Szenekenner
Registriert seit: 09.07.2007
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Das Fazit vorweg: Ironman Wales hat das Zeug zum Klassiker. Ich kann den Ironman Wales guten Gewissens empfehlen. Würde ich hier selbst noch mal starten? Ja, aber nur, wenn ich vorher mehr Training a la Nopogobiker gemacht hätte.
Schnell wechselndes Wetter kenne ich aus Schleswig-Holstein eigentlich gut. Aber hier in Wales ist die Wettervorhersage reines Herumgerate. Noch am Donnerstag war massivster Regen für den Vormittag angesagt worden. Erst gestern war die Vorhersage etwas freundlicher.
Und wie war das Wetter heute? Perfekt! Zumindest von der Sonne-Regen-Relation her gesehen. Erste Sonne schon während des Schwimmens, beim Radpart ein harmloser, kurzer Niesel, ansonsten immer Himmel mit Blauanteilen und trocken, beim Laufen zwei ordentliche Schauer. Bilderbuchwetter, würde ich sagen. Allerdings gilt das nicht für die, die später reinkommen. Inzwischen regnet es. Daher muss ich jetzt auch nicht mehr raus, wegen Open Window und so.
Bilderbuchwetter, das gilt eigentlich auch für den Wind. Denn wenn man schon in Wales startet, dann will man ja auch ordentlich Wind haben. Ist ja eine echte Spezialität an den Ecken der Insel. Und der Wind war tatsächlich schön kräftig, als Gegenwind insbesondere auf dem letzten Stück zum Westende hin stark und mit Böen. Schon bei Kilometer 21 hätte es mich beinahe zerlegt. Durch eine Lücke in den häufig vorhandenen Wällen, die die schmalen Straßen säumen, erwischte mich ein Querwind. Auf dem Auflieger liegend, konnte ich es nur knapp verhindern, im Straßengraben bzw. im Hinterrad des zu Überholenden zu geraten. Danach bin ich häufiger bei Bergabpassagen und bei voraussehbar eher gefährlichen Lücken Oberlenker gefahren.
Was ging? Am meisten Sorge hatte ich vor abgestorbenen Händen und Füßen nach dem Schwimmen bei 15 Grad. Neoprensocken waren erlaubt, aber sowohl auf der Messe als auch im lokalen Surfshop ausverkauft. Wie bei mir üblich, war es heute morgen schon sehr spät, bis ich losgekommen bin. So bin ich im Neo den Kilometer zum Schwimmstart gejoggt, und war wohl wirklich der letzte, der dann seinen T0-Beutel mit den Duathlon-Schuhen an das Geländer hängte. Dabei bin ich gut warm geworden, gut so.
Füße und Hände hatte ich ordentlich gemelkfettet. Und die Füße zusätzlich in alte Socken gesteckt, damit das Melkfett und die Körperwärme dort bleiben, wo sie hingehören. Erst beim Gang ins Wasser haben die sich dann automatisch von den Füßen gelöst. Und nach dem Swim habe ich mir in T0 die Zeit genommen, Hände und Füße zu trocknen und Handschuhe anzuziehen. Nach einem Kilometer Aufwärm-Joggen dann in T1 noch mal Füße getrocknet und Überschuhe über die Radschuhe gezogen. Hatte ich beim Testswim am Donnerstag nach einem Kilometer richtig durchgefrorene Hände und Füße, waren die Hände dank der getroffenen Maßnahmen heute ok. Die Füße haben dann auf dem Rad ca. 1 Stunde gebraucht, bis sie wieder volles Gefühl hatten.
Hohe Wellen mit langen Wellentälern gab es. Aber große Bojen und optisch dahinter anpeilbare noch markantere Landmarke ermöglichten eine sehr gute Orientierung. Die Querschwimmer gab es zwar trotzdem, aber eher weniger als sonst in meinem Zeitbereich. Nach einer Stunde aus dem Wasser verblüffte mich sehr, auch wenn ich das allgemeine Strandgejogge zu Beginn der ersten Schwimmrunde rausrechne. Denn ich hatte lange nicht so intensiv wie im letzten Jahr trainiert.
Die Radstrecke war technisch nicht ganz so schwierig zu fahren, wie ich nach der Streckenbesichtigung mit dem Auto erwartet hatte. Dass ich keinen Mut hatte, an den interessanten Stellen schneller zu fahren, liegt wohl auch am mangelnden Training in den Bergen. Ein Beispiel, wie es öfter vorkommt: Schmale Straße, bergab, Gefälle reicht ungefähr schon zum klein machen und rollen lassen. Gefälle wird steiler. Nach einigen Metern folgt dann eine scharfe Linkskurve. (Zu finden hauptsächlich auf den letzten Kilometern von Navreth nach Tenby, zweimal zu fahren). Und an den schon beschriebenen Querwinden auf den südlichen und westlichen Streckenteilen.
Raus nach Westen, gegen den Wind, Schnitt knapp 30 km/h. Zurück, ich denke, es müsste jetzt schneller gehen, aber wegen der leichten Hügel dauert es bis km 50, bis der Schnitt leicht steigt. Dann beginnt schon fast die zweite Schleife, die zweimal zu fahren ist. Die ruiniert den Schnitt vollständig. Immer wieder muss ich hinten auf die 25 Zähne schalten. Absolut nicht zu empfehlen, 27 oder mehr Zähne sind wohl sinnvoll. Bis Narberth, wo auch der höchste Punkt der Strecke liegt, gehts ja noch einigermaßen, wenn die Radleistung in meinem Bereich liegt. Aber dann, auf den letzten paar Kilometern, wenn man bei Wisemans Bridge schon das Meer erreicht hat, kommen bis Tenby noch einige fiese Gegenanstiege. Eine einzige Qual, mit aller Gewalt in der langsamsten denkbaren Frequenz da hochzuschaukeln. Vor der zweiten Durchfahrt der zweiten Schleife hatte ich fetten Respekt und habe mich entsprechend außerhalb der Anstiege vorbeugend geschont. Denn absteigen wegen fehlender Kraft wollte ich bei einem Ironman nicht.
Der Lauf heute konnte nicht optimal werden. Das war mir nach der ersten Raddurchfahrt der zweiten Schleife schon klar. Und tatsächlich merkte ich nach 18 Kilometern hügelauf und hügelab (die Laufstrecke hat so gut wie keine flachen Anteile), dass das Gehirn leicht unterversorgt ist. Ich konnte mich noch wieder regenerieren, aber ab Kilometer 28 war der Hammermann dann voll da. Vielleicht war es ein Fehler, an steilen Bergaufstücken Gehpausen einzulegen. Bei Trailläufen habe ich damit gute Erfahrungen gemacht. Aber hier hatte ich später das Gefühl, dass ich inzwischen ökonomischer bergauf laufen als gehen kann. Den Schwindel und leichtes Hin- und Hertaumeln hatte ich eher beim Gehen als beim langsamen Laufen.
Fazit hatte es ja schon oben.
Zeiten:
Swim 59:43
Bike 6:32:19
Run 4:08:46
Gesamt 12:02:20
Fazit zum Threadtitel: Ultralauftraining ist wohl nicht spezifisch genug, um die Grundlage für einen schwierigen Ironman zu legen. Außerdem gabs ja schon bei der Vorbereitung zum Ultralauf Trainingsausfall durch Bruch des kleinen Fingers, und der Kieferbruch hat das anschließende Training sicher etwas negativ beeinflußt, auch wenn ich damit weitertrainieren konnte. Radtraining gab es insbesondere in den letzten 9 1/2 Wochen. Aber es war unspezifisch, und die 2700 Kilometer konnten die mangelnde Radgrundlage (Hawaii bis einschließlich Juni 1900 Kilometer) wohl nicht ausgleichen.
Grüße
Jan
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