Szenekenner
Registriert seit: 19.03.2009
Ort: Am liebsten in Südfrankreich...
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Das Urmel von Buschhütten (extended version).
Prolog.
Was um Himmels Willen hatte mich geritten, mich in Buschhütten anzumelden? Der Triathlon wo die Stars in die Saison starten??? Na gut, auf der Volksdistanz hält sich der Glamour in Grenzen, die echten Stars starten auf der Kurzdistanz, aber dennoch. Ich hatte die ganze letzte Woche Muffensausen. Am Samstag wollte ich dann meine Startunterlagen abholen, auch um zu sehen, wie lange man hinfährt und um die Gegend zu begutachten. Als ich dann endlich den Parkplatz am Schwimmbad gefunden hatte, war ich froh, doch schon mal den Weg gemacht zu haben. Startunterlagen ging ganz fix - in der Tüte war außer der Startnummer und 3 Aufklebern nix drin, ein Baumwoll-T-Shirt gab‘s noch. Ganz unglamourös. Ich habe die Hand mal ins Schwimmbecken gesteckt, ja, das fühlte sich ok an. Den Neo kann ich zu Hause lassen. Dann noch einen „Last-Minute-Nervositäts-Kauf“ getätigt: Toe covers für die Radschuhe. Falls es doch kalt und ungemütlich werden sollte. Wieder zu Hause geht es nochmal kurz raus laufen. Regenerative 20 min mit 3 Steigerungen. Danach noch das Rad einmal ums Dorf, alle Gänge durchschalten. Dabei merke ich, dass die Arme doch kühl werden. Also noch die Windjacke einpacken. Abends dann meine Tüten fertig gepackt, x-mal umgepackt und mit Aufklebern versehen. Check - alles dabei. Gut.
Der Wettkampftag.
Mitten in der Nacht (also 5:30) klingelt mein Wecker. Ich stehe auf, werfe die Kaffemaschine an und packe erst mal das Auto und das Rad auf selbiges. Frühstück und so weiter und dann geht‘s los. Mannomann bin ich aufgeregt. In so einem Zustand sollte man besser kein Auto fahren, aber mein Göga muss arbeiten und kann mich nicht begleiten. Ich erreiche aber ohne Zwischenfälle Buschhütten und bekomme einen schicken Parkplatz direkt neben einem Auto, wo sich ein Athlet gerade auf der Rolle warm fährt. Staffel, mit Siegambitionen. Erst mal zur Pipibox. Dann die Lage sichten. Beutel für die Wechselzone 2 mit den Laufsachen abgeben. Dann King Mabel & Kumpel getroffen, ich überlege, ob ich meinen Wärmemantel seinen Freunden gebe - nur finde ich die dann hinterher? Hmmm. Ich kann ihn auch in meinen Beutel in T1 stopfen. Gut. Rad darf ich erst einchecken, wenn der letzte Staffelradler weg ist. Oha. Das wird dann aber hektisch. Ans Rad dürfen nur Startnummer, Helm und Schuhe. Äh, ja, wo kommt der Rest hin? Direkt nach dem Schwimmausstieg auf die Wiese. Wo ist egal, einfach ein Plätzchen suchen. Da die Staffelradler alle auf Söckchen angerannt kamen, habe ich auch beschlossen, diese nach dem Schwimmen anzuziehen und nicht erst am Rad. Also meine „Wechselzone“ nochmal umdekoriert. Handtuch, Buff, Brille, Windjacke, Söckchen. Gut. Ich stelle mich also mit meinem Rad zum Radcheckin an. Beobachte die Staffelradler und denke, ja der Chip, Der Chip??? Wo ist mein Chip????? Vorhin hatte ich ihn noch um. Mist, der muss abgegangen sein, als ich meine Hose ausgezogen habe. Also zum Auto, die Hose durchwühlt - ja da war er. Uff. Wieder zum Radcheckin, nun weiter hinten in der Schlange… Aber es geht zügig. Rad abgestellt, Schuhe reinschlupfbereit daneben. Startnummernband über den Lenker, Helm geöffnet darüber. Passt. Ab zum Becken.
Das Schwimmen.
Es ist nicht viel Zeit bis zum Start, ich suche mir eine Bahn - „freie Bahnwahl“ und nehme Bahn 2, da ist noch niemand. Bekomme eine grüne Badekappe und die Nummer auf den Arm und flutsche ins Wasser. Aaaaaaahhhhhh. Japs. Ich bekomme keine Luft. 22° ist definitiv kälter als ich es gewohnt bin. Japs. Erst mal ein paar Züge Brust, dann Kraul, ja, ich gewöhne mich an die Temperatur. Unsere Bahn füllt sich. Ich merke, dass mein Chipband locker sitzt und bitte eine Schwimmerin, mir das nochmal festzuziehen, denn akrobatische Verrenkungen mit einem Fuß am Beckenrand sind nicht so meins. Sie meint, das wäre einfach etwas groß, zurrt es aber etwas fester. Gut. Keiner macht Anstalten, sich nach Schwimmzeiten zu sortieren, also mache ich das: 7 min - äh, geh‘ mal ganz nach vorne. 8, 9 ? Ja auch nach vorne. Ogott, wo bin ich gelandet??? Dann ein junger Kerl (ja auch ein paar Männer sind mit den Frauen gestartet) 10 min? Bitte vortreten. Dann noch 2 Jungs 11-12 min. ok. Das will ich auch etwa. „Brust“ äh… wenn ihr dann noch nach mir?! Gut. Und schon geht‘s los. Wildes Gequirle und weg sind die schnellen. Ich kraule los, zügig aber ohne Hast, und finde meinen Rhythmus. Super. Die Brustschwimmer mir dicht an den Füßen. 100 m, 200 m. Auf der nächsten Bahn merke ich, wie sich mein Chipband lockert, ich werde hektisch, die Brustschwimmer überholen und am Ende der Bahn fummele ich erst mal das Band ab, nehme es in die Hand und will weiterschwimmen. Eine Hand Faustkraul um Chipband? Geht gar nicht. Brust. Kacke. Mist. Sch***%&§$$$$$. Dann merke ich, wie der Reißverschluss von meinem Einteiler am Rücken aufgeht. Ja super. Das habe ich auch noch gebraucht. Ich bin panisch. Werfe das Chipband also nach 300 m an den Beckenrand und weiter. Ich bin super kurzatmig und kann nur noch Brust schwimmen. Elend. Ich sehe King Mabel, der mir was zubrüllt, aber ich bin am Ende. Die schnellen Mädels sind schon längst raus aus dem Wasser, der junge Kerl hat sich verzählt und schwimmt 100 m zu viel (und ist trotzdem früher aus dem Wasser als ich) und auch die beiden Brustschwimmer sind schon längst raus, als ich aus dem Becken krabbele. Die eine Helferin hat mein Chipband in der Hand - ich rufe, das ist meins! Und sie sagt noch, das muss in Bodennähe über die Matte! Ich also in Quasimodo-Haltung über die Zeitmess-Matte und ab zu meinem Handtuch. Abtrocknen? Nee. Schnell in die Socken. Pitschnass. Egal. Windjacke an, So ist es auch egal, dass ich mit offenem Reißverschluss unterwegs bin, Buff und Brille und los. Im Laufen die Jacke zugemacht und ab zum Rad.
Das Radfahren.
Rein in die Schuhe, zuziehen, in die Startnummer steigen, Helm auf und los. Das ging super. Aufsteigen und nach nur einem Fehlversuch eingeklickt. Ich japse immer noch nach Luft. Erst geht es um Kurven und über Bodenwellen, einen kurzen Anstieg, bis man die Runde auf der Schnellstraße erreicht. Konzentrier‘ dich. Runden zählen. Treten. Kette rechts. Uff, die Schnellstraße hat Wellen?! Mist, ich schalte doch wieder etwas leichter. Aber jetzt beginnt der Spaß. Ich überhole und überhole. Dank der breiten Straße kann man das auch jederzeit ohne Windschattenproblematik tun. Ab und zu ist die Straße total leer - bis ich wieder einen Radler sichte und einhole. Ich trete, die Oberschenkel brennen und ich denke noch, das wird sich beim Laufen rächen, aber es ist mir egal, die Aufholjagd macht Spaß. Ich bin zwar immer noch am Japsen, aber es geht. Die dritte Runde ist um, ich kann abbiegen zum Laufen. Ein Helfer winkt „Absteigen“, dann noch ein paar Schritte mit dem Rad, ich sehe Nicole und kann noch ein atemloses „Hallo Nicole“ rausquetschen, bevor ich einbiege zur Wechselzone 2.
Das Laufen.
Die Wechselzone 2. So, Nummer schon mal nach vorne und über die Matte. Ich sehe lauter Schilder 200 - 210 - 220. Ich irre etwas orientierungslos umher. Wo ist 215 rufe ich? Da! Ruft ein Helfer. Ok, ich sehe nun meine Tüte. Helm aus, Radschuhe aus, Laufschuhe aus der Tüte fummeln, reinschlupfen. Mir ist warm. Jacke aus. Mist, Reißverschluss klemmt. Doch, nun geht er auf. Jacke hingeschmissen. Und los. Im Laufen versucht, den Reißverschluss vom Einteiler wieder zuzuziehen. Der zweite Versuch gelingt. Ach Mist, ich habe vergessen, die Knöpfe an meinem Forerunner zu drücken, als ich von Rad bin. Also 2x gedrückt. Ich schaue aber nicht auf die Uhr. Mir doch egal. Ich laufe jetzt was geht. Es fühlt sich fürchterlich an, wie immer. Puddingbeine, Tempo gefühltes Spazierjogging. Dann geht es eine Brücke hoch und ich mache Winzschrittchen. Aber laufe. Und überhole. Es geht auf die Bundesstraße. Oh, war das da gerade KingMabel auf dem Rad??? Dann kommt endlich der Wendepunkt und es geht bergab. Uff, die Beine lockern sich etwas. Meine Startnummer nervt, das Band rutscht mir dauernd zu hoch. Ich ziehe also das Band unter den Hintern, was ich immer total affig finde, wenn ich das sehe, aber nun muss ich es auch machen. Ich finde nach wie vor mein Tempo gefühlt grausam langsam, aber die Beine können nicht schneller. Als ich in die zweite Runde einbiege ist Nicole wieder da und feuert mich an - super! So. Nur noch 2,5 km. Komm, ein paar Mädels schaffst du noch. Und wirklich kann ich noch ein paar überholen. Kurz vor dem Zieleinlauf sehe ich dann noch den Coach, das Maultäschle und hazelman, die mich anfeuern und alles ist gut. Ich laufe super glücklich ins Ziel, und vergesse fast, danach meine Uhr anzuhalten. 1:19:xx ja geil. Das ist schneller als letztes Jahr. Aber es ist mir eigentlich egal. Jetzt erst mal was trinken.
Epilog
Nachdem ich mir ein Trikot und die noch leicht angefeuchtete Windjacke übergezogen habe - ich Dussel hätte ja auch ein paar mehr wärmende Sachen in den Laufbeutel packen können - sehe ich noch KingMabel vom Rad steigen und brülle ihn an, sowas in der Art, dass jetzt der Spaß beginnt. Er antwortet ähnlich qualifiziert im Sinne von „Halt‘s Maul“ - super, er kann noch sprechen. Ich schaffe es aber nicht, um die Absperrungen herum zu laufen, dass ich ihn nur von weiten sehe, als er auf die Laufstrecke geht. So, nun habe ich ca. 30 min Zeit, um mich vernünftig anzuziehen, damit ich mir nix weghole. Also ab zum Schwimmbad. Auf dem Rückweg zum Sportplatz muss ich laufen, denn nach meiner Berechnung müsste KingMabel bald eintreffen. Kaum bin ich da, wechsele 2 Worte mit dem Coach kommt er auch schon - das sieht von weitem gut aus, wie er läuft! Und in der Tat, er sieht gut aus!!! Ich laufe die letzten Meter bis kurz vorm Ziel mit ihm zusammen. Klasse! Dann wird es Zeit, das Maultäschle mit den großen Mädels ins Becken zu werfen - aber das ist eine andere Geschichte…
Die nackten Zahlen:
Swim 12'19 - T1+Bike 41'54 - T2+Run 24'56.
2. AK 40 und 9. Frau gesamt.
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swim, bike, run, eat, drink, fun - ich liebe alles!
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