Notizen aus Indien - Teil 2 und 3: Von ereignislosen Tagen im Ayurveda-Ressort...
Ich bin im Vegetarier-Himmel, hurra! Das Abendessen war so köstlich wie gestern. Morgens haben wir das Frühstück zum zweiten Mal verschlafen. Am Abend zuvor hatte ich mich noch gefragt, ob wir überhaupt würden schlafen können, wo wir doch schon tagsüber so viel Schlaf nachgeholt hatten. Und ob wir konnten! Wir sind gegen 22:30 Uhr rasch eingeschlafen und um kurz nach 10 Uhr am nächsten Morgen sagte Björn, dass wir das Frühstück verschlafen hätten. Naja, dann konnten wir ja gleich weiterschlafen, weil wir noch müde waren. Nach 12 Uhr sind wir dann aufgestanden. Ich kann mich nicht erinnern, wann ich zuletzt so lange schlief. Björn eh nicht, das grenzt schon fast an ein Wunder.
Wir sind dann umgezogen auf die Liegen am menschenleeren Strand, wo wir unter'm Kolospalmenblätterdach angenehm liegen und ich mich mit der weiteren Reiseplanung beschäftige.
Um 13 Uhr bin ich mit der Ressort-Ärztin verabredet, denn die Bedingung für die Erlaubnis, hier nur wenige Tage sein zu dürfen war, dass wir wenigstens einige Ayurveda-Anwendungen buchen. Mit Franziska hatte ich am Vortag besprochen, dass ich ja mal mit der Ärtzin sprechen könnte, welche Anwendungen sie mir mit der MS empfielt. Das Gespräch verläuft... sagen wir mal.. nur mittelmäßig informativ. Ob es an meinem schlechten Englisch liegt oder am für mich kaum verständlichen Englisch-Slang, der den Indern zu eigen ist, oder an meinen nicht vorhandenen Ayurveda-Kennnissen... ich weiß es nicht. Ich hab irgendwas von irgendeiner Balance zwischen drei Grundpfeilern des menschlichen Körpers oder Lebens verstanden und von Dysbalancen, die dann zu Krankheiten fürhren. Von Reinigungen und der Wichtigkeit einer vegetarischen Ernährung (Ha! Immerhin in diesem Punkt mache ich ja, im ayurvedischen Sinne, alles richtig!) und von den Einflüssen der Umgebung, in der man lebt. Aber irgendwie kann oder will die Ärztin (eine "richtige" Medizinerin oder eine Ayurveda-Kundige, keine Ahnung, aber sie hatte ein "Dr." auf dem Namensschild, so dass ich davon ausgehe, dass sie Medizinerin ist - ein Trugschluss, wie sich später heraus stellte. In Indien gibt es zwei getrennte Studiengänge. Einmal normale Schulmedizin und eben Ayurveda-Medizin)... die Ärztin kann oder will mir jedenfalls irgendwie keine "Schnupper-Behandlung" empfehlen, sondern erklärt mir, dass man mindestens zwei, besser drei Wochen hier sein müsse und dann nach einem individuellen Plan behandelt wird. Franzi hat jeden Tag solche Behandlungen und sagt, dass die ihr sehr gut tun. Soji macht so etwas nicht.
Ich jedenfalls ziehe unverrichteter Dinge wieder ab und bin gespannt, ob sie mir das Gespräch in Rechnung stellen werden (haben sie übrigens nicht getan).
Am Nachmittag sind wir mit Franzi und Soji verabredet, um mit der Autorikascha in den nächsten kleinen Ort zu einem Supermarkt zu fahren. Es ist ein klitzekleiner Vorgeschmack auf das, was uns in den nächsten gut zweieinhalb Wochen erwartet, wie mir scheint. Die kleine Stadt, keine Ahnung, wie sie heißt, ist laut, bunt, voller Menschen, Autos, Motorräder und aberwitzig kleiner Geschäfte. Vermutlich überlebe ich die nächsten Tage eh nicht, weil ich mir beim Überqueren der Straße nicht angewöhnen kann, in die richtige Richtung zu schauen. Wir kaufen im Supermarkt ein, Björn und ich natürlich mal wieder nur Chips, Nüsse und Kekse, und ich kaufe bei Straßenhändlern ein gekochtes Ei und geröstete Erdnüsse.
Wir gehen in ein Hotel, was hier keine Gelegenheit zum Übernachten, sondern zum Essen meint, um dort Chai zu trinken. Das ist schwarzer Tee, der mit Milch, Zucker und oft auch mit Gewürzen gekocht wird. Ich finde ihn ekelhaft, die total siffigen Gläser auch. Das sind vermutlich die Dinge, die man laut Reiseführer vermeiden sollte, wenn man nicht scharf auf Durchfall ist, aber Soji winkt ab und beruhigt uns.
Beim Abschied verabredet Soji mit dem Tuk-Tuk Fahrer noch, dass er Björn und mich morgen zu Elefanten fahren wird, eine Stunde entfernt.
Den Sonnenuntergang erlebe ich schwimmend im indischen Ozean. Das Wasser ist trüb und warm und es hat stellenweise eine starke Strömung. Ich bin glücklich, wie immer im Meer...
Am nächsten Morgen dann ein Vorgeschmack auf die Reise, die eigentlich morgen beim Verlassen des Hotels erst richtig beginnt: Die Fahrt mit dem Tuk-Tuk nach Guruvayoor, wo ein bekannter Hindu-Tempel ist und ein wenig entfernt in einem alten britischen Fort ca. 60 Tempelelefanten gehalten werden. Es ist ein trauriger Anblick, diese herrlichen, stolzen Tiere dort in Ketten gelegt zu sehen. Alle Elefanten sind an einem Vorder- und Hinterbein angekettet, so eng, dass sie sich kaum von der Stelle bewegen können. Maddou, der Tuk-Tuk-Fahrer, ist mit uns gekommen und erzählt uns, dass sie Elefanten für ca. zwei Monate im Jahr (während der Brunftzeit) "abnormal" und dann gefährlich seien. Ich wundere mich, dass sie nicht immer "abnormal" sind, bei der Haltung. Viele von ihnen stehen in der prallen Sonne, ohne ein Schatten spendendes Dach und ohne Wasser. Es ist nicht schön dort.
Der Eintritt dort kostet umgerechnet etwas 6 Cent pro Person, die Fotoerlaubnis das fünffache.
Es ist unfassbar, wie billig Indien für uns ist und wie wenig die Menschen hier verdienen! Maddou berechnet und für die Hin- und Rückfahrt, inklusive der Zeit im Elefantenpark 600 Rupien, was vermutlich schon ein Touristen-Preis, also teuer ist. Das sind 7 Euro, die wir für die mehr als drei Stunden zahlen. Wir geben ihm 100 Rupien Trinkgeld. Ich hätte ihm lieber 200 gegeben, aber Björn meint, dass wir so "vielleicht die Preise kaputt machen", was ich eigentlich angesichts der lächerlichen Summen völlig absurd finde und deshalb dafür plädiere, in Zukunft größere Trinkgelder zu geben. Denn die Menschen verdienen hier so wenig und es ist echt egal, ob die Preise für uns reiche Westler "kaputt gemacht" werden, solange sie sich in solchen Dimensionen bewegen.
Den Rest des Tages verbringen wir aufs Angenehmste in bewährter Manier: Unter'm Kokospalmendach am Strand, den Sonnenuntergang schwimmend im Meer, wo mich ein paar ordentliche Wellen erwischen und schleudern, lesend und schließlich am vegetarischen Buffet schlemmend.
Franzi und Soji fliegen heute Nacht nach Hause und für uns geht die Reise morgen endlich richtig los. Maddou holt uns morgen nach dem Frühstück mit seinem Tuk-Tuk ab und bringt uns zum Bahnhof nach Thrissur. Wahrscheinlich ist er auch so nett und hilft uns beim Fahrkartenkauf und Finden des richtigen Gleises. Morgen reisen wir nach Kottayam, wo wir wohl einen Tag bleiben und einen Ausflug in ein Vogelschutzreservat machen, bevor wir nach Alleppey fahren und von dort mit dem Boot durch die Backwaters nach Kollam, wo wir mit Sojis Freund Vimal verabredet sind.
Ich freue mich sehr auf die Reise, Björn jetzt auch, wir haben beide keine Lust mehr, hier im Ayurveda-Ressort abzuhängen...
Die Bilder:
Nr 1 + 2:
Es gibt schlechtere Ort, um abzuhängen...
Nr. 3:
heftiger Regen, der uns immer wieder begegnen wird, auf dieser Reise
Nr.4:
So ähnlich werden alle Städte auf der Reise aussehen.
Nr. 5:
Einer der traurigen Tempelelefanten, der an seiner Kette zerrte.
Verbringen die Elefanten ihr ganzes Leben in diesem Tempel? Ich kann mich noch daran erinnern, dass ich ganz früher im Zoo auch mal angekettete Elefanten gesehen habe... Wenn ich das richtig im Kopf habe, war das zum Schutz der Elefanten, weil die Anlagen früher mit so tiefen Gräben umgeben waren. Weil es dort oft Unfälle gab, wurden die Tiere (im Innenbereich und vor Allem wohl nachts) angekettet. Mittlerweile gibt es im Zoo meiner Kindheit aber einen Elefantenpark.
Boah, voll krasse Rückenschmerzen heute! Vielleicht hätte ich meinen Wiedereinstieg ins Sportleben doch etwas moderater gestalten sollen?
Egal, ich mache nachher meine Turnübungen und gehe noch 30 Minuten ganz langsam traben. Nicht, dass ich im Moment was anderes könnte als langsam traben. Es ist echt ein Graus.
Das Schwimmen heute schien mir allerdings schon einen Hauch besser zu klappen als am Dienstag.
Es waren 3600 m mit folgendem Inhalt:
200 ein
8 x 50 Technik
8 x 50: 12,5 Delphin, Rest Kraul
4 x 200 mit PB und Paddles, GA1
-> bin ich geschwommen in 3:26, 3:23, 3:28 und 3:29
8 x 50 in 45 s, Abgang alle 1 Min.
-> bin ich alle in 46-47 s geschwommen
4 x 200 GA2 in 3:15 mit 1 Min. Pause
-> bin ich geschwommen in 3:14,3 ; 3:13,9 ; 3:15,4 und 3:16,8
8 x 50 m in 45 s, Abgang alle 1 Min.
-> bin ich alle in 45-47 s geschwommen
200 aus
Fühlte sich alles ganz OK an und ich hoffe, dass ich kekos Zeitvorgaben auch bald wieder schaffe.
Am Wochenende hat mein allerliebster Papa Geburtstag und ich reise deshalb am Freitag nach Speyer. Ich will aber Lauf- und Schwimmsachen mitnehmen, um eines von beidem dort zu machen.
Ich wünsche euch einen sehr schönen Tag!
Viele Grüße
J.
dpa- Ruhrgebiet
Judith W. aus E. für den Friedensnobelpreis nominiert
Neben den unerfreulichen Mitteilungen um den Abhörskandal des Handys der Bundeskanzlerin bestimmte heute EINE Nachricht die Ticker der Nachrichtenagenturen: Die 42 jährige Aktivistin Judith W. aus dem Zentrum der Welt wurde überraschend für den Friedensnobelpreis nominiert.
Sie wird damit für ihren unermüdlichen Einsatz für benachteiligte, misshandelte und vernachlässigte Bademode geehrt. Judith W. scheut dabei seit Jahren keine Kosten und Mühen, um diesen armen Kreaturen eine neue Lebensperspektive zu geben. Die sympathische Sozialpädagogin verbringt einen erheblichen Teil ihrer raren Freizeit mit der Suche nach Bademode-Exemplaren, die ihrer Hilfe bedürfen und nutzt dabei aktiv das Internet, ist sich aber auch nicht zu schade, sich selbst in die Niederungen des Einzelhandels zu begeben und in schweißtreibender und zeitraubender Arbeit in Frage kommende Stücke zu finden.
Häufig handelt es sich bei den Exemplaren, die bei ihr Asyl erhalten um besonders schrille, bunte und/oder wild gemusterte Individuen, die aufgrund ihres Äußeren diskriminiert und verfolgt werden. Bei Judith W. erfahren sie liebevolle Aufnahme - oft ist es für sie die erste Zuneigung, die sie erleben. Judith W. macht keinen Unterschied zwischen Ein- und Zweiteilern, nimmt alle Marken auf und bemüht sich, alle Stücke regelmäßig in das für sie so lebenswichtige Chlorwasser zu bringen, was ebenfalls erheblicher Zeitressourcen bedarf.
Erst heute rettete Judith W. zwei Bademoden-Exemplare aus der völlig inakzeptablen Massenhaltung im Rüttenscheider Schwimm-Shop.
Gestern bereits hatte Judith W. dort einen Badeanzug befreit, der nun bei ihrer besten Freundin Inga Asyl erhält. Heute nun hat sie sich trotz der beengten Verhältnisse in ihrer Wohnung für die Aufnahme eines Einteilers und eines Zweiteilers entschieden.
Vielleicht ist die blaue Farbe der Grund für ihre Versklavung im Schwimm-Shop, bei dem Einteiler kommt sicher noch die Bedruckung mit weißen, hellblauen und schwarzen Totenköpfen hinzu.
Die Befreiung konnte nur durch die Zahlung erheblicher Schmiergelder an die Bewacherin des Schwimm-Shops bewerkstelligt werden.
Die beiden Bademoden-Exemplare sind in einem erfreulich guten Gesundheitszustand, so dass Judith W. davon ausgeht, dass sie schon recht bald ins kühle Nass des Rentnerbades gebracht werden können, um sich im geliebten Element tummeln zu können.
Der selbstlose Einsatz von Judith W. kann laut Aussage des Auswahlkomitees für den Friedensnobelpreis gar nicht hoch genug geschätzt werden. Gute Chancen also für die Idealistin, dass ihre Arbeit bald angemessen gewürdigt wird.
Sie hat aber versichert, dass sie auch unabhängig von der öffentlichen Anerkennung ihre Arbeit beharrlich fortsetzen wird.
Hier noch Vorder- und Rückansichten der heute befreiten Bademode: