Kennt Ihr das auch? Schon nach kurzer Entlastungszeit fühlt man sich wie ein unsportlicher, träger Kloß. Ein oder zwei Entlastungstage genügen. Mehrmals pro Stunde wandern die Hände unbewusst an den Bauch und sind dann ganz entsetzt, wie unerwünscht weich er sich greift. Huch, auch an den Seiten! Trete ich dann vor die Türe, sapperlott, was seh ich da?! Alle gehen fleißig joggen: Eva, Franz und Mustafa! Gefühlt unvorstellbar für einen Pfannkuchen wie mich.
Sontag war also locker, zweieinhalb Stunden Rennrad mit einem Durchschnittspuls von 101. Montag kompletter Ruhetag. Dienstag wieder Laufen, denn ich finde es wichtig, das Laufen auch in Ruhewochen beizubehalten und nur die Umfänge zu kappen. Die ersten Kilometer dieser Woche habe ich auf dem Laufband abgespult. Das schont nach meinem Gefühl die Gräten im Vergleich zum Straßenlauf. Außerdem ist es für den Kopf einfacher: Man stellt ein bestimmtes Tempo ein und ist ab diesem Moment Passagier. Man kann innerlich abschalten, läßt das Fleisch laufen und beschäftigt den Geist mit Musik oder Hörbüchern.
Im Fitnessstudio macht man als Ausdauersportler die Entdeckung, in einem unsichtbaren Körper zu stecken. Du kannst in der Umkleidekabine aus nächster Nähe Kraftsportler grüßen, oder im Studio jemandem freundlich zunicken, der während einer Serienpause apathisch in Dein Gesicht starrt: keine Reaktion. Am Empfangstresen meines Studios grüßte man mich in den ersten Wochen beim Betreten des Studios professionell-freundlich. Doch seit ich auch längere Läufe auf dem Laufband absolviere, hat sich das gewandelt. Von Woche zu Woche wurde die Begrüßung kühler. Beträte ich heute das Studio mit einem tropfenden Döner in der Hand und dem Ausruf „Heil Hitler!“, würde sich an dem Gesichtsausdruck, der mir entgegen gebracht wird, nichts ändern. Die stellen sich ganz schön an, nur weil in den nächsten zwei Stunden der Boden wackelt.
Tatsächlich war das bereits meine zweite Trainingseinheit des Tages. Ich ging am Vorabend zeitig zu Bett gemäß der Volksweisheit „Müde bin ich, geh zur Rüh, sonst hab ich mit dem Training Müh!“. Bereits mit dem allerersten Tageslicht erwachte ich gegen 5 Uhr morgens wie ein Harlekin, der an einer Drahtfeder aus einer Schuhschachtel springt. Ich weiß nicht, ob es am Testosteron liegt, dessen Spiegel in den frühen Morgenstunden bekanntlich am höchsten ist und einem sehenswerte Träume verschafft, oder an einer noch unbekannten perversen chemischen Reaktion im Körper von Triathleten, welche das absurde Verlangen in mich senkte, im Morgengrauen schwimmen zu gehen. Was für ein Unfug!
Zügig kraulte ich los. Es war schon hell, aber die Sonne hatte es noch nicht über die Bäume am Ufer geschafft. Der Neo trug mich über die ersten kleinen Wellen, dann wurde das Wasser bleiern und ruhig. Die Dunkelheit der Nacht ruhte noch in der Tiefe. Mit dem linken Auge, das beim Atmen oberhalb der Wasserlinie ist, erspähte ich eine Entenfamilie, die rüstig und entschlossen in Einerreihe am Ufer entlang latschte. Offenbar ebenfalls Sportler im artfremden Element. Ich grüßte kollegial mit einem Kopfnicken: Keine Reaktion. Wahrscheinlich sind wir Mitglied im selben Fitnessstudio.
Ganz allein auf hoher See ist nicht jedermanns Sache. Sich dann aber doch überwunden zu haben, wird mit einem Gefühl von Unabhängigkeit und Freiheit belohnt. Noch vor Einsetzen des Berufsverkehrs fuhr ich in bester Laune zurück in die Stadt, direkt in die Morgensonne hinein.
Ein besonderer Termin wartet am Wochenende auf mich. Gemeinsam mit ein paar schnelleren Jungs werde ich ein Stück im Rothsee schwimmen, eine Runde auf der Challenge-Radstrecke ballern und ca. 10km um den Rothsee laufen. Ich bin gespannt, wie sich das anfühlen wird.
Mit dem linken Auge, das beim Atmen oberhalb der Wasserlinie ist, erspähte ich eine Entenfamilie, die rüstig und entschlossen in Einerreihe am Ufer entlang latschte. Offenbar ebenfalls Sportler im artfremden Element. Ich grüßte kollegial mit einem Kopfnicken: Keine Reaktion. Wahrscheinlich sind wir Mitglied im selben Fitnessstudio.
Oh Arne, wenn's nach mir geht, darfst du gerne jeden Tag hier schreiben.
Das mit der Ruhewoche kenn ich^^ Man fühlt sich eigentlich frisch und hat das Gefühl gar keine Entlastung zu brauchen und nach 2 Tage ist man zum unproduktivsten Mensch der Welt geworden.
Das mit dem Grüßen ist bei uns beim Schwimmen lustig. Da sitzen 5-6 Eltern regungslos und spaßbefreit im Vorraum und warten auf die Kinder. Auf ein freundliches "Hallo" erntet man hier höchstens apathische Blicke. Witzigerweise gäbe es sogar separate Bahnen für die Eltern, wo sie sich die Zeit vertreiben könnten. ^^
[...] Der Neo trug mich über die ersten kleinen Wellen, dann wurde das Wasser bleiern und ruhig. Die Dunkelheit der Nacht ruhte noch in der Tiefe. Mit dem linken Auge, das beim Atmen oberhalb der Wasserlinie ist, erspähte ich eine Entenfamilie, die rüstig und entschlossen in Einerreihe am Ufer entlang latschte. Offenbar ebenfalls Sportler im artfremden Element. Ich grüßte kollegial mit einem Kopfnicken: Keine Reaktion. Wahrscheinlich sind wir Mitglied im selben Fitnessstudio.
Ganz allein auf hoher See ist nicht jedermanns Sache. Sich dann aber doch überwunden zu haben, wird mit einem Gefühl von Unabhängigkeit und Freiheit belohnt. Noch vor Einsetzen des Berufsverkehrs fuhr ich in bester Laune zurück in die Stadt, direkt in die Morgensonne hinein. [...]
Meine Güte, Arne, was für ein toller Text!
Glückwunsch zu beidem: zur frühen Heldentat und zum absolut lesenswertem Bericht darüber!
Wunderbar geschrieben, ich habe mich gerade köstlich amüsiert.
Und da ich mich gerade selbst in der Entlastungswoche vor der Peakphase befinde, konnte ich mich wunderbar in den ersten Zeilen wieder finden. Ich fühl mich diese Woche furchtbar träge und unsportlich. Sonntag zum Saisonstart über die Mitteldistanz sieht das hoffentlich wieder besser aus