Ich weiß ja jetzt nicht, wie viele der hier Versammelten wie viele LDs gemacht haben und wie viele davon nicht gefinisht haben, aber ich kann nach 14 oder 15 LDs und drei oder vier DNFs für jeden DNF jeweils einen triftigen Grund bringen, warum ich nicht zu Ende machen wollte.
Generell hat das Nicht-Finishen (sowohl bei Pros als auch AGern) mit einem substantiellen Wandel der Sportart Triathlon, besser der Langdistanz zu tun.
Während bis vor wenigen Jahren eine LD noch direkt mit den Bildern kriechender Athleten verknüpft war und damit das Finishen einer nahezu heroischen Tat gleichkam, hat der Boom der IMs und LDs zu einer gewissen "Normalisierung" des LD-Finishes geführt. D.h. ein Finish weist nicht mehr über den Sportler hinaus als Ausdruck unglaublicher Leistung, sondern bleibt "nur" eine persönliche sportliche Leistung (bitte jetzt keine Hinweise, daß es noch genug Leute gibt, die ungläubig schauen, wenn man von Triathlon und LDs erzählt - es geht um die generelle Veränderung der Wahrnehmung der Sportart Triathlon).
In diesem Moment kommen unterschiedliche Motivationen ins Spiel, eine LD nicht zu finishen:
- man hat einfach keine Lust, sich noch den Rest anzutun, weil man sich das schon oft genug selbst bewiesen hat
- man ist nicht darauf angewiesen, eine Rangliste a lá "Guck-mal-wieviele-LDs-ich-schon-gefinisht-habe" zu erstellen
- man hat sich eine bestimmte Zeit vorgenommen, merkt, daß man sie nicht schafft und ist daher mental nicht bereit, sich die letzten zwei, drei Stunden das abzuverlangen, was eine LD im Marathon einem nun mal abverlangt
- es ist einfach nicht der Tag, an dem man eine LD absolvieren sollte, weil der Körper schlichtweg nicht bereit ist
- man hat erhebliche körperliche Probleme und Sorge, daß man entweder während des WKs medizinische Hilfe bräuchte oder nach dem WK an den Folgen der Probleme zu leiden hat
- usw. usw.
Es gibt sicher noch zig andere Gründe, warum es nachvollziehbar und z.T. sinnvoll/vernünftig ist, eine LD nicht durchzuziehen.
Doch für einen Pro gibt es noch einen ganz entscheidenden Grund:
Er ist angetreten, das bestmögliche Ergebnis zu erzielen - das bedingungslose Finishen, wie es vor 25 oder 20 Jahren noch zur Legendenbildung beigetragen hat, bringt weder ihm noch seinen Sponsoren etwas.
Kurz: Da die LD viel von ihrem Mythos des Unglaublichen verloren hat, "muß" auch niemand mehr UM JEDEN PREIS finishen.
Zaehne zusammenbeissen, Wade waehrend des Schwimmens durch Fuss anziehen versuchen zu dehnen, keine Belastung beim Abstossen mehr drauf. Irgendwann gibt sich der Krampf wieder.
Preis: Reduzierte Belastungsfaehigkeit der Wade in den folgenden Wochen und Monaten. Wenn ich Profi waere, wuerd ich mir dreimal ueberlegen, ob es sich bei diesem Preis lohnt.
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One week without training makes one weak.
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Wade waehrend des Schwimmens durch Fuss anziehen versuchen zu dehnen, keine Belastung beim Abstossen mehr drauf. Irgendwann gibt sich der Krampf wieder.
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Geben die Schildkröten und Köpfe anderer Teilnehmer so viel Widerstand?
Kurz: Da die LD viel von ihrem Mythos des Unglaublichen verloren hat, "muß" auch niemand mehr UM JEDEN PREIS finishen.
Gruß: Michel[/quote]
Wenn das wirklich so ist, dann stimmt m.E. etwas in der Wahrnehmung nicht und die LD insbesondere auf Hawaii verliert dann ihren Mythos und auf lange Sicht wird Landdistanztriathlon dann eine Nullachtfünfzehnsportart.
Der Finishergedanke einer LD ist für mich die Grundlage unseres Sportes. Platzierungen etc. sind das "Sahnehäubchen". Wenn der Finishergedanke bei den Pros nicht auch tief verwurzelt wäre, wäre die Aussteigerquote mit Sicherheit noch erheblich höher.
Meine These: Keiner, weder Pro noch AKler macht sich das "Aussteigen" leicht und hat sehr gute Gründe, wenn er aussteigt. Die Tatsache, daß diese Gründe vielleicht zwei Stunden später dann nicht mehr ganz so stichhaltig sind, steht auf einen anderen Blatt.
Für jemanden der gewinnen will und auch kann, spielt das Finish hingegen keine Rolle. Er hat hunderte Stunden für den Sieg und auch für das Preisgeld gearbeitet. Der Körper und vor allem der Kopf sind darauf eingestellt um den Sieg zu kämpfen. Wenn es dann so schief läuft, ist es völlig logisch, dass die Luft raus ist - diesen emotionalen impact meinte ich. Das ist eben ein riesen Unterschied zum Amateur.
Der Punkt ist nur: Die meisten Pros haben in etwa so große Chancen auf den Sieg, wie ich meine AK zu gewinnen- nämlich keine!
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