Beim Grundlagenausdauertraining halte ich den Wattmesser dagegen für entbehrlich. Ob ich drei Stunden streng 180 Watt fahre +/- 10 Watt oder sich ein 180er-avg in derselben Zeit aus längeren Phasen mit 200 oder 210 Watt (z.B. Bergau) und daneben Phasen mit 140 Watt (bergab, Rückenwind oder auch im Windschatten ergibt), scheint (bei mir) keinen großen Unterschied zu machen. Und da die zuletzt beschriebene Fahrweise bei weitem nicht so langweilig ist wie sehr konstantes Fahren mit ständigem Schielen auf den Wattmesser, bevorzuge ich das auch in der Praxis.
Ja, so mache ich es auch. Mit einem Pulsmesser würde man es ebenso machen. Man bewegt sich überwiegend in einem bestimmten Bereich, nicht auf einer exakten Zahl.
Wenn man Watt und Puls gewohnheitsmäßig und beiläufig im Auge hat, bekommt man mit der Zeit ein Gefühl für diese Werte. Passen Watt, Puls und Gefühl heute gut zusammen? Oder ist der Puls eher niedrig? Etc.
Auf diese Weise entwickelt man ein Gefühl für die eigene Leistung. Das ermöglicht es, auch im Rennen nach Gefühl zu agieren, aber es ist ein geschultes Gefühl. Möglicherweise profitierst Du somit von vielen zehntausend Kilometern Training mit Powermeter, auch dann, wenn Du ihn mal nicht verwendest.
Noch eine Zahl: Man weiß heute anhand der Auswertungen zahlloser Rennen über die Langdistanz, dass bei Fahrern, welche im Bereich von 5:00 Stunden fahren, die relativ zur persönlichen anaeroben Schwelle erbrachte Leistung einen bestimmten Wert nicht überschreiten darf, sonst wird’s ein Wandertag:
5 Stunden lang bei 74% der Schwellenleistung ackern: alles ok!
5 Stunden lang bei 76% der Schwellenleistung ackern: riskant.
5 Stunden lang bei 78% der Schwellenleistung ackern: wird ein Wandertag.
Zwischen einem sicheren Rennen und einem Wandertag liegen 4% Leistung. Ausgedrückt in Watt sind das überschlägig 280*0.04≈10 Watt.
Zwischen einem ambitionierten Rennen und einem Wandertag liegen demnach 5 Watt Durchschnittsleistung auf dem Rad über 5 Stunden. Das ist eine scharfe Klinge, auf der man da reitet. Aus diesem Grund können erfahrene Langstreckler bei einer bekannten Radstrecke ihre Radzeiten auf wenige Minuten genau vorhersagen. Für Außenstehende wirkt es bizarr, wenn wir sagen "4:50 Stunden müsste ich drauf haben, aber 4:45 Stunden wären wohl mein Untergang".
Das habe ich schon mehrmals von dir gelesen, ist sehr interessant und glaube ich auch.
Kleine Frage jedoch dazu: ich habe das Gefühl, dass bei einer hügelichen Strecke die Durchschnittsleistung etwas niedriger ist, weil die Bergabpassagen mit oft niedriger Wattzahl nicht ganz durch die Bergaufpassagen ausgeglichen werden. Sprich, man soll bei einer hügelicher Strecke eher eine niedrigerer Durchschnittsleistung oder -puls anstreben als bei einer flachen Strecke. Liege ich da richtig oder sollte die optimale Durchschnitts- (oder normalisierte) Leistung oder -puls immer gleich sein?
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Teil einer seriösen Vorbereitung ist immer, sich Ausreden zurechtzulegen.
Möglicherweise profitierst Du somit von vielen zehntausend Kilometern Training mit Powermeter, auch dann, wenn Du ihn mal nicht verwendest.
Davon würde ich ausgehen - mir geht es beim Laufen nicht anders. Irgendwann ist das Gefühl dank Meßinstrument weitestgehend geschult. Wobei es immer Ausreißer geben wird an Tagen, an denen man einfach "neben der Spur" ist.
__________________ „friendlyness in sport has changed into pure business“
Kenneth Gasque
Zum Thema "Preisgestaltung Ironman":
"Schließlich sei Triathlon eine exklusive Passion, bemerkte der deutsche Ironman-Chef Björn Steinmetz vergangenes Jahr in einem Interview. Im Zweifel, so sagte er, müsse man sich eben ein neues Hobby suchen."
Andererseits sieht man selbst Profis in Rennen über die Langdistanz scheitern, wenn die Schwankungen in der Leistungsabgabe (Variabilitätsindex VI) über 1.05 liegen. Das unterstreicht wiederum die Bedeutung einer gleichmäßigen Fahrweise.
Überzeugt bin ich davon, dass die Trainingssteuerung mit Wattmesser effizienter sei.
Deine Ausführungen zum Wettkampf mit optimal gleichmäßiger Leistungsverteilung sind für mich auch verständlich und nachvollziehbar.
Allein diese beiden Punkte sprechen per se für einen Leistungsmesser.
Was ich aber bisher nicht überzeugend erläutert sehe, und was Hafu auch im ersten Teil seiner beiden Punkte anführte:
Reagiert der Körper im Training effizienter (speziell bei Intervallen) auf einen beinahe 100% gleichmäßigen Leistungsinput, oder passt er sich besser bei einem 'unregelmäßigen' Intervall an (ähnlich der Pulsvariante)
Superkompensation im Mikrozyklus sozusagen.
Das hat ja nicht zwangsläufig etwas mit dem Pulsmesser zu tun, die Steuerung funktioniert auch mit dem Wattmesser:
Variante 2= 240sec 250 Watt im Mittel beginnend bei 300Watt und zum Ende abbauend, weil der Körper es nicht mehr schafft (analog dem Intervall nach Puls, welches aufgrund der Trägheit des Herzens mit einem zu hohen Wert beginnt.)
Moment... er hat geschrieben, dass er zwar langsamere Radzeiten auf der LD hatte, dafür aber deutlich besser gelaufen ist auf der LD.
Stimmt nicht ganz, er hat geschrieben:
Zitat:
Zitat von Hafu
Seit ich zumindest im Wettkampf mich wieder mehr an Geschwindigkeit (Tacho), Gefühl und (nur auf der Langdistanz) auch an der Herzfrequenz orientiere sind meine Radzeiten wieder besser geworden und meine Laufzeiten nur unwesentlich schlechter
woraus für mich hervorgeht, dass er auf der ganzen LD-Strecke gesehen wieder schneller geworden ist ohne PM.
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Teil einer seriösen Vorbereitung ist immer, sich Ausreden zurechtzulegen.
Die konkrete Frage ist:
Intervall 4 Minuten bei Zielleistung 250 Watt
Variante 1= 240sec bei 250 Watt konstant
Variante 2= 240sec 250 Watt im Mittel beginnend bei 300Watt und zum Ende abbauend, weil der Körper es nicht mehr schafft (analog dem Intervall nach Puls, welches aufgrund der Trägheit des Herzens mit einem zu hohen Wert beginnt.)
Bei einer Intervalldauer von 4 Minuten nehme ich an, es soll die Leistung an der anaeroben Schwelle verbessert werden. Wenn sie wie in Deinem Beispiel bei 250 Watt trainiert wird, läge die maximale Sauerstoffaufnahme VO2max des Athleten ebenfalls bei ungefähr 250 Watt.
Eine Leistung von 300 Watt läge also bereits erheblich über der maximalen Sauerstoffaufnahme dieses fiktiven Athleten. Das bedeutet, bei dieser Belastung läuft das aerobe System unter Volllast, außerdem wird ein erheblicher Anteil der Leistung anaerob erbracht. Dabei entsteht, wie wir alle wissen, ordentlich Laktat. Zusätzlich zur aeroben Kapazität wird daher die Laktattoleranz trainiert, sowie die Fähigkeit zum Laktatabbau. Das ist eine gute Sache für Racer.
Allerdings wird dieser fiktive Athlet nicht viele dieser Intervalle schaffen, und er wird eine ganze Weile breit davon sein. Falls sein Trainingsziel darin bestand, die aerobe Kapazität zu steigern, hat er möglicherweise seine Körner nicht an der richtigen Stelle investiert. Er hätte längere Zeit an der anaeroben Schwelle fahren können, wenn er relativ konstant an dieser Schwelle gefahren wäre, also 250 statt 300 Watt.
Sicher ist das aber nicht. Wie ich in unseren Sendungen gelegentlich darzustellen versuche, ist die Wirksamkeit hochintensiver Intervalle methodisch schwer in Studien zu erfassen. Aus meiner Sicht gibt es hier noch kein klares Bild zugunsten oder gegen hochintensiver Anteile im Training, die sich für alle Sportler empfehlen lassen. Wie so oft kommt es darauf an.
Der Vorteil eines standardisierten Intervalltrainings besteht aus meiner Sicht darin, dass sich Trainingsfortschritte erfassen lassen. Man sieht bei gleichmäßig gefahrenen Intervallen auf dem Powermeter, ob man dadurch besser wird. Falls ja, erkennt man auch, wann die Trainingswirksamkeit wieder nachlässt und man das Training wieder verändern sollte.
Das habe ich schon mehrmals von dir gelesen, ist sehr interessant und glaube ich auch.
Kleine Frage jedoch dazu: ich habe das Gefühl, dass bei einer hügelichen Strecke die Durchschnittsleistung etwas niedriger ist, weil die Bergabpassagen mit oft niedriger Wattzahl nicht ganz durch die Bergaufpassagen ausgeglichen werden. Sprich, man soll bei einer hügelicher Strecke eher eine niedrigerer Durchschnittsleistung oder -puls anstreben als bei einer flachen Strecke. Liege ich da richtig oder sollte die optimale Durchschnitts- (oder normalisierte) Leistung oder -puls immer gleich sein?
Ich mache es bei mir selbst, bei meiner Freiburger Trainingsgruppe und bei meinen Athleten im Coaching so:
1. Durch einen 20min-Test wird die Leistung an der anaeroben Schwelle ermittelt. Daraus errechne ich die ungefähre spätere Wettkampfleistung.
2. Angenommen, die errechnete ungefähre spätere Wettkampfleistung läge bei 230 Watt. Dann werden mit dieser Leistung im Training wöchentlich Rennsimulationen gefahren, zum Beispiel 4x 30 Minuten bei Langstrecklern oder 6x 8 Minuten bei Kurzstrecklern.
3. Diese Rennsimulationen finden auf einem Terrain statt, welches dem des späteren Wettkampfs möglichst gleicht.
4. Die errechnete ungefähre spätere Wettkampfleistung wird jetzt wöchentlich überprüft und justiert: Wie fühlt es sich an? Was macht der Puls? Kann die Leistung bis zum Ende gleichbleibend erbracht werden? Klappt das auch bei Hitze? Was geschah beim anschließenden Koppellauf? So werden aus den errechneten 230 Watt 225 Watt, und bei Hitzebedingungen 220 Watt. Nach 8-10 Wochen weiß man, dass 220 Watt gehen, und dass 235 Watt Durchschnittsleistung sicher nicht gehen, so leicht sich das auch während der ersten Stunde anfühlen mag.
5. Diese Zahlen sind jetzt nicht mehr errechnet, sondern auf einem wettkampfähnlichen Streckenprofil getestet. Und zwar unter Zuhilfenahme von Gefühl, Puls und Watt. Damit erübrigt sich Deine Frage. Ich empfehle nur sorgfältig getestete Werte zu verwenden, und es nicht bei theoretischen Überlegungen zu belassen.
6. Das klingt kompliziert, ist aber ganz einfach. 20min-Test > errechnete Wettkampfleistung > ausprobieren > korrigieren
a) "brauch ich nicht-klappt auch so- haben wir noch nie gemacht"- Fraktion
und
b) "ist geiles Teil- nie mehr ohne - bin doppelt so schnell geworden"-Fraktion
noch eine
c) "habe ich probiert, war nix, weil ...."-Fraktion gibt?!
Denn so wie ich es herauslese, hat noch keiner derer, die es ausprobiert/eingesetzt haben (!), Nachteile benannt.
Gibt es diese Fraktion nicht?
Die Meisten die ich kenne und mit PM unterwegs sind, werten ihre Daten überhaupt nicht aus.
Viele haben nicht einmal eine professionelle Auswertesoftware und begnügen sich mit der sehr einfachen Garmin Onlineplattform.
Es ist ein zusätzliches Spielzeug, welches im Training aber auch ab und zu mal irgendwelche Werte anzeigt.
Von dieser Gruppe wirst du hier fast nichts lesen, da sie sich zwar für den Powermeter als tolles Gimmick entschieden hatten, sich aber nicht mehr den "Streß" eines wattgesteuerten Trainings machen.
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Geändert von locker baumeln (11.11.2016 um 19:18 Uhr).