Ich fand vor ein paar Stunden eine DLF-Sendung lustig, in der eine Reihe von Vertretern linker Parteien mit Klagen zitiert wurden, daß die Ministerriege von Merz so gar nicht "progressiv", sondern eindeutig konservativ ist, und für wie falsch sie das halten.
Klang echt so, als ob diese Leute sich nicht vorstellen könnten, daß Merz und die CDU genau dafür ihre Mehrheit bekommen haben, um konservative Politik zu machen, statt das Bisherige weiterzuführen.
Jeder, der nicht die CDU gewählt hat, mag die Personalien wie auch die Regierungspolitik falsch finden; aber die Erwartung auszudrücken, daß Merz Personen zu Ministern ernennt, die linke Politik machen, finde ich schon merkwürdig. (na gut, er hat ja mit seinen Aktionen zu Schulden und Verfassungsänderung natürlich so manche Erwartungen links und Enttäuschungen rechts provoziert - vielleicht versucht er mit den Personen etwas wieder zurechtzurücken)
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“If everything's under control, you're going too slow.” (Mario Andretti)
Wenn ich "progressiv" in Google eingebe, erscheint zuerst der Begriff "fortschrittlich", nicht "links".
Ich hoffe auf "Fortschritt", ansonsten werden wir einfach abgehängt.
"Fortschritt" ist m.M.n. ein Wieselwort, das schwer objektiv zu definieren ist, bzw. es liegt stark im Auge des Betrachters, ob eine Veränderung als Fort- oder Rückschritt zu bewerten ist. Wenn linke Politiker von "progressiv" sprechen, werden sie wohl kaum an Veränderungen denken, die ein konservativer Politiker sich überlegt. Trotzdem ist Fortschritt nicht ausschließlich für linke Visionen reserviert, finde ich.
Für mich wurde sicher der Begriff progressiv etwas einseitig negativ geprägt, zumal ich in einem System aufwuchs, das sich als höchst progressiv verstanden hat, und dessen Abschaffung ich erst als wirklichen positiven Fortschritt* empfinden konnte.
Übrigens, im Gegensatz zu einem Wettkampf finde ich es nicht entscheidend, ob ein Land "abgehängt" wird, sondern wie gut es schafft, individuelle Freiheit und Rechtstaatlichkeit, stabilen Wohlstand, sozialen Frieden und funktionierende Verwaltung und Infrastruktur zu sichern und zu erhalten. Der Vergleich mit anderen ist im Staatlichen wie Privaten völlig nebensächlich, und hat rein psychologischen Wert - außer man will etwas aus dem Vergleich lernen, wie es andere besser machen.
*Wer mal eine etwas ausgefallene, differenzierte Sicht auf das Thema Fortschritt werfen mag, kann sich Peter Thiels Gedanken dazu durchlesen.
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“If everything's under control, you're going too slow.” (Mario Andretti)
Übrigens, im Gegensatz zu einem Wettkampf finde ich es nicht entscheidend, ob ein Land "abgehängt" wird, sondern wie gut es schafft, individuelle Freiheit und Rechtstaatlichkeit, stabilen Wohlstand, sozialen Frieden und funktionierende Verwaltung und Infrastruktur zu sichern und zu erhalten. Der Vergleich mit anderen ist im Staatlichen wie Privaten völlig nebensächlich, und hat rein psychologischen Wert - außer man will etwas aus dem Vergleich lernen, wie es andere besser machen.
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Auf dem nicht-abgehängt sein fußt halt zum großen Teil unser Wohlstand. In so einer komfortablen Situation kann man dann über das Gendern reden, über das Tierwohl und über die Farbe von Radschuhen. Wenige Jahrzehnte vor uns hätte man von solchen Diskussionen nicht mal geträumt. Auch Dinge wie sozialer Frieden und Rechtsstaatlichkeit hängen da direkt dran.
DE hat Geld wie Sand am Meer. Zur Not kann der Staat einfach neues Geld drucken, im Gegensatz zu dir und mir: Wir können das nicht. Ein viel größeres Problem in DE ist mittlerweile die Ungleichverteilung: Arme werden ärmer, Reiche reicher und die Zahl der Armutsgefährdeten steigt an.
"Fortschritt" ist m.M.n. ein Wieselwort, das schwer objektiv zu definieren ist, bzw. es liegt stark im Auge des Betrachters, ob eine Veränderung als Fort- oder Rückschritt zu bewerten ist. Wenn linke Politiker von "progressiv" sprechen, werden sie wohl kaum an Veränderungen denken, die ein konservativer Politiker sich überlegt. Trotzdem ist Fortschritt nicht ausschließlich für linke Visionen reserviert, finde ich.
Konservativ bedeutet im Wort so etwas wie "erhalten" (konservieren). Das ist das Gegenteil einer Veränderung.
Konservativ zu sein bedeutet nicht einen speziellen politischen Standpunkt, sondern das Ablehnen einer Veränderung. Ein indischer, ein dänischer und ein türkischer Konservativer wollen ganz unterschiedliche Dinge; was ihnen gemeinsam ist, ist der Widerstand gegen gesellschaftliche Veränderungen.
Zu den Feinheiten: In Europa und den USA ist die konservative Haltung stark überprägt von den Interessen der fossilen Lobby, und, je nach Land, von religiösen Lobbys. Bei letzterem denke man an die USA und die dortige enge Verbindung zwischen den politisch Konservativen und den Christlich-Evangelikalen.
Beide, die fossile und die religiöse Lobby, benutzen das konservative Lager, um politische Macht zu entfalten. Dabei wird bewusst ein Kulturkampf angezettelt: Windräder und elektrisch betriebene Autos werden beispielsweise als "links" dargestellt, und daraufhin von konservativen Lager pauschal abgelehnt. Zweites Beispiel: Die Leugnung des menschengemachten Klimawandels findet man fast ausschließlich im konservativen Lager, weil sie durch die fossile Lobby in diesem Milieu massiv verbreitet wird.
In diesem Sinne umfasst der Begriff des Konservativen heute nicht nur den Unwilllen gegenüber Veränderungen, sondern außerdem ganz konkret die Interessen der fossilen Lobby, sowie je nach Land religiöse Überzeugungen, etwa die Stellung der Frau in der Gesellschaft oder die Intoleranz gegenüber sexuellen Minderheiten.