Blitzumfrage: Soll ich jetzt ein Bier trinken gehen?
Ich bin hin und her gerissen. Soll ich ein Bier trinken gehen? Vor der Tür ist eine warme Sommernacht. Ich könnte mich über der Freiburger Altstadt auf die Mauer des Kanonenplatzes setzen und ein kühles Blondes zischen. Dagegen spricht: ich bin tierisch gehfaul. Außerdem ist Bier schlecht für die Regeneration. Die hätte ich aber bitter nötig.
Zur Ausgangslage, damit ihr nicht ohne Sachkenntnis urteilt:
Heute bin ich tatsächlich im See geschwommen, gut zweieinhalb Kilometer. Danach bin ich in Rennmontur ins glühende Elsass hinausgeradelt, selbstverständlich mit einem völlig unbelüfteten UVEX-Uralt-Aerohelm, natürlich mit luftdicht abschließendem Visier. Das macht das Gargut schön knusprig und hält die Vitamine beisammen. Danach ein Läufchen, da ich gerade warm war -- harhar.
Mein Trainingskumpel U. hat mich in allen drei Disziplinen gehörig durchgevögelt. Zunächst konnte ich noch im Schwimmschatten hinterherbaden, doch es fühlte sich an wie in einem Römertopf. Ich wurde immer langsamer und hatte das kaum bezwingbare Verlangen, auf den kühlen Grund zu sinken. Eine relativistische Raum-Zeit-Verwerfung kam mir zu Hilfe, sodass ich irgendwann ans Ufer gelangte. Warum ich mich von dort zielstrebig zu meinem Rad begab, habe ich vergessen.
Einfahren, danach eine Stunde Wettkampftempo, aus trainingsmethodischen Gründen, die ich ebenfalls vergessen habe. Ich startete wie üblich als Vorausfahrender ins Intervall, doch ach!, fand ich mich unversehens im Leib eines Kartoffelchip wieder. Kross war ich und salzig, vielleicht eine spur dicker als normal, doch ich hatte keine Beine mehr! U. zog vorbei und übernahm die Führung. In sechzig Minuten führ er 39,4 Kilometer weit, wenn man nichtrelativistisch rechnet. Ich klemmte auf’s Würdeloseste wie in einer dieser Pringles-Packungen direkt an seinem Arsch, und, den perversen Regeln meiner Existenz folgend, bot ich alle Kräfte auf, um dort zu bleiben. Was ich nicht schaffte.
Denn eine landwirtschaftliche Bewässerungsanlage kam des Weges, und ich lupfte artig, wenn auch unter vernehmbaren Zischen (Besitzer von Dampfdrucktöpfen kennen das Geräusch), meinen luftdichten Aerohelm, um meine Toilette in Ordnung zu bringen und mir ein wenig die Stirn zu netzen. Denn Rest der Tour habe ich ebenfalls vergessen. Ich erinnere mich undeutlich, dass am Straßenrand Kinder in Tränen ausbrachen und die Mütter riefen "Oh Gott, da fährt ein toter Mann!".
Der Koppellauf ist wie immer mit U., man rennt stets einen halben Schritt hinterher. Wir liefen 4:30 Minuten den Kilometer, während ich darüber nachdachte, ob man einen Purzelbaum macht, wenn man sich auf die Zunge tritt. Für die gespielte Großzügigkeit, mit der er sich immer wieder bremst, damit ich dranbleibe, schlage ich U. demnächst für den Oskar vor oder in die Fresse.
Dann bin ich heim. Der routinemäßige Schritt auf die Waage zeigt Erfreuliches, schließlich ernähre ich mich seit Wochen von Magerquark und Suppe. Ich spüre den Puls hinter meinen Augäpfeln. Mein Sattel hat ein Brennen hinterlassen, seitlich an einer Stelle, von der Frauen nichts wissen und nichts wissen müssen. Ich habe das Bedürfnis, denn Rest meines Lebens in einem Bach zu verbringen.
Womit wir beim Bier wären, das bekanntlich ebenfalls mit B beginnt. Irgend etwas wollte ich Euch fragen. Ich hab’s vergessen.