Da habe ich mehr gemacht. Die letzten 8 Wochen lagen durchschnittlich bei ca. 19 Stunden.
Allerdings war ich gezwungen, 2 von 4 wöchentlichen Radeinheiten sehr locker und regenerativ zu absolvieren. Denn das Lauftraining hat mir ziemlich den Zahn gezogen. In den letzten Jahren ging bei mir läuferisch leider nicht viel, daher habe ich das Lauftraining heuer nicht so gut weggesteckt; dabei bin ich nur gejoggt und habe mich aller Intensitäten enthalten. Ich bin aber mehr als happy, es verletzungsfrei bis hierher geschafft zu haben.
Das wöchentliche Radtraining in der BUILD-Phase sah also schematisch so aus:
1x Wettkampftempo-Intervalle á la 4x 20km plus ein- und ausfahren
1x 120-140km GA1
2x ca. 2.5 Stunden regenerativ
Qualitativ war mehr nicht drin. Die letztgenannten regenerativen Einheiten hätte ich wahrscheinlich auch weglassen können, dann wäre ich etwa bei Deinen Wochenumfängen gelandet.
Gelaufen bin ich meistens 3x die Woche, alles GA1. Ca. 50 Kilometer. Die Läufe sind mir nicht leicht gefallen. Beim wöchentlichen langen Lauf mit Peter musste ich mich bis zuletzt regelrecht durchbeißen; bereits nach 10 Kilometern war ich stets reif für’s erste Gel.
Anyway, ist ja jetzt alles egal. Ich muss erstmal im Rennen den Laufkilometer 20 oder 25 erreichen. Dort geht der Tanz, wie wir alle wissen, ja erst los.
Darf ich fragen welche ungefähre Durchschnittsgeschwindigkeit du bei GA1 fährst und welche bei einer regenartiven Fahrt?
Darf ich fragen welche ungefähre Durchschnittsgeschwindigkeit du bei GA1 fährst und welche bei einer regenartiven Fahrt?
GA1 auf dem Triathlonrad im Sommer ist ungefähr 30-32 km/h als Durchschnitt in sehr flachem Gelände. Dasselbe im Winter und auf dem Rennrad ergibt ca. 27 km/h. Als gut trainierter Langstreckler bewege ich mich viel im unteren GA1.
Wenn ich mich platt fühle komme ich bei regenerativen Fahrten im Sommer mit dem Rennrad in sehr flachem Gelände auf ca. 27 km/h, war aber auch schon langsamer.
Während der Fahrt achte ich allerdings nicht auf die Geschwindigkeit, sondern überwiegend auf mein Belastungsgefühl. In der BUILD-Phase habe ich Puls und Watt auf dem Display.
Heute ist Samstag, daher habe ich etwas zu berichten. Die letzte nennenswerte Trainingseinheit vor dem Wettkampf. Sie ist geprägt durch ein Motivationswirrwarr. Einerseits war ich motiviert, heute, bei der letztmöglichen Gelegenheit, mich mir selbst in guter Form zu präsentieren. Denn das hat mir in den letzten Wochen gefehlt und mich verunsichert. Andererseits: Die Würfel sind ohnehin längst gefallen. Die heutige Trainingseinheit hat nur noch geringen Einfluss auf die Form, also was soll die verdammte Plackerei?
Derart gemischt motiviert stach ich samt Neo in See. Die Arme drehten gut. Wie ein Boot lag ich im Wasser und wurde die ersten paar hundert Meter auf dem Rücken nicht nass. Das Ufer zog in verschwenderischer Eile an mir vorüber. Unwillkürlich wanderten meine Gedanken zu den Highspeedkollegen Armstrong, Aldrin und Collins, die im August 1969 in ihrer Raumkapsel mit einer Geschwindigkeit von 20 Kilometern pro Sekunde vom Mond kommend auf die Erde zu rasten und keine Bremse an Bord hatten. Ihre Landung auf der Erde ist auch aus heutiger Sicht ein technisches Schurkenstück erster Kajüte. – Das gegenüber liegende Ufer näherte sich, klein, grün und verletzlich, ich sah es ganz deutlich durch die Luke meiner Schwimmbrille. Mir wurde ganz feierlich zumute. Armstrong, Aldrin, Collins und Klugschnacker.
Ich hatte fetten Rückenwind. Der ganze See wogte in meine Richtung. Die Bäume am Ufer bogen sich aufs Erfreulichste zu einer Polonaise, einer den anderen lebhaft an die Schulter greifend. Als Kommandant im Inneren meines Neos analysierte ich messerscharf die Lage: Wenn der Wind das Wasser an der Oberfläche in die eine Ecke des Sees treibt, muss es am Boden des Sees in die andere Richtung zurück fließen. Houston bestätigte nicht, aber mein Plan stand fest, und zwar buchstäblich. Auf dem Rückweg, jetzt frontal gegen Wind, Wellen und Strömung schuftend, fuhr ich mein drittes Bein aus, erreichte damit die Unterströmung, und segelte auf dieser zurück ans andere Ufer. Ja, so ist es gewesen!
Beim Radfahren gab es das halbe Programm: Einfahren, 2x 20km zügig, ausfahren. Diese Einheit war mir wichtig. Am letzten Mittwoch hatte ich bei den 4x 20km schlechte und müde Beine, was mir innerlich ein wenig zu schaffen machte. Denn der Formschub während des Taperns ist eigentlich eine bescheidene Stärke von mir. In den letzten drei, vier Wochen vor dem Saisonhöhepunkt werde ich normalerweise von Woche zu Woche schneller. Das hatte sich bisher nicht gezeigt. Kurz und gut: Heute wollte ich gut fahren und wissen, wo ich stehe.
Um das ein wenig zu erzwingen, habe ich sogar meine kleine Taper-Diät unterbrochen, und mir gestern eine warme Mahlzeit gekocht. Sie hatte die Rolle eines kleinen Carboloadings. Ansonsten lasse ich es aktuell mit Salat gut sein, um nicht aufgrund des reduzierten Trainings wieder Gewicht zuzulegen. Das geht nämlich beim Tapern ruckzuck.
Die Radbeine waren dann glücklicherweise okay. Es waren keine Hammerbeine. Der Wind war mit Stärke 4 und Böen bis 50 km/h nicht immer nett zu uns, aber ich trieb mein treues Ross die erste Runde mit 41.3 und die zweite mit 40.1 km/h über die Prärie. Wir waren im vergangenen Jahr einmal schneller, aber ich bin zufrieden mit dieser intensiven Radstunde. Besser bin ich nicht, und mehr zu wollen wäre innere Aufschneiderei.
Beim Ausfahren in Richtung Koppellauf halten wir beim REWE-Markt. Dort entdecke ich im Kühlregal einen Energy-Drink. Direkt neben den Redbull-Dosen, aber nur für EUR 0.69 das Stück. Voll billig! Etwas aufgekratzt von meiner Entdeckung kaufe ich drei Dosen und setzte mich draußen zu den anderen auf den Bordstein. Sie winken allerdings ab und trinken lieber ihr eigenes Zeug. Ich kann ja nichts wegwerfen, drum schreibe ich diese Zeilen jetzt ebenfalls etwas aufgekratzt, und werde wohl die Nacht lang die Wohnung putzen oder an den Nägeln kauen.
Der Koppellauf war dann Routine, 8 Kilometer um den See, der jetzt in provozierender Glätte vor uns liegt. Dieses Dreckschwein! Kaum ein Lüftchen geht. Oli, Urs, Sabine und ich schwitzen ordentlich, aber ich fühle mich gut dabei. Die Tempoverschärfung der beiden Jungs kann ich nicht mitgehen, doch die Maschine läuft auf meinem bescheidenen Niveau ganz ordentlich.
Mental bin ich so langsam auf meiner Welle angekommen, auf der ich in so ein langes Rennen hinein surfe: Ich habe ordentlich Respekt vor den enormen Distanzen, vor allem dem Marathonlauf. Aber es ist eine positive, optimistische Anspannung. Wie Armstrong, Aldrin und Collins, denen die Gefahren und Unwägbarkeiten ihres Abenteuers klar waren, aber die auch wussten, sie sind gut vorbereitet und ihre Raumkapsel ist stark gebaut. Natürlich waren sie Helden und nutzten überdies das Know how einer ganzen Nation. Denkt Euch das alles tausendmal kleiner, dann habt Ihr eine Vorstellung von meiner Welle: Etwas Zuversicht, und das Wissen, was man kann.
Waren die 41,3 und 40,1 in LD- Tempo oder eher in FTP-Tempo?
So dazwischen. Durchschnittspuls über die gesamten 40km war 152 Schläge pro Minute. Das LD-Wettkampftempo sehe ich so 10 Schläge darunter. FTP wäre ca. 20 Schläge darüber.
Durchschnittsleistung war 236 Watt bei 29℃ auf meiner Anzeige, die generell wohl etwas zu niedrige Werte ausspuckt. Für das Rennen nehme ich mir so 220 Watt vor, falls nichts dagegen spricht.
Ich werde definitiv keine 40km/h im Rennen fahren, das ist nicht meine Liga, auch nicht an einem perfekten Tag. Es wäre mein sicherer Untergang noch auf der Radstrecke. Auch die 4:45 Stunden, die mir hier freundlicherweise zugetraut werden, muss ich erstmal schaffen. 20 oder 40 Kilometer im Training sind halt doch was ganz anderes als 180 Kilometer plus ein Marathon. Ich wäre auch mit 4:50 Stunden, das ist meine aktuelle Bestzeit, hochzufrieden.