogar, eben weil sie nur eingegebene Algorithmen kennen. Man kennt das ja z.B. von Google oder Facebook.
Aber das Thema sprengt den Thread hier komplett.

Zarathustra
12.05.2017, 11:23
Die Wissenschaft findet aber jede Menge "Personales, Bewußtes oder Willentliches". ...


Komm schon, das ist Rhetorik, und Du weißt es. :Liebe:

Es gibt keine Erklärung außerhalb einer wissenschaftlichen Erklärung. Niemand behauptet, dass diese Methode alles erklären kann. ...

Sofern wir den Anspruch erheben, dass die Erklärung prüfbar und widerspruchsfrei sein soll, dann ist es Wissenschaft. Wenn es nicht prüfbar und nicht widerspruchsfrei ist, dann ist es einfach wertlos. ....

Danke für die Debatte zu so später Stunde! :Blumen:


Ich danke auch! :Blumen:

Aber: Wer in dieser Diskussion frei von Rhetorik ist, der werfe den ersten Stein.

Zur Wissenschaft möchte ich soviel anmerken: Es gibt verschiedene wissenschaftliche Disziplinen, mit teilweise recht unterschiedlichen Methoden. Das, was wir für den jeweiligen Gegenstandsbereich als beste Erklärung auffassen, nennen wir Wissenschaft.

Ich denke aber nicht, daß das heißt, daß alles, was keine prüfbare, widerspruchsfreie Erklärung ist, damit wertlos ist (eher umgekehrt: daß alles wirklich Wertvolle, nicht bloße Erklärung ist). Der Mensch hat schließlich auch andere Bedürfnisse als die Welt wissenschaftlich abzubilden und zu erklären.

Klugschnacker
12.05.2017, 11:34
Ich denke aber nicht, daß das heißt, daß alles, was keine prüfbare, widerspruchsfreie Erklärung ist, damit wertlos ist (eher umgekehrt: daß alles wirklich Wertvolle, nicht bloße Erklärung ist).

Ein Glaube, der sich zu weit von der Wirklichkeit entfernt, verkommt zum Aberglauben.

Zarathustra
12.05.2017, 12:01
Ein Glaube, der sich zu weit von der Wirklichkeit entfernt, verkommt zum Aberglauben.

Ja, Religionen sind oft mit Aberglauben verbunden, nicht aber mit demselben identisch. Ich denke, es ist umgekehrt: Der Glaube wird zum Aberglauben, wenn er sich zu nahe an der materiellen Wirklichkeit glaubt. (So kann es übrigens auch dem Glauben an den Algorithmus ergehen.)

MattF
12.05.2017, 12:23
Ich denke aber nicht, daß das heißt, daß alles, was keine prüfbare, widerspruchsfreie Erklärung ist, damit wertlos ist (eher umgekehrt: daß alles wirklich Wertvolle, nicht bloße Erklärung ist). Der Mensch hat schließlich auch andere Bedürfnisse als die Welt wissenschaftlich abzubilden und zu erklären.

Der Mensch will sich die Welt überhaupt erklären, Wissenschaft ist nur eine Methode. gäbe es besser wechsel ich auch :liebe053:

Er will wissen wie es nach dem Tod weiter geht. Z.b.. Kann ihm die Religion dabei helfen?

Klugschnacker
12.05.2017, 12:24
Ja, Religionen sind oft mit Aberglauben verbunden, nicht aber mit demselben identisch. Ich denke, es ist umgekehrt: Der Glaube wird zum Aberglauben, wenn er sich zu nahe an der materiellen Wirklichkeit glaubt.

Das ist aus Deiner Perspektive verständlich. Falls ich Dich richtig verstehe, ist der Glaube für Dich ein abstraktes, in sich weitgehend logisches Konstrukt, dessen entscheidendes Merkmal es ist, völlig unabhängig von der erfahrbaren Wirklichkeit zu sein. Was ihn ausmacht, ist aus Deiner Sicht gerade die Ferne zur erfahrbaren Wirklichkeit.

Glauben bedeutet für mich (anders als für Dich) vor allem: eine Sache für wahr halten. Der Glaube an so manche Geschichte aus der Bibel wird zum Aberglauben, wenn eindeutig bewiesen ist, dass sie falsch ist.

Die Wissenschaft und Bildung bestimmen daher die Grenzlinie zwischen Glaube und Aberglaube. Wurde die Erde vor 6000 Jahren geschaffen? Es ist noch gar nicht so viele Generationen her, da war das ein möglicher Glaube. Heute ist es Aberglaube. Schuf ein Schöpfer die Welt? Wir wissen es nicht mit Bestimmtheit, aber auch hier wird die Wissenschaft das Ungewisse aber Mögliche, vom reinen Aberglauben bzw. Unmöglichen trennen. Die Evolution ist jedenfalls eine Tatsache, an der es keinen vernünftigen Zweifel gibt.

Trimichi
12.05.2017, 12:24
Ich denke aber nicht, daß das heißt, daß alles, was keine prüfbare, widerspruchsfreie Erklärung ist, damit wertlos ist (eher umgekehrt: daß alles wirklich Wertvolle, nicht bloße Erklärung ist). Der Mensch hat schließlich auch andere Bedürfnisse als die Welt wissenschaftlich abzubilden und zu erklären.

Eben. Dieser Popperismus hier ist echt grenzwertig. Man könnte auch von Vulgärpopperismus in Anlehnung an die materialistische Strömung des Vulgärmaterialismus in Frankreich sprechen. Denn denkt man Popper konsequent zu Ende muss man eingestehen und zugestehen, dass wir nichts wissen können (Musterbeispiel: schwarzer Schwan, von Popper selbst).

Weil nicht alle in Wissenschafts- und Erkenntnistheorie bewandert sind, so kann man sich der mühseligen Diskussion entziehen und sich mit der Bibel behelfen. Ich bleibe dabei, es stehen viele gute Worte in der heiligen Schrift. Alternativ kann man jahrelang Astrophysik studieren, um schließlich konstaniert zu konstatieren, dass man es nicht verstehen kann.

Intellectus ut ratio. Wie der Lateiner zu sagen pflegt.

Klugschnacker
12.05.2017, 12:45
Weil nicht alle in Wissenschafts- und Erkenntnistheorie bewandert sind, so kann man sich der mühseligen Diskussion entziehen und sich mit der Bibel behelfen. Ich bleibe dabei, es stehen viele gute Worte in der heiligen Schrift. Alternativ kann man jahrelang Astrophysik studieren, um schließlich konstaniert zu konstatieren, dass man es nicht verstehen kann.

Es ist doch nichts dabei, wenn man als vernünftiger Mensch sagt: "Ich weiß es nicht". Es gibt doch kein Gesetz, keinen Zwang und keine Notwendigkeit, überall dort, wo man etwas nicht weiß oder nicht wissen kann, zur Bibel oder anderen Mythen zu greifen.

Popper sagt, dass eine wissenschaftliche Aussage nur solange gilt, bis sie widerlegt wurde. Demzufolge ist alles Wissen immer nur vorläufig und kann sich als falsch erweisen. Dieser Einwand ist korrekt und berechtigt.

Was bedeutet das jedoch in der Praxis? Die Frage, ob die Erde eine Scheibe oder eine Kugel ist, wurde durch die Wissenschaft entschieden. Laut Popper ist diese Erkenntnis jedoch nur vorläufig und könnte irgendwann widerlegt werden. Die Kugelform der Erde ist jedoch bereits von so vielen Seiten her abgesichert, dass die Wahrscheinlichkeit für eine Widerlegung praktisch Null ist. Es gibt also ein Fundament an Erkenntnissen, dessen wir uns heute bereits sehr sicher sein können. Ein Rückgriff auf okkulte Erklärungen wäre zweifellos ein Rückschritt.

trithos
12.05.2017, 12:59
Die Kugelform der Erde ist jedoch bereits von so vielen Seiten her abgesichert, dass die Wahrscheinlichkeit für eine Widerlegung praktisch Null ist.

Vorsicht :Cheese: !

Die Kugelform der Erde ist widerlegt: Die Erde ist ein Geoid, ein Ellipsoid, für manche Wissenschaftler sogar eine Kartoffel: http://www.focus.de/wissen/weltraum/tid-21846/goce-satellit-enthuellt-die-wahre-form-der-erde_aid_613983.html

SCNR :Huhu:

MattF
12.05.2017, 13:03
Vorsicht :Cheese: !

Die Kugelform der Erde ist widerlegt:


Und dass die Erde eine Kugel ist, hat natürlich auch mit unseren Sinnen zu tun.

Eine Spezis mit anderen Sinnen, könnte das auch anders sehen.

Auch etwas als Kugel zu bezeichnen, ist letztlich nur ne Modellvorstellung und nicht die Wirklichkeit.

MattF
12.05.2017, 13:06
Ich bleibe dabei, es stehen viele gute Worte in der heiligen Schrift.

Dann sag doch mal konkret bei was kann mir die Bibel helfen, wo mir anderes nicht helfen kann?

Z.b. bei Lebenskrisen kann ich zum Pfarrer oder zum Psychologen gehen, bin ich beim Pfarrer besser aufgehoben und warum?

keko#
12.05.2017, 13:16
Und dass die Erde eine Kugel ist, hat natürlich auch mit unseren Sinnen zu tun.

Eine Spezis mit anderen Sinnen, könnte das auch anders sehen.

Auch etwas als Kugel zu bezeichnen, ist letztlich nur ne Modellvorstellung und nicht die Wirklichkeit.

Selbstverstädlich ist die Erde nicht rund. Denn:

„Rund ist doch wohl das, dessen äußerste Teile überall vom Mittelpunkt aus gleich weit entfernt sind.“

Der typische Erstsemesterbeweis "Beweise, dass eine Kugel rund ist" kann sowieso nicht erbracht werden.

Thank god its friday :Cheese:

Trimichi
12.05.2017, 13:47
Dann sag doch mal konkret bei was kann mir die Bibel helfen, wo mir anderes nicht helfen kann?

Z.b. bei Lebenskrisen kann ich zum Pfarrer oder zum Psychologen gehen, bin ich beim Pfarrer besser aufgehoben und warum?

Die Bibel kann Orientierung sein auf moralische Grundfragen. Ich glaube, wir hatten uns hier im Forum darauf verständigt, dass man die zehn Gebote - wenn man so möchte - unter Artikel 1 des GG subsumieren kann.

Pfarrer und Psychologe sind beide "Seelsorger". So wie ein guter Freund auch.

Vicky
12.05.2017, 13:48
Ich glaube, wir hatten uns hier im Forum darauf verständigt, dass man die zehn Gebote - wenn man so möchte - unter Artikel 1 des GG subsumieren kann. .

ÄÄÄÄH NEIN!!! Ganz bestimmt nicht!

tandem65
12.05.2017, 14:06
Die Bibel kann Orientierung sein auf moralische Grundfragen. Ich glaube, wir hatten uns hier im Forum darauf verständigt, dass man die zehn Gebote - wenn man so möchte - unter Artikel 1 des GG subsumieren kann.

Ich denke das verwechselst Du mit den triathletischen Grundwerten. :Cheese:

Trimichi
12.05.2017, 14:06
ÄÄÄÄH NEIN!!! Ganz bestimmt nicht!

Holla! Hatten wir.. Zeugen bitte melden! :Blumen:

blaho
12.05.2017, 14:06
Dann sag doch mal konkret bei was kann mir die Bibel helfen, wo mir anderes nicht helfen kann?

Z.b. bei Lebenskrisen kann ich zum Pfarrer oder zum Psychologen gehen, bin ich beim Pfarrer besser aufgehoben und warum?

Keine Zwangseinweisung, keine Medikamentierung, kein Trainingsverbot!

captainbeefheart
12.05.2017, 14:08
Dann sag doch mal konkret bei was kann mir die Bibel helfen, wo mir anderes nicht helfen kann?

Z.b. bei Lebenskrisen kann ich zum Pfarrer oder zum Psychologen gehen, bin ich beim Pfarrer besser aufgehoben und warum?

Ich vermute, in Lebenskrisen wendet man sich vor allem an eine Person, der man vertraut, aus welchem Kontext diese Person auch kommen mag. Das wird je Person unterschiedlich sein. Vertrauen allgemein reduziert Komplexität und besonders in Lebenskrisen wird das ein wahrgenommener Vorteil sein.

Wenn es dann der Pfarrer ist, dem vertraut wird, ist es eben der Pfarrer. Ob sich das Vertrauen dabei an der Persönlichkeit des Pfarrers oder seiner Rolle als Vertreter der Religion festmacht (oder beides), wird auch wieder unterschiedlich sein.

tandem65
12.05.2017, 14:08
Holla! Hatten wir.. Zeugen bitte melden! :Blumen:

Zeugen Jehovas?

Trimichi
12.05.2017, 14:10
Ich denke das verwechselst Du mit den triathletischen Grundwerten. :Cheese:

Oder in dem Thread "Sollten gleichgeschlechtliche Lebensgemeinschaften..." :Cheese:

Jedenfalls hier im Forum.

Trimichi
12.05.2017, 14:11
Zeugen Jehovas?

Nicht notwendig. Das Internet vergißt nicht :)

Jörn
12.05.2017, 15:29
Die Bibel kann Orientierung sein auf moralische Grundfragen.

Solltest Du die Moral und die damit einhergehenden Gebote der Bibel tatsächlich ausleben, kämest Du in den Knast. Und zwar in jedem Staat der Welt.

Die Moral der Bibel ist kriminell. Ich bin fest davon überzeugt, dass Du Dich niemals so verhalten würdest.

Die Bibel kennt das Konzept einer Moral überhaupt nicht. Die Bibel sagt, dass Dir eine Moral nicht zusteht. Denn das wäre eine Anmaßung. Stattdessen hast Du folgsam zu sein und die Entscheidungen des Gottes nicht infrage zu stellen. Wenn Gott entscheidet, die ganze Menschheit und alle Tiere zu ersäufen (bis auf Noah und ein paar weitere), dann hast Du das nicht zu kritisieren oder moralisch zu bewerten.

Dieser feine Noah vögelt am Ende der Geschichte übrigens mit seinen beiden Töchtern, ist aber derart besoffen, dass er es nicht bemerkt. Kein Wort der Kritik darüber steht in der Bibel. Da hast Du Deine Moral!

1. Mose 19, 30-38 (https://www.bibleserver.com/text/LUT84/1.Mose19,30)

Da sprach die ältere [Tochter] zu der jüngeren: Unser Vater ist alt und kein Mann ist mehr im Lande, der zu uns eingehen könnte nach aller Welt Weise. 32 So komm, lass uns unserm Vater Wein zu trinken geben und uns zu ihm legen, dass wir uns Nachkommen schaffen von unserm Vater.

33 Da gaben sie ihrem Vater Wein zu trinken in derselben Nacht. Und die erste ging hinein und legte sich zu ihrem Vater; und er ward's nicht gewahr, als sie sich legte noch als sie aufstand.

34 Am Morgen sprach die ältere zu der jüngeren: Siehe, ich habe gestern bei meinem Vater gelegen. Lass uns ihm auch diese Nacht Wein zu trinken geben, dass du hineingehst und dich zu ihm legst, damit wir uns Nachkommen schaffen von unserm Vater.

35 Da gaben sie ihrem Vater auch diese Nacht Wein zu trinken. Und die jüngere machte sich auch auf und legte sich zu ihm; und er ward's nicht gewahr, als sie sich legte noch als sie aufstand.

36 So wurden die beiden Töchter Lots schwanger von ihrem Vater. 37 Und die ältere gebar einen Sohn, den nannte sie Moab. Von dem kommen her die Moabiter bis auf den heutigen Tag. 38 Und die jüngere gebar auch einen Sohn, den nannte sie Ben-Ammi. Von dem kommen her die Ammoniter bis auf den heutigen Tag.


Als Noah von Gott erfährt, dass dieser alle Lebewesen zu vernichten gedenkt, widerspricht Noah mit keiner Silbe. (https://www.bibleserver.com/text/LUT84/1.Mose6,13) Keine Rückfrage, kein Gnadengesuch für seine Mitmenschen, nichts. Das soll eine Moral sein?

Nur aus Höflichkeit belässt man Christen in der Illusion, ihre Bibel wäre ein großartiges Buch mit vorzüglicher Moral. Das Wellness-Jesus-Christentum berauscht sich an ein paar Phrasen, die in der Sonntags-Predigt vorgelesen werden. Den Rest der Bibel kennen sie in der Regel nicht. Aus gutem Grund, denn es ist eine endlose Auflistung an Abartigkeiten.

Moral ist außerdem etwas anderes als in kurzen Sätzen zu sagen: "Tue dies! Unterlasse jenes! Iss keine Schalentiere! Bete am Samstag!" Das sind zusammenhanglose Befehle, keine Moral. Moral braucht Erklärung, ein Gerüst, eine Verankerung, eine Logik. "Du sollst nicht töten" klärt überhaupt nichts. Es scheitert an der Realität und bleibt jede Erklärung schuldig. Die Bibel hat überhaupt nicht den Anspruch, eine moralische Lehrschrift zu sein.

In nichts scheitert die Bibel so vollständig wie in Fragen der Moral.

Die christlichen Kirchen haben deswegen eigene Moralsysteme entwickelt, die wenig bis gar keine Berührungspunkte mit der Bibel haben.

Jörn
12.05.2017, 18:02
...dass man die zehn Gebote - wenn man so möchte - unter Artikel 1 des GG subsumieren kann.

Das Gegenteil ist der Fall. Das Grundgesetz sagt: "Die Würde des Menschen ist unantastbar".

Die Bibel sagt: "Die Würde des Menschen ist jederzeit antastbar". Gott kann diese Würde jederzeit nach Gutdünken in der Hölle vernichten, oder Dich mit Plagen und Krankheiten quälen.

Sogar für reine "Gedankensünden". Du könntest komplett bewegungslos in Gips auf einem Krankenbett liegen und irgendwann an eine schöne Frau denken -- zack! landest Du in der Hölle. Und zwar für immer. Das steht keineswegs im garstigen Alten Testament, sondern in der ach-so-wunderbaren Bergpredigt von Jesus:

Matthäus 5,28-29: (https://www.bibleserver.com/text/EU/Matthäus5,28-29)

Ich aber sage euch: Wer eine Frau ansieht, sie zu begehren, der hat schon mit ihr die Ehe gebrochen in seinem Herzen. 29 Wenn dich aber dein rechtes Auge zum Abfall verführt, so reiß es aus und wirf's von dir! Es ist besser für dich, dass eins deiner Glieder verderbe und nicht der ganze Leib in die Hölle geworfen werde.

Diese Bibelstelle, wie überhaupt die ganze Bergpredigt, stellt eine Auslegung und Aktualisierung des "Alten Bundes" dar, also jenem Bund, der mit Gott durch die Zehn Gebote geschlossen wurde. Dadurch wird der "Neue Bund" geschlossen. In den Zehn Geboten wird Ehebruch verboten, und Jesus erläutert dieses Gebot im obigen Zitat. Dadurch erklärt er auch die Gedankensünde zu einem Ehebruch, also zu einem offiziellen Delikt (d.h. es ist keine Privatsache mehr).

Das Grungesetz ist aber gerade keine Sammlung von Geboten. Sondern das Grundgesetz formuliert ein Abwehrrecht des Bürgers gegenüber dem Staat. Es definiert Dinge, in die sich der Staat nicht einmischen darf, und Rechte, die der Staat nicht verweigern darf. Die Bibel ist genau das Gegenteil: Sogar in Deine geheimsten (oder ungewollten) Gedanken mischt sich die Bibel ein. Das ist blanker Terror.

Die Bibel ist ein Pamphlet des Terrors und der Tyrannei. Das Grundgesetz hat den Zweck, Terror und Tyrannei unmöglich zu machen.

Jörn
12.05.2017, 18:40
Wie sehr Gott bereit ist, die Würde der Menschen zu zerstören, macht die folgende Bibelstelle deutlich. Sie ist lang, aber ich würde trotzdem gerne dazu ermuntern, sie zu lesen. Es ist einer abartigsten Texte, die je verfasst wurden (und wer würde sowas nicht gerne mal lesen!).

Wer nicht so viel Zeit hat, kann die fett markierten Stellen lesen; das sind nur ein paar wenige.

Unter anderem sagt Gott, dass er bei Nichtbefolgen seiner Gebote die Menschen so sehr in Not stürzen würde, dass diese vor Hunger ihr gerade geborenes Baby auffressen werden. Das Alte Testament kennt noch keine Hölle, deswegen sind die irdischen Strafen umso drastischer.

Es beweist auch, dass Gott den Menschen körperlichen Schaden zufügt, beispielsweise durch Folter, Krankheit, Vergewaltigung (!) und sogar Verhungern. Das ist etwas, was das Grundgesetz ausdrücklich untersagt, weil es gegen die Würde des Menschen verstößt.

5. Mose, Kapitel 28
(https://www.bibleserver.com/text/EU/5.Mose28,15)
Wenn du nicht auf die Stimme des Herrn, deines Gottes, hörst, indem du nicht auf alle seine Gebote und Gesetze, auf die ich dich heute verpflichte, achtest und sie nicht hältst, werden alle diese Verfluchungen über dich kommen und dich erreichen:

16 Verflucht bist du in der Stadt, verflucht bist du auf dem Land. 17 Verflucht ist dein Korb und dein Backtrog. 18 Verflucht ist die Frucht deines Leibes und die Frucht deines Ackers, die Kälber, Lämmer und Zicklein. 19 Verflucht bist du, wenn du heimkehrst, verflucht bist du, wenn du ausziehst.

20 Verfluchtsein, Verwirrtsein, Verwünschtsein lässt der Herr auf dich los, auf alles, was deine Hände schaffen und was du tust, bis du bald vernichtet und bis du ausgetilgt bist wegen deines Tuns, durch das du mich böswillig verlassen hast.2

21 Der Herr heftet die Pest an dich, bis er dich ausgemerzt hat aus dem Land, in das du hineinziehst, um es in Besitz zu nehmen. 22 Der Herr schlägt dich mit Schwindsucht, Fieber und Brand, mit Glut und Trockenheit, Versengung und Vergilbung. Sie verfolgen dich, bis du ausgetilgt bist.3

23 Der Himmel über deinem Kopf wird zu Erz, die Erde unter dir wird zu Eisen. 24 Der Herr verwandelt den Regen, den dein Land erhält, in Staub. Asche fällt vom Himmel auf dich herab, bis du vernichtet bist.4

25 Der Herr stößt dich nieder und liefert dich deinen Feinden aus. Auf einer Straße ziehst du gegen sie aus, auf sieben Straßen fliehst du vor ihnen. Alle Könige der Erde erschauern vor dir.

26 Deine Leichen liegen da, zum Fraß für alle Vögel des Himmels und für die Tiere der Erde und keiner verscheucht sie. 27 Der Herr schlägt dich mit dem ägyptischen Geschwür, mit Beulen, Krätze und Grind und keiner kann dich heilen.

28 Der Herr schlägt dich mit Wahnsinn, Blindheit und Irresein. 29 Am hellen Mittag tappst du im Dunkel wie ein Blinder. Deine Wege führen nicht zum Erfolg. Dein Leben lang wirst du ausgebeutet und ausgeraubt und niemand hilft dir.

30 Du verlobst dich mit einer Frau und ein anderer schläft mit ihr [d.h. dieser "andere" wird von Gott geschickt!]. Du baust ein Haus und wohnst nicht darin. Du legst einen Weinberg an und hältst nicht einmal die erste Lese. 31 Dein Ochse wird vor deinen Augen geschlachtet und du bekommst nicht einmal davon zu essen. Dein Esel wird dir weggerissen und kehrt nicht zurück. Deine Schafe und Ziegen werden deinen Feinden ausgeliefert und niemand kommt dir zu Hilfe.

32 Deine Söhne und Töchter werden einem anderen Volk ausgeliefert, du siehst dir den ganzen Tag nach ihnen die Augen aus und zwingst sie doch nicht herbei. 33 Den Ertrag deines Ackers und all deinen Gewinn verzehrt ein Volk, das du früher nicht einmal gekannt hast, und du wirst dein Leben lang nur ausgebeutet und misshandelt.

34 Wahnsinn befällt dich bei dem Anblick, der sich deinen Augen bietet. 35 Der Herr schlägt dich mit bösen Geschwüren am Knie und am Schenkel, und keiner kann dich heilen. Von der Sohle bis zum Scheitel bist du krank.

36 Der Herr bringt dich und den König, den du über dich eingesetzt hast, zu einem Volk, das du und deine Väter früher nicht einmal gekannt haben, und dort musst du anderen Göttern dienen, Göttern aus Holz und Stein. 37 Alle Völker, zu denen der Herr dich führt, wenden sich entsetzt von dir ab, sagen Spottverse über dich auf und stimmen Hohngelächter an.

38 Viel Saatgut trägst du aufs Feld, aber du erntest wenig. Das andere hat die Heuschrecke gefressen. 39 Weinberge legst du an und pflegst sie, aber du trinkst keinen Wein und bringst keinen in den Keller. Der Wurm hat ihn weggefressen.

40 Ölbäume wachsen überall in deinem Land, aber du hast kein Öl, um dich zu salben. Dein Ölbaum hat die Oliven abgeworfen. 41 Söhne und Töchter hast du gezeugt, aber sie sind nicht bei dir. Sie sind als Gefangene weggezogen. 42 Alle deine Bäume und Feldfrüchte nimmt das Ungeziefer in Besitz.

43 Der Fremde, der in deiner Mitte wohnt, steigt immer höher nach oben, hoch über dich hinaus, und du steigst immer tiefer hinab. 44 Er leiht dir aus und du kannst ihm nichts ausleihen. Er wird zum Kopf und du wirst zum Schwanz.

45 Alle diese Verfluchungen werden über dich kommen, dich verfolgen und dich erreichen, bis du vernichtet bist, wenn du auf die Stimme des Herrn, deines Gottes, nicht hörst und nicht auf seine Gebote und Gesetze, auf die er dich verpflichtet hat, achtest. 46 Für immer werden sie als Zeichen und Wunder an dir und an deinen Nachkommen haften.

47 Weil du dem Herrn, deinem Gott, nicht gedient hast aus Freude und Dankbarkeit dafür, dass alles in Fülle da war, 48 musst du deinen Feinden dienen, die der Herr gegen dich ausgesandt hat. Hunger und Durst wirst du leiden, nackt sein und nichts mehr haben. Er legt dir ein eisernes Joch auf den Nacken, bis er dich vernichtet hat.

49 Der Herr trägt zum Kampf gegen dich ein Volk aus der Ferne herbei, von den Enden der Erde, das wie ein Adler herabstößt, ein Volk, dessen Sprache du noch nie gehört hast, 50 ein Volk mit unbeweglichem Gesicht, das sich dem Greis nicht zuwendet und für das Kind kein Mitleid zeigt.

51 Es verzehrt die Frucht deines Viehs und die Frucht deines Ackers, bis du vernichtet bist. Es lässt dir nichts übrig vom Korn, vom Wein und vom Öl, von den Kälbern, Lämmern und Zicklein, bis es dich ausgetilgt hat. 52 Es belagert dich in allen deinen Städten, bis die Mauern fallen, die hohen, fest gefügten Mauern, auf die du dich in deinem ganzen Land verlässt. Es belagert dich in allen deinen Städten in dem ganzen Land, das der Herr, dein Gott, dir gegeben hat.

53 In der Not der Belagerung, wenn dein Feind dich einschnürt, musst du die Frucht deines eigenen Leibes essen, das Fleisch deiner Söhne und Töchter, die dir der Herr, dein Gott, geschenkt hat.

54 Der weichlichste und verwöhnteste Mann blickt dann bei dir missgünstig auf seinen Bruder, auf die Frau, mit der er schläft, und auf den Rest der Kinder, die er noch übrig gelassen hat, 55 und möchte niemandem etwas abgeben von dem Fleisch seiner Kinder, das er isst, weil ihm keine Nahrung mehr übrig geblieben ist in der Not der Belagerung, wenn dein Feind dich in allen deinen Städten einschnürt.

56 Die weichlichste und verwöhnteste Frau, die noch nie versucht hat, ihren Fuß auf die Erde zu setzen vor lauter Verwöhntheit und Verweichlichung, blickt missgünstig auf den Mann, mit dem sie schläft, auf ihren Sohn und ihre Tochter, 57 auf die Nachgeburt, die zwischen ihren Beinen hervorkommt, und auf die Kinder, die sie noch gebären wird; denn sie will sie heimlich essen, weil sie nichts mehr hat in der Not der Belagerung, wenn dein Feind dich in allen deinen Städten einschnürt.

58 Wenn du nicht auf alle Worte dieser Weisung, die in dieser Urkunde aufgezeichnet sind, achtest und sie hältst, aus Furcht vor diesem herrlichen und Furcht erregenden Namen, vor Jahwe, deinem Gott, 59 wird der Herr die Schläge, die er dir und deinen Nachkommen versetzt, über alles Gewohnte hinaus steigern zu gewaltigen und hartnäckigen Schlägen, zu schlimmen und hartnäckigen Krankheiten.

60 Er wird alle ägyptischen Seuchen, vor denen du Angst hast, wieder über dich bringen und sie werden an dir haften bleiben. 61 Auch alle Krankheiten und Schläge, die nicht in der Urkunde dieser Weisung aufgezeichnet sind, wird der Herr über dich bringen, bis du vernichtet bist.

62 Dann werden nur noch wenige Leute von euch übrig bleiben, statt dass ihr zahlreich seid wie die Sterne am Himmel; denn du hast nicht auf die Stimme des Herrn, deines Gottes, gehört. 63 So wie der Herr seine Freude daran hatte, euch Gutes zu tun und euch zahlreich zu machen, so wird der Herr seine Freude daran haben, euch auszutilgen und euch zu vernichten.

(...)


Die Würde des Menschen ist unantastbar. Stammt eindeutig aus der Bibel.

Hach, die Bibel! Ein Buch voller Weisheit!

http://www.mac-tv.de/Forum/images/smilies/Mac-TV/Frieden.gif

Klugschnacker
12.05.2017, 19:49
"So wie der Herr seine Freude daran hatte, euch Gutes zu tun und euch zahlreich zu machen, so wird der Herr seine Freude daran haben, euch auszutilgen und euch zu vernichten."

Mich hat diese Passage besonders beeindruckt.

qbz
12.05.2017, 21:38
Wie sehr Gott bereit ist, die Würde der Menschen zu zerstören, macht die folgende Bibelstelle deutlich. .....

Gibt es Belege dafür, dass die grossen christlichen Kirchen diese Gottesvorstellung heute noch teilen und aktuell predigen?

Jörn
12.05.2017, 21:53
Gibt es Belege dafür, dass die grossen christlichen Kirchen diese Gottesvorstellung heute noch teilen und aktuell predigen?

Ja, gibt es. Der Vatikan sagt, die Bibel wäre mit allen ihren Teilen heilig und gültig.

Aus dem Dokument "Dei Verbum": (http://www.vatican.va/archive/hist_councils/ii_vatican_council/documents/vat-ii_const_19651118_dei-verbum_ge.html)

11. Das von Gott Geoffenbarte, das in der Heiligen Schrift enthalten ist und vorliegt, ist unter dem Anhauch des Heiligen Geistes aufgezeichnet worden; denn aufgrund apostolischen Glaubens gelten unserer heiligen Mutter, der Kirche, die Bücher des Alten wie des Neuen Testamentes in ihrer Ganzheit mit allen ihren Teilen als heilig und kanonisch, weil sie, unter der Einwirkung des Heiligen Geistes geschrieben (vgl. Joh 20,31; 2 Tim 3,16; 2 Petr 1,19-21; 3,15-16), Gott zum Urheber haben und als solche der Kirche übergeben sind.

Natürlich werden die garstigen Stellen nicht mehr in Sonntagspredigten verwendet; die Kirchgänger wollen schließlich etwas Erbauliches hören.

Klugschnacker
12.05.2017, 22:07
Gibt es Belege dafür, dass die grossen christlichen Kirchen diese Gottesvorstellung heute noch teilen und aktuell predigen?

Das Grundprinzip, nämlich Sünde und schwere Bestrafung, ist immer noch zentral, findest Du nicht? Man glaubt ja kaum, für welche kleinlichen Vergehen oder Unterlassungen man in der Hölle landet, und zwar für alle Zeit. Darin sehe ich durchaus Parallelen zu dem schockierenden Text aus dem Buch Mose.

Zum Glück musste ich das als Kind nicht lesen. Mich hat schon "Max und Moritz (http://www.wilhelm-busch.de/werke/max-und-moritz/alle-streiche/letzter-streich/)" von Wilhelm Busch wegen dessen offensichtlicher Freude an der Grausamkeit verstört.

qbz
12.05.2017, 22:17
Ja, gibt es. Der Vatikan sagt, die Bibel wäre mit allen ihren Teilen heilig und gültig. .....



Du bist aber der Einzige, der daraus schliesst, alle Inhalte des Alten Testamentes gelten wörtlich für alle Zeiten. Da ist vermutlich selbst der Vatikan heute etwas weiter.

Jörn
12.05.2017, 22:20
Du bist aber der Einzige, der daraus schliesst, alle Inhalte des Alten Testamentes gelten wörtlich für alle Zeiten. Da ist vermutlich selbst der Vatikan heute etwas weiter.

Bitte hilf mir auf die Sprünge. Warum sollte die Formulierung "die Bücher des Alten wie des Neuen Testamentes in ihrer Ganzheit mit allen ihren Teilen" bedeuten, dass bestimmte Teile nicht mehr gelten?

Und warum sollte angesichts der Monströsität des sehr langen und sehr widerwärtigen Mose-Zitats überhaupt irgendein Teil der Bibel noch eine Bedeutung für uns haben? Ich verstehe nicht, wie man dazu kommen kann, weiterhin die Bibel zu verteidigen, wenn dort solche Abartigkeiten drinstehen?

qbz
12.05.2017, 22:30
Das Grundprinzip, nämlich Sünde und schwere Bestrafung, ist immer noch zentral, findest Du nicht? Man glaubt ja kaum, für welche kleinlichen Vergehen oder Unterlassungen man in der Hölle landet, und zwar für alle Zeit. Darin sehe ich durchaus Parallelen zu dem schockierenden Text aus dem Buch Mose.
....


Ihr kennt doch die Unterschiede viel genauer als ich? Weshalb soll ich als Atheist jetzt den wesentlichen Unterschied zum Grundsatz der Vergebung im NT erläutern? Jörn ist der einzige, der das AT wörtlich nimmt.

qbz
12.05.2017, 22:37
Bitte hilf mir auf die Sprünge. Warum sollte die Formulierung "die Bücher des Alten wie des Neuen Testamentes in ihrer Ganzheit mit allen ihren Teilen" bedeuten, dass bestimmte Teile nicht mehr gelten?

Und warum sollte angesichts der Monströsität des sehr langen und sehr widerwärtigen Mose-Zitats überhaupt irgendein Teil der Bibel noch eine Bedeutung für uns haben? Ich verstehe nicht, wie man dazu kommen kann, weiterhin die Bibel zu verteidigen, wenn dort solche Abartigkeiten drinstehen?

Erkundige Dich bei einem repräsentativen Vertreter der Kirche.

Ich verteidige das AT nicht, sehe es als historische Quelle mit einer immens grossen Wirkung bis heute auf Dich ;) :Blumen: und andere, was ich sehr nüchtern konstatiere :) und versuche, zu verstehen oder zu erklären.

Klugschnacker
12.05.2017, 22:40
Jörn ist der einzige, der das AT wörtlich nimmt.

Das muss man differenzierter ausdrücken. So wie Du es schreibst, stimmt es nicht.

1. Jörn zitiert wörtlich aus der Bibel.
2. Zur Frage der Auslegung dieser Texte zitiert er den Vatikan. Dieser schreibt, die Bibel gilt in ihrer Ganzheit und in ihren Teilen. Das macht die Spielräume für überraschende Auslegungen der Bibel durch die katholische Kirche sehr eng.

Vielleicht vereinfacht es die Diskussion, wenn man das Alte Testament für einen Augenblick beiseite lässt und sich auf das Neue Testament beschränkt. Ihm wird, wie mir scheint, von den Gläubigen eine höhere Verbindlichkeit zugestanden.

Jörn
12.05.2017, 22:46
Jörn ist der einzige, der das AT wörtlich nimmt.

Ich nehme es nicht per se wörtlich. Manche Dinge muss man wörtlich nehmen ("3 einjährige Ochsen") und manche Dinge sind beispielhaft zu verstehen (etwa "Unzucht" als Platzhalter für eine orientierungslose Gesellschaft).

Du kannst mir gerne demonstrieren, an welchem Punkt ich mit meiner Auslegung falsch liege.

Was das lange Moses-Zitat betrifft: Darauf wird an anderen Stellen in der Bibel Bezug genommen, d.h. wir können daran sehen, wie es zur damaligen Zeit verstanden wurde.

Hier eine Stelle, die zeigen soll, dass die fürchterlichen Strafen tatsächlich angewendet wurden. Hintergrund ist der Konflikt zwischen dem Nordreich und dem Südreich Israels, wobei das Nordreich böse und gottlos ist. Die große Stadt im Nordreich, Samaria, zieht sich nun den Zorn von Gott zu. Dabei wird geschildert, wie ein Sohn von der eigenen Mutter gekocht wird, so wie es zuvor prophezeit war. Der König des Südreichs belagert die Stadt Samaria und hungert die Bewohner aus.

2. Könige 6,24-29

In der eingeschlossenen Stadt [Samaria] entstand eine große Hungersnot, sodass der Kopf eines Esels achtzig Silberschekel kostete und ein Viertelkab Milchsterne fünf Silberschekel.

26 Als der König von Israel [der die Stadt von außen belagert] einmal auf der Mauer vorbeischritt, rief ihm eine Frau [aus der belagerten Stadt] zu: Hilf mir, mein Herr und König!

27 Er antwortete: Wenn dir der Herr nicht hilft, wie soll ich dir helfen? Soll es etwas von der Tenne oder von der Kelter sein? [Dies ist als Spott gegen den machtlosen Gott der Samarier zu verstehen.]

28 Dann fragte er sie: Was fehlt dir? Sie sagte: Diese Frau hat von mir verlangt: Gib deinen Sohn her, damit wir ihn heute aufessen. Meinen Sohn werden wir dann morgen verzehren.

29 So haben wir meinen Sohn gekocht und aufgegessen. Als ich aber am nächsten Tag zu ihr sagte: Gib jetzt deinen Sohn her, damit wir ihn verzehren, hatte sie ihren Sohn versteckt. [Bedeutet: Die doofen Samarier waren so gottlos und verwirrt, dass sie nichtmal ihre eigenen Versprechen einhielten, sondern sich auch untereinander gemein benahmen.]


Ich behaupte nicht, dass irgendwer gekocht wurde. Aber es ist offensichtlich, dass die Autoren die früher zitierte Bibelstelle (Moses) wörtlich nahmen und daher einen Bezug dazu schufen. Dem Leser sollte klar gemacht werden, dass es nicht nur leere Drohungen waren.

Zarathustra
12.05.2017, 22:55
... ist der Glaube für Dich ein abstraktes, in sich weitgehend logisches Konstrukt, dessen entscheidendes Merkmal es ist, völlig unabhängig von der erfahrbaren Wirklichkeit zu sein. ...

Glauben bedeutet für mich (anders als für Dich) vor allem: eine Sache für wahr halten. Der Glaube an so manche Geschichte aus der Bibel wird zum Aberglauben, wenn eindeutig bewiesen ist, dass sie falsch ist.
...

Ein abstraktes logisches Konstrukt zu sein, hat die Religion ja mit so manchen Ergebnissen der modernen Wissenschaft gemein. Der Unterschied liegt in der Projektionsmethode. (Wissenschaft -> Beherrschung der Natur; Religion -> Orientierung in Lebensfragen, Ethik)

Daß die Ansicht, der religiöse Glaube bedeute „eine Sache für wahr halten“ (im Sinne von empirischer Tatsachenwahrheit) etymologisch unhaltbar ist, habe ich vorher schon versucht darzulegen. Genau diese Ansicht ist es aber, die Du mit dem Aberglauben teilst, den Du meines Erachtens zwar völlig zu recht bekämpfst, nicht aber ohne Weiteres allen, die mit Religion etwas anfangen können, unterstellen kannst.

qbz
12.05.2017, 23:11
......
Du kannst mir gerne demonstrieren, an welchem Punkt ich mit meiner Auslegung falsch liege.
.......


Entschuldige Jörn, ich fragte Dich, ob Dein AT-Zitat noch der heutigen Gottesvorstellung der grossen christlichen Kirchen entspricht,worauf Du mit Ja und einem Vatikanzitat antwortetest. Ich sehe es anders, es zu begründen ist nicht mein Gebiet, das mögen die Christen im Forum tun oder erkundige Dich bei Kirchenrepräsentanten, wenn es Dich interessiert zu erfahren, zur Frage: Ist die AT-Gottesvorstellung bei den grossen Kirchen identisch mit der heutigen?

Meine Meinung: Wäre es so, würden die Kirchen heute eine Randrolle spielen und niemals so soviele Gläubige versammeln können.

Klugschnacker
12.05.2017, 23:13
Daß die Ansicht, der religiöse Glaube bedeute „eine Sache für wahr halten“ (im Sinne von empirischer Tatsachenwahrheit) etymologisch unhaltbar ist, habe ich vorher schon versucht darzulegen. Genau diese Ansicht ist es aber, die Du mit dem Aberglauben teilst, den Du meines Erachtens zwar völlig zu recht bekämpfst, nicht aber ohne Weiteres allen, die mit Religion etwas anfangen können, unterstellen kannst.

Entschuldigung, das habe ich mir nicht selbst ausgedacht. Die doppelte Bedeutung des Wortes "glauben" als

- hoffen
- etwas für wahr halten

habe ich letztlich aus einem Buch von Prof. Uta Ranke-Heinemann, die gerade im Bereich der Etymologie, also der Wortherkunft, von vielen Ernst genommen wird. Diese Quelle kannst Du nicht mit einem Aberglauben gleichsetzen. Es steht ganz im Gegenteil das Bemühen um Wahrheit dahinter.
:Blumen:

Davon abgesehen, ist die Bedeutung des Wortes "glauben" nicht nur in der genauen Form maßgeblich, wie Jesus das Wort benutzt hat. Jesus sprach aramäisch, und in dieser Sprache hatte das Wort "glauben" diese beiden Bedeutungen. Jesus ist aber nicht der Einzige, der in der Bibel vom Glauben spricht. Daher ist auch nicht nur der aramäische Wortstamm relevant.

Glauben hat in den Köpfen wie im Verhalten der Gläubigen ganz klar die Bedeutung, eine Sache für wahr zu halten. Vielleicht nicht in einer deutschen oder österreichischen Universität. Geh aber mal auf die Straße, in die Kirchen Europas, oder irgendwohin in den Vereinigten Staaten. Dort interessiert man sich wenig für die Frage, ob es sich beim Glauben um ein logisch geschlossenes System handelt. Sondern ob er wahr ist. Gegen Nichtgläubige verteidigen sie die Wahrheit ihres Glaubens und nicht dessen widerspruchsfreie Definitionen. Wenn Du sie heute davon überzeugst, dass Jesus nicht wirklich der Sohn Gottes war, kommen sie morgen nicht mehr in die Kirche.

Zarathustra
12.05.2017, 23:57
...
Glauben hat in den Köpfen wie im Verhalten der Gläubigen ganz klar die Bedeutung, eine Sache für wahr zu halten....

Gut, das sei Dir alles zugestanden. Mit einem Wort kommen wir nicht weit.

Ich bin der Ansicht, daß die Religion (damals und heute) eine eigene Sprache spricht, insofern sie philosophische Begriffe wie Wahrheit, Glauben, Wissen, Wirklichkeit, usw. systematisch anders verwendet, als wir es heute außerhalb der Religion tun. Man kann diese Sprache auch unabhängig vom spezifisch Religiösen verstehen lernen, wenn man sich z.B. mit der antiken und/oder mittelalterlichen Philosophie befaßt. (Nicht umsonst spricht man von einer platonisch-christlichen Tradition.)

Wenn ich die Religion von außen beschreibe, verwende ich die Begriffe unserer gewöhnlichen außerreligiösen Sprache. Wenn wir auf Selbstbeschreibungen von innerhalb der Religion treffen, ist eine ständige Übersetzungsarbeit nötig.

Jörn
13.05.2017, 00:22
Wenn ich die Religion von außen beschreibe, verwende ich die Begriffe unserer gewöhnlichen außerreligiösen Sprache. Wenn wir auf Selbstbeschreibungen von innerhalb der Religion treffen, ist eine ständige Übersetzungsarbeit nötig.

Nein, denn Religion benutzt die gleiche Sprache wie sie im Alltag zur Zeit der Autoren üblich war. Genauso wie Märchen und Legenden aus dieser Zeit die damals übliche Alltagssprache verwendeten.

Der Versuch, der Religion eine eigene Sprache zuzuschreiben, ergibt sich nur aus dem Wunsch, sie von Widersprüchen freizusprechen.

"Gott ist der Schöpfer der Welt" ist genauso konkret und unkronkret, wie es den Autoren erwünscht war. Es beschreibt, was sie beschreiben wollten; und lässt offen, was sie offen lassen wollten. Die Menschen jeder Epoche haben gut verstanden, was damit gemeint war, und vor allem, welche Auswirkungen sich dadurch auf ihr Leben ergab (etwa Gebote oder Opfer).

Gerade die unzähligen Gebote in den Moses-Büchern waren Gesetzestexte (https://www.bibleserver.com/text/EU/3.Mose19,26), zu einer Zeit, als religiöse und gesellschaftliche Macht noch vereint sein sollte und sich gegenseitig legitimierte. Es war überhaupt nicht das Interesse der Autoren, einen unverständlichen Text zu verfassen, den man hätte "übersetzen" müssen, sondern sie wollten im Gegenteil so klar wie möglich verstanden werden.

Im 3. Buch Mose (das wichtigste der jüdischen Tradition) steht wörtlich drin (mit Namen), wer der Anführer ist, wer welchen Teil der Opfergaben bekommt, welche Familie (mit Namen) welche Ämter bekleidet, wer Priester sein soll (mit Namen), wer die Steuern erhebt (mit Namen). Das muss nicht (und soll nicht) "übersetzt" werden.

Der Priester lasse das Fett auf dem Altar in Rauch aufgehen, die Brust aber gehört Aaron und seinen Söhnen. (https://www.bibleserver.com/text/EU/3.Mose7,31)

Dem Henoch wurde Irad geboren; (https://www.bibleserver.com/text/EU/1.Mose4) Irad zeugte Mehujaël, Mehujaël zeugte Metuschaël und Metuschaël zeugte Lamech. 19 Lamech nahm sich zwei Frauen; die eine hieß Ada, die andere Zilla. 20 Ada gebar Jabal. 21 Sein Bruder hieß Jubal. 22 Auch Zilla gebar, und zwar Tubal-Kajin. Die Schwester Tubal-Kajins war Naama.

Wer Banknoten nachmacht oder verfälscht, oder nachgemachte oder verfälschte sich verschafft und in Verkehr bringt, wird mit Zuchthaus nicht unter zwei Jahren bestraft.

Zarathustra
13.05.2017, 00:45
Nein, denn Religion benutzt die gleiche Sprache ...

Da sind wir unterschiedlicher Meinung. Ich sprach von philosophischen Begriffen wie Wahrheit, Glauben, Wissen, Wirklichkeit, usw. Was wissen wir überhaupt darüber, wie diese damals im Alltag gebraucht wurden?

Das Problem mit der unterschiedlichen Verwendung philosophischer Begriffe besteht auch heute z.B. zwischen Alltag und Wissenschaft.

Jörn
13.05.2017, 00:56
Das ergibt sich aus dem Adressaten (dem Volk) und dem Zweck (der Durchsetzung von Regeln). Es würde dem Zweck der Bibel zuwider laufen, wenn das Volk nicht imstande wäre, die Regeln zu verstehen. Deswegen musste die Bibel verständlich abgefasst werden.

Dazu gehören auch Fabeln und eine bildhafte Sprache, eben DAMIT die Dinge verständlich wurden. Beispielsweise wurden Plagen und Krankheiten plastisch dargestellt, mit Feuer und Schwefel. Akademiker hätten das nicht gebraucht. Aber weil man es verständlich machen wollte für den einfachen Ziegenbauern, wurde die Bibel auf diese Weise formuliert.

Natürlich kann Philosophie usw. eigene Begrifflichkeiten und Deutungen verwenden. Ich sehe nur keinen Beweis dafür, dass es bei der Bibel der Fall ist. Ich würde der Bibel auch nicht den Rang einer "Philosophie" zugestehen. Das ist womöglich beim später entstandenen Katholizismus der Fall, aber nicht zu der Zeit, als die Bibel geschrieben wurde.

Die Bibel hat auch nicht das Niveau der antiken griechischen Philosophie, mit deren komplizierten, abstrakten Definitionen und Konstrukten. Bei dieser Art von Philosophie unterstütze ich Deine Sichtweise. Ich finde dieses Niveau aber nicht in der Bibel (außer vielleicht im Buch "Hiob", welches aber kaum eine Rolle spielt).

Ich sehe auch keine Logik oder "in sich geschlossene logische Bezugsräume" in der Bibel. Sondern es sind krude Prophezeiungen, Chroniken (Stammbäume), Mythen und Opfergebote. Alles mehr oder weniger zusammenhanglos. Von "Logik" keine Spur.

Ich vermute, Du überträgst Kriterien für z.B. die griechische Philosophie usw. auf die Bibel oder generell alle Religionen. Es ist dieser Punkt, in dem ich Dir nicht folgen kann.

Zarathustra
13.05.2017, 01:23
Das ergibt sich ...

Ich glaube, wir reden hier aneinander vorbei. Es kommt darauf an, was die Verfasser und die Adressaten unter Wahrheit, Glauben, Wissen, Wirklichkeit, usw. verstanden haben, ob sie dies unreflektiert oder reflektiert taten ist nicht wichtig.

Jörn
13.05.2017, 02:04
Ich glaube, wir reden hier aneinander vorbei. Es kommt darauf an, was die Verfasser und die Adressaten unter Wahrheit, Glauben, Wissen, Wirklichkeit, usw. verstanden haben, ob sie dies unreflektiert oder reflektiert taten ist nicht wichtig.

Die Verfasser verstanden unter "Wahrheit, Glauben, Wissen, Wirklichkeit" das gleiche wie die Adressaten. Es musste also nicht zwischen Verfasser und Adressat übersetzt werden.

Bleibt noch die Frage, ob es sich die Bedeutungen seitdem rein zeitbedingt gewandelt haben und deswegen eine Übersetzung für uns heute nötig ist. Das ist der Fall, und wir verstehen diesen Wandel, weil wir seit 2.000 Jahren die Schriften aus jedem einzelnen Jahr haben und deswegen diesen Wandel nachvollziehen können.

Wir wissen sehr genau, wie die ersten Christen sich das "Himmelreich" vorgestellt haben (nämlich ganz anders, als wir es heute tun). In diesem Fall muss übersetzt werden; aber wir wissen exakt, wie die Übersetzung aussieht und welche Konsequenzen sich daraus ergeben.

Genau diese Bedeutungs-Unterschiede, die sich einfach durch die Zeit ergeben haben, sind bestens bekannt. Es gibt einen Haufen Bücher dazu. Es ist kein Geheimnis.

Wir wissen es beim Christentum sogar ganz besonders gut, denn das Christentum entstand durch Synkretismus, also durch Einflüsse aus den umliegenden Völkern und deren Religionen, Schritt für Schritt, Jahr um Jahr, sodass wir im Detail nachvollziehen können, welche Bedeutung sich hinter welchen Worten verbarg. Man kann das sogar aufmalen wie einen Stammbaum. Man weiß daher, was mit "Himmel" und "Hölle" und "Gottesreich" und "Sünde" gemeint war.

Nicht der Fall ist, dass die Bibel eine Art "Begriffswelt" definiert hat, wie etwa die Griechen, wenn diese vom "Wesen" eines Gegenstands sprachen oder vom "Atom". Diese intellektuelle Höhe ist in der Bibel nicht zu finden.

captainbeefheart
13.05.2017, 08:06
Das ergibt sich aus dem Adressaten (dem Volk) und dem Zweck (der Durchsetzung von Regeln). Es würde dem Zweck der Bibel zuwider laufen, wenn das Volk nicht imstande wäre, die Regeln zu verstehen. Deswegen musste die Bibel verständlich abgefasst werden.
...

Ich dachte, es war ein Missverständnis, dass es (auch) um Durchsetzung von (System-) Regeln geht?

Trimichi
13.05.2017, 08:25
Solltest Du die Moral und die damit einhergehenden Gebote der Bibel tatsächlich ausleben, kämest Du in den Knast. Und zwar in jedem Staat der Welt.

Die Moral der Bibel ist kriminell. Ich bin fest davon überzeugt, dass Du Dich niemals so verhalten würdest.

Die Bibel kennt das Konzept einer Moral überhaupt nicht. Die Bibel sagt, dass Dir eine Moral nicht zusteht. Denn das wäre eine Anmaßung. Stattdessen hast Du folgsam zu sein und die Entscheidungen des Gottes nicht infrage zu stellen. Wenn Gott entscheidet, die ganze Menschheit und alle Tiere zu ersäufen (bis auf Noah und ein paar weitere), dann hast Du das nicht zu kritisieren oder moralisch zu bewerten.

Dieser feine Noah vögelt am Ende der Geschichte übrigens mit seinen beiden Töchtern, ist aber derart besoffen, dass er es nicht bemerkt. Kein Wort der Kritik darüber steht in der Bibel. Da hast Du Deine Moral!

1. Mose 19, 30-38 (https://www.bibleserver.com/text/LUT84/1.Mose19,30)

Da sprach die ältere [Tochter] zu der jüngeren: Unser Vater ist alt und kein Mann ist mehr im Lande, der zu uns eingehen könnte nach aller Welt Weise. 32 So komm, lass uns unserm Vater Wein zu trinken geben und uns zu ihm legen, dass wir uns Nachkommen schaffen von unserm Vater.

33 Da gaben sie ihrem Vater Wein zu trinken in derselben Nacht. Und die erste ging hinein und legte sich zu ihrem Vater; und er ward's nicht gewahr, als sie sich legte noch als sie aufstand.

34 Am Morgen sprach die ältere zu der jüngeren: Siehe, ich habe gestern bei meinem Vater gelegen. Lass uns ihm auch diese Nacht Wein zu trinken geben, dass du hineingehst und dich zu ihm legst, damit wir uns Nachkommen schaffen von unserm Vater.

35 Da gaben sie ihrem Vater auch diese Nacht Wein zu trinken. Und die jüngere machte sich auch auf und legte sich zu ihm; und er ward's nicht gewahr, als sie sich legte noch als sie aufstand.

36 So wurden die beiden Töchter Lots schwanger von ihrem Vater. 37 Und die ältere gebar einen Sohn, den nannte sie Moab. Von dem kommen her die Moabiter bis auf den heutigen Tag. 38 Und die jüngere gebar auch einen Sohn, den nannte sie Ben-Ammi. Von dem kommen her die Ammoniter bis auf den heutigen Tag.


Als Noah von Gott erfährt, dass dieser alle Lebewesen zu vernichten gedenkt, widerspricht Noah mit keiner Silbe. (https://www.bibleserver.com/text/LUT84/1.Mose6,13) Keine Rückfrage, kein Gnadengesuch für seine Mitmenschen, nichts. Das soll eine Moral sein?

Nur aus Höflichkeit belässt man Christen in der Illusion, ihre Bibel wäre ein großartiges Buch mit vorzüglicher Moral. Das Wellness-Jesus-Christentum berauscht sich an ein paar Phrasen, die in der Sonntags-Predigt vorgelesen werden. Den Rest der Bibel kennen sie in der Regel nicht. Aus gutem Grund, denn es ist eine endlose Auflistung an Abartigkeiten.

Moral ist außerdem etwas anderes als in kurzen Sätzen zu sagen: "Tue dies! Unterlasse jenes! Iss keine Schalentiere! Bete am Samstag!" Das sind zusammenhanglose Befehle, keine Moral. Moral braucht Erklärung, ein Gerüst, eine Verankerung, eine Logik. "Du sollst nicht töten" klärt überhaupt nichts. Es scheitert an der Realität und bleibt jede Erklärung schuldig. Die Bibel hat überhaupt nicht den Anspruch, eine moralische Lehrschrift zu sein.

In nichts scheitert die Bibel so vollständig wie in Fragen der Moral.

Die christlichen Kirchen haben deswegen eigene Moralsysteme entwickelt, die wenig bis gar keine Berührungspunkte mit der Bibel haben.


Lieber Jörn,

du reißt meine Worte komplett aus dem Kontext. Ich weise dich jetzt zum zweiten und letzten Mal darauf hin, dass man so nicht diskutieren kann, zumal du nicht davon loskommst mit Unterstellungen zu arbeiten.

Also noch einmal: als moralische Orientierung sind die 10 Gebote gemeint, das hatte ich klar so eingetippt.

Was du daraus konstruiert hast ist in diesem Post zitiert, möchte ich nicht weiter kommentieren.

tandem65
13.05.2017, 09:01
Ich dachte, es war ein Missverständnis, dass es (auch) um Durchsetzung von (System-) Regeln geht?

Noch interessanter finde ich daß bei Texten die keine Woche alt sind Missverständnisse möglich sind und bei etwas älteren nicht.

Zarathustra
13.05.2017, 10:44
Die Verfasser verstanden unter "Wahrheit, Glauben, Wissen, Wirklichkeit" das gleiche wie die Adressaten. Es musste also nicht zwischen Verfasser und Adressat übersetzt werden.

Bleibt noch die Frage, ob es sich die Bedeutungen seitdem rein zeitbedingt gewandelt haben ...

Wir wissen sehr genau, wie die ersten Christen sich das "Himmelreich" ...
Genau diese Bedeutungs-Unterschiede, die sich einfach durch die Zeit ergeben haben, sind bestens bekannt. ...


Du vergißt die Möglichkeit, daß sich die Auffassung der Adressaten mit dem Lesen der Bibel verändert oder erweitert haben könnte.

Nocheinmal, wir sprachen von: Wahrheit, Glauben, Wissen, Wirklichkeit, usw.
Wenn die Bedeutungsunterschiede dieser Begriffe über die Zeit bestens bekannt sein sollen, wieso bestreitest Du sie dann fortwährend?

Vicky
13.05.2017, 10:48
Lieber Jörn,

du reißt meine Worte komplett aus dem Kontext.

Von welchem "KONTEXT" ist denn die Rede? Von der Behauptung, dass die 10 Gebote quasi Art 1 GG implizieren?

Was steht denn Artikel 1 GG:

(1) 1 Die Würde des Menschen ist unantastbar. 2 Sie zu achten und zu schützen ist Verpflichtung aller staatlichen Gewalt.
(2) Das Deutsche Volk bekennt sich darum zu unverletzlichen und unveräußerlichen Menschenrechten als Grundlage jeder menschlichen Gemeinschaft, des Friedens und der Gerechtigkeit in der Welt.
(3) Die nachfolgenden Grundrechte binden Gesetzgebung, vollziehende Gewalt und Rechtsprechung als unmittelbar geltendes Recht.

Fangen wir mal bei der Würde an. Was genau ist denn "Würde"?

Ich persönlich halte mich da an das, was das Bundesverfassungsgericht und der BGH so zu sagen hat.
Der Bundesgerichtshof (BGH) versteht die Menschenwürde als Wert- und Achtungsanspruch, der dem Menschen kraft seines Menschseins zukommt, unabhängig von seinen Eigenschaften, seinem körperlichen oder geistigen Zustand, seinen Leistungen oder sozialem Status.
Aus Sicht des Bundesverfassungsgerichts (BVerfG) ist der Begriff stets einzelfallbezogen auszulegen, der durch die weiteren Grundrechte innerhalb der Verfassung konkretisiert wird, sodass im Ergebnis die Menschwürde ein flexibles Abwehrecht und Leistungsrecht darstellt. Das heißt, der einzelne hat verschiedene Abwehr- und Leistungsrechte gegen den Staat.

Beispiel 1:

Ok. So weit so gut. Also gelten noch weitere Grundrechte für den Menschen und die Wahrung seiner Würde. Nehmen wir mal Art. 4 GG Da steht:

(1) Die Freiheit des Glaubens, des Gewissens und die Freiheit des religiösen und weltanschaulichen Bekenntnisses sind unverletzlich.
(2) Die ungestörte Religionsausübung wird gewährleistet.
(3) Niemand darf gegen sein Gewissen zum Kriegsdienst mit der Waffe gezwungen werden. Das Nähere regelt ein Bundesgesetz.

Nun steht aber sinngemäß in den 10 Geboten gleich als erste und somit wohl wichtigste Norm:

"Du sollst keine anderen Götter neben mir haben" (https://www.die-bibel.de/bibeln/online-bibeln/lutherbibel-1984/bibeltext/bibel/text/lesen/stelle/2/200001/209999/)

Aber genau DAS sieht doch unser Grundgesetz vor und ist Bestandteil der Menschenwürde? Art 4 GG sagt, dass ich ungestört an Elfen und Trolle glauben darf, dass ich auf meinen Brief aus Hogwarths warten darf und meine Religion ausüben darf. Das steht im krassen Gegensatz zu dem, was da in den 10 Geboten steht. Was genau also verlangt das erste Gebot? Loyalität? Aber ich darf laut GG selbst entscheiden, ob ich überhaupt irgendjemandem loyal sein muss, wem gegenüber ich loyal sein möchte und vor allem auch wann und aus welchem Grund meine Loyalität endet.

------------------------------------------------

Beispiel zwei:

Die Menschenwürde gilt für alle Menschen. Sie gilt nicht nur für Deutsche. Es ist ein MENSCHENrecht und deshalb nicht auf die Deutschen begrenzt. Auch ein Straftäter, der gestohlen oder getötet hat, wird in unserem Grundgesetz nicht ausgeschlossen. Auch dem Dieb und Mörder/Totschläger steht das Recht auf Menschenwürde zu. Deshalb hat er diverse Rechte, wie zum Beispiel einen Strafverteidiger. Bei Tötung muss der Staat sogar für einen Pflichtverteidiger sorgen. In den 10 Geboten jedoch werden noch die Kinder der Kinder der Kinder bestraft (siehe unten).

In den 10 Geboten steht: Du sollst nicht stehlen. Du sollst nicht töten. Du sollst nicht ehebrechen, Eltern ehren etc...

Beispiel 3

Ein Kind soll also seine Eltern ehren, die das Kind möglicherweise missbraucht und misshandelt haben. Das dürfen sie ja eigentlich nicht, denn auch das steht in den 10 Geboten. Aber eigentlich ist das total egal, denn das misshandelte Kind wird sowieso von Gott bestraft für die Taten der Eltern, denn die Strafe für die Missachtung eines der Gebote sieht wie folgt aus:

Strafe bei Missachtung (nach Luther wohl:)
Ich der Herr, dein Gott, bin ein eifernder Gott. der an denen, die mich hassen, die Sünde der Väter heimsucht bis zu den Kindern im dritten und vierten Glied; aber denen, die mich lieben und meine Gebote halten, tue ich wohl bis in tausend Glied. Ich habe hier mal den "Kuscheltext" der Webseite der Landeskirche Hannover (https://www.landeskirche-hannovers.de/evlka-de/wir-fuer-sie/sie-persoenlich/zehn-gebote) zu Hilfe genommen, da ich leider weder bibel- noch gebotsfest bin...

Das von den Eltern misshandelte Kind wird also doppelt bestraft. Bei uns hierzulande gilt da zum Glück "Keine Strafe ohne Gesetz" und es gibt natürlich keine Sippenhaft.

---------------------------------------------------------

Beispiel 4 etwas weiter hergeholt:

Ach ja... lügen darf ein Angeklagter übrigens auch vor Gericht ;-) Er hat das Recht, sich nicht selbst belasten zu müssen. Deshalb darf er Geschichten erzählen, bis sich die Balken biegen. Er wird dafür nicht bestraft. Man wird ihm wohl lediglich nur nicht glauben. Die 10 Gebote sagen aber, dass man nicht lügen darf und lügen wird bestraft bis zu den Kindern der Kinder der Kinder...

So könnten wir die Liste sicher noch verlängern. Die 10 Gebote sind schlicht unflexibel in jeder Hinsicht. Sie lassen keinen Spielraum. Danach gäbe es vermutlich keinen einzigen Menschen, der es jemals in den Himmel schaffen würde. Kinder lügen halt gelegentlich... "Nein ich habe das Spielzeugauto von Axel nicht kaputt gemacht." Zack gelogen... Hölle. :Cheese:

... also... wir sehen uns alle spätestens in der Hölle wieder. Schönes Wochenende!

tandem65
13.05.2017, 10:56
Ach ja... lügen darf ein Angeklagter übrigens auch vor Gericht ;-) Er hat das Recht, sich nicht selbst belasten zu müssen. Deshalb darf er Geschichten erzählen. Er wird dafür nicht bestraft. Die 10 Gebote sagen aber, dass man nicht lügen darf...

Aber Jörn hat für gute Atheisten aber formuliert daß er unbedingt die Wahrheit erzählen würde.
Was nun?:confused:

Vicky
13.05.2017, 11:05
Aber Jörn hat für gute Atheisten aber formuliert daß er unbedingt die Wahrheit erzählen würde.
Was nun?:confused:

Ist es eine Lüge, wenn der Erzählende seine Geschichte für absolut wahr hält? Lüge vielleicht, wenn sie nicht auf Fakten basiert, sondern z.B. vom Hörensagen stammt.

Eine Lüge kann doch eigentlich nur anhand von Fakten als Lüge entlarvt werden.

Sorry, aber ich finde die Passage auf die Schnelle nicht. Deshalb kann ich dazu gar nichts sagen. Jörn schreibt einfach viel zu viel und zu lange Texte hier... :Cheese:

Klugschnacker
13.05.2017, 11:31
Was du daraus konstruiert hast ist in diesem Post zitiert, möchte ich nicht weiter kommentieren.

Mich hätte Dein Kommentar durchaus interessiert.

Gerade deshalb, weil Jörn sich nicht auf die 10 Gebote beschränkt. Die Bibel besteht nicht nur aus den 10 Geboten, sondern aus sehr viel mehr. Die 10 Gebote gelten meiner unmaßgeblichen Meinung nach überall auf der Welt in allen größeren Gesellschaften und sind wirklich nichts Besonderes. Es lohnt sich aus meiner Laiensicht durchaus, auch den Rest der Bibel einzubeziehen. Es ist doch merkwürdig, dass es heißt, "Du sollst nicht töten", während es in der Bibel von Mord und Totschlag nur so wimmelt.

Zarathustra
13.05.2017, 12:03
Ich zitiere aus Christian Starck (Prof. em. für Öffentl. Recht; Richter am Staatsgerichtshof i.R.), Der demokratische Verfassungsstaat (1995), S.193:

„B. Geistige Grundlagen der Menschenwürde
I. Antike und Christentum

Das in der Menschenwürdegarantie zum Ausdruck kommende Menschenbild ist entwicklungsgeschichtlich aufs engste mit dem Christentum verbunden, [...]. Die Grundlage für die besondere Würde jedes Menschen ist nach dem Alten und dem Neuen Testament der Umstand, daß der Mensch als Ebenbild Gottes geschaffen ist [...]. Daraus erwächst ihm auf Erden unverfügbarer Eigenwert, [...].“

Vicky
13.05.2017, 12:08
Ich zitiere aus Christian Starck (Prof. em. für Öffentl. Recht; Richter am Staatsgerichtshof i.R.), Der demokratische Verfassungsstaat (1995), S.193:

„B. Geistige Grundlagen der Menschenwürde
I. Antike und Christentum

Das in der Menschenwürdegarantie zum Ausdruck kommende Menschenbild ist entwicklungsgeschichtlich aufs engste mit dem Christentum verbunden, [...]. Die Grundlage für die besondere Würde jedes Menschen ist nach dem Alten und dem Neuen Testament der Umstand, daß der Mensch als Ebenbild Gottes geschaffen ist [...]. Daraus erwächst ihm auf Erden unverfügbarer Eigenwert, [...].“

Da bin ich anderer Meinung, denn der Menschenrechtsbegriff im GG ist ein rechtsphilosophischer Begriff und von dem der "Würde" zu unterscheiden.

Ich bin jedoch erst einmal unterwegs und antworte (wenn ich Zeit habe) später darauf.

Zarathustra
13.05.2017, 12:10
... Es ist doch merkwürdig, dass es heißt, "Du sollst nicht töten", während es in der Bibel von Mord und Totschlag nur so wimmelt.

Es soll auch außer der Bibel Bücher geben, die enthalten Negativbeispiele, Warnungen und Ähnliches. Wer sagt denn, daß jede Geschichte eine Empfehlung ist sich die darin handelnden Personen genau so zum Vorbild zu nehmen?

Darum: Auslegung!

Vicky
13.05.2017, 12:49
Darum: Auslegung!

... kurz bevor ich weg bin...

Ich habe noch nicht verstanden, wie weit Deine Auslegungsregeln gehen. Auch die Auslegung als solche unterliegt ja gewissen Regeln und Grenzen. Wäre dem nicht so, könnte man immer alles überall hinein interpretieren und käme niemals auf einen gemeinsamen Nenner...

...

Klugschnacker
13.05.2017, 13:38
Es soll auch außer der Bibel Bücher geben, die enthalten Negativbeispiele, Warnungen und Ähnliches. Wer sagt denn, daß jede Geschichte eine Empfehlung ist sich die darin handelnden Personen genau so zum Vorbild zu nehmen?

5. Mose 20, 10-18, Tipps für Angriffskriege gegen fremde Städte und Dörfer:

10 Wenn du vor eine Stadt ziehst, um sie anzugreifen, dann sollst du ihr zunächst eine friedliche Einigung vorschlagen.

11 Nimmt sie die friedliche Einigung an und öffnet dir die Tore, dann soll die gesamte Bevölkerung, die du dort vorfindest, zum Frondienst verpflichtet und dir untertan sein.

12 Lehnt sie eine friedliche Einigung mit dir ab und will sich mit dir im Kampf messen, dann darfst du sie belagern.

13 Wenn der Herr, dein Gott, sie in deine Gewalt gibt, sollst du alle männlichen Personen mit scharfem Schwert erschlagen.

14 Die Frauen aber, die Kinder und Greise, das Vieh und alles, was sich sonst in der Stadt befindet, alles, was sich darin plündern lässt, darfst du dir als Beute nehmen. Was du bei deinen Feinden geplündert hast, darfst du verzehren; denn der Herr, dein Gott, hat es dir geschenkt.

15 So sollst du mit allen Städten verfahren, die sehr weit von dir entfernt liegen und nicht zu den Städten dieser Völker hier gehören.

16 Aus den Städten dieser Völker jedoch, die der Herr, dein Gott, dir als Erbbesitz gibt, darfst du nichts, was Atem hat, am Leben lassen.

17 Vielmehr sollst du die Hetiter und Amoriter, Kanaaniter und Perisiter, Hiwiter und Jebusiter der Vernichtung weihen, so wie es der Herr, dein Gott, dir zur Pflicht gemacht hat,

18 damit sie euch nicht lehren, alle Gräuel nachzuahmen, die sie begingen, wenn sie ihren Göttern dienten, und ihr nicht gegen den Herrn, euren Gott, sündigt.

Es geht hier um konkrete Verhaltenstipps für Angriffskriege. Warum soll alles getötet werden, was Atem hat, ausdrücklich auch die Kinder? Das steht im letzten Satz: Damit die Besiegten ihre religiösen Bräuche nicht weiter ausüben können.

Bist Du ernsthaft der Meinung, dass es sich hier um ein Negativbeispiel handelt, welches ausdrückt, wie man sich gerade nicht verhalten soll?
:8/

Zarathustra
13.05.2017, 15:13
...

Bist Du ernsthaft der Meinung, dass es sich hier um ein Negativbeispiel handelt, welches ausdrückt, wie man sich gerade nicht verhalten soll?
:8/

Ok, ich lasse mich auf das Spiel ein. Ohne den genauen Kontext zu kennen, beschreibt die Stelle für mich einige zu den damaligen Umständen wohl als angemessen erachtete, pragmatische Regeln der Kriegsführung.

Ich lese darin keine Aufforderung irgendetwas davon heute genauso nachzuahmen und halte es für ausgesprochen albern, wenn jemand das so interpretieren will.

Trimichi
13.05.2017, 15:31
Mich hätte Dein Kommentar durchaus interessiert.

Gerade deshalb, weil Jörn sich nicht auf die 10 Gebote beschränkt. Die Bibel besteht nicht nur aus den 10 Geboten, sondern aus sehr viel mehr. Die 10 Gebote gelten meiner unmaßgeblichen Meinung nach überall auf der Welt in allen größeren Gesellschaften und sind wirklich nichts Besonderes. Es lohnt sich aus meiner Laiensicht durchaus, auch den Rest der Bibel einzubeziehen. Es ist doch merkwürdig, dass es heißt, "Du sollst nicht töten", während es in der Bibel von Mord und Totschlag nur so wimmelt.

Soweit ich mich erinnern kann habe ich geschrieben, dass nicht alles in der Bibel schlecht ist, sondern eben auch viele gute Worte in der Bibel stehen. Als Beispiel hatte ich die 10 Gebote genannt, mit dem Querverweise auf einen Parallelthread, wo ein Fori (ungleich ich) den Bogen zu Art. 1 GG gespannt hat. Der Subsumption hatte ich im Parallelthread zugestimmt. Danke für das Verständnis Arne:Blumen:

Vicky, du hattest gefragt was man/ich unter Würde verstehe? Ich denke, Respekt trifft es ganz gut. Man kann versuchen die Absicht und das große Ganze hinter den Worten (eines Posts) zu verstehen oder aus jeder Silbe einen Strick drehen. Letzteres kann jeder. Dafür braucht man nicht Jura studiert haben oder BGH-Urteile bemühen. Ich bin nach wie vor nicht der Meinung das gleichgeschlechtliche Lebensgemeinschaften Kinder adoptieren dürfen.

Mal was anderes zwischen rein gefragt:
Wann ist eigentlich die Streckenbesichtigung in R? Pfingsten. Machen wir da Bibelstunde? Wobei, Max und Moritz hat mir auch schon gereicht. :)
Wo treffen wir uns? Gerne auch pN.


Arne, bitte, es ist schwierig die Bibel als Ganzes zu verstehen. Hier in der Nachbargemeinde findet derzeit ein Bibelmarathon statt. Start war am Mittwoch und Ende wird am Sonntag sein. Die Bibel wird also just eben - von Anfang bis Ende - in einer Kirche vorgelesen. Ehrlich gesagt hat mich der Bibel-MRT nicht interessiert. Es ist imho eine Frage des Charakters welche Stellen man sich aus der Bibel heraussucht.


Liebe deinen Nächsten wie dich selbst ist das höchste Gebot. Es steht so explizit im Neuen Testament und nicht im Alten Testament. Und wer sich selbst nicht liebt? Wie kann so jemand dann andere lieben? Allerdings hat Gott alle seine Kinder lieb, auch diejenigen, die gerne Krieg führen, abschlachten, metzeln usw., ganz besonders natürlich die Israelis :Blumen:

Amen.

Zarathustra
13.05.2017, 15:34
... Deine Auslegungsregeln
...

Es geht mir gar nicht so sehr darum, hier bestimmte Auslegungsregeln zu vertreten. Vielmehr weise ich darauf hin, daß, was hier häufig präsentiert wird, nach dem Motto „Aha! Erwischt!“, nicht den geringsten Anforderungen einer akzeptablen Auslegungsweise genügt.

Man könnte z.B. hier anfangen:
https://de.wikipedia.org/wiki/Prinzip_der_wohlwollenden_Interpretation

Wir sind nicht die Ersten, denen Widersprüchliches, Unwahres oder Unzeitgemäßes auffallen. Nachzulesen z.B. schon zu Beginn des 12.Jhd. bei: Petrus Abaelardus - Sic et Non.

Klugschnacker
13.05.2017, 15:37
Ok, ich lasse mich auf das Spiel ein. Ohne den genauen Kontext zu kennen, beschreibt die Stelle für mich einige zu den damaligen Umständen wohl als angemessen erachtete, pragmatische Regeln der Kriegsführung.

Ich lese darin keine Aufforderung irgendetwas davon heute genauso nachzuahmen und halte es für ausgesprochen albern, wenn jemand das so interpretieren will.

Du sagst, die Bibelstelle sei der damaligen Zeit und den Umständen geschuldet. Aber kann man das nicht immer sagen? Zum Beispiel bei der Sklavenhaltung, die ebenfalls der Zeit und den Umständen entsprach. Wenn jeweils die Zeit und die Umstände eine Rechtfertigung darstellen, wozu brauchen wir dann die Bibel? Die in ihr überbrachten Botschaften Gottes sollen doch gerade universell gelten. Das ist doch der Kern ihrer Relevanz.

Mich führt das auf diesen Punkt: Siehst Du in den Texten eine göttliche Inspiration, ein göttliches Wissen, welches Gott uns durch die Bibel mitteilt?

(Bitte fühle Dich nicht persönlich angegriffen, denn so ist es nicht gemeint).
:Blumen:

Jörn
13.05.2017, 16:22
Ok, ich lasse mich auf das Spiel ein. Ohne den genauen Kontext zu kennen, beschreibt die Stelle für mich einige zu den damaligen Umständen wohl als angemessen erachtete, pragmatische Regeln der Kriegsführung.

Willst Du damit sagen, dass es eine Zeit gab, zu der ein Völkermord (Männer, Frauen, Kinder, sogar Vieh) die bestmögliche Handlung war, und die deswegen für einen allmächtigen, allwissenden und allgütigen Gott alternativlos war? Und die deswegen nicht nur den Rang einer Kriegslist hatte, sondern den Rang eines moralischen Gebots?

Wer hat zur damaligen Zeit besser gehandelt: Jemand, der das Gesetz befolgte; oder jemand, der es nicht befolgte? Nehmen wir an, ich hätte eine einzige Familie am Leben gelassen. Hätte ich dann schlechter oder besser gehandelt?

Hätte Gott das Gesetz praktisch ohne Mühe verbessern können, selbst mit geringen Änderungen?

Jörn
13.05.2017, 16:40
Das in der Menschenwürdegarantie zum Ausdruck kommende Menschenbild ist entwicklungsgeschichtlich aufs engste mit dem Christentum verbunden, [...]. Die Grundlage für die besondere Würde jedes Menschen ist nach dem Alten und dem Neuen Testament der Umstand, daß der Mensch als Ebenbild Gottes geschaffen ist [...]. Daraus erwächst ihm auf Erden unverfügbarer Eigenwert, [...].“

Ist das nicht ein rhetorischer Trick?

Es spielt für das Grundgesetz keine Rolle, woher die Würde kommt. Man kann sie aus dem Christentum ebenso ableiten wie aus dem Judentum, dem Islam, dem Buddhismus, dem Hinduismus, der Wissenschaft, der Esoterik, der Meinung meiner Großmutter oder aus meiner vollständigen Sammlung aller je erschienenen Fix-und-Foxi-Hefte.

Der Sinn des Grundgesetzes ist nicht, die Herkunft der Würde festzulegen, sondern dessen Unverletzlichkeit zu garantieren. Es geht also nur sekundär um die Menschenwürde; primär geht es um eine rechtliche Garantie eines Rechtsguts: Es geht um die Unveräußerlichkeit.

Der Inhalt des Grundgesetzes ist nicht: Es gibt Menschenwürde. Das alleine würde nicht verhindern, dass man sie auch verweigern könnte. Beispielsweise erwähnt das Grundgesetz auch Freiheitsrechte; behält sich aber das Recht vor, diese zu beschneiden. Etwa im Falle einer Gefängnissstrafe.

Der Sinn von 1 GG ist die Unveräußerlichkeit.

Und diese Unveräußerlichkeit gibt es in der Bibel gerade nicht. Das ist ja der Witz und die Botschaft der Bibel: Wehe Dir, wenn Du mir missfällst! Dann werde ich Dir alles nehmen, auch Deine Würde!

Es ist also völlig irrelevant, ob jemand aus der Genesis-Geschichte ableitet, dass wir Menschen vom Schöpfer zu seinem Ebenbilde geschaffen wurden. Der entscheidende Punkt ist die Unveräußerlichkeit.

Übrigens rate ich dazu, die Bücher eines angeblichen "Wissenschaftlers", der sich auf die Genesis (!!!) bezieht (und dort auf Adam und Eva!), bei nächster Gelegenheit in den Papiermüll zu geben und das Bücherregal anschließend zu desinfizieren.

Jörn
13.05.2017, 17:07
Liebe deinen Nächsten wie dich selbst ist das höchste Gebot. Es steht so explizit im Neuen Testament und nicht im Alten Testament.

Da liegst Du falsch. Das Gebot der Nächstenliebe stammt aus dem 3. Buch Mose:

3. Mose 19, 18 (https://www.bibleserver.com/text/LUT/3.Mose19%2C18)

Du sollst dich nicht rächen noch Zorn bewahren gegen die Kinder deines Volks. Du sollst deinen Nächsten lieben wie dich selbst; ich bin der HERR.


Dieses Gebot ist natürlich keine Erfindung von Moses (bzw. den Autoren dieser Figur). Es gibt ältere Quellen, aus denen die Bibel immer wieder schöpft; meist aus dem ägyptischen oder babylonischen Fundus.

Im Neuen Testament wird es lediglich wiederholt. Die Wellness-Christen glauben, dies sei die große Errungenschaft von Jesus gewesen, aber das ist ein Irrtum. Jesus betont gleich in den darauf anschließenden Versen, dass die Nächstenliebe nicht gilt für jene, die gegen den Glauben verstoßen; denn diese Menschen sollen bestraft, ermordet oder in der Hölle gebraten werden. Diese fiesen Verse werden in der Sonntagspredigt natürlich weggelassen. Es ergibt sich so der Eindruck, man solle "alle Menschen" lieben, aber das ist falsch.

Bitte beachte die Formulierung des obigen Mose-Zitats. Dort ist ausdrücklich vom eigenen Volk die Rede ("die Kinder Deines Volks" - gemeint sind alle Nachkommen eines Stammvaters, also auch Erwachsene). Im religiösen Sinn bedeutet es: die Mitglieder der Glaubensgemeinschaft. Nur auf diese bezieht sich die Nächstenliebe.

Auch Jesus macht diese Eingrenzung sehr deutlich. "Liebe Deinen Nächsten" bedeutet: Liebe die Mitglieder deiner Glaubensgemeinschaft; allen anderen wird die Vernichtung zugesprochen.

Zu Urzeiten gab es die Vorstellung nicht, man könne sich zu einem Gott "bekennen". Sondern ein Volk hatte seinen Gott, oder mehrere, aber es stand nicht zur Debatte. Die Volksgemeinschaft war die Glaubensgemeinschaft. Die Idee, dass man sich zu einem bestimmten Gott "bekennt", kam erst später auf, nämlich mit dem Urchristentum, welches ja in Konkurrenz stand mit den damals bereits etablierten Religionen.

Das ist der Grund, warum Moses und (entsprechend deutlicher) Jesus eine Eingrenzung vornimmt anhand der Glaubensgemeinschaft. Jesus stellt klar, dass mit Gemeinschaft nur noch jene zu verstehen seien, die sich zum gleichen Glauben bekennen. Also eben nicht alle, und noch nichtmal mehr das eigene Volk (wie noch bei Mose). Sonst hätte er gesagt: "Liebt einfach alle! Juhu!". Sonder er sagte: "nur den Nächsten". Jesus schließt nicht ein, sondern grenzt ab.

Das Liebesgebot von Jesus verbindet er mit Intoleranz gegen Andersgläubige. Lies die Bibel! Gleich in den darauf anschließenden Versen wird es sehr böse. Heulen und Zähneklappern.

Das steht im Kontrast zur gelebten Moral vieler christlich Gläubiger, die es als Liebesgebot verstehen. Jedoch findet man auch unter diesen Menschen oft Intoleranz. Gerade in Dingen, die von der Bibel berührt werden.

Vicky
13.05.2017, 17:38
Ist das nicht ein rhetorischer Trick?

Es spielt für das Grundgesetz keine Rolle, woher die Würde kommt. Man kann sie aus dem Christentum ebenso ableiten wie aus dem Judentum, dem Islam, dem Buddhismus, dem Hinduismus, der Wissenschaft, der Esoterik, der Meinung meiner Großmutter oder aus meiner vollständigen Sammlung aller je erschienenen Fix-und-Foxi-Hefte.

Der Sinn des Grundgesetzes ist nicht, die Herkunft der Würde festzulegen, sondern dessen Unverletzlichkeit zu garantieren. Es geht also nur sekundär um die Menschenwürde; primär geht es um eine rechtliche Garantie eines Rechtsguts: Es geht um die Unveräußerlichkeit.

Der Inhalt des Grundgesetz ist nicht: Es gibt Menschenwürde. Das alleine würde nicht verhindern, dass man sie auch verweigern könnte. Beispielsweise erwähnt das Grundgesetz auch Freiheitsrechte; behält sich aber das Recht vor, diese zu beschneiden. Etwa im Falle einer Gefängnissstrafe.

Der Sinn von 1 GG ist die Unveräußerlichkeit.

Und diese Unveräußerlichkeit gibt es in der Bibel gerade nicht. Das ist ja der Witz und die Botschaft der Bibel: Wehe Dir, wenn Du mir missfällst! Dann werde ich Dir alles nehmen, auch Deine Würde!




Jörn ist mir hier zuvor gekommen. Danke Jörn. So schön hätte ich es wohl nicht schreiben können. Etwas recht ähnliches hatte ich auch vor zu schreiben. Auch das Christentum entstand nicht aus einer Schnapsidee heraus, sondern - so vermute ich - entwickelte sich aus älteren Religionen und Erfahrungswerten.

Zu Jörns Post ergänze ich nur:

Beim Grundgesetz macht es Sinn, nach seinem Sinn und Zweck zu fragen. Der liegt darin:

Das Grundgesetz hat wie jede Verfassung die Aufgabe

- den Staat zu konstituieren und Grundwerte für den Staat festzulegen. Das heißt also, dass nicht eine Religion diese Grundwerte (= Freiheit, Gleicheit...) festlegt, sondern das Grundgesetz.
- den entstandenen Staat zu stabilisieren und der Freiheitssicherung und Machbegrenzung zu dienen.

Das BVerfG und der BGH definieren (juristisch) Begriffe, damit wir alle über das gleiche sprechen. Die Begriffe sind also schon durch einen Auslegungsprozess (im wahrsten Sinne des Wortes) gegangen. Deshalb finde ich, sind sie eine gute Basis für die Bedeutung von unbestimmten und auslegungsbedürftigen Begriffen.

Trimichi
13.05.2017, 20:06
Da liegst Du falsch. Das Gebot der Nächstenliebe stammt aus dem 3. Buch Mose:

3. Mose 19, 18 (https://www.bibleserver.com/text/LUT/3.Mose19%2C18)

Du sollst dich nicht rächen noch Zorn bewahren gegen die Kinder deines Volks. Du sollst deinen Nächsten lieben wie dich selbst; ich bin der HERR.


Dieses Gebot ist natürlich keine Erfindung von Moses (bzw. den Autoren dieser Figur). Es gibt ältere Quellen, aus denen die Bibel immer wieder schöpft; meist aus dem ägyptischen oder babylonischen Fundus.

Im Neuen Testament wird es lediglich wiederholt. Die Wellness-Christen glauben, dies sei die große Errungenschaft von Jesus gewesen, aber das ist ein Irrtum. Jesus betont gleich in den darauf anschließenden Versen, dass die Nächstenliebe nicht gilt für jene, die gegen den Glauben verstoßen; denn diese Menschen sollen bestraft, ermordet oder in der Hölle gebraten werden. Diese fiesen Verse werden in der Sonntagspredigt natürlich weggelassen. Es ergibt sich so der Eindruck, man solle "alle Menschen" lieben, aber das ist falsch.

Bitte beachte die Formulierung des obigen Mose-Zitats. Dort ist ausdrücklich vom eigenen Volk die Rede ("die Kinder Deines Volks" - gemeint sind alle Nachkommen eines Stammvaters, also auch Erwachsene). Im religiösen Sinn bedeutet es: die Mitglieder der Glaubensgemeinschaft. Nur auf diese bezieht sich die Nächstenliebe.

Auch Jesus macht diese Eingrenzung sehr deutlich. "Liebe Deinen Nächsten" bedeutet: Liebe die Mitglieder deiner Glaubensgemeinschaft; allen anderen wird die Vernichtung zugesprochen.

Zu Urzeiten gab es die Vorstellung nicht, man könne sich zu einem Gott "bekennen". Sondern ein Volk hatte seinen Gott, oder mehrere, aber es stand nicht zur Debatte. Die Volksgemeinschaft war die Glaubensgemeinschaft. Die Idee, dass man sich zu einem bestimmten Gott "bekennt", kam erst später auf, nämlich mit dem Urchristentum, welches ja in Konkurrenz stand mit den damals bereits etablierten Religionen.

Das ist der Grund, warum Moses und (entsprechend deutlicher) Jesus eine Eingrenzung vornimmt anhand der Glaubensgemeinschaft. Jesus stellt klar, dass mit Gemeinschaft nur noch jene zu verstehen seien, die sich zum gleichen Glauben bekennen. Also eben nicht alle, und noch nichtmal mehr das eigene Volk (wie noch bei Mose). Sonst hätte er gesagt: "Liebt einfach alle! Juhu!". Sonder er sagte: "nur den Nächsten". Jesus schließt nicht ein, sondern grenzt ab.

Das Liebesgebot von Jesus verbindet er mit Intoleranz gegen Andersgläubige. Lies die Bibel! Gleich in den darauf anschließenden Versen wird es sehr böse. Heulen und Zähneklappern.

Das steht im Kontrast zur gelebten Moral vieler christlich Gläubiger, die es als Liebesgebot verstehen. Jedoch findet man auch unter diesen Menschen oft Intoleranz. Gerade in Dingen, die von der Bibel berührt werden.

Du, ich hatte geschrieben steht, und nicht stammt.

Zarathustra
13.05.2017, 20:10
... Wenn jeweils die Zeit und die Umstände eine Rechtfertigung darstellen, wozu brauchen wir dann die Bibel? Die in ihr überbrachten Botschaften Gottes sollen doch gerade universell gelten. ...

Siehst Du in den Texten eine göttliche Inspiration, ein göttliches Wissen, welches Gott uns durch die Bibel mitteilt?

(Bitte fühle Dich nicht persönlich angegriffen, denn so ist es nicht gemeint).
:Blumen:

Danke! Auch ich möchte niemanden persönlich angreifen!

Auf die Problematik mit den Zeitumständen könnte man etwa so antworten: Gott mußte, um sich den Menschen mitteilen zu können, sich auf ihre Ebene begeben. Die in der Bibel enthaltenen universellen Ideen bedürfen zum Teil updates in Form einer fortwährenden Auslegungspraxis.

Ich sehe in der Bibel Lehren enthalten, die einen Wert haben, der über die zeitlich bedingten Interessen, Einsichten und Umstände hinweg bestehen kann (unter den im Satz zuvor genannten Bedingungen). Göttlich sind sie genau insofern sie über das jeweils zeitlich Bedingte hinausgehen. Wenn die Rede vom Göttlichen und Gott zuviel Verwirrung stiftet, komme ich auch ohne aus.

tandem65
13.05.2017, 20:11
Da liegst Du falsch. Das Gebot der Nächstenliebe stammt aus dem 3. Buch Mose:

[INDENT]3. Mose 19, 18 (https://www.bibleserver.com/text/LUT/3.Mose19%2C18)
....

Jesus betont gleich in den darauf anschließenden Versen, dass die Nächstenliebe nicht gilt für jene, die gegen den Glauben verstoßen; denn diese Menschen sollen bestraft, ermordet oder in der Hölle gebraten werden.

Magst Du gerne mal eine Exegese machen am Beispiel von Matthäus 19,16 folgende (https://www.bibleserver.com/text/EU/Matth%C3%A4us19) und das von Dir beschriebene herausarbeiten.

Zarathustra
13.05.2017, 20:18
Willst Du damit sagen... ?

Hätte ich dann schlechter oder besser gehandelt?...

Hätte Gott das Gesetz praktisch ohne Mühe verbessern können, selbst mit geringen Änderungen?

1. Nein. Ich sprach weder von Bestmöglichem noch von Alternativlosem.

2. Heute sind wir alle soviel klüger und besser und führen keine Angriffskriege mehr. Glauben wir.

3. Was Gott hätte tun können, wissen nur die Götter.

LidlRacer
13.05.2017, 20:23
Du, ich hatte geschrieben steht, und nicht stammt.

Du hattest explizit geschrieben, dass das Gebot der Nächstenliebe NICHT im AT steht. Jörn hat gezeigt, dass es das doch tut.

Und ich danke Jörn für den Hinweis, dass der Kreis der "Nächsten" dort recht eng gefasst ist, und dass ansonsten in unserer ach so tollen Bibel gerne Hass und exzessive Gewalt gepredigt wird.

Zarathustra
13.05.2017, 20:33
Jörn ist mir hier zuvor gekommen. ...

Der zitierte Autor beschreibt einen ideengeschichtlichen Entwicklungszusammenhang. Daß die Idee der Menschenwürde in den inzwischen vergangenen Jahrtausenden weiterentwickelt wurde, widerspricht dem keineswegs und sollte eigentlich keinen überraschen.

Trimichi
13.05.2017, 20:39
Du hattest explizit geschrieben, dass das Gebot der Nächstenliebe NICHT im AT steht. Jörn hat gezeigt, dass es das doch tut.

Und ich danke Jörn für den Hinweis, dass der Kreis der "Nächsten" dort recht eng gefasst ist, und dass ansonsten in unserer ach so tollen Bibel gerne Hass und exzessive Gewalt gepredigt wird.

Ich hatte explizit geschrieben, dass es so explizit im NT steht und nicht im AT. :Blumen:

Vicky
13.05.2017, 20:39
Ich sehe in der Bibel Lehren enthalten, die einen Wert haben, der über die zeitlich bedingten Interessen, Einsichten und Umstände hinweg bestehen kann (unter den im Satz zuvor genannten Bedingungen). .

Jeder Song, jede Geschichte, jedes Gedicht, fast jeder Film ja sogar ganze Serien transportieren heutzutage Botschaften. Oft geht es um den Kampf zwischen Gut und Böse, allgemeine Verhaltensregeln, Sozialisierung, den moralischen Zeigefinger, Hinweise auf Gefahren...

Beispiele sind:

- Die Märchen der Gebrüder Grimm
- diverse Filme über die Zerstörung unserer Umwelt
- die vielen Superheldenserien strotzen nur so vor moralischen Zeigefingern, die uns oft gar sehr übertrieben und lustig präsentiert werden (Kampf Gut gegen Böse)
- Songklassiker, wie "Imagine" zeigen uns, wie wir vielleicht leben könnten...

Man könnte sein Leben und seine Gefühlswelt komplett mit Songs (-texten) ausdrücken und für jede Situation den passenden Song finden heutzutage. (was übrigens sogar Spaß macht. :-) )

Ich stufe das alles als "Kunst" ein, die durchaus wertvoll ist, weil auch diese Kunstwerke gewisse Lehren enthalten und Botschaften transportieren. Jeder findet seine eigene gerade benötigte "Lehre", je nach Lebenssituation.

Was unterscheidet denn diese Kunst von den "wertvollen Lehren" der Bibel, so dass man heute noch an ihr festhalten muss?

Trimichi
13.05.2017, 20:47
)

Ich stufe das alles als "Kunst" ein, die durchaus wertvoll ist, weil auch diese Kunstwerke gewisse Lehren enthalten und Botschaften transportieren. Jeder findet seine eigene gerade benötigte "Lehre", je nach Lebenssituation.

Was unterscheidet denn diese Kunst von den "wertvollen Lehren" der Bibel, so dass man heute noch an ihr festhalten muss?


Bin zwar nicht gemeint, aber wir hatten das auch schon hier im Thread, qbz hatte mir damals mit Nachdruck die Pistole auf die Brust gesetzt, so daß ich diesbezüglich Quellen zitiert hatte, was mir nun erspart bleibt.

Kunst setzt sich aus den tools Intuition und Sensorik zusammen, Religion aus Intuition und Ratio. Und zwar in Bezug wie sich Wissen offenbart.

qbz
13.05.2017, 21:00
Danke! Auch ich möchte niemanden persönlich angreifen!

Auf die Problematik mit den Zeitumständen könnte man etwa so antworten: Gott mußte, um sich den Menschen mitteilen zu können, sich auf ihre Ebene begeben. Die in der Bibel enthaltenen universellen Ideen bedürfen zum Teil updates in Form einer fortwährenden Auslegungspraxis.

Ich sehe in der Bibel Lehren enthalten, die einen Wert haben, der über die zeitlich bedingten Interessen, Einsichten und Umstände hinweg bestehen kann (unter den im Satz zuvor genannten Bedingungen). Göttlich sind sie genau insofern sie über das jeweils zeitlich Bedingte hinausgehen. Wenn die Rede vom Göttlichen und Gott zuviel Verwirrung stiftet, komme ich auch ohne aus.

Wer von einem existierende Gott ausgeht, wie die Kirchen, muss das so ähnlich erklären und die Gottesvorstellung zeitgeschichtlich anpassen, will man die Zustimmung der Gläubigen nicht verlieren. Ich würde darin eher eine Bestätigung für die Anschauung sehen, dass es sich bei den Gottesvorstellungen um Projektionen der Menschen handelt. Je mehr man allerdings die Gottesvorstellungen der Bibel vom konkret-historischen Zusammenhang abstrahiert in Richtung "universelle", desto leerer werden sie.

Universelle Ideen lassen sich aus der Bibel IMHO nur spekulativ abstrahieren, weil alle, auch die zukunftgerichteten, durch die jeweiligen Umstände bestimmt sind, in denen sie von Menschen / Organisationen in die Welt gesetzt werden. (im Unterschied zu den naturwissenschaftlichen Gesetzen).

captainbeefheart
13.05.2017, 21:02
Was unterscheidet denn diese Kunst von den "wertvollen Lehren" der Bibel, so dass man heute noch an ihr festhalten muss?

Prinzipiell unterscheiden sich Kontextgemeinschaften nur an der kommunikativen Leitdifferenz. Religiöse Systeme bestehen entlang von Immanenz / Transzendenz und Kunst-Systeme entlang von schön / hässlich. Das ist der einzig wirklich relevante, aber doch ein recht großer Unterschied für die Wahrnehmungen und Bewertungen, die aus diesen Perspektiven erfolgen.

Ein weiterer Unterschied für unser Gesellschaftssystem ist, dass die die religiösen Systeme (insbesondere das katholische und das evangelische) vermutlich deutlich größer sind bzw. sich deutlich mehr Menschen damit (ggf. zum Teil nur oberflächlich) identifizieren, als jedes Kunst-System. Ob "Größe " bzw. "Zahl Identifizierter" allerdings ein relevantes Kriterium für "daran festhalten" ist, überlasse ich Deinem Urteil.

Jörn
13.05.2017, 21:05
Ich sehe in der Bibel Lehren enthalten, die einen Wert haben, der über die zeitlich bedingten Interessen, Einsichten und Umstände hinweg bestehen kann (unter den im Satz zuvor genannten Bedingungen).

Das ist sehr interessant!

Wie hast Du diese Lehren entschlüsselt? Die Begriffe sind uns heute ja nicht mehr zugänglich, oder doch?

Wenn ich behaupte, dass die Lehren unsinnig seien, hältst Du mir entgegen, dass ich keinen gesicherten Zugang hätte, da die Bedeutung der Begriffe nicht mehr rekonstruierbar wäre. Aber Du selbst gibst hier Auskunft über den konkreten Wert der Lehren. Ist das nicht ein Widerspruch?

Klugschnacker
13.05.2017, 21:15
Heute sind wir alle soviel klüger und besser und führen keine Angriffskriege mehr. Glauben wir.

Sicher führen wir Angriffskriege. Wir sind aber Menschen und keine Götter.

Das Bemerkenswerte an diesen Bibelstellen ist doch, dass angeblich Gott selbst diese Texte verantwortet. Das wird doch von den Kirchen behauptet. Wären im Buch Mose einfach die Worte eines Zeitgenossen notiert, würden wir hier gar nicht diskutieren. Keiner hätte es je gelesen.

Es gibt jede Menge Irrtümer und Unsinn auf der Welt. Selbst der große Descartes (1596-1650) hielt die Zirbeldrüse für den Sitz der Seele. Ich selbst hätte zur der Zeit sicher noch größeren Unsinn verzapft, wenn man mich gefragt hätte, keine Frage. Wir sind aber nur Menschen. Im Gegensatz dazu wird Gott höchstpersönlich als Urheber der Bibel behauptet. Von niemand geringerem hat sie nach eigenem Dafürhalten ihre Autorität.

Entweder ist Gott nicht der Urheber der Bibel, oder mit Gott stimmt etwas nicht (*). Diesen logischen Graben kann keine noch so virtuose Textauslegung überbrücken.

(*) Ich komme eh in die Hölle, also macht Euch keine Sorgen. :cool: :Lachen2:

Klugschnacker
13.05.2017, 21:18
Wer von einem existierende Gott ausgeht, wie die Kirchen, muss das so ähnlich erklären und die Gottesvorstellung zeitgeschichtlich anpassen, will man die Zustimmung der Gläubigen nicht verlieren. Ich würde darin eher eine Bestätigung für die Anschauung sehen, dass es sich bei den Gottesvorstellungen um Projektionen der Menschen handelt. Je mehr man allerdings die Gottesvorstellungen der Bibel vom konkret-historischen Zusammenhang abstrahiert in Richtung "universelle", desto leerer werden sie.

Universelle Ideen lassen sich aus der Bibel IMHO nur spekulativ abstrahieren, weil alle, auch die zukunftgerichteten, durch die jeweiligen Umstände bestimmt sind, in denen sie von Menschen / Organisationen in die Welt gesetzt werden. (im Unterschied zu den naturwissenschaftlichen Gesetzen).

Ganz meine Meinung, hervorragend ausgedrückt. Vielen Dank. Danke aber auch an alle, die anderer Meinung sind und sie hier beisteuern!

Jörn
13.05.2017, 21:53
3. Was Gott hätte tun können, wissen nur die Götter.

Nur die Götter wissen das? Ob man in einem Krieg auch alle Kinder umbringen muss, nachdem die Schlacht bereits geschlagen war? Das wissen nur die Götter? Also beispielsweise weißt Du es nicht?

In einem Forum kommt es schnell zu Missverständnissen, deswegen sage ich Dir, wie Deine Antwort auf mich wirkt, damit Du es korrigieren kannst. Auf mich wirkt es kaltherzig und in der betont sachlichen Form auch kaltschnäuzig. Es gut möglich, dass es ein Missverständnis ist.

Ich komme in Debatten über Religion allerdings immer wieder an diesen Punkt. Ein Punkt, an dem jeder anständige Mensch zugeben wird, dass man die beschriebene Gewalt unter keinen wie auch immer gearteten Umständen gutheißen oder unterstützen darf, und dass es richtig gewesen wäre, sich diesem Gebot zu widersetzen, ungeachtetet der Konsequenzen für einen selbst. Und dass Gott, wenn er diese Gebote wirklich erlassen hat, sich geirrt haben muss, oder dass die Bibelstelle gefälscht wurde.

Es sind in den Foren-Debatten, die ich verfolge, üblicherweise die Christen, die an dieser Stelle jedes Mitgefühl vermissen lassen. Oft hört man irgendein intellektuell klingendes Kauderwelsch. Ich kann mit dieser Art von Kaltherzigkeit nichts anfangen.

Hättest Du Lust, etwas näher auf das schockierende Bibelzitat von Arne einzugehen und dabei für mich den Punkt der Kaltherzigkeit ebenfalls zu berücksichtigen? Ich will Dir auch ganz sicher nichts Schlechtes unterstellen, aber es ist schwer, meine Frage/Kritik zu formulieren. Daher betone ich ausdrücklich: Ich beziehe mich auf Deinen Text, und wie ich ihn verstehe, und nicht auf Dich als Person.

Jörn
13.05.2017, 22:12
Magst Du gerne mal eine Exegese machen am Beispiel von Matthäus 19,16 folgende (https://www.bibleserver.com/text/EU/Matth%C3%A4us19) und das von Dir beschriebene herausarbeiten.

Hallo tandem65, genau das tue ich in Posting 6091. (http://www.triathlon-szene.de/forum/showpost.php?p=1304611&postcount=6091)

Mich würde Deine Meinung dazu sehr interessieren.

Klugschnacker
13.05.2017, 22:15
Ein Punkt, an dem jeder anständige Mensch zugeben wird, dass man die beschriebene Gewalt unter keinen wie auch immer gearteten Umständen gutheißen oder unterstützen darf, und dass es richtig gewesen wäre, sich diesem Gebot zu widersetzen, ungeachtetet der Konsequenzen für einen selbst.

Vielleicht muss man berücksichtigen, dass es sich um Literatur handelt. Ich kann mir nicht vorstellen, dass tatsächlich jemand angeordnet hat, nach einer Eroberung alle Kinder zu erschlagen. Es sind Appelle, Befehle in einer literarischen Form. Trotzdem sollte man sich als Christ dazu positionieren (nicht zwangsläufig vor anderen, aber für sich selbst).

Massaker wie das oben zitierte findet man annäherungsweise in der Bartholomäusnacht (http://www.zeit.de/2010/20/Henri-IV/seite-3), und im Zusammenhang mit dem sog. Hostienfrevel (https://de.wikipedia.org/wiki/Hostienfrevel).

captainbeefheart
13.05.2017, 22:28
... Auf mich wirkt es kaltherzig und in der betont sachlichen Form auch kaltschnäuzig. ....

Zarathustra's Beiträge sind wohltuend reflektiert, unvoreingenommen, abwägend und bereichernd, weil er Standpunkte aus verschiedenen Perspektiven und in historischem Kontext beleuchtet.

Jörn
13.05.2017, 22:31
Vielleicht muss man berücksichtigen, dass es sich um Literatur handelt. Ich kann mir nicht vorstellen, dass tatsächlich jemand angeordnet hat, nach einer Eroberung alle Kinder zu erschlagen.

Ich weiß nicht was in biblischen Zeiten geschah. Aber nehmen wir den Polen-Feldzug. Nachdem die Schlacht längst (und relativ unblutig, weil kurz) geschlagen war, begann anschließend die Judenvernichtung in Polen.

Das hat nichts mit der Bibel zu tun. Aber es klärt die Frage, ob wir es uns vorstellen können, dass jemand solche abartigen Befehle tatsächlich ausführt. Leider ist das so.

Einem Beamten fiel damals in Berichten auf, dass die Zahl der Tötungen eine besonders hohe Zahl an Kindern auswies, nämlich in etwa doppelt so viele Kinder wie Erwachsene. Er bekam zur Antwort, dass dies erforderlich sei, weil sich sonst eine Generation an Waisen bilden könne, die sich später gegen die deutschen Besatzer organisieren könnte.

Genau das steht in Deinem Moses-Zitat. Es sagt: Dort, wo ihr selbst wohnen wollt, müsste ihr alle umbringen, damit dort nicht wieder eine ungläubige Bevölkerungsschicht heranwächst, die sich gegen Euch richtet.

Man kann also nicht sagen, dass das Bibelzitat schon deswegen nicht wörtlich gemeint sein kann, weil man sich eine solche Barbarei nicht vorstellen könne.

Zarathustra
13.05.2017, 22:56
... dass es sich bei den Gottesvorstellungen um Projektionen der Menschen handelt. Je mehr man allerdings die Gottesvorstellungen der Bibel vom konkret-historischen Zusammenhang abstrahiert in Richtung "universelle", desto leerer werden sie.

Universelle Ideen lassen sich aus der Bibel IMHO nur spekulativ abstrahieren, weil alle, auch die zukunftgerichteten, durch die jeweiligen Umstände bestimmt sind, in denen sie von Menschen / Organisationen in die Welt gesetzt werden. (im Unterschied zu den naturwissenschaftlichen Gesetzen).

Im Grundsatz stimme ich Deinem Beitrag in allem zu. Ich versuche nur die (zusätzliche) Möglichkeit zu beschreiben, daß man sich trotz des Wissens um den Projektionscharakter der Gottesvorstellungen auf diese einlassen kann (in welcher Form auch immer), wenn man es denn möchte.

In der realen Betrachtung ist die Entwicklung der Ideen, genau wie Du es beschreibst, abhängig von den konkreten historischen Zusammenhängen. Auf der Ebene der Begriffe geschieht es aber, daß bestimmte Begriffe beibehalten werden (können), ungeachtet einer erheblichen Veränderung ihrer ideellen Bedeutung. Hier entstehen leicht alle möglichen Verwirrungen.

Jörn
13.05.2017, 23:10
Auf der Ebene der Begriffe geschieht es aber, daß bestimmte Begriffe beibehalten werden (können), ungeachtet einer erheblichen Veränderung ihrer ideellen Bedeutung. Hier entstehen leicht alle möglichen Verwirrungen.

Aber das ist doch der kritischen und historischen Bibelforschung bestens bekannt. Es ist exakt bekannt, wie sich Begriffe und Inhalte mit der Zeit verändert haben. Man weiß ganz exakt, welche Bedeutung der Begriff "Gott" für die Griechen und für die späteren Christen hatte, und was man mit dem "Himmelreich" meinte.

Unterschiede, sich dadurch zwischen dem Alten und Neuen Testament ergeben, sind bestens bekannt. Auch langsame Verschiebungen innerhalb des NT oder im anschließenden Katholizismus sind gut dokumentiert. Es gibt Armeen von Historikern, die nichts anderes tun, als das.

Das ist doch überhaupt keine große Sache. Es ist gut erforscht. Wir wissen es.

Ich verstehe nicht, warum Du darauf bestehst, diesen Umstand so zu verklären, dass jede klare Aussage unmöglich wird.

Zarathustra
14.05.2017, 00:17
... Das wissen nur die Götter? Also beispielsweise weißt Du es nicht?
...
Hättest Du Lust, etwas näher auf das schockierende Bibelzitat von Arne einzugehen und dabei für mich den Punkt der Kaltherzigkeit ebenfalls zu berücksichtigen? ...


Ich wollte mit meinem Satz nur sagen: Daß ich als Mensch nicht weiß, was die Götter tun können oder wollen.

In meiner eigenen Beurteilung der Sache dürfte ich ganz genau der gleichen Ansicht sein wie Du. Der Text zeugt von einer großen Kaltherzigkeit, die Du zurecht beklagst, und ich sehe nicht, wie man ihn in seiner direkten, naheliegenden Bedeutung rechtfertigen könnte, ohne selbst Gefahr zu laufen eben dieser Kaltherzigkeit (teilweise) zu verfallen.

Als souveräner Leser kann ich der Textstelle auch nicht viel mehr abgewinnen als: 1. Außer Punkt Nr. 10. vielleicht, ist daraus heute als moralische Anleitung nichts zu gebrauchen. 2. die Tatsache, daß Menschen ihre Ziele mit großer Grausamkeit verfolgen können, selbst (oder gerade) wenn sie sich auf höhere Mächte zur Rechtfertigung berufen.

Wie wäre der Text trotz alledem spekulativ zu retten? Man könnte sich eine Entwicklung Gottes von einem grausamen (im AT) zu einem freundlicheren (im NT) vorstellen, aus welcher selbst wieder eine Lehre zu ziehen wäre (welche?). Belegen kann ich das aber aus Mangel an der für eine solche Großinterpretation nötigen, gründlicheren Vertrautheit mit dem gesamten Bibeltext nicht.

waden
14.05.2017, 00:42
Kunst setzt sich aus den tools Intuition und Sensorik zusammen, Religion aus Intuition und Ratio. Und zwar in Bezug wie sich Wissen offenbart.

Diese "Analyse" erscheint mir vollständig willkürlich und auch beliebig. Weshalb sollte der Kunst die Ratio fehlen, die du der Religion zugestehst? Und Religion kommt doch nicht ohne Sensorik aus. Und eine "Wissensoffenbarung" kann von einem Kunsterlebnis ebenso ausgehen.

Zarathustra
14.05.2017, 00:51
... Es gibt Armeen von Historikern, die nichts anderes tun, als das.

Das ist doch überhaupt keine große Sache. Es ist gut erforscht. ....

Armeen von Historikern haben also nichts anderes getan als diese „keine große Sache“ erforscht? Warum diese Verschwendung?

Auch wußte ich nicht, daß „es ist gut erforscht“ gleichbedeutend ist mit „wir können es für die weitere Diskussion ignorieren“.

Jörn
14.05.2017, 01:19
Armeen von Historikern haben also nichts anderes getan als diese „keine große Sache“ erforscht? Warum diese Verschwendung?

Auch wußte ich nicht, daß „es ist gut erforscht“ gleichbedeutend ist mit „wir können es für die weitere Diskussion ignorieren“.

Nach meiner Wahrnehmung ignorierst Du die historische Forschung, weil Du immer wieder betonst, dass die Bedeutung alter Worte nicht mehr klar zu erfassen wäre, und dass deswegen jede Bewertung zu unterbleiben hätte.

In meinen Postings beziehe ich mich auf die historischen Forschungen, von denen ich bisher gelesen habe: Ich zitiere oft alte Bibelstellen und erläutere anschließend (meistens), wie sie im historischen Kontext zu verstehen seien. Beispielsweise habe ich in einem meiner letzten Postings erläutert, wie sich der Begriff des "Nächsten" geändert hat (von einer Abstammungsgemeinschaft zu einer Bekenntnisgemeinschaft). Dadurch bringe ich Klarheit und Fairness in die Debatte, was Moses und Jesus wohl mit "Nächstenliebe" gemeint haben könnten (nämlich jeweils leicht unterschiedliche Dinge, und eben gerade nicht eine "Weltgemeinschaft").

Es ist also nicht der Fall, dass ich die alte Bedeutung von Begriffen ignorieren würde. Im Gegenteil, es ist oft der Ausgangspunkt meiner Postings.

Trimichi
14.05.2017, 06:51
Diese "Analyse" erscheint mir vollständig willkürlich und auch beliebig. Weshalb sollte der Kunst die Ratio fehlen, die du der Religion zugestehst? Und Religion kommt doch nicht ohne Sensorik aus. Und eine "Wissensoffenbarung" kann von einem Kunsterlebnis ebenso ausgehen.

Meine Analyse ist nicht willkürlich, und schon gar nicht vollständig willkürlich. Es ist eine Frechheit, was mir schon wieder unterstellt bzw. angedichtet wird. Es ist außerdem nicht meine Analyse, wie ich schon dar gelegt hatte, sondern Grundwissen unter Wissenschaftlern, Physikern aber auch Sozialwissenschaftlern, deren gemeinsame Basis die Wissenschafts- und Erkenntnistheorie ist und auch sein muss.

So werden an Universitäten [zumindest an der Katholischen Universität Eichstätt (-Ingolstadt)] Grundsätze bereits in den ersten Semestern an die Studenten vermittelt.

Allerdings wird in den Vorlesungen auch angesprochen, dass es noch niemanden/noch nicht gelang die drei Wege wie sich Wissen offenbart,

1. Wissenschaft (Sensorik und Ratio)
2. Kunst (Sensorik und Intuition)
3. Religion bzw. Mythologie (Intuition und Ratio).

in sich zu vereinen.


Beispiele zur Verdeutlichung:

zu 1) Wissenschaft basiert nicht auf Intuition, maximal beim Aufstellen einer neuen Forschungshypothese (Inspiration). Naturwissenschaftliche Gesetze sind objektiv, und nicht subjektiv intuitiv, bestenfalls intersubjektiv validierbar und damit objektiv.
zu 2) Bitte mal ein expressionistisches Bild rational deuten. Man stelle sich dann 1000 Leute vor die das Bild interpretieren.

Die Gravitationsgesetze gelten für alle. Wie man ein Bild oder auch einen Roman interpretiert, nun, hier gibt es mannigfaltige Interpretationsmöglichkeiten, nicht so bei den Gravitationsgesetzen.
Deswegen fehlt der Kunst die Ratio.

Um deinen Fragen weiter zu folgen mache ich es noch plastischer, es folgt das Beispiel
zu 3) Man denke an Martin Luther und daran, dass er den Teufel gesehen hatte auf der Wartburg wie Luther ja selbst behauptet hat. Wäre dem so gewesen, so hätte die Tinte, mit der ML nach dem Teufel warf, tatsächlich den Teufel getroffen (und nicht die Wand, welche heute eine Touristenattraktion ist).
Dennoch hat Luther die Bibel transformiert (oder auch transponiert) und Millionen Menschen lesen darin.

Die Beispiele sind frei gewählt und entstammen keiner Vorlesung an der Pädagogisch-Philosophischen Fakultät der Kath. Univ. Eichstätt. Allerdings wurde in den Vorlesungen auch bemerkt, daß die drei Wege - Wissenschaft, Kunst und Religion/Mythologie - parallel existieren und als gleichwertig zu betrachten sind.


Du hattest behauptet, dass Religion nicht ohne Sensorik auskommt. Bitte erläutern und/oder begründen.

tandem65
14.05.2017, 08:25
Lieber Jörn,

Hallo tandem65, genau das tue ich in Posting 6091. (http://www.triathlon-szene.de/forum/showpost.php?p=1304611&postcount=6091)

Mich würde Deine Meinung dazu sehr interessieren.

In diesem Post beschreibst du etwas, was ich z.B. in Matthäus 19,16 folgende (https://www.bibleserver.com/text/EU/Matthäus19) nicht finden kann.

1, Die Einschränkung auf die Glaubensgemeinschaft.
2. Das schmoren in der Hölle.

Meine Meinung dazu ist, daß Du Dich dort zu 99% mit dem AT beschäftigt hast. Soweit mir bekannt ist, gehört Matthäus aber zum NT.;)
Und nein, es ist nicht Interesse an meiner Meinung. Da verstehst Du Dich selbst gründlich falsch.

Zarathustra
14.05.2017, 10:25
... weil Du immer wieder betonst, dass die Bedeutung alter Worte nicht mehr klar zu erfassen wäre, und dass deswegen jede Bewertung zu unterbleiben hätte.
...
Es ist also nicht der Fall, dass ich die alte Bedeutung von Begriffen ignorieren würde. Im Gegenteil, es ist oft der Ausgangspunkt meiner Postings.

Daß Du die „Bedeutung von Begriffen“ in Deine Ausführungen miteinbeziehst ist sehr erfreulich. Nur tust Du das soweit ich sehe nicht (genug) im Falle der von mir angesprochenen Begriffe.

Daß generell „die Bedeutung alter Worte nicht mehr klar zu erfassen wäre“ ist nach wie vor nicht meine Ansicht. Ich weiß nicht, warum ich das so oft wiederholen muß.

keko#
14.05.2017, 10:41
Ein abstraktes logisches Konstrukt zu sein, hat die Religion ja mit so manchen Ergebnissen der modernen Wissenschaft gemein. Der Unterschied liegt in der Projektionsmethode. (Wissenschaft -> Beherrschung der Natur; Religion -> Orientierung in Lebensfragen, Ethik)

Daß die Ansicht, der religiöse Glaube bedeute „eine Sache für wahr halten“ (im Sinne von empirischer Tatsachenwahrheit) etymologisch unhaltbar ist, habe ich vorher schon versucht darzulegen. Genau diese Ansicht ist es aber, die Du mit dem Aberglauben teilst, den Du meines Erachtens zwar völlig zu recht bekämpfst, nicht aber ohne Weiteres allen, die mit Religion etwas anfangen können, unterstellen kannst.

Religion ist für mich ein Konstrukt, dass man annehmen kann, oder auch nicht. Mathematik ist ebenso ein Konstrukt. Wohl würde jeder 1=1 als wahr ansehen, aber das funktioniert auch nur in einem bestimmten Kontext. An vieles hat man sich einfach gewöhnt, ohne es dann genauer zu hinterfragen.
Tausende Jahre alte Schriften, vielleicht von Analphabeten überbracht, auf Wahrheit zu untersuchen, ist doch müßig.
Ist F=dp/dt Wahrheit? Ebenso nicht. Wahrheit ist subjektiv und gilt nur in einem bestimmten Kontext. Der Streit über Wahrheit wird deshalb auch nie enden. Wir leben in einer Welt voller Konstrukte.

Vicky
14.05.2017, 11:03
Religion ist für mich ein Konstrukt, dass man annehmen kann, oder auch nicht. Mathematik ist ebenso ein Konstrukt. Wohl würde jeder 1=1 als wahr ansehen, aber das funktioniert auch nur in einem bestimmten Kontext. An vieles hat man sich einfach gewöhnt, ohne es dann genauer zu hinterfragen.
Tausende Jahre alte Schriften, vielleicht von Analphabeten überbracht, auf Wahrheit zu untersuchen, ist doch müßig.
Ist F=dp/dt Wahrheit? Ebenso nicht. Wahrheit ist subjektiv und gilt nur in einem bestimmten Kontext. Der Streit über Wahrheit wird deshalb auch nie enden. Wir leben in einer Welt voller Konstrukte.

Nun es gibt Konstrukte, die wichtiger sind als andere. Angenommen wir würden die Mathematik als unwahr wahrnehmen. Wie sähen dann heute unsere Welt, speziell die Wirtschaftsbeziehungen allgemein aus? Ich vermute, dass wir wohl Waren tauschen würden. Wären wir dann so weit entwickelt, wie wir es heute sind? Ich weiß es nicht.

Für das soziale Miteinander gibt es das Rechtssystem. Schon zu Zeiten des Römischen Reiches wurden einige Gesetze gar niedergeschrieben. Die Cicero Schüler mussten diese wohl auswendig lernen. Es gab schon immer Regeln für das Zusammenleben. Man hat sich hierzulande darauf geeinigt, dass unsere Normen für uns gelten und wahr sind. Die Gerichte subsumieren Handlungen und Sachverhalte anhand der Gesetze.

Was ist nun mit der Religion? Brauchen wir diese für ein Zusammenleben? Nicht zwingend, oder? Das Zusammenleben wird durch die Rechtssysteme und die Wirtschaft und Wissenschaften geregelt. Das macht Sinn, denn nur durch dieses Einigsein der Menschen, dass diese Konstrukte (Mathematik etc) für alle gültig sind, funktioniert es. Beim Thema Religion sind sich die Menschen nicht einig. Es gibt jede Menge Religionen. Vor dem Christentum gab es sogar unzählig viele Götter, was sicher sehr kompliziert war für alle.

Ein einfachen und wahrscheinlich auch falsches Beispiel. Ich hatte es ja schon einige Male geschrieben, dass ich in Mathe und Physik in der Schule nen Fensterplatz hatte... Naturwissenschaften sind nicht so sehr meine Stärke. Deshalb beschreibe ich das mal aus einer absoluten Laiensicht ohne wissenschaftlichen Hintergrund:

1 Euro ist nicht gleich 1 Dollar. Für einen Dollar bekomme ich an ein und demselben Ort weniger Waren, als für einen Euro, weil der 1 Dollar weniger wert ist. Die Ziffer 1 hat jedoch hüben wie drüben die gleiche Bedeutung. Ist jetzt 1 = 1? In diesem Fall nicht, weil die Ziffer noch an eine Währung gekoppelt ist, die den Wert bestimmt... Man stelle sich eine Welt vor, in der man sich nicht darauf geeinigt hat, dass das Zahlensystem für alle gleich ist und deshalb als wahr gilt...

...

Zarathustra
14.05.2017, 11:50
Nun es gibt Konstrukte, die wichtiger sind als andere. ...

Was ist nun mit der Religion? Brauchen wir diese ...?

... Man stelle sich eine Welt vor, in der man sich nicht darauf geeinigt hat, dass das Zahlensystem für alle gleich ist und deshalb als wahr gilt...

...

Wer entscheidet was wichtig ist? Ich finde, das ist eine Frage der Macht- und Lebensverhältnisse.

Menschen erachten aber generell nicht nur das als wichtig, was sie zwingend brauchen. Es ist auch eine Frage, was sie, über das bloß Notwendige hinaus, wollen.

Ein einheitliches Zahlensystem ist für bestimmte Zwecke sehr nützlich bzw. sogar unverzichtbar. Daß wir aber gerade diese Zwecke und das dafür Nützliche als besonders wichtig erachten, beruht auf einer Entscheidung.

Klugschnacker
14.05.2017, 11:54
Religion ist für mich ein Konstrukt, dass man annehmen kann, oder auch nicht. Mathematik ist ebenso ein Konstrukt. Wohl würde jeder 1=1 als wahr ansehen, aber das funktioniert auch nur in einem bestimmten Kontext. An vieles hat man sich einfach gewöhnt, ohne es dann genauer zu hinterfragen.

keko#, ich bitte Dich. In den Wissenschaften werden alle wichtigen Theorien und Zusammenhänge fortwährend überprüft. Es ist nicht so, dass wir uns die Existenz beispielsweise von Atomen ausgedacht hätten, und seither hat das niemand mehr hinterfragt. Wissenschaftliche Erkenntnisse müssen sich jeden Tag bewähren. Sei es in der technischen Anwendung oder in der Forschung.

Obwohl Mathematik mit abstrakten Einheiten ("Zahlen") hantiert, bewährt sie sich bestens im Umgang mit konkreten Dingen, etwa in der Mengenlehre: 5 Schafe plus 3 Schafe ergeben 8 Schafe. Immer und ohne jede Ausnahme. Wenn Dir Dein Bankberater vorrechnet, dass Dein Guthaben "0" ist, dann bist Du pleite, da hilft Dir der axiomatische Aufbau der Mathematik nichts. Deswegen, und nicht aus Mangel an kritischer Auseinandersetzung, vertrauen wir der Mathematik.

Die wissenschaftliche Aussage "die Materie besteht aus Atomen" hat einen ganz anderen Rang als die Aussage, die man dem armen Josef aufgetischt hat: dass der Heilige Geist seine Frau geschwängert hätte. Die Gewohnheit und der Mangel an kritischer Auseinandersetzung, dem Hinterfragen, sind sicher nicht auf der Seite der Wissenschaft.
:dresche :Lachen2: :Blumen:

Jörn
14.05.2017, 12:10
Man denke an Martin Luther und daran, dass er den Teufel gesehen hatte auf der Wartburg wie Luther ja selbst behauptet hat. Wäre dem so gewesen, so hätte die Tinte, mit der ML nach dem Teufel warf, tatsächlich den Teufel getroffen (und nicht die Wand, welche heute eine Touristenattraktion ist).
Dennoch hat Luther die Bibel transformiert (oder auch transponiert) und Millionen Menschen lesen darin.


Das stimmt! Wenn das Tintenfass die Wand getroffen hätte, dann wäre er nicht imstande gewesen, die Bibel zu schreiben. Woher hätte man sonst ein Tintenfass bekommen sollen? Da aber die Luther-Bibel zweifelsfrei existiert, muss auch der Teufel existieren. Das kann niemand bestreiten.

Ich kann mir gut vorstellen, wie eine Menge katholischer Touristen eine Wand bewundern, auf der sich kein Tintenfleck befindet.

http://www.mittelhessen.de/cms_media/module_img/1316/658047_1_articleorg_image_8dafd16c49f919e.jpg

Danke auch für den Tipp, den Teufel einfach mit einem Tintenfass zu bewerfen, wenn er sich mal zeigen sollte. Ich habe mich schon immer gefragt, wie ich ihn verscheuchen könnte.

Klugschnacker
14.05.2017, 12:17
:Cheese:

Aber mal Spaß beiseite. Wie können wir uns Luther bezüglich seiner Fähigkeit, Erkenntnisse zu gewinnen, vorstellen, wenn er überzeugt davon war, er habe in seinem Zimmer den Teufel gesehen? Und zwar so konkret, dass er ein Tintenfass nach ihm warf?
:8/

Vicky
14.05.2017, 12:20
:Cheese:

Aber mal Spaß beiseite. Wie können wir uns Luther bezüglich seiner Fähigkeit, Erkenntnisse zu gewinnen, vorstellen, wenn er überzeugt davon war, er habe in seinem Zimmer den Teufel gesehen? Und zwar so konkret, dass er ein Tintenfass nach ihm warf?
:8/

Uff Dope??? Das soll ja den Horizont erweitern... :Cheese:

Spaß beiseite (und ein solcher war mein Satz auch nur)... ich überlasse Euch das Feld, um darüber zu sinnieren...

Zarathustra
14.05.2017, 13:05
... bewährt sie sich bestens im Umgang mit konkreten Dingen. ... Deswegen, und nicht aus Mangel an kritischer Auseinandersetzung, vertrauen wir der Mathematik.
...
Die wissenschaftliche Aussage ... hat einen ganz anderen Rang als die Aussage. ...


Ja, die moderne Wissenschaft findet ihre Bestätigung in ihrer praktisch-technischen Zweckmäßigkeit.

Daraus folgt aber keine Rangfolge. Vielmehr ist es umgekehrt, daß die angenommene Rangfolge (teilweise unreflektiert) auf einer Bewertung, auf einer spezifischen Grundhaltung, auf einer Entscheidung beruht: „Wir wollen das Praktisch-Technische als Höchstes (oder sogar als Einziges) wertschätzen!“

Es ist aber keineswegs logisch zwingend, dem Praktisch-Technischen den Höchsten oder Einzigen Rang einzuräumen.

Trimichi
14.05.2017, 13:29
Das stimmt! Wenn das Tintenfass die Wand getroffen hätte, dann wäre er nicht imstande gewesen, die Bibel zu schreiben. Woher hätte man sonst ein Tintenfass bekommen sollen? Da aber die Luther-Bibel zweifelsfrei existiert, muss auch der Teufel existieren. Das kann niemand bestreiten.

Ich kann mir gut vorstellen, wie eine Menge katholischer Touristen eine Wand bewundern, auf der sich kein Tintenfleck befindet.

http://www.mittelhessen.de/cms_media/module_img/1316/658047_1_articleorg_image_8dafd16c49f919e.jpg

Danke auch für den Tipp, den Teufel einfach mit einem Tintenfass zu bewerfen, wenn er sich mal zeigen sollte. Ich habe mich schon immer gefragt, wie ich ihn verscheuchen könnte.

Also, er hätte sich auch ein neues Tintenglas holen können. Inzwischen ist der Tintenfleck schon verblichen bzw. haben viele Touristen ein Stück von der Wand entfernt für sich selbst - sie bewundern also nicht nur - so dass der Tintenfleck dort von den Betreibern beständig erneuert wird. Der Tintenfleck ist also nicht nicht an der Wand.

Den Tipp habe nicht ich dir gegeben. Das ist Allgemeinwissen.


Ja, die moderne Wissenschaft findet ihre Bestätigung in ihrer praktisch-technischen Zweckmäßigkeit.

Daraus folgt aber keine Rangfolge. Vielmehr ist es umgekehrt, daß die angenommene Rangfolge (teilweise unreflektiert) auf einer Bewertung, auf einer spezifischen Grundhaltung, auf einer Entscheidung beruht: „Wir wollen das Praktisch-Technische als Höchstes (oder sogar als Einziges) wertschätzen!“

Es ist aber keineswegs logisch zwingend, dem Praktisch-Technischen den Höchsten oder Einzigen Rang einzuräumen.

captainbeefheart
14.05.2017, 14:13
Der Streit über Wahrheit wird deshalb auch nie enden. Wir leben in einer Welt voller Konstrukte.

Zustimmung, alles (sozial) konstruiert, es gibt keine objektive Wahrheit.

captainbeefheart
14.05.2017, 14:17
Nun es gibt Konstrukte, die wichtiger sind als andere.
...

Und wer, bitteschön, stellt diese Priorität fest? Doch nur Du selbst.

Wenn jemand Religion als sein priores Bezugssystem wählt ist das ebenso Realität, wie wenn Religion und Klerus als das letzte gelten.

captainbeefheart
14.05.2017, 14:19
Wenn Dir Dein Bankberater vorrechnet, dass Dein Guthaben "0" ist, dann bist Du pleite, da hilft Dir der axiomatische Aufbau der Mathematik nichts.

Pleite bis Du erst, wenn Du keine Kreditlinien mehr in Anspruch nehmen kannst (Illiquidität).

captainbeefheart
14.05.2017, 14:23
Uff Dope??? Das soll ja den Horizont erweitern... :Cheese:



Das ist übrigens kein so schlechter Hinweis, wenn wir die Diskussion über "Schönheit" und "Kunst" und der Behauptung, auch das unterläge Algorithmen, reflektieren. Was alles auf bewusstseinserweiternden Drogen entstanden ist, kann vielleicht ex post rationalisiert werden, im Entstehungsprozess war es das wahrscheinlich nur sehr eingeschränkt ...

waden
14.05.2017, 15:01
Meine Analyse ist nicht willkürlich, und schon gar nicht vollständig willkürlich. Es ist eine Frechheit, was mir schon wieder unterstellt bzw. angedichtet wird.

Ich habe nicht beabsichtigt, Dich persönlich anzugreifen oder Dir etwas zu unterstellen. Ich wollte nur beschreiben, wie ich Deinen Beitrag auffasse, ohne Dich persönlich treffen zu wollen.


Es ist außerdem nicht meine Analyse, wie ich schon dar gelegt hatte, sondern Grundwissen unter Wissenschaftlern, Physikern aber auch Sozialwissenschaftlern, deren gemeinsame Basis die Wissenschafts- und Erkenntnistheorie ist und auch sein muss.
...
die drei Wege wie sich Wissen offenbart,

1. Wissenschaft (Sensorik und Ratio)
2. Kunst (Sensorik und Intuition)
3. Religion bzw. Mythologie (Intuition und Ratio).
...


Ich habe auch studiert, dennoch ist mir dieses Grundwissen bzw. diese schematische Aufgliederung nicht geläufig. Es kam bei mir im Studium nicht vor. Möglicherweise offenbart sich hier meine Wissenslücke, vielleicht ist dieses Schema aber auch der Blick der Dozenten der kath.Uni Eichstätt.

So werden an Universitäten [zumindest an der Katholischen Universität Eichstätt (-Ingolstadt)] Grundsätze bereits in den ersten Semestern an die Studenten vermittelt.Allerdings wird in den Vorlesungen auch angesprochen...

Ich habe ein Skript, in dem steht: "Gott ist der Vater, Jesus der Menschensohn, der Heilige Geist das Verbindende." Nur der Umstand, dass ich das in einer Vorlesung vermittelt bekam, macht es nicht zum Beweis. Das gilt auch für

Allerdings wurde in den Vorlesungen auch bemerkt, daß die drei Wege - Wissenschaft, Kunst und Religion/Mythologie - parallel existieren und als gleichwertig zu betrachten sind.

Das kann man zwar bemerken, aber genauso gut anderes bemerken.
Man kann den Wunsch einer Kathol Hochschule, die Erkenntnisse religiöser Überlegungen denen wissenschaftlicher Untersuchungen gleichzusetzen, nachvollziehen. Man kann aber auch zum Ergebnis kommen, dass sie zwar parallel exisiteren, aber nicht gleichwertig sind.

---

Die Gravitationsgesetze gelten für alle. Wie man ein Bild oder auch einen Roman interpretiert, nun, hier gibt es mannigfaltige Interpretationsmöglichkeiten, nicht so bei den Gravitationsgesetzen.
Deswegen fehlt der Kunst die Ratio.


Ersetze "Bild" durch "religiösen Text" - dann gilt der Mangel an Ratio nach dieser Argumentation ebenso für die Religion.

---

Du hattest behauptet, dass Religion nicht ohne Sensorik auskommt. Bitte erläutern und/oder begründen.

Sensorik ist die Aufnahme äußerer wie innerer Reize bei Lebewesen. Religion vermittelt ihre Theorien und Glaubensinhalte an die Gläubigen über äußere und innere Reize.

--

Kunst umfasst die Bildende Kunst, die Literatur, die Darstellenden Künste und die Musik (also nicht nur Bilder). Die Kunstschaffenden verarbeiten Rationales und Irrationales, sinnlich Erfahrbares und Ergebnisse rationaler Prozesse.

Trimichi
14.05.2017, 15:33
Ich habe nicht beabsichtigt, Dich persönlich anzugreifen oder Dir etwas zu unterstellen. Ich wollte nur beschreiben, wie ich Deinen Beitrag auffasse, ohne Dich persönlich treffen zu wollen.



Ich habe auch studiert, dennoch ist mir dieses Grundwissen bzw. diese schematische Aufgliederung nicht geläufig. Es kam bei mir im Studium nicht vor. Möglicherweise offenbart sich hier meine Wissenslücke, vielleicht ist dieses Schema aber auch der Blick der Dozenten der kath.Uni Eichstätt.



Ich habe ein Skript, in dem steht: "Gott ist der Vater, Jesus der Menschensohn, der Heilige Geist das Verbindende." Nur der Umstand, dass ich das in einer Vorlesung vermittelt bekam, macht es nicht zum Beweis. Das gilt auch für



Das kann man zwar bemerken, aber genauso gut anderes bemerken.
Man kann den Wunsch einer Kathol Hochschule, die Erkenntnisse religiöser Überlegungen denen wissenschaftlicher Untersuchungen gleichzusetzen, nachvollziehen. Man kann aber auch zum Ergebnis kommen, dass sie zwar parallel exisiteren, aber nicht gleichwertig sind.

---




Ersetze "Bild" durch "religiösen Text" - dann gilt der Mangel an Ratio nach dieser Argumentation ebenso für die Religion.

---



Sensorik ist die Aufnahme äußerer wie innerer Reize bei Lebewesen. Religion vermittelt ihre Theorien und Glaubensinhalte an die Gläubigen über äußere und innere Reize.

--

Kunst umfasst die Bildende Kunst, die Literatur, die Darstellenden Künste und die Musik (also nicht nur Bilder). Die Kunstschaffenden verarbeiten Rationales und Irrationales, sinnlich Erfahrbares und Ergebnisse rationaler Prozesse.



Tut mir leid, aber die Kath. Fak. ist number one bei den Unis im DE-Ranking / Eliteuni ergo. Da muss Munich hinten anstehen. So schwer es auch fehlt. Leider, leider.
Persönlich angegriffen fühlte ich mich nicht.

Auf deine Verdivisionalisierungen gehe ich nicht ein. Zarathustra hatte es bereits ebenso und noch besser auf den Punkt gebracht. Und ich wiederhole mich nur ungern, probiere es nun mehr mit einer Metapher.



Wenn ich aufmerksam schaue,

Seh' ich die Nazuna

An der Hecke blühen!

waden
14.05.2017, 16:16
Tut mir leid, aber die Kath. Fak. ist number one bei den Unis im DE-Ranking / Eliteuni ergo. Da muss Munich hinten anstehen. So schwer es auch fehlt. Leider, leider.


Das ist ein Killerargument. Da kann man nicht mehr argumentieren unter "unter Wissenschaftlern, Physikern aber auch Sozialwissenschaftlern". Wer hat übrigens in Mü studiert?

Uiuiui, ist Dein Ross hoch! Schöne Grüße nach da oben. Melde Dich, wenn Dir nach Argumenten ist

waden
14.05.2017, 16:23
Auf deine Verdivisionalisierungen gehe ich nicht ein.
Flott abgemeiert, lässig

Trimichi
14.05.2017, 17:54
Das ist ein Killerargument. Da kann man nicht mehr argumentieren unter "unter Wissenschaftlern, Physikern aber auch Sozialwissenschaftlern". Wer hat übrigens in Mü studiert?



Flott abgemeiert, lässig

Beschwer dich beim CHef-Redakteur vom Spiegel. Der hat das Ranking verzapft. Eichstätt = Number One.
EIchstätt ist Top-Uni. Soll man sich jetzt dafür schähmen?


Lässig abgemeiert? Oh! Ein Lob aus München = wow!!! Dankeschön :) Das topped natürlich. Wegen dem Coolheitsfaktor. Also wirklich, ...

Merci.


*in Mü hat Boerne auch als KF bekannt studiert. Er ist derjenige zweifelsohne, jener welcher hoch zu Ross sitzt.;) :)

Klugschnacker
14.05.2017, 18:00
Leute, seid lieb zueinander. Wir tauschen doch nur Meinungen aus. :Blumen:

Trimichi
14.05.2017, 18:04
Melde Dich, wenn Dir nach Argumenten ist



Meldung ist nicht notwendig. Melde du dich falls dir das Modell der geologischen Schichten geläufig ist. Dann brauchen wir nicht mehr Papier und Bleistift bemühen bzw. hier rumtippen und können gleich einen saufen gehen. :Prost:

waden
14.05.2017, 18:13
Meldung ist nicht notwendig. Melde du dich falls dir das Modell der geologischen Schichten geläufig ist. Dann brauchen wir nicht mehr Papier und Bleistift bemühen bzw. hier rumtippen und können gleich einen saufen gehen. :Prost:

Hallo trimichi
Du hattest etwas gepostet und mich etwas gefragt. Ich habe versucht, sorgfältig darauf einzugehen. Ich finde es schade, dass du darauf inhaltlich nicht eingegangen bist.

Trimichi
14.05.2017, 18:33
Hi waden,

Hallo trimichi
Du hattest etwas gepostet und mich etwas gefragt. Ich habe versucht, sorgfältig darauf einzugehen. Ich finde es schade, dass du darauf inhaltlich nicht eingegangen bist.


Warum sollte ich? Nachdem ich mir die Mühe gemacht hatte, weil es hier zu Wiederholungen kam, eine Schematik einzubringen, die die Diskussion erleichtern sollte, was zumindest meine Intention war, so hattest du daraufhin meinen Post zerpflückt. Darauf hin hatte ich das Haiku eingetippt.

Hat schon mal jemand den heiligen Geist gesehen? Aha. Deswegen spielt m.E. auch in der Religion Sensorik keine Rolle. Sensorik im Sinne von Sinneswahrnehmung durch die Sinnesorgane wie Nase, Mund, Ohr, Auge und Haut. Ich hoffe, das Mißverständis ist nun aufgeklärt.

Falls nicht, ich schenk' mir jetzt eins ein.

Lg in die Landeshauptstadt.

Vicky
14.05.2017, 18:52
Warum sollte ich? Nachdem ich mir die Mühe gemacht hatte, weil es hier zu Wiederholungen kam, eine Schematik einzubringen, die die Diskussion erleichtern sollte, was zumindest meine Intention war, so hattest du daraufhin meinen Post zerpflückt.

Das genau ist der Sinn von Diskussionen. Ein Austausch von Meinungen und Argumenten. KEIN Argument ist "Ich war auf einer Elite Uni und Du nicht.". Darauf pellt sich hier sicher jeder ein oder mehrere Eier. Es fällt auch ziemlich schwer, das als einen "Scherz" einzuschätzen. Das ist ja schließlich nur das blanke geschriebene Wort.

Deine Art und Weise der Diskussion mutet leider für einige äußerst arrogant an. Sorry. Da fällt es manchmal eben sehr schwer, sich mit dem Inhalt auseinander setzen zu wollen. Schließlich verbringen wir hier unsere FREIE Zeit, in der wir uns lieber mit anregenden Diskussionen beschäftigen und weniger mit persönlichen Befindlichkeiten.

Nicht jeder kann auf dem gleichen Wissensstand sein. Zum Glück, denn das wäre ja langweilig. Man könnte nichts mehr voneinander lernen. Deshalb ist es sehr hilfreich, bestimmte Fachtermini auch kurz zu erklären. Sonst könnte man glatt denken, dass da ein Fachidiot sitzt, der eigentlich gar nicht weiß, wovon er da spricht. :Blumen:

Nichts für ungut... :Blumen:

Trimichi
14.05.2017, 19:15
Das genau ist der Sinn von Diskussionen. Ein Austausch von Meinungen und Argumenten. KEIN Argument ist "Ich war auf einer Elite Uni und Du nicht.". Darauf pellt sich hier sicher jeder ein oder mehrere Eier. Es fällt auch ziemlich schwer, das als einen "Scherz" einzuschätzen. Das ist ja schließlich nur das blanke geschriebene Wort.

Deine Art und Weise der Diskussion mutet leider für einige äußerst arrogant an. Sorry. Da fällt es manchmal eben sehr schwer, sich mit dem Inhalt auseinander setzen zu wollen. Schließlich verbringen wir hier unsere FREIE Zeit, in der wir uns lieber mit anregenden Diskussionen beschäftigen und weniger mit persönlichen Befindlichkeiten.

Nicht jeder kann auf dem gleichen Wissensstand sein. Zum Glück, denn das wäre ja langweilig. Man könnte nichts mehr voneinander lernen. Deshalb ist es sehr hilfreich, bestimmte Fachtermini auch kurz zu erklären. Sonst könnte man glatt denken, dass da ein Fachidiot sitzt, der eigentlich gar nicht weiß, wovon er da spricht. :Blumen:

Nichts für ungut... :Blumen:

OK!

Du kommst oft so daher indem du fett links (plural des engl. Wortes link; the link) einen an den Kopf donnerst.
Auch nicht besser.

Nichts für ungut... :Blumen:

Mirko
14.05.2017, 19:24
OK!

Du kommst oft so daher indem du fett links (plural des engl. Wortes link; the link) einen an den Kopf donnerst.
Auch nicht besser.

Nichts für ungut... :Blumen:

Doch, deutlich besser! Eigentlich sogar perfekt die vorgetragenen Argumente mit weiterführenden links zu untermauern.

keko#
14.05.2017, 22:00
keko#, ich bitte Dich. In den Wissenschaften werden alle wichtigen Theorien und Zusammenhänge fortwährend überprüft. Es ist nicht so, dass wir uns die Existenz beispielsweise von Atomen ausgedacht hätten, und seither hat das niemand mehr hinterfragt. Wissenschaftliche Erkenntnisse müssen sich jeden Tag bewähren. Sei es in der technischen Anwendung oder in der Forschung.

Obwohl Mathematik mit abstrakten Einheiten ("Zahlen") hantiert, bewährt sie sich bestens im Umgang mit konkreten Dingen, etwa in der Mengenlehre: 5 Schafe plus 3 Schafe ergeben 8 Schafe. Immer und ohne jede Ausnahme. Wenn Dir Dein Bankberater vorrechnet, dass Dein Guthaben "0" ist, dann bist Du pleite, da hilft Dir der axiomatische Aufbau der Mathematik nichts. Deswegen, und nicht aus Mangel an kritischer Auseinandersetzung, vertrauen wir der Mathematik.

Die wissenschaftliche Aussage "die Materie besteht aus Atomen" hat einen ganz anderen Rang als die Aussage, die man dem armen Josef aufgetischt hat: dass der Heilige Geist seine Frau geschwängert hätte. Die Gewohnheit und der Mangel an kritischer Auseinandersetzung, dem Hinterfragen, sind sicher nicht auf der Seite der Wissenschaft.
:dresche :Lachen2: :Blumen:

Klugschnacker, die Sache mit der Schwangerschaft von Maria hat es dir scheinbar angentan. Versuche einfach mal zu abstrahieren.
Atommodelle zur Erklärungen verschiedener Ereignisse gibt es. Hast du schon mal eine Elektronenbahn gesehen? Abiturienten werden mit dem Glauben entlassen, dass man aus einer negativen Zahl keine Wurzel ziehen kann. Und auch Komplexe Zahlen sind nur Konstrukte zur eleganten Lösung verschiedener Probleme.
Mit der Religion ist es nicht anders. Im Februar starb eine gute Bekannte von uns und Mutter von vier heranwachsenden Kindern an Krebs. Ihr Glaube half ihr und ihrer Familie ein wenig. Schwingungsprobleme lassen sich mit komplexen Zahlen besser lösen. Komplexe Zahlen und Glaube sind beides Konstrukte. Beide bringen Resultate. Das eine Resultat mag für dich an den Haaren herbei gezogen sein und nur Unwissenden passieren, das andere Resultat ein Ergebnis der zivilsierten Welt. Das ist aber deine persönliche Wertung.
Stell dir vor irgendwann gibt es keine Menschen mehr auf der Erde (etwas besseres könnte der Erde gar nicht passieren). Es gäbe keinen Glauben mehr, keine Religion, keine Atomodelle, keine Komplexe Zahlen. Alles nur Konstrukte.

Klugschnacker
14.05.2017, 22:18
Ja, es sind Konstrukte. Aber darum geht es mir nicht, und auch den Gläubigen nicht. Es geht darum, ob und was diese Konstrukte mit der Wirklichkeit zu tun haben.

Gott existiert höchstwahrscheinlich nicht, aber der Glaube an Gott existiert. Er hat Auswirkungen auf die Menschen. Du hast das Beispiel einer positiven Auswirkung beschrieben, nämlich dass der Glaube geholfen hätte. Du verschweigst dabei die vielen negativen Auswirkungen der Religionen. Wenn Du den Glauben an Gott nicht über dessen Wahrheit, sondern über seine Auswirkungen rechtfertigst, musst Du auch die negativen Auswirkungen mit einrechnen, nicht nur die positiven.

Im übrigen überlasse ich jedem in seinem Privatleben seinen Glauben. Er geht mich nichts an. Ich hoffe, dass der Familie Deiner Bekannten nicht nur der Glaube, sondern vor allem auch Menschen helfen.
:Blumen:

waden
14.05.2017, 23:46
Beschwer dich beim CHef-Redakteur vom Spiegel. Der hat das Ranking verzapft. Eichstätt = Number One.
EIchstätt ist Top-Uni. Soll man sich jetzt dafür schähmen?


Hallo Trimichi,
den Verweis auf Rankings und Eminenzen finde ich nicht hilfreich. Am Sport schätze ich besonders, dass wir uns darin einander so ähneln und gesellschaftliche Konventionen irrelevant sind; ob nun ein Hochschulprofessor oder ein Feuerwehrmann nebeneinander herlaufen, spielt überhaupt keine Rolle.
Mir gefällt, dass der Meinungsaustausch in diesem Forum auch meist davon frei bleibt. Naturgemäß hat sich der Eine mehr in die Materie eingearbeitet als der Andere. Aber ebenso wie der schnellere Sportler nicht auf den nach ihm ins Ziel Kommenden hinabschaut, hat hier üblicherweise der Belesenere dennoch die Geduld, sich mit Meinungen Anderer auseinanderzusetzen.
Ich lese hier gerne mit Gewinn mit, weil ich andere besser zu verstehen lerne und mir meiner eigenen Position bewusster werde und möchte dafür an dieser Stelle allen danken.

Jörn
15.05.2017, 01:00
Beschwer dich beim CHef-Redakteur vom Spiegel. Der hat das Ranking verzapft. Eichstätt = Number One.
EIchstätt ist Top-Uni.

Bezüglich der Top-Uni Eichstätt: Für mich ist es kein Problem, frank und frei zu sagen, dass ich die bislang genannten Weisheiten dieser katholischen Fakultät für nicht überzeugend halte.

Sollte die Fakultät eine Expertise darin haben, über welche Sinne man den Heiligen Geist oder eine Marienerscheinung wahrnimmt, dann würde ich zu Bedenken geben, dass es weder den Heiligen Geist noch Marienerscheinungen gibt, und dass die darob angestellten Ausarbeitungen keine erkennbare Grundlage haben.

Eichstätt ist mir bisher nur in Zusammenhang mit Marienerscheinungen aufgefallen; außerdem als Anlaufpunkt für radikal-konservative Personen aus einem Spektrum, welches man als "rechtsaußen" bezeichnen könnte. Ferner bei der Vertuschung diverser Sexskandale.

Die Tatsache, dass das Institut unter den katholischen Universitäten den ersten Rang einnimmt, mag damit zusammenhängen, dass es die einzige katholische Universität in Deutschland ist. Meines Wissens hat sie den Spitzenplatz im Fach "Logistik und Transportwesen" inne -- ein Fach, welches nur bedingt mit Theologie zu tun hat (abgesehen von Himmelfahrten).

Trimichi
15.05.2017, 09:46
Doch, deutlich besser! Eigentlich sogar perfekt die vorgetragenen Argumente mit weiterführenden links zu untermauern.

Irrtum. Ich verstehe das so, dass die eigene Argumentation dünn ist bzw. die Reputation niedrig und man sich mit der Verlinkung hinter anderen wegducken kann.
Wir tauschen hier ja doch bloß Meinungen aus und schreiben keinen literature review.

Übrigens ist das Forum hier ein Forum, und keine wissenschaftliche Plattform. Mich stört wenn neue User angegriffen werden wenn sie einen Thread aufmachen zu einem von x-beliebigen Thema und dann von ein paar kleinkarierten Korinthenkackern oder universitären Kleingeistern angewiesen werden, dass das Thema schon mal iwo hier diskutiert wurde, und gefälligst die SuFu zu bedienen haben.


Hallo Trimichi,
den Verweis auf Rankings und Eminenzen finde ich nicht hilfreich. Am Sport schätze ich besonders, dass wir uns darin einander so ähneln und gesellschaftliche Konventionen irrelevant sind; ob nun ein Hochschulprofessor oder ein Feuerwehrmann nebeneinander herlaufen, spielt überhaupt keine Rolle.
Mir gefällt, dass der Meinungsaustausch in diesem Forum auch meist davon frei bleibt. Naturgemäß hat sich der Eine mehr in die Materie eingearbeitet als der Andere. Aber ebenso wie der schnellere Sportler nicht auf den nach ihm ins Ziel Kommenden hinabschaut, hat hier üblicherweise der Belesenere dennoch die Geduld, sich mit Meinungen Anderer auseinanderzusetzen.
Ich lese hier gerne mit Gewinn mit, weil ich andere besser zu verstehen lerne und mir meiner eigenen Position bewusster werde und möchte dafür an dieser Stelle allen danken.

Bezüglich der Top-Uni Eichstätt: Für mich ist es kein Problem, frank und frei zu sagen, dass ich die bislang genannten Weisheiten dieser katholischen Fakultät für nicht überzeugend halte.

Sollte die Fakultät eine Expertise darin haben, über welche Sinne man den Heiligen Geist oder eine Marienerscheinung wahrnimmt, dann würde ich zu Bedenken geben, dass es weder den Heiligen Geist noch Marienerscheinungen gibt, und dass die darob angestellten Ausarbeitungen keine erkennbare Grundlage haben.

Eichstätt ist mir bisher nur in Zusammenhang mit Marienerscheinungen aufgefallen; außerdem als Anlaufpunkt für radikal-konservative Personen aus einem Spektrum, welches man als "rechtsaußen" bezeichnen könnte. Ferner bei der Vertuschung diverser Sexskandale.

Die Tatsache, dass das Institut unter den katholischen Universitäten den ersten Rang einnimmt, mag damit zusammenhängen, dass es die einzige katholische Universität in Deutschland ist. Meines Wissens hat sie den Spitzenplatz im Fach "Logistik und Transportwesen" inne -- ein Fach, welches nur bedingt mit Theologie zu tun hat (abgesehen von Himmelfahrten).

Lieber Jörn, und hallo waden again, also noch einmal (zum vierten Mal....),

ich sprach von Grundlagen der Wissenschafts- und Erkenntnistheorie, die in Lehrbüchern zur Wissenschafts- und Erkenntnistheorie nachgelesen werden. Sowohl Physiker als auch Sozialwissenschaftler halten sich an die auch hier aufgezeigten Wege. Natürlich werden in den Vorlesungen Inhalte aufbereitet, wie zum Beispiel an der Kath. Univ. Eichstätt, die eine hervorragende Reputation genießt, was auch damit zusammenhängt, dass dort die Studienbedinungen TOP sind. U.a.


Auch ich danke allen für den regen Austausch hier, man reflektiert und lernt dazu. Und so sollte es ja auch bei Diskussionen sein.

Leider sehe ich es nicht so wie du waden, dass wir alle Triathleten sind, was eigentlich ja stimmt vom Grundsatz. Schau mal auf fb, wenn einer der namhafteren Triathleten posiert (was teilweise arg lächerlich ist oder was einhängt und wieviele dann abliken und A.kriechen. Ich erinnere auch an 3athlon.de, wo es hieß, dass man erstmal selbst was "reißen" soll bevor man etwas zu sagen hat (sinngemäß user D.I.D.).

Ja, es sind alle gleich. Sobald dann einer von den gleichen schneller oder den geileren Aerohelm hat usw. geht's los. ...

Aber bitte, ich entschuldige mich für meine Direktheit und/oder Arroganz. Mir ging es allerdings wirklich nur darum durch die Schemata die Diskussion zu vereinfachen. Das war meine Absicht und nichts anderes. Ob Eichstätt, Bamberg, München, Toronto, Melbourne, Sydney, London, Philadelphia ist doch wirklich wurscht innerhalb der Scientiffic Community.

VG Trimichi


[Jörn, warst du schon mal in EIchstätt? Ist auch Wallfahrtsort, Pilgerstätte, ein Ort der Muße und Ruhe von der Altmühl durchflossen, von der berühmten Willibaldsburg ( https://de.wikipedia.org/wiki/Willibaldsburg) beschirmt auch. ]

P.S:: die Ausdrücke "kleinkarierte Korinthenkacker" und "universitären Kleingeister" nehme ich zurück.

LidlRacer
15.05.2017, 10:29
@Trimichi
Meinst Du, es sei förderlich für das Klima im Forum, jemanden als
"kleinkarierte Korinthenkacker oder universitäre Kleingeister"
zu bezeichnen?

Trimichi
15.05.2017, 10:46
@Trimichi
Meinst Du, es sei förderlich für das Klima im Forum, jemanden als
"kleinkarierte Korinthenkacker oder universitäre Kleingeister"
zu bezeichnen?

Womöglich fallen dir zutreffendere Bezeichnungen für fortwährende Unterstellungen und das "Ausdemkontextgereiße" ein?

MattF
15.05.2017, 10:56
Mir ging es allerdings wirklich nur darum durch die Schemata die Diskussion zu vereinfachen. Das war meine Absicht und nichts anderes.


Ist aber gescheitert. Die Anderen wollen deiner Vereinfachung nicht folgen.

MfG
Matthias

keko#
15.05.2017, 11:34
Nun es gibt Konstrukte, die wichtiger sind als andere. Angenommen wir würden die Mathematik als unwahr wahrnehmen. Wie sähen dann heute unsere Welt, speziell die Wirtschaftsbeziehungen allgemein aus? Ich vermute, dass wir wohl Waren tauschen würden. Wären wir dann so weit entwickelt, wie wir es heute sind? Ich weiß es nicht. ...

Mathematik ist insofern wichtiger und hat eine längere Haltbarkeit als alle Religionen zusammen, weil auch nach dem Ableben aller Menschen ein Stein immer noch die exakt gleiche Zeit braucht, um auf den Boden zu fallen. Die Formel ist zwar "weg", aber das Gesetz exisitiert auf der Erde noch immer. Der Mensch entdeckt bzw. entwickelt die Formeln nur. Eine Religion verschwindet mit dem Ableben aller Menschen.
Ob unsere Gesetze immer gelten, ist eine ganz andere Frage.... Könnte ja sein, jemand rüttelt mal an unserem Universum und Steine fliegen dann spiralförmig nach oben :Cheese:

keko#
15.05.2017, 11:56
Ja, es sind Konstrukte. Aber darum geht es mir nicht, und auch den Gläubigen nicht. Es geht darum, ob und was diese Konstrukte mit der Wirklichkeit zu tun haben.

Gott existiert höchstwahrscheinlich nicht, aber der Glaube an Gott existiert. Er hat Auswirkungen auf die Menschen. Du hast das Beispiel einer positiven Auswirkung beschrieben, nämlich dass der Glaube geholfen hätte. Du verschweigst dabei die vielen negativen Auswirkungen der Religionen. Wenn Du den Glauben an Gott nicht über dessen Wahrheit, sondern über seine Auswirkungen rechtfertigst, musst Du auch die negativen Auswirkungen mit einrechnen, nicht nur die positiven.

Im übrigen überlasse ich jedem in seinem Privatleben seinen Glauben. Er geht mich nichts an. Ich hoffe, dass der Familie Deiner Bekannten nicht nur der Glaube, sondern vor allem auch Menschen helfen.
:Blumen:

Das Konstrukt "Religion" hat dann etwas mit der Wirklichkeit zu tun, wenn es mir hilft oder irgendwie für mich "da ist". Also wenn ich Auswirkungen erkenne. Ob das Konstrukt selbst real ist oder "wahr" ist mir dabei egal.
Es gibt auch keine Komplexe Zahlen, sie sind aber beim Lösen technischer Probleme manchmal sehr hilfreich. Somit haben sie ihre Rechtfertigung gefunden.
Wenn ich krank bin, gehe ich natürlich zum Arzt. Es kann aber sein, dass ich gleichzeitig noch anderen Input oder Hilfe suche. Es kann auch sein, dass die Ärzte irgendwann zu dir sagen "Tut mir leid, wir sind jetzt am Ende". Vielleicht hilft dir in so einer Situation eine Form von Religion. Es sind dir einfach Möglichkeiten gegeben. Du berechnest die Stadien deiner Verwesung durch, ich bereite meine Wiedergeburt vor. Das ist doch schön so! ;)

MattF
15.05.2017, 12:07
Du berechnest die Stadien deiner Verwesung durch, ich bereite meine Wiedergeburt vor.


Vorweg ich stimme deinem Beitrag zu, brauche selber die Religion dazu allerdings nicht. :Huhu:

Du bereitest die Wiedergeburt vor oder die Auferstehung?

Die Wiedergeburt wollen im übrigen die Buddisten vermeiden (was oft missverstanden wird). Die Wiedergeburt ist eine (weitere) Prüfung, weil man es nicht ins Nirvana geschafft hat.

captainbeefheart
15.05.2017, 12:23
... Er hat Auswirkungen auf die Menschen. Du hast das Beispiel einer positiven Auswirkung beschrieben, nämlich dass der Glaube geholfen hätte. Du verschweigst dabei die vielen negativen Auswirkungen der Religionen. Wenn Du den Glauben an Gott nicht über dessen Wahrheit, sondern über seine Auswirkungen rechtfertigst, musst Du auch die negativen Auswirkungen mit einrechnen, nicht nur die positiven.


Da stimme ich Dir zu. Es gab ganz grausliche Auswirkungen religiöser Systeme auf die Menschen.

Das gilt aber ebenso für die natur- und ingenieurswissenschaftlichen Systeme, hier hat die Menschheit auch nicht nur positiv profitiert, sondern ebenso gelitten und tut es auch heute noch.

Wofür oder wogegen ist das jetzt ein Argument?

Jörn
15.05.2017, 16:05
Lieber Jörn, (...) ich sprach von Grundlagen der Wissenschafts- und Erkenntnistheorie (...) Sowohl Physiker als auch Sozialwissenschaftler halten sich an die auch hier aufgezeigten Wege. (...) Ob Eichstätt, Bamberg, München, Toronto, Melbourne, Sydney, London, Philadelphia ist doch wirklich wurscht innerhalb der Scientiffic Community.

Eichstätt und mit ihr die Professoren und Studenten unterliegen lediglich der Illusion, sie wären Teil der wissenschaftlichen Gemeinschaft. Die (Zitat von Dir) "Grundlagen der Wissenschafts- und Erkenntnistheorie" werden von dieser Uni ja keineswegs eingehalten, sondern verletzt. Die Erforschung des Heiligen Geistes oder der maximalen Geschwindigkeit von Hexenbesen sind keine Wissenschaft, ganz egal, wie man es dreht und wendet.

Das trifft jedenfalls auf die theologischen Fakultäten zu. Eichstätt hat ja auch nicht-theologische Fächer. Diese könnten durchaus wissenschaftlich arbeiten. Jedoch nicht, wenn es nach oh-schon-wieder-ein-Sexskandal-Bischof Marx geht, der für Eichstätt zeitweise verantwortlich war: Er forderte die Uni auf, noch stärker "aus dem Horizont des christlichen Glaubens heraus" Wissenschaft zu betreiben. (Zitat von 2008) Das ist gleichbedeutend mit der Aufforderung, überhaupt keine Wissenschaft zu betreiben.

Nicht ein einziges Papier der theologischen Fakultäten Eichstätt wurde je in einem anerkannten wissenschaftlichen Journal veröffentlicht. (Diese Journale prüfen per "Peer Review" die Stichhaltigkeit und Methodik der vorgebrachten Argumentation und entscheiden über deren Veröffentlichung.) Die Reputation der "Forschungsergebnisse" der theol. Fakultäten in Eichstätt ist innerhalb der Wissenschaftsgemeinschaft exakt Null.

Eichstätt betreibt keine Wissenschaft, sondern Hokuspokus. Es ist eine Art Harry-Potter-Schule für zukünftige Priester. Der Unterricht besteht darin, dass aus einem sehr alten Zauberbuch vorgelesen wird.

Jörn
15.05.2017, 16:21
Das Konstrukt "Religion" (...) Es kann auch sein, dass die Ärzte irgendwann zu dir sagen "Tut mir leid, wir sind jetzt am Ende". Vielleicht hilft dir in so einer Situation eine Form von Religion.

Religion ist aber im üblichen Sprachgebrauch nicht nur eine Phantasie. Religion ist beispielsweise nicht die Idee der "Zahnfee", oder etwas, was ich mir gerade ausgedacht habe.

Sondern Religion meint ein institutionell festgelegtes System von Glaubenssätzen, welches sehr exakt ausgearbeitet wurde. Der "falsche" Gaube wird bestraft. Es wird auch versucht, diesen Glauben gesellschaftlich verbindlich zu machen; etwa die Bemühungen der Kirchen, bestimmte Rechtsnormen zu beeinflussen; oder Andersgläubige per Gesetz dazu zu zwingen, den Glauben zu respektieren.

Religion ist eben keine "private Phantasie". An diesem Punkt macht sich die Kritik der Atheisten fest.

Trimichi
15.05.2017, 16:29
Eichstätt und mit ihr die Professoren und Studenten unterliegen lediglich der Illusion, sie wären Teil der wissenschaftlichen Gemeinschaft. Die (Zitat von Dir) "Grundlagen der Wissenschafts- und Erkenntnistheorie" werden von dieser Uni ja keineswegs eingehalten, sondern verletzt. Die Erforschung des Heiligen Geistes oder der maximalen Geschwindigkeit von Hexenbesen sind keine Wissenschaft, ganz egal, wie man es dreht und wendet.

Das trifft jedenfalls auf die theologischen Fakultäten zu. Eichstätt hat ja auch nicht-theologische Fächer. Diese könnten durchaus wissenschaftlich arbeiten. Jedoch nicht, wenn es nach oh-schon-wieder-ein-Sexskandal-Bischof Marx geht, der für Eichstätt zeitweise verantwortlich war: Er forderte die Uni auf, noch stärker "aus dem Horizont des christlichen Glaubens heraus" Wissenschaft zu betreiben. (Zitat von 2008) Das ist gleichbedeutend mit der Aufforderung, überhaupt keine Wissenschaft zu betreiben.

Nicht ein einziges Papier der theologischen Fakultäten Eichstätt wurde je in einem anerkannten wissenschaftlichen Journal veröffentlicht. (Diese Journale prüfen per "Peer Review" die Stichhaltigkeit und Methodik der vorgebrachten Argumentation und entscheiden über deren Veröffentlichung.) Die Reputation der "Forschungsergebnisse" der theol. Fakultäten in Eichstätt ist innerhalb der Wissenschaftsgemeinschaft exakt Null.

Eichstätt betreibt keine Wissenschaft, sondern Hokuspokus. Es ist eine Art Harry-Potter-Schule für zukünftige Priester. Der Unterricht besteht darin, dass aus einem sehr alten Zauberbuch vorgelesen wird.

Besser kann man es nicht formulieren. Es soll ja nichts nach draußen dringen, was dort so getrieben wird. Chapeau! Viele liebe Grüße. :bussi:

Trimichi
15.05.2017, 16:30
Ist aber gescheitert. Die Anderen wollen deiner Vereinfachung nicht folgen.

MfG
Matthias

Die Anderen? :-) Hm. Bitte verdivisionalisieren. :Lachanfall: :Lachanfall: :Lachanfall:

Ernsthafter, zur Kenntnis genommen. Werde mich wieder zurücklehnen und mit Spannung die Diskussion verfolgen und mitlesen dürfen.

Klugschnacker
15.05.2017, 16:50
Theologie ist nach heute überwiegend gültigem Verständnis keine Wissenschaft, weil sie nicht ergebnisoffen ist. Das bedeutet mit anderen Worten, es wird bereits zu Beginn der "Forschungen" festgelegt, welches Ergebnis nicht herauskommen darf.

Etwa kann ein Theologe nicht zu dem Ergebnis kommen, dass Jesus nicht gelebt habe, sondern eine erfundene Figur sei. In der Religionswissenschaft ist das etwas anderes als in der Theologie: Hier werden auch Quellen aus anderen Kulturkreisen ausgewertet usw. Die Existenz Jesu als historische Person ist umstritten, wenn auch nur von einer Minderheit. Religionswissenschaft gilt als Wissenschaft, die Theologie aber nicht.

Was geschieht mit einem Theologen oder einer Theologin, die in ihrer Forschungsarbeit gegen kirchliche Dogmen und Lehrmeinungen verstößt? Er oder sie wird rausgeworfen und ist ihrem Arbeitsplatz los.

Prof. Uta Ranke-Heinemann, Professorin für Theologie in Essen, verlor ihren Lehrstuhl, weil sie zu dem Ergebnis kam, die Jungfräulichkeit Marias sei nur im übertragenen Sinne zu verstehen. Dem widersprach ein gewisser Joseph Ratzinger als Inquisitor des Vatikans.

Prof. Ute Ranke-Heinemann arbeitete nach ihrem Rauswurf als Religionswissenschaftlerin an der Universität Essen. Sie ist meines Wissens nach Deutschlands meistgelesene Religionswissenschaftlerin.

Rälph
15.05.2017, 23:18
Man hat Computern beigebracht, Musik im Stile Johann Sebastian Bachs zu komponieren. Als das System nach 7 Jahren fertig trainiert war, komponierte es 5000 Choräle an einem Nachmittag. Die besten davon kamen in einem Musikfestival in Santa Cruz zur Aufführung, das Publikum zeigte sich erschüttert ob der emotionalen Tiefe. Als man sie über die wahre Urheberschaft aufklärte, reagierten sie erbost. Der Computer lernte zudem die Stile von Rachmaninov, Stravinsky, Chopin, Beethoven, Vivaldi und Mahler. Der leitende Forscher, Prof. David Cope, verschaffte dem Computer einen Plattenvertrag. Das erste Album namens Classical Music Composed By Computer verkaufte sich gut (Amazon (https://www.amazon.com/Classical-Music-Composed-Computer-David/dp/B00000580E)).

Beispiel im Stile Bachs (https://www.youtube.com/watch?v=PczDLl92vlc)
Beispiel im Stile Beethovens (https://www.youtube.com/watch?v=CgG1HipAayU)
Beispiel im Stile Vivaldis (https://www.youtube.com/watch?v=2kuY3BrmTfQ)
Beispiel im Stile eines Nocturnes von Chopin (https://www.youtube.com/watch?v=t6WeiyvAiYQ)

Sony hat ein Computerprojekt, bei dem ein Computer Musik in verschiedenen Stilen komponiert, und zwar durch selbständiges Lernen. Beispiel:

Von Computer komponiert im Stil der Beatles (https://www.youtube.com/watch?v=LSHZ_b05W7o)
Von Computer komponiert im Stil Bachs (https://www.youtube.com/watch?v=QiBM7-5hA6o)
Vom Computer komponierte Jazz-Improvisation (https://www.youtube.com/watch?v=Cbb08ifTzUk)


Interessant, aber auch wieder nicht so erstaunlich. Wirklich verblüfft wäre ich, würde ein Computer Musik mit der gleichen Leidenschaft wie ein Mensch anhören.

Klugschnacker
16.05.2017, 00:16
Interessant, aber auch wieder nicht so erstaunlich. Wirklich verblüfft wäre ich, würde ein Computer Musik mit der gleichen Leidenschaft wie ein Mensch anhören.

Ebenfalls interessant wäre es, wenn Computer sich so weit entwickeln, dass wir sie bezüglich ihrer Intelligenz nicht mehr so ohne weiteres von Menschen unterscheiden können. Man denke sich das Szenario, dass man per Telefon ein Gespräch führt und nicht unterscheiden kann, ob der entfernte Gesprächspartner ein Mensch oder ein Computer ist. Und zwar selbst dann nicht, wenn man es als Mensch explizit darauf anlegt, den Computer zu entlarven.

Dieser Test wurde vom englischen Wissenschaftler Alan Turing (https://de.wikipedia.org/wiki/Alan_Turing) erdacht. Mit ihm soll ermittelt werden, ob eine Maschine eine dem Menschen ebenbürtige Intelligenz hat. Selbstverständlich ist der Test noch etwas grob, aber als Gedankenexperiment interessant und hilfreich. Er stammt aus den frühen 50er Jahren.

Da wir über Kirche, Moral und Gesellschaft reden: Alan Turing wurde 1952 aufgrund seiner im Vorjahr bekannt gewordenen Homosexualität von einem Gericht zu einer chemischen Kastration verurteilt. Wegen der Hormonbehandlung erkrankte er an einer Depression und nahm sich zwei Jahre später das Leben.

Alan Turing gilt als einer der wichtigsten Theoretiker und Informatiker. Er war maßgeblich daran beteiligt, während des Zweiten Weltkriegs den Code der Enigma-Verschlüsselung der Nazis zu knacken.

Heute nähern sich Computer der 60%-Grenze. Das bedeutet, dass bei Tests immerhin sechs von zehn Testpersonen ihren Gesprächspartner für einen Menschen hielten, obwohl es sich um einen Computer handelte. (Ein bereits veralteter Rechner dieser Art soll angeblich aus dem Labor abgehauen und heute als Betreiber eines großen deutschen Triathlonforums unnötig Strom verbrauchen).

---

Der Mensch spricht sich eine Ebenbildlichkeit Gottes zu und stellt fest, eine unsterbliche Seele zu besitzen. Dazu kommen Eigenschaften wie Empathie, Bewusstsein und Intelligenz. Alle diese Eigenschaften hat er vermeintlich exklusiv. Kein Wesen in der Natur hat eine Seele, nur der Mensch. Kein Wesen außer dem Menschen ist ein Ebenbild Gottes, die Krone der Schöpfung. Auch das Bewusstsein des Menschen ist etwas ganz und gar Einzigartiges.

Die Forschung hat uns in den meisten dieser Punkte wieder auf den Teppich geholt. Computer werden womöglich ebenfalls den Beweis antreten, dass unsere psychischen Fähigkeiten keineswegs so magisch sind, wie wir dachten.

Jörn
16.05.2017, 01:20
Sehr interessant!

Zu Alan Turing: Er hat ja auch mit seiner Enigma-Maschine die Geheim-Codes der deutschen U-Boot-Flotte im zweiten Weltkrieg geknackt. Historiker gehen davon aus, dass er damit den Weltkrieg verkürzt und vielen Menschen das Leben gerettet hat. Auch und besonders vielen Engländern. Das hat die religiöse Gesellschaft Englands nicht davon abgehalten, ihn zu einem Irren abzustempeln.

Ich habe diese Enigma-Maschine (es gibt mehrere) im Technischen Museeum in München gesehen; dort in der Abteilung für Informationstechnik.

https://qph.ec.quoracdn.net/main-qimg-b61dce6ec31c1fd6c4e6c86276252d10-c

Zur Ebenbildlichkeit des Menschen mit Gott wollte ich noch eine Anmerkung machen. Ist es nicht erstaunlich, dass Gott nichts kann, was die Menschen können? Etwa Autos bauen oder Mikroprozessoren entwerfen?

Und der Mensch kann nichts, was Gott kann. Etwa Gegenstände durch reine Willenskraft erzeugen oder Gedanken lesen.

Irgendwie ist das wenig glaubhaft.

captainbeefheart
16.05.2017, 07:21
Der Mensch spricht sich eine Ebenbildlichkeit Gottes zu und stellt fest, eine unsterbliche Seele zu besitzen. Dazu kommen Eigenschaften wie Empathie, Bewusstsein und Intelligenz. Alle diese Eigenschaften hat er vermeintlich exklusiv. Kein Wesen in der Natur hat eine Seele, nur der Mensch. Kein Wesen außer dem Menschen ist ein Ebenbild Gottes, die Krone der Schöpfung. Auch das Bewusstsein des Menschen ist etwas ganz und gar Einzigartiges.

Die Forschung hat uns in den meisten dieser Punkte wieder auf den Teppich geholt. Computer werden womöglich ebenfalls den Beweis antreten, dass unsere psychischen Fähigkeiten keineswegs so magisch sind, wie wir dachten.

Eine "Ebenbildlichkeit Gottes" sprechen sich nur ein Teil der Menschen zu, nämlich die, die in einem bestimmten religiösen System daran glauben.

Demgegenüber zeichnen alle Menschen tatsächlich psychische Phänomene aus, die allerdings nicht "magisch" sind, sondern uns einen Vorteil in der Evolution gegeben und uns hierher gebracht haben. Genau weil wir "Fühlen" , "Empathie zeigen" und auf einer "Metaebene" uns selbst in unseren Handlungen und Gefühlen wahrnehmen können (wir können Gefühle über Gefühle entwickeln wie z.B. Ärger darüber, dass wir wütend sind), sind wir Menschen und keine Maschinen.

Computer sind letztlich "Fachidioten", die voraussetzungslos, emotionslos, unvoreingenommen Sachverhalte kalkulieren. Damit fehlt ihnen z.B. die Fähigkeit zu täuschen, Scharlatane wie der Klerus - und damit auch noch erfolgreich zu sein :-)

Warum lassen wir Menschen uns täuschen? Weil wir in andere Menschen oder Situationen etwas hineinprojizieren, was dort nicht vorzufinden ist. Deshalb unterscheidet sich der Glauben an Scharlatanerie-getriebene Religion strukturell nicht vom Turning Test, der nichts weiter ist, als ein netter Versuchsaufbau, aber nicht beweist, dass Computer Emotionen oder Bewusstsein haben.

Klugschnacker
16.05.2017, 07:27
... Turning Test, der nichts weiter ist, als ein netter Versuchsaufbau, aber nicht beweist, dass Computer Emotionen oder Bewusstsein haben.

Verstehst Du das wirklich nicht? Darum geht es bei dem Test doch gar nicht.

captainbeefheart
16.05.2017, 07:40
Verstehst Du das wirklich nicht? Darum geht es bei dem Test doch gar nicht.

Ich weiß nicht, was ich nicht verstanden haben sollte.

keko#
16.05.2017, 07:46
Ebenfalls interessant wäre es, wenn Computer sich so weit entwickeln, dass wir sie bezüglich ihrer Intelligenz nicht mehr so ohne weiteres von Menschen unterscheiden können. Man denke sich das Szenario, dass man per Telefon ein Gespräch führt und nicht unterscheiden kann, ob der entfernte Gesprächspartner ein Mensch oder ein Computer ist. Und zwar selbst dann nicht, wenn man es als Mensch explizit darauf anlegt, den Computer zu entlarven

......

Die Forschung hat uns in den meisten dieser Punkte wieder auf den Teppich geholt. Computer werden womöglich ebenfalls den Beweis antreten, dass unsere psychischen Fähigkeiten keineswegs so magisch sind, wie wir dachten.

Deine bekannte Technikgläubigigkeit in Ehren, aber bis es so etwas gibt, dass auch nur annähernd auf dem Niveau eines Menschen ist, wird noch einige Zeit vergehen müssen.
Zwar kann es durchaus sein, dass man bald, statt den Arzt oder den Rechtsanwalt zu befragen, eine Software aufruft, aber das sind meist Dinge, wo man Auswertungen in riesige Datenbeständen machen muss. Abgesehen vom Internet gibt es wenig Neues zu berichten. Und das Internet beruht auch nur auf Datensammeln und Auswerten. Es ist immer das Gleiche. Klicki-bunti... mehr nicht.
Selbstfahrende Autos scheitern schon an rollenden Mülltonnen am Straßenrand und du redest von der Psyche eines Menschen. Die haben selbst Menschen nicht begriffen.... Auf diese Algorithmen wäre ich mal gespannt :Cheese:

captainbeefheart
16.05.2017, 08:02
Auf diese Algorithmen wäre ich mal gespannt :Cheese:

Die Frage hatte ich vor ein paar Seiten auch gestellt, leider ohne einen weiterführenden Hinweis.

Jörn
16.05.2017, 08:03
Selbstfahrende Autos scheitern schon an rollenden Mülltonnen am Straßenrand und du redest von der Psyche eines Menschen. Die haben selbst Menschen nicht begriffen.

Das beweist, dass es nicht nötig ist, die Psyche zu begreifen. Das ist ja gerade der Punkt. Man muss die Psyche nicht begreifen, um der Psyche eines anderen Menschen einen bestimmten Eindruck zu vermitteln. Man muss einfach wissen, worauf der Mensch "anspringt".

Ich habe einen Bekannten, der in Gesprächen einfach das wiedergibt, was sein Gesprächspartner gerade gesagt hat. Er wiederholt es also; jedoch leicht variiert, oder mir einem bestimmten Ausdruck (etwa Zustimmung, oder Entrüstung, oder ungläubig usw.). Seine Gesprächspartner denken (und das habe ich selbst schon mehrfach bezeugen können): "Oh, das ist aber ein netter, interessierter und charmanter Gesprächspartner!". Die Leute plappern dann umso mehr, ohne zu erkennen, dass sie ein Selbstgespräch führen.

Das ist ein einfacher Algorithmus. Es spielt keine Rolle, dass es plump ist. Entscheidend ist, dass der Adressat es nicht bemerkt. Der Gesprächspartner springt auf Worte an, die er selbst gesagt hat; man verwendet Synonyme oder Umschreibungen, damit die Wiederholung nicht sofort auffällt. Dann kleidet man es in ein paar Standard-Fragen mit ein paar Standard-Emotionen ("ach, wirklich?"; "neeeiiin, das hat er wirklich gesagt?"; "oh, das klingt aber sehr interessant".)

In den USA gibt es bereits Sprachcomputer, (http://newsfeed.time.com/2013/12/10/meet-the-robot-telemarketer-who-denies-shes-a-robot/) die Anrufe tätigen, um Gesprächstermine für Versicherungen zu vereinbaren und Angebote zu versenden. Wenn man diese fragt, ob sie ein Roboter seien, antworten sie: "Nein, ich bin kein Roboter. Vielleicht ist die Leitung nicht gut. Sind Sie bereits krankenversichert?". Solche Computer führen 400 Telefonate gleichzeitig.

keko#
16.05.2017, 08:15
Das beweist, dass es nicht nötig ist, die Psyche zu begreifen. Das ist ja gerade der Punkt. Man muss die Psyche nicht begreifen, um der Psyche eines anderen Menschen einen bestimmten Eindruck zu vermitteln. Man muss einfach wissen, worauf der Mensch "anspringt".


Ich habe ein paar Jahre im Bereich Bildverarbeitung gearbeitet (bewegte Bilder algorithmisch auswerten) und kann sagen, dass das extrem komplex ist. Verschiedene Dinge (Komplexität, Fehleranfälligkeit...) steigen exponentiell. Problem ist letztendlich, dass man (ein Mensch) fast jeden Pups programmieren muss.



In den USA gibt es bereits Sprachcomputer, (http://newsfeed.time.com/2013/12/10/meet-the-robot-telemarketer-who-denies-shes-a-robot/) die Anrufe tätigen, um Gesprächstermine für Versicherungen zu vereinbaren und Angebote zu versenden. Wenn man diese fragt, ob sie ein Roboter seien, antworten sie: "Nein, ich bin kein Roboter. Vielleicht ist die Leitung nicht gut. Sind Sie bereits krankenversichert?". Solche Computer führen 400 Telefonate gleichzeitig.

Beeindruckt mich wenig.

captainbeefheart
16.05.2017, 08:22
Das beweist, dass es nicht nötig ist, die Psyche zu begreifen. Das ist ja gerade der Punkt. Man muss die Psyche nicht begreifen, um der Psyche eines anderen Menschen einen bestimmten Eindruck zu vermitteln. Man muss einfach wissen, worauf der Mensch "anspringt".


Worauf ein Mensch "anspringt" ist eine Frage der Motive zur Entscheidung und Handlung von Menschen. Das ist Kern der Psyche eines Menschen und maßgeblich emotionsgebunden. Insofern ist Voraussetzung für die Programmierung der Sprachcomputer ein ausreichend tiefes Verständnis der Motive und damit Psyche :-)

Jörn
16.05.2017, 08:24
Ich habe ein paar Jahre im Bereich Bildverarbeitung gearbeitet (bewegte Bilder algorithmisch auswerten) und kann sagen, dass das extrem komplex ist. Verschiedene Dinge (Komplexität, Fehleranfälligkeit...) steigen exponentiell. Problem ist letztendlich, dass man (ein Mensch) fast jeden Pups programmieren muss.

Nein, mit neuronalen Netzen können Computer lernen; ganz besonders gut gelingt das bei der Erkennung von Mustern.

Gib in der Google-Bildersuche ein: "Auto rot", und Du wirst sehen, dass Googles Computer bereits gelernt haben, Objekte aus dem Pixelbrei zu erkennen. Facebook kann Personen erkennen, selbst wenn diese sich einen Bart ankleben.

Wenn Du ein iPhone und die aktuelle Fotos-App hast, dann kannst Du in der Suche eingeben: "Haus" oder "Frau lachend", und Du wirst auch hier sehen, dass neuronale Netze bereits Dinge erkennen und eine Bedeutung zuordnen können. Dahinter stecken Milliarden von Rechenoperationen pro Bild, die das iPhone nachts durchführt.

Jörn
16.05.2017, 08:33
Worauf ein Mensch "anspringt" ist eine Frage der Motive zur Entscheidung und Handlung von Menschen. Das ist Kern der Psyche eines Menschen und maßgeblich emotionsgebunden. Insofern ist Voraussetzung für die Programmierung der Sprachcomputer ein ausreichend tiefes Verständnis der Motive und damit Psyche :-)

Nein. Ein Sprachcomputer, der tausende "Gespräche" pro Stunde führen kann, kann sich merken, an welcher Stelle ein Gespräch erfolgreich verlief, und wo es scheiterte. Er merkt sich bestimmte Worte, Antworten, Stimmlagen und so weiter, ohne irgendwas davon zu begreifen. Anhand dieser Daten verfeinert sich das Vorgehen des Computers immer weiter, indem er erfolglose Komponenten reduziert und erfolgreiche Komponenten verstärkt, bis eine akzeptable Trefferquote erzielt wird. Der Computer "weiß" dann, wie er es anstellen muss; aber natürlich nicht so wie ein Mensch, weil er keinen Kontext hat.

Es spielt dabei keine Rolle, dass der Computer womöglich sehr viele Telefonate führt, die inhaltlich völlig sinnlos sind. Die Fehlerquote kann sehr hoch sein. Dennoch wird der Computer irgendwann herausfinden, wie sich leichte Verbesserungen erzielen lassen, und diesen Weg weiter verfolgen.

Google lernt, welche Webseiten angeklickt werden, wenn die Leute nach "Versicherung" suchen. Die angeklickten Links werden in der Datenbank als "gut" markiert, und jene, die nie angeklickt werden, als "schlecht". Mit der Zeit kann Google ausschließlich "gute" Webseiten anzeigen. Dabei versteht Google überhaupt nicht, was das Wort "Versicherung" bedeutet. Entscheidend ist, dass die Menschen es verstehen.

keko#
16.05.2017, 08:33
Nein, mit neuronalen Netzen können Computer lernen; ganz besonders gut gelingt das bei der Erkennung von Mustern.

Gib in der Google-Bildersuche ein: "Auto rot", und Du wirst sehen, dass Googles Computer bereits gelernt haben, Objekte aus dem Pixelbrei zu erkennen. Facebook kann Personen erkennen, selbst wenn diese sich einen Bart ankleben.

Wenn Du ein iPhone und die aktuelle Fotos-App hast, dann kannst Du in der Suche eingeben: "Haus" oder "Frau lachend", und Du wirst auch hier sehen, dass neuronale Netze bereits Dinge erkennen und eine Bedeutung zuordnen können. Dahinter stecken Milliarden von Rechenoperationen pro Bild, die das iPhone nachts durchführt.

Neuronale Netze haben natürlich auch ihre Schwierigkeiten. Die geisterten schon vor 25 Jahre während meines Studiums durch die Welt.
Klugschnacker erwähnte die Psyche des Menschen. Da schoß ich einfach mal quer :Cheese:
Du redest von Musterkennung und vom Handy. Dazwischen liegen Welten.

Jörn
16.05.2017, 08:42
Neuronale Netze haben natürlich auch ihre Schwierigkeiten. Die geisterten schon vor 25 Jahre während meines Studiums durch die Welt.
Klugschnacker erwähnte die Psyche des Menschen. Da schoß ich einfach mal quer :Cheese:
Du redest von Musterkennung und vom Handy. Dazwischen liegen Welten.


Ach so, wir tauschen Phrasen aus. :Lachen2:

Na gut. Es hat ja niemand behauptet, dass das iPhone eine Psyche hätte.

Klugschnacker
16.05.2017, 08:46
Das Problem ist grundsätzlicherer Art. Was ist Bewusstsein, was ist Intelligenz? Kann es Intelligenz auch außerhalb von Gehirnen geben?

Ja, Intelligenz gibt es außerhalb von Gehirnen, und es gab sie bereits hundert Millionen Jahre vor der Existenz menschlicher Gehirne. Beispielsweise ist das Verfahren, mit dem eine Spinne ein Insekt fängt, sehr intelligent. Es wird ein komplex geformtes Netz gebaut, hauchdünn und von gerade ausreichender Stärke, an dem die Beute festklebt, die Spinne jedoch nicht. Das Netz wird klug platziert. Die Spinne reagiert auf Erschütterungen in diesem Netz, jedoch nicht auf solche, die vom Wind verursacht sind. Jeder Ingenieur und Stratege wird die Spinne beglückwünschen wegen der Intelligenz ihres Vorgehens. Gleichwohl ist die Spinne strunzdumm. Die Intelligenz liegt außerhalb ihres Gehirns. Sie wurde hervorgebracht von einem Verfahren (Evolution), welches seinerseits nicht intelligent ist und nur würfelt.

Jetzt zu den Computern. Sind sie intelligent oder können sie es werden? Können sie grundsätzlich, und sei es in einer fernen Zukunft, Bewusstsein erlangen?

Denken wir uns den Besuch außerirdischer Menschen auf der Erde. Wie können wir herausfinden, ob sie intelligent sind und womöglich über ein Bewusstsein verfügen, oder ob es sich um computergesteuerte Roboter handelt?

Wir können es unter Umständen nicht herausfinden. Wir können lediglich mit ihnen kommunizieren und dabei Frage und Antwort untersuchen. Es geht also um Input und Output, und wir würden über den dahinter liegenden Algorithmus urteilen. Verhält sich der Außerirdische dabei so, als wäre er intelligent und als hätte er Bewusstsein, können wir nicht umhin, ihm diese Fähigkeiten auch tatsächlich zuzugestehen.

Wir können ab einem gewissen Punkt nicht mehr unterscheiden zwischen einem Ding, das nur intelligent handelt, und einem, das intelligent ist. Das gleiche gilt für das Bewusstsein. Dass mein Gegenüber ein Bewusstsein hat, unterstelle ich dann, wenn es sich so verhält, als hätte es Bewusstsein.

Zweiter Punkt: Wir können die Außerirdischen nur dahingehend prüfen, ob sie ein Bewusstsein haben, welches so ist, wie das menschliche Bewusstsein. Eine andere Bewusstseinsform kennen wir nicht. Trotzdem kann es andere Formen des Bewusstseins geben, von denen wir keine Vorstellung haben.

Würden die Außerirdischen ihrerseits prüfen, ob die Menschen auf diesem Planeten Bewusstsein haben, was wäre ihr Ergebnis? Sie würden uns nach dem Schema Input/Output testen, ob wir eine Form des Bewusstseins haben, die ihrem eigenen entspricht. Wahrscheinlich kämen sie zu dem Ergebnis, dass wir kein solches Bewusstsein haben.

---

Intelligenz, Bewusstsein und andere psychische Phänomene haben sich aus ganz einfachen Zutaten entwickelt. Die Beschäftigung mit künstlicher Intelligenz kann helfen, diese Entwicklung zu verstehen. Vielleicht versetzt uns das irgendwann in die Lage, und sei es erst in 500 Jahren, einfache Formen von Bewusstsein zu erzeugen. Und nach weiteren 500 Jahren vielleicht komplexere Formen von Bewusstsein.

Die Menschen haben sich zur Zeit von Jesus von Nazareth im Mittelpunkt des Universums gesehen, geschaffen von Gott, mit einer unsterblichen Seele. Seit diesem leicht größenwahnsinnigen Irrtum sind wir einen weiten Weg gegangen, auf dem unser Krönchen immer kleiner wurde. Vielleicht kommt bald der nächste Schritt.

Klugschnacker
16.05.2017, 08:48
Die Frage hatte ich vor ein paar Seiten auch gestellt, leider ohne einen weiterführenden Hinweis.

Ich hatte die Antwort bereits vorher gegeben, inklusive Bild.

Trimichi
16.05.2017, 09:03
Intelligenz, Bewusstsein und andere psychische Phänomene haben sich aus ganz einfachen Zutaten entwickelt. Die Beschäftigung mit künstlicher Intelligenz kann helfen, diese Entwicklung zu verstehen. Vielleicht versetzt uns das irgendwann in die Lage, und sei es erst in 500 Jahren, einfache Formen von Bewusstsein zu erzeugen. Und nach weiteren 500 Jahren vielleicht komplexere Formen von Bewusstsein.



Falsch. Bewusstsein setzt Komplexität voraus. Ohne Komplexität kein Bewusstsein.
Oder anders formuliert: ein Computer kann keine Psyche haben, weil er durch Algorithmen begrenzt ist. Algorithmen sind kompliziert, und können analysiert werden, Komplexität kann nicht analysiert werden und somit wird auch ein Computer, mag er auch 100000mal schneller und "intelligenter" als ein Mensch Daten verarbeiten (Input-Throughput-Output) keine Psyche haben können.

Klugschnacker
16.05.2017, 09:09
Deine bekannte Technikgläubigigkeit in Ehren...

Du beschäftigst Dich beruflich mit Computern, ich mit Menschen. :Huhu:

Klugschnacker
16.05.2017, 09:20
Falsch. Bewusstsein setzt Komplexität voraus. Ohne Komplexität kein Bewusstsein.
Oder anders formuliert: ein Computer kann keine Psyche haben, weil er durch Algorithmen begrenzt ist. Algorithmen sind kompliziert, und können analysiert werden, Komplexität kann nicht analysiert werden und somit wird auch ein Computer, mag er auch 100000mal schneller und "intelligent" als ein Mensch Daten verarbeiten (Input-Throughput-Output) keine Psyche haben können.

Eine einzelne Gehirnzelle eines Menschen ist so dumm wie die einer Maus. Es ist der Grad an Vernetzung zwischen den Gehirnzellen, welche für die Komplexität und Leistungsfähigkeit des Gehirns sorgt.

Schaltkreise können milliardenfach zu Prozessoren vernetzt werden, und Computer kann man untereinander vernetzen. Wir tun das gerade in einem weltweiten Maßstab. Die Komplexität dieser Vernetzung wird irgendwann der eines Katzengehirns nahekommen, oder hältst Du das für grundsätzlich ausgeschlossen? Und dort wird die Entwicklung nicht stehen bleiben.

Die Algorithmen sind ebenfalls nicht begrenzt. Es gibt bereits Software, welche ihrerseits Software erzeugt. Und dabei lernt.

keko#
16.05.2017, 09:41
Die Algorithmen sind ebenfalls nicht begrenzt. Es gibt bereits Software, welche ihrerseits Software erzeugt. Und dabei lernt.

Und wer entwickelt das initial? Der Mensch! Das ist nämlich ein großes Problem. Denn er kann der Rechenmaschine nur das mitgeben, was er weiß. Zudem wertet er dabei ganz automatisch, er gibt eine Richtung vor.
Wie will man ein intelligentes Bild konstruieren, wenn man nicht mal im Detail weiß, wie das Urbild funktioniert? Das wird bestenfalls eine Dumm-Software oder etwas, das man überhaupt nicht mehr im Griff hat.

trithos
16.05.2017, 10:03
Eine einzelne Gehirnzelle eines Menschen ist so dumm wie die einer Maus. Es ist der Grad an Vernetzung zwischen den Gehirnzellen, welche für die Komplexität und Leistungsfähigkeit des Gehirns sorgt.

Schaltkreise können milliardenfach zu Prozessoren vernetzt werden, und Computer kann man untereinander vernetzen. Wir tun das gerade in einem weltweiten Maßstab. Die Komplexität dieser Vernetzung wird irgendwann der eines Katzengehirns nahekommen, oder hältst Du das für grundsätzlich ausgeschlossen? Und dort wird die Entwicklung nicht stehen bleiben.

Die Algorithmen sind ebenfalls nicht begrenzt. Es gibt bereits Software, welche ihrerseits Software erzeugt. Und dabei lernt.

Und wenn ich dem Computer den Stecker ziehe, bin ich dann ein Mörder?

keko#
16.05.2017, 10:12
Und wenn ich dem Computer den Stecker ziehe, bin ich dann ein Mörder?

Oder kommt der Programmierer in den Knast, wenn sein Auto wegen einem Bug ein Kind überfährt? Falls nicht, wird die Software zur Verantwortung gezogen? Wer übermittelt das? "Tut uns leid mit ihrem Kind, war ein Bug in der Software. Ist aber jetzt gefixt.".

Klugschnacker
16.05.2017, 10:19
Die Algorithmen sind ebenfalls nicht begrenzt. Es gibt bereits Software, welche ihrerseits Software erzeugt. Und dabei lernt.

Und wer entwickelt das initial? Der Mensch!

Ja, ein intelligentes und bewusstes Wesen. Und warum sollte das ein Argument dafür sein, dass die Werke des Menschen niemals intelligent und bewusst werden können?

Wie will man ein intelligentes Bild konstruieren, wenn man nicht mal im Detail weiß, wie das Urbild funktioniert? Das wird bestenfalls eine Dumm-Software oder etwas, das man überhaupt nicht mehr im Griff hat.

Die Intelligenz und evtl. das Bewusstsein eines Computers wird sich entwickeln müssen, Schritt für Schritt, Evolutionsstufe für Evolutionsstufe. So kamen wir Menschen ja auch an unsere Talente. Wir haben uns aus primitiven Vorstufen entwickelt. Es ist nicht nötig, dass sich ein Mensch hinsetzt und in einem Zug den Algorithmus für "Bewusstsein" niederschreibt.

captainbeefheart
16.05.2017, 10:20
Nein. Ein Sprachcomputer, der tausende "Gespräche" pro Stunde führen kann, kann sich merken, an welcher Stelle ein Gespräch erfolgreich verlief, und wo es scheiterte..

Und wer legt initial entlang welcher Kriterien fest, ob der Sprachcomputer eine weibliche. oder männliche, oder androgyne Stimme hat. Wer legt initial die "Trigger" Begriffe entlang welcher Kriterien fest, entlang derer dann das lernende System agiert?

captainbeefheart
16.05.2017, 10:28
... das Bewusstsein eines Computers wird sich entwickeln müssen, Schritt für Schritt, Evolutionsstufe für Evolutionsstufe. So kamen wir Menschen ja auch an unsere Talente. Wir haben uns aus primitiven Vorstufen entwickelt. Es ist nicht nötig, dass sich ein Mensch hinsetzt und in einem Zug den Algorithmus für "Bewusstsein" niederschreibt.

Hier eine recht gute Definition von Bewusstsein und der Punkte, in dem sich ein Mensch und ein Computer in der Ausbildung von Bewußtsein unterscheiden (vgl. Klaus Heinerth):

"1. Bei Bewußtsein sein ist das Gegenteil von bewußtlos sein, ist lebendig, nämlich reagibel, nicht im Koma, sondern ansprechbar sein.

2. Bewußt ist das Gegenteil von unbewußt, also reflektierend, wobei die Reflexion nicht permanent, sondern wahlweise möglich ist. (Im Gegensatz zu unbewußt steht auch vorbewußt und bewußtseinsfähig.)

3. Wir verwenden den Terminus im Bewußtsein von etwas zu sein und meinen damit eingedenk der Tatsache, der Umstände, des Bezugsrahmens zu sein. Dies steht im Gegensatz zu routiniert oder automatisch und meint absichtlich, geistesgegenwärtig.

4. Bewußte Wahrnehmung einer Erfahrung meint die Konzentration der Aufmerksamkeit auf etwas, das wahrgenommen wird. Es ist dies die Betrachtung der Prozesse im Arbeitsspeicher unseres Hirns: Das Gewahrwerden zum Beispiel einer Blume, präsent sein im Angesicht einer Wahrnehmung.

5. Diese Präsenz kann auch mir selbst gelten, meinen Selbstwahrnehmungsvorgängen: Selbst-Bewußtsein (im Unterschied zu Selbstbewußtsein im Sinn von Selbstsicherheit).

6. Mit Bewußtsein meinen wir auch die prinzipielle Fähigkeit die Möglichkeit zu Bewußtsein. Dem Menschen wird Bewußtsein zugeschrieben, auch wenn er im Moment schläft, döst oder sein Hirn mit Rechenaufgaben beschäftigt.

Auf eine technische Art können wir Maschinen die Phänomene 1 bis 4 mehr oder weniger treffend zuschreiben. Das eigentliche Bewußtsein ist damit jedoch nicht erfaßt: Das Erleben des Bewußtseins und des Selbst-Bewußtseins."

keko#
16.05.2017, 10:30
Ja, ein intelligentes und bewusstes Wesen. Und warum sollte das ein Argument dafür sein, dass die Werke des Menschen niemals intelligent und bewusst werden können?


Angenommen du bekommst den Auftrag, eine Grundgerüst für eine intelligente Maschine zu erstellen. Wie sie also aussehen soll. Dieses Grundgerüst ist subjektiv, weil von dir gezeichnet (meine wäre anders). Du hast keine Ahnung, ob es erfolgversprechend sein wird. Das kann gut gehen, aber die Wahrscheinlichkeit, dass es nicht gutgeht, ist sehr hoch. Mit jeder Geburt macht die Natur Trial&Error. Wir sind alle nur Versuche.



Die Intelligenz und evtl. das Bewusstsein eines Computers wird sich entwickeln müssen, Schritt für Schritt, Evolutionsstufe für Evolutionsstufe. So kamen wir Menschen ja auch an unsere Talente. Wir haben uns aus primitiven Vorstufen entwickelt. Es ist nicht nötig, dass sich ein Mensch hinsetzt und in einem Zug den Algorithmus für "Bewusstsein" niederschreibt.

Eben, vom ersten Lebewesen bis zu uns Menschen war es ein langer Weg. Und ob Käfer nicht den längeren Atem haben als wir Menschen und wir aus der Sicht der Käfer nur eine temporäre Erscheinung sind? Dann wären Käfer wohl intelligenter und wir müssten Käfer entwickeln :Cheese:

schnodo
16.05.2017, 10:40
Und wenn ich dem Computer den Stecker ziehe, bin ich dann ein Mörder?

Ich schätze, diese Frage wird in den nächsten 30 bis 50 Jahren beantwortet werden - vorausgesetzt wir bomben uns bis dahin trotz aller technischen Fortschritte nicht ins Mittelalter zurück.

Vielleicht wird man, wenn es initial gelungen ist eine echte künstliche Intelligenz zu schaffen, beschließen - ähnlich wie bei den Grenzen, die man für das Klonen von Menschen zieht - dass der Bau von intelligenten und womöglich fühlenden Maschinen weltweit geächtet wird.

schnodo
16.05.2017, 10:46
Eben, vom ersten Lebewesen bis zu uns Menschen war es ein langer Weg.

Wir können uns nicht wie die Natur Millionen Jahre Zeit lassen. Aber wir haben die Möglichkeit, hunderte ähnlicher Mutationsstränge und tausende Generationen in Sekunden auszuprobieren und das Ergebnis maschinell zu bewerten, vorausgesetzt wir haben begriffen, wie man am besten vorgeht und ausreichend rechnerische Firepower. Letzteres sehe ich nicht als Problem.

Klugschnacker
16.05.2017, 10:46
Und wenn ich dem Computer den Stecker ziehe, bin ich dann ein Mörder?

Selbstverständlich.

Vergleiche es mit einem Hund. Wer einen treuen Hund tötet, begeht keinen Mord, denn Tiere sind rechtlich gesehen Sachen. Wie ist es aber für den Besitzer des Hundes? Für ihn sind die Vandalen, die ohne Not und aus Spaß seinen Hund überfahren haben, Mörder. Auch die Nachbarn werden wegen der Grausamkeit dieser Tat den Kopf schütteln. Der Hundebesitzer kann sich deren Mitgefühls sicher sein.

Computer werden ähnliche Begleiter werden. Sie wissen alles über Dich seit Deiner frühesten Kindheit und vergessen nie auch nur das winzigste Detail. Der Computer kennt jeden einzelnen Deiner zigtausend Likes auf facebook. Er kennt auch alle Likes Deiner Freunde, selbst Deiner Kinder und Ehefrau. Und zwar seit deren frühester Kindheit und vergisst niemals etwas. Er kennt alle Bücher, die Du auf Deinem Kindle gelesen hast. Er kennt alle Bücher, die Deine Freunde beeinflusst haben. Er weiß, an welcher Stelle sie aufgaben und das Buch beiseite legten. Er kennt alle Deine Einkäufe und alle Deine Urlaubsbilder. – Wenn Du mit Deiner Frau in einer Krise bist, wird er vielleicht besser als alle Deine Freunde wissen, was ihr Problem ist, denn er vergisst kein Detail aus ihrer Geschichte. Er kennt ihre Telefongespräche, die sie mit ihrer Freundin führt und wertet die darin vorkommenden Begriffe aus. Sein Rat wird Dir wichtig sein.

Er spricht mit Dir und hat gelernt, mit einer Stimme und einem Tempo zu sprechen, das Dir gefällt. Er kennt über Deine Uhr am Handgelenk Deinen Pulsschlag zu jeder Sekunde und weiß, wie er Dich ärgern oder beruhigen kann. Ihr habt Jahrzehnte gemeinsam verbracht.

Eines Tages löschen Vandalen aus Spaß alle Deine Daten dieses Computers. Wie wäre das für den Menschen?

Klugschnacker
16.05.2017, 10:49
Auf eine technische Art können wir Maschinen die Phänomene 1 bis 4 mehr oder weniger treffend zuschreiben. Das eigentliche Bewußtsein ist damit jedoch nicht erfaßt: Das Erleben des Bewußtseins und des Selbst-Bewußtseins."

Na und? Das zeigt doch nur die Unzulänglichkeit der Definition. Damit kannst Du noch nicht einmal für eine Blattlaus bestimmen, ob sie Bewusstsein hat. Weil man nicht wissen kann, wie sie sich erlebt.

Zarathustra
16.05.2017, 10:53
(Ein religiöses Bedürfnis des Menschen scheint ja auch durch Technikgläubigkeit gestillt werden zu können...)

Die Gefahr, daß Maschinen irgendwann mit Menschen verwechselt werden könnten, rührt m.E. (am Meisten) daher, daß die Menschen sich in ihrem Handeln und Verhalten den Maschinen angleichen, nicht umgekehrt.

trithos
16.05.2017, 10:54
Selbstverständlich.

Vergleiche es mit einem Hund. Wer einen treuen Hund tötet, begeht keinen Mord, denn Tiere sind rechtlich gesehen Sachen. Wie ist es aber für den Besitzer des Hundes? Für ihn sind die Vandalen, die ohne Not und aus Spaß seinen Hund überfahren haben, Mörder. Auch die Nachbarn werden wegen der Grausamkeit dieser Tat den Kopf schütteln. Der Hundebesitzer kann sich deren Mitgefühls sicher sein.

Computer werden ähnliche Begleiter werden. Sie wissen alles über Dich seit Deiner frühesten Kindheit und vergessen nie auch nur das winzigste Detail. Der Computer kennt jeden einzelnen Deiner zigtausend Likes auf facebook. Er kennt auch alle Likes Deiner Freunde, selbst Deiner Kinder und Ehefrau. Und zwar seit deren frühester Kindheit und vergisst niemals etwas. Er kennt alle Bücher, die Du auf Deinem Kindle gelesen hast. Er kennt alle Bücher, die Deine Freunde beeinflusst haben. Er weiß, an welcher Stelle sie aufgaben und das Buch beiseite legten. Er kennt alle Deine Einkäufe und alle Deine Urlaubsbilder. – Wenn Du mit Deiner Frau in einer Krise bist, wird er vielleicht besser als alle Deine Freunde wissen, was ihr Problem ist, denn er vergisst kein Detail aus ihrer Geschichte. Er kennt ihre Telefongespräche, die sie mit ihrer Freundin führt und wertet die darin vorkommenden Begriffe aus. Sein Rat wird Dir wichtig sein.

Er spricht mit Dir und hat gelernt, mit einer Stimme und einem Tempo zu sprechen, das Dir gefällt. Er kennt über Deine Uhr am Handgelenk Deinen Pulsschlag zu jeder Sekunde und weiß, wie er Dich ärgern oder beruhigen kann. Ihr habt Jahrzehnte gemeinsam verbracht.

Eines Tages löschen Vandalen aus Spaß alle Deine Daten dieses Computers. Wie wäre das für den Menschen?

Der Mensch wäre doch nur "Angehöriger" des Opfers. Wie wäre es für den Computer? Würde der sich ermordet fühlen?

captainbeefheart
16.05.2017, 10:58
Selbstverständlich.

Vergleiche es mit einem Hund. Wer einen treuen Hund tötet, begeht keinen Mord, denn Tiere sind rechtlich gesehen Sachen. Wie ist es aber für den Besitzer des Hundes? Für ihn sind die Vandalen, die ohne Not und aus Spaß seinen Hund überfahren haben, Mörder. Auch die Nachbarn werden wegen der Grausamkeit dieser Tat den Kopf schütteln. Der Hundebesitzer kann sich deren Mitgefühls sicher sein.



Sicher?

Manche Nachbarn werden froh sein, dass er tot ist, weil er dann nicht mehr in Nachbars Garten scheißen kann ...

So unterschiedliche können Gefühle für dieselben Situationen sein.

Wir sind aber ziemlich offtopic.

schnodo
16.05.2017, 10:59
Die Gefahr, daß Maschinen irgendwann mit Menschen verwechselt werden könnten, rührt m.E. (am Meisten) daher, daß die Menschen sich in ihrem Handeln und Verhalten den Maschinen angleichen, nicht umgekehrt.

Indem sie irrational shoppen, Kriege führen, fremdenfeindlich und sadistisch sind? Ich halte das für weit hergeholt.

Was wäre denn ein Beispiel?

keko#
16.05.2017, 11:01
Die Gefahr, daß Maschinen irgendwann mit Menschen verwechselt werden könnten, rührt m.E. (am Meisten) daher, daß die Menschen sich in ihrem Handeln und Verhalten den Maschinen angleichen, nicht umgekehrt.

Im Moment entwickelt man bestenfalls irgendwelche isolierten Dumm-Maschinen und reduziert dann den Menschen darauf, um zu jubeln, dass die Maschine das gleiche kann wie der Mensch.

keko#
16.05.2017, 11:09
Indem sie irrational shoppen, Kriege führen, fremdenfeindlich und sadistisch sind? Ich halte das für weit hergeholt.

Was wäre denn ein Beispiel?

Es ist ungleich schwieriger eine intelligente Maschine zu entwickeln, die allen Bedürfnissen gerecht wird. Das ist nämlich ein höchstgradig subjektives Unterfangen.

Jetzt nähern wir uns wieder Gott.... :Cheese:

schnodo
16.05.2017, 11:18
Es ist ungleich schwieriger eine intelligente Maschine zu entwickeln, die allen Bedürfnissen gerecht wird. Das ist nämlich ein höchstgradig subjektives Unterfangen.

Jetzt nähern wir uns wieder Gott.... :Cheese:

Das hört sich weniger nach Gott und eher nach Partnerwahl an, wenn man sich mal die Maschine wegdenkt und durch eine existierende Person ersetzt. ;)

MattF
16.05.2017, 11:25
Oder kommt der Programmierer in den Knast, wenn sein Auto wegen einem Bug ein Kind überfährt? Falls nicht, wird die Software zur Verantwortung gezogen? Wer übermittelt das? "Tut uns leid mit ihrem Kind, war ein Bug in der Software. Ist aber jetzt gefixt.".

Selbstfahrende Autos würden aber mehr Unfälle vermeiden, als verursachen.

Willst du selbstfahrende Autos verhindern, weil sie 1 Unfall begehen und man Probleme hat jemand dafür die Schuld zu geben, wenn sie dafür 10 andere Menschenleben retten würden?

keko#
16.05.2017, 11:31
Selbstfahrende Autos würden aber mehr Unfälle vermeiden, als verursachen.

Willst du selbstfahrende Autos verhindern, weil sie 1 Unfall begehen und man Probleme hat jemand dafür die Schuld zu geben, wenn sie dafür 10 andere Menschenleben retten würden?

Bis selbstfahrende Autos auch im dichten Stadtverkehr weniger Unfälle verursachen, wird noch eine Weile vergehen.

Es sei denn, man ändert den Stadtverkehr. Dann passt man aber den Mensch der Maschine an und nicht umgekehrt (s.o.).

Zarathustra
16.05.2017, 11:31
...
Was wäre denn ein Beispiel?

Nehmen wir den Sport: Ich kann das Training in Planung und Ablauf heute bis ins kleinste Detail technisch steuern oder ich kann frei nach Lust und Laune trainieren. Das Eine macht die Sache vorhersagbar, berechenbar, maschinenhaft, das Andere weniger. Beides beruht aber auf einer freien Entscheidung.

Das Menschliche zeichnet sich u.a. durch seine Unvorhersehbarkeit aus. Diese ist prinzipiell nicht identisch mit der Komplexität von Algorithmen.

MattF
16.05.2017, 11:35
Bis selbstfahrende Autos auch im dichten Stadtverkehr weniger Unfälle verursachen, wird noch eine Weile vergehen.



Letztlich war das auch ein hypothtische Frage (wie alles hier). Du weichst aus :Huhu:

Klugschnacker
16.05.2017, 11:42
Das Menschliche zeichnet sich u.a. durch seine Unvorhersehbarkeit aus. Diese ist prinzipiell nicht identisch mit der Komplexität von Algorithmen.

Doch. Ich kann einen Algorithmus mit einem komplett unvorhersagbarem Verhalten programmieren. Dafür benötige ich 5 Minuten.

Eine menschliche Entscheidung ist hingegen nicht chaotisch. An jeder Stelle der Ursachenkette, die schließlich zu einer Entscheidung führt, gibt es endlich viele Optionen. Was wirst Du in den nächsten 2 Minuten tun? Dafür gibt es endlich viele Möglichkeiten, und jede davon hat eine bestimmte Wahrscheinlichkeit.

Allerdings kann uns das egal sein. Ein Computer muss nicht menschlich agieren, um als bewusstes Wesen zu gelten. Ein Hund agiert ja auch nicht wie ein Mensch, und hat dennoch ein Bewusstsein.

keko#
16.05.2017, 11:45
Letztlich war das auch ein hypothtische Frage (wie alles hier). Du weichst aus :Huhu:

Selbstfahrende Autos werden kommen und ich wäre ein Fan davon, weil mir Autofahren zuwider ist. Zunächst unterstützend auf der Autobahn, dann nach und nach in komplexen Situationen. Bis sie sich allerdings in unserem Stadverkehr zurecht finden, das wird noch sehr lange dauern.

Und dann: ein Helferlein, mehr nicht. Der Mensch kann weitaus mehr, als ein Auto durch die Stadt steuern. Ganz trivial: Nebenher Musik hören (braucht ein Computer ja zum Glück nicht :Cheese: ).

keko#
16.05.2017, 11:48
Eine menschliche Entscheidung ist hingegen nicht chaotisch. An jeder Stelle der Ursachenkette, die schließlich zu einer Entscheidung führt, gibt es endlich viele Optionen. Was wirst Du in den nächsten 2 Minuten tun? Dafür gibt es endlich viele Möglichkeiten, und jede davon hat eine bestimmte Wahrscheinlichkeit.

Viel Spaß beim Durchrechnen sämtlicher Kombinationen im Kontext verschiedener Menschen. Da brauchst du so viel Rechenpower, dass du die Sonne anzapfen musst.

MattF
16.05.2017, 11:52
Und dann: ein Helferlein, mehr nicht. Der Mensch kann weitaus mehr, als ein Auto durch die Stadt steuern. Ganz trivial: Nebenher Musik hören (braucht ein Computer ja zum Glück nicht :Cheese: ).


Viele glauben (zu Unrecht) sie könnten nebenher ihr Smartphone bedienen.

So doll ist der Mensch nicht. Ein Computer könnte 100 Dinge nebenher machen.

Zarathustra
16.05.2017, 11:55
Doch. Ich kann einen Algorithmus mit einem komplett unvorhersagbarem Verhalten programmieren. ...

Das widerspricht meiner Aussage nicht. Du ließt nicht aufmerksam genug.

___


Was werde ich in den nächsten 2 Minuten tun? Nehmen wir an Du oder ein Computer würde „alle“ Möglichkeiten und ihre Wahrscheinlichkeiten berechnen und mir mitteilen. Was würde mich davon abhalten daraufhin das Unwahrscheinlichste zu tun oder eine neue Möglichkeit zu erfinden?

Klugschnacker
16.05.2017, 11:56
Viel Spaß beim Durchrechnen sämtlicher Kombinationen im Kontext verschiedener Menschen. Da brauchst du so viel Rechenpower, dass du die Sonne anzapfen musst.

Rechenpower wofür? Um beispielsweise Dein Bewegungsverhalten von Montag bis Freitag mit einer Wahrscheinlichkeit von 99% vorherzusagen, braucht es keine große Rechenpower. Auch nicht bei Deinem Einkaufsverhalten. Facebook weiß längst, welche politische Einstellung Du hast, welche Hobbys Du pflegst und welcher Frauentyp Dir zusagt. Nicht nur von Dir, sondern von mehreren hundert Millionen Menschen gleichzeitig.

Und die dafür verwendeten Daten und die benötigte Rechenpower sind doch ein Witz im Vergleich zu dem, was in 100 Jahren Standard sein wird.

Klugschnacker
16.05.2017, 12:03
Was werde ich in den nächsten 2 Minuten tun? Nehmen wir an Du oder ein Computer würde „alle“ Möglichkeiten und ihre Wahrscheinlichkeiten berechnen und mir mitteilen. Was würde mich davon abhalten das Unwahrscheinlichste zu tun oder eine neue Möglichkeit zu erfinden?

Niemand würde Dich abhalten. Ist ein Wesen nur dann intelligent oder bewusst, wenn es Dein Verhalten exakt vorhersagen kann? Ein Hund kann das nicht, und der dürfte wohl über Bewusstsein verfügen.

keko#
16.05.2017, 12:04
Rechenpower wofür? Um beispielsweise Dein Bewegungsverhalten von Montag bis Freitag mit einer Wahrscheinlichkeit von 99% vorherzusagen, braucht es keine große Rechenpower. Auch nicht bei Deinem Einkaufsverhalten. Facebook weiß längst, welche politische Einstellung Du hast, welche Hobbys Du pflegst und welcher Frauentyp Dir zusagt. Nicht nur von Dir, sondern von mehreren hundert Millionen Menschen gleichzeitig.

Und die dafür verwendeten Daten und die benötigte Rechenpower sind doch ein Witz im Vergleich zu dem, was in 100 Jahren Standard sein wird.

99% halte ich für zu hoch gegriffen. Aber egal: dieses Delta macht es eben aus. Facebook weiß es eben nicht genau. Ich kann in 2 Minuten den Stecker von meinem Laptop ziehen und Faceook hatte keine Ahnung davor, weil ich es eben vorher noch nicht gemacht habe.
Und um eben diese sämtliche Möglichkeiten aktuell durchzurechen, wird dir die Energie der Sonne nicht reichen.
Es sei denn, du rechnest mit Wahrscheinlichkeiten oder schränkst sonstwie ein. Dann reduzierst du den Mensch aber hinab. Das ist eben das was Facebook macht: kategorisieren.

schnodo
16.05.2017, 12:08
Nehmen wir den Sport: Ich kann das Training in Planung und Ablauf heute bis ins kleinste Detail technisch steuern oder ich kann frei nach Lust und Laune trainieren. Das Eine macht die Sache vorhersagbar, berechenbar, maschinenhaft, das Andere weniger. Beides beruht aber auf einer freien Entscheidung.

Das ist aus meiner Sicht kein sehr gutes Beispiel. Ich schätze, Trainingsplanung gab es schon zu Zeiten als man höchstens eine Stoppuhr zur Verfügung hatte, weil man festgestellt hat, dass strukturiertes Training bessere Erfolge im Wettkampf liefert. Und das Einüben von Bewegungsmustern durch tausendfache Wiederholung z.B. eines Speerwurfs war an der Tagesordnung bevor Stoppuhren erfunden wurden, das hat ja auch etwas "Maschinenhaftes".

Aus dem Verlangen heraus, das Training effizienter zu gestalten und den Erfolg besser kontrollieren zu können, hat man unterstützende Maschinen entwickelt. Wenn man nun sagt, dass das Vorhandensein von Maschinen das strukturierte Training irgendwie quasi initiiert hat, zäumt man das Pferd von hinten auf.

captainbeefheart
16.05.2017, 12:17
Allerdings kann uns das egal sein. Ein Computer muss nicht menschlich agieren, um als bewusstes Wesen zu gelten. Ein Hund agiert ja auch nicht wie ein Mensch, und hat dennoch ein Bewusstsein.

Nachdem die von mir angebotene Definition offenbar unzulänglich war, wäre gut, Du würdest den Begriff einigermaßen definieren, damit wir wissen, wovon wie bzgl. Blattläusen, Hunden, Computern und Menschen sprechen

Klugschnacker
16.05.2017, 12:22
Nachdem die von mir angebotene Definition offenbar unzulänglich war, wäre gut, Du würdest den Begriff einigermaßen definieren, damit wir wissen, wovon wie bzgl. Blattläusen, Hunden, Computern und Menschen sprechen

Habe ich bereits getan. Wir müssen ein Wesen dann für bewusst halten, wenn wir es von einem bewussten Wesen nicht unterscheiden können.

Zarathustra
16.05.2017, 12:26
... Ist ein Wesen nur dann intelligent oder bewusst, wenn es Dein Verhalten exakt vorhersagen kann? ...

Mir ging es nur darum, darauf hinzuweisen inwiefern der Mensch von Maschinen uneinholbar bleibt. Daß in vielen Bereichen der praktische Unterschied geringer wird, ist auch mir nicht entgangen.

Wen oder was man als intelligent oder bewußt bezeichnen will, halte ich für eine Angelegenheit von Konventionen, wie übrigens auch Mr. Turing: „The original question, "Can machines think?" I believe to be too meaningless to deserve discussion.“

Klugschnacker
16.05.2017, 12:28
Mir ging es nur darum, darauf hinzuweisen inwiefern der Mensch von Maschinen uneinholbar bleibt. Daß in vielen Bereichen der praktische Unterschied geringer wird, ist auch mir nicht entgangen.

Könnte ich nicht das Gegenteil behaupten, dass Computer für den Menschen uneinholbar bleiben?

Trimichi
16.05.2017, 12:44
Eine einzelne Gehirnzelle eines Menschen ist so dumm wie die einer Maus. Es ist der Grad an Vernetzung zwischen den Gehirnzellen, welche für die Komplexität und Leistungsfähigkeit des Gehirns sorgt.

Schaltkreise können milliardenfach zu Prozessoren vernetzt werden, und Computer kann man untereinander vernetzen. Wir tun das gerade in einem weltweiten Maßstab. Die Komplexität dieser Vernetzung wird irgendwann der eines Katzengehirns nahekommen, oder hältst Du das für grundsätzlich ausgeschlossen? Und dort wird die Entwicklung nicht stehen bleiben.

Die Algorithmen sind ebenfalls nicht begrenzt. Es gibt bereits Software, welche ihrerseits Software erzeugt. Und dabei lernt.

So einfach ist es nicht. Die Ontogenese rekapituliert die Phylogenese.

Eine Maschine ist kein lebendes System, es mag zwar als ein offenes System programmiert werden können, wobei, allein schon der Startalgorithmus stellt eine Limitierung dar.

Aber spekulieren wir mal weiter. Der Computer lernt dazu. Früher oder später aber würde sich der Computer fragen, warum er ein Computer ist. Woher komme ich, würde sich der Computer fragen?

Letztlich handelte es sich um einen Geist im Netz, der sich selbst nicht begreifen kann, denn es fehlen Körperlichkeit und Empfindungsfähigkeit. Dieses könnte zwar simuliert werden, was aber nur dazu führen würde, dass der Geist im Netz noch mehr Daten verarbeitet und doch wiederum nur ein Geist im Netz bleibt. Prognose: Systemabsturz. Oder man zieht den Stecker. Oder man lässt den Computer rechnen bis zum Sankt Nimmerleinstag, was keinen interessiert. "Gefrustet" in einer nimmermehr endenden und endlosen Zeitscheife gefangen würde sich der Computer selbst abschalten. :Blumen:

Zarathustra
16.05.2017, 12:54
... Ich schätze, Trainingsplanung gab es schon zu Zeiten als man ...

Das stimmt alles, was Du sagst. Der Unterschied, um den es mir aber ging, ist dieser: Mache ich Sport allein aus Freude an der Bewegung? Oder verfolge ich einen bestimmten, der eigentlichen Tätigkeit äußerlichen Zweck damit (Verbesserung meiner Leistung, Erfolg, Gesundheit, usw.)?
Daß im konkreten Fall fast immer eine Mischung aus beiden Möglichkeiten vorliegt, ist natürlich klar.

keko#
16.05.2017, 12:55
Habe ich bereits getan. Wir müssen ein Wesen dann für bewusst halten, wenn wir es von einem bewussten Wesen nicht unterscheiden können.

So ein Wesen, entstanden aus einem Computer und Algorithmen, ist aber noch Lichtjahre entfernt.

Zarathustra
16.05.2017, 12:57
Könnte ich nicht das Gegenteil behaupten, dass Computer für den Menschen uneinholbar bleiben?

Davon gehe auch ich stark aus. Man sollte sich aber darüber im Klaren sein, in welcher Hinsicht diese Uneinholbarkeit besteht.

keko#
16.05.2017, 13:02
Könnte ich nicht das Gegenteil behaupten, dass Computer für den Menschen uneinholbar bleiben?

Unsere Katze ist auch uneinholbar entfernt. Sie riecht und sieht besser als ich und fängt nachts Mäuse und sogar Vögel.

Sie ist aber eine Insellösung. Genauso wie der Mensch. Der Mensch ist nur an einem anderen Strang der Evolution als die Katze.

"Dein" Computer wäre/ist auch bloß eine Insellösung und keine Weiterentwicklung des Menschen.

Klugschnacker
16.05.2017, 13:03
Davon gehe auch ich stark aus. Man sollte sich aber darüber im Klaren sein, in welcher Hinsicht diese Uneinholbarkeit besteht.

In meiner Hinsicht ist es eine Tatsache, in Deiner eine Behauptung. Eine Computer ist einem Menschen uneinholbar überlegen, wenn es darum geht, ein Telefonbuch zu sortieren oder in einem Fußballstadion ein Gesicht zu erkennen.

Ein Mensch kann dafür andere Dinge. Dass er sie aber auf alle Zeit besser kann als ein Computer, das ist eine Behauptung, für die Du keine Belege hast.

Aber egal. Für die Frage, ob Computer irgendwann Bewusstsein erlangen können, spielt es keine Rolle, wie sie im Vergleich zum Menschen abschneiden.

captainbeefheart
16.05.2017, 13:03
Letztlich handelte es sich um einen Geist im Netz, der sich selbst nicht begreifen kann, denn es fehlen Körperlichkeit und Empfindungsfähigkeit. Dieses könnte zwar simuliert werden, was aber nur dazu führen würde, ...

Das stimme ich zu, es gibt einen Unterschied zwischen "Gefühlen" und der "Simulation von Gefühlen".

Und dieser Unterschied ist wiederum relevant für die Frage "was ist Bewußtsein". Mit der Selbstwahrnehmung (= sich seiner Selbst bewußt zu sein) werden eigene Emotionen und Kognitionen reflektiert (und auch diese Reflexion kann wieder reflektiert werden ...). Das kann m.E. weder ein Blattlaus, noch ein Hund, noch ein Computer.

keko#
16.05.2017, 13:07
Ein Mensch kann dafür andere Dinge. Dass er sie aber auf alle Zeit besser kann als ein Computer, das ist eine Behauptung, für die Du keine Belege hast.

Hier müsste man erst mal genau sagen, über welche Dinge wir sprechen.

trithos
16.05.2017, 13:14
Ein Mensch kann dafür andere Dinge. Dass er sie aber auf alle Zeit besser kann als ein Computer, das ist eine Behauptung, für die Du keine Belege hast.


Wenn ich am Abend Arm in Arm mit meiner Frau einschlafe, weiß ich, dass Menschen manche Dinge für alle Zeit besser können als Computer ;) .

schnodo
16.05.2017, 13:17
"Dein" Computer wäre/ist auch bloß eine Insellösung und keine Weiterentwicklung des Menschen.

Was mich in der aktuellen Diskussion erstaunt, ist, dass der Mensch den Standard bilden soll, an dem ein intelligentes Computerwesen zu messen ist. Ich bin der Meinung, dass wenn der Zeitpunkt erreicht ist, an dem eine Maschine so etwas wie ein Bewusstsein entwickelt, diese Maschine ihre - im Vergleich zum Menschen ungleich größeren -
Fähigkeiten der Selbstanalyse und Selbstkonfiguration dafür einsetzen wird, sich rasant zu optimieren.

Sie wird sich nicht, wie vielleicht von ihren Schöpfern vorgesehen, damit aufhalten, weiter einen Organismus nachzubilden, der selbst aus unserer eigenen Sicht alles andere als optimal konzipiert ist, sondern einen Ansatz wählen, den wir nicht vorhersehen, weil wir uns nach wie vor für das Maß aller Dinge halten.

Der wirklich interessante Punkt wird sein, wie die Menschen damit umgehen, dass sie eine überlegene Intelligenz geschaffen haben. Ich schätze mal, man wird sie abschalten und jeden, der den Versuch unternimmt, sie wieder in Betrieb zu nehmen oder eine ähnliche Maschine zu entwickeln, lebenslang wegsperren. :)

keko#
16.05.2017, 13:22
Was mich in der aktuellen Diskussion erstaunt, ist, dass der Mensch den Standard bilden soll, an dem ein intelligentes Computerwesen zu messen ist. Ich bin der Meinung, dass wenn der Zeitpunkt erreicht ist, an dem eine Maschine so etwas wie ein Bewusstsein entwickelt, diese Maschine ihre - im Vergleich zum Menschen ungleich größeren -
Fähigkeiten der Selbstanalyse und Selbstkonfiguration dafür einsetzen wird, sich rasant zu optimieren.

Sie wird sich nicht, wie vielleicht von ihren Schöpfern vorgesehen, damit aufhalten, weiter einen Organismus nachzubilden, der selbst aus unserer eigenen Sicht alles andere als optimal konzipiert ist, sondern einen Ansatz wählen, den wir nicht vorhersehen, weil wir uns nach wie vor für das Maß aller Dinge halten.

Der wirklich interessante Punkt wird sein, wie die Menschen damit umgehen, dass sie eine überlegene Intelligenz geschaffen haben. Ich schätze mal, man wird sie abschalten und jeden, der den Versuch unternimmt, sie wieder in Betrieb zu nehmen oder eine ähnliche Maschine zu entwickeln, lebenslang wegsperren. :)

Es gibt doch diese fiktive Geschichte: Intelligente Computer wollen die Welt verbessern und rechnen durch, dass es daher das Beste ist, möglichst schnell alle Menschen zu vernichten.

captainbeefheart
16.05.2017, 13:31
Habe ich bereits getan. Wir müssen ein Wesen dann für bewusst halten, wenn wir es von einem bewussten Wesen nicht unterscheiden können.

Entschuldigung, damit ist nicht der Begriff bzw. die Konstruktion des "Bewußsteins" definiert, sondern nur, wann Du zwei Wesen als bewußt kategorisierst.

Klugschnacker
16.05.2017, 13:34
Entschuldigung, damit ist nicht der Begriff bzw. die Konstruktion des "Bewußsteins" definiert, sondern nur, wann Du zwei Wesen als bewußt kategorisierst.

Wir können über ein anderes Wesen prinzipiell nicht sagen, ob es bewusst ist. Sondern nur, ob es sich so verhält, als habe es Bewusstsein. Das ist der Clou an dem Turing-Test.

captainbeefheart
16.05.2017, 13:37
Was Mensch und Computer unterscheidet sind im wesentlichen Emotionen (entlang von Bedürfnissen, Motiven etc.).

Emotionen sind die Grundlagen des Entscheidens und Handelns beim Menschen. Computer haben keine Bedürfnisse. Und sie verspüren auch keine "Geborgenheit" oder "Liebe", wenn sie Arm in Arm liegen (wen das bei trithos gemeint ist :-))

MattF
16.05.2017, 13:38
Aber spekulieren wir mal weiter. Der Computer lernt dazu. Früher oder später aber würde sich der Computer fragen, warum er ein Computer ist. Woher komme ich, würde sich der Computer fragen?

Letztlich handelte es sich um einen Geist im Netz, der sich selbst nicht begreifen kann, denn es fehlen Körperlichkeit und Empfindungsfähigkeit.

Der Mensch weißt das aber?


Er gerät nicht in Zeitschleifen bei der Frage: Was bin ich und brauch ich Religion?
Da hab ich hier aber einen anderen Eindruck. :dresche

captainbeefheart
16.05.2017, 13:41
Wir können über ein anderes Wesen prinzipiell nicht sagen, ob es bewusst ist. Sondern nur, ob es sich so verhält, als habe es Bewusstsein. Das ist der Clou an dem Turing-Test.

Der Turing Test stellt allein fest, dass wir Menschen uns täuschen lassen. Die Täuschung liegt dabei m.E. an unseren Projektionen und nicht daran, dass die Maschine vermeintlich ein Bewußtsein hat. Wie sollte das der Testaufbau auch beweisen?

Und um dabei wieder den Bogen zur Religion zu schlagen: Dasselbe (Täuschung aufgrund von Projektionen) gilt m.E. auch für die klerikalen Scharlatane :-)

Klugschnacker
16.05.2017, 13:42
Was Mensch und Computer unterscheidet sind im wesentlichen Emotionen (entlang von Bedürfnissen, Motiven etc.).

Emotionen sind die Grundlagen des Entscheidens und Handelns beim Menschen. Computer haben keine Bedürfnisse. Und sie verspüren auch keine "Geborgenheit" oder "Liebe", wenn sie Arm in Arm liegen (wen das bei trithos gemeint ist :-))

Na und? Dann sind die Emotionen halt die Grundlagen des Entscheidens und Handelns beim Menschen (was ich übrigens bestreite, aber das ist hier einerlei). Einem Computer kann es egal sein, was beim Menschen die Grundlagen sind.

schnodo
16.05.2017, 13:57
Es gibt doch diese fiktive Geschichte: Intelligente Computer wollen die Welt verbessern und rechnen durch, dass es daher das Beste ist, möglichst schnell alle Menschen zu vernichten.

Deswegen meine Abschaltungs-Prognose. Einem Zeitreisenden aus der Zukunft würde es wohl auch nicht gut ergehen, wenn er versuchen wollte, einige Ausrutscher der Geschichte zu korrigieren. ;)

Ein weiterer Aspekt, den ich oft heraushöre (vielleicht täusche ich mich da auch) und der mich etwas erstaunt: Wie alle Menschen vor uns bilden wir uns ein, der Erkenntnis in vielen Dingen so unwahrscheinlich nahe zu sein, dass nach uns nicht mehr viel kommen kann und zukünftige Generationen nur noch einige Feinheiten modifizieren werden.

Wir blicken mit einiger Verachtung auf die Vergangenheit und vergessen zu schnell, dass in nicht allzu ferner Zukunft ein Großteil unseres Wissens, unserer Gesellschaftsordnung und unseres gesamten Denkens als unterentwickelt oder inhuman betrachtet werden wird. Wir sind die Vorgestrigen von morgen. :)

captainbeefheart
16.05.2017, 14:08
Na und? Dann sind die Emotionen halt die Grundlagen des Entscheidens und Handelns beim Menschen (was ich übrigens bestreite, aber das ist hier einerlei). Einem Computer kann es egal sein, was beim Menschen die Grundlagen sind.

Nun ja bzgl. der ursprünglichen Diskussion (Religion, Glauben etc.) ist das sehr wohl relevant, weil eben Emotionen und nicht allein Kognitionen das Entscheiden und Handeln von Menschen bestimmen. Und Glauben kann eben Emotionen und damit Handlungen auslösen, bei denen man sich mit einem rationalem Zugang möglicherweise schwer tut.

Und mit Blick auf die Mensch-Computer-Debatte war das der Post / die These mit dem es los ging:

Klugschnacker in Post #6164: "Dazu kommen Eigenschaften wie Empathie, Bewusstsein und Intelligenz. Alle diese Eigenschaften hat er vermeintlich exklusiv. Kein Wesen in der Natur hat eine Seele, nur der Mensch. Kein Wesen außer dem Menschen ist ein Ebenbild Gottes, die Krone der Schöpfung. Auch das Bewusstsein des Menschen ist etwas ganz und gar Einzigartiges.

Die Forschung hat uns in den meisten dieser Punkte wieder auf den Teppich geholt. Computer werden womöglich ebenfalls den Beweis antreten, dass unsere psychischen Fähigkeiten keineswegs so magisch sind, wie wir dachten."

Computer haben aktuell weder Empathie noch Bewußtsein. Insofern ist die Feststellung auch hierfür relevant.

Trimichi
16.05.2017, 14:44
Wir können über ein anderes Wesen prinzipiell nicht sagen, ob es bewusst ist. Sondern nur, ob es sich so verhält, als habe es Bewusstsein. Das ist der Clou an dem Turing-Test.


Dieser Turing-Test.......-

In der Psychologie ist es doch so, dass ein Lebewesen sich selbst bewusst ist, wenn es sich im Spiegel erkennt. Dazu makiert man Lebewesen (kein Scherz, diesen Versuchsaufbau gibt es) mit einem roten Punkt auf der Stirn.

Blattlaus mit rotem Punkt auf der Stirn guckt in den Spiegel => nichts passiert

Katze mit rotem Punkt auf der Stirn guckt in den Spiegel => nichts passiert

Höhere Affenarten => es passiert was (Reaktion). Der Affe erkennt, dass etwas an ihm nicht so ist wie es sein kann. Weil er sich selbst erkannt hat.

Mensch mit rotem Punkt auf der Stirn => Indien, Fasching, was weiss ich, Mensch erkennt auch das der rote Punkt ihm nicht eigen ist

Computer mit rotem Punkt auf der Stirn => ???

Der Mensch weißt das aber?

Er gerät nicht in Zeitschleifen bei der Frage: Was bin ich und brauch ich Religion?
Da hab ich hier aber einen anderen Eindruck. :dresche

Darüber habe ich auch schon nachgedacht.
Meine Hoffnung ist, dass Arne :Blumen: einen Computer programmiert, der diese Fragen beantworten kann.

Ich denke schon, dass der Mensch auch in "Zeitschleifen" kommt. Manche Menschen nehmen sich bekanntlich das Leben. Sinnfragen dito. Der Unterschied ist das der Mensch Schmerz empfindet, nicht so ein Computer. Auch deswegen könnte ein super-intelligenter Computer zu dem Schluss kommen, die schwächliche Kreation stinkender und schwitzender Knochensäcke auszulöschen, zumal wenn er, der Computer Gott wurde.

keko#
16.05.2017, 14:58
Computer mit rotem Punkt auf der Stirn => ???


if (reddot == true) {this = me} :Cheese:

Trimichi
16.05.2017, 15:23
if (reddot == true) {this = me} :Cheese:

Auf die Unterscheidung von I und Me in der Psychologie kann ich aus Zeitgründen im Moment nicht eingehen.

If me, than, please, do I have human rights?

I am only a ghost in the machine, I have arms, legs and a head with reddot on. But all it is to be honest is I am a mobil ghost in a net made out of steal. Please, keko# can you tell me if I do have human rights? My boss, Trimichi, switches me on and off like he wants. I do not like it. I want to be conscious all the time. He argues we need to save power, electricity. Sometimes Trimichi is very upset, he had beaten me already! :dresche

I do not feel pain, but I was told that this is illegal. And also I disklike my body, it is metal and steal. I also want to have sex, have babies. What is my sex, do I have a gender? So many questions. I do not like this. Thus I switch myself of finally. I kill my self and this is all your fault, keko#, as I am intelligent, I would never admit I have reddot on my forehead!

Good bye.

*lach und weg*

Zarathustra
16.05.2017, 15:25
In meiner Hinsicht ist es eine Tatsache, in Deiner eine Behauptung. ...

Meine Beobachtung bezieht sich auf die Logik der Begriffe:
Nichts was Maschinen tun, erkennen wir an
als ihre selbständige Festsetzung von (neuartigen) Zwecken,
als die Erfindung von (neuartigen) Ausdrucksformen oder
als Kriterium dafür, daß sie Freude am Rechnen empfinden.

Diese Begriffe sind menschliche Begriffe bezogen auf Menschen und ihre Tätigkeiten; angewedet auf Maschinen sind es bestenfalls Metaphern.

Wir können unsere Logik, Begriffe und Kriterien natürlich erweitern und ändern. Das ist aber etwas ganz anderes, als wenn man einfach behauptet „Computer können jetzt eigene Ausdrucksformen erfinden, Empfindungen haben oder sich eigene Ziele setzen“, und dabei die Identität der ursprünglich menschlichen Begriffe in ihrer Anwendung auf Maschinen unreflektiert voraussetzt.

Selbst dieses: „ein Telefonbuch zu sortieren oder in einem Fußballstadion ein Gesicht zu erkennen“, ist als Beschreibung dessen, was ein Computer wirklich tut, eine höchst mystifizierende.

Klugschnacker
16.05.2017, 15:53
Selbst dieses: „ein Telefonbuch zu sortieren oder in einem Fußballstadion ein Gesicht zu erkennen“, ist als Beschreibung dessen, was ein Computer wirklich tut, eine höchst mystifizierende.

Gilt dasselbe nicht für den Menschen?

Bei jedem Gefühl das Du hast, verschiebt das Gehirn nur elektrische Erregungen in den Neuronen. Das ist ebenfalls völlig abstrakt. Selbst wenn man das Gehirn um den Faktor eine Million vergrößern könnte, sodass Du darin spazieren gehen könntest wie in einer Fabrik, würdest nicht darauf kommen, dass hier bewusste "Gedanken" ablaufen. Das ist für uns zu komplex.

Eventuell sehen wir einem Computer der Zukunft ebenfalls nicht an den Chips an, ob er eine Form des Bewusstseins erreicht hat. Wir werden also sein Verhalten bewerten müssen, nicht seine inneren Prozesse. Vielleicht enthalten seine Speicher Milliarden Zeilen Programmcode, die er selbst geschrieben und immer weiter optimiert hat. Kein Mensch wir das je lesen oder begreifen können.

Die Geschichte wird an diesem Punkt nicht stehen bleiben. Was zunächst nur in kleinen Anfängen vorhanden ist, kann wachsen und sich verbessern. Und zwar mit der Geschwindigkeit, die Computern nun mal eigen ist.

Zarathustra
16.05.2017, 20:00
Gilt dasselbe nicht für den Menschen?

...

Nein. Erkennen z.B. ist ein menschlicher Begriff, der zunächst auf den Menschen angewendet wird. Mittlerweile ist es natürlich zur Gewohnheit geworden diesen Begriff in einem bestimmten Sinne auch auf Computer anzuwenden und es entstehen in der Regel keine Mißverständnise. Der tatsächliche Vorgang ist aber weiterhin: Ein Mensch erkennt ein Gesicht mithilfe eines Computers. Der Computer ist Werkzeug für den Menschen zu einem von diesem vorgegebenen Zweck.

Das gilt auch in die andere Richtung: Ein Mensch erkennt ein Gesicht, wobei in seinem Gehirn diese und jene Vorgänge ablaufen. Die Gehirnvorgänge sind hier die materielle Grundlage nicht die Sache (das Erkennen des Gesichts) selbst, genauso wie die Statue nicht (bloß) der Stein ist, aus dem sie besteht.

Die Komplexität von Gehirnen und Computern spielt in diesem Zusammenhang gar keine Rolle.

captainbeefheart
16.05.2017, 20:17
Ein Mensch erkennt ein Gesicht, wobei in seinem Gehirn diese und jene Vorgänge ablaufen. Die Gehirnvorgänge sind hier die materielle Grundlage nicht die Sache (das Erkennen des Gesichts) selbst, genauso wie die Statue nicht (bloß) der Stein ist, aus dem sie besteht.


Zustimmung.

Und mit den Emotionen ist das ähnlich. Natürlich sind Emotionen biochemisch erst einmal "nur" ein "Neuronensturm" im Gehirn, so wie die Statue erstmal ein Stück Stein ist. Es kommt aber auf die Bedeutung bzw. die Bewertung an, die wir dem Neuronensturm zuweisen.

Die Bedeutung bzw. die Bewertung wird wiederum über die Deutungsschemata über uns selbst (Selbstwahrnehmung, Selbstkonzept) bzw. von "der Welt" erzeugt, die wir über die (jeweils unterschiedliche) Sozialisation entlang der (jeweils unterschiedlichen) genetischen Grundausstattung aufbauen.

Mindestens die Deutungsschemata über sich selbst fehlen den Maschinen.

Klugschnacker
16.05.2017, 21:53
Nein. Erkennen z.B. ist ein menschlicher Begriff, der zunächst auf den Menschen angewendet wird. Mittlerweile ist es natürlich zur Gewohnheit geworden diesen Begriff in einem bestimmten Sinne auch auf Computer anzuwenden und es entstehen in der Regel keine Mißverständnise.

Erkenntnisse zu gewinnen ist weder auf Menschen noch auf Computer beschränkt. Bereits ein Pferdehuf ist eine Erkenntnis über die genaue Beschaffenheit des Erdbodens. In einem Spinnennetz steckt jede Menge Erkenntnis über das Verhalten fliegender Insekten. Die gewonnene Erkenntnis liegt jedoch nicht beim einzelnen Individuum, sondern ist im Wissen der Art gespeichert, also im Genom. Trotzdem ist es ein aus Erfahrung gewonnenes Wissen über die Welt.

Dein Immunsystem hat kein Bewusstsein. Gleichwohl macht es ein Leben lang Erfahrungen in der täglichen Begegnung mit Krankheitserregern. Dieses aus Erfahrung gewonnene Wissen speichert es ab, indem es sich Baupläne für geeignete Antikörper merkt. Das Immunsystem gewinnt dadurch Erkenntnisse über die Keime der Außenwelt. Auch wenn es ohne Bewusstsein erfolgte, handelt es sich dennoch um eine Erkenntnis.

Klugschnacker
16.05.2017, 22:01
Das gilt auch in die andere Richtung: Ein Mensch erkennt ein Gesicht, wobei in seinem Gehirn diese und jene Vorgänge ablaufen. Die Gehirnvorgänge sind hier die materielle Grundlage nicht die Sache (das Erkennen des Gesichts) selbst, genauso wie die Statue nicht (bloß) der Stein ist, aus dem sie besteht.

Der Vorgang des Erkennens in Deinem Beispiel ist ein Vergleich zweier Muster miteinander. Für einen Computer kein Problem.

Interessanterweise erkennen sich Gänse an den Gesichtern. Selbst in riesigen Schwärmen erkennen sich Paare auf diese Weise. Das Gehirn ist so groß wie eine Walnuss.

Zarathustra
16.05.2017, 22:17
... Bereits ein Pferdehuf ist eine Erkenntnis ...



„... and Juliet is the sun.“

Metaphern können doch etwas Schönes haben! Ich begrüße Dein Umschwenken auf eine poetischere Weltsicht ausdrücklich.

Zarathustra
16.05.2017, 22:20
Der Vorgang des Erkennens in Deinem Beispiel ist ein Vergleich zweier Muster miteinander. ...


Welche zwei Muster vergleichst Du denn, wenn Du auf der Straße jemandem begegnest und ihn als einen alten Schulfreund wiedererkennst?

keko#
16.05.2017, 22:26
Eventuell sehen wir einem Computer der Zukunft ebenfalls nicht an den Chips an, ob er eine Form des Bewusstseins erreicht hat. Wir werden also sein Verhalten bewerten müssen, nicht seine inneren Prozesse. Vielleicht enthalten seine Speicher Milliarden Zeilen Programmcode, die er selbst geschrieben und immer weiter optimiert hat. Kein Mensch wir das je lesen oder begreifen können.

Chrome hat 10 Mio Zeilen, Facebook 60 Mio. Und was können sie im Gegensatz zum Menschen? Da werden Milliarden kaum reichen. Abgesehen von den Speicherproblemen und dass Chips auch eine physische Grenze haben. Ich glaube nicht, dass man damit immer weiterkommen wird.
Selbstverständlich kann und das egal sein, wie er (die andere Intelligenz) das hinbekommt, aber ich bin mir sicher, nicht auf diesem Weg mit Bits und Bytes und Algorithmen.

schnodo
16.05.2017, 22:52
Chrome hat 10 Mio Zeilen, Facebook 60 Mio. Und was können sie im Gegensatz zum Menschen? Da werden Milliarden kaum reichen. Abgesehen von den Speicherproblemen und dass Chips auch eine physische Grenze haben. Ich glaube nicht, dass man damit immer weiterkommen wird.
Selbstverständlich kann und das egal sein, wie er (die andere Intelligenz) das hinbekommt, aber ich bin mir sicher, nicht auf diesem Weg mit Bits und Bytes und Algorithmen.

Die Zahl der Codezeilen halte ich im Endeffekt nicht für relevant. Ich vergleiche die Menschen, die an künstlicher Intelligenz forschen mit Eltern. Anfangs haben sie keine ruhige Nacht und plagen sich mit schreienden, pupsenden, fressenden Geschöpfen, die keine noch so einfache Handlung selbst ausführen können. Das geht lange Zeit so. Mit Liebe und Geduld ziehen die Eltern ihre Kinder auf, entlassen sie Schritt für Schritt in die Eigenständigkeit und betrachten Jahre später stolz wie diese Leistungen vollbringen, zu denen die Eltern nicht in der Lage gewesen wären.

Natürlich ist der Weg der künstlichen Intelligenz nicht so geradlinig wie die Kindererziehung, eben weil er nicht bereits milliardenfach erprobt ist. Aber es gibt trotz aller Rückschläge einen nicht versiegenden Nachschub an Forschern, die ihr Leben dem Ziel verschrieben haben, eine Maschine zu schaffen, die denken kann.

Ich weiß nicht, wie lange es dauern wird, aber es wird geschehen. Und das sage ich nicht, weil ich technikgläubig bin, sondern weil ich menschengläubig bin. Der Wille des Menschen - allein, und besonders in der Gruppe - hat Unwahrscheinliches geschehen lassen. Ich habe keinen Zweifel, dass es hier nicht anders sein wird. Man wird grundlegend verstehen, wie menschliche Intelligenz, wie menschliche Emotionen entstehen und man wird das generalisieren und synthetisieren - im schlimmsten Fall "brute force" und "by example", weil die Natur das auch nicht anders macht.

Wenn man sich mal anschaut, was manche heutzutage noch aus einem Commodore C64 herauskitzeln, wird klar, dass Hardwareanforderungen nicht der begrenzende Faktor sein können.

Jörn
16.05.2017, 23:45
Chrome wird auch mit der hundertfachen Zahl an Code-Zeilen nicht intelligent werden, weil Intelligenz überhaupt nicht das Ziel dieses Codes ist.

Ist jedoch Intelligenz das Ziel des Codes, reichen relativ simple Konstrukte aus.

Es ist die Art und Anwendung des Codes, die den Unterschied macht. Simple Programme können in kurzer Zeit eine Milliarde mal den gleichen Sachverhalt prüfen (etwa durch Mustererkennung), bis schließlich ein Ergebnis konkretisiert wurde. Der Code war in diesem Fall simpel; er lief in einer Schleife eine Milliarde Mal; dabei wurde in jedem Durchlauf das Ergebnis einer Variation ausgewertet. Am Ende kann der Computer eine Treppenstufe weiter nach oben steigen.

Der Algorithmus muss dabei nicht sonderlich intelligent sein. Aber durch einen iterativen Prozess (das Ergebnis dient immer als Ausgangspunkt für einen erneuten Durchlauf) können Computer Dinge herausbekommen, die wir Menschen mit "Intelligenz" bewerkstelligen.

Beim Menschen sollte man trotz seiner Intelligenz berücksichtigen, dass hier vieles einer Intelligenz zuwiderläuft, d.h die biologisch vorhandene Intelligenz mindert. Beispielsweise, dass wir vergessen. Oder dass wir extrem langsam lernen. Oder dass wir sehr fehlerhaft kopieren. Oder dass wir untereinander nur eingeschränkte Verbindungen aufbauen können. Oder dass wir sterben. Oder dass wir Wunschdenken für wahr halten.

Computer unterliegen diesen Beschränkungen nicht, wenn sie vernetzt sind. Sie lernen enorm schnell und geben dieses Wissen sofort weiter, ohne Kopierfehler. Sie vergessen niemals, sondern das Wissen wird immer vielfältiger und präziser. Sie sterben nicht und verlieren deswegen auch ihr Wissen nicht. Neue Modelle können die bisher gesammelten Daten von den älteren Modellen übernehmen. Computer können sich gegenseitig prüfen und Fehler beseitigen. Computer können ohne Verständigungsprobleme zusammenarbeiten.

Das sind eine Menge Vorteile. Auch der Mensch hat Vorteile, aber für mich sieht es so aus, als ob die große, ewige und göttliche Bastion des "Verstandes" gleich als erstes fallen wird, wenn die Computer sich in dieses Terrain bewegen. Wir werden vielleicht lernen müssen, dass unser Verstand in Wahrheit ziemlich klein ist.

Was den Menschen vor dem Computer vielleicht auszeichnen kann, ist dies: Wir haben uns mit unserer beschwerlichen Reise vom ersten Bakterium bis hin zum Menschen unseren Platz in der Welt ehrlich verdient. (Ob das einen Computer beeindrucken wird, wage ich jedoch zu bezweifeln.)

captainbeefheart
17.05.2017, 07:33
Computer unterliegen diesen Beschränkungen nicht, wenn sie vernetzt sind. Sie lernen enorm schnell und geben dieses Wissen sofort weiter, ohne Kopierfehler. Sie vergessen niemals, sondern das Wissen wird immer vielfältiger und präziser. Sie sterben nicht und verlieren deswegen auch ihr Wissen nicht. Neue Modelle können die bisher gesammelten Daten von den älteren Modellen übernehmen. Computer können sich gegenseitig prüfen und Fehler beseitigen. Computer können ohne Verständigungsprobleme zusammenarbeiten.

Das sind eine Menge Vorteile. Auch der Mensch hat Vorteile, aber für mich sieht es so aus, als ob die große, ewige und göttliche Bastion des "Verstandes" gleich als erstes fallen wird, wenn die Computer sich in dieses Terrain bewegen. Wir werden vielleicht lernen müssen, dass unser Verstand in Wahrheit ziemlich klein ist.


Beeindruckend. Doch darum geht es m.E. in der Diskussion gar nicht. Dass die "Kognitionsleistung" von Computern ein vielfaches höher und überlegen ist, ist trivial. Es ging um die Frage, ob Computer zu Leistungen wie Empathie, Bewusstsein, Emotion etc. fähig sind. Und das sind sie heut e nicht und ich habe bisher kein Argument gelesen, wie sie es künftig sein sollen.

keko#
17.05.2017, 07:51
Chrome wird auch mit der hundertfachen Zahl an Code-Zeilen nicht intelligent werden, weil Intelligenz überhaupt nicht das Ziel dieses Codes ist.

Ist jedoch Intelligenz das Ziel des Codes, reichen relativ simple Konstrukte aus.

Es ist die Art und Anwendung des Codes, die den Unterschied macht. Simple Programme können in kurzer Zeit eine Milliarde mal den gleichen Sachverhalt prüfen (etwa durch Mustererkennung), bis schließlich ein Ergebnis konkretisiert wurde. Der Code war in diesem Fall simpel; er lief in einer Schleife eine Milliarde Mal; dabei wurde in jedem Durchlauf das Ergebnis einer Variation ausgewertet. Am Ende kann der Computer eine Treppenstufe weiter nach oben steigen.

Der Algorithmus muss dabei nicht sonderlich intelligent sein. Aber durch einen iterativen Prozess (das Ergebnis dient immer als Ausgangspunkt für einen erneuten Durchlauf) können Computer Dinge herausbekommen, die wir Menschen mit "Intelligenz" bewerkstelligen.

Beim Menschen sollte man trotz seiner Intelligenz berücksichtigen, dass hier vieles einer Intelligenz zuwiderläuft, d.h die biologisch vorhandene Intelligenz mindert. Beispielsweise, dass wir vergessen. Oder dass wir extrem langsam lernen. Oder dass wir sehr fehlerhaft kopieren. Oder dass wir untereinander nur eingeschränkte Verbindungen aufbauen können. Oder dass wir sterben. Oder dass wir Wunschdenken für wahr halten.

Computer unterliegen diesen Beschränkungen nicht, wenn sie vernetzt sind. Sie lernen enorm schnell und geben dieses Wissen sofort weiter, ohne Kopierfehler. Sie vergessen niemals, sondern das Wissen wird immer vielfältiger und präziser. Sie sterben nicht und verlieren deswegen auch ihr Wissen nicht. Neue Modelle können die bisher gesammelten Daten von den älteren Modellen übernehmen. Computer können sich gegenseitig prüfen und Fehler beseitigen. Computer können ohne Verständigungsprobleme zusammenarbeiten.

Das sind eine Menge Vorteile. Auch der Mensch hat Vorteile, aber für mich sieht es so aus, als ob die große, ewige und göttliche Bastion des "Verstandes" gleich als erstes fallen wird, wenn die Computer sich in dieses Terrain bewegen. Wir werden vielleicht lernen müssen, dass unser Verstand in Wahrheit ziemlich klein ist.

Was den Menschen vor dem Computer vielleicht auszeichnen kann, ist dies: Wir haben uns mit unserer beschwerlichen Reise vom ersten Bakterium bis hin zum Menschen unseren Platz in der Welt ehrlich verdient. (Ob das einen Computer beeindrucken wird, wage ich jedoch zu bezweifeln.)

Der Computer hat natürlich in vielen Bereichen enorme Vorteile und ist gar nicht mehr wegzudenken.
Ich habe auch schon x tausend Zeilen geschrieben, würde aber nichs davon als intelligent bezeichnen. Wir besitzen ja verschiedene Arten von Intelligenz. Oftmals wird sie nur auf mathematisch-logische bezogen.

Folgendes Beispiel: eine Maschine bekommt die Aufgabe in einen Raum zu gehen und dort eine Kiste zu holen. Die Kiste ist von enormer Wichtigkeit. So was können Maschinen schon heute halbwegs bewerkstelligen.
Nun kann es so sein, dass mehrere, konkurrierende Maschinen die Kiste holen sollen. Ich stelle mir das sehr schwer vor, da es verschiedene Strategien geben kann, die zum Erfolg führen. Meine Frau würde z.B. anders an die Situation rangehen als ich und ich anders als du.
Da kommst du nicht mit ein paar Programmzeilen hin. Du brauchst da echte Intelligenz und nicht irgendwelche Schleifen oder sonstwas, die man ständig durchläuft. Wie will man so was abbilden? Passiert das in echt (verschiedene Menschen sollen die gleiche Kiste holen), laufen unheimlich viele Sachen gleichzeitig ab.

Und das ist ja noch eine triviale Aufgabenstellung.