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Vollständige Version anzeigen : Da fasse ich mir echt an den Kopf…


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Rälph
25.12.2015, 08:48
Voll daneben. Allerdings sind die Schweizer, meines Wissens, auch nicht gerade zimperlich, was den privaten Waffenbesitz angeht. Auch wenn man dort sicherlich nicht durch Waffenverlosungen von den Kirchen geködert wird.

FinP
25.12.2015, 09:32
Sehr sehenswert in diesem Zusammenhang ist die neueste Folge (Staffel 5, Folge 4, "Anbieterwechsel") vom NDR-Tatortreiniger.

rundeer
25.12.2015, 12:08
Voll daneben. Allerdings sind die Schweizer, meines Wissens, auch nicht gerade zimperlich, was den privaten Waffenbesitz angeht. Auch wenn man dort sicherlich nicht durch Waffenverlosungen von den Kirchen geködert wird.

Gebe ich dir absolut recht. Ich habe sogar selber eine Waffe zuhause. Unseren obligatorischen Wehrdienst habe ich (äusserst Widerwillig) vor vier Jahren geleistet. Nun muss ich jährlich einmal an einer Schiessübung teilnehmen. Ich schieb das immer bis zum letzten Tag und bin sogar zu faul, das Gewehr danach zu putzen. Soll es doch im Dachboden verrosten.

Munition gibt es natürlich keine nach Hause. Wäre aber ein Kinderspiel ein paar Patronen mitgehen zu lassen. Äusserst bedenklich. Aber zum Glück nicht so erschreckend peinlich, wie in der Kirche über Waffen zu predigen und nach dem Gottesdienst ein bisschen ballern zu gehen.

Rälph
25.12.2015, 22:04
Ja, die Schweizer sind schon ein wehrhaftes Völkchen...however, wer weiß, wozu es mal gut sein könnte...

Klugschnacker
12.01.2016, 22:57
Nächstenliebe
Wikipedia: Als Nächstenliebe wird ein helfendes Handeln für andere Menschen bezeichnet. „Liebe“ beinhaltet hier jede dem Wohl des Mitmenschen zugewandte aktive, uneigennützige Gefühls-, Willens- und Tathandlung, nicht unbedingt eine emotionale Sympathie. Der „Nächste“ kann jeder Mensch in einer konkreten Notlage sein, der einem begegnet. Der Begriff stammt aus einem Gebot der Tora des Judentums.

Es geht also um eine "uneigennützige Tathandlung" für Menschen in einer konkreten Notlage. Das sei ein Zentralbegriff des Christentums.

Mir ist in der Flüchtlingsdebatte aufgefallen, dass christlich gläubige Menschen sich uneins darin sind, ob den Flüchtlingen ausgerechnet von uns geholfen werden muss. Das überrascht mich.

Ich möchte die Flüchtlingsfrage nicht in diesem Thread diskutieren. Ich möchte lediglich die Kundigen unter Euch bitten, mir den Standpunkt der Kirchen dazu näher zu bringen. Gibt es vielleicht ein paar Links? Einiger Dinge habe ich aus der Tagespresse dazu bereits gelesen, fühle mich aber noch schlecht informiert. Manche von Euch sind da einfach näher dran. Also: Hat jemand ein paar Infos oder Links parat?

Ich werde sie auch nicht kommentieren, versprochen. :Blumen:

MattF
13.01.2016, 07:55
Ich möchte die Flüchtlingsfrage nicht in diesem Thread diskutieren. Ich möchte lediglich die Kundigen unter Euch bitten, mir den Standpunkt der Kirchen dazu näher zu bringen.

Wer ist die Kirche?

Ich denke mal die Offiziellen der deutschen Kirchen (evangelisch und katholisch) haben sich die letzten Wochen recht eindeutig zum Thema Flüchtlinge geäussert.

http://www.fr-online.de/digital/fluechtlinge-bischof-loest-shitstorm-aus,1472406,31892734.html

http://www.domradio.de/themen/kirche-und-politik/2015-11-12/der-passauer-bischof-stefan-oster-zur-fluechtlingskrise

http://www.dbk.de/themen/fluechtlingshilfe/

in anderen Ländern sieht das durchaus anders aus:

http://www.faz.net/aktuell/politik/fluechtlingskrise/kritik-an-papst-franziskus-ungarischer-bischof-spricht-von-invasion-muslimischer-fluechtlinge-13790835.html

Klugschnacker
13.01.2016, 08:45
Danke MattF! Ich habe noch dieses hier:

Offener Brief
Katholische Ordensobere proben Aufstand gegen Seehofer
In einem offenen Brief wenden sich bayerische Ordensobere gegen die Flüchtlingspolitik der CSU – mit einer Deutlichkeit, die im Dialog mit der Partei ungewöhnlich ist.
http://www.faz.net/aktuell/politik/fluechtlingskrise/bayerische-ordensobere-gegen-fluechtlingspolitik-der-csu-13908495.html

Gibt es irgendwo etwas offiziellere Statements von den deutschen Katholiken oder Protestanten? Ich suche weniger nach den Ansichten der Untertanen, sondern nach den Richtlinien der Chefs. Gibt’s da was?
:Blumen:

Jog
16.01.2016, 23:06
"Sie wüssten nicht nur, „wie unmöglich die Lebenssituation in vielen Ländern unserer Welt geworden ist. Wir stellen auch beschämt fest, wie sehr unser Reichtum auf dem Rücken der Menschen in Afrika, Asien und dem Vorderen Orient erwirtschaftet wurde.“


Und das von der Katholischen Kirche in Bayern! Das lässt hoffen... (ohne Ironie!)

Klugschnacker
04.05.2016, 09:34
Beitrag zur Allgemeinbildung:

Morgen ist Vatertag. Gleichzeitig wird der vierzigste Tag nach Ostern seit den 1930er Jahren in Deutschland als christlicher Feiertag begangen. Gefeiert wird die Himmelfahrt von Jesus Christus.

Wikipedia (https://de.wikipedia.org/wiki/Christi_Himmelfahrt): "Jesus stieg nach seinem Kreuzestod zunächst in ein „in der Tiefe“ lokalisiertes Jenseits hinab („hinabgestiegen in das Reich des Todes“, siehe auch Höllenfahrt Jesu), aus dem er am dritten Tage wieder zu den Lebenden auferstand. Die Himmelfahrt Jesu bezeichnet demgegenüber das später folgende Ereignis, dass Jesus leiblich ins Jenseits gelangte, ohne (nochmals) zu sterben und ohne einen Leichnam zurückzulassen."

Jesus hinterließ, bevor es aufwärts ging, einen letzten Fußabdruck, den man hier sehen kann (https://de.wikipedia.org/wiki/Datei:Israel_Batch_1_(741).JPG).

Auch der Prophet Mohammed, Gründer des Islam, fuhr in den Himmel auf, allerdings zunächst nur vorübergehend. Er ritt auf einem "Burak (https://de.wikipedia.org/wiki/Buraq)" hinauf, das ist ein Maultier mit Flügeln. Dort begegnete er Jesus ebenso wie Allah. Auf einer zweiten Reise mit dem Burak ritt er gemeinsam mit Erzengel Gabriel in einer einzigen Nacht von Mekka nach Jerusalem.

Zum Vatertag schreibt Wikipedia: "Aufgrund des erhöhten Alkoholkonsums und der häufig durchgeführten Massenveranstaltungen (dazu zählen gemeinschaftliche Ausflüge wie Grillausflüge, Ausflüge an den Angelsee, Kutschfahrten) gibt es, wenn man die Statistik betrachtet, am Vatertag erheblich mehr Schlägereien als an anderen Tagen. Laut dem Statistischen Bundesamt steigt die Zahl der durch Alkohol bedingten Verkehrsunfälle an Christi Himmelfahrt auf das Dreifache des Durchschnitts der sonstigen Tage an und erreicht einen Jahreshöhepunkt."

Grüße,
Arne

Mosh
04.05.2016, 10:26
Danke Arne für die Info;)

Mosh

Stefan
04.05.2016, 11:07
Laut dem Statistischen Bundesamt steigt die Zahl der durch Alkohol bedingten Verkehrsunfälle an Christi Himmelfahrt auf das Dreifache des Durchschnitts der sonstigen Tage an und erreicht einen Jahreshöhepunkt.

Da die meisten Foris wahrscheinlich nach zwei Sätzen Religonsaufklärung aus dem Text aussteigen, habe ich den (für radelnde Triathleten) entscheidenden Satz zitiert.

neo
04.05.2016, 11:48
Da die meisten Foris wahrscheinlich nach zwei Sätzen Religonsaufklärung aus dem Text aussteigen, habe ich den (für radelnde Triathleten) entscheidenden Satz zitiert.

Schon krass, wie viele sich an dem Tag gezielt zulöten und ins Auto steigen *kopfschüttel*

noam
04.05.2016, 12:00
Es gibt halt ein paar wenige Tage im Jahr wo der alltagskonforme Deutsche aus seinem tristen Dasein gesellschaftlich akzeptiert ausbrechen darf und mal richitg die Sau rauslassen darf. Um dieses Verhalten nicht auf chartakterliche Fehlentwicklungen zurückführen zu können, wird die voll akzeptierte Alltagsdroge Alkohol in rauhen Mengen konsumiert.

Ich finde es einfach nur peinlich, wenn erwachsene Menschen sich vorsätzlich betrinken. Man könnte meinen, sie sind zu feige ihre wahre Natur im Alltag auszuleben und brauchen diese Tage um aus ihrer Rolle auszubrechen

neo
04.05.2016, 12:08
Es gibt halt ein paar wenige Tage im Jahr wo der alltagskonforme Deutsche aus seinem tristen Dasein gesellschaftlich akzeptiert ausbrechen darf und mal richitg die Sau rauslassen darf. Um dieses Verhalten nicht auf chartakterliche Fehlentwicklungen zurückführen zu können, wird die voll akzeptierte Alltagsdroge Alkohol in rauhen Mengen konsumiert.

Ich finde es einfach nur peinlich, wenn erwachsene Menschen sich vorsätzlich betrinken. Man könnte meinen, sie sind zu feige ihre wahre Natur im Alltag auszuleben und brauchen diese Tage um aus ihrer Rolle auszubrechen

Sehe ich auch so ... ich freu´ mich auf einen freien Tag, das gute Wetter, mit meinem alten Stahlzossen ein paar ´zig Kilometer runterreißen, einen kleinen Koppellauf dazu und dan BBQ ... alkoholfrei ... :Cheese:

Harke
04.05.2016, 13:26
Also heißt die Konsequenz für uns: früh auf's Rad, das Zulöten startet erst ab Mittag...

Jog
04.05.2016, 13:34
Also heißt die Konsequenz für uns: früh auf's Rad, das Zulöten startet erst ab Mittag...

So soll es sein! Und den protestantischen* Spaßbremsen wüsche ich viel Spaß bei der Selbstkasteiung und beim entsetzten Zusehen...

* Ziemlich elegant die beiden Themen aus Arnes Post wieder verknüpft - oder? Ich bin halt echt gut ...

Jog
04.05.2016, 13:38
Beitrag zur Allgemeinbildung:


Jesus hinterließ, bevor es aufwärts ging, einen letzten Fußabdruck, den man hier sehen kann (https://de.wikipedia.org/wiki/Datei:Israel_Batch_1_(741).JPG).



Hatte Jesus einen Elefantenfuß? Oder täuscht da die Perspektive?

neo
04.05.2016, 14:26
So soll es sein! Und den protestantischen* Spaßbremsen wüsche ich viel Spaß bei der Selbstkasteiung und beim entsetzten Zusehen...

* Ziemlich elegant die beiden Themen aus Arnes Post wieder verknüpft - oder? Ich bin halt echt gut ...

Sehr elegant verknüpft! :Cheese: Wobei ich recht katholisch-barock bin ... aber keinen Bock mehr auf Alk, geschweige denn Alk-Rausch. Ich hatte der Räusche zu viele ... :cool:

Rälph
04.05.2016, 18:12
Ich finde es einfach nur peinlich, wenn erwachsene Menschen sich vorsätzlich betrinken. Man könnte meinen, sie sind zu feige ihre wahre Natur im Alltag auszuleben und brauchen diese Tage um aus ihrer Rolle auszubrechen

Komm schon! Sich mit ein paar Kumpels mal kräftig einen hinter die Binde kippen...was soll's!? Ich bin für sowas gelegentlich zu haben (nein, nicht morgen).
Im Sommer fahre ich dafür sogar extra drei Tage auf Männertrip (nein, nicht nach Malle).:Prost:
Das Leben hat viele Facetten - Sport ist eine davon, Party ne andere!

Jog
04.05.2016, 19:40
Spaß mal kurz bei Seite:
Alkoholisierte Autofahrt und damit verbundene Gefährdung Anderer ist ein komplettes Unding. Und kann m.E. kaum hoch genug bestraft werden.

Generelles Verteufeln von Alkohol und puritanische Spaßbremsen sind eindeutig das geringer Übel. Aber Übel sind es! :Cheese:

Grüße
Jog

sybenwurz
04.05.2016, 22:14
Alkoholisierte Autofahrt und damit verbundene Gefährdung Anderer ist ein komplettes Unding. Und kann m.E. kaum hoch genug bestraft werden.

Generelles Verteufeln von Alkohol und puritanische Spaßbremsen sind eindeutig das geringer Übel.

Absolut!

Stefan
04.05.2016, 22:27
Generelles Verteufeln von Alkohol und puritanische Spaßbremsen sind eindeutig das geringer Übel. Aber Übel sind es! :Cheese:

Ich trinke kein Alkohol aber ich gönne jedem sein Delirium, der friedlich und harmlos bleibt. Leider hat der Alkohol auch Einfluss auf z.B. die Gewaltbereitschaft.

noam
04.05.2016, 22:34
Komm schon! Sich mit ein paar Kumpels mal kräftig einen hinter die Binde kippen...was soll's!? Ich bin für sowas gelegentlich zu haben (nein, nicht morgen).
Im Sommer fahre ich dafür sogar extra drei Tage auf Männertrip (nein, nicht nach Malle).:Prost:
Das Leben hat viele Facetten - Sport ist eine davon, Party ne andere!

Na komm, du weißt schon was ich meine. Jeder kennt doch solche Menschen. Im Alltag der Pantoffelheld und Bewahrer absoluter politischen Korrektheit. Wenn man ihn telefonieren hört, hört man in regelmäßigen Abständen immer nur "Ja Schatz". ABER auf der Weihnachtsfeier, dem "Männerurlaub", dem Junggesellenabschied, der Kegeltour, Karneval etc. lässt er es richtig krachen. Endlich raus aus der Gesellschaftskonformität, mal "richtig Mann sein". Herrenwitze, betatschen von Kellnerinnen oder weiblicher Kolleginnen (auf der Weihnachtsfeier), ungezügelter Alkoholkonsum, damit man unterschwellig sein gesamtes Tun darauf zurückführen kann, um die etwaigen Konsequenzen abzufangen oder zumindest abzumildern.

Solche Menschen kann ich nicht leiden. Das hat auch nichts mit Sport zu tun. Mir ist es absolut schleierhaft, warum Alkohol als Ausrede immer wieder akzeptiert wird. Wie sagt man so schön: "Kleine Kinder und Betrunkene sagen die Wahrheit". Es ist erbärmlich sich erst berauschen zu müssen, um sein aufgestautes Testosteron rauszulassen, nur weil man zu feige, angepasst ist, einfach immer man selbst zu sein und entsprechend zu handeln.

Noch schlimmer sind allerdings Menschen, die meinen, dass sie nur aufgrund von Alkohol aggressiv werden müssen. Echt erstaunlich wenn man diese Menschen im nüchternen Zustand dann Monate später vor Gericht wieder trifft und sie fast Rotz und Wasser heulen und alles auf den bösen Alkohol schieben. Wenn ich als erwachsener Mensch weiß, dass ich unter Alkoholeinfluss bestimmte Verhaltensweisen an den Tag lege, die ich später bereue, dann lass ich das Trinken sein, wenn ich nicht in der Lage bin Maß zu halten. Autofahren gehört im übrigen dazu und ich finde die Regelstrafe von 30 Tagessätzen für eine Trunkenheitsfahrt deutlich zu gering, wenn man bedenkt, dass es ja nun wirklich nur vom Zufall abhängt, ob bzw. was passiert und der Delinquent darauf genau gar keinen Einfluss hat.

schnodo
04.05.2016, 22:42
Noch schlimmer sind allerdings Menschen, die meinen, dass sie nur aufgrund von Alkohol aggressiv werden müssen.

Ja, das finde ich auch traurig. Ich habe nach einigen Drinks meist ein großes Mitteilungs- und Ahnlehnungsbedürfnis und habe damit bislang noch keine schlechten Erfahrungen gemacht. Wenn man sich den Menschen freundlich nähert, nehmen sie es einem auch nicht übel, wenn man einen über den Durst getrunken hat.

Campeon
05.05.2016, 01:25
.... und dann BBQ ... alkoholfrei ... :Cheese:

Wer es braucht?
BBQ niemals! Alkoholfrei ebenfalls!:cool:

Und den protestantischen* Spaßbremsen wünsche ich viel Spaß bei der Selbstkasteiung und beim entsetzten Zusehen...


:Lachanfall:

... aber keinen Bock mehr auf Alk, geschweige denn Alk-Rausch. Ich hatte der Räusche zu viele ... :cool:

Alkoholgenuss geht auch ohne Rausch!

Ich trinke kein Alkohol aber .............. Leider hat der Alkohol auch Einfluss auf z.B. die Gewaltbereitschaft.

Wenn du keinen trinkst, woher weisst du das?

Ja, das finde ich auch traurig. Ich habe nach einigen Drinks meist ein großes Mitteilungs- und Ahnlehnungsbedürfnis und habe damit bislang noch keine schlechten Erfahrungen gemacht. Wenn man sich den Menschen freundlich nähert, nehmen sie es einem auch nicht übel, wenn man einen über den Durst getrunken hat.

Eben, leben und leben lassen!:Blumen:

phonofreund
05.05.2016, 06:29
Meinen "Vatertag" hatte ich vor 3 Wochen bei eine Produktschulung mit anschliessendem Fußmarsch zurück zum Hotel in Bretten. Ungeplant 10 unfassbar gute Grappa nach opulentem Essen auf die Leber geworfen. Die war so lange arbeitslos, daß sie Freudensprünge gemacht hat. Heute werde ich mich wohl ein paar Stunden mit Iso zukippen und einen großen Bogen um die auf den Saufkarren machen.

Stefan
05.05.2016, 10:22
Wenn du keinen trinkst, woher weisst du das?

Weil man in Kneipen in nüchternem Zustand zu später Stunde Dinge beobachten kann, die erschreckend sind.

Das fängt mit provozieren von Schlägereien an und geht mit antatschen von Kellnerinnen und Besucherinnen weiter.

Rälph
05.05.2016, 11:59
Spaß mal kurz bei Seite:
Alkoholisierte Autofahrt und damit verbundene Gefährdung Anderer ist ein komplettes Unding. Und kann m.E. kaum hoch genug bestraft werden.

100% Zustimmung. Ich würde auch sofort für eine 0,0%o Grenze stimmen.

ABER auf der Weihnachtsfeier, dem "Männerurlaub", dem Junggesellenabschied, der Kegeltour, Karneval etc. lässt er es richtig krachen. Endlich raus aus der Gesellschaftskonformität, ...

So lange niemand zu Schaden kommt - was ist daran schlimm es mal krachen zu lassen? Auch (oder gerade) wenn man inzwischen sehr seriös unterwegs ist im Alltag. Wenn ich z.B. auf ein Punkkonzert gehe, dann macht das am meisten Spaß mit Bier und ner lustigen Runde Pogo. Action.
Wenn ich mich mit Drogen ebenso fühle wie ohne, dann kann ich es auch bleiben lassen, welche zu konsumieren.

So und jetzt gehe ich wandern. Ohne Bier, aber dafür mit Familie.:Huhu:

sybenwurz
05.05.2016, 13:08
Um dieses Verhalten nicht auf chartakterliche Fehlentwicklungen zurückführen zu können, wird die voll akzeptierte Alltagsdroge Alkohol in rauhen Mengen konsumiert.

Und das wird dann noch öffentlich gefördert und honoriert...:
https://www.facebook.com/media/set/?set=a.482894561862148.1073741961.137689039716037&type=3

Widerlich.
Die ganze Bagage ist schon nüchtern (nehme ich der Uhrzeit nach jedenfalls an oder hoffe es) unterwegs wie die Axt im Walde.

noam
05.05.2016, 13:29
Bin mal gespannt wie viele Scherben wieder im Wald zu finden sind, wenn diese tollen Bollerwagentouren wieder lustig Flaschen und Gläser durch die Gegend werfen und ich dann wieder zum Tierarzt darf, weil eines der Hundchen wieder ne Scherbe im Ballen hat.


Ich verstehe nicht warum man nicht einfach jeden Tag so leben kann wie man will... Das ist doch scheiße und mir viel zu anstrengend, sich im Alltag zu verstellen nur um dann zu ein paar Terminen im Jahr auszubrechen und es überzukompensieren

schoppenhauer
05.05.2016, 14:04
Ich verstehe nicht warum man nicht einfach jeden Tag so leben kann wie man will....

Weil der Chef oder die Kunden es nicht mögen, wenn man morgens schon besoffen ist?
Weil einen die Frau dann rausschmeißt?
Weil die Jungs dann nie lernen, wie man Fußball spielt?

Und das mit den paar Scherben solltest du nicht überdramatisieren. Hier ist gerade GTI-Treffen, 10.000de Trinker ruinieren gerade meine Radstrecke. Das dauert ewig, bis die von Scherben wieder frei ist. Egal, ein guter Grund mal die Tour zu ändern.

Campeon
05.05.2016, 14:12
Weil man in Kneipen in nüchternem Zustand zu später Stunde Dinge beobachten kann, die erschreckend sind.

Das fängt mit provozieren von Schlägereien an und geht mit antatschen von Kellnerinnen und Besucherinnen weiter.

Also nur von Drittpersonen.
Also wenn ich zuviel intus hatte, mittlerweile passiert mir das nicht mehr, ich höre auf bevor es weh tut, wurde ich nur lustig und äusserst albern.

Aber Schlägereien und Grapschereien hattte es und wird es bei mir niemals geben.

Das ist dann natürlich nicht so angenehm das anzuschauen, wobei ich als Anti-Alk selbst garnicht mehr solche Lokalitäten aufsuchen würde.

Stefan
05.05.2016, 14:32
Also nur von Drittpersonen.
Also wenn ich zuviel intus hatte, mittlerweile passiert mir das nicht mehr, ich höre auf bevor es weh tut, wurde ich nur lustig und äusserst albern.

Deswegen schrieb ich oben:
"Ich trinke kein Alkohol aber ich gönne jedem sein Delirium, der friedlich und harmlos bleibt." Ich kenne Leute, die werden einfach nur müde, andere lustig und albern und dann gibts die, denen man besser keinen Alkohol geben würde.

Das ist dann natürlich nicht so angenehm das anzuschauen, wobei ich als Anti-Alk selbst garnicht mehr solche Lokalitäten aufsuchen würde.
Ich trinke keinen Alkohol, aber trotzdem bin ich nicht dagegen ("Anti") Mein engerer Freundeskreis hat sich ausnahmslos im Griff und wenn wir uns bei mir treffen, dann müssen die nicht von meinem Saft trinken, sondern bekommen Bier oder Wein wenn sie wollen.

Rälph
06.05.2016, 09:44
Ich verstehe nicht warum man nicht einfach jeden Tag so leben kann wie man will... Das ist doch scheiße und mir viel zu anstrengend, sich im Alltag zu verstellen nur um dann zu ein paar Terminen im Jahr auszubrechen und es überzukompensieren

Wer sagt dir, dass diese Leute nicht eben genau so leben wollen?
Ein ganz "normales", vielleicht auch spießiges Leben führen und gelegentlich die Sau raus lassen.
Und nebenbei: Wer will schon ständig besoffen sein?

Ich glaube auch den Luxus, jeden Tag genau so leben zu können wie man will, können sich die wenigsten erlauben.

schoppenhauer
06.05.2016, 10:03
Männer waren über lange Zeit ausschließlich zum Fortpflanzen, auf die Jagd gehen, die Nachbars-Sippe überfallen und Abenteuer erleben - beispielsweise Indien entdecken - auf dieser Welt.

Wenn man noch einen kleinen Rest dieser genetischen Disposition in sich hat, kann die vermeintliche Familienidylle schon hart sein. Die gesellschaftlichen Konventionen sind aber auch hart!

Da gibt's nur eins: Hin und wieder ausbrechen - oder sich mit Kumpels sinnlos zuschütten. Ich hab mich gestern auf nen Berg geqäult und oben kam ich mir auch ein wenig so vor, als hätte ich gerade einen neuen Kontinent entdeckt....:Lachanfall:

noam
06.05.2016, 10:40
Wer sagt dir, dass diese Leute nicht eben genau so leben wollen?
Ein ganz "normales", vielleicht auch spießiges Leben führen und gelegentlich die Sau raus lassen.

Niemand. Aber zwischen "Sau rauslassen" und aufgrund von Alkohol in unzivilisierte Verhaltensmuster zu verfallen liegen ja doch noch ein paar Grauzonen.

Ich habe auch rein gar nichts gegen das "Sau rauslassen" mit Freunden und dabei einfach Spaß zu haben. Was ich hingegen erbärmlich finde, ist sich selber absichtlich in einen Zustand zu bringen, der ein Verhalten hervorruft, dass eben doch deutlich über Spaß haben hinausgeht, was gerade an oben genannten Terminen bei sehr vielen Menschen der Fall ist. Kegeltouren von reinen Frauenvereinen sind da übrigens keinen deut besser.

Vielleicht kenne ich auch einfach nur zu viele Menschen, die nicht gescheit mit Rauschmitteln umgehen können.


Und nebenbei: Wer will schon ständig besoffen sein?

Och da gibts einige, die das sehr konsequent durchziehen.


Ich glaube auch den Luxus, jeden Tag genau so leben zu können wie man will, können sich die wenigsten erlauben.

Naja wie man will, ist natürlich schon ein extremes Superlativ. Aber man kann sich sein Leben doch schon so einrichten, dass man mit sich und der Welt im Reinen ist.

zappa
06.05.2016, 13:29
Ich glaube auch den Luxus, jeden Tag genau so leben zu können wie man will, können sich die wenigsten erlauben.[/QUOTE]

Ich kann es aber versuchen! Ich lebe doch in den Rahmenbedingungen, die ich mit zunehmenden Alter zunehmend selbst gewählt und für die ich mich selbst entschieden habe. Innere Spannungszustände ("Sau rauslassen") sollten dann eigentlich weniger werden, wenn ich nicht "Opfer", sondern "Gestalter" meines Lebens bin.

Campeon
06.05.2016, 15:52
Innere Spannungszustände ("Sau rauslassen") sollten dann eigentlich weniger werden, wenn ich nicht "Opfer", sondern "Gestalter" meines Lebens bin.

Schön gesagt!:Blumen:

neo
06.05.2016, 20:20
Ich kann es aber versuchen! Ich lebe doch in den Rahmenbedingungen, die ich mit zunehmenden Alter zunehmend selbst gewählt und für die ich mich selbst entschieden habe. Innere Spannungszustände ("Sau rauslassen") sollten dann eigentlich weniger werden, wenn ich nicht "Opfer", sondern "Gestalter" meines Lebens bin.

YES! :)

Klugschnacker
25.05.2016, 08:19
Beitrag zur Allgemeinbildung:

Am Donnerstag dieser Woche ist Fronleichnam, ein Feiertag der Katholiken. Gefeiert wird die leibliche Gegenwart Jesu Christi in Form einer Oblate und des dazu gereichten Weins bei Gottesdiensten.

Dreh- und Angelpunkt ist dabei die „leibliche Gegenwart“ Christi. Sie wird in der Theologie als „Realpräsenz“ bezeichnet. Brot und Wein seien demnach nicht nur Symbole für eine Gegenwart Jesu im übertragenen Sinne. Sondern Jesus sei ganz real mit seinem Leib und seinem Geist in Form der Oblate und des Weins anwesend.

Herkunft: Vor allem das Evangelium nach Matthäus. „Während des Mahls nahm Jesus das Brot und sprach den Lobpreis; dann brach er das Brot, reichte es den Jüngern und sagte: ’Nehmt und esst; das ist mein Leib’. Dann nahm er den Kelch, sprach das Dankgebet und reichte ihn den Jüngern mit den Worten: ’Trinkt alle daraus; das ist mein Blut, das Blut des Bundes, das für viele vergossen wird zur Vergebung der Sünden’.

Probleme: Da kleine Kinder (noch) nicht zwischen einer Oblate und dem Leib Christi (Realpräsenz) unterscheiden können, sind sie nicht zum Empfang der Kommunion zugelassen. • Die angebliche „Schändung“ der Oblate, der so genannte Hostienfrevel (https://de.wikipedia.org/wiki/Hostienfrevel), hat über Jahrhunderte hinweg zu Massenmorden an Juden geführt, die in ihrer Zahl und Konsequenz meines Wissens nach erst von Adolf Hitler übertroffen wurden.

Feiertag: Fronleichnam ist ein gesetzlicher Feiertag in den katholisch geprägten Ländern Baden-Württemberg, Bayern, Hessen, Nordrhein-Westfalen, Rheinland-Pfalz und im Saarland.

qbz
25.05.2016, 09:39
Probleme: Da kleine Kinder (noch) nicht zwischen einer Oblate und dem Leib Christi (Realpräsenz) unterscheiden können, sind sie nicht zum Empfang der Kommunion zugelassen. • Die angebliche „Schändung“ der Oblate, der so genannte Hostienfrevel (https://de.wikipedia.org/wiki/Hostienfrevel), hat über Jahrhunderte hinweg zu Massenmorden an Juden geführt, die in ihrer Zahl und Konsequenz meines Wissens nach erst von Adolf Hitler übertroffen wurden.


ich kann mich noch gut erinnern: Als kleine Kinder nahmen wir Froschlaich nachhause, um zu sehen, wie sie sich daraus Kaulquappen und Frösche entwickeln, die wir dann wieder zurückbrachten. Da die Kaulquappen das Grünzeug nicht assen, gab uns die Mutter den Tip, Obladen in der Drogerie zu besorgen. Da stellten ich und meine Geschwister entsetzt fest, dass die Obladen, welche wir den Kaulquappen verfütterten und diese mit Begeisterung assen, identisch schmecken und aussehen wie die heiligen Hostien in der katholischen Kirche. Das führte tatsächlich zu einer gewissen kindlichen Kirchendistanz bzw. einem Misstrauen gegenüber dem Zeremonienzauber. :-) :-) .

(Die Erstkommunion war mit 7 oder 8.)

Klugschnacker
02.06.2016, 00:28
Kurze Frage an die Bibelkundigen unter uns. Bei der Lektüre der Bibel stieß ich auf folgende Aufforderung:

Übergriff beim Streit
Wenn zwei Männer, ein Mann und sein Bruder, miteinander raufen und die Frau des einen hinzukommt, um ihren Mann aus der Gewalt des andern, der auf ihn einschlägt, zu befreien, und wenn sie die Hand ausstreckt und dessen Schamteile ergreift, dann sollst du ihr die Hand abhacken. Du sollst in dir kein Mitleid aufsteigen lassen. 5.Mose 25,11-12 (http://www.bibleserver.com/text/EU/5.Mose25)

Dass man heutzutage nicht mehr von Ehefrauen am Gemächt aus einer Rauferei gezogen wird ist mir schon klar, mich wundert jedoch, dass dies früher offenbar der Fall war. Doch lassen wir das jetzt beiseite, die Passage ist vermutlich nur ein Gleichnis – nur für was?

Kann mir dazu jemand etwas sagen oder vielleicht einen Link posten? Und wer soll kein Mitleid aufkommen lassen beim Abhacken der Hand? Der Mann, dem sie zu Hilfe eilte, oder der andere, oder ich als nebenstehender Zeuge?

Thanks for help! :Blumen:

Campeon
02.06.2016, 02:07
Na ich weiss nicht.
Du hast aber eine komische Bettlektüre!;)

Klugschnacker
02.06.2016, 07:47
Vielleicht deswegen,

Zugehörigkeit zur Gemeinde des HERRN
Einer, dem die Hoden zerstoßen sind oder die Harnröhre abgeschnitten ist, darf nicht in die Versammlung des HERRN kommen. 5. Mose 23 (http://www.bibleserver.com/text/ELB/5.Mose23)

dass also der Sack des Mannes auch in einer Rauferei unbedingten Schutz genießt, um zur Versammlung des Herrn Zutritt zu haben?
:8/

su.pa
02.06.2016, 08:50
Kurze Frage an die Bibelkundigen unter uns. Bei der Lektüre der Bibel stieß ich auf folgende Aufforderung:

Übergriff beim Streit
Wenn zwei Männer, ein Mann und sein Bruder, miteinander raufen und die Frau des einen hinzukommt, um ihren Mann aus der Gewalt des andern, der auf ihn einschlägt, zu befreien, und wenn sie die Hand ausstreckt und dessen Schamteile ergreift, dann sollst du ihr die Hand abhacken. Du sollst in dir kein Mitleid aufsteigen lassen. 5.Mose 25,11-12 (http://www.bibleserver.com/text/EU/5.Mose25)

Dass man heutzutage nicht mehr von Ehefrauen am Gemächt aus einer Rauferei gezogen wird ist mir schon klar, mich wundert jedoch, dass dies früher offenbar der Fall war. Doch lassen wir das jetzt beiseite, die Passage ist vermutlich nur ein Gleichnis – nur für was?

Kann mir dazu jemand etwas sagen oder vielleicht einen Link posten? Und wer soll kein Mitleid aufkommen lassen beim Abhacken der Hand? Der Mann, dem sie zu Hilfe eilte, oder der andere, oder ich als nebenstehender Zeuge?

Thanks for help! :Blumen:

Vielleicht ein Gleichnis, weil sie ihn öffentlich demütigt, wenn sie da einschreitet und ihn in seiner Männlichkeit verletzt?

Jog
02.06.2016, 09:22
Ist kein Gleichnis, mehr eine "Verfahrensanweisung".
Mit "Du" ist die Allgemeinheit gemeint. Wer letztlich die Exekutive darstellt ist woanders geregelt (komme gerade nicht drauf wo...)
Mitleid soll der nicht haben, der die Hand abhackt.

Und am Ende sind diese "Verfahrensanweisung" durch die Aufklärung (im weitesten Sinne zu verstehen, nicht nur in der wissenschaftlichen Definition...), in der christlichen und jüdischen Lehre längst überholt. Im Gegensatz zu manch anderen Religionen...

qbz
02.06.2016, 09:24
Kurze Frage an die Bibelkundigen unter uns. Bei der Lektüre der Bibel stieß ich auf folgende Aufforderung:

Übergriff beim Streit
Wenn zwei Männer, ein Mann und sein Bruder, miteinander raufen und die Frau des einen hinzukommt, um ihren Mann aus der Gewalt des andern, der auf ihn einschlägt, zu befreien, und wenn sie die Hand ausstreckt und dessen Schamteile ergreift, dann sollst du ihr die Hand abhacken. Du sollst in dir kein Mitleid aufsteigen lassen. 5.Mose 25,11-12 (http://www.bibleserver.com/text/EU/5.Mose25)

Dass man heutzutage nicht mehr von Ehefrauen am Gemächt aus einer Rauferei gezogen wird ist mir schon klar, mich wundert jedoch, dass dies früher offenbar der Fall war. Doch lassen wir das jetzt beiseite, die Passage ist vermutlich nur ein Gleichnis – nur für was?

Kann mir dazu jemand etwas sagen oder vielleicht einen Link posten? Und wer soll kein Mitleid aufkommen lassen beim Abhacken der Hand? Der Mann, dem sie zu Hilfe eilte, oder der andere, oder ich als nebenstehender Zeuge?

Thanks for help! :Blumen:

Ich würde das nicht als Gleichnis, sondern als konkretes Verbot auffassen, da in dem Kap. Verhaltensregeln behandelt werden.

Die Frau darf in der Anwesenheit anderer Männer, sogar des Bruders, keine sexuell deutbare Handlung zeigen, selbst in Verbindung mit einer guten Absicht wie die Beendigung einer Rauferei, und soll dafür vom Ehemann hart bestraft werden.

(Es stellt sich mir die Frage, wie ein Ehemann, der von der Frau am Sack aus der Rauferei gezogen wird, es schaffen soll, dieser Frau die Hand abzuhacken? (Hab gerade gesehen, dass Jog zum "Du" was schrieb.))

schoppenhauer
02.06.2016, 09:36
Vielleicht deswegen,

Zugehörigkeit zur Gemeinde des HERRN
Einer, dem die Hoden zerstoßen sind oder die Harnröhre abgeschnitten ist, darf nicht in die Versammlung des HERRN kommen. 5. Mose 23 (http://www.bibleserver.com/text/ELB/5.Mose23)

dass also der Sack des Mannes auch in einer Rauferei unbedingten Schutz genießt, um zur Versammlung des Herrn Zutritt zu haben?
:8/

Ecclestone droht: "Wir lassen uns nicht an den Eiern packen"
Der scheint ja richtig bibelfest zu sein.

http://www.motorsport-total.com/f1/news/2015/11/ecclestone-droht-wir-lassen-uns-nicht-an-den-eiern-packen-15111621.html

Jimmi
02.06.2016, 09:47
Für mich ist nicht ganz klar,wessen Klöten die Frau jetzt in dem Mache hat. Wenn es diejenigen des Widersachers ihres Mannes sind, dann sind die Erfolgsaussichten auf technischen KO gar nicht so schlecht. Aber ganz schlechter Stil. Das gehört geahndet.

Klugschnacker
02.06.2016, 09:49
Die Frau darf in der Anwesenheit anderer Männer, sogar des Bruders, keine sexuell deutbare Handlung zeigen, selbst in Verbindung mit einer guten Absicht wie die Beendigung einer Rauferei, und soll dafür vom Ehemann hart bestraft werden.

Sollte es zu früheren Zeiten mitunter vorgekommen sein, dass Ehefrauen noch während einer Schlägerei sexuelle Handlungen mit dem Gegner des eigenen Ehemannes vornahmen?

Mir schien das wenig plausibel, daher hielt ich das eher für eine Art Gleichnis. Anyway, ich fände es selbst auch nicht gut, wenn meine Freundin mit einem Typen Sex hätte, noch während der mich verdrischt, da bin ich ganz bei Moses.

Klugschnacker
02.06.2016, 09:56
Update: Ich konnte durch Vergleich mehrerer Bibelübersetzungen nun Belege dafür finden, dass dem Gegner des Ehemannes an die Geschlechtsteile gefasst wird.

Jimmi
02.06.2016, 10:02
Sag ich doch. Was sollte eine schwache Frau sonst gegen den Furor eines testosterongepeitschten Mannes ausrichten, als dort hin zu langen, wo es am meisten weh tut?
Auch heute ist der Einsatz des Knies gegen unzureichend geschützte Weichteile des Mannes ein probates Mittel für Frauen, unsittlichen Angreifern zu begegnen. Bei Wasserballern wird auch nicht ohne Eierbecher gespielt. Und das sind harte Jungs.

Klugschnacker
02.06.2016, 10:09
Sag ich doch. Was sollte eine schwache Frau sonst gegen den Furor eines testosterongepeitschten Mannes ausrichten, als dort hin zu langen, wo es am meisten weh tut?

Das Verbot, sich beim Raufen gegenseitig am Zipfel zu ziehen, müsste dann aber vor allem zwischen den Männern selbst gelten. Denn sie sind es, die sich raufen.

Es scheint mir daher aus meiner laienhaften Sicht nicht um das Zipfelziehen selbst zu gehen, denn strafbar wird es erst dann, wenn eine Ehefrau es vollzieht. Mit anderen Worten, es geht um Sex und nicht um unlauteren Ringkampf.
:8/

qbz
02.06.2016, 10:33
Update: Ich konnte durch Vergleich mehrerer Bibelübersetzungen nun Belege dafür finden, dass dem Gegner des Ehemannes an die Geschlechtsteile gefasst wird.

verständlicher wird die Stelle aber dadurch nicht, da es heisst, das würde mit der Absicht geschehen, den Mann aus der Gewalt des anderen zu befreien. In dem Fall würde somit ein Vorgang beschrieben, indem die Ehefrau den vom Ehemann angegriffenen Liebhaber beschützen will, was in der Bibel eigentlich unter Ehebruch schon abgehandelt wird.

qbz
02.06.2016, 10:40
Sollte es zu früheren Zeiten mitunter vorgekommen sein, dass Ehefrauen noch während einer Schlägerei sexuelle Handlungen mit dem Gegner des eigenen Ehemannes vornahmen?


Nein, ich interpretierte Dein Bibel-Zitat so: Sie darf dem eigenen Mann während einer Rauferei (= in Anwesenheit eines anderen Mannes) nicht an den Sack fassen. Egal wer gemeint ist, Ehemann oder Kontrahent: Die Frau darf nicht in eine Prügelei eingreifen, indem sie einem Mann an den Sack langt. Sie könnte jedoch einen Kontrahenten würgend aus der Rauferei ziehen. (Die Frauen waren damals harte Arbeit und harte Umgangssitten gewohnt.)

Klugschnacker
02.06.2016, 10:42
In dem Fall würde somit ein Vorgang beschrieben, indem die Ehefrau den vom Ehemann angegriffenen Liebhaber beschützen will...

Wie kommst Du jetzt auf den Liebhaber? Je nach Übersetzung der Bibel wird der Gegner des Ehemannes als "Bruder" oder einfach als "Mann" bezeichnet. Warum denkst Du, es könne sich um einen Liebhaber der Frau handeln?
:Gruebeln:

Klugschnacker
02.06.2016, 10:54
Die Frau darf nicht in eine Prügelei eingreifen, indem sie einem Mann an den Sack langt. Sie könnte jedoch einen Kontrahenten würgend aus der Rauferei ziehen.

Danke für Deine Erläuterungen.

Ich will eine gewisse Ratlosigkeit nicht verhehlen: Das soll das Wort Gottes sein, der hunderte Milliarden Galaxien mit jeweils mehreren hundert Milliarden Sonnen erschaffen hat – und er teilt seinem verzweifelten Völkchen am Ufer des Toten Meeres durch Moses mit, Frauen dürfen den Männern beim Raufen nicht an den Sack greifen?

Das erscheint mir lächerlich. Bitte sagt mir, dass etwas mehr dahinter steckt!
:Blumen:

qbz
02.06.2016, 10:55
Wie kommst Du jetzt auf den Liebhaber? Je nach Übersetzung der Bibel wird der Gegner des Ehemannes als "Bruder" oder einfach als "Mann" bezeichnet. Warum denkst Du, es könne sich um einen Liebhaber der Frau handeln?
:Gruebeln:

war eine zu weitgehende Assoziation meinerseits, nehme ich zurück.

Naheliegender scheint mir, die Frau greift auf Seiten des Mannes in eine Rauferei ein und darf den Kontrahenten oder Ehemann (je nach Übersetzung) nicht an den Sack fassen (weil diese Handlung für Frauen in der Öffentlichkeit verboten sein soll), um ihn aus der Rauferei zu ziehen.

qbz
02.06.2016, 11:00
Danke für Deine Erläuterungen.

Ich will eine gewisse Ratlosigkeit nicht verhehlen: Das soll das Wort Gottes sein, der hunderte Milliarden Galaxien mit jeweils mehreren hundert Milliarden Sonnen erschaffen hat – und er teilt seinem verzweifelten Völkchen am Ufer des Toten Meeres durch Moses mit, Frauen dürfen den Männern beim Raufen nicht an den Sack greifen?

Das erscheint mir lächerlich. Bitte sagt mir, dass etwas mehr dahinter steckt!
:Blumen:

Wir haben dafür heute Gesetze und Verordnungen (sex. Belästigung z.B.). Damals regelten das halt die Religionen.

Klugschnacker
02.06.2016, 11:28
Damals regelten das halt die Religionen.

... die sich auf eine höchste Autorität berufen, auf eine allwissende Macht aus dem Jenseits. Würde man da nicht andere Regeln erwarten, als die, die im Alten Testament stehen?

Jeder aufgeklärte Vierzehnjährige und alle, die hier vielleicht mitlesen, erkennen doch sofort und mit Leichtigkeit die vielen ethischen Mängel dieser altertümlichen Texte. Sie sind genau so, wie man sie von einer nach heutigen Maßstäben ungebildeten Kultur von Ziegenhirten in der Bronzezeit erwarten würde. Es ist schwer, darin die Weisheit eines allwissenden Gottes zu sehen, weil wenig Weisheit darin ist. An den Sack greifen, die Hand abhacken, kein Mitleid haben – also bitte!

Das sind jedenfalls meine Gedanken beim Lesen dieser Gesetze und Eurer Erläuterungen.

Necon
02.06.2016, 11:40
Nehmen wir mal an es gibt einen Gott, dann würde ich sagen der gute Mann ist sicher nicht alleine, wäre auch ziemlich öde! Also hat er eine Frau und einen Bruder oder guten Freund. Woher die alle kommen spielt keine Rolle und führt nur zu unnötigen Diskussionen.
So Gott und sein Freund (Fritz) hatten einen Streit und Gottes Frau (Gudrun) kam dazu, sah das Gerangel wurde sauer und zog die Beiden auseinander, leider bekam sie bei Gott nur den Sack zum greifen. Das ist natürlich höchst unangenehm.
Als Gott dann wieder in seiner Garage war, wo er immer gerne an seinem Modelluniversum und seinem Lieblingsplaneten rumspielt, hat er sich gedacht, die armen Typen haben doch die selbe Anatomie wie ich.......

Voldi
02.06.2016, 11:45
... die sich auf eine höchste Autorität berufen, auf eine allwissende Macht aus dem Jenseits. Würde man da nicht andere Regeln erwarten, als die, die im Alten Testament stehen?

Jeder aufgeklärte Vierzehnjährige und alle, die hier vielleicht mitlesen, erkennen doch sofort und mit Leichtigkeit die vielen ethischen Mängel dieser altertümlichen Texte. Sie sind genau so, wie man sie von einer nach heutigen Maßstäben ungebildeten Kultur von Ziegenhirten in der Bronzezeit erwarten würde. Es ist schwer, darin die Weisheit eines allwissenden Gottes zu sehen, weil wenig Weisheit darin ist. An den Sack greifen, die Hand abhacken, kein Mitleid haben – also bitte!

Das sind jedenfalls meine Gedanken beim Lesen dieser Gesetze und Eurer Erläuterungen.

Wer sagt dir, dass unsere heutigen Regeln "richtiger" sind, als die der ungebildeten Kultur von Ziegenhirten? In ein Paar Generationen wird man vielleicht genauso 'abwertend' über unsere heutigen Regeln und Gepflogenheiten denken ;)

Vielleicht ist bis dahin 'Hand abhacken' wieder en vogue und der 'allwissende Gott' hat in vorausschauender Weise unsere aktuelle Form der Bestrafungen einfach nur übersprungen? :cool:

Klugschnacker
02.06.2016, 12:00
Wer sagt dir, dass unsere heutigen Regeln "richtiger" sind, als die der ungebildeten Kultur von Ziegenhirten? In ein Paar Generationen wird man vielleicht genauso 'abwertend' über unsere heutigen Regeln und Gepflogenheiten denken ;)

Das hoffe ich sehr! Die Regeln unseres Zusammenlebens müssen sich weiter entwickeln.

Schwarzfahrer
02.06.2016, 12:25
...Ich will eine gewisse Ratlosigkeit nicht verhehlen: Das soll das Wort Gottes sein, der hunderte Milliarden Galaxien mit jeweils mehreren hundert Milliarden Sonnen erschaffen hat – und er teilt seinem verzweifelten Völkchen am Ufer des Toten Meeres durch Moses mit, Frauen dürfen den Männern beim Raufen nicht an den Sack greifen?

Das erscheint mir lächerlich. Bitte sagt mir, dass etwas mehr dahinter steckt!
:Blumen:

Ich fürchte, das kann ich auch nicht. :Huhu:

Wenn Du mehr von dieser Sorte von Grübeleien suchst, kann ich Leo Taxils Unterhaltsame Bibel (https://www.amazon.de/Leo-Taxil-Amusing-French-version-ebook/dp/B004SIREZE/ref=sr_1_2?ie=UTF8&qid=1464862801&sr=8-2&keywords=leo+taxil+bible) emfpehlen. Da sind solche Sachen aus dem gesamten alten Testament sehr plastisch gesammelt und kommentiert; es gibt jede Menge davon. Leider scheint es keine deutsche Übersetzung zu geben. Mein ungarisches Exemplar könnte ich zwar ausleihen, aber es nützt Dir vermutlich wenig.

zappa
02.06.2016, 12:42
... die sich auf eine höchste Autorität berufen, auf eine allwissende Macht aus dem Jenseits. Würde man da nicht andere Regeln erwarten, als die, die im Alten Testament stehen?

Jeder aufgeklärte Vierzehnjährige und alle, die hier vielleicht mitlesen, erkennen doch sofort und mit Leichtigkeit die vielen ethischen Mängel dieser altertümlichen Texte. Sie sind genau so, wie man sie von einer nach heutigen Maßstäben ungebildeten Kultur von Ziegenhirten in der Bronzezeit erwarten würde. Es ist schwer, darin die Weisheit eines allwissenden Gottes zu sehen, weil wenig Weisheit darin ist. An den Sack greifen, die Hand abhacken, kein Mitleid haben – also bitte!

Das sind jedenfalls meine Gedanken beim Lesen dieser Gesetze und Eurer Erläuterungen.

Nun ja, der Aufschrieb ist ja auch ein paar Tage her ... Und es hat ja auch nicht die angeblich allwissende Macht aufgeschrieben, sondern es wurde vom Hörensagen übermittelt, aufgenommen und dann erst aufgeschrieben. Allein da sind schon viele Quellen für Missverständnisse ... Wenn es denn überhaupt so war.

Und selbst wenn es so war, die Bedingungen vor tausenden von Jahren sind selbstverständlich nicht mit den unseren vergleichbar. Ebenso wie die Bedingungen im Mittelalter ein wenig ruppiger waren ... und sich über die Moderne zu unserer Postmoderne entwickelt haben.

tandem65
02.06.2016, 13:04
Hi Arne,

Ich will eine gewisse Ratlosigkeit nicht verhehlen: Das soll das Wort Gottes sein, der hunderte Milliarden Galaxien mit jeweils mehreren hundert Milliarden Sonnen erschaffen hat – und er teilt seinem verzweifelten Völkchen am Ufer des Toten Meeres durch Moses mit, Frauen dürfen den Männern beim Raufen nicht an den Sack greifen?

Das erscheint mir lächerlich. Bitte sagt mir, dass etwas mehr dahinter steckt!
:Blumen:

es wurde ja schon geschrieben, es sind keine Gleichnisse.
Gleichnisse sind eher eine Sache des NT, Jesus lehrt in Gleichnissen.

Ansonsten hilft es Dir vielleicht daß in 5. Mose 1 (http://www.bibleserver.com/text/ELB/5.Mose1) zur Einleitung des Deuteriums steht: "Dies sind die Worte, die Mose zu ganz Israel geredet ...."

Das hat also schon nicht Moses selbst aufgeschrieben. Der ja immerhin eine sehr besondere Stellung im AT hat.
Im AT geht es ja auch ständig um das abwenden des Volkes von Gott in guten zeiten und die Zuwendung in schlechten Zeiten. Die Israeliten im AT haben aus den recht schlanken Regeln der 10 Gebote ein ausuferndes Regelwerk gemacht. Auch mit Reinigungsregeln, um sich von der Sünde zu reinigen, die dann Jesus scharf kritisiert hat.

trithos
02.06.2016, 13:04
Hallo Klugschnacker,
wenn ich Dich recht verstehe und kurz zusammenfasse, argumentierst Du wie folgt: Religion ist Unsinn, weil vor irgendwieviel tausenden Jahren irgendwelche Menschen irgendeinen Unsinn aufgeschrieben haben und daran geglaubt haben, dass das Gottes Wort ist.

Ich will hier gar nicht in der Sache dagegen argumentieren. Ob man an irgendetwas glaubt oder nicht, sollte jedem selbst überlassen sein, solange er nicht im Namen seiner Religion anderen Menschen Schaden zufügt.

Ich möchte aber trotzdem darauf hinweisen, dass ich solche Diskussionen für sinnlos halte. Denn Deine Kritik richtet sich ja einerseits an die, die das aufgeschrieben haben. Die sind aber schon lange tot. Oder an die, die solche Texte heute noch wortwörtlich nehmen. Und da kenn ich genau niemanden, der das tut, obwohl ich durchaus Kontakt zu religiösen Menschen habe.

Was soll das also bringen? Oder was soll uns heutigen Menschen das sagen?

Ist Medizin Unsinn, weil vor irgendwieviel hunderten Jahren irgendwelche Menschen irgendeinen Unsinn aufgeschrieben haben und daran geglaubt haben?

Ist Physik Unsinn, weil vor irgendwieviel hunderten Jahren irgendwelche Menschen irgendeinen Unsinn aufgeschrieben haben und daran geglaubt haben?

Ist Astronomie Unsinn, ... usw.

Es ist doch unbestritten, dass man historische Schriften auch historisch betrachten muss. Und unsere Nachfahren werden sich über unseren "Wissensstand" in vielen Dingen wundern. Und vielleicht findet sich dann auch der ein- oder andere, der sich über uns heute lebende "dumme" Menschen lustig macht? Ich halte das für sehr wahrscheinlich. Für sehr nett halte ich es aber nicht...

flaix
02.06.2016, 13:30
die Wissenschaftler bezichtigen sich ja untereinander selbst des Unsinns:

http://www.tagesspiegel.de/wissen/vor-dem-urknall-wie-kann-das-universum-aus-dem-nichts-entstehen/11179340.html

insofern brauchen wir über die Religion eigentlich nicht spotten

qbz
02.06.2016, 13:48
... die sich auf eine höchste Autorität berufen, auf eine allwissende Macht aus dem Jenseits. Würde man da nicht andere Regeln erwarten, als die, die im Alten Testament stehen?

Jeder aufgeklärte Vierzehnjährige und alle, die hier vielleicht mitlesen, erkennen doch sofort und mit Leichtigkeit die vielen ethischen Mängel dieser altertümlichen Texte. Sie sind genau so, wie man sie von einer nach heutigen Maßstäben ungebildeten Kultur von Ziegenhirten in der Bronzezeit erwarten würde. Es ist schwer, darin die Weisheit eines allwissenden Gottes zu sehen, weil wenig Weisheit darin ist. An den Sack greifen, die Hand abhacken, kein Mitleid haben – also bitte!

Das sind jedenfalls meine Gedanken beim Lesen dieser Gesetze und Eurer Erläuterungen.

Ich denke, man muss die Normen des Zusammenlebens im AT und die Strafen sowie die Verschriftlichung vergleichen mit denen der herrschenden Hochkulturen der Ägypter, der Römer und der Griechen derselben Zeit. Diese Hochkulturen basierten alle auf der Sklaverei und Vielgötterei, aber schon wie das römische Reich auf einem verschriftlichten, allgemeinen Rechtssystem für die Oberschicht. Die Mehrzahl der Menschen, die Sklaven, galten als Hausvieh! Deren Ausbeutung brachte die Wissenschaft, Kunst, Kultur, Technik, Agrikultur, Philosophie der Oberschicht usf. voran.

Die Gleichheit der Menschen vor Gott (keine Sklaven!) und der abstrakte Eingottgaube überlebten aber die Hochkulturen und trugen zu deren Untergang bei. Sie waren zu Beginn revolutionäre und verfolgte Ideen. Ich würde die ideellen und organisatorischen Leistungen des Christentums für den Fortschritt anerkennen wollen. Auch Ideen der Aufklärung nehmen diese auf.

Klugschnacker
02.06.2016, 17:24
Deine Kritik richtet sich ja einerseits an die, die das aufgeschrieben haben. Die sind aber schon lange tot. Oder an die, die solche Texte heute noch wortwörtlich nehmen. Und da kenn ich genau niemanden, der das tut, obwohl ich durchaus Kontakt zu religiösen Menschen habe.

Du sagst, dass niemand solche Aussagen wörtlich nimmt. Wie entscheidest Du, oder wie entscheidet man, welche Stellen der heiligen Schriften wörtlich aufzufassen sind, und welche nicht?

Ich selbst hatte vermutet, dass die Regel mit der abzuhackenden Hand der Frau nicht wörtlich zu nehmen sein kann. Ich hatte deshalb danach gefragt, für welche allgemeinere Regel dies ein Gleichnis sein könnte. Mir wurde jedoch hier gesagt, dass es kein Gleichnis sei.

Ich finde, dass sind legitime Fragen eines interessierten Menschen.

Rälph
02.06.2016, 17:32
Kurze Frage an die Bibelkundigen unter uns. Bei der Lektüre der Bibel stieß ich auf folgende Aufforderung:

Übergriff beim Streit
Wenn zwei Männer, ein Mann und sein Bruder, miteinander raufen und die Frau des einen hinzukommt, um ihren Mann aus der Gewalt des andern, der auf ihn einschlägt, zu befreien, und wenn sie die Hand ausstreckt und dessen Schamteile ergreift, dann sollst du ihr die Hand abhacken. Du sollst in dir kein Mitleid aufsteigen lassen. 5.Mose 25,11-12 (http://www.bibleserver.com/text/EU/5.Mose25)

Dass man heutzutage nicht mehr von Ehefrauen am Gemächt aus einer Rauferei gezogen wird ist mir schon klar, mich wundert jedoch, dass dies früher offenbar der Fall war. Doch lassen wir das jetzt beiseite, die Passage ist vermutlich nur ein Gleichnis – nur für was?

Kann mir dazu jemand etwas sagen oder vielleicht einen Link posten? Und wer soll kein Mitleid aufkommen lassen beim Abhacken der Hand? Der Mann, dem sie zu Hilfe eilte, oder der andere, oder ich als nebenstehender Zeuge?

Thanks for help! :Blumen:

Vielleicht geht es gar nicht so sehr um die Schamteile, sondern ist die bloße Aufforderung an die Frauen sich rauszuhalten, wenn sich zwei Männer (Brüder) vermöbeln. Evt.war es damals normal für Frauen, dem Gegner direkt an die Klöden zu gehen?

Heißt also: Wenn Arne und Jörn sich in der Wolle haben, dann sollen sich die dazugehörigen Frauen gefälligst raus halten, denn die Beiden sind selber groß....????

Vicky
02.06.2016, 17:42
Ich möchte aber trotzdem darauf hinweisen, dass ich solche Diskussionen für sinnlos halte.

... ich finde diese Diskussion interessant, denn es gibt ja offenbar eine Vielzahl an Interpretationsmöglichkeiten eines Texts. Der Kreativität sind da wenig Grenzen gesetzt und die verschiedenen Interpretationen ermöglichen auch unterschiedliche Blickwinkel - im Guten, wie im... weniger Guten.



... man wat fürn Jeschwafel von mir... Ich denke Ihr wisst, was ich meine :Huhu:

Klugschnacker
02.06.2016, 17:49
Vielleicht geht es gar nicht so sehr um die Schamteile, sondern ist die bloße Aufforderung an die Frauen sich rauszuhalten, wenn sich zwei Männer (Brüder) vermöbeln. Evt.war es damals normal für Frauen, dem Gegner direkt an die Klöden zu gehen?

Heißt also: Wenn Arne und Jörn sich in der Wolle haben, dann sollen sich die dazugehörigen Frauen gefälligst raus halten, denn die Beiden sind selber groß....????

Klingt ja recht harmlos. Nicht vergessen: Hier wird einer zu Hilfe eilenden Person die Hand abgehackt.

Ist das der damaligen Zeit geschuldet? Ich meine, wenn alles mit dem Zeitgeist entschuldbar ist, braucht es gerade keinen Gott, der die Gesetze diktiert. Von einem Gott erwartet man eine Perspektive, die über den aktuellen Zeitgeist hinausreicht. Oder nicht?

schnodo
02.06.2016, 18:02
Ist das der damaligen Zeit geschuldet? Ich meine, wenn alles mit dem Zeitgeist entschuldbar ist, braucht es gerade keinen Gott, der die Gesetze diktiert. Von einem Gott erwartet man eine Perspektive, die über den aktuellen Zeitgeist hinausreicht. Oder nicht?

Wer behauptet denn, dass Gott keine zynische, verachtenswerte Kreatur ist, die sich in der Ewigkeit langweilt?

MattF
02.06.2016, 18:04
Ich meine, wenn alles mit dem Zeitgeist entschuldbar ist, braucht es gerade keinen Gott, der die Gesetze diktiert. Von einem Gott erwartet man eine Perspektive, die über den aktuellen Zeitgeist hinausreicht. Oder nicht?


Du glaubst doch selber nicht, dass Gott diese Gesetze diktiert hat.

Die Bibel ist von Menschen geschrieben. Max. ein Genie könnte über den Zeitgeist hinaus denken.


Die Bibel ist aber von Menschen geschrieben:

-- positiv formuliert als Gesetz- Verhaltensbuch,

-- negtiv formuliert um den menschlichen Geist Zügel anzulegen und ihn zu zivilisieren, bzw. zu beherrschen.


Religionen sind Herrschaftsinstrumente.

FinP
02.06.2016, 18:06
Wenn man es etwas abstrahiert, dann könnte vielleicht ein Schuh draus werden - es war meine erste Assoziation bevor ich alle sehr wörtlich auslegenden Posts gelesen habe.

A und B streiten im Allgemeinen nicht unbedingt im Moment körperlich, A ist aber deutlich unterlegen und somit mittelbar mit großem Übel bedroht.

Ehefrau von A will ihren Mann schützen und geht dem Bedroher an die Wäsche. Ehebruch ist eh strafbar, Fummeln zur Abwehr von Notlagen nach diesen Regeln auch.

Auf heute übertragen, soll es ein Mann nicht akzeptieren, dass seine Frau seinem Chef für ne Gehaltserhöhung einen runter holt...

Meine erste Assoziation halt, keine Garantie, dass das Herr Ratzinger beispielsweise ähnlich sieht, aber wer mal versucht hat zwei prügelnde Leute zu trennen, der kann sich vorstellen, dass die Klöten eher schwer zu erwischen sind.
Werde ich bei der nächsten Schulhofschlägerei aber mal versuchen.

Klugschnacker
02.06.2016, 18:16
Ehefrau von A will ihren Mann schützen und geht dem Bedroher an die Wäsche. Ehebruch ist eh strafbar, Fummeln zur Abwehr von Notlagen nach diesen Regeln auch.

Ist es nicht an der Stelle bereits komplett unverständlich? Einen Angreifer am Sack von dannen zu zerren kann man doch nicht ernsthaft mit Ehebruch gleichsetzen.

Mir ist das eigentlich auch egal, ich versuche bloß zu verstehen, wie man aus der Bibel unsere Moralbegriffe ableiten will. Ich mache mir die Mühe und lese derzeit im Alten und Neuen Testament. Dabei ergeben sich zwangsläufig diese Fragen.

FinP
02.06.2016, 18:21
Du hast mich nicht verstanden:
Die Ehefrau zieht nicht am Zipfel sondern bietet sich quasi dem Angreifer an, um diesen zu besänftigen.

Wenn ich das ganze aber im Zusammenhang mit den umliegenden Textstellen lese, dann ist glaube ich der Begriff Bruder entscheidend.
Die Nachkommen des Schwagers dürfen vielleicht auch in einer Notlage nicht gefährdet werden - von anderen Angreifern evtl schon.

zappa
02.06.2016, 18:30
Wer behauptet denn, dass Gott keine zynische, verachtenswerte Kreatur ist, die sich in der Ewigkeit langweilt?

In dem Zusammenhang empfehlenswert: http://www.kino.de/film/das-brandneue-testament-2015/

schnodo
02.06.2016, 18:40
In dem Zusammenhang empfehlenswert: http://www.kino.de/film/das-brandneue-testament-2015/

Danke! Den wollte ich mal sehen, habe dann aber nicht mehr dran gedacht! :Blumen:

Vicky
02.06.2016, 18:58
Auf heute übertragen, soll es ein Mann nicht akzeptieren, dass seine Frau seinem Chef für ne Gehaltserhöhung einen runter holt...


Wenn sie sich dann schon zur Not und in der allergrößten Not anbietet, dann doch bitte sehr ohne Kondom (http://de.catholicnewsagency.com/story/warum-papst-franizskus-recht-hatte-als-er-uber-kondome-und-hiv-sprach-0315), denn der irdische Stellvertreter Jesus Christi mag keine Kondome...

Vielleicht kommt sie dann geradeso nochmal davon... :Cheese:

... aber gut. Das ist wieder ein anderes Thema... SORRY! Fiel mir nur so ganz spontan ein.

zappa
02.06.2016, 18:59
Ist es nicht an der Stelle bereits komplett unverständlich? Einen Angreifer am Sack von dannen zu zerren kann man doch nicht ernsthaft mit Ehebruch gleichsetzen.

Mir ist das eigentlich auch egal, ich versuche bloß zu verstehen, wie man aus der Bibel unsere Moralbegriffe ableiten will. Ich mache mir die Mühe und lese derzeit im Alten und Neuen Testament. Dabei ergeben sich zwangsläufig diese Fragen.

Wer ist denn in dem Zusammenhang "man"?

Ich denke, dass viele, die sich für das Christentum interessieren, ihm nahestehen, oder sogar daran glauben, wissen, dass eine wörtliche Auslegung ziemlich unsinnig und nicht zielführend ist. Es sind ja Geschichten und Erzählungen vom Hörensagen, die gesammelt und irgendwann aufgeschrieben, hin- und herübersetzt und wieder aufgeschrieben und interpretiert wurden ...

Im Rahmen der Exegese geht es den meisten dieser Menschen wohl eher darum, wie Dir scheinbar auch, im Rahmen eine sehr weiten Interpretation praktische Anwendungen abzuleiten. Und einige Posts hier haben da schon gute Interpretationsarbeit geleistet.

Ich finde es übrigens cool, dass Du Dich dafür interessierst.

Klugschnacker
02.06.2016, 19:24
Ich denke, dass viele, die sich für das Christentum interessieren, ihm nahestehen, oder sogar daran glauben, wissen, dass eine wörtliche Auslegung ziemlich unsinnig und nicht zielführend ist.

Ist das denn Konsens unter Christen, dass "eine wörtliche Auslegung ziemlich unsinnig und nicht zielführend ist"? Die Auferstehung Jesu, die Jungfräulichkeit Marias, das Verbot des Ehebruchs, die Heilungswunder etc. sollen nach meinem Verständnis durchaus wörtlich verstanden werden.

Mir ist kein Kriterium bekannt, nach dem sich entscheiden ließe, welche Aussagen der Bibel wörtlich oder im übertragenen Sinne zu verstehen wären. Gibt es eines, an dem sich das entscheiden lässt?

zappa
02.06.2016, 20:31
Ist das denn Konsens unter Christen, dass "eine wörtliche Auslegung ziemlich unsinnig und nicht zielführend ist"? Die Auferstehung Jesu, die Jungfräulichkeit Marias, das Verbot des Ehebruchs, die Heilungswunder etc. sollen nach meinem Verständnis durchaus wörtlich verstanden werden.

Mir ist kein Kriterium bekannt, nach dem sich entscheiden ließe, welche Aussagen der Bibel wörtlich oder im übertragenen Sinne zu verstehen wären. Gibt es eines, an dem sich das entscheiden lässt?

Also, Konsens - das wäre wohl zu optimistisch formuliert. Allein die beiden bei uns großen Interpretationsrichtungen (katholisch, evangelisch) haben ja in zentralen Punkten einen substanziellen Disput. Gleichwohl dürfte die überwiegende Mehrheit der daran interessierten Menschen so reflektiert sein, dass sie wissen, dass eine wörtliche Übertragung uralter Geschichten ohne deren historische Einordnung sinnlos ist.

Und das scheinbar nicht erst heute. Hab gerade ein bissl recherchiert: Schon der Petrusbrief hat Teile der Erzählungen von Paulus als "schwer zu verstehen" eingeordnet :-)

FinP
02.06.2016, 21:34
Was ich beobachte ist, dass der Anteil der "wörtlichen Ausleger zwar klein, dafür wachsend ist.

Ich verstehe das Argument, dass eine nur in Teilen wörtlich zu nehmende "heilige Schrift" zu völliger Beliebigkeit führt. Das macht die Geschichte für mich absurd.

zappa
02.06.2016, 21:51
Was ich beobachte ist, dass der Anteil der "wörtlichen Ausleger zwar klein, dafür wachsend ist.

Ich verstehe das Argument, dass eine nur in Teilen wörtlich zu nehmende "heilige Schrift" zu völliger Beliebigkeit führt. Das macht die Geschichte für mich absurd.

Dazu hat trithos zuvor das auch für mich Maßgebliche geschrieben:


Ist Medizin Unsinn, weil vor irgendwieviel hunderten Jahren irgendwelche Menschen irgendeinen Unsinn aufgeschrieben haben und daran geglaubt haben?

Ist Physik Unsinn, weil vor irgendwieviel hunderten Jahren irgendwelche Menschen irgendeinen Unsinn aufgeschrieben haben und daran geglaubt haben?

Ist Astronomie Unsinn, ... usw.

Es ist doch unbestritten, dass man historische Schriften auch historisch betrachten muss. Und unsere Nachfahren werden sich über unseren "Wissensstand" in vielen Dingen wundern.

Wissen, Informationen, Fakten, Geschichten und Erzählungen sollten wir kontextualisieren, dann können wir uns daran orientieren, reiben, reflektieren, aufmuntern, trösten etc. und weiteres Wissen, Geschichten etc. schaffen.

qbz
02.06.2016, 22:24
Schaut einfach in den Kontext, in dem das von Arne ausgewählte Zitat steht. http://www.bibleserver.com/text/EU/5.Mose25

Vor dem Zitat gibt es Verhaltensnormen zur Schwagerehe, zum Dreschen, zur Prügelstrafe, danach zu Falschem Gewicht und Maß sowie zur Vergeltung an den Amalketitern. Weshalb sollte der Verfasser dieses Textes zwischen einer geordneten Aufzählung von konkreten Verhaltensnormen ein Gleichnis einfügen? Der Verfasser stellt im Zitat eine konkrete Handlung unter Strafe. Das Verständnis dafür fällt uns vielleicht schwer, weil wir das Verbot der Handlung (wegen der Gleichberechtigung) und das Strafmass nicht nachvollziehen können. Aber noch zu Beginn des 19. Jahrhunderts wurden in Europa Menschen wegen Strassendiebstahls gerädert und heute noch in Saudi Arabien die Hand abgehackt.

FinP
02.06.2016, 22:25
@zappa: Nachvollziehbar - aber dann ist Religion nur willkürlich ausgewählte Ethik vergangener Tage und nicht göttlich über den Dingen stehend. Dann hat Religion keine Authorität und keinen berechtigten Wahrheitsanspruch, es gäbe keinen Grund sich über die Privatethik von Lieschen Müller zu erheben.

Zusammenfassend: Entweder hat Gott den Menschen geschaffen oder der Mensch die Götter. Beides gleichzeitig, wie es die moderne, frei auslegende Bibelinterpretation versucht, führt zu Verwirrung.

Aber die Wege des Herrn...

FinP
02.06.2016, 22:31
Das Verständnis dafür fällt uns vielleicht schwer, weil wir das Verbot der Handlung (wegen der Gleichberechtigung) und das Strafmass nicht nachvollziehen können.

Das Verständnis fällt insbesondere schwer, weil der Schutzzweck unklar ist.

Ich vermute ja wie bereits oben beschrieben, dass die zukünftigen Nachkommen des Bruders besonders geschützt werden sollen. Das passt dann auch inhaltlich zur Schwagerehe

qbz
02.06.2016, 22:54
Das Verständnis fällt insbesondere schwer, weil der Schutzzweck unklar ist.

Ich vermute ja wie bereits oben beschrieben, dass die zukünftigen Nachkommen des Bruders besonders geschützt werden sollen. Das passt dann auch inhaltlich zur Schwagerehe

Würde dieser Schutzzweck im Vordergrund stehen, müsste ein solches Verbot auch für sich raufende Männer aufgestellt werden. Es geht eher darum, dass die sich einmischende Ehefrau eine bestimmte körperliche Intimschranke auch im Streitfall nicht überschreiten darf.

trithos
02.06.2016, 23:18
Du sagst, dass niemand solche Aussagen wörtlich nimmt. Wie entscheidest Du, oder wie entscheidet man, welche Stellen der heiligen Schriften wörtlich aufzufassen sind, und welche nicht?


Genau genommen hab ich gesagt, dass ich niemanden kenne, der solche Aussagen wörtlich nimmt. Und da ich ja bei weitem nicht alle Menschen kenne ...

Ich entscheide das ganz pragmatisch wie auch sonst im wirklichen Leben: wenn jemand etwas sagt, das ich nicht einordnen kann, frage ich: wie hast Du das gemeint? Und ich frage: was willst Du mir damit sagen? Wenn ich diese Fragen an einen historischen Text stelle, hab ich natürlich das Problem, dass der Text nicht so einfach antwortet. Mit ein wenig gutem Willen kommt man da aber trotzdem recht weit.

Gerade mit der Interpretation der Bibel beschäftigen sich ja auch zahlreiche Experten. Da dürfte es also wirklich großen Interpretationsbedarf geben. So gesehen wäre es vielleicht zielführend, einmal mit einem Bibelwissenschaftler zu plaudern, und nicht nur mit Triathleten wie ich es einer bin. Ich kann hier schließlich auch nur meine recht wenig fundierte Privatmeinung abgeben ;)

Und zudem müssen wir uns wohl in der Beurteilung vieler Texte tatsächlich eingestehen, dass es keine allgemein gültige Interpretation gibt. Selbst vergleichsweise moderne und von echten Experten geschriebene Texte wie unsere Gesetze bedürfen einer Interpretation - sonst bräuchten wir ja keine Anwälte oder Richter.

Edit: Vielleicht habt ihr eh schon alle entsprechendes Grundwissen, wie die katholische Kirche offiziell das alte Testament sieht - nämlich durchaus aus unterschiedlichen Blickwinkeln. Ich hatte es nicht, und finde daher den folgenden Text dazu sehr interessant: https://www.dioezese-linz.at/dl/tqqoJKJLknoJqx4mJK/Ist_das_alte_Testament_veraltet.pdf
Eine konkrete Erklärung für die aufgeworfene Bibelstelle ist da aber natürlich auch nicht zu finden.

LidlRacer
02.06.2016, 23:22
Ist Medizin Unsinn, weil vor irgendwieviel hunderten Jahren irgendwelche Menschen irgendeinen Unsinn aufgeschrieben haben und daran geglaubt haben?

Ist Physik Unsinn, weil vor irgendwieviel hunderten Jahren irgendwelche Menschen irgendeinen Unsinn aufgeschrieben haben und daran geglaubt haben?

Ist Astronomie Unsinn, ... usw.

Es ist doch unbestritten, dass man historische Schriften auch historisch betrachten muss. Und unsere Nachfahren werden sich über unseren "Wissensstand" in vielen Dingen wundern. Und vielleicht findet sich dann auch der ein- oder andere, der sich über uns heute lebende "dumme" Menschen lustig macht? Ich halte das für sehr wahrscheinlich. Für sehr nett halte ich es aber nicht...

Es gehört ja gerade zum Wesen der Wissenschaften, dass sie durch Forschung vom Nichtswissen zu immer umfassenderem Wissen fortschreiten, wobei es gelegentlich auch Irrwege gibt, die ggfls. durch neuere Erkenntnisse wieder korrigiert werden.

Mit der Religion scheint mir das nicht vergleichbar. Da gibt es ja eigentlich keine neuen Erkenntnisse oder gab es irgendwelche göttliche Äußerungen in jüngster Zeit, die an mir vorbeigegangen sind?

Zum konkreten Zitat habe ich aber keine Ahnung, in wie weit dass überhaupt auf göttliche Anweisungen o.ä. zurückzuführen sein soll, oder wer diese merkwürdigen Regeln aufgestellt hat.

trithos
02.06.2016, 23:48
Es gehört ja gerade zum Wesen der Wissenschaften, dass sie durch Forschung vom Nichtswissen zu immer umfassenderem Wissen fortschreiten, wobei es gelegentlich auch Irrwege gibt, die ggfls. durch neuere Erkenntnisse wieder korrigiert werden.

Mit der Religion scheint mir das nicht vergleichbar. Da gibt es ja eigentlich keine neuen Erkenntnisse oder gab es irgendwelche göttliche Äußerungen in jüngster Zeit, die an mir vorbeigegangen sind?

Da verwendest Du einer sehr engen Wissenschaftsbegriff, wobei mir natürlich klar ist, dass ich in meinen Beispielen auch im Bereich der Naturwissenschaften geblieben bin und Dich dadurch sozusagen auf diese Fährte gelockt habe. Es gibt aber zahlreiche andere und durchaus anerkannte Wissenschaften, bei denen es nicht um naturwissenschaftliche Erkenntnisse geht, sondern eben um Interpretationen. Und selbstverständlich spielt in allen Schriften dieser Wissenschaften der historische Kontext ebenso eine Rolle wie in der Interpretation von religiösen Schriften.

Wir leben eben heute nicht mehr in der Welt von Moses. Und viele praktische Regeln, die in der Welt von Moses wichtig waren (und daher auch den Verfassern der Schriften), spielen für uns überhaupt keine Rolle mehr. Das könnte man jetzt zum Beispiel als "neue Erkenntnisse" bezeichnen.

Klugschnacker
03.06.2016, 01:51
Ich möchte aber trotzdem darauf hinweisen, dass ich solche Diskussionen für sinnlos halte. Denn Deine Kritik richtet sich ja einerseits an die, die das aufgeschrieben haben. Die sind aber schon lange tot. Oder an die, die solche Texte heute noch wortwörtlich nehmen. Und da kenn ich genau niemanden, der das tut, obwohl ich durchaus Kontakt zu religiösen Menschen habe.

Was soll das also bringen? Oder was soll uns heutigen Menschen das sagen?

Ist Medizin Unsinn, weil vor irgendwieviel hunderten Jahren irgendwelche Menschen irgendeinen Unsinn aufgeschrieben haben und daran geglaubt haben?

Ist Physik Unsinn, weil vor irgendwieviel hunderten Jahren irgendwelche Menschen irgendeinen Unsinn aufgeschrieben haben und daran geglaubt haben?

Ist Astronomie Unsinn, ... usw.

Ich gebe Dir recht, vieles vermeintliche naturwissenschaftliche Wissen aus der Bronzezeit erwies sich nachträglich als totaler Bullshit. Vor allem deshalb, weil man die wissenschaftliche Methode zur Gewinnung von Erkenntnissen noch nicht beherrschte. Es bleibt trotzdem Bullshit. Vieles von dem, was zum Beispiel Aristoteles verzapfte, war blühender Unsinn. Er verfügte nicht über die Methode, das herauszufinden.

Du vergleichst das mit den religiösen Überzeugungen aus dieser Zeit. Ich verstehe nicht, was Du damit ausdrücken willst. Sind sie aus Deiner Sicht ebenfalls Bullshit? Eine Weiterentwicklung in den religiösen Quellen hat es ja nicht gegeben, denn ein heiliges Buch kann sich nicht an den Fortschritt der Erkenntnis anpassen.

In den Wissenschaften gibt es kein heiliges Buch. Sondern eine Hypothese ist in dem Augenblick vom Tisch, in dem ein Gegenbeweis auftaucht. Das macht die Überzeugungskraft einer wissenschaftlichen Aussage so viel stärker als die einer religiösen. Kein Mensch opfert mehr seine beste Ziege, damit es bald regnen möge.

Zu Deinen Fragen: Nein, die Astronomie/Medizin/Physik ist nicht Unsinn, nur weil sich eine ihrer Hypothesen als falsch erwies. In gleicher Weise ist auch die Religion, also eine Weltanschauung mit einem Jenseitsbezug nicht Unsinn, weil sich eine oder mehrere ihrer Aussagen als falsch erweisen. Ich habe keinen Grund anzunehmen, dass die Wirklichkeit der Welt dort endet, wo unsere Erkenntnisfähigkeit endet. Die Frage, ob es ein Jenseits bezogen auf unsere Erkenntnisfähigkeit gibt, muss ich natürlich bejahen, genauso wie für jede andre Spezies: Was weiß ein Schaf schon von den Sternen oder von Mozart? Uns Menschen geht es nicht anders.

Ich will demnach gar nicht alle Religion (Transzendenz) in Abrede stellen. Mit konkreten Glaubensinhalten ist es jedoch anders. Ob bestimmte Wunder geschahen, Maria nach Jesu Geburt ein unversehrtes Jungfernhäutchen hatte, ob ein Gott das Universum schuf – das sind für mich rein wissenschaftliche Fragen. Was sollten sie auch sonst sein? Es sind Fragen, sie sich mit Ja oder Nein beantworten lassen. Lassen sich jedoch in einer bestimmten Religion, zum Beispiel dem Christentum, viele Glaubensinhalte widerlegen, dann hat das natürlich Einfluss auf die Glaubwürdigkeit dieser bestimmten Religion. Es bestreitet aber noch nicht das Vorhandensein jeglicher Transzendenz.

Ich weiß nicht, wer das Universum geschaffen hat, oder die Struktur, die das Universum hervorbrachte. Vielleicht wurde es durch einen Gott verursacht, vielleicht haben wir aber auch nur naive Vorstellungen von "Ursachen". Dass der Schöpfer der Welt das mitleidlose Abhacken der Hand einer Ehefrau fordert, die in einer Schlägerei dem Gegner ihres Mannes an das Skrotum fasst, halte ich jedoch für sehr unglaubwürdig. Es führt mich zu dem Verdacht, dass auch der Rest der Bibel, wo sie ein Wissen über Gott zu haben vorgibt, als ein Mythos zu betrachten ist. Die Suche geht weiter.

Grüße,
Arne

zappa
03.06.2016, 08:17
Eine Weiterentwicklung in den religiösen Quellen hat es ja nicht gegeben, denn ein heiliges Buch kann sich nicht an den Fortschritt der Erkenntnis anpassen.



Natürlich nicht. Aber es dürfte wohl kaum ein Gebiet geben, in dem so viele, differenzierte und auch unterschiedliche Sekundärquellen auf der Ursprungserzählung aufbauen, wie hier. Und das für mich Interessante ist, dass es damit bis hier in diesem Triathlon (!) Forum immer weiter geht ...

Kein Mensch opfert mehr seine beste Ziege, damit es bald regnen möge.



Da übersiehst Du aber ein paar, aus unserer Perspektive, noch nicht so entwickelte Kulturen ... Doch, doch das gibt es noch. Und auch hier, in unseren entwickelten Kulturen gibt es Menschen die zwar keine Ziege opfern, aber dennoch an - wissenschaftlich sinnlosen - Ritualen festhalten Oder gewinnt ein Fußballspieler das Spiel mit seiner Mannschaft deshalb, weil er immer mit demselben Fuß zuerst das Fußballfeld betritt?

In dem Zusammenhang gibt es ein sehr kluges Buch von dem Soziologen Stefan Kühl, "Das Regenmacher-Phänomen". Hier zeigt er, dass schon recht früh gar nicht mehr an den tatsächlichen Effekt des Regentanzes geglaubt wurde, der Tanz aber trotzdem als Ritual weitergeführt wurde, weil er eben gesellschaftliche Zusammengehörigkeit und "Dampf ablassen" und weiteres gefördert hat.

Übertragen auf unsere heutige Welt, haben wir viele ähnliche, vom Primäreffekt sinnlose Rituale wie den Regentanz: Glaubst Du z.B. dass die vielen Meetings in Unternehmen tatsächlich dazu dienen ein Gesprächsergebnis herzustellen?

Es sind Fragen, sie sich mit Ja oder Nein beantworten lassen.

Diese Fragen können gar nicht mehr in dem konkreten Fall beantwortet werden. Aber die offenbar religiöse Frage ist doch, ob und warum wir daran glauben (oder eben nicht), dass und warum es so oder so ähnlich gewesen sein könnte und was uns das - in nicht-wörtlicher Abstraktion - heute für Gedankenanregungen geben kann.

Klugschnacker
03.06.2016, 11:48
Eine Weiterentwicklung in den religiösen Quellen hat es ja nicht gegeben, denn ein heiliges Buch kann sich nicht an den Fortschritt der Erkenntnis anpassen.

Natürlich nicht. Aber es dürfte wohl kaum ein Gebiet geben, in dem so viele, differenzierte und auch unterschiedliche Sekundärquellen auf der Ursprungserzählung aufbauen, wie hier.

Ich verstehe nicht, wofür das ein Argument sein soll. :Blumen:

Die Ursprungserzählung kann falsch sein. Und ihre spätere Auslegung ebenfalls, oder kann sogar noch weiter von der Wahrheit entfernt sein. Manch harmlose Bibelzeile wurde durch ausufernde Interpretationen dermaßen aufgebläht, dass einem aufgeklärten Leser der Kiefer runterklappt.

Beispiel: "Eine Hexe sollst du nicht am Leben lassen" (Moses (https://www.die-bibel.de/online-bibeln/einheitsuebersetzung/bibeltext/bibel/text/lesen/stelle/2/220025//ch/7c3d59822bd3bb0a91623ad1edfba2e6/)). Diese Ursprungserzählung als angebliches Wort Gottes ist bereits fragwürdig. Wesentlich grotesker sind jedoch die späteren Auslegungen: Es gab Nachschlagewerke, Rechtsvorschriften, Lehrstühle und Doktorarbeiten, Erkennungs-, Schutz- und Austreibungsrituale und so weiter. Was es nicht gab, waren Hexen.

Ein weiteres Beispiel wäre die Vorstellung eines Teufels als Ursprungserzählung, und Luthers spätere Überzeugung, dass eine Frau, die ein behindertes Kind auf die Welt bringt, mit dem Teufel Sex hatte (Teufelsbuhlschaft (https://de.wikipedia.org/wiki/Teufelsbuhlschaft)). Während der Teufel zunächst nur eine Verbildlichung des Bösen war, entsteht daraus durch Auslegung eine bösartige und grausame Theorie, die trotz aller Gelehrsamkeit vor Unwissenheit nur so strotzt.

Die Auslegung einer (möglicherweise falschen) Ursprungsquelle ist daher nicht automatisch ein Schritt in Richtung der Wahrheit. Eher trifft das Gegenteil zu. Erst wenn sich die Auslegung an der Wirklichkeit orientiert, indem sie das aufnimmt, was Menschen als nachweisbar wahr erkannt haben, kann die Auslegung die Ursprungserzählung im Sinne der Wahrheit korrigieren.

Nur: Wozu brauchen wir die Bibel, wenn wir sie stets an dem orientieren (müssen), was die Wissenschaft als wahr erkennt? Was ist so schlimm daran, wenn wir erkennen, dass Jesus, Aristoteles, Luther, Gandhi und Hämatokrit* redlich waren, sich jedoch irrten?

*Ich will nur testen, ob noch jemand mitliest.

oko_wolf
03.06.2016, 11:53
...

*Ich will nur testen, ob noch jemand mitliest.

Auch wenn ich nicht viel beitragen kann, mitgelesen wird dennoch ;)

Megalodon
03.06.2016, 12:00
Auch wenn ich nicht viel beitragen kann, mitgelesen wird dennoch ;)

Jo.

Aber mit Leuten diskutieren, die die Bibel lesen? Das führt in der Regel zu nichts ... :Cheese:

sybenwurz
03.06.2016, 12:03
Auch wenn ich nicht viel beitragen kann, mitgelesen wird dennoch ;)

jupp, +1

schnodo
03.06.2016, 12:07
*Ich will nur testen, ob noch jemand mitliest.

Weiß doch jeder, dass in Wirklichkeit nur Hermaphroditus gemeint sein kann. ;)

trithos
03.06.2016, 12:42
Nur: Wozu brauchen wir die Bibel, wenn wir sie stets an dem orientieren (müssen), was die Wissenschaft als wahr erkennt? Was ist so schlimm daran, wenn wir erkennen, dass Jesus, Aristoteles, Luther, Gandhi und Hämatokrit* redlich waren, sich jedoch irrten?

*Ich will nur testen, ob noch jemand mitliest.

Brauchen tun wir sie eh nicht, die Bibel. Aber es gibt sie halt und sie spielt im Leben mancher eine Rolle. Einer findet darin "Lebenshilfe" in welcher Form auch immer, der andere findet das kindisch und dumm. Und dem dritten ist die Bibel komplett wurscht. So lange alle mit ihrer Ansicht glücklich sind und niemandem weh tun ... lassen wir sie doch!

Es ist doch wie bei allen Glaubensfragen.

Und da passt der "Hämatokrit" doch perfekt in diesen Thread.;) Während der eine glaubt, man muss den Hämatokrit möglichst nahe an die erlaubte Obergrenze bringen, um gute Leistungen zu bringen, glaubt der andere, dass 40 Prozent völlig ausreichen. Und der dritte betreibt Sport, ohne den Hämatokritwert überhaupt zu kennen. Passt doch für alle :) .

schoppenhauer
03.06.2016, 12:49
+ 1

Verstehe auch nicht, warum Arne sich da so festbeisst.

@ Arne: Das Ganze zielt jetzt nicht darauf ab, die in letzter Zeit überhand nehmende Islam-Kritik zu relativieren, oder?

sybenwurz
03.06.2016, 12:55
So lange alle mit ihrer Ansicht glücklich sind und niemandem weh tun ...

Tja, wenns nur halt auch so wär.

Mina Ahadi hat in ihrer Absage (http://hpd.de/artikel/offener-brief-islamkritikerin-lehnt-einladung-afd-ab-13115) zur Einladung Petrys imho was recht Passendes geschrieben:

Religion ist Privatsache. Das gilt für den Islam, ebenso wie für das Christentum und alle anderen Religionen, die seit jeher Feinde des kulturellen Fortschritts waren. Denn die Geschichte lehrt uns: Sobald die gesellschaftlichen Verhältnisse nach den Vorstellungen einer Religion tanzten, kam es zu Unterdrückung, Verfolgung und Freiheitsberaubung.

Vicky
03.06.2016, 12:56
Brauchen tun wir sie eh nicht, die Bibel. Aber es gibt sie halt und sie spielt im Leben mancher eine Rolle. Einer findet darin "Lebenshilfe" in welcher Form auch immer, der andere findet das kindisch und dumm. Und dem dritten ist die Bibel komplett wurscht. So lange alle mit ihrer Ansicht glücklich sind und niemandem weh tun ... lassen wir sie doch!

Es ist doch wie bei allen Glaubensfragen.

Und da passt der "Hämatokrit" doch perfekt in diesen Thread.;) Während der eine glaubt, man muss den Hämatokrit möglichst nahe an die erlaubte Obergrenze bringen, um gute Leistungen zu bringen, glaubt der andere, dass 40 Prozent völlig ausreichen. Und der dritte betreibt Sport, ohne den Hämatokritwert überhaupt zu kennen. Passt doch für alle :) .


Naja... der Hämatokritwert hat sicher nicht zu Kriegen und Toten geführt, wie es der Glaube an eine "fiktive höhere" Macht in der Geschichte der Menschheit tat. :Blumen:

trithos
03.06.2016, 13:04
Naja... der Hämatokritwert hat sicher nicht zu Kriegen und Toten geführt, wie es der Glaube an eine "fiktive höhere" Macht in der Geschichte der Menschheit tat. :Blumen:

Stimmt!:Blumen: Das Beispiel war ja nicht ganz ernst gemeint.

Und deshalb hab ich ja geschrieben: "So lange alle mit ihrer Ansicht glücklich sind und niemandem weh tun."

flaix
03.06.2016, 13:28
und was wäre wenn wir einfach anerkennen das die Bibel und auch andere Religionen einfach nur dazu gut sind, damit sich Menschen irgendwo zugehörig fühlen?

Und daraus folgend eben das Buch dazu herhalten muss damit man einen Glaubensbekenntnis an irgendetwas materialisieren kann.

Und bitte auch anerkennen das neben dem ganzem Schrott der drin steht aber eben auch die Botschaft des Mitgefühls und der sozialen Verantwortung in die Welt getragen wurde

Sagt der Atheist

waden
03.06.2016, 13:28
+ 1

Verstehe auch nicht, warum Arne sich da so festbeisst.

@ Arne: Das Ganze zielt jetzt nicht darauf ab, die in letzter Zeit überhand nehmende Islam-Kritik zu relativieren, oder?


Ich finde nicht, dass Arne sich festbeißt. Ich finde, dass er Recht hat.
Wenn die Religionsausübung so tolerant wäre, die anderen zu lassen, wäre es ja wirklich kein Problem. Tatsächlich ist der Anspruch des "Auserwähltseins" aber leider eine Kernüberzeugung des Judentums, des Islam und des Christentums. Das führt auch heute zu einer Abgrenzung von den Falschgläubigen oder Nichtgläubigen. Dadurch wurde und wird die in diesen Religionen auch zu den Kernthemen zählende Liebe bzw. Nächstenliebe de facto ad absurdum geführt.

Aufklärung und Naturwissenschaften haben für die Verwirklichung der Menschenrechte und für die Verbesserung der Lebensverhältnisse der Menschen ungleich mehr getan als alle Religionen zusammen. Es ist kein Zufall, dass bis heute der Vatikan einer der wenigen Staaten ist, die die Menschenrechtscharta der UNO bis heute ablehnen.

Klugschnacker
03.06.2016, 13:36
und was wäre wenn wir einfach anerkennen das die Bibel und auch andere Religionen einfach nur dazu gut sind, damit sich Menschen irgendwo zugehörig fühlen? Und daraus folgend eben das Buch dazu herhalten muss damit man einen Glaubensbekenntnis an irgendetwas materialisieren kann.

Und bitte auch anerkennen das neben dem ganzem Schrott der drin steht aber eben auch die Botschaft des Mitgefühls und der sozialen Verantwortung in die Welt getragen wurde

Sagt der Atheist

Mir geht es nicht darum, ob die Religionen ein Zugehörigkeitsgefühl erzeugen, oder, was ebenso der Fall zu sein scheint, ob sie die Menschen voneinander trennen. Mir geht es auch nicht darum, ob sie eine Botschaft des Mitgefühls in die Welt tragen, oder ob die Kreuzigung von Unschuldigen, sowie ewige Höllenqualen aufgrund von Lappalien eher für das Gegenteil sprechen.

Ich interessiere mich nur dafür, was wahr ist. Es ist ein persönliches Interesse, dass niemand teilen muss.
:Blumen:

flaix
03.06.2016, 13:54
Ich interessiere mich nur dafür, was wahr ist. Es ist ein persönliches Interesse, dass niemand teilen muss.
:Blumen:

ich ganz persönlich denke das die Suche nach "der Wahrheit" nicht erfolgreich sein kann wenn Du Dich mit Textanalyse im Buch beschäftigst.

Wer wem die Nudel rubbelt im Streit oder anderweitig wird uns nicht zu Gott führen oder seine Abwesenheit beweisen

Vicky
03.06.2016, 14:19
ich ganz persönlich denke das die Suche nach "der Wahrheit" nicht erfolgreich sein kann wenn Du Dich mit Textanalyse im Buch beschäftigst.

Wer wem die Nudel rubbelt im Streit oder anderweitig wird uns nicht zu Gott führen oder seine Abwesenheit beweisen


Die eine Wahrheit gibt es ja möglicherweise gar nicht. 1+1 ist in unserem Verständnis nur deshalb 2, weil irgendjemand irgendwann ein System erschaffen hat, um dieses messbar und begreifbar zu machen.

Die Bibel ist seit langer Zeit ein Anhaltspunkt für das Zusammenleben in einigen Regionen der Erde. Es war ein Regelwerk. Aus verschiedenen Regelwerken der Welt sind Wertesysteme entstanden. Möglicherweise führt das Lesen der Bibel nicht zu der einen Wahrheit. Aber es führt dazu, die eigenen Werte zu überprüfen, zu hinterfragen und zu diskutieren. Ist das mit den eigenen Ansichten vereinbar? Wie wurden diese Regeln ausgelegt? Ist das überhaupt zeitgemäß? Warum führt der Glaube an etwas oder jemanden zu bestimmten Reaktionen (die nicht nur negativ sein müssen. Hollywood hat uns ja auch großartige Filme zum Thema geliefert und erfüllt die Sehnsüchte der Menschen.)...

zappa
03.06.2016, 14:27
Ich interessiere mich nur dafür, was wahr ist. Es ist ein persönliches Interesse, dass niemand teilen muss.
:Blumen:

Interessante Leidenschaft!

Um nochmal zu Deinem Ausgangspunkt zurückzukommen: Wir haben in der Diskussion gesehen, dass es ziemlich unwahrscheinlich ist, dass die Geschichte von den beiden Männern und der Frau sich genau so zugetragen hat und insofern "wahr" ist. Und selbst wenn es so, oder auch nur so ähnlich gewesen wäre, ist die (wörtliche) Übertragbarkeit oder Ableitung - nicht nur aus heutiger Sicht - ziemlich unsinnig. Und trotzdem erzeugen diese Geschichten auch heute noch offenbar funktionale und dysfunktionale Ergebnisse. Das muss ich nicht mögen. Ist aber so.

Wenn es um Wahrheit geht, folge ich weitgehend den Aussagen des (radikalen) Konstruktivismus: Es gibt sie nicht.

waden
03.06.2016, 14:30
Die Suche nach der Wahrheit ist nicht primär die Suche nach Gott bzw. seiner An- oder Abwesenheit. Fraglich ist ist, ob man nach der Wahrheit suchen kann, während man die Worte der Bibel ernst nimmt.
Der Grundsatz der Wissenschaft, eine Theorie als falsch zu bewerten, sobald man einen besseren Erklärungsansatz bzw. eine bessere Theorie gefunden hat, ist in der Religion nicht erlaubt. Das erschwert die Suche nach der Wahrheit erheblich.
Auch in ethischen Fragestellungen kommt man ohne Religionen besser zum Ziel: Gleichberechtigung der Geschlechter, Umgang mit Homosexuellen, universale Gültigkeit der Menschenrechte sind keine Errungenschaften der Religion.
Um ethisch zu denken und zu handeln, benötigt man keine Religion.

Klugschnacker
03.06.2016, 14:48
Die Bibel ist seit langer Zeit ein Anhaltspunkt für das Zusammenleben in einigen Regionen der Erde. Es war ein Regelwerk. Aus verschiedenen Regelwerken der Welt sind Wertesysteme entstanden.

War es vielleicht nicht eher umgekehrt: Aus den Wertesystemen einer Epoche sind anschließend die religiösen Regeln entstanden? Die Menschheit hat 99,9% der Zeit auf diesem Planeten ohne Christentum gelebt, aber nicht ohne Werte im Sinne von: Regeln des Zusammenlebens.

Diese Regeln entwickeln sich auch ohne göttlichen Eingriff ganz von selbst. Menschen sind wie alle Primaten soziale Wesen, die miteinander auskommen müssen.

Die eine Wahrheit gibt es ja möglicherweise gar nicht. 1+1 ist in unserem Verständnis nur deshalb 2, weil irgendjemand irgendwann ein System erschaffen hat, um dieses messbar und begreifbar zu machen.

Dem würde ich aus meiner Laiensicht zustimmen. Wir können nicht erkennen was wahr ist, sondern nur, was falsch ist. Kommen beispielsweise zwei völlig unterschiedliche Erklärungen zum selben korrekten Ergebnis, können wir nicht entscheiden, welche der beiden Erklärungen die Wahrheit abbildet. Ist jedoch eine Hypothese falsch, können wir das herausfinden.

Alle wissenschaftlichen Erklärungen sind daher stets vorläufig, bis wir sie beim Falschsein erwischt haben. Die Gleichungen von Isaac Newton galten als richtig und bewährten sich prächtig, bis wir beobachtet haben, dass der Planet Merkur hartnäckig an einer falschen Position steht. Einstein korrigierte mit seiner Allgemeinen Relativitätstheorie diese Gleichungen. Sie gelten nun vorläufig als "wahr", bis wir Fehler an ihr finden.

Dieses Bewusstsein der Vorläufigkeit und die fortwährende Infragestellung des vorläufigen Wissens ist der Kern aller Wissenschaft. Dieses bescheidene Selbstverständnis hat die Menschen weit gebracht. Wir können Krankheiten heilen, Unwetter vorhersagen, durch die Luft fliegen, mit Amerika telefonieren und unsere eigene Existenz verstehen. Es hat sich jedoch auch gezeigt, dass wir von der "Wahrheit" auf komplizierte Weise getrennt sind.
:Blumen:

Klugschnacker
03.06.2016, 14:56
Wir haben in der Diskussion gesehen, dass es ziemlich unwahrscheinlich ist, dass die Geschichte von den beiden Männern und der Frau sich genau so zugetragen hat und insofern "wahr" ist. (...) Und trotzdem erzeugen diese Geschichten auch heute noch offenbar funktionale und dysfunktionale Ergebnisse.

Willst Du damit folgendes ausdrücken: Unabhängig von der Existenz eines Gottes ist es eine Tatsache, dass Religionen existieren. Diese Religionen haben Auswirkungen auf die Welt.

Ist es das? :Blumen:

trithos
03.06.2016, 15:06
Es ist kein Zufall, dass bis heute der Vatikan einer der wenigen Staaten ist, die die Menschenrechtscharta der UNO bis heute ablehnen.

Diesen Satz halte ich für irreführend. Er stimmt nämlich nur zum Teil, suggeriert aber, dass der Vatikan das Hauptproblem in der Frage "Religion und Menschenrechte" sei. Und das darf aus gutem Grund bezweifelt werden.

Ich weiß, dass ich jetzt gefährlichen Boden betrete, möchte aber trotzdem darauf hinweisen, dass sich zum Beispiel Islamische Staaten überhaupt die Menschenrechte selbst definieren, wie es ihnen oder ihrer Religion passt.

"Im Jahr 1990 beschloss die Organisation der Islamischen Konferenz die Kairoer Erklärung der Menschenrechte, die inhaltlich erheblich von der Allgemeinen Erklärung der Menschenrechte abweicht, obwohl sie im Wortlaut ähnlich gehalten ist. Sie garantiert z. B. keine Gleichberechtigung von Männern und Frauen und kein Recht auf freie Wahl der Religion oder des Ehepartners. Weiter stellt sie alle dargestellten Rechte unter den Vorbehalt der islamischen Schari’a." (Wikipedia).

Der Vatikan hat zwar ein grundlegendes theologisches Problem mit der Menschenrechtserklärung, die praktischen Auswirkungen sind aber überschaubar bis nicht vorhanden. Das ist jedenfalls nicht vergleichbar mit der Menschenrechts-Situation in sehr vielen anderen Staaten.

trithos
03.06.2016, 15:08
Um ethisch zu denken und zu handeln, benötigt man keine Religion.

Diesem Satz stimme ich voll und ganz zu, möchte ihn aber ergänzen: Auch um unethisch zu denken und zu handeln, benötigt man keine Religion.

Klugschnacker
03.06.2016, 15:16
Diesem Satz stimme ich voll und ganz zu, möchte ihn aber ergänzen: Auch um unethisch zu denken und zu handeln, benötigt man keine Religion.

Nobelpreisträger Steven Weinberg sagte dazu: "Mit oder ohne Religion würden gute Menschen Gutes tun und böse Menschen Böses. Aber damit gute Menschen Böses tun, bedarf es der Religion."

Ich denke, diese Aussage ist unvollständig, da auch viele andere Ideologien oder Weltanschauungen hier zu nennen wären. Aber man versteht IMO durchaus, was Weinberg meinte. Wenn ein Vater wegen einer Lappalie seine eigene Tochter steinigt, denke ich an diesen Satz.

Vicky
03.06.2016, 15:17
War es vielleicht nicht eher umgekehrt: Aus den Wertesystemen einer Epoche sind anschließend die religiösen Regeln entstanden? Die Menschheit hat 99,9% der Zeit auf diesem Planeten ohne Christentum gelebt, aber nicht ohne Werte im Sinne von: Regeln des Zusammenlebens.

Diese Regeln entwickeln sich auch ohne göttlichen Eingriff ganz von selbst. Menschen sind wie alle Primaten soziale Wesen, die miteinander auskommen müssen.


:Blumen:

Da hast Du natürlich ganz recht. :Blumen:
Ich denke, dass sich die Werteentwicklung erst in den letzten Jahrhunderten vermischt hat mit neuen und alten Vorstellungen und Interpretationsweisen des Zusammenlebens. :Blumen:

zappa
03.06.2016, 15:50
Willst Du damit folgendes ausdrücken: Unabhängig von der Existenz eines Gottes ist es eine Tatsache, dass Religionen existieren. Diese Religionen haben Auswirkungen auf die Welt.

Ist es das? :Blumen:

Ja, ziemlich triviale Feststellung, nicht? Und nicht nur die Religion beeinflusst die Welt, sondern auch umgekehrt. Wie bei allen Systemen mit ihren Subsystemen.

Und auch die einzelne Geschichte (z.B. Deine Ausgangsgeschichte) im Rahmen der großen Erzählungen (z.B. Christentum) erzeugt Funktionales und Dysfunktionales. Es reicht wenn der- oder diejenige daran glaubt. Und das ist wieder wie bei allen anderen Überzeugungen auch. Woran ich glaube, wovon ich überzeugt bin, wird mein Handeln maßgeblich beeinflussen - ob die Ausgangsstory, das, woran ich meine Überzeugung festmache, nun "wahr" ist, oder nicht.

Megalodon
03.06.2016, 16:14
Nobelpreisträger Steven Weinberg sagte dazu: "Mit oder ohne Religion würden gute Menschen Gutes tun und böse Menschen Böses. Aber damit gute Menschen Böses tun, bedarf es der Religion."

Ich denke, diese Aussage ist unvollständig, da auch viele andere Ideologien oder Weltanschauungen hier zu nennen wären. Aber man versteht IMO durchaus, was Weinberg meinte. Wenn ein Vater wegen einer Lappalie seine eigene Tochter steinigt, denke ich an diesen Satz.

Ich befürchte, dass der Mann nichts Böses tut. Innerhalb der für ihn maßgeblichen Gruppe, seiner Glaubensgemeinschaft, wird er wohl ein guter Mann sein, weil er seine und die Ehre der Familie dadurch aufrecht erhält, dass er seine Tochter, die z.B. vorehelichen Geschlechtsverkehr hatte, steinigt.

Gut und Böse existieren nicht absolut. Es exisiteren frei definierbare Maßstäbe. Und ob jemand gut oder böse ist, hängt von seinem Verhalten in Bezug auf diese Maßstäbe ab. Das Handeln des Vaters zeigt doch genau das.

Klugschnacker
03.06.2016, 16:36
Ja, ziemlich triviale Feststellung, nicht? Und nicht nur die Religion beeinflusst die Welt, sondern auch umgekehrt. Wie bei allen Systemen mit ihren Subsystemen.
Bis hierher verstehe ich Dich, auch wenn ich noch nicht ganz begriffen habe, wofür das ein Argument sein soll. :Blumen:

Und auch die einzelne Geschichte (z.B. Deine Ausgangsgeschichte) im Rahmen der großen Erzählungen (z.B. Christentum) erzeugt Funktionales und Dysfunktionales.
Hier verstehe ich Deinen Punkt nicht mehr. Was meinst Du mit funktional und dysfunktional? Dysfunktional für wen?

Religionen unterliegen einer Evolution, genauso wie jedes andere geistige Kulturgut auch, z.B. Menschenrechte, politische Systeme, Gesellschaftsformen etc. Die Evolution dieser Systeme zielt darauf ab, sie zu verbreiten: Eine bestimmte Vorstellung z.B. von den Menschenrechten, die größeren Erfolg darin hat, sich zu verbreiten als eine andere Vorstellung von den Menschenrechten, wird sich durchsetzen.

Der evolutionäre Erfolg eines geistigen Kulturguts besteht also darin, sich selbst zu verbreiten. Er besteht nicht darin, das Wohl der Menschen zu vergrößern. In analoger Weise ist die Evolution der Löwen gut für Löwen, nicht aber für Antilopen. Die Evolution der Religionen ist gut für Religionen, aber nicht unbedingt für Menschen.

Beispielsweise haben sich Elemente wie Hölle und Himmel als gut für den Verbreitungserfolg von Religionen erwiesen, ferner der im Christentum zentrale Begriff der Sünde. Für die Menschen selbst hat das mitunter Nachteile, denn die Angst vor dem ewigen Höllenfeuer lässt sich leicht missbrauchen.

Was ist jetzt mit funktional und dysfunktional gemeint? Vorstellungen, die sich für den Ausbreitungserfolg einer Religion als günstig ("funktional") erwiesen haben, können gleichzeitig für das Wohlergehen der Menschen ungünstig ("dysfunktional") sein. Man denke nur an einen Menschen, der sich stundenlang vor einer Mauer verneigt. Oder an die Verfolgung völlig harmloser gleichgeschlechtlich liebender Menschen bis in unsere Generation hinein.
:Blumen:

Klugschnacker
03.06.2016, 16:46
Gut und Böse existieren nicht absolut. Es exisiteren frei definierbare Maßstäbe.

Ich stimme Dir grundsätzlich zu. Doch gänzlich frei sind diese Maßstäbe nicht. Das Leid von Menschen (oder Tieren) ist eine feste Bezugsgröße. Sobald man sich darin einig ist, dass eine sinnvolle Ethik zum Ziel haben muss, Leid zu verringern, hat man einen ethischen Kompass.

Rechtfertigt der Diebstahl einer Schokolade einen amputierten Arm? Nein, denn das Leid des Besitzers steht in keinem Verhältnis zum Leid des Amputierten. Entsteht jemandem ein Leid, wenn erwachsene Menschen einvernehmlichen Sex haben, in welcher Form auch immer? Nein, also soll das gar nicht bestraft werden.

An dieser Richtschnur kann man sich langsam voranhangeln. Ethik bleibt aber Verhandlungssache, da bin ich ganz bei Dir.

trithos
03.06.2016, 16:55
Nobelpreisträger Steven Weinberg sagte dazu: "Mit oder ohne Religion würden gute Menschen Gutes tun und böse Menschen Böses. Aber damit gute Menschen Böses tun, bedarf es der Religion."

Ich denke, diese Aussage ist unvollständig, da auch viele andere Ideologien oder Weltanschauungen hier zu nennen wären. Aber man versteht IMO durchaus, was Weinberg meinte. Wenn ein Vater wegen einer Lappalie seine eigene Tochter steinigt, denke ich an diesen Satz.

Das ist ein schönes Zitat.

Es lässt sich aber auch gut umkehren: Manchmal bedarf es auch der Religion, damit böse Menschen Gutes tun.

Allerdings ist das Zitat ohnehin ein rhetorischer Trick: die Definition von einem gutem Menschen ist doch, dass er Gutes tut. Tut er Böses, ist er kein guter Mensch (etwa der Vater in Deinem Beispiel). Das Grundproblem ist, dass man sich zunächst überhaupt einigen müsste, was gut und was böse ist. Solange man das nicht kann (in dem Fall, weil der Vater wohl glaubt, er tue etwas Gutes), bleibt es Wortgeklingel oder auch ein sogenannter Zirkelschluss, weil eben die Prämisse, aus der eine Schlussfolgerung abgeleitet wird, ebenso in Frage gestellt werden kann, wie die Schlussfolgerung selbst.

Klugschnacker
03.06.2016, 17:03
Das ist ein schönes Zitat.

Es lässt sich aber auch gut umkehren: Manchmal bedarf es auch der Religion, damit böse Menschen Gutes tun.

...

;) Hast schon recht, ich will mir das Zitat auch nicht zu eigen machen. Ich verstehe aber, was Steven Weinberg meinte. Ich denke da beispielsweise an Muhammad Atta und seine Crew, die in das World Trade Center rauschten und über 3000 Menschen tötete.

Waren diese Täter böse? Nein, ganz im Gegenteil, die glaubten so fest an das Gute ihrer Tat, dass sie dafür ihr Leben zu opfern bereit waren.

Waren die Täter dumm oder verrückt? Nein sie waren sogar sehr intelligent.

Sie waren idealistisch, klug, mutig und engagiert – und sehr gläubig. Wir dürfen annehmen, dass letzteres sie zu der Wahnsinnstat veranlasste.

waden
03.06.2016, 17:04
Diesen Satz halte ich für irreführend. Er stimmt nämlich nur zum Teil, suggeriert aber, dass der Vatikan das Hauptproblem in der Frage "Religion und Menschenrechte" sei. Und das darf aus gutem Grund bezweifelt werden.


Der Vatikan hat zwar ein grundlegendes theologisches Problem mit der Menschenrechtserklärung, die praktischen Auswirkungen sind aber überschaubar bis nicht vorhanden. Das ist jedenfalls nicht vergleichbar mit der Menschenrechts-Situation in sehr vielen anderen Staaten.


Ich habe auch nicht geschrieben, dass der Vatikan das Hauptproblem in der Frage "Religion und Menschenrechte" sei. Aber bei der Formulierung und Entwicklung der Menschenrechte hat die katholische Kirche blockiert und nicht geholfen. Die praktischen Auswirkungen sind für den Einzelnen durchaus vorhanden (nur ein Beispiel ist die Diskriminierung der Frau, z.B. wenn die Kirche der Kindergartenleiterin kündigt, weil sie sich von ihrem Mann getrennt und mit einem neuen Partner zusammen lebt.)

Dass die Kirche ein "grundsätzliches theologisches Problem" mit den Menschenrechten hat, hat ihre Ursache darin, dass eine Menschenrechtserklärung das päpstliche Primat infrage stellt bzw. negiert. Das ist nur eine Machtfrage.

zappa
03.06.2016, 17:07
Bis hierher verstehe ich Dich, auch wenn ich noch nicht ganz begriffen habe, wofür das ein Argument sein soll. :Blumen:


Hier verstehe ich Deinen Punkt nicht mehr. Was meinst Du mit funktional und dysfunktional? Dysfunktional für wen?

Religionen unterliegen einer Evolution, genauso wie jedes andere geistige Kulturgut auch, z.B. Menschenrechte, politische Systeme, Gesellschaftsformen etc. Die Evolution dieser Systeme zielt darauf ab, sie zu verbreiten: Eine bestimmte Vorstellung z.B. von den Menschenrechten, die größeren Erfolg darin hat, sich zu verbreiten als eine andere Vorstellung von den Menschenrechten, wird sich durchsetzen.

Der evolutionäre Erfolg eines geistigen Kulturguts besteht also darin, sich selbst zu verbreiten. Er besteht nicht darin, das Wohl der Menschen zu vergrößern. In analoger Weise ist die Evolution der Löwen gut für Löwen, nicht aber für Antilopen. Die Evolution der Religionen ist gut für Religionen, aber nicht unbedingt für Menschen.

Beispielsweise haben sich Elemente wie Hölle und Himmel als gut für den Verbreitungserfolg von Religionen erwiesen, ferner der im Christentum zentrale Begriff der Sünde. Für die Menschen selbst hat das mitunter Nachteile, denn die Angst vor dem ewigen Höllenfeuer lässt sich leicht missbrauchen.

Was ist jetzt mit funktional und dysfunktional gemeint? Vorstellungen, die sich für den Ausbreitungserfolg einer Religion als günstig ("funktional") erwiesen haben, können gleichzeitig für das Wohlergehen der Menschen ungünstig ("dysfunktional") sein. Man denke nur an einen Menschen, der sich stundenlang vor einer Mauer verneigt. Oder an die Verfolgung völlig harmloser gleichgeschlechtlich liebender Menschen bis in unsere Generation hinein.
:Blumen:

Jetzt bin ich mir nicht mehr sicher, ob noch jemand mitliest und es jemanden interessiert ...

Funktional und dysfunktional für die direkt und indirekt Betroffenen der Handlungen, die aus den religiösen Motiven entstehen. Ich denke wir können uns einig sein, dass z.B. "Mitgefühl" durch das Christentum mindestens verstärkt wurde und insofern größtenteils funktional für "die Welt" war/ist. Und ich denke wir können uns auch einig sein, dass z.B. die von Dir angesprochene Stigmatisierung gleichgeschlechtlicher Liebe größtenteils dysfunktional für "die Welt" war/ist.

Klugschnacker
03.06.2016, 17:17
Ich denke wir können uns einig sein, dass z.B. "Mitgefühl" durch das Christentum mindestens verstärkt wurde und insofern größtenteils funktional für "die Welt" war/ist.

Nein, da bin ich ganz anderer Meinung. Weder trifft das auf den einzelnen zu, noch auf die Weltbevölkerung als ganzes. Es gibt keinerlei positiven Zusammenhang zwischen der christlichen Gläubigkeit einer Gesellschaft und ihrem Mitgefühl.

Im Gegenteil gibt es einen eindeutigen Zusammenhang zwischen der Gläubigkeit und der Zustimmung zur Todesstrafe.

waden
03.06.2016, 17:34
Zustimmung! Mitgefühl nur für den Clan, der Rest wird ausgegrenzt

zappa
03.06.2016, 17:46
Nein, da bin ich ganz anderer Meinung. Weder trifft das auf den einzelnen zu, noch auf die Weltbevölkerung als ganzes. Es gibt keinerlei positiven Zusammenhang zwischen der christlichen Gläubigkeit einer Gesellschaft und ihrem Mitgefühl..

Keinerlei positiver Zusammenhang, weder bei einem einzelnen noch bei größeren Gruppen? Nun ja, bisher habe ich die größtenteils differenzierte Argumentation nachvollziehen können, hier steige ich aus.

Klugschnacker
03.06.2016, 19:53
Keinerlei positiver Zusammenhang, weder bei einem einzelnen noch bei größeren Gruppen? Nun ja, bisher habe ich die größtenteils differenzierte Argumentation nachvollziehen können, hier steige ich aus.

Warum? Du hast eine Behauptung aufgestellt, die für Dich völlig offensichtlich wahr sein muss. Jedoch hast Du keine Belege geliefert, sondern bestehst darauf, dass wir uns Deiner Meinung ohne Belege anschließen. Falls das nicht geschieht steigst Du aus der Diskussion aus?

Machen wir es doch so: Du lieferst einen Beleg für die Behauptung, der christliche Glaube habe das Mitgefühl des Einzelnen sowie der Welt gesteigert. Ich liefere Dir einen Beleg für das Gegenteil, danach diskutieren wir weiter. Einverstanden?
:Blumen:

Vicky
03.06.2016, 21:21
Jetzt bin ich mir nicht mehr sicher, ob noch jemand mitliest und es jemanden interessiert ...

Tststs... ich finde es wirklich böse, gemein und absolut unchristlich, dass Ihr eine solche (interessante) Diskussion während der Arbeitszeit (und Trainingszeit) führt. :Cheese: :Blumen:

qbz
03.06.2016, 21:32
War es vielleicht nicht eher umgekehrt: Aus den Wertesystemen einer Epoche sind anschließend die religiösen Regeln entstanden? Die Menschheit hat 99,9% der Zeit auf diesem Planeten ohne Christentum gelebt, aber nicht ohne Werte im Sinne von: Regeln des Zusammenlebens.

Diese Regeln entwickeln sich auch ohne göttlichen Eingriff ganz von selbst. Menschen sind wie alle Primaten soziale Wesen, die miteinander auskommen müssen.



Unser heutiger technischer und wissenschaftlicher Entwicklungsstand basiert doch auf der früheren Unterwerfung der meisten Menschengruppen und der Konzentration von Macht, Reichtum, Wissen in regionalen Herrschaftssystemen, welche jeweils einer passenden Ideologie / Religion zur Dominanz verhalf, die meistens vorher schon in kleineren Gruppen vorhanden war. Um die Felder in Ägypten zu bewässern, Pyramiden zu bauen, Geometrie zu betreiben, Bilder zu malen, Städte zu bauen, brauchte es die Konzentration von Reichtum, Macht, Religion, Kult auf der einen, Sklaven auf der anderen Seite. All das, was in der Geschichte als "Hochkulturen" bezeichnet wird im Unterschied zu den germanischen Nomaden, Sippenvölker usf., die alle "aufgesogen" wurden von den mächtigeren, stärkeren Systemen.

So gehörte das Christentum in den Anfängen zur Religion von vertriebenen, unterdrückten Sippen im Sinai, parallel zur Herrschaft der Ägypter, und wurde später erst die Religion der Unterdrückten (Sklaven in Rom), da die Idee der Gleichheit aller Menschen (auch der Sklaven) vor Gott den Sklavensystemen widersprach und zur Verbreitung beitrug. Die Idee der Gleichheit vor Gott nährte dann später im Mittelalter gleichzeitig den Gedanken, dass die Menschen auf der Erde selbst schon gleich sein sollten, was zur Abschaffung der feudalen, mittelalterlichen Herrschaft der Kirche, Fürsten und Könige führte und zur Neuzeit. Insofern enthalten die herrschenden Ideen IMHO immer auch die Ideen des Untergangs einer Epoche.

Deine Argumentation ist eine idealistische, wertende Geschichtsbetrachtung, indem das Christentum den von Dir angenommenen alle Epochen überdauernden, natürlichen, dem Menschen inhärenten Werten gegenübergestellt wird.

Klugschnacker
03.06.2016, 22:36
Die Idee der Gleichheit vor Gott nährte dann später im Mittelalter gleichzeitig den Gedanken, dass die Menschen auf der Erde selbst schon gleich sein sollten, was zur Abschaffung der feudalen Herrschaft der Kirche, Fürsten und Könige im Mittelalter führte und zur Neuzeit. Insofern enthalten die herrschenden Ideen IMHO immer auch die Ideen des Untergangs einer Epoche.

Danke für den interessanten Beitrag. Ich würde mich gerne mit dem oben zitierten Abschnitt kritisch auseinandersetzen. Nach meinem Verständnis hat die "Gleichheit vor Gott" nie existiert. Weder praktisch, das versteht sich von selbst, aber auch nicht als Ideal und Utopie.

Die frühen Anhänger der christlichen Religion, die bekanntlich jüdische Wurzeln hat, verstanden als ein von Gott auserwähltes Volk. Aus ethnischer Perspektive kann von einer Gleichheit vor Gott also keine Rede sein. Entsprechend sind das Alte Testament und die Tora voll von Völkermorden.

Auf der Ebene des einzelnen Menschen wurde wiederum zwischen Ungläubigen und Gläubigen unterschieden, ferner zwischen Sklave und Herr, Mann und Frau, Menschen mit gottgefälligem Lebenswandel und den anderen (Zöllner, Pharisäer, Reiche, Homosexuelle etc.).

Die Kirche war ebenso hierarchisch strukturiert wie das damalige Herrschaftssystem. Ganz oben die Könige, darunter die Fürsten, dann die Adeligen, ganz unten dann die Bauern und Soldaten. In der Kirche der Papst, darunter die Kardinäle und Bischöfe und so weiter, und zu allerunterst die Frauen, wenn sie ihre Tage haben. Von Gleichheit keine Spur.

Im Himmel haben wir ganz oben Gott selbst, mit Jesus zu seiner Rechten. Darunter die Erzengel, dann die Engel, irgendwo darunter die Heiligen. Auch diese Ordnung ist hierarchisch und zeigt keine Gleichheit unter den Bewohnern des Himmels.

Im Mittelpunkt der diesseitigen Welt stand die Erde, um die sich der gesamte Kosmos drehte. Auf ihr der Mensch, als Krone der Schöpfung, ein Ebenbild Gottes. Dessen Vervollkommnung und sein anschließender Eintritt in das ewige Jenseits ist der Sinn für die Existenz des gesamten Universums, jedoch kann der Mensch auch im ewigen Höllenfeuer landen. Diese Ungleichheit ist nun endgültiger und ewiger Natur. Es ist die größte überhaupt nur denkbare Ungleichheit, und sie dauert über alle Zeit.

Dieses äußerst hierarchische, die Ungleichheit der Menschen rechtfertigende System wurde bedroht von Menschen wie Galileo Galilei. Er behauptete, dass die Erde nicht im Mittelpunkt der Welt stünde, denn sie dreht sich um die Sonne. Giordano Bruno erkannte, dass die kleinen Fixsterne am Himmel allesamt Sonnen sind, genau wie unsere. Er starb auf dem Scheiterhaufen der Kirche, Galilei wurde ebenfalls mit dem Feuertod bedroht. Der Mensch rückte nun durch die Erkenntnisse von Wissenschaftlern in seinem Selbstverständnis aus dem räumlichen Mittelpunkt des Universums heraus.

Charles Darwin vertrieb den Menschen dann aus dem ideellen Mittelpunkt der Welt. Die Entwicklung der Arten wird über unser derzeitiges Stadium hinausreichen und weiter gehen. Wir sind die Neandertaler von morgen, und existieren in jedem Fall nur vorübergehend. Daher sind wir zwangsläufig weder der Grund, noch der Sinn des Universums. Auch aus diesem Zentrum sind wir mittlerweile vertrieben (genauer gesagt: wir waren nie dort und haben uns unsere Sonderstellung immer nur eingebildet).

Es waren daher aus meiner Sicht die Wissenschaften, die die Hierarchien und Ungleichheiten infrage gestellt haben und schließlich widerlegten. Nicht die Religion. Dass sich die Männer die Unterlegenheit des weiblichen Geschlechts stets nur eingebildet hatten, ist eine Erkenntnis der Wissenschaft, nicht der Religion. Dass Homosexualität in der Natur ein häufiges, regelmäßiges und vollkommen normales Phänomen ist, zeigte uns die Wissenschaft und nicht die Religion. Die Aufklärung hat die Sklaverei beendet, nicht der Glaube. Die Bibel enthält zahlreiche Anweisungen zum Umgang mit Sklaven, erkennt aber an keiner Stelle das damit verbundene grundsätzliche Unrecht.

Und so weiter. Sorry, ist etwas lang geraten. :Traurig:

Klugschnacker
03.06.2016, 22:44
Deine Argumentation ist eine idealistische, wertende Geschichtsbetrachtung, indem das Christentum den von Dir angenommenen alle Epochen überdauernden, natürlichen, dem Menschen inhärenten Werten gegenübergestellt wird.

Das ist wohl ein Missverständnis. Es gibt keine den Menschen innewohnende Werte, die alle Epochen überdauern würden*. Ich behaupte gerade das Gegenteil: Menschen, Werte und Moralbegriffe unterliegen einer fortwährenden Entwicklung.

Vielleicht können wir dieses Missverständnis ausräumen, wenn Du ein konkretes Beispiel für Deine Vermutung machst.
:Blumen:

*In gewisser Weise gibt es sie schon, aber davon war bisher noch nicht die Rede. Ich vermute, Du zielst auf etwas anderes.

qbz
03.06.2016, 23:24
.......
Es waren daher aus meiner Sicht die Wissenschaften, die die Hierarchien und Ungleichheiten infrage gestellt haben und schließlich widerlegten. Nicht die Religion. Dass sich die Männer die Unterlegenheit des weiblichen Geschlechts stets nur eingebildet hatten, ist eine Erkenntnis der Wissenschaft, nicht der Religion. Dass Homosexualität in der Natur ein häufiges, regelmäßiges und vollkommen normales Phänomen ist, zeigte uns die Wissenschaft und nicht die Religion. Die Aufklärung hat die Sklaverei beendet, nicht der Glaube. Die Bibel enthält zahlreiche Anweisungen zum Umgang mit Sklaven, erkennt aber an keiner Stelle das damit verbundene grundsätzliche Unrecht.

Und so weiter. Sorry, ist etwas lang geraten. :Traurig:

Ich stimme Dir zu, dass die Wissenschaften und die Aufklärung das moderne Weltbild der Neuzeit schufen und nicht das Christentum. Und auch das Christentum kannte Sklaven, rechtfertigte dies mit Theologen, und die Herrschaft basierte auf per Geburt vererbten Ungleichheiten / Hierachien im Feudalismus. Es galten aber alle als Menschen mit Seele (ob ungläubig, verdammt oder erlöst), auch die Heiden. Die antiken Sklaven wurden nicht mit Menschen gleichgesetzt, eher mit Haustieren. Diese allgemeinste Form der Gleichheit (Anerkennung als menschliche Seele) meinte ich, weshalb sich das Christentum in der zerfallenden Antike verbreitete, z.B. auch unter den Sklaven in Rom.

qbz
03.06.2016, 23:44
Das ist wohl ein Missverständnis. Es gibt keine den Menschen innewohnende Werte, die alle Epochen überdauern würden*. Ich behaupte gerade das Gegenteil: Menschen, Werte und Moralbegriffe unterliegen einer fortwährenden Entwicklung.

Vielleicht können wir dieses Missverständnis ausräumen, wenn Du ein konkretes Beispiel für Deine Vermutung machst.
:Blumen:

*In gewisser Weise gibt es sie schon, aber davon war bisher noch nicht die Rede. Ich vermute, Du zielst auf etwas anderes.

"Die Menschheit hat 99,9% der Zeit auf diesem Planeten ohne Christentum gelebt, aber nicht ohne Werte im Sinne von: Regeln des Zusammenlebens.

Diese Regeln entwickeln sich auch ohne göttlichen Eingriff ganz von selbst. Menschen sind wie alle Primaten soziale Wesen, die miteinander auskommen müssen."

Ich dachte, du denkst bei den Regeln des Zusammenlebens an bestimmte humanistische Werte, die für die Zeit vor dem Christentum, alle Epochen überdauernd, existieren.

trithos
04.06.2016, 09:39
Ich habe auch nicht geschrieben, dass der Vatikan das Hauptproblem in der Frage "Religion und Menschenrechte" sei. Aber bei der Formulierung und Entwicklung der Menschenrechte hat die katholische Kirche blockiert und nicht geholfen. Die praktischen Auswirkungen sind für den Einzelnen durchaus vorhanden (nur ein Beispiel ist die Diskriminierung der Frau, z.B. wenn die Kirche der Kindergartenleiterin kündigt, weil sie sich von ihrem Mann getrennt und mit einem neuen Partner zusammen lebt.)

Dein Beispiel zeigt aber meiner Meinung nach gut die Relationen. Und bitte versteh mich nicht falsch: ich halte es für eine Frechheit, wie die Kirche mit der von Dir erwähnten Kindergartenleiterin umgeht. Und ich finde es richtig, dass darüber öffentlich diskutiert wird und dass die Kirche in der Diskussion ihr Fett weg bekommt.

In anderen Religionen schauen die Probleme, die der Einzelne bekommen kann, aber durchaus drastischer aus: Abfall vom Glauben -> Todesstrafe, Diebstahl -> Hand abhacken, Autofahren -> nicht für Frauen! Usw.

Dass die Katholische Kirche im Laufe ihre Geschichte viel Dreck am Stecken zusammengesammelt hat, bezweifle ich nicht. Für jedes heute lebende Individuum ist aber die aktuelle Situation entscheidend und nicht historische Betrachtungen. Der Verlust des Arbeitsplatzes ist zweifellos ein dramatisches Ereignis, und die Kirche (sowohl als Institution als auch als Arbeitgeber) rückt sich damit selbst in ein schlechtes Licht. Es war trotzdem eine Kündigung. Eine Steinigung wegen Ehebruchs war es nicht.

zappa
04.06.2016, 10:38
Warum? Du hast eine Behauptung aufgestellt, die für Dich völlig offensichtlich wahr sein muss. Jedoch hast Du keine Belege geliefert, sondern bestehst darauf, dass wir uns Deiner Meinung ohne Belege anschließen. Falls das nicht geschieht steigst Du aus der Diskussion aus?

Machen wir es doch so: Du lieferst einen Beleg für die Behauptung, der christliche Glaube habe das Mitgefühl des Einzelnen sowie der Welt gesteigert. Ich liefere Dir einen Beleg für das Gegenteil, danach diskutieren wir weiter. Einverstanden?
:Blumen:

"Aussteigen" im Sinne von, ich kann die Argumentation nicht mehr wirklich nachvollziehen, dass es "keinerlei positiven Zusammenhang" geben soll. Bei solcher Absolutheit steige ich aus.

Was Du als "Behauptung" interpretierst, ist, wenn Du den Post nochmals liest, ein relativierendes Argument, ohne Anspruch auf absolute "Wahrheit". Dass ich daran nicht glaube, habe ich auch in einem anderen Post geäußert. Und es ist für mich auch nicht so, dass sich irgendjemand meiner Argumentation anschließen muss. Es ist meine Konstruktion der Welt, die ich manchmal mit anderen teil, manchmal nicht.

Wenn ich Dir jetzt "Belege" liefern soll, kann ich Dir gerne aus meiner eigenen unmittelbaren Erfahrung Beispiele einzelner und auch von Gruppen nennen, von denen ich wahrnehme, dass es christlich-religiöse Werte sind, die diese Menschen heute - auch, nicht allein - dazu bringen Funktionales, ebenso wie Dysfunktionales zu vollbringen. Du wirst das aus Deiner Wahrnehmung heraus dann anders interpretieren, weil Du die Welt in Teilen anders siehst, als ich. Umgekehrt könnte ich von Dir "Belege" einfordern, die "beweisen", dass es "keinerlei positiven Zusammenhang" gibt.

Ich selbst bin übrigens konfessionslos und nicht unbedingt ein Vertreter einer christlichen Weltanschauung, versuche aber deren "Welt" und deren (funktionale und dysfunktionale) "Beiträge" auch zu verstehen.

flaix
04.06.2016, 11:08
Machen wir es doch so: Du lieferst einen Beleg für die Behauptung, der christliche Glaube habe das Mitgefühl des Einzelnen sowie der Welt gesteigert. Ich liefere Dir einen Beleg für das Gegenteil, danach diskutieren wir weiter. Einverstanden?
:Blumen:

Mutter Theresa vs. Francisco Pizarro

durch das Vorhandensein des Gegenteils ist aber nicht bewiesen das die Behauptung falsch ist?

Klugschnacker
04.06.2016, 12:20
Wenn ich Dir jetzt "Belege" liefern soll, kann ich Dir gerne aus meiner eigenen unmittelbaren Erfahrung Beispiele einzelner und auch von Gruppen nennen, von denen ich wahrnehme, dass es christlich-religiöse Werte sind, die diese Menschen heute - auch, nicht allein - dazu bringen Funktionales, ebenso wie Dysfunktionales zu vollbringen.

Es genügt nicht, zu belegen, dass Menschen christlichen Glaubens Gutes tun, denn das ist nicht die Behauptung, die hier in Frage steht. Die Behauptung lautet, dass sie mehr Gutes tun, als sie ohnehin getan hätten, und dass der christliche Glaube die Ursache dafür ist.

Altruismus, Kooperation, Mitgefühl ist den Menschen angeboren, und kommt in allen Kulturen sämtlicher Glaubensrichtungen vor, genauso unter Nichtgläubigen. Auch Primaten helfen Verletzten, teilen ihre Nahrung, und bringen sich bspw. beim Angriff eines Leoparden selbst in Gefahr, um die Gruppe zu retten.

Ich warte also mit ehrlichem Interesse auf einen Beleg dafür, dass das Christentum das Mitgefühl auf der Welt gesteigert hätte. Fällt er überzeugend aus, werde ich mich gerne Deiner Meinung anschließen, warum auch nicht?
:Blumen:

Klugschnacker
04.06.2016, 12:28
Dass die Katholische Kirche im Laufe ihre Geschichte viel Dreck am Stecken zusammengesammelt hat, bezweifle ich nicht. Für jedes heute lebende Individuum ist aber die aktuelle Situation entscheidend und nicht historische Betrachtungen.

Für mich ist die historische Betrachtung wichtig. Derzeit ist sie in der religiösen Debatte sogar mein Hauptinteresse und der Grund dafür, warum ich mir die religiösen Urtexte lesend antue.

Denn es wird behauptet, diese Schriften seien das Fundament unseres Wertesystems. Unsere Moralbegriffe kämen aus dem Alten und vor allem aus dem Neuen Testament. Ob Gott selbst existiert wird oftmals als zweitrangig angesehen, entscheidend sei das moralische Fundament aus den Schriften, das damit den Menschen gegeben worden sei.

Ich halte das für eine sehr fragwürdige These und suche dafür Belege. (Dass das ein sehr nerdiges Interesse ist, gebe ich zu).
:Traurig: :o

waden
04.06.2016, 12:28
Dein Beispiel zeigt aber meiner Meinung nach gut die Relationen. Und bitte versteh mich nicht falsch: ich halte es für eine Frechheit, wie die Kirche mit der von Dir erwähnten Kindergartenleiterin umgeht. Und ich finde es richtig, dass darüber öffentlich diskutiert wird und dass die Kirche in der Diskussion ihr Fett weg bekommt.

In anderen Religionen schauen die Probleme, die der Einzelne bekommen kann, aber durchaus drastischer aus: Abfall vom Glauben -> Todesstrafe, Diebstahl -> Hand abhacken, Autofahren -> nicht für Frauen! Usw.

Dass die Katholische Kirche im Laufe ihre Geschichte viel Dreck am Stecken zusammengesammelt hat, bezweifle ich nicht. Für jedes heute lebende Individuum ist aber die aktuelle Situation entscheidend und nicht historische Betrachtungen. Der Verlust des Arbeitsplatzes ist zweifellos ein dramatisches Ereignis, und die Kirche (sowohl als Institution als auch als Arbeitgeber) rückt sich damit selbst in ein schlechtes Licht. Es war trotzdem eine Kündigung. Eine Steinigung wegen Ehebruchs war es nicht.

Bezüglich der Relationen hast Du natürlich recht. Die Scharia ist aktuell in jeder Hinsicht schlimmer. Bei der Betrachtung der aktuellen Situation vergleiche ich, was die katholische Kirche in Relation zu unserer freiheitlichen Grundordnung vorträgt. Und es ist immer noch so wie seit Beginn der Aufklärung: die Kirche ist auch heute keineswegs ethischer Wegbereiter, sondern Bremser. Historische Betrachtungen sind - anders als Du anmerkst - natürlich auch für heute lebende Individuen entscheidend. Die Kirche hat seit Beginn der Aufklärung das Problem, die Erkenntnisse der Aufklärung mit dem geschriebenen Wort Gottes in Einklang zu bringen, und so eine "recht verstandene Form der Aufklärung" zu postulieren, was genau genommen überhaupt nicht funktioniert. Ziel ist dabei, die Deutungshoheit zu behalten. Die Botschaft der Liebe und des Mitgefühls spielt bei diesen institutionellen Argumentationen keine Rolle, sondern es geht um Macht, die sich die Kirche im Laufe der Geschichte selbst verschafft hat.

Klugschnacker
04.06.2016, 12:57
@zappa: Vielleicht könnte man schauen, ob stark christlich geprägte Länder ein besonders "mitfühlendes" Rechtssystem aufweisen. Zum Beispiel ein Vergleich zwischen dem Rechtssystem und der Kriminalitätsrate der tiefgläubigen USA mit dem Schwedens oder Norwegens.

Ich habe mich damit nicht näher beschäftigt und kann diesen Vergleich nicht seriös ziehen. Mir scheint jedoch bei oberflächlicher Betrachtung, dass stark christlich geprägte Länder (oder allgemeiner: stark religiös geprägte Länder) eher zu einem weniger mitfühlendem und weniger fortschrittlichem Rechtssystem neigen.

Im Beispiel der USA spielt beispielsweise der Rachegedanke im Rechtssystem eine Rolle. Wird ein Mensch wegen Mordes hingerichtet, dürfen die Angehörigen des Ermordeten dabei zusehen.

Bleibt man gedanklich auf der nationalen Ebene Deutschlands, würde uns allen wohl ein wenig mulmig, wenn eine (fiktive) fundamentalchristliche Regierung die Ethikkommission des Bundestages durch eine "Moralkommission" ersetzen würde, die sich an der Bibel orientiert.

Das sind natürlich nur meine persönlichen Gedanken und sie können, wie immer, auch falsch sein.

zappa
04.06.2016, 13:21
Altruismus, Kooperation, Mitgefühl ist den Menschen angeboren, und kommt in allen Kulturen sämtlicher Glaubensrichtungen vor, genauso unter Nichtgläubigen. Auch Primaten helfen Verletzten, teilen ihre Nahrung, und bringen sich bspw. beim Angriff eines Leoparden selbst in Gefahr, um die Gruppe zu retten.

Was ist denn der Beleg für diese These? :-)

Nach meinem Kenntnisstand der Entwicklungspsychologie ist dem Menschen - neben anderen - eine Position auf einer bipolaren Verhaltensdimension angeboren, die "Verträglichkeit" genannt wird. Das eine Ende der "Verträglichkeit" ist dabei gekennzeichnet durch "wettbewerbsorientiert" und "antagonistisch" und wird auch als "Egozentrismus" bezeichnet. Das andere Ende dieser Verhaltensdimension ist demgegenüber gekennzeichnet durch "kooperativ", "freundlich" und "mitfühlend" und wird auch als "Altruismus" bezeichnet.

Der Mensch wird hier in eine bestimmte Position zwischen diesen beiden Polen hineingeboren - individuell unterschiedlich. Entlang dieser Argumentation ist eine Aussage "Altruismus, Kooperation und Mitgefühl sind angeboren" nur teilweise haltbar. Die Heritabilität, also der Anteil der Vererbung an der Position ist nach heutigem Forschungsstand mit 42% angegeben (Bouchard & McGue, 2003). Der andere Teil ist dann Umweltbedingt, wobei es da auf die jeweils individuelle Umwelt ankommt.

Umweltbedingt heißt Sozialisation in den individuell relevanten Umwelten. Und dabei gibt es dann alle möglichen Varianten: Ein eher altruistisch veranlagter Mensch kann durch und in der Umwelt in der lebt seinen Altruismus verstärken, oder größtenteils verlieren, oder weitgehend auf der Position bleiben, auf die er schon hineingeboren war. Ein eher egozentrischer Mensch kann durch und in der Umwelt in der er lebt seinen Egozentrismus verstärken, oder größtenteils verlieren, oder weitgehend auf der Position blieben, usw. Alle möglichen Richtungen und Kombinationen.

Und in der Sozialisation spielt dann eine christlich-religiöse Weltanschauung, sofern sie eine relevante Umwelt für den Menschen darstellt, eine (von vielen) Möglichkeiten dar in der die Bewegung auf der Verhaltensdimension ausgelöst, verändert, beendet oder sonst was wird.

Klugschnacker
04.06.2016, 14:40
Und in der Sozialisation spielt dann eine christlich-religiöse Weltanschauung, sofern sie eine relevante Umwelt für den Menschen darstellt, eine (von vielen) Möglichkeiten dar in der die Bewegung auf der Verhaltensdimension ausgelöst, verändert, beendet oder sonst was wird.

Zusammengefasst: Religion kann eine Auswirkung auf das Verhalten von Menschen haben. Muss aber nicht. Falls sie Auswirkungen hat, können diese entweder in Richtung Selbstlosigkeit oder Egoismus gehen.

Noch kürzer: Religion kann Einfluss haben oder nicht. Die Richtung dieses Einflusses ist ungewiss.

Das ist, wenn ich Dich richtig verstehe, nicht gerade als Beleg für Deine ursprüngliche Position zu werten, oder?
:Blumen:

zappa
04.06.2016, 15:16
Zusammengefasst: Religion kann eine Auswirkung auf das Verhalten von Menschen haben. Muss aber nicht. Falls sie Auswirkungen hat, können diese entweder in Richtung Selbstlosigkeit oder Egoismus gehen.

Noch kürzer: Religion kann Einfluss haben oder nicht. Die Richtung dieses Einflusses ist ungewiss.

Ja, so interpretiere ich das. Und da unterscheidet sich Religion nicht von allen anderen relevanten Umwelten und deren Einfluss. Und der Einfluss bzw. die Richtung des Einflusses kann sich in einem Leben durchaus mehrmals ändern ...

Habe ich aber auch nicht wirklich anders formuliert:

Es reicht wenn der- oder diejenige daran glaubt. Und das ist wieder wie bei allen anderen Überzeugungen auch. Woran ich glaube, wovon ich überzeugt bin, wird mein Handeln maßgeblich beeinflussen - ob die Ausgangsstory, das, woran ich meine Überzeugung festmache, nun "wahr" ist, oder nicht.

Glaubenssätze und Überzeugungen bilden sich eben auch durch und in den relevanten Umwelten, von denen die christliche, zumindest in einigen Regionen dieser Welt, eine nicht ganz kleine, relevante Umwelt für die Menschen ist.

Dabei gilt es zu bedenken, dass wir meistens in mehreren relevanten Umwelten (an anderer Stelle habe ich das Subsystem genannt) gleichzeitig leben und insofern selten bis gar nicht eine monokausale Sozialisation in eine bestimmte Richtung vorliegen kann. Wobei ich persönlich noch nicht mal von Kausalität, sondern von höherer oder geringerer Korrelation ausgehe.

waden
04.06.2016, 15:20
Eigenschaften wie Altruismus, Mitgefühl und Liebe können innerhalb einer Religion ausgelebt werden, genauso eignen sich aber Religionen mit Anspruch des Auserwähltseins (Judentum, Islam, Christentum) auch dazu, andere Menschen auszugrenzen und insofern die ebenfalls den Menschen innewohnenden Eigenschaften Hass und Gewaltbereitschaft zu pflegen.
Für eine ethisch verantwortungsvolle Lebensführung genügt Humanismus mit Einhaltung der Menschenrechte ohne Aneendung einer Religion. Und Religionen, die diese Menschenrechte wegen des Wesenskerns ihrer Urtexte nicht anerkennen können, sind im Kern problematisch.

tandem65
04.06.2016, 19:06
Hi Arne,

bei einem wichtigen Punkt gebe ich Dir vorbehaltlos Recht. Christen sind nicht besser als andere Menschen. Ein netter Spruch aus unserem Kreis ist:
Da kommt ein guter Spruch in meinen Kopf, Christen sind nicht besser, sie haben es besser. ;)

Die frühen Anhänger der christlichen Religion, die bekanntlich jüdische Wurzeln hat, verstanden als ein von Gott auserwähltes Volk.

Du redest von den Israeliten als Christen. Das ist für mich als Christen etwas schräg. Denn für Christen gehört die Dreifaltigkeit/Dreieinigkeit, also Gott, Jesus & Heiliger Geist tatsächlich zu den Grundsätzen des glaubens. Somit kann es den christlichen Glauben früheste seit Jesu Geburt geben. Letztlich erst nach seinem Toid/Auferstehung/Himmelfahrt. Für die Juden ist Jesus ja auch nur ein Prophet, der eigentlich ihr Messias sein sollte.

Aus ethnischer Perspektive kann von einer Gleichheit vor Gott also keine Rede sein. Entsprechend sind das Alte Testament und die Tora voll von Völkermorden.

Blöde Frage, hast Du wirklich den Eindruck daß die Kriege alle aus Religiösen Gründen von den Israeliten angezettelt wurden. Oder wurden nicht auch mal Kriege angezettelt weil man das Land einfach besitzen wollte und die anderen es eben einfach nicht so hergaben durch gut zureden. Sind die Israeliten nicht auch einfach mal überfallen worden und haben sich aus ganz unreligiösen Gründen verteidigt weil sie ihr Land nicht hergeben wollten? sind die Israeliten nicht einfach auch mal nach Babylon veschleppt worden für mehrere Jahrhunderte? Das ist ja oft schlicht und ergreifend Geschichte die da erzählt wird.
Hast Du schon mal Jesaja gelesen oder die anderen Propheten. Dort finden sich immer wieder konkrete Hinweise auf das erscheinen von Jesus. Das sind für Christen die wirklich spannenden Teile im AT.

Auf der Ebene des einzelnen Menschen wurde wiederum zwischen Ungläubigen und Gläubigen unterschieden, ferner zwischen Sklave und Herr, Mann und Frau, Menschen mit gottgefälligem Lebenswandel und den anderen (Zöllner, Pharisäer, Reiche, Homosexuelle etc.).

Ja und? Das mache ich & Du heute auch noch!
Die Frage ist doch ob der eine als besser der andere gewertet wird. Da hat Jesus sich ja mit dem Zöllner an einen Tisch gesetzt, was für die Pharisäer eben bis auf's Blut gereizt hat. Er hat ein Gebot nach dem anderen aus dem AT gebrochen. Damit hat er gezeigt daß viele Regeln aus dem AT nicht Göttlichen Willen darstellen. Sein Gebot der Nächstenliebe zeigt doch den Weg welche Regeln aus dem AT Du getrost verwerfen darfst, oder besser noch eher solltest. ;)
Gegen dieses Gebot zur Nächstenliebe verstosse ich auch hier im Forum Regelmässig mit meinen Kommentaren.
Jesus kritisiert gerade die überbordenden Regelungen der Pharisäer.
Für Jesus sind wir alle gleich, er liebt uns alle, ob wir an ihn Glauben oder nicht.
Da sind wir doch vor Gott alle gleich oder nicht?
Er sagt auch keiner kommt zum Vater denn durch mich. Viele Christen verstehen das so, daß nur wer an ihn glaubt in den Himmel zu Gott kommt.
Ich kann mir sehr gut vorstellen, daß er durch seine Liebe zu allen Menschen allen Menschen Vergebung schenken will.
Du schreibst es ja immer wieder, was wissen wir schon was das wirklich heisst. Ich glaube daran daß Jesus zur Vergebung unserer Sünden am Kreuz gestorben ist. Ob er das nur für Christen macht oder nicht. Puh woher soll ich das wissen. Ich darf als Christ jedenfalls daran glauben, daß er mir diese Vergebung schenkt.

Puh, so ausführlich und so roten Faden wie Du kann ich irgendwie nicht formulieren. Jedenfalls nicht wenn ich einen Post auch irgendwann mal abschicken will.

Vielleicht habe ich mich trotzdem halbwegs verständlich ausgedrückt.

Beste Grüße.

Mirko
04.06.2016, 19:30
Hast Du schon mal Jesaja gelesen oder die anderen Propheten. Dort finden sich immer wieder konkrete Hinweise auf das erscheinen von Jesus. Das sind für Christen die wirklich spannenden Teile im AT.


Puhhh das hatte ich zu gläubigen Zeiten immer am meisten gehasst. Man sucht sich einen Satz im Alten Testament aus, auf den iiiiirgendwas von Jesus passt und reimt sich was zusammen. Die 10 Sätze davor und danach muss man allerdings komplett ignorieren.
Ich würde genauso viel Übereinstimmung mit mir selbst finden wenn ich kreativ genug wäre.

Hier so ein toller Beweiß:

Jesus als Nachkomme Jakobs:

4. Mose 24,17
Ich sehe ihn, aber nicht jetzt; ich schaue ihn, aber nicht von nahem. Es wird ein Stern aus Jakob aufgehen und ein Zepter aus Israel aufkommen und wird zerschmettern die Schläfen der Moabiter und den Scheitel aller Söhne Sets.

Toller Beweiß, aber was ist mit dem nächsten Satz:
Aus Jakob wird der Herrscher kommen und umbringen, was übrig ist von den Städten

Wie darf ich das verstehen? Wen hat er umgebracht? Offensichtlich hatte der Autor einen anderen Herrscher im Sinn wie unseren Jesus.

Mein Glaube blieb durch zuviel Bibellesen auf der Strecke...
(und zwar während dem Bachelor-Studium zum Missionar/Prediger/whatever...)

schoppenhauer
04.06.2016, 19:41
Danke euch beiden.

Die Mutter meiner Tochter ist streng gläubig. Ich finds gut, dass meine Tochter einen besseren Zugang zum Glauben hat als ich.

Schwarzfahrer
04.06.2016, 20:05
...Christen sind nicht besser, sie haben es besser.

Das aber auch nur, solange sie nicht z.B. in Pakistan oder Ägypten leben...

tandem65
04.06.2016, 20:21
Das aber auch nur, solange sie nicht z.B. in Pakistan oder Ägypten leben...

Du siehst die Sache zu weltlich. ;) :Huhu: :Blumen:

Nach meinem Kenntnisstand wären allerdings Nordkoreanische Christen froh darüber in Pakistan oder Ägypten leben zu dürfen. Auf der anderen Seite scheinen in Nordkorea die Gemeinden zu wachsen.

Klugschnacker
04.06.2016, 20:25
Jesus [hat] sich ja mit dem Zöllner an einen Tisch gesetzt, was für die Pharisäer eben bis auf's Blut gereizt hat. Er hat ein Gebot nach dem anderen aus dem AT gebrochen. Damit hat er gezeigt daß viele Regeln aus dem AT nicht Göttlichen Willen darstellen. Sein Gebot der Nächstenliebe zeigt doch den Weg welche Regeln aus dem AT Du getrost verwerfen darfst, oder besser noch eher solltest.

Ich halte Jesus aus meiner laienhaften Sicht durchaus für eine bemerkenswerte Figur, ebenso wie Sokrates, Gandhi, Einstein und viele andere. Es ist äußerst schade, dass man diejenigen seiner Aussagen, die man ihm historisch einigermaßen gesichert zuschreiben kann, auf eine DinA5-Seite schreiben kann. Viele seiner Worte wurden wohl durch religiöse Eiferer verfälscht, zum Teil bis in ihr Gegenteil. Ich würde mir wünschen, mehr von ihm wissen zu können.

Das Prinzip der Nächsten- oder Feindesliebe gefällt mir gut. Jesus als Kind seiner Zeit erfüllte es jedoch selbst nur zu einem geringen Grade, wenn man ihn an den heutigen Standards misst. Er war ethisch seiner Zeit voraus, jedoch unserer Zeit weit hinterher, zumindest nach meiner unmaßgeblichen Meinung. Wir sollten uns nichts darauf einbilden, denn heute hat jedes Schulkind Zugang zu einer viel weitreichenderen Bildung, als damals die größten Gelehrten; und viel mehr als Jesus selbst, der kein Gelehrter war, sondern ein einfacher Handwerker aus der Provinz. Immerhin hat er sich wohl selbst das Lesen beigebracht.

Ich glaube daran daß Jesus zur Vergebung unserer Sünden am Kreuz gestorben ist. Ob er das nur für Christen macht oder nicht. Puh woher soll ich das wissen. Ich darf als Christ jedenfalls daran glauben, daß er mir diese Vergebung schenkt.

Jesus ist nach meiner Überzeugung deshalb am Kreuz gestorben, weil ihn die Römer dazu verurteilt hatten. Sie wollten nach Johannes dem Täufer keinen Stress mit einer weiteren nervigen Sekte.

Wenn der allmächtige Schöpfer des Universums uns unsere Sünden vergeben will, dann macht er es einfach. Er vergibt sie, fertig. Es ist nicht nötig, dafür in Form eines Palästinensers auf einem Esel nach Jerusalem zu reiten und dort am Kreuz zu sterben, und diesen ohnehin geplanten Tod den Juden in die Schuhe zu schieben.

Das Menschenopfer und die Vorstellung, Schuld müsse durch Blut gesühnt werden, halte ich für eine besonders rückständige Überzeugung des Christentums. Es drückt sich darin wohl der damalige Zeitgeist aus, denn Blutopfer zur Besänftigung der Götter findet man in vielen religiösen Vorstellungen der damaligen Zeit. Hier zeigt sich kein Gott der Nächstenliebe, sondern ein archaischer Gott, der besänftigt werden muss.

Der von Gott bewirkte Kreuzestod wendet die Botschaft Jesu, die Nächstenliebe, ins Absurde. Jesus sagt, wir sollen verzeihen, ohne dem anderen zuerst ein Auge auszuschlagen oder andere Vergeltung zu üben. Gott zeigt, dass er nicht vergeben kann ohne ein grausames Blutopfer, noch dazu an einem Unschuldigen.

(Davon abgesehen hat die umfassende Vergebung aller Sünden nicht funktioniert: Noch heute müssen sich alle Menschen sehr anstrengen, um in den Himmel zu gelangen).

Wie gesagt, das ist alles nur meine persönliche Meinung. Sie kann ganz und in Teilen falsch sein. Ich wende mich gegen bestimmte Glaubensinhalte, nicht aber gegen die Gläubigen.

Klugschnacker
04.06.2016, 20:38
Die Mutter meiner Tochter ist streng gläubig. Ich finds gut, dass meine Tochter einen besseren Zugang zum Glauben hat als ich.

Was meinst Du mit "besseren Zugang zum Glauben"? Dass sie gläubiger ist und weniger nach Argumenten oder Belegen fragt als Du? Oder dass sie mehr über das Christentum weiß?

Und, falls ich das noch fragen darf, an welchen Gott glaubt sie? Wir sind hier ja nicht alles Christen. Bitte einfach ignorieren, falls das zu persönlich ist.

Grüße, :Blumen:
Arne

Klugschnacker
04.06.2016, 20:45
Ich will kurz an zwei Fragen erinnern, die aus meiner Sicht noch offen sind:

1. Welche Bibelstellen sind wörtlich zu nehmen, und welche nicht?
Gibt es jemanden, der privilegiertes Wissen darüber hat, wie die Bibel gemeint ist? Falls es mehrere gibt und sie nicht einer Meinung sind: wie entscheidet man, wer recht hat?

2. Hat der christliche Glaube zu mehr Mitgefühl geführt?
Gibt es Belege dafür, dass der christliche Glaube die Ursache für eine stärkere Empathie zwischen den Menschen oder Menschengruppen ist?

Guten Abend!
(Nach Diktat verreist) :Blumen:

tandem65
04.06.2016, 20:53
Hier so ein toller Beweiß:

Jesus als Nachkomme Jakobs:

4. Mose 24,17
Ich sehe ihn, aber nicht jetzt; ich schaue ihn, aber nicht von nahem. Es wird ein Stern aus Jakob aufgehen und ein Zepter aus Israel aufkommen und wird zerschmettern die Schläfen der Moabiter und den Scheitel aller Söhne Sets.

Toller Beweiß, aber was ist mit dem nächsten Satz:
Aus Jakob wird der Herrscher kommen und umbringen, was übrig ist von den Städten

Wie darf ich das verstehen? Wen hat er umgebracht? Offensichtlich hatte der Autor einen anderen Herrscher im Sinn wie unseren Jesus.

So ist es, er hatte jemand anderen im Sinn. ;) Wer hat die Moabiter so vernichtend geschlagen!? Nicht Jesus, vielleicht doch eher König David? ;)

Finde ich jetzt schon interessant. Ich rege an die Propheten mal zu lesen wie Jesaja, Jeremia und Du kommst mit einem Zitat aus dem 4. Buch Moses.

schoppenhauer
04.06.2016, 20:57
Was meinst Du mit "besseren Zugang zum Glauben"? Dass sie gläubiger ist und weniger nach Argumenten oder Belegen fragt als Du? Oder dass sie mehr über das Christentum weiß?


Nein, sie will gar nicht wissen.

Sie schöpft ihre Kraft aus dem Glauben, die wir aus dem Sport oder der Erkenntnis schöpfen. Und sie hat mich vor allem mit ihrem anhaltenden Vertrauen in die Liebe verstört. Die haben wir Ungläubigen halt nur zu Beginn einer Beziehung.

tandem65
04.06.2016, 21:17
Hi Arne,

Wenn der allmächtige Schöpfer des Universums uns unsere Sünden vergeben will, dann macht er es einfach. Er vergibt sie, fertig.

an dieser Stelle erinnere ich Dich an Deine Worte. Woher nimmst Du diese Erkenntnis. Das riecht nach einer göttlichen Eingebung. ;) :Blumen:

Es ist nicht nötig, dafür in Form eines Palästinensers auf einem Esel nach Jerusalem zu reiten und dort am Kreuz zu sterben,

Du hast Zweifellos Recht es ist nicht zwingend nötig für die Vergebung.

und diesen ohnehin geplanten Tod den Juden in die Schuhe zu schieben.

Auch die Pharisäer haben nur ihre Machtinteressen gefährdet gesehen durch Jesus. Das die Römer sich wahrscheinlich dessen bewusst waren ist mir schon klar. Deshalb waren sie sicherlich in der komfortablen Situation die Entscheidung der Verurteilung den Pharisäern zu überlassen.

tandem65
04.06.2016, 21:23
(Davon abgesehen hat die umfassende Vergebung aller Sünden nicht funktioniert: Noch heute müssen sich alle Menschen sehr anstrengen, um in den Himmel zu gelangen).

Auch das riecht nach göttlicher Eingebung. Ich weiß es nicht Ich glaube daß mir durch meinen Glauben an Jesus Christus meine Sünden vor Gott vergeben werden. Ich habe es ja vorhin schon geschrieben, ich habe sogar den Verdacht daß ihr auch dort erscheinen könnt.

schoppenhauer
04.06.2016, 21:27
Warum sitzt du auf dem Tandem vorne ?

tandem65
04.06.2016, 21:33
Da muss ich nachfragen: Warum sitzt du auf dem Tandem vorne ?

Weil Frau tandem65 nicht so fett ist wie ich.
Weil Frau tandem65 keinen Bock auf bremsen, schalten & lenken hat.
Weil ich voll Bock auf bremsen, schalten & lenken habe.

Weshalb sollte ich nicht vorne sitzen?

schoppenhauer
04.06.2016, 21:37
Weshalb sollte ich nicht vorne sitzen?

Weil die christliche Welt wie die islamische eine sehr männliche ist. Ganz einfach.

qbz
04.06.2016, 21:40
......
Das Menschenopfer und die Vorstellung, Schuld müsse durch Blut gesühnt werden, halte ich für eine besonders rückständige Überzeugung des Christentums. Es drückt sich darin wohl der damalige Zeitgeist aus, denn Blutopfer zur Besänftigung der Götter findet man in vielen religiösen Vorstellungen der damaligen Zeit. Hier zeigt sich kein Gott der Nächstenliebe, sondern ein archaischer Gott, der besänftigt werden muss.

Der von Gott bewirkte Kreuzestod wendet die Botschaft Jesu, die Nächstenliebe, ins Absurde. Jesus sagt, wir sollen verzeihen, ohne dem anderen zuerst ein Auge auszuschlagen oder andere Vergeltung zu üben. Gott zeigt, dass er nicht vergeben kann ohne ein grausames Blutopfer, noch dazu an einem Unschuldigen.
.....


Dazu fallen mir spontan sofort die öffentlichen Diskussionsauftritte der mutigen, intellektuellen katholischen Theologieprofessorin Uta Ranke-Heinemann ein. Sie zählt in ihrem Glaubensbekenntnis unter anderem auf:

"7. Eine blutige Erlösung am Kreuz ist eine heidnische Menschenopferreligion nach religiösem Steinzeitmuster.[26]"

https://de.wikipedia.org/wiki/Uta_Ranke-Heinemann#Nein_und_Amen_.28Abschied_vom_traditione llen_Christentum.29

Empfehlenswert dieses Buch von ihr:
Nein und Amen: Mein Abschied vom traditionellen Christentum (https://www.amazon.de/Nein-Amen-Abschied-traditionellen-Christentum/dp/3453211820)

Schwarzfahrer
04.06.2016, 21:43
Ich will kurz an zwei Fragen erinnern, die aus meiner Sicht noch offen sind:

1. Welche Bibelstellen sind wörtlich zu nehmen, und welche nicht?
Gibt es jemanden, der privilegiertes Wissen darüber hat, wie die Bibel gemeint ist? Falls es mehrere gibt und sie nicht einer Meinung sind: wie entscheidet man, wer recht hat?

2. Hat der christliche Glaube zu mehr Mitgefühl geführt?
Gibt es Belege dafür, dass der christliche Glaube die Ursache für eine stärkere Empathie zwischen den Menschen oder Menschengruppen ist?

Guten Abend!
(Nach Diktat verreist) :Blumen:

Auf zwei klare Fragen meine höchst persönliche Meinung ohne Anspruch auf universelle Geltung:

1. gar keine.
Mir widerstrebe als rational denkendem Menschen grundsätzlich, solche Texte, die vor Jahrtausenden in einer uns völlig fremden Kultur mit dem Zweck der Religionsstiftung geschrieben wurden, heute noch wörtlich zu nehmen. Ich kann allerdings über die Beweggründe, warum etwas so geschrieben wurde, spekulieren.
Es gibt sicher viele, die glauben, das Wissen zu haben, wie die Bibel gemeint ist - ebenso, wie es angeblich 80 Millionen Bundestrainer gibt. Wer davon recht hat, wird keiner von uns objektiv entscheiden können - aber wir dürfen alle unsere jeweils eigene Meinung dazu haben.

2. Im Einzelfall, also bei bestimmten Personen, die den christlichen Glauben in diesem Sinne leben/lebten, sicherlich ja. Globalgalaktisch stehen sich positive und negative "Auswüchse" gegenüber. Diese kann man nicht quantitativ gegeneinander bewerten, im Sinne von "mehr".
Ich glaube aber, daß bestimmte Religionen zu einem höheren Anteil oder mit größerer Wahrscheinlichkeit zu einer empathischen Moralvorstellung führen können, als andere; da empfinde ich z.B. den Buddhismus und das Christentum gegenüber dem Islam, dem Judentum oder auch vielen Naturreligionen im Vorteil.

tandem65
04.06.2016, 21:59
Weil die christliche Welt wie die islamische eine sehr männliche ist. Ganz einfach.

Du meinst ich sollte hinten sitzen und mich chauffieren lassen wie es sich für das Familienoberhaupt gehört?

qbz
04.06.2016, 22:05
Ich will kurz an zwei Fragen erinnern, die aus meiner Sicht noch offen sind:

1. Welche Bibelstellen sind wörtlich zu nehmen, und welche nicht?
Gibt es jemanden, der privilegiertes Wissen darüber hat, wie die Bibel gemeint ist? Falls es mehrere gibt und sie nicht einer Meinung sind: wie entscheidet man, wer recht hat?



Das ist eine Frage, die sich in einem Forum kaum beantworten lässt, schon gar nicht für die ganze Bibel, vielleicht für einzelne Stellen mit Verweis auf einzelne Forscher, da sich mit dieser Thematik intensiv wissenschaftlich X-Gelehrte beschäftigen.

Die historisch-kritische Methode (https://de.wikipedia.org/wiki/Historisch-kritische_Methode)

"Die Anwendung der historisch-kritischen Methode auf die Bibel setzt voraus, dass biblische Exegese „ein Stück Geschichtswissenschaft“ (Rudolf Bultmann) ist, der Bibeltext also als ein geschichtlich geformter anerkannt wird und nicht als reine Offenbarung nur wörtlich genommen wird. Die Auslegung von Bibelabschnitten in ihrem historischen Kontext nimmt zum Beispiel wahr, dass Jesus Jude war oder dass die Regel „Auge um Auge, Zahn um Zahn“ zum damaligen Zeitpunkt als ein ausdrückliches Gebot der Mäßigung verstanden werden musste."
Die_Methodenschritte_der_historisch-kritischen_Methode (https://de.wikipedia.org/wiki/Historisch-kritische_Methode#Die_Methodenschritte_der_histori sch-kritischen_Methode)

qbz
04.06.2016, 22:17
.......
Ich glaube aber, daß bestimmte Religionen zu einem höheren Anteil oder mit größerer Wahrscheinlichkeit zu einer empathischen Moralvorstellung führen können, als andere; da empfinde ich z.B. den Buddhismus und das Christentum gegenüber dem Islam, dem Judentum oder auch vielen Naturreligionen im Vorteil.

Ich finde, dass man Religionen im Zusammenhang mit den Institutionen, also der Kirche, welche die Religion verbreiten und die Inhalte (hier Bibeltexte) bestimmen, sehen muss. Da ich vorhin gerade Uta Ranke-Heinemann zitierte, bin ich bei Ihr noch auf diese interessante Interviewantwort gestossen:

"Ich werfe der Kirche besonders vor, dass sie sich von der Botschaft Jesu, die er in der Bergpredigt verkündet hat - nämlich: keine Vergeltung und den Feinden Gutes tun - vollkommen wegbewegt hat. Es ist keine Kirche der Liebe und des Verständnisses mehr, es ist eine Kirche der kalten Macht und Sexualfeindlichkeit.

Meine Probleme mit dem Christentum beginnen rund 300 Jahre nach der Geburt Jesu. Damals machte Kaiser Konstantin das Christentum zur Weltreligion und gab den christlichen Bischöfen unter anderem auch das Recht einer eigenen Gerichtsbarkeit. Konstantin hatte nämlich, so berichtet sein Biograf Eusebius vor der Schlacht an der Milvischen Brücke 312 "mit seinem Heer am Himmel ein Kreuzzeichen gesehen mit den Worten: 'In diesem Zeichen wirst du siegen!'" Er siegte dann auch in diesem Kreuzzeichen, ließ seinen Gegner Maxentius von der Milvischen Brücke stürzen und gab dem Christentum aus Dankbarkeit viele Privilegien. Militarismus ist seitdem das erste Kennzeichen des Christentums."

http://www.evangelisch.de/inhalte/21471/02-10-2012/uta-ranke-heinemann-nichts-habe-ich-erreicht

Und noch ein ausführlicher Beitrag von ihr im Internet dazu hier:

http://www.magda.de/negatives-glaubensbekenntnis/

schoppenhauer
04.06.2016, 22:21
Du meinst ich sollte hinten sitzen und mich chauffieren lassen wie es sich für das Familienoberhaupt gehört?

:dresche

Diese Diskussion führt halt zu nix, wie immer bei Arne.

Zurück zu den cw-werten und Ernährungs-Tipps.

Mirko
04.06.2016, 22:28
So ist es, er hatte jemand anderen im Sinn. ;) Wer hat die Moabiter so vernichtend geschlagen!? Nicht Jesus, vielleicht doch eher König David? ;)

Finde ich jetzt schon interessant. Ich rege an die Propheten mal zu lesen wie Jesaja, Jeremia und Du kommst mit einem Zitat aus dem 4. Buch Moses.


Na gut, ich war zu schnell beim googeln. Zugegebenermaßen bin ich schon einige Jahre raus aus der Thematik. Die Bibelstelle wurde online aber als Prophezeiung für Jesus genannt. Das is ja auch genau was mich stört. Ein Satz aus dem Zusammenhang reißen und den dann auf Jesus anwenden. Da finde ich genauso viele Prophezeiungen über mich :-)
Welche Prophezeiung findest du denn besonders interessant? Hab gerade noch ein bisschen Bibel online gelesen und für mich ist das immer noch alles gleich schwammig.

Schwarzfahrer
04.06.2016, 22:57
Ich finde, dass man Religionen im Zusammenhang mit den Institutionen, also der Kirche, welche die Religion verbreiten und die Inhalte (hier Bibeltexte) bestimmen, sehen muss.

Natürlich kann man es in beiden Zusammenhängen sehen. Ich sehe es primär im Zusammenhang mit den Inhalten, da diese die breitere Palette der Möglichkeiten bergen. Die Institutionen haben sich jeweils eine Interpretation ausgesucht, - die vielleicht nicht immer im Sinne des Erfinders/der Inhalte war, dafür häufig recht starr und dogmatisch.

qbz
04.06.2016, 23:22
Natürlich kann man es in beiden Zusammenhängen sehen. Ich sehe es primär im Zusammenhang mit den Inhalten, da diese die breitere Palette der Möglichkeiten bergen. Die Institutionen haben sich jeweils eine Interpretation ausgesucht, - die vielleicht nicht immer im Sinne des Erfinders/der Inhalte war, dafür häufig recht starr und dogmatisch.

Okay, es handelt sich damit um den privaten, persönlichen Glauben, aus dem Du glaubst, zu wissen, was im Sinne des Erfinders (Jesus?, Jünger?) war und aus Deinem Glauben einen höheren Anteil an emphatischer Moralvorstellung im Christentum verallgemeinerst als bei manchen anderen Religionen und Dich damit aber unterscheidest von der Uta Ranke-Heinemann, die aus ihrer wissenschaftlich-historischen Beschäftigung verallgemeinert: "Militarismus ist seitdem das erste Kennzeichen des Christentums."
http://www.magda.de/negatives-glaubensbekenntnis/
Den persönlichen Glaube respektiere ich, die Verallgemeinerung daraus sehe ich kritisch.

Klugschnacker
05.06.2016, 01:45
Diese Diskussion führt halt zu nix, wie immer bei Arne.

Danke, sehr nett von Dir. Sicher sind meine Beiträge weniger konstruktiv als Deine, aber ich gebe mir Mühe.

Schwarzfahrer
05.06.2016, 07:23
Okay, es handelt sich damit um den privaten, persönlichen Glauben, ....

Stimme grundsätzlich zu, nur mit dem Wort "Glauben" tue ich mich schwer, besonders in diesem Kontext :) . Ich möchte es eher als meine Meinung, bzw. mein Eindruck bezeichnen, da es schon aus Erfahrungen und Beobachtungen mit Inhalten und Gläubigen der verschiedenen Religionen abgeleitet wird. Der Begriff "Glaube" setzt für mich deutlich weniger Denkprozesse oder gar Schlußfolgerungen voraus, es drückt für mich eher die Übernahme einer fertigen Meinung von irgendeiner Quelle, ohne diese zu hinterfragen.
Glauben heißt für mich, etwas für sicher zu halten; meine Meinungen haben immer ein Potential, falsch zu liegen.

Vicky
05.06.2016, 07:50
Ich habe mal vor längerer Zeit irgendwo das Zitat (sinngemäß wiedergegeben) gelesen, dass wer an Gott glaube, die Verantwortung für sein Handeln abgeben möchte. Ganz ähnlich verhält es sich auch mit dem Thema der vorgefertigten Meinung. Ganz so einfach ist es jedoch nicht. Dafür gibt es viel zu viele verschiedene Varianten des Auslebens eines Glaubens (streng gläubig, gläubig und... ja irgendwann wurde ich getauft).

Ich rede hier von der heutigen Zeit. Nur weil jemand jeden Sonntag in die Kirche geht, oder sich am Ramadan beteiligt oder regelmäßig zum Shintō-Schrein geht, die meisten Menschen werden sicher auch den Glauben bzw. einzelne Glaubensbestimmungen gelegentlich hinterfragen, die Regeln möglicherweise für sich selbst modernisieren, so dass sie mit ihrem Glauben vereinbar bleiben (Auslegung der Regeln). Mein Lieblingsbeispiel hier ist und bleibt die Kondomfrage (http://de.catholicnewsagency.com/story/warum-papst-franizskus-recht-hatte-als-er-uber-kondome-und-hiv-sprach-0315). Also nehmen sie auch keine vorgefertigte Meinung einfach so hin. Vielleicht hat die heutige Gesellschaft (zumindest der westlichen Welt) die Kirche einfach überholt.

... Achja... eine Diskussion, auch wenn sie nicht ganz einfach ist, führt meist doch zu etwas. Denkanstoß, Meinungsbildung und... Wissenserweiterung durch Aspekte, die man von allein wohl gar nicht in Betracht gezogen hätte. Am Ende steht möglicherweise ein guter Kompromiss als Ergebnis. Ob das nun sinnvoll ist, ist eine andere Frage. Aber würden wir immer nur tun, was sinnvoll ist, würden wir eh nur essen, schlafen und uns vermehren und irgendwann sterben. Ok... Ihr Jungs dürft auch noch jagen und sammeln. :Blumen:

schoppenhauer
05.06.2016, 08:25
Danke, sehr nett von Dir. Sicher sind meine Beiträge weniger konstruktiv als Deine, aber ich gebe mir Mühe.

Schlechten Abend gehabt?

Das die Diskussion, wer auf dem Tandem vorne zu sitzen hat, zu nichts führt, war offensichtlich. Da liegt es doch nahe, dir die Schuld an dem Ganzen zu geben. (Ich mach mal keine smilies, nur einen Tip: einen der beiden Sätze hab ich nicht ernst gemeint.)

zappa
05.06.2016, 08:41
Ich will kurz an zwei Fragen erinnern, die aus meiner Sicht noch offen sind:

1. Welche Bibelstellen sind wörtlich zu nehmen, und welche nicht?
Gibt es jemanden, der privilegiertes Wissen darüber hat, wie die Bibel gemeint ist? Falls es mehrere gibt und sie nicht einer Meinung sind: wie entscheidet man, wer recht hat?

2. Hat der christliche Glaube zu mehr Mitgefühl geführt?
Gibt es Belege dafür, dass der christliche Glaube die Ursache für eine stärkere Empathie zwischen den Menschen oder Menschengruppen ist?

Guten Abend!
(Nach Diktat verreist) :Blumen:

Zu 1: qbc hat dazu das Erforderliche geschrieben. Und die Frage "wer hat Recht" ist der verständliche Wunsch nach Klarheit in einem Gebiet, für die es diese eindeutige, absolute und wahrscheinlich auch simplifizierende Antwort nicht geben wird.

Zu 2: Auch hier kann ich den Wunsch nach Kausalität nachvollziehen. Und auch hier wird es so viel Interpretationen geben, dass diese Eindeutigkeit in einem komplexen mit vielerlei Korrelationen durchzogenen Gebiet nicht geben wird.

Klugschnacker
05.06.2016, 09:28
1. Welche Bibelstellen sind wörtlich zu nehmen, und welche nicht?
Gibt es jemanden, der privilegiertes Wissen darüber hat, wie die Bibel gemeint ist? Falls es mehrere gibt und sie nicht einer Meinung sind: wie entscheidet man, wer recht hat?


Und die Frage "wer hat Recht" ist der verständliche Wunsch nach Klarheit in einem Gebiet, für die es diese eindeutige, absolute und wahrscheinlich auch simplifizierende Antwort nicht geben wird.

Mit anderen Worten: Wir wissen nicht, wie die Bibel auszulegen ist. Vertreten zwei Menschen eine unterschiedliche Meinung darüber, können wir nicht entscheiden, wer recht hat.

Wenn ich Dich richtig verstehe sagst Du außerdem, das liege daran, dass es eine "eindeutige" Antwort nicht geben kann. Nehmen wir also für einen Moment an, dass es auf die Frage nach der korrekten Auslegung der Bibel zweideutige Antworten gibt. Jetzt sind also zwei oder mehrere Antworten erlaubt. Wollten wir wissen, was die Geschichte der Sintflut bedeuten soll, würden wir nun zwei verschiedene Antworten akzeptieren. Von mir aus auch drei, vier oder fünf. Das führt zu der Frage, ob wir irgendeine der möglichen Antworten ausschließen und als falsch ansehen könnten, zum Beispiel Antwort 485?

Das Problem besteht aus meiner Sicht darin, dass wir über keinerlei Kriterium verfügen, mit dem wir richtige von falschen Auslegungen unterscheiden könnten. Uns fehlen nicht die Antworten, ganz gleich ob sie nun ein-, zwei- oder vieldeutig wären. Uns fehlt ein Kriterium, mit dem wir unterscheiden könnten, welche richtig ist und welche falsch.

tandem hat vorgeschlagen, dass wir das Kriterium der Nächstenliebe anwenden: Die Bibel sei so auszulegen, dass sich ihre Botschaften mit dem Gebot der Nächstenliebe vertragen. Damit fügen wir den Texten jedoch eine Bedeutung zu, die wir eigentlich aus ihnen bekommen wollten. Wir lesen dann jene Bedeutung aus der Bibel heraus, die wir ihr selbst gegeben haben. So kann man aber keine Erkenntnisse gewinnen.

Grüße,
Arne

MattF
05.06.2016, 11:09
tandem hat vorgeschlagen, dass wir das Kriterium der Nächstenliebe anwenden: Die Bibel sei so auszulegen, dass sich ihre Botschaften mit dem Gebot der Nächstenliebe vertragen. Damit fügen wir den Texten jedoch eine Bedeutung zu, die wir eigentlich aus ihnen bekommen wollten. Wir lesen dann jene Bedeutung aus der Bibel heraus, die wir ihr selbst gegeben haben. So kann man aber keine Erkenntnisse gewinnen.

Grüße,
Arne


Tja, deswegen bin ich nicht religiös.

Ich frage mich welchen Sinn du mit der ganzen Sache verbindest?
Glaubst du irgendwie da steckt doch mehr dahinter?

qbz
05.06.2016, 12:16
.......
Das Problem besteht aus meiner Sicht darin, dass wir über keinerlei Kriterium verfügen, mit dem wir richtige von falschen Auslegungen unterscheiden könnten. Uns fehlen nicht die Antworten, ganz gleich ob sie nun ein-, zwei- oder vieldeutig wären. Uns fehlt ein Kriterium, mit dem wir unterscheiden könnten, welche richtig ist und welche falsch.



Widersprichst Du da nicht Dir selbst, nachdem Du vorher mal angeführt hast, dass die Wissenschaften viele Aussagen der Bibeltexte eindeutig widerlegten. (z.B. die Schöpfungsgeschichte mit Darwin, Wunder durch die Physik, Ablösung des geozentrischen durch das heliozentrische Weltbild, Jungfräuliche Zeugung usf. ). Damit gäbe es doch mindestens ein Kriterium: die naturwissenschaftlichen Erkenntnisse. Desweiteren liefern IMHO auch die Geisteswissenschaften mit ihren spezifischen Methoden Erkenntnisse zu den Bibeltexten

Klugschnacker
05.06.2016, 12:48
Widersprichst Du da nicht Dir selbst, nachdem Du vorher mal angeführt hast, dass die Wissenschaften viele Aussagen der Bibeltexte eindeutig widerlegten. (z.B. die Schöpfungsgeschichte mit Darwin, Wunder durch die Physik, Ablösung des geozentrischen durch das heliozentrische Weltbild usf. ). Damit gäbe es doch mindestens ein Kriterium: die naturwissenschaftlichen Erkenntnisse. Desweiteren liefern IMHO auch die Geisteswissenschaften historische Erkenntnisse zu den Bibeltexten mit ihren spezifischen Methoden.

Ich verstehe Dein Argument: Das entscheidende Kriterium soll das der Wahrheit sein. Von zwei Auslegungen einer Bibelstelle soll jene gültig sein, die nachweisbar der Wahrheit (den Tatsachen) entspricht.

Das Kriterium der Wahrheit scheidet jedoch aus naheliegenden Gründen aus. Denn viele Aussagen der Bibel sind unwahr. Die Arche Noah hat es nie gegeben, ebenso die beiden ersten Menschen Adam und Eva, das wissen wir seit Darwin mit Sicherheit. Es gibt keine sprechenden Schlangen und keine Auferstehung von den Toten.

Auch Goethes Faust hat es nie gegeben, trotzdem hat diese Geschichte eine Aussage. Ähnlich könnte man bei den Geschichten der Bibel argumentieren. Auch unwahre Geschichten können eine Aussage haben.

Doch niemand kann mit Bestimmtheit sagen, welche das sein soll. Das muss jeder für sich selbst festlegen. Eine Autorität, zum Beispiel ewig gültige gesellschaftliche Normen, kommt diesen Interpretationen jedoch meiner Meinung nach nicht zu.

Klugschnacker
05.06.2016, 13:05
Wenn der allmächtige Schöpfer des Universums uns unsere Sünden vergeben will, dann macht er es einfach.

Woher nimmst Du diese Erkenntnis. Das riecht nach einer göttlichen Eingebung. ;) :Blumen:

Ich meinte damit: Er kann es machen, wenn er will. Wenn Gott uns unsere Sünden vergeben will, dann kann er es tun, ohne dafür einen Unschuldigen ans Kreuz zu nageln. Das folgt direkt aus seiner Allmacht.

Falls die Kreuzigung Jesu in irgendeiner Weise notwendig war, sei es, um den Akt der göttlichen Vergebung zu bewirken, oder um die Menschen zu einer Erkenntnis zu bringen, kann Gott nicht allmächtig sein. Gott kann jedes beliebiges Ziel erreichen, ohne dafür einen Menschen zu opfern. Falls nicht, dann verstehe ich den Begriff der Allmacht nicht.

Aus der Allmacht Gottes folgt, dass der Kreuzestod Jesu nicht nötig war. Alles andere wäre doch grotesk, etwa: Gott kann alles, nur für die Vergebung menschlicher Sünden benötigt er X und Y.

qbz
05.06.2016, 13:32
Ich verstehe Dein Argument: Das entscheidende Kriterium soll das der Wahrheit sein. Von zwei Auslegungen einer Bibelstelle soll jene gültig sein, die nachweisbar der Wahrheit (den Tatsachen) entspricht.

Das Kriterium der Wahrheit scheidet jedoch aus naheliegenden Gründen aus. Denn viele Aussagen der Bibel sind unwahr. Die Arche Noah hat es nie gegeben, ebenso die beiden ersten Menschen Adam und Eva, das wissen wir seit Darwin mit Sicherheit. Es gibt keine sprechenden Schlangen und keine Auferstehung von den Toten.

Auch Goethes Faust hat es nie gegeben, trotzdem hat diese Geschichte eine Aussage. Ähnlich könnte man bei den Geschichten der Bibel argumentieren. Auch unwahre Geschichten können eine Aussage haben.

Doch niemand kann mit Bestimmtheit sagen, welche das sein soll. Das muss jeder für sich selbst festlegen. Eine Autorität, zum Beispiel ewig gültige gesellschaftliche Normen, kommt diesen Interpretationen jedoch meiner Meinung nach nicht zu.

Göthe verfasste den Faust für seine Generation, seine Zeit. Und auf diesem zeitgeschichtlichen Hintergrund muss man das Werk interpretieren und darüber können Germanisten durchaus sehr verlässliche Angaben machen, genauso wie zu den Grimmschen Märchen oder in der Neuzeit zu Dostojewsky, Kafka usf.

Wie ein Regisseur heute und übermorgen den Faust subjektiv für das 21. Jahrhundert adaptiert oder ein naiver oder gebildeter heutiger Leser diesen persönlich interpretiert, ist etwas völllig anderes als die historische Auslegung, welche Germanisten und Historiker leisten und wozu in der Mehrzahl der Fälle verlässliche Aussagen möglich sind. Ähnliches gilt IMHO für die Bibeltexte.

FinP
05.06.2016, 13:40
... viele Aussagen der Bibeltexte eindeutig widerlegten. (z.B. die Schöpfungsgeschichte mit Darwin, Wunder durch die Physik, Ablösung des geozentrischen durch das heliozentrische Weltbild, Jungfräuliche Zeugung usf. ). ...

Bevor man sich überlegt, ob die Bibel wörtlich auszulegen sei, bedarf es doch der Frage: Welche Bibel eigentlich, in welcher Sprache?

Dass eine Kinderbibel aus der Schulbibliothek nicht die geeignete Fundstelle für Wortklaubereien ist, da sind wir uns wahrscheinlich einig. Wir diskutieren hier aber über Übersetzungen, die alle auch jeweils Interpretationen sind.

Das heißt, man kommt eigentlich nicht um die Originalquellen herum - viel Spaß beim überlegen, was "Alma" heißt…
Da fängt die ganze Chose an spannend zu werden.

Ich glaube, man kommt um eine persönliche Antwort nicht herum - diese bezieht sich aber nicht darauf, ob es einen Gott gibt, sondern darauf, ob man - egal wie die vorherige Antwort ausfällt, beim Spiel mitmachen möchte.

Meine persönliche Schlussfolgerung:

1. Wenn die Bibel Gottes Wort ist, dann ist sie wörtlich zu nehmen.
Wenn man dann - je nach Übersetzung des AT - glaubt, dass Jesus der Messias ist, dann gilt natürlich das letztgesagte - als Gottes Sohn hat er als einziger die Autorität, die alttestamentarischen Regeln "upzudaten". Also Neues Testament sticht altes Testament bei den Regeln, das AT inthronisiert nur den Junior in die Geschäftsleitung.
-> Kein Problem im Christentum mehr mit archaisches Regeln - sie gelten nicht mehr.
-> Kein Problem im Judentum, eine Sekte hat einfach ans geltende Buch noch nen Anhang gemacht, der nicht gilt.

2. Wenn die Bibel nicht göttlich ist, dann ist sie wie eine Loseblattsammlung von mal mehr und mal weniger netten Dingen, von denen man sich selber was raussuchen darf.
So wie nette Kalendersprüche oder die Kolumne von Hr. Erlinger. Jeder darf mal ran und sich passende oder unpassende Stellen raussuchen.

3. Unabhängig von 1. und 2. bleibt die Frage nach der Allmächtigkeit und Güte.
Wenn Gott allmächtig ist, dann braucht er Jesus nicht für uns sterben lassen.
Wenn Gott gütig ist, dann braucht er nicht unsere Jesus-Gefolgschaft, um uns zu "erlösen" - es müsste reichen, dass wir ein gottgefälliges Leben führen (auch aus dem Motiv, nur "gut" sein zu wollen.).

Fazit:
Wenn ich ein gutes Leben führe (nach Regeln, die ich selber nach gut und schlecht sortieren können muss!), dann ist ein guter Gott damit zufrieden. Ich brauche also nicht zwingend an ihn glauben, um gut zu sein.
Wenn er mich dann nicht in den Himmel lässt, weil ich - obwohl ich nach bestem Bemühen so gut wie mir möglich war - nur weil ich ihn nicht gehuldigt habe, dann ist er nach meinen (!) obigen Regeln nicht gut.

Das bedeutet, ich müsste bei guter Lebensführung (nach meinen Regeln) nur dann mit Nachteilen rechnen, wenn Gott nicht gut ist. Es käme also nicht mehr auf das "gut gemeint" sondern nur noch auf das "gut gemacht" an.

Dann entscheide ich mich für das "gut gemeint".

Pascal
05.06.2016, 14:25
Ich meinte damit: Er kann es machen, wenn er will. Wenn Gott uns unsere Sünden vergeben will, dann kann er es tun, ohne dafür einen Unschuldigen ans Kreuz zu nageln. Das folgt direkt aus seiner Allmacht.

Falls die Kreuzigung Jesu in irgendeiner Weise notwendig war, sei es, um den Akt der göttlichen Vergebung zu bewirken, oder um die Menschen zu einer Erkenntnis zu bringen, kann Gott nicht allmächtig sein. Gott kann jedes beliebiges Ziel erreichen, ohne dafür einen Menschen zu opfern. Falls nicht, dann verstehe ich den Begriff der Allmacht nicht.

Aus der Allmacht Gottes folgt, dass der Kreuzestod Jesu nicht nötig war. Alles andere wäre doch grotesk, etwa: Gott kann alles, nur für die Vergebung menschlicher Sünden benötigt er X und Y.

viel treffender als hiermit dürften Deine Gedanken nicht zu beantworten sein:

"Wir sehen jetzt durch einen Spiegel in einem dunkeln Wort; dann aber von Angesicht zu Angesicht. Jetzt erkenne ich's stückweise; dann aber werde ich erkennen, gleichwie ich erkannt bin.!

1. Korinther 13,12

:Blumen:

Klugschnacker
05.06.2016, 14:27
Wenn ich ein gutes Leben führe (nach Regeln, die ich selber nach gut und schlecht sortieren können muss!), dann ist ein guter Gott damit zufrieden. Ich brauche also nicht zwingend an ihn glauben, um gut zu sein.

Du setzt dabei bereits voraus, dass der Schöpfer des Universums sich für Deinen Lebenswandel interessiert und ihn einer Bewertung unterzieht. Ich habe noch nicht verstanden, wie Du zu dieser Überzeugung oder Möglichkeit kommst. Könntest Du dazu bitte noch etwas sagen?
:Blumen:

flaix
05.06.2016, 14:31
1. Wenn die Bibel Gottes Wort ist, dann ist sie wörtlich zu nehmen.


Berichtige mich bitte falls ich das zu streng auslege: Aber das "Wort Gottes" sind lediglich die 10 Gebote. Diese sind als direkte Anweisung formuliert und somit sicherlich wörtlich zu befolgen.

Alles Andere sind lediglich Erzählungen rund um das Wirken verschiedener Personen und natürlich "des Herrn" und wenn dort eine konkrete Verbalisierung Gottes an einen Empfänger beschrieben ist (zB Noah, Lot usw.) dann immer als Bericht das er dies und jenes genau zu diesem und jenem gesagt haben soll. Aber nicht als Anweisung an die Allgemeinheit.

Ich bin nicht textsicher genug um mich da voll und ganz dahinter zu stellen, aber so ist mein Eindruck.

Somit ganz einfach: 10 Gebote wörtlich, ansonsten Empfehlungen aus dritter Hand unterschiedlicher Dringlichkeit.

Und noch ein Argument an Arne das er aus mir unerfindlichen Gründen einfach nicht sehen will: Die im Christentum erstmals in einer Religion als Grundsatz festgelegte Regel das alle Menschen vor Gott gleich sind, führte in einem sehr langsamen Prozess dazu das sich heute viele Atheisten im von christlicher Kultur geprägtem Lebensraum und die Mehrzahl der einigermassen modernen Christen (ausser Fundamentalisten) sehr viel menschlicher verhalten. zB. lehnen wir die Sklaverei ab. Das ist eine direkte Folge dieser Lehre.

Klugschnacker
05.06.2016, 14:45
Berichtige mich bitte falls ich das zu streng auslege: Aber das "Wort Gottes" sind lediglich die 10 Gebote. Diese sind als direkte Anweisung formuliert und somit sicherlich wörtlich zu befolgen.

Die katholische Kirche sieht das anders (Quelle (http://www.vatican.va/archive/DEU0035/__PV.HTM)):

Inspiration und Wahrheit der Heiligen Schrift

Gott ist der Urheber [Autor] der Heiligen Schrift. ,,Das von Gott Geoffenbarte, das in der Heiligen Schrift schriftlich enthalten ist und vorliegt, ist unter dem Anhauch des Heiligen Geistes aufgezeichnet worden."

,,Denn die heilige Mutter Kirche hält aufgrund apostolischen Glaubens die Bücher sowohl des Alten wie des Neuen Testamentes in ihrer Ganzheit mit allen ihren Teilen für heilig und kanonisch, weil sie, auf Eingebung des Heiligen Geistes geschrieben, Gott zum Urheber [Autor] haben und als solche der Kirche übergeben sind" (DV 11).

Gott hat die menschlichen Verfasser [Autoren] der Heiligen Schrift inspiriert. ,,Zur Abfassung der Heiligen Bücher aber hat Gott Menschen erwählt, die ihm durch den Gebrauch ihrer eigenen Fähigkeiten und Kräfte dazu dienen sollten, all das und nur das, was er - in ihnen und durch sie wirksam - selbst wollte, als wahre Verfasser [Autoren] schriftlich zu überliefern"

FinP
05.06.2016, 14:53
Du setzt dabei bereits voraus, dass der Schöpfer des Universums sich für Deinen Lebenswandel interessiert und ihn einer Bewertung unterzieht. Ich habe noch nicht verstanden, wie Du zu dieser Überzeugung oder Möglichkeit kommst. Könntest Du dazu bitte noch etwas sagen?
:Blumen:

Wenn ich keiner Fremdbewertung unterzogen werde, dann kann ich eh tun und lassen, was ich für richtig halte. Nur wenn ich einer Bewertung unterzogen werde, muss ich mir überhaupt Gedanken machen, ob ich dem Bewerter gefalle.

Ich wollte durch meinen etwas ausufernden Post ausdrücken, dass es für mich keine praktische Relevanz hat, ob er/sie/es existiert oder nicht. Da ich mein Leben deswegen nicht ändern würde.

Kurz gesagt:
Ich will gut sein.
Wenn es Gott gibt und mein Bemühen wird anerkannt, dann ist alles gut.
Wenn es Gott nicht gibt und mein Bemühen wird nicht anerkannt, dann ist auch alles gut.
Wenn es Gott gibt und mein Bemühen wird nicht anerkannt, dann akzeptiere ich das, passe mich aber einer meiner Meinung nach falschen Haltung nicht an.

Berichtige mich bitte falls ich das zu streng auslege: Aber das "Wort Gottes" sind lediglich die 10 Gebote. Diese sind als direkte Anweisung formuliert und somit sicherlich wörtlich zu befolgen.

Auch die 10 Gebote (oder waren es vielleicht 15 (https://www.youtube.com/watch?v=I48hr8HhDv0)?) hat Moses ja verbreitet, nach dem er die "Originale" zerstört hat. Somit kann man sich da wieder streiten, welcher Teil nun "göttlich" ist.
Es gibt Menschen, die sagen: Alles vom Menschen gemacht.
Es gibt Menschen, die sagen: Alles von Gott und Menschen haben nur den Stift gehalten.

Das ist der Punkt, den ich mit: "Welche Bibel eigentlich?" meinte.

Einig sind wir uns ja in einem:
Was von Gott ist, das sollte hinterher nicht mehr weichgespült werden im Sinne: "Hat er so doch gar nicht gemeint."

flaix
05.06.2016, 15:16
Die katholische Kirche sieht das anders

ist aber in dieser Diskussion irrelevant. Schliesslich sind die Katholiken nur eine spezifische Sekte innerhalb des Christentums. Oder? Gestehst Du Denen Haupt- oder Alleinvertretungsanspruch zu?

flaix
05.06.2016, 15:18
Auch die 10 Gebote (oder waren es vielleicht 15 (https://www.youtube.com/watch?v=I48hr8HhDv0)?) hat Moses ja verbreitet, nach dem er die "Originale" zerstört hat. Somit kann man sich da wieder streiten, welcher Teil nun "göttlich" ist.
Es gibt Menschen, die sagen: Alles vom Menschen gemacht.
Es gibt Menschen, die sagen: Alles von Gott und Menschen haben nur den Stift gehalten.

Das ist der Punkt, den ich mit: "Welche Bibel eigentlich?" meinte.

Einig sind wir uns ja in einem:
Was von Gott ist, das sollte hinterher nicht mehr weichgespült werden im Sinne: "Hat er so doch gar nicht gemeint."

ja, so gesehen ist es alles beliebig schwierig. Ich meine halt nur ohne 10 Gebote kein Christentum. Alles andere ist sekundär

Klugschnacker
05.06.2016, 15:19
ist aber in dieser Diskussion irrelevant. Schliesslich sind die Katholiken nur eine spezifische Sekte innerhalb des Christentums. Oder? Gestehst Du Denen Haupt- oder Alleinvertretungsanspruch zu?

Ich halte den Standpunkt der katholischen Kirche in einer Diskussion über das Christentum für relevant. Falls er irrelevant ist, sind es alle anderen auch.
;)

flaix
05.06.2016, 15:27
Ich halte den Standpunkt der katholischen Kirche in einer Diskussion über das Christentum für relevant. Falls er irrelevant ist, sind es alle anderen auch.
;)

einer von mehreren halt. für mich genauso wichtig wie dein oder mein Standpunkt.

Klugschnacker
05.06.2016, 15:40
Und noch ein Argument an Arne das er aus mir unerfindlichen Gründen einfach nicht sehen will: Die im Christentum erstmals in einer Religion als Grundsatz festgelegte Regel das alle Menschen vor Gott gleich sind, führte in einem sehr langsamen Prozess dazu das sich heute viele Atheisten im von christlicher Kultur geprägtem Lebensraum und die Mehrzahl der einigermassen modernen Christen (ausser Fundamentalisten) sehr viel menschlicher verhalten. zB. lehnen wir die Sklaverei ab. Das ist eine direkte Folge dieser Lehre.

Ich sehe dieses Argument durchaus. Vor ein paar Seiten habe ich mich mit qbz darüber ausgetauscht und ausführlich geantwortet. Vielleicht hast Du es übersehen. Auch den Punkt "Sklaverei" hatten wir dabei behandelt.

Du sagst, christliche Kulturen würden sich "sehr viel menschlicher verhalten" als andere. Ein Beleg sei die Ablehnung der Sklaverei. Diese ist jedoch auch in säkularen Gesellschaften verboten. Bitte nenne einen seriösen Beleg dafür, dass sich christlich geprägte Kulturen tatsächlich "sehr viel menschlicher verhalten" als andere.

Der Begriff der Menschenwürde, auf den Dein erstes Argument abzielt, ist möglicherweise eine Weiterentwicklung der Gottesebenbildlichkeit der Menschen, die im Christentum eine Rolle spielt. Aus meiner Froschperspektive sehe ich durchaus Ansätze in Christentum, die in Richtung einer universalen Menschenwürde zielen. Genauso gilt jedoch das Gegenteil. In alle Ewigkeit andauernde Höllenqualen, die Jesus im Neuen Testament einführt, darf man wohl als das Gegenteil einer Menschenwürde auffassen.

Was ist der Kern der Menschenwürde? Dass sie nicht entzogen werden kann. Die Menschenwürde ist unantastbar. Im Zusammenhang mit dem Christentum verwenden wir zwar das gleiche Wort, jedoch ist hier etwas anderes gemeint: Hier handelt es sich um eine Form der Menschenwürde, die jederzeit entzogen werden kann. Zum Beispiel als Strafe für Sünden. Es gibt eindrucksvolle Schilderungen über das aufgespießt und geröstet werden in der Hölle, für das fortwährende Nachwachsen verbrannter Haut, um sie erneut zu verbrennen. Von der unveräußerlichen Würde des Menschen keine Spur.

Grüße,
Arne

Pascal
05.06.2016, 15:41
Ich halte den Standpunkt der katholischen Kirche in einer Diskussion über das Christentum für relevant. Falls er irrelevant ist, sind es alle anderen auch.
;)

relevant ja. Aber eben nicht einzig relevant mit Alleinvertretungsanspruch für das Christentum. Du verengst Deine Sichtweise oft auf genau jene Sichtweise der katholischen Kirche.

Beispiel: ob das Jungfernhäutchen jetzt bei Jesu Geburt intakt war oder geblieben ist, das ist für mich als evangelisch-lutherischen Christen so ziemlich das unwichtigtigste worüber ich mir beim Glauben Gedanken mache.

Oder anders formuliert: wer an jener Frage entlang einen existenziellen und glaubensrelevanten Diskurs führt hat die Kernbotschaft nicht verstanden. Wie damals in der Schule beim Aufsatz: Themaverfehlung! :)

FinP
05.06.2016, 15:53
ja, so gesehen ist es alles beliebig schwierig. Ich meine halt nur ohne 10 Gebote kein Christentum. Alles andere ist sekundär

Würde ich nicht mal sagen, denn Jesus sagte sinngemäß: Nur durch mich kommste in den Club. Also eigentlich recht einfach.
Wer Jesus folgt, kommt zum Herrn. Wer das nicht tut, der eben nicht. Da hilft die Befolgung der 10 Gebote auch nicht.


relevant ja. Aber eben nicht einzig relevant mit Alleinvertretungsanspruch für das Christentum. Du verengst Deine Sichtweise oft auf genau jene Sichtweise der katholischen Kirche.

Beispiel: ob das Jungfernhäutchen jetzt bei Jesu Geburt intakt war oder geblieben ist, das ist für mich als evangelisch-lutherischen Christen so ziemlich das unwichtigtigste worüber ich mir beim Glauben Gedanken mache.

Oder anders formuliert: wer an jener Frage entlang einen existenziellen und glaubensrelevanten Diskurs führt hat die Kernbotschaft nicht verstanden. Wie damals in der Schule beim Aufsatz: Themaverfehlung! :)

Verstehe ich nicht. Wenn man alles auf Deine (!) Kernbotschaft reduziert, dann sind für die Bibel viele Bäume umsonst gestorben. Wäre doch auch irgendwie schade, wenn alles irrelevant wäre.

Und vor allem sind wir dann wieder beim Beginn der Diskussion: Wer entscheidet, was gilt und was nicht gilt.

Die katholische Kirche wurde übrigens nur als Beleg angeführt, dass es Menschen (in relevanter Anzahl) gibt, die die Bibel als vollständig gottgemacht sehen.

qbz
05.06.2016, 17:18
Was ist der Kern der Menschenwürde? Dass sie nicht entzogen werden kann. Die Menschenwürde ist unantastbar. Im Zusammenhang mit dem Christentum verwenden wir zwar das gleiche Wort, jedoch ist hier etwas anderes gemeint: Hier handelt es sich um eine Form der Menschenwürde, die jederzeit entzogen werden kann. Zum Beispiel als Strafe für Sünden. Es gibt eindrucksvolle Schilderungen über das aufgespießt und geröstet werden in der Hölle, für das fortwährende Nachwachsen verbrannter Haut, um sie erneut zu verbrennen. Von der unveräußerlichen Würde des Menschen keine Spur.



Offtopic:
Nur in den Abbildungen der Menschen im Fegefeuer, in der Hölle, beim jüngsten Gericht durften die kirchlichen Kunstmaler den Menschen individuelle, menschliche, ausdrucksstarke Züge verleihen vor der Renaissancezeit sowie als Akt malen. Hingegen erfolgten die Darstellungen der Heiligen und Fürsten damals immer ikonisiert. Gerade das Malen der Fegefeuer- und der Höllenqualen brachte die Mal-Kunst vorwärts, die Heiligen- und Fürstenmalerei bedeutete Stillstand :-) .

tandem65
05.06.2016, 18:36
Hi Arne,

Falls die Kreuzigung Jesu in irgendeiner Weise notwendig war, sei es, um den Akt der göttlichen Vergebung zu bewirken, oder um die Menschen zu einer Erkenntnis zu bringen, kann Gott nicht allmächtig sein. Gott kann jedes beliebiges Ziel erreichen, ohne dafür einen Menschen zu opfern. Falls nicht, dann verstehe ich den Begriff der Allmacht nicht.

habe ich Dir doch bereits gestern Abend Recht gegeben. Klar kann er das. Seine Allmacht schliesst doch nicht aus, daß er Wege wählt die Du & ich so nicht wählen würden. Allmacht ist doch daß er es so machen kann wie er es für richtig hält.
Wenn er es so machen müsste wie Du es machen würdest wäre er doch wohl eher nicht Allmächtig!? Dann wäre er doch von Deinen Entscheidungen abhängig.:Huhu:

flaix
05.06.2016, 19:03
Ich sehe dieses Argument durchaus....

deine Fähigkeiten einen eigentlich relativ ausgelutschten Diskurs offenzuhalten sind phänomenal :-) :Blumen:

ich beziehe mich jetzt mal nicht auf einzelne Punkte sondern versuche meine Sicht mal einzudampfen auf wenige Sätze:

Um Gott zu finden muss der Mensch erstmal Atheist werden und danach suchen das Universum wissenschaftlich zu verstehen. Am Ende dieses Prozesses steht dann möglicherweise die Anerkenntnis der Existenz eines "göttlichen Funken", also der Komponenten im Ungleichgewicht der Energie welche die Expansion des Universums, das Entstehen des Etwa aus dem Nichts- getigert hat.

Damit der Mensch Atheist werden kann muss er zunächst vom naturreligiösen Urvolk, welches jedes nicht offensichtliche Phänomen einer spezifischen Gottheit zuschreibt zu einem monotheistischem Weltbild finden. Denn dieser Monotheismus ist die erste Form der Abstraktion und die Abkehr von simplen Aberglauben zu etwas was ein gewissen Augenzwinkern inhärent hat.

Also von vielen kleinen Göttern, zu einem grossen Gott, zu keinem Gott, zur Erkenntnis dessen was das Universum zusammenhält/auseinandertreibt/ausmacht.

Spezifisch für unseren Kulturraum nun darf man das in den letzten 2.000 Jahren festmachen an den Germanen welche noch Blutrache, Moorleichen und allerlei andere recht rustikale Sitten pflegten. Diese wurden brutalste christianisiert, legten aber dadurch ein paar andere unangenehme Verhaltensweisen ab. Sind dann innerhalb des Christentums eine Zeitlang die grössten Naturwissenschaftler gewesen und damit Treiber einer entspannten Haltung zur Religion - dann gab es ein Intermezzo unfassbarer Rohheit die sich bewusst vom Christentum abwendete und ein Teil von uns wurde zwangsatheisiert.

Und am Schluss steht eine Nation die trotz aller Schwächen im Weltmaßststab als äusserst kultiviert und human gilt (bitte nicht die Tennissockenträger und Herrn Gauland als Gegenbeispiele verwenden).

Und das ist letztlich sehr stark durch das Christentum und die Reformation positiv katalysiert worden. Inklusive der Abschaffung der Hölle durch die Evangelikalen.

Wenn Du jetzt die Religionskritik immer an den Katholiken festmachst, dann ist das zwar gerecht ggü. den Katholiken aber recht kleingeistig ggü. anderen Christen. Also, wenn Du die Katholiken aussen vor lassen würdest, dann würde deine Argumentation gar noch an Relevanz gewinnen. Sonst ist sie m.E. hauptsächlich Katholizismus- und Kirchenkritik.

so ungefähr. Aber ich bin nur ein simpler Charakter

Klugschnacker
05.06.2016, 20:47
Wenn Du jetzt die Religionskritik immer an den Katholiken festmachst, dann ist das zwar gerecht ggü. den Katholiken aber recht kleingeistig ggü. anderen Christen. Also, wenn Du die Katholiken aussen vor lassen würdest, dann würde deine Argumentation gar noch an Relevanz gewinnen.

Gibt es ein Beispiel für eine Kritik meinerseits, die aus Deiner Sicht gegenüber den Katholiken gerechtfertigt ist, gegenüber Christen anderer Bekenntnisse jedoch kleingeistig? Nur damit wir nicht aneinander vorbei reden.
:Blumen:

(Ich will übrigens nicht in erster Linie kritisieren, sondern verstehen. Ich kann das aber nur gegen einen gewissen Widerstand an Argumenten. Mit anderen Worten, fordere ich dazu auf, meine Argumente oder Gedanken zu widerlegen. Falls sich jemand die Zeit nehmen möchte.)
:Blumen:

MattF
06.06.2016, 08:13
Doch niemand kann mit Bestimmtheit sagen, welche das sein soll. Das muss jeder für sich selbst festlegen. Eine Autorität, zum Beispiel ewig gültige gesellschaftliche Normen, kommt diesen Interpretationen jedoch meiner Meinung nach nicht zu.


Genau so ist das: Diskussion beendet :Huhu: :Huhu:

Klugschnacker
06.06.2016, 11:43
Zwei Fragen drängen sich noch auf:

1. Ist der christliche Glaube glaubwürdiger als der anderer Religionen?
Ich interessiere mich dabei vor allem für religiöse Argumente, weniger für wissenschaftliche. Gibt es beispielsweise Argumente dafür, warum Moses und Jesus mit ihren Aussagen näher an der Wahrheit seien als Mohammed? Mit welchem Kriterium ließe sich das entscheiden?

Danke für Eure Geduld. :Blumen:

flaix
06.06.2016, 11:53
[B]....Ist ... Glaube.... glaubwürdig...?[B]

tja.:Huhu:
was will uns der Fragende fragen?

Klugschnacker
06.06.2016, 12:19
tja.:Huhu:
was will uns der Fragende fragen?

Ja, ich vermute, Glauben kann des Glaubens würdig ("glaubwürdig") sein, oder auch nicht. Entsprechend gibt es im Sprachgebrauch eine (mir nicht ganz verständliche) Abgrenzung zwischen einem Glauben und einem Aberglauben.

In der Wissenschaft gibt es in analoger Weise Überzeugungen (Hypothesen), die je nach Faktenlage an Überzeugungskraft gewinnen oder verlieren können. Also gibt es mehr oder weniger überzeugende Überzeugungen, oder mehr oder weniger hypothetische Hypothesen.

Schwarzfahrer
06.06.2016, 12:37
Zwei Fragen drängen sich noch auf:

1. Ist der christliche Glaube glaubwürdiger als der anderer Religionen?
Ich interessiere mich dabei vor allem für religiöse Argumente, weniger für wissenschaftliche. Gibt es beispielsweise Argumente dafür, warum Moses und Jesus mit ihren Aussagen näher an der Wahrheit seien als Mohammed? Mit welchem Kriterium ließe sich das entscheiden?

Danke für Eure Geduld. :Blumen:

Der Glaube, den ein tief religiöser Mensch ausstrahlt, ist (für mich) immer überzeugend und glaubwürdig. Was aber nicht immer den gleichen Respekt in mir hervorruft; meine tief gläubige Großtante, die das Christenum in seiner positivsten Weise von Menschenliebe und Mitgefühl interpretierte ist mir deutlich näher, als ein Zeuge Jehovas, der mit der gleichen inbrunst eine eingeengte, dogmatische Version des Christentums vertritt. Und so mancher IS-kämpfer ist höchst glaubwürdig in seinem fanatischen Glauben, andersgläubige ausrotten zu müssen.

Alle oben genannten sind glaubwürdig in ihrem Glauben, aber das hat nichts mit dem Wahrheitsgehalt ihrer Aussagen bzgl. Religion zu tun. Glaube ist nun mal ein Gegenpol zu Wissen und Wahrheit. Wenn ich (an) etwas glaube, dann interessiert mich die Wahrheit gar nicht, da ich sie zu wissen glaube. Wenn ich andererseits die grundfeste des Glaubens der oben Genannten rational untersuche, kann ich je nach eigenem Wertekanon und Wissen zu verschiedenen Ergebnissen kommen - und ggf. alle widerlegen.


Zum Vergleich von Religionen: ich sehe zwischen den großen monotheistischen Religionen keinen großen Unterschied, alle stellen einen Anspruch auf allumfassende Wahrheit und unbedingtem Glauben - und machen dies formal oft an lächerlichen Details fest. Einen Unterschied gibt es für mich eher zu den Polytheistischen Religionen, wie es die alten Griechen und Römer, oder Hindus haben - durch die Aufspaltung in hunderte Gottheiten und Zuständigkeiten wirkt das ganze Glaubensgebäude irgendwie lockerer, weniger bedingungslos, weniger dogmatisch. Dadurch, daß diese Weltbilder vielfältiger sind, sind sie für mich auch näher an der "Wahrheit" (soweit es eine gibt) - das Leben, die Welt läßt sich nie auf eine Formel, ein Gott, eine Wahrheit reduzieren.

Klugschnacker
06.06.2016, 14:53
... das Leben, die Welt läßt sich nie auf eine Formel, ein Gott, eine Wahrheit reduzieren.

Aus meiner laienhaften Sicht stellt sich die Frage: Warum nicht?

Dabei will ich weder für den Mono-, noch für den Polytheismus Partei ergreifen. Ich interessiere mich für das Kriterium, nach dem Du das entscheidest.
:Blumen:

trithos
06.06.2016, 15:42
das Leben, die Welt läßt sich nie auf eine Formel, ein Gott, eine Wahrheit reduzieren.

Ja, das finde ich auch. Und ich will Euch nicht mit Kalendersprüchen nerven, aber es gibt einen, der mir im Umgang mit religiösen Menschen weiterhilft. Nämlich insofern, als ich Gurus mit allumfassendem Wahrheitsanspruch nicht leiden kann und ihnen daher immer sehr skeptisch gegenüberstehe. Hingegen finde ich es toll, wenn sich Menschen bemühen herauszufinden, was richtig ist und was nicht. Und da hab ich auch einige solcher "Wahrheitssucher" getroffen, die sich innerhalb eines autoritären Systems (wie z.B. einer bestimmten Kirche) sehr reflektiert und menschlich bewegen, während andere nur stur nachbeten, was ihnen ein Religionschef vorbetet.

So, genug der Einleitung - was ich hier einbringen will, ist ein Zitat des französischen Schriftstellers Andre Gide, das ohnehin recht populär ist und daher auch in verschiedenen Versionen kursiert. Ich habe es so kennen gelernt:

Vertraue denen, die die Wahrheit suchen. Aber hüte Dich vor denen, die sie gefunden haben!

Vicky
06.06.2016, 16:34
Aus meiner laienhaften Sicht stellt sich die Frage: Warum nicht?

Dabei will ich weder für den Mono-, noch für den Polytheismus Partei ergreifen. Ich interessiere mich für das Kriterium, nach dem Du das entscheidest.
:Blumen:

Um das Leben... auf einen Gott, eine Wahrheit ... Zu reduzieren, bedarf es der Einigkeit, dem Verständnis aller. Gleiche Werte und Normen. Das wird es niemals geben. Das Leben, Gott, Mathe ist nicht immer logisch (oder wozu gibt es Primzahlen?). Vielleicht schafft man eine Annäherung. Vielleicht habe ich die Frage falsch verstanden...

Warum z.B. Entwickeln wir uns weiter? Biologisch gesehen haben wir den Sinn des Lebens längst erreicht. Brauchen wir für unsere Entwicklung den Glauben an eine höhere Macht?

Leider wieder nur ein paar Gedanken dazu zwischen Tür und Angel. Ich lese hier aber gern mit. LG

TheRunningNerd
06.06.2016, 16:47
Um das Leben... auf einen Gott, eine Wahrheit ... Zu reduzieren, bedarf es der Einigkeit, dem Verständnis aller.

Zum Gottesbegriff allgemein fand ich den Vergleich mit dem quasiolytischen Phraseometer (https://books.google.de/books?id=7roUAwAAQBAJ&pg=PT38&lpg=PT38&dq=quasiolytischen+Phraseometers&source=bl&ots=-8OXzRfQFP&sig=yDjYJ3VxgLTl0U9fZhBvaKhhSyE&hl=de&sa=X&ved=0ahUKEwjQxoCP0pPNAhXJ1xQKHRASB2kQ6AEIJTAB#v=on epage&q=quasiolytischen%20Phraseometers&f=false) sehr interessant. Wer von Euch hat einen, und wofür benutzt ihr den? :Lachen2:

tandem65
06.06.2016, 17:07
Hi Arne,

Gibt es beispielsweise Argumente dafür, warum Moses und Jesus mit ihren Aussagen näher an der Wahrheit seien als Mohammed?

Einmal ist Moses eher einer der Grundpfeiler des jüdischen Glaubens. Für Christen ist Jesus der Anker.
Was ist Wahrheit für Dich in dem Kontext?

Klugschnacker
06.06.2016, 17:18
Was ist Wahrheit für Dich in dem Kontext?

Mir sind die Schwierigkeiten dieses Begriffes bewusst. Vielleicht kann man eine genauere Definition zunächst weglassen, da lediglich zwei Religionen miteinander verglichen werden sollen. Es genügt also ein sehr weit gefasster Wahrheitsbegriff, sofern wir ihn auf beide Religionen gleichermaßen anwenden.

Ich suche ein Kriterium, das es gestattet, Glaube A für wahr zu halten und Glaube B für unwahr, oder zumindest für weniger wahr.

qbz
06.06.2016, 19:31
Zwei Fragen drängen sich noch auf:

1. Ist der christliche Glaube glaubwürdiger als der anderer Religionen?
Ich interessiere mich dabei vor allem für religiöse Argumente, weniger für wissenschaftliche. Gibt es beispielsweise Argumente dafür, warum Moses und Jesus mit ihren Aussagen näher an der Wahrheit seien als Mohammed? Mit welchem Kriterium ließe sich das entscheiden?

Danke für Eure Geduld. :Blumen:

Interessant finde ich zu diesem Thema diesen Text von Ratzinger (ehemaliger Papst):

Joseph Cardinal Ratzinger: "Die Christenheit, die Entmythologisierung und der Sieg der Wahrheit über die Religionen."
(http://ivv7srv15.uni-muenster.de/mnkg/pfnuer/Ratzinger-Wahrheit.html)
Er nimmt eine Positionsbestimmung des Christentums in der Neuzeit vor. Am Anfang bringt er ein Bild, wonach die verschiedenen monotheistischen Religionen unterschiedliche Teile einen götttlichen Ganzen reflektieren:

"Der Streit der Religionen erscheint den Menschen von heute wie dieser Streit der Blindgeborenen. Denn blind geboren sind wir den Geheimnissen des Göttlichen gegenüber, so scheint es. Das Christentum befindet sich für das heutige Denken keineswegs in einer positiveren Perspektive als die anderen – Gegenteil: Mit seinem Wahrheitsanspruch scheint besonders blind zu sein gegenüber der Grenze all unserer Erkenntnis des Göttlichen, durch einen besonders törichten Fanatismus gekennzeichnet, der das in eigener Erfahrung betastete Stück unbelehrbar für das Ganze erklärt."

Er setzt sich dann unter anderem kenntnisreich mit der historischen Entwicklung der Wahrheit der Wissenschaften auseinander und bestimmt ihnen gegenüber die Wahrheit ("religio vera") und den Ethos des Christentums. Er schliesst mit:

"Tatsächlich muß jede Erklärung des Wirklichen ungenügend bleiben, die nicht auch ein Ethos sinnvoll und einsichtig begründen kann. Nun hat in der Tat die Evolutionstheorie, wo sie sich zur philosophia universalis auszuweiten anschickt, auch das Ethos evolutionär neu zu begründen versucht. Aber dieses evolutionäre Ethos, das seinen Schlüsselbegriff unausweichlich im Modell der Selektion, also im Kampf ums Überleben, im Sieg des Stärkeren, in der erfolgreichen Anpassung findet, hat wenig Tröstliches zu bieten. Auch wo man es auf mancherlei Weise zu verschönern strebt, bleibt es letztlich ein grausames Ethos. Das Bemühen, aus dem an sich Vernunftlosen das Vernünftige zu destillieren, scheitert hier recht augenfällig. Zu einer Ethik des universalen Friedens, der praktischen Nächstenliebe und der nötigen Überwindung des Eigenen, die wir brauchen, ist dies alles wenig tauglich.

Der Versuch, in dieser Krise der Menschheit dem Begriff des Christentums als religio vera wieder einen einsichtigen Sinn zu geben, muß sozusagen auf Orthopraxie und Orthodoxie gleichermaßen setzen. Sein Inhalt wird heute – letztlich wie damals – im Tiefsten darin bestehen müssen, daß Liebe und Vernunft als die eigentlichen Grundpfeiler des Wirklichen zusammenfallen: Die wahre Vernunft ist die Liebe, und die Liebe ist die wahre Vernunft. In ihrer Einheit sind sie der wahre Grund und das Ziel alles Wirklichen."

Er stellt damit einer darwinistisch verstandenen Gesellschaftsauffassung (IMHO kritikwürdige Ausdehnung der biologischen Evolutionstheorie auf die soziale Evolution des Menschen), welche die Menschheit in die Krise geführt habe, die Liebe und die wahre Vernunft als Grundpfeiler des Christentums gegenüber. Ausserhalb des Glaubens (der Spiritualität) an die Liebe und Vernunft scheint es kein Kriterium für ein "religio vera" zu geben.

Bernd S.
06.06.2016, 20:16
Interessant finde ich zu diesem Thema diesen Text von Ratzinger (ehemaliger Papst):

Joseph Cardinal Ratzinger: "Die Christenheit, die Entmythologisierung und der Sieg der Wahrheit über die Religionen."
(http://ivv7srv15.uni-muenster.de/mnkg/pfnuer/Ratzinger-Wahrheit.html)
Er nimmt eine Positionsbestimmung des Christentums in der Neuzeit vor. Am Anfang bringt er ein Bild, wonach die verschiedenen monotheistischen Religionen unterschiedliche Teile einen götttlichen Ganzen reflektieren...

Dass hier Papst Benedikt tatsächlich von dem ein oder anderen User gelesen wird, überrascht mich wirklich positiv.:liebe053:
Vielleicht ein Hinweis noch zu der Bezeichnung "ehemaliger Papst": Papst Benedikt ist emeritiert. Ist aber net wirklich ausschlaggebend.

Schwarzfahrer
06.06.2016, 20:27
Aus meiner laienhaften Sicht stellt sich die Frage: Warum nicht?

Dabei will ich weder für den Mono-, noch für den Polytheismus Partei ergreifen. Ich interessiere mich für das Kriterium, nach dem Du das entscheidest.
:Blumen:

Ich bin in einer Welt großgeworden ,in dem das System geglaubt hat, die einzige Wahrheit zu kennen. Dadurch habe ich von klein auf gelernt, daß jeder Versuch, DIE WAHRHEIT für alle festzulegen, zu autoritären, diktatorischen, dogmatischen und im Endeffekt nicht lebenswerten Systemen führt. Ob es dabei um Islam, Kommunismus oder Vegetariertum geht - es mag für einen oder anderen die richtige Wahl sein, aber nie für alle und für immer gültig. Religionen lassen sich nicht wie Physik, die Gravitationsgesetze oder der erste Satz der Thermodynamik betrachten, ihre Aussagen sind nicht wissenschaftlich überprüfbar oder widerlegbar.

Trithos, Dein Zitat drückt mein Verständnis perfekt aus:

...Vertraue denen, die die Wahrheit suchen. Aber hüte Dich vor denen, die sie gefunden haben!

Schwarzfahrer
06.06.2016, 20:35
... Ausserhalb des Glaubens (der Spiritualität) an die Liebe und Vernunft scheint es kein Kriterium für ein "religio vera" zu geben.

Ähnliche Texte von Ratzinger habe ich auch mal gelesen; der Tenor lief für mich damals darauf hinaus, daß ohne religiösen Glauben gar keine Moral oder moralisches Verhalten möglich sein soll. Als vollkommen nicht-religiöser Mensch fühle ich mich dadurch schon etwas angegriffen: implizit unterstellt mir diese Behauptung, daß ich gar nicht in der Lage bin, moralisch richtige Entscheidungen zu treffen. Dabei bin ich sicher, daß es auch andere Wege als Religion gibt, Moral, Anstand, positive Werte zu lernen und zu erhalten.
Damit ist Ratzinger für mich ein Beispiel für Einen, der die Wahrheit gefunden zu haben glaubt, statt danach zu suchen (s. oben).

Bernd S.
06.06.2016, 20:42
Ähnliche Texte von Ratzinger habe ich auch mal gelesen; ...
Damit ist Ratzinger für mich ein Beispiel für Einen, der die Wahrheit gefunden zu haben glaubt, statt danach zu suchen (s. oben).

Darf ich Dich fragen, welche seiner Schriften Du gelesen hast, die Dich zu diesem finalen Entschluss gebracht haben?

Klugschnacker
06.06.2016, 21:43
"Tatsächlich muß jede Erklärung des Wirklichen ungenügend bleiben, die nicht auch ein Ethos sinnvoll und einsichtig begründen kann. Nun hat in der Tat die Evolutionstheorie, wo sie sich zur philosophia universalis auszuweiten anschickt, auch das Ethos evolutionär neu zu begründen versucht. Aber dieses evolutionäre Ethos, das seinen Schlüsselbegriff unausweichlich im Modell der Selektion, also im Kampf ums Überleben, im Sieg des Stärkeren, in der erfolgreichen Anpassung findet, hat wenig Tröstliches zu bieten. Auch wo man es auf mancherlei Weise zu verschönern strebt, bleibt es letztlich ein grausames Ethos. Das Bemühen, aus dem an sich Vernunftlosen das Vernünftige zu destillieren, scheitert hier recht augenfällig."

Danke qbz für Deine Erläuterungen. Ich habe sie jetzt mehrfach gelesen, und auch in dem Link gestöbert. Ich hatte ja um eine religiöse Antwort gebeten. Der Papst hat seine Antwort aus realen Tatsachen abgeleitet, nämlich aus dem Mechanismus der Evolution. Daher ist sie nur zum Teil religiös.

Wenn ich ganz ehrlich sein darf, ohne jemanden verletzen zu wollen: Ich bin wirklich erschüttert über den laienhaften Unsinn, den er da verzapft. So oder schlimmer muss es für ihn klingen, wenn ich laut über Religion und Glauben nachdenke. Ratzingers Verständnis vom Wirken der Evolution reicht nicht an ein naturwissenschaftliches Abitur heran. Hat er keine Berater, die ihm da in den Arm fallen, bevor so etwas veröffentlicht?

Ich kann gerne die drei wichtigsten Irrtümer des zitierten Absatzes erläutern. Allerdings sind wird dann auf der Ebene der Wissenschaft. Eigentlich wollte ich etwas über eine rein religiöse Antwort erfahren auf die Frage, wie eine Religion ihren Wahrheitsanspruch gegenüber anderen Religionen rechtfertigt.

Grüße,
Arne

Schwarzfahrer
06.06.2016, 21:44
Darf ich Dich fragen, welche seiner Schriften Du gelesen hast, die Dich zu diesem finalen Entschluss gebracht haben?

Es ist kein "finaler Entschluss", sondern ein Eindruck aus einem längeren Artikel von Ratzinger, den ich gelesen habe, kurz nachdem er zum Papst gewählt wurde (was er aber länger davor geschrieben haben soll) - also viele Jahre her. Der Artikel hat mich nicht motiviert, mehr von ihm zu lesen, und ich habe ihn auch nicht aufgehoben, da ich mit seiner Haltung nichts anfangen kann. Während seiner Amtszeit habe ich gelegentlich Interviews gehört/gelesen, die ihn mir aber auch kaum (inhaltlich) näher gebracht haben. Bin halt ein unverbesserlicher Heide ;)

qbz
07.06.2016, 09:05
......
Wenn ich ganz ehrlich sein darf, ohne jemanden verletzen zu wollen: Ich bin wirklich erschüttert über den laienhaften Unsinn, den er da verzapft. So oder schlimmer muss es für ihn klingen, wenn ich laut über Religion und Glauben nachdenke. Ratzingers Verständnis vom Wirken der Evolution reicht nicht an ein naturwissenschaftliches Abitur heran. Hat er keine Berater, die ihm da in den Arm fallen, bevor so etwas veröffentlicht?

Ich kann gerne die drei wichtigsten Irrtümer des zitierten Absatzes erläutern. Allerdings sind wird dann auf der Ebene der Wissenschaft. Eigentlich wollte ich etwas über eine rein religiöse Antwort erfahren auf die Frage, wie eine Religion ihren Wahrheitsanspruch gegenüber anderen Religionen rechtfertigt.

Grüße,
Arne

Ratzinger bezieht sich in dem Absatz halt unter anderem auf Annahmen des Sozialdarwinismus, welche Darwins Begriff "Survival of the Fittest" schon falsch verstanden und auf die Gesellschaft übertrugen, nämlich als "Sieg des Stärkeren" im "Kampf um das Überleben". Das dient ihm dann als Hauptargument, weshalb die Menschheit eine christliche Religion braucht.

Klugschnacker
07.06.2016, 09:36
Ratzinger bezieht sich in dem Absatz halt unter anderem auf Annahmen des Sozialdarwinismus, welche Darwins Begriff "Survival of the Fittest" schon falsch verstanden und auf die Gesellschaft übertrugen, nämlich als "Sieg des Stärkeren" im "Kampf um das Überleben". Das dient ihm dann als Hauptargument, weshalb die Menschheit eine christliche Religion braucht.

Wenn das Christentum wegen der falsch verstandenen Evolutionstheorie nötig ist, wird es doch überflüssig, sobald man sie richtig versteht.

Es ist leider ganz offensichtlich, dass Ratzinger die Wirkungsweise der Evolution nicht begreift. Oder sie ignoriert. Mich wundert das, denn in den theologischen Bibliotheken, in denen ich bisher war, gibt es mehr als genug wissenschaftliche Literatur zu diesem Thema; das wird im Vatikan kaum anders sein. Er kann außerdem Fachleute bitten, ihm das zu erläutern ("Hello Mister Dawkins, this ist the Pope speaking, ...")
:Cheese:

Schwarzfahrer
07.06.2016, 12:00
... Eigentlich wollte ich etwas über eine rein religiöse Antwort erfahren auf die Frage, wie eine Religion ihren Wahrheitsanspruch gegenüber anderen Religionen rechtfertigt.

Ich fürchte, nach all dem, was ich in Diskussionen mit religiösen, tief Gläubigen Menschen erlebt habe, gibt es darauf keine rationale, logische Antwort. Religionen glauben sich nicht rechtfertigen zu müssen, weil sie axiomatisch ihre Ansicht, ihre Thesen, Ansichten, Moralvorstellungen als das Einzig Richtige ansehen und darstellen, und von ihrer Überlegenheit zutiefst überzeugt sind. Das ist für mich ein grundlegender Wesenszug der Religion. Und dieser Glauben wird auch durch dem Glauben offensichtlich widersprechende Fakten nicht erschüttert, sondern durch beliebige Gedankenknoten ins Glaubensgebäude eingebaut - dazu können Psychologen sicher noch einiges sagen.

Es ist wohl für viele Menschen sehr bequem, sich bei schwierigen Fragen nach dem Warum einfach auf eine höhere Instanz oder Autorität zu berufen, und sich so des Problems zu entledigen. Gott und der Glaube als letzte Antwort auf alles ist diesen Menschen genug (habe ich so mehrfach gehört).

MattF
07.06.2016, 12:13
Ich fürchte, nach all dem, was ich in Diskussionen mit religiösen, tief Gläubigen Menschen erlebt habe, gibt es darauf keine rationale, logische Antwort. Religionen glauben sich nicht rechtfertigen zu müssen, weil sie axiomatisch ihre Ansicht, ihre Thesen, Ansichten, Moralvorstellungen als das Einzig Richtige ansehen und darstellen, und von ihrer Überlegenheit zutiefst überzeugt sind. Das ist für mich ein grundlegender Wesenszug der Religion. Und dieser Glauben wird auch durch dem Glauben offensichtlich widersprechende Fakten nicht erschüttert, sondern durch beliebige Gedankenknoten ins Glaubensgebäude eingebaut - dazu können Psychologen sicher noch einiges sagen.


In meinen augen gibt es aber nur sehr wenige Menschen die das tatsächlich 100% durchziehen.

Die meisten Christen (von denen rede ich mal) denken schon im Alltag weitgehend rational. Z.b. benutzen glaub ich 80% oder mehr Katholiken Verhütungsmittel, obwohl die Kirche was anderes sagt. Es wird also keineswegs einfach das übernommen was vorgekaut wird, sondern schon auch selber gedacht.

zappa
07.06.2016, 12:26
DIE katholische Kirche? Mal ein Überblick: https://de.m.wikipedia.org/wiki/Liste_christlicher_Konfessionen

Die Wirklichkeit sieht auch diesem System tatsächlich so unterschiedlich aus, dass Vereinfachungen nicht besonders zielführend sind - auch wenn der Wunsch nach "Klarheit" und "Eindeutigkeit" und "Wahrheit" verständlich ist. Ein ausdifferenziertes, komplexes System.

Und mit dem Begriff "Glauben" ist, denke ich, schon viel gesagt. Glauben ist nicht unbedingt Wissen, weder im religiösen, noch in allen anderen Systemen.

Schwarzfahrer
07.06.2016, 15:18
In meinen augen gibt es aber nur sehr wenige Menschen die das tatsächlich 100% durchziehen.

Die meisten Christen (von denen rede ich mal) denken schon im Alltag weitgehend rational. Z.b. benutzen glaub ich 80% oder mehr Katholiken Verhütungsmittel, obwohl die Kirche was anderes sagt. Es wird also keineswegs einfach das übernommen was vorgekaut wird, sondern schon auch selber gedacht.

Stimmt, im Hinblick auf die Details von biblischen oder vatikanischen oder koran-mäßigen Geboten verhalten sich die meisten eher pragmatisch; darum ging es mir aber weniger. Was ich meinte, ist trotzdem bei vielen vorhanden: eine starke innere Überzeugung, daß die eigene Religion allen anderen Überlegen, bzw. die einzig richtige ist. Eine große innere Sicherheit, daß alles nach dem Willen des Allmächtigen geschieht, und alles, was für uns keinen Sinn ergibt, einen höheren Sinn hat - den wir gar nicht zu verstehen brauchen. Merkwürdigerweise können solche Menschen sogar aus Schicksalsschlägen und Unerklärlichem neuen Glauben schöpfen, gerade weil die Vernunft versagt. Es ist eine mir sehr fremde, irrationale Welt, der ich nie angehören kann. Man kann aber solche Leute auch beneiden, weil so manches für sie einfacher ist.

MattF
07.06.2016, 15:43
Was ich meinte, ist trotzdem bei vielen vorhanden: eine starke innere Überzeugung, daß die eigene Religion allen anderen Überlegen, bzw. die einzig richtige ist.


Man kann in die Köpfe der Menschen nicht hineinschauen, von daher kann ich letztlich nicht beurteilen wie viele das wirklich glauben. 1%, 10%, 50% ?????


Dass viele glauben, dass ihre Kultur anderen überlegen ist, das kann man ja an den Wahlergebnissen der AfD sehen :-(

waden
07.06.2016, 19:39
Ja, das finde ich auch. Und ich will Euch nicht mit Kalendersprüchen nerven, aber es gibt [...] ein Zitat des französischen Schriftstellers Andre Gide, das ohnehin recht populär ist und daher auch in verschiedenen Versionen kursiert. Ich habe es so kennen gelernt:

Vertraue denen, die die Wahrheit suchen. Aber hüte Dich vor denen, die sie gefunden haben!

Ist es aber nicht so, dass es gerade das Wesen von Religion ist, die unhinterfragbare Wahrheit zu kennen, während Grundsatz der wissenschaftlichen Methode ist, Theorien zu erstellen und sie immer wieder durch neue Hypothesen infrage zu stellen? Oder, noch deutlicher gesagt: sagt dieses von dir geschätzte Zitat nicht: halte dich an dich an die suchende Naturwissenschaft und hüte dich vor den Religionen!?

(Toller Thread - ich lese auch jetzt noch gerne weiter mit)

waden
07.06.2016, 19:48
"Es ist leider ganz offensichtlich, dass Ratzinger die Wirkungsweise der Evolution nicht begreift. Oder sie ignoriert. Mich wundert das, denn in den theologischen Bibliotheken, in denen ich bisher war, gibt es mehr als genug wissenschaftliche Literatur zu diesem Thema;
:Cheese:"

Ratzinger sprach an anderer Stelle auch von "richtig verstandender Naturwissenschaft", die dann aber einfach gar keine Naturwissenschaft mehr ist. Der Versuch, die Glaubensgrundsätze mit den naturwissenschaftlichen Erkenntnissen in Einklang zu bringen, scheitert daran. Ich denke, es geht einfach nicht bzw. nur auf diesem Weg des Miss- oder Unverständnisses.

Pascal
07.06.2016, 19:59
Ich suche ein Kriterium, das es gestattet, Glaube A für wahr zu halten und Glaube B für unwahr, oder zumindest für weniger wahr.

Holzschnitzartig und simplifiziert ist der wesentliche Unterschied zwischen Jesus und Jeremia, Jesaja, Mohammed etc. schlicht, dass der erstgenannte Gottes Sohn ist, während die anderen alle irgendwelche Propheten sind.

Nimmt man Gott (Allah) als gesetzte Größe, steht ihm sein Sohn einfach näher als irgendeine andere Person. Oder wie im Kartenspiel: Ober sticht Unter. Oder Blut ist dicker als Wasser, um noch ein Sinnbild zu gebrauchen.

Pascal
07.06.2016, 20:26
Eine große innere Sicherheit, daß alles nach dem Willen des Allmächtigen geschieht, und alles, was für uns keinen Sinn ergibt, einen höheren Sinn hat - den wir gar nicht zu verstehen brauchen. Merkwürdigerweise können solche Menschen sogar aus Schicksalsschlägen und Unerklärlichem neuen Glauben schöpfen, gerade weil die Vernunft versagt. Es ist eine mir sehr fremde, irrationale Welt, der ich nie angehören kann. Man kann aber solche Leute auch beneiden, weil so manches für sie einfacher ist.

Ich kann mich in die Denkweise die Du nachstellt gut einfühlen. Was wäre die bessere oder richtigere Alternative oder Vorgehensweise bei einem Schicksalsschlag zu agieren? Was tröstet Eltern, die ihr Kind in jungen Jahren verloren haben durch Krankheit oder Unfall ? Die Ratio sich zuzusprechen "Shit happens"? Wie würdest Du solchen Eltern Trost und Beistand zusprechen?

Am Rande sei bemerkt, dass bei einer Vielzahl von Katastrophen und schrecklichen Ergeignissen Notfallseelsorger im Einsatz sind. Darin steckt das Wort Seele. Es scheint also sehr gebräuchlich und vermutlich auch sehr hilfreich zu sein, Menschen die in solchen Situationen bestehen müssen nicht nur einen Naturwissenschaftler beizustellen, der bei einem Unfalltod die physikalischen Gesetzmäßigkeiten erläutert oder bei Krankheitstod einen Mediziner beizubringen, der biochemische Prozesse beschreibt.

Klugschnacker
07.06.2016, 20:40
Ich kann mich in die Denkweise die Du nachstellt gut einfühlen. Was wäre die bessere oder richtigere Alternative oder Vorgehensweise bei einem Schicksalsschlag zu agieren? Was tröstet Eltern, die ihr Kind in jungen Jahren verloren haben durch Krankheit oder Unfall ? Die Ratio sich zuzusprechen "Shit happens"? Wie würdest Du solchen Eltern Trost und Beistand zusprechen?

Am Rande sei bemerkt, dass bei einer Vielzahl von Katastrophen und schrecklichen Ergeignissen Notfallseelsorger im Einsatz sind. Darin steckt das Wort Seele. Es scheint also sehr gebräuchlich und vermutlich auch sehr hilfreich zu sein, Menschen die in solchen Situationen bestehen müssen nicht nur einen Naturwissenschaftler beizustellen, der bei einem Unfalltod die physikalischen Gesetzmäßigkeiten erläutert oder bei Krankheitstod einen Mediziner beizubringen, der biochemische Prozesse beschreibt.

Sicher nicht, da hast Du recht. Dafür ist die Wissenschaft oft nicht geeignet. Wohl aber die Philosophie und die Kunst.

Worin besteht religiöser Trost im Kern? Dass Gott es so wollte?

Nehmen wir an, ein Embryo wird noch im Mutterleib von Bakterien befallen und kommt schließlich tot zu Welt. Es ist aus meiner Sicht schwierig, hier die Vorsehung eines gütigen und gerechten Gottes ins Spiel zu bringen. Naturwissenschaft, also das Verständnis über die realen Ursachen dieses Unglücks, kann möglicherweise durchaus zur seelischen Verarbeitung beitragen. Ich würde das nicht per se ausschließen. Philosophie, Kunst und die Begegnung mit anderen Menschen sind mögliche weitere Wege, um so etwas zu bewältigen.
:Blumen:

qbz
07.06.2016, 21:26
Sicher nicht, da hast Du recht. Dafür ist die Wissenschaft oft nicht geeignet. Wohl aber die Philosophie und die Kunst.

Worin besteht religiöser Trost im Kern? Dass Gott es so wollte?

Nehmen wir an, ein Embryo wird noch im Mutterleib von Bakterien befallen und kommt schließlich tot zu Welt. Es ist aus meiner Sicht schwierig, hier die Vorsehung eines gütigen und gerechten Gottes ins Spiel zu bringen. Naturwissenschaft, also das Verständnis über die realen Ursachen dieses Unglücks, kann möglicherweise durchaus zur seelischen Verarbeitung beitragen. Ich würde das nicht per se ausschließen. Philosophie, Kunst und die Begegnung mit anderen Menschen sind mögliche weitere Wege, um so etwas zu bewältigen.
:Blumen:

Gerade bei Totgeburten hatten u. haben es katholische Eltern leider sehr schwer bei der religiösen Verarbeitung. Der Embryo hat eine Seele, der, weil ungetauft und mit der Erbsünde behaftet verstorben, die katholische Kirche die kirchliche Friedhofsbestattung sowie den Himmelszutritt (Erlösung) verwehrt(e).

Bei der Notfallseelsorge sehe ich vor allem die psychologische Begleitung und Ausbildung im Vordergrund (weniger die religiöse), d.h. seelische (psychische) Hilfe für akut traumatisierte Menschen.

Schwarzfahrer
07.06.2016, 21:38
Man kann in die Köpfe der Menschen nicht hineinschauen, von daher kann ich letztlich nicht beurteilen wie viele das wirklich glauben. 1%, 10%, 50% ?????

Kann ich auch nicht; dürfte sich stark unterscheiden, je nach dem ob Du ein Kollektiv an einer naturwissenschaftlichen Uni, Mönche in einem Kloster, oder gar ein Lager der Taliban betrachtest. Einzelfälle dieser Denkweise trifft man aber überall, oft höchst überraschend, da man es den Leuten nicht ansieht, nur wenn zufällig das Thema im Detail diskutiert wird, kommt es raus.

Dass viele glauben, dass ihre Kultur anderen überlegen ist, das kann man ja an den Wahlergebnissen der AfD sehen :-(

Und am Gehabe der Taliban und des IS, und, und, und viele Abstufungen dazwischen :-(
Ich halte das für ein zutiefst menschliches Verhalten, womit man leben und immer rechnen muß. Bis zu einem gewissen Maß ist das ein Zeichen für ein gesundes Selbstbewußtsein, aber die Grenze zur Feindseligkeit ist leider schnell überschritten.

Schwarzfahrer
07.06.2016, 21:55
Ich kann mich in die Denkweise die Du nachstellt gut einfühlen. Was wäre die bessere oder richtigere Alternative oder Vorgehensweise bei einem Schicksalsschlag zu agieren? Was tröstet Eltern, die ihr Kind in jungen Jahren verloren haben durch Krankheit oder Unfall ? Die Ratio sich zuzusprechen "Shit happens"? Wie würdest Du solchen Eltern Trost und Beistand zusprechen?


Es gibt keine allgemein "bessere" oder gar "richtigere" Vorgehensweise, nur eine, die zum Betroffenen paßt, ihm hilft, ihm gerecht wird. Ich kann mit der Art Trost und Halt, wie es tief religiöse Menschen in Gott finden, nichts anfangen - wer aber darin Trost und Halt findet, bewältigt seine Krise ggf. leichter, als ich, das mag ja sein. Aber es entzieht sich meiner Vorstellungskraft, wie man als Eltern schwerkranker, schwertsbehinderter Kinder darin ein Beweis für die Güte eines höheren Wesens sehen kann, und es nicht als Zeichen einer vollkommenen Gleichgültigkeit der Menschheit gegenüber, vorausgesetzt es gibt dieses höhere Wesen.

Ich habe selbst einen behinderten Sohn. Ich habe durch meinen Sohn gelernt, die Prioritäten im Leben zu verschieben, sich über Sachen zu freuen, die andere nicht mal bemerken, Sorgen, die anderen schlaflose Nächte verursachen, als lächerliche Kleinigkeiten zu betrachten. Mir hat Trost und Beistand gegeben, mich mit anderen Betroffenen auszutauschen, und zu erkennen, daß man immer etwas bewegen, etwas ändern, etwas tun kann - ich finde meinen Halt darin, daß ich die Möglichkeit habe, etwas zu tun und zu gestalten, und wenn es noch so wenig ist. Ich bin nicht hilflos einem bösen Schicksal ausgeliefert.

Ich habe durch meinen Sohn sehr viele verschiedene Menschen kennengelernt mit ähnlichen, oft viel schlimmeren Geschichten. Viele finden ihren Halt in einer (für mich unverständlichen) Verzerrung der Realität: das behinderte Kind sein ein besonders Geschenk (Gottes), das das Leben bereichert. Sie betrachten ihr Leben oft als "wertvoller" als das normaler Familien, es wird alles schöngeredet, und dabei sogar oft das Leiden des Kindes ausgeblendet. Diese Sichtweise wird oft aggressiv verteidigt, mir wurde oft eine bedindertenfeindliche Gesinnung vorgeworfen, weil ich die Behinderung als solche betrachte.

Was ich damit sagen will: jeder muß seinen eigenen Weg finden, mit sowas fertig zu werden. Die Kunst von Seelsorgern muß es sein, für jeden die richtigen Worte, richtigen Ideen zu finden - ich glaube, es gibt kaum einen schwereren Beruf, mit einer größeren Verantwortung.

waden
07.06.2016, 21:57
Ich kann mich in die Denkweise die Du nachstellt gut einfühlen. Was wäre die bessere oder richtigere Alternative oder Vorgehensweise bei einem Schicksalsschlag zu agieren? Was tröstet Eltern, die ihr Kind in jungen Jahren verloren haben durch Krankheit oder Unfall ? Die Ratio sich zuzusprechen "Shit happens"? Wie würdest Du solchen Eltern Trost und Beistand zusprechen?


Es ist selbstredend ungeheuer schwierig, in einer solchen Situation die passenden Worte zu sprechen("Shit happens" gehört nicht dazu). Trost zu spenden geht aber auch ohne Religion. Seelischer Beistand gelingt auch ohne Transzendenz, von Mensch zu Mensch in aller Diesseitigkeit.

zappa
07.06.2016, 22:35
Nehmen wir an, ein Embryo wird noch im Mutterleib von Bakterien befallen und kommt schließlich tot zu Welt. Es ist aus meiner Sicht schwierig, hier die Vorsehung eines gütigen und gerechten Gottes ins Spiel zu bringen. Naturwissenschaft, also das Verständnis über die realen Ursachen dieses Unglücks, kann möglicherweise durchaus zur seelischen Verarbeitung beitragen. Ich würde das nicht per se ausschließen. Philosophie, Kunst und die Begegnung mit anderen Menschen sind mögliche weitere Wege, um so etwas zu bewältigen.
:Blumen:

Weißt Du eigentlich worüber Du da schreibst?

Mein Sohn ist 1 Woche vor dem geplanten Geburtstermin gestorben. Einfach so. Die Woche davor war beim großen Ultraschall noch alles OK.

Das ist ein recht seltenes Phänomen und nur für einen kleinen Teil, etwa 20 % der Fälle, gibt es eine Erklärung. Ähnlich wie beim "plötzlichen Kindstod". Die Wissenschaft hilft da nicht weiter.

In dieser konkreten Erfahrung waren es insbesondere religiös geprägte Menschen, die sofort, umfassend und langfristig konkreten praktischen und moralischen Beistand geleistet haben, während das wissenschaftlich ausgebildete medizinische Personal vollkommen überfordert war, mit der Situation umzugehen.

Das ist eine meiner persönlichen und konkreten Erfahrungen, an denen zumindest ich festmachen kann, dass eine religiöse Prägung bei diesen Menschen deren Nächstenliebe und Mitgefühl sehr konkret ausgebildet hat Aus meiner Wahrnehmung über das Maß hinaus, wie es ausgebildet wäre, wären sie nicht so tief religiös.

Das ist zwar sicher nicht der "Beleg" dafür, dass es systematisch so ist. Ich denke aber, es wird viele weitere solche Geschichten geben. Und im Konkreten ist es ziemlich wurscht, ob das Beleg ist oder nicht.

Es hilft.

Klugschnacker
07.06.2016, 22:48
zappa, das tut mir leid, wenn Du einen Schicksalsschlag zu verkraften hattest, der sich mit meinem obigen Beispiel zufällig deckt. Ich wusste es nicht. Ich hatte dieses Beispiel gewählt, weil ungeborene Babys keine Sünden begangen haben können, und deren gottgewollter Tod daher besonders schwer zu verstehen ist.

Nehmen wir an, religiöse Überzeugungen hätten einen starken positiven Einfluss auf die Hilfsbereitschaft mancher Menschen in bestimmten Situationen. Mir sind keinerlei Belege dafür bekannt (ich hatte mehrfach darum gebeten), aber nehmen wir jetzt einfach an, das sei so.

Hat das irgendeinen Einfluss darauf, ob diese Überzeugungen wahr sind?

Klugschnacker
07.06.2016, 23:23
Ja, das finde ich auch. Und ich will Euch nicht mit Kalendersprüchen nerven...

"Vertraue denen, die die Wahrheit suchen. Aber hüte Dich vor denen, die sie gefunden haben!"

Ich habe auch noch einen: "The easiest person to fool is yourself".

keko#
08.06.2016, 07:59
Sicher nicht, da hast Du recht. Dafür ist die Wissenschaft oft nicht geeignet. Wohl aber die Philosophie und die Kunst.

Worin besteht religiöser Trost im Kern? Dass Gott es so wollte?



z.B. als Prüfung Gottes. So erlebt bei der Familie einer muslimischen Nachhilfeschülerin, die ich betreute und die von Geburt an 100% blind ist und vor ein paar Wochen ein ziemlich gutes Abi geschrieben hat. Wenn´s hilft, ist´s doch ok. Wo ist das Problem?

Vicky
08.06.2016, 08:10
Hat das irgendeinen Einfluss darauf, ob diese Überzeugungen wahr sind?

Nein ich glaube da kann es keinen Zusammenhang geben. Wahrheit ist aus meiner Sicht das, was der einzelne für Tatsache hält. Deshalb muss es aber längst nicht der Wahrheit entsprechen. Wenn die Weltbevölkerung postuliert, dass die Erde eine Scheibe ist, hält man das allgemein für wahr.

Ich bin der Auffassung, dass es keinen Zusammenhang gibt zwischen dem Glauben und der Hilfsbereitschaft. Im Gegenteil. Wenn jemand an eine höhere Macht glaubt und aufgrund dessen sein Engagement an Hilfsbereitschaft erhöht, weil es der Glaube so will, dann tut diese Person dies wohl nicht, weil sie altruistisch veranlagt ist, sondern eher, weil der Glaube es vorschlägt (die Person so erzieht). Das ist ja auch ok so. Vermitteln von gesellschaftlichen Werten. Ich denke nicht, dass das dazu führt, dass man Überzeugungen für erwiesen hält, nur weil man bestimmte Wertevorstellungen lebt.

qbz
08.06.2016, 08:39
Das Problem, das sich orthodox religiösen Menschen im Verhältnis von Wissenschaft zum Glauben manchmal stellt, ist, darf die Medizin, Wissenschaft eingreifen, um eine Behinderung zu lindern, heilen, wenn in der Behinderung des Kindes Gottes Wille gesehen wird. Die Jugendämter kennen regelmässig solche Fälle, wo sie zum Schutz der Kinder aktiv werden müssen, auch heute noch.

Ich betreute mal eine arabische Großfamilie, welche mir erklärte, dass bei jedem epileptischen Anfall ein guter Geist aus ihrem Sohn zu den Menschen sprechen will, was man dem Geist durch eine Behandlung nicht verweigern dürfe, weil er und Gott sonst verärgert wären. Dadurch erhalten Epilepsie-Kranke eine besondere, positive Rolle in der Familie und im Dorf. Es hätte aber bei Epilepsie auch ein böser Geist sein können --> Vertreibung. Es brauchte längere Überredungskünste und Tricks (incl. Rücksprache mit dem Iman), den Vater dazu zu bringen, die Behandlung zu erlauben, welche dann die älteste Schwester überwachen durfte (Tabletteneinnahme). Ähnliche Fälle von Behandlungsverweigerung gibt es manchmal bei Zeugen Jehovas, die bis zur zeitweiligen Unterbringung der Kinder in Heimen führ(t)en.

MattF
08.06.2016, 10:02
Und am Gehabe der Taliban und des IS, und, und, und viele Abstufungen dazwischen :-(
Ich halte das für ein zutiefst menschliches Verhalten, womit man leben und immer rechnen muß. Bis zu einem gewissen Maß ist das ein Zeichen für ein gesundes Selbstbewußtsein, aber die Grenze zur Feindseligkeit ist leider schnell überschritten.


Zu Sebstbewusstsein, muss Selbtkritikfähigkeit und Ironie kommen, sonst wird es gefährlich. Das fehlt leider manchem.

Ich bin z.b. Fussballfan und freue mich tierisch wenn Deutschland gewinnt, ich sag auch mal im Spass, dass "wir" natürlich die viel bessere Fussballnation sind als die Holländer, nur rational weiß ich auch dass das nicht stimmt, dass der Deutsche an sich der bessere Fussballer ist, das ist Unsinn.

Manche bleiben aber in dem Deutschnationalen stecken und meinen es letztlich Ernst, dass sie was besseres sind.
Dabei muss man ja nicht besser sein als Andere, wenn man gute Leistungen egal in welchen Bereich erzielt. Wenn andere dann noch besser sind als ich oder wir, freut mich das auch, für die.

Klugschnacker
08.06.2016, 10:20
z.B. als Prüfung Gottes. So erlebt bei der Familie einer muslimischen Nachhilfeschülerin, die ich betreute und die von Geburt an 100% blind ist und vor ein paar Wochen ein ziemlich gutes Abi geschrieben hat. Wenn´s hilft, ist´s doch ok. Wo ist das Problem?

Im Christentum hat das Leid mehrere Bedeutungen. Zum Beispiel Prüfung und Weg zu einer Erkenntnis, aber auch Strafe. Die Bibel ist voll von Geschichten, wo Menschen aufgrund harmloser Sünden schlimme Dinge widerfahren. In den 10 Geboten stellt Gott gleich im 2. Gebot klar: "... Bei denen, die mir Feind sind, verfolge ich die Schuld der Väter an den Söhnen, an der dritten und vierten Generation...".

Also ist es nach christlichem Glauben ebenso denkbar, dass vier Generationen vor dem Mädchen jemand gesündigt hat (Alkohol, Selbstbefriedigung, Homosexualität), und ihre Blindheit die Strafe dafür ist. Ist das tröstlich?
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Diese Überlegungen führen letztlich auf ein Hauptproblem aller großen Religionen mit Ausnahme des Buddhismus. Die Vermischung von "Ursache" einerseits und "Bedeutung" oder "Sinn" andererseits.

Beispiel: Warum gibt es Menschen? Für Wissenschaftler ist es eine Frage nach der Ursachenkette, die letztlich bis zum Homo Sapiens führt. Für religiöse Menschen ist es (auch) eine Frage nach dem Sinn ihrer Existenz.

Zweites Beispiel: Warum ist das Mädchen blind zur Welt gekommen? Auch hier kann man mit der Ursache oder dem "Sinn" antworten.

Fragen nach dem Sinn haben häufig keinen vernünftigen Inhalt. Zur Verdeutlichung wieder ein Beispiel: "Leben Einhörner vegetarisch?" – Diese Frage hat nur dann eine Antwort, wenn es Einhörner gibt. Falls es sie nicht gibt, lässt sie sich nicht beantworten. Nicht weil wir die Antwort nicht kennen, sondern weil der Gegenstand der Frage nicht existiert.

Bei der Frage, welches der Sinn einer Sache sei, müssen wir zunächst klären, ob diese Sache überhaupt einen Sinn hat. Erst danach können wir untersuchen, welcher das sei.

Warum existiert der Kilimandscharo? Die Frage nach seinen Ursachen können wir klären, aber die Frage nach seinem Sinn ist nonsense. Warum existieren Zebras? Warum existieren Menschen? Warum existieren Bakterien, die bei Embryos Blindheit hervorrufen?

Alle diese Dinge haben Ursachen, aber keinen "Sinn". Aus genau diesem Grund finden wir auch keinen, wenn wir nach dem Sinn des Erblinden eines Mädchens suchen. Außer dem, den wir ihm selbst geben.

trithos
08.06.2016, 10:21
Ist es aber nicht so, dass es gerade das Wesen von Religion ist, die unhinterfragbare Wahrheit zu kennen, während Grundsatz der wissenschaftlichen Methode ist, Theorien zu erstellen und sie immer wieder durch neue Hypothesen infrage zu stellen? Oder, noch deutlicher gesagt: sagt dieses von dir geschätzte Zitat nicht: halte dich an dich an die suchende Naturwissenschaft und hüte dich vor den Religionen!?

Das ist sicher eine mögliche Interpretation, wenn man davon ausgeht, dass jeder religiöse Mensch die unhinterfragbare Wahrheit zu kennen glaubt. Ich kenne aber zahlreiche religiöse Menschen (z.B. regelmäßige Kirchgänger), die ganz anders gestrickt sind und sich überhaupt nicht einbilden, die göttliche Wahrheit zu kennen.

Natürlich stellt sich dann die Frage, warum diese Menschen überhaupt gläubig sind, wenn sie mit ihrem Glauben Probleme haben? Offenbar gibt der Glaube ihnen fürs Leben mehr, als ihnen die Zweifel wegnehmen.

Ich interpretiere das Zitat allerdings ohnehin anders, weil ich es nicht an Institutionen gerichtet sehe, sondern an Menschen. Dass eine Institution wie die Kirche, aber auch ein totalitärer Staat oder eine hierarchische Firma, gerne allzeit und unter allen Umständen gültige "Glaubensregeln" aufstellt, ist das eine. Wie die Menschen damit umgehen, das andere.

MattF
08.06.2016, 10:34
Das ist sicher eine mögliche Interpretation, wenn man davon ausgeht, dass jeder religiöse Mensch die unhinterfragbare Wahrheit zu kennen glaubt. Ich kenne aber zahlreiche religiöse Menschen (z.B. regelmäßige Kirchgänger), die ganz anders gestrickt sind und sich überhaupt nicht einbilden, die göttliche Wahrheit zu kennen.

Natürlich stellt sich dann die Frage, warum diese Menschen überhaupt gläubig sind, wenn sie mit ihrem Glauben Probleme haben? Offenbar gibt der Glaube ihnen fürs Leben mehr, als ihnen die Zweifel wegnehmen.


Ein wichtiger Aspekt wieso jemand in die Kirche geht ist in meinen Augen die Gemeinschaft der Gläubigen. Man hat eine Gemeinschaft ist vielleicht aktiv in der Krichengemeinde usw usw. Man ist einfach nicht allein.
Das könnte man auch im Sportverein haben, viele sind aber traditionell in der Kirche aktiv.

So einfach kann das Leben manchmal sein. Ich denke 95% aller Christen machen sich die Gedanken von Arne nicht, sondern haben da ganz individuelle und teilweise einfach Vorstellungen, wieso sie in die Kirche gehen, an Gott glauben usw usw.

MfG
Matthias

keko#
08.06.2016, 11:02
Alle diese Dinge haben Ursachen, aber keinen "Sinn". Aus genau diesem Grund finden wir auch keinen, wenn wir nach dem Sinn des Erblinden eines Mädchens suchen. Außer dem, den wir ihm selbst geben.

Eben! Ich kann doch einer Sache selbst einen Sinn geben. "Die Erblindung meiner Tochter ist eine Prüfung Gottes". Sinn ist, dass ich diese Prüfung, die mir Gott auferlegt hat, bestehe und dann daraus gestärkt hervorgehe. Ich glaube daran, finde mich mit dem Schicksal ab und verzweifel nicht an der Suche nach einem anderen Sinn. Die Familie hält zusammen, das Mädchen macht ein tolles Abi usw...
Ähnlich wie in Mathe kann man "Die Erblindung meiner Tochter ist eine Prüfung Gottes" als ein Axiom ansehen, das nicht weiter hinterfragt oder bewiesen werden muss. Wenn damit mein Leben besser funktioniert, ist auch das Axiom ("mein" Sinn) ok und muss nicht weiter hinterfragt werden.

Klugschnacker
08.06.2016, 11:25
Sinn ist, dass ich diese Prüfung, die mir Gott auferlegt hat, bestehe und dann daraus gestärkt hervorgehe.

Man kann ja auch ungestärkt daraus hervorgehen. In dem Fall wäre das Erblinden daher sinnlos, richtig?

MattF
08.06.2016, 11:32
Man kann ja auch ungestärkt daraus hervorgehen. In dem Fall wäre das Erblinden daher sinnlos, richtig?

Nein, ich hätte dann die Prüfung nicht bestanden.

Gott hat mir die Schance gegeben mich zu stärken und ich habs verbockt.

keko#
08.06.2016, 11:34
Man kann ja auch ungestärkt daraus hervorgehen. In dem Fall wäre das Erblinden daher sinnlos, richtig?

Das kann ich nicht sagen. Vielleicht wäre ich dann zu schwach und müsste an mir arbeiten.
Ich will ja auch nicht sagen, dass ich in so einem schlimmen Fall auch i.S.v. "Gott prüft mich" denken würde oder könnte. Ich hatte aber den Eindruck, dass dies im Falle der türkischen Familie funktioniert hat und somit ihr Glaube in meinen Augen seine Ligitimtät hat ohne dass ich das weiter hinterfrage.

Klugschnacker
08.06.2016, 11:39
Nein, ich hätte dann die Prüfung nicht bestanden. Gott hat mir die Schance gegeben mich zu stärken und ich habs verbockt.

Nein, Gott ist allwissend und kannte das Ergebnis der Prüfung bereits vorher. Dass Du die Prüfung nicht bestehen würdest, war ihm bekannt, als er sie Dir stellte.

Falls der Sinn der Prüfung darin bestand, dass Du gestärkt aus ihr hervorgehen kannst, dann weiß Gott bereits vorher, ob Du das hinbekommst, oder nicht. Falls Du es nicht hinbekommst, hat er Dir eine sinnlose Aufgabe gestellt.

keko#
08.06.2016, 11:42
Nein, Gott ist allwissend und kannte das Ergebnis der Prüfung bereits vorher. Dass Du die Prüfung nicht bestehen würdest, war ihm bekannt, als er sie Dir stellte.

Du denkst zu weit und zu kompliziert. Es geht ums Hier und Jetzt, dass du damit irgendwie zurecht kommst. Und da ist eine gewisse Naivität nicht schlecht. Danach kommt sowieso nichts mehr.

TheRunningNerd
08.06.2016, 11:45
Nein, Gott ist allwissend und kannte das Ergebnis der Prüfung bereits vorher. Dass Du die Prüfung nicht bestehen würdest, war ihm bekannt, als er sie Dir stellte.

Falls der Sinn der Prüfung darin bestand, dass Du gestärkt aus ihr hervorgehen kannst, dann weiß Gott bereits vorher, ob Du das hinbekommst, oder nicht. Falls Du es nicht hinbekommst, hat er Dir eine sinnlose Aufgabe gestellt.

Oder Gott selbst liest gern Camus, stellt sich Sisyphos als glücklichen Menschen vor, und veranstaltet die Prüfung eher als absurden Zeitvertreib. :Cheese: :Huhu: