Es liegt in der Natur des Menschen, dass er unabhängig von moralischen Erwägungen bei Regelübertretungen unbewusst eine indivduelle Risikoabwägung für Fehlverhalten vornimmt.
Zur Eindämmung z.B. von Geschwindigkeitsübertretungen im Straßenverkehr sind Erhöhungen des Strafmaßes erwiesenermaßen genauso geeignet wie die Erhöhung der Zahl von Radarkontrollen. Idealerweise geht beides Hand in Hand.
Ich hoffe, das Deine Hoffnung wahr wird und analog zu Deinem Radarkontrollenbeispiel auch im Sp(r)itzensport die Dopingpraxis abnimmt, wenn z.B. das Strafmaß erhöht wird. Ich bin ehrlich: ich glaube es nicht aus den genannten Gründen.
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Zitat von Hafu
Wir befinden uns in einem Triathlonforum und im Triathlon gab es nie eine relevante Rekordjagd.
Danke für diese Belehrung, ich dachte hier gehts um die Formel 1 Die ganze Diskussion um Doping und die Möglichkeiten seiner Bekämpfungen, die wir hier führen, soll nur im Triathlon Anwendung finden? Nein, natürlich nicht. Aus diesem Grund müssen sich Diskussionen über die Thematik auch an der Realität der meisten olympischen Sportarten messen lassen.
Zitat:
Zitat von Hafu
Weißt du auswändig, was die Weltbestzeit im Olympischen Triathlon, oder auf der Mitteldistanz ist? Rekorde auf der Langdistanz werden v.a. von Veranstaltern einzelner Rennen versucht zu promoten und wie unglaubwürdig diese Rekorde im Einzelfall sind wurde hier im Forum schon in allen Details hinreichend beleuchtet.
Gegenfrage: weißt Du, wer in London 13. wurde bei den Männern im Triathlon, weißt du, wer im 100m Finale sich auf den 7. Platz gekämpft hat und weißt Du, wer hinter der Salazaramada über 5000m auf den 8. Platz vorlief? Wenn ja, Chapeau! Dann bist Du einer von ganz wenigen. Ansonsten funktioniert der Sport über die Codierung des Sieges und der Niederlage. Es geht fast nur darum. Leistungssport lebt von den Siegern, über die der Rubel rollt. Ob jetzt Marek Jaskolka auf Platz 47 seine maximale Leistungsfähigkeit ausschöpfen konnte, interessiert nur eine handvoll Leute. Also, weil Du dich so an meinem Rekorargument festklammerst: Es geht um Siege/Niederlagen und manchmal reicht auch das nicht mehr. Dann gehts um Rekorde.
Zitat:
Zitat von Hafu
Wir betreiben im Triathlon immer noch eine sehr junge Sportart mit zum Glück ganz anderen Traditionen als in anderen arrivierten und z.T. viel flächendeckender dopingverseuchten Sportarten. Darauf sollten wir stolz sein und uns darüber freuen und gleichzeitig sorgsam versuchen, die Fehlentwicklungen anderer Sportarten zu vermeiden.
Die Logik des Spitzensports ist auch hier die Gleiche, wenn auch, da gehe ich mit Dir konform, die Systematik des Betrugs noch nicht so ausgereift ist. Das ist überall dort zu beobachten, wo für die Breite an Athleten und deren Nutznießer nicht die Kohle da ist.
Auch wenn ich insbesondere bei Dir, HaFu, das Gefühl habe, dass zunehmend das, wie es sein soll, mit dem, was tatsächlich ist, verschwimmt, und ich deshalb deine Ideen zur D.bekämpfung nicht in Gänze teile, bin ich grundsätzlich, so glaube ich, in der Motivation bei Dir/Euch. Ich halte insbesondere die Vorschläge Dudes, Geldgeber, Unterstützer etc. von der eigenen Meinung über das Geschehen in Kenntnis zu setzen und z.B. Ware dieser Firmen nicht mehr zu kaufen, für einen Schritt in die richtige Richtung!
Den Konsens, dass ein Antidopinggesetz in der Bevölkerung auf immer größere Zustimmung stößt, kann ich jetzt nicht adhoc mit passenden Umfragen belegen,
ich könnte auch das Gegenteil zugegebenermaßen nicht mit einer Umfrage belegen. Dass es solche Umfragen nicht gibt, oder dass sie zumindest schwer zu finden sind, belegt allerdings meinen Standpunkt, dass der Antidopingkampf kein Thema ist, dass die Bevölkerungsmehrheit bewegt.
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Zitat von Hafu
Die CSU hier in Bayern ist schon seit ca. 2 Jahren eindeutig für ein Antidopinggesetz und man kann über Seehofer sagen, was man will, aber er hat ein sehr feines Gespür für Stimmungen und besetzt immer sehr zielsicher (und populistisch) Themen, für die es Mehrheiten in der Bevölkerung gibt, was man auch am erfolgreichen Wahlkampf mit dem Mautthema beobachten konnte.
Im übrigen hat steht auch im Koalitionsvertrag das Antidopinggesetz als Ziel für die kommende Legislaturperiode,
Herr Seehofer hat ohne Frage ein Gespür für bayerische Mehrheitsmeinungen. Und er schafft es immer wieder, diese Interessen auch außerhalb Bayerns durchzuboxen bzw. auf die Agenda zu setzen. Das bringt ihm in Bayern natürlich Pluspunkte. Im Rest der Republick wird das nicht so positiv gesehen.
Dass es die Forderung nach einem Antidopinggesetz in den Koalitionsvertrag geschafft hat, wusste ich nicht, danke für die Info. Aber vermutlich doch wohl nicht, weil die "Gegenseite" das auch so haben wollte, sondern weil sie im Zuge der Kompromissfindung dem "kleinsten Übel" zugestimmt haben.
Zitat:
Zitat von Hafu
Lebenslange Strafen sind sicher schwer durchsetzbar, weil der Begriff "lebenslang" ja emotional stark besetzt ist und man gleich an mehrfache Mörder denkt, obwohl es hier ja nicht um Gefängnis sondern nur um die Ausübung eines einzigen von zigtausend möglichen Berufen geht.
Ich habe die bisherige Diskussion so verstanden, dass lebenslange Strafen schwer durchsetzbar sind, weil sie rechtswidrig sind.
Zitat:
Zitat von Hafu
MW stimmt also mit uns überein und fordert ebenfalls ab sofort 4 Jahre Strafe für Ersttäter.
Wenn er das ernst meinen würde, müsste er eigentlich noch freiwillig zwei weitere Jahre auf Wettkämpfe verzichten. Er meint das also nicht ernst, sondern er will mit dieser (leicht durchschaubaren) Äußerung Werbung für sich machen. Außerdem hat er nichts mehr zu verlieren: Wenn er noch einmal erwischt wird, ist er weg vom Fenster. Da ist es leicht, solche "Angebote" zu machen. Diese Äußerung kann man also nicht als Argument für härtere Strafen nehmen.
Zitat:
Zitat von Hafu
So ein Verhalten erinnert doch stark an den späten Lance Armstrong
(...)
Ich finde es sehr schade, dass er nicht dabei war. Denn um sich ein faires gerechtes Urteil bilden zu können, müssen beide Seiten gehört werden. Dass er bei dem Ton, der hier (in diesem Thread) angeschlagen wird, dazu keine Lust hatte, verstehe ich.
Zitat:
Zitat von Hafu
Das bisherige Strafmaß ist jetzt schon durch die WADA auf 4 Jahre für den Regelfall verlängert worden. Das ist jetzt schon Rechtswirklichkeit der WADA (seit 16.11.2013). Da brauchen wir also gar nicht mehr drüber debattieren.
[klugscheißmodus]
Das tust Du aber, siehe z.B. "sogar MW setzt sich auf für härtere Strafen."
[/klugscheißmodus]
Zitat:
Zitat von Hafu
Keine Sportart kann ohne Regeln funktionieren.[/b] Während man manche Regelübertretungen (wie Fouls im Mannschaftssport. Drafting im Triathlon, Streckenabkürzen),wenigstens noch sehen und ggf. auch im Nachhinein ahnden kann, ist das Perfide am Doping, dass es den Sport in seinen Grundfesten verdirbt, weil man es (abgeshen von Ausnahmefällen) nicht sehen kann und weil auch jede sauber erbrachte Spitzenleistung ab einem bestimmten Dopingdurchseuchungsgrad unter Generalverdacht gestellt wird.
Richtig, die "Heimtücke", die schwere Entdeckbarkeit sind es, die solche Regelverstöße so schwerwiegend machen.
Es gibt aber andere Regelverstöße, die in meinen Wertesystem noch schlimmer sind, nämlich diejenigen, welche die Gesundheit der anderen Wettkampfteilnehmer gefährden. Beispielsweise grobe und absichtliche Fauls im Mannschaftssport, oder Faust- und Kopfschläge beim Zielsprint eines Radrennens.
Zitat:
Zitat von Hafu
Zur Eindämmung z.B. von Geschwindigkeitsübertretungen im Straßenverkehr sind Erhöhungen des Strafmaßes erwiesenermaßen genauso geeignet wie die Erhöhung der Zahl von Radarkontrollen.
Eine ernstgemeinte Frage: Lässt sich die Wirksamkeit der höheren Strafen für zu schnelles Fahren belegen? Ich habe dazu nur gegenteilige Behauptungen/Meinungen in Erinnerung, und finde dazu nichts. In der Praxis kann ich diese Wirksamkeit auch nicht feststellen: Ich wohne in einer 30er Zone, wo gefühlt zwei von dreien mit 50 oder 60 durchbrettern, beim Radfahren erlebe ich auch regelmäßig Geschwindigkeitsexzesse von Motorradfahren, und auf der Autobahn einen LKW mit 120 oder 130 zu überholen erfordert zumindest starke Nerven.
Ich glaub der slowman hat keine Ahnung in was der Hr. Weiss da in Österreich verwickelt war. Denke Weiss hat ihm das nicht erzählt
Das Ökosystem rund um Matschiner war Doping auf höchsten Niveau mit allen drum und dran, die Blutzentrifuge war nur die Krönung...da wurde Jahre auf Teufel komm raus gespritzt, geworfen und was sonst noch.
Wer Blutdoping betreibt hat mit hoher Wahrscheinlichkeit das andere Program schon Jahrelang gefahren und kann dies nicht mehr steigern ohne bei Tests positiv zu sein.
Eine ernstgemeinte Frage: Lässt sich die Wirksamkeit der höheren Strafen für zu schnelles Fahren belegen? Ich habe dazu nur gegenteilige Behauptungen/Meinungen in Erinnerung, und finde dazu nichts. In der Praxis kann ich diese Wirksamkeit auch nicht feststellen:...
Ich mache in der Praxis das Gegenteil fest:
Autofahren in der Schweiz: Das meistgefahrene Tempo ist erlaubte Geschwindigkeit bis erlaubte Geschwindigkeit plus 5 km/h (ab da tut dann die Strafe richtig weh). Wer in der Schweiz zu schnell fährt, hat entweder richtig einen am Zaun, deutlich zu viel Geld oder weiß, wo die Blitzer stehen.
Autofahren in Deutschland: Das meistgefahrene Tempo ist erlaubte Geschwindigkeit plus 20 km/h (ab da tut dann die Strafe richtig weh).
Die Höhe der Strafe in der Schweiz macht aus notorischen deutschen Schnellfahrern ganz akribische Autofahrer, die panisch ihren Tacho hypnotisieren.
Ebenso die Kenntnis von Blitzerschwerpunkten.
Meine Studie (n=1) ergibt also:
Je höher die Strafe und je höher die Wahrscheinlichkeit erwischt zu werden, desto regelkonformer fahren die Leute.
Wir befinden uns in einem Triathlonforum und im Triathlon gab es nie eine relevante Rekordjagd.
Ich erinner mich, das die 8 Stunden Grenze durchaus Thme war. Man denke an Allen, der für seinen Start in Roth 94 seine Saisonvorbereitung komplett darauf ausgerichtet hat.
das stimmt, und das hatte ich nicht bedacht: Im Ausland, wo die Strafen für zu schnelles Fahren eigentlich überall wesentlich empfindlicher sind als in Deutschland, wird i.d.R. auch gesitteter gefahren
Du hast die bisherigen Posts hier in diesem Thread nicht sorgfältig genug gelesen. Das bisherige Strafmaß ist jetzt schon durch die WADA auf 4 Jahre für den Regelfall verlängert worden. Das ist jetzt schon Rechtswirklichkeit der WADA (seit 16.11.2013). Da brauchen wir also gar nicht mehr drüber debattieren.
Die "Rechtswirklichkeit der WADA" ist nicht bindend. Die WADA hat nur den ihr angeschlossenen Sportverbände etwas zu sagen. Ob deren Regeln sich in den jeweiligen Nationalstaaten, zum Beispiel in Deutschland, anwenden lassen, steht auf einem ganz anderen Blatt. Die WADA kann, wie jeder andere Verband auch, beschließen was sie will. In Deutschland wird davon nur dasjenige umgesetzt, das nicht gegen unsere Gesetze verstößt.
Bereits in der von Dir zitierten Quelle werden erhebliche Zweifel an der Durchsetzbarkeit der Vierjahressperre geäußert:
Erhebliche Zweifel werden an der Durchsetzbarkeit der verschärften Regelsperre für schwere Doping-Vergehen angemeldet: Anabolika- oder Blutdoping werden vom 1. Januar 2015 an mit einer vier- statt zweijährigen Suspendierung geahndet.
"Es ist ein falscher Weg und ein falsches Zeichen. Durch die Höhe der Sperre lassen sich Athleten nicht abschrecken, so lange sie darauf vertrauen können, nicht erwischt zu werden", kritisierte Dr. Clemens Prokop, Präsident des Deutschen Leichtathletik-Verbandes (DLV). "Das ist Augenwischerei: Man sagt, schaut wie strikt wir gegen Doping kämpfen können, weil permanent die Strafen erhöht werden, aber an den Ursachen des Dopings wird nichts verändert."
Ganz gleich, ob man das neue Strafmaß begrüßt oder ablehnt: Die Durchsetzbarkeit ist zumindest in Deutschland äußerst fraglich. Und zwar nicht deshalb, weil Deutschland für Doping wäre, sondern weil ernstzunehmende Gründe dagegen sprechen.
Die Frage muss daher erlaubt sein, ob eine solche Erhöhung des Strafmaßes das richtige Mittel darstellt, um Doping zu bekämpfen. Vielleicht gibt es andere Mittel und Wege, die besseren Erfolg versprechen? Eine Möglichkeit wäre vielleicht das obligatorische Einfrieren aller Dopingproben zu einer späteren Nachkontrolle.