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Zitat von Flow
Die Luft ist gut, die Landschaft grün, die Vögel zwitschern auch ... also zügig weitermarschiert, was soll's ... bis 18:00 Uhr werde ich's schon irgendwie nach Schmiedefeld schaffen.
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Ja, und das war dann für viele Stunden das Thema.
Die spärlichen km-Schilder mit der Uhr verglichen und eher vage kalkuliert, welches Tempo nun auf Dauer zu realisieren wäre.
Dabei immer fein auf die Befindlichkeit das Knies geachtet und irgendwie das toliererbare Optimum herausbalanciert ...
Verschiedenste Modi und Lauf-Gehstile ausprobiert, dabei so um die 6-8 km/h gen Festzelt gekommen ...
Dabei ließ sich wieder schön mit ein paar anderen Mitstreitern, die man in regelmäßigem Wechsel immer wieder ein-/überholt bzw. ziehen läßt, über dies und jenes quatschen.
Das Wetter war im Übrigen recht warm. Im Gegensatz zum Vorjahr als im da oben im Thüringer Hochgebirge fast jämmerlich erfroren wäre ...
Schlauerweise hatte ich dieses Jahr noch irgendwo das alte Tyvek-Jäckchen vom NY-Marathon herausgezogen und für alle Fälle um die Hüften gebunden.
Da ich am liebsten gepäckfrei reise, war es mir eher eine Last und ich recht froh, als ich mal wieder ein Dame einholte, die mich mit
"Ach, das Knie. Hallo !" begrüßte, über stärkere Rückenschmerzen klagte und offensichtlich sehr fror.
Eine Minute später hatte sie meine Jacke an, zwei Minuten später brach ein Gewitter über uns herein, ich kühlte recht schnell aus, diesmal zusätzlich noch klatschnaß ... wie gut, daß ich dieses Jahr die Jacke mitgenommen hatte ...
Nachdem die schlotternde Dame an der nächsten Verpflegunsstation in Decken gehüllt und der Fahrservice organisiert war, machte ich mich, mal wieder mit Raynaud-Fingern auf Richtung Oberhof, wo man jedes Jahr auf's neue recht plump in Versuchung zu führen versucht wird.
Der Weg gabelt sich, links sanft bergab ein breiter Boulevard durch ein geschmücktes Tor, auf dem breit "ZIEL" prangt, dahinter eine Festzelt-Attrappe. Rechts windet sich ein schmaler, steiniger Pfad gen Horizont den Berg hinauf ... der Weg der Sieger nach Schmiedefeld, jetzt nichtmal mehr eine HM-Distanz entfernt.
Ein verächtlicher Blick nach links und weiter geht's ...
Über Stock und über Steine, aber brich dir nicht die Beine ... ab der "Suhler Ausspanne" werde ich zusammen mit zwei anderen, die mich dort erstmal wieder überholen offiziell als "letzte Läufer" geführt ...

Noch gut 12 km, und bald habe ich diesen Titel für mich allein ...

Ein Bergwacht-Assoziierter hat noch eine schnelle Latschenkiefer-Einreibung für meine Knie übrig. Das zuvor angebotene Diclofenac hielt ich der Kommunikation mit dem Sorgenkind abträglich.
Die Schmerzen waren schließlich nicht das Problem. Wichtig war, das Knie nicht zu zerstören !
Spätetestens jetzt war es mit den sporadischen Laufeinlagen auch endgültig vorbei, die Schmerzen traten zunehemend schon beim Gehen auf.
Zwei "Besen-Motorräder" patroullierten immer mal wieder um mich herum und erkundigten sich nach meinem Befinden.
Lustigerweise ging es mir ja rundum recht gut, im Gegensatz zum letzten Jahr war ich bei guten Kräften, die Finger waren auch wieder durchblutet, lediglich das Knie hielt mich vom Laufen ab.
Als ich die Wiese zu meinem Lieblingsort Schmücke runterhumpelte, sprang man dort kollektiv auf, zeigte in meine Richtung und jubilierte lauthals
"DER LETZTE !" ...
Ich riß die Arme hoch ...

... die Menge johlte, man reichte mir mein Bier und rief
"EX !"
Ich lief durch ein La Ola-Spalier und wurde gefeiert und fotografiert wie ein Sieger ...
Auch der "St. Martin", der mich im letzten Jahr vor'm Erfrieren gerettet hatte (ich berichtete sicher irgendwo), war anzutreffen und erkannte mich wieder ... :-)