Mein Wechsel zum Rad scheint dann nicht ganz so schlechtgewesen zu sein, habe ich doch alleine dabei über zehn Plätze gut gemacht, dabei fand ich mich elend langsam: zweites Unterhemd an, Armlinge, Knielinge, Trikot, Weste, Socken, Kopftuch, Helm, Brille, Handschuhe, Startnummer und endlich ab. Das Trikot hing mir fast bis in die Knie da ich doch recht viel dabei hatte: 3 Gelflaschen, 2 Riegel, 3 CO2 Patronen und noch eine Regenjacke. Dazu zwei Reifen am Sattel – da konnte doch eigentlich nichts passieren. Um ganz auf Nummer sicher zu gehen, hatte ich auch noch in die beiden Beutel für die Eigenverpflegung je einen Reifen gepackt – hier konnte man das machen, da man die Beutel wieder zurück bekam – eine logistische Meisterleistung, die die Veranstalter auf Hawaii ja nicht hinbekommen.
Beim Aufsteigen rief mir das Mädchen dann zu, dass ich auf Position 12 liege. Cool das klang doch gut. Auf der Wettkampfbesprechung hatten sie uns gesagt, man sollte sich bis Gesse bei km 140 schonen, da man sonst auf den restlichen 60 km richtig leiden müsse. Dieser Rat war aber vergessen, sobald ich auf dem Rad saß. Also los, wie immer und schon auf der Zufahrt zur Wechselzone hatte ich die ersten drei eingeholt, die noch gar nicht richtig losgefahren waren.
Der erste Berg bescherte mir dann die nächsten Opfer und zwei weitere vor dem ersten Col. Die erste Abfahrt bin ich dann doch etwas mit Hirn gefahren, hier lag doch noch etwas Schotter, den größten Teil hatten sie aber sauber gefegt, so dass man ganz gut fahren konnte. Zuschauer gab es hier noch keine, wobei die Straßen generell so leer waren, das habe ich noch nie erlebt. Auch im Training sind mir kaum Autos begegnet – undglaublich schön. Nach der ersten Abfahrt kommt dann ein richtig fieses Stück: ca. 10km Anstieg mir Gegenwind – oder besser Gegensturm. Also klein gemacht auf dem Rad und rauf. Bis zum nächsten Col hatte ich einen weiteren Fahrer eingeholt und zwei weitere direkt vor mir. Runter ging es wieder fix nach Matemale und vorbei am Mädchen, das mir den Abstand zu ersten durchgab – noch 5 Minuten.
Die beiden Kollegen vor mir konnte mir dann auf dem wohl einzigen Flachstück schnappen, und weiter ging es nach Querigut und Carcanciere (ich hoffe mal, das ist nun richtig geschrieben). Hier geht es tendenziell bergab, eigentlich eine gute Sache, aber man hat immer in Hinterkopf, dass man den Mist ganz am Ende wieder rauf muss – der See liegt auf ca. 1500 Meter Höhe....
Schließlich geht es dann wieder aufwärts zum höchsten Punkt des Kurses. Auch dieser Anstieg hat ca. 10km. Hier war es dann so weit, der bis dahin Führende stand förmlich am Berg. Also vorbei und mit Begleitung weiter – immer hinter dem Führungsmotorrad her und begleitet vom Organisator, der mir die Abstände regelmäßig durchgab. Das motivierte natürlich ungemein, zumal der Abstand wuchs. Bis zum Gipfel waren es 2 Minuten. Ok, mein Plan war ja auch, bis zum Wechsel mindestens 20 Minuten auf Alexandre zu haben, sonst war mir klar, dass der mich in Grund und Boden läuft.
Oben auf dem Gipfel dann: Nebel, aber richtig. In der Abfahrt sah man teilweise kaum 10 Meter weit und zu nieseln begann es auch noch. Glücklicherweise ist die Abfahrt nicht ganz so schnell wie bspw. beim Swissman. Es hat hier viel mehr Kurven und vor allem viel mehr Schlaglöcher. Überhaupt die Strecke: wunderschöne kleine Straßen aber extrem technisch: es gibt eigentlich keinen Abschnitt, in dem man sich erholen kann: entweder geht es bergauf oder so technisch bergab, dass man volle Konzentration braucht, um einigermaßen fix die Berge wieder runter zu kommen. Die neuen reifen führen wie eine Eins, herrlich geschmeidig und perfekter Halt. Da hatten sich die Unsummen und die Warterei gelohnt.
Während des nächsten Anstiegs regnete es weiter, aber es war glücklicherweise so warm, dass ich auf die Regenjacke verzichten konnte. Die habe ich eigentlich den ganzen Tag spazieren getragen. Oben am nächsten Col war der Abstand dann schon 3 Minuten und ich fühlte mich noch gut. So konnte es doch weiter gehen. Nach diesem Col geht es wellig weiter, mal schneller, mal langsamer. Schließlich kam wieder eine schöne lange Abfahrt nach Gesse wo es den nächsten Verpflegungsbeutel gab. Nun glat es noch 60km zu fahren. Die Uhr zeigte schon über 5 Stunden auf dem Rad – normalerweise würde nun das Laufen anstehen, hier gab es aber noch ca. 2000hm zu fahren. Nach Gesse geht es mal wieder .... bergauf und das wieder richtig. Hier wurde es sogar dann sogar mal warm und die Sonne kam durch. Dafür auch wieder der Wind – so ging es mit teilweise nur noch 11km/h bergauf. Ich dachte schon, das war es, gleich haben sie dich, doch dann sage mir der Organisator: 5 Minuten. Cool, die litten also noch mehr als ich da hinten. Wieder eine wunderschöne technische Abfahrt zurück ins Tal um dann in den nächsten Anstieg nach Querigut zurück zu klettern. Hier konnte ich dann sogar die ersten Fahrer der Mitteldistanz überholen, die noch unterwegs waren. Ab Querigut sind es dann noch ca. 20km, die war ich im Training in 50 Minuten gefahren. Nun dauerte es etwas länger doch dann war es endlich so weit: die Abzweigung richtung T2 und die Uhr zeigte 7:45. Ok, langsamer als der schnellste im letzten Jahr und der Vorsprung war auch nur 7:30. Das würde nicht reichen gegen Alexandre, aber egal. Nur noch das letzte Stück über eine Straße die eigentlich nur aus Flicken besteht. Da ist auch nix mehr mit Schlaglöcher umfahren. War jetzt auch egal, die Reifen hatten bis hierher gehalten und würden auch das überstehen.
So konnte ich dann als erster in die Wechselzone laufen und gefilmt von den Medien auf die Laufstrecke wechseln. Schrecklich, wenn man beim Wechsel gefilmt wird und nicht in die Socken kommt....
Wow, das hast Du erkannt? Ja, sind die Dugast Strada Silk - ein Traum die Reifen. Hab auch nur ungefähr 4 Monate warten müssen bis ich sie bekommen habe
Nopogobiker
Naturkarkasse gibts doch nurnoch bei Poserreifen die auf Oldschool machen oder bei wenigen Nieschenanbietern. Die Poserbuden drucken aber ihren Namen sicher nicht ausgeblichen zart rot auf die Flanke. Ausserdem haette das nicht zu dir und dem Rest von Rad gepasst. Vielleicht noch fmb oder Veloflex, aber du bist ja am Crosser schon Dugast Verehrer... Ganz einfach also. ;-) hatte auch ueberlegt welche zu ordern. Welche Breite fährst du? Waren die rund oder eiern sie sehr stark? Ist ja bei den Handmadesachen immer so ein Ding...
Dann ging es los auf die Laufstrecke, die es auch in sich hat. Ich war sie ja in Etappen in der Woche abgelaufen, wusste also, was mich erwartete. Es geht erst am See entlang über die Staumauer auf die andere Seite, dort die Böschung rauf zum ersten Wendepunkt, dann zurück, rauf in den Ort, weiter rauf bis zu einem anderen kleinen hübschen See zum zweiten Wendepunkt, dann alles wieder zurück zum ersten Wendepunkt und anschließend wieder in den Ort ins Ziel. Das klingt nun nicht sonderlich spannend, aber langweilig wird einem auf der Strecke nicht. Das erste Stück geht am See entlang über einen besseren Trampelpfad: dicke Wurzeln, Absätze und kleine Brücken gilt es zu überwinden, bevor die Staumauer eigentlich das einzige flache und ebene Stück ist.
Beim Loslaufen dachte ich noch – ohje, das werden lange 42km. Meine Beine wollten so absolut nicht. Hilft aber alles nichts, wenn man hinter dem Führungsrad herläuft, kann man nicht schwächeln. Also ging es erst durch den Wald und auf die andere Seeseite. Der Anstieg zum Wendepunkt war irgendwie steiler geworden, seit dem Trainingslauf hier. Ganz seltsam. Glücklicherweise sind das nur ca. 800m die es aufwärts geht. Auf dem Rückweg kam mir Alexandre schon entgegen – er hatte hier ca. 8 Minuten Rückstand. Das ist das gute an einer Wendepunktstrecke – man kann die Abstände perfekt messen. Der dritte hatte schon mehr Rückstand. Also wieder über die Staumauer – hier wehte wieder richtig fieser Wind und ich war froh, dass ich die Weste zum Laufen angezogen hatte.
Nach dem Waldstück am See läuft man über einen Schotterweg bis ins Dorf hinauf. Der besteht aber auch nur aus tiefen Wasserlöchern, dicken Steinen und sonstigen Unebenheiten. Wäre ja auch langweilig, wenn es hier schönen feinen Schotter gäbe. In dem Ort wird die Strecke dann noch etwas steiler, dafür hat man wieder Asphalt unter den Schuhen. An einer Stelle darf man auch einen Treppe rauf laufen – beim ersten Mal konnte ich da sogar fast laufen.
Nachdem man die Ortsmitte passiert hat, kommt die richtige Schweinerei: ca. 1km geht es 10% bergauf – spätestens oben schaut jeder über kreuz. So auch ich so dass ich nicht wahrgenommen hatte, dass sich die Jungs von der Verpflegungsstelle eine nette Idee hatten:
Anschließend geht es ein Stück bergab bis zu einem wirklich schönen kleinen See. Kurz vor der Wende war es dann soweit – TAPTAPTAP kam Alexandre von hinten angeflogen und zack war er vorbei. Da war überhaupt kein daran denken, dass ich da mitlaufen konnte. Glücklicherweise kam dann der Wendepunkt und ich konnte abschätzen wie weit der nächste zurück lag. Da musste ich mir dann eigentlich keine Sorgen machen, der hatte schon 15 Minuten Rückstand. Wie das halt so bei Wendepunktstrecken ist, darf man den netten 10%er nun wieder runter laufen und das tut dann so richtig nett weh.
Spätestens jetzt kennt man auch die Strecke und man kann abschätzen, was einen noch erwartet: runter zum See, über die Staumauer, wieder zum ersten Wendepunkt und wieder zurück. Auch hier konnte ich wieder die Abstände abschätzen – ich hatte immer noch genügend Vorsprung und ich ertappte mich schon dabei, dass ich überlegte, dass ich auch gehen könnte und es noch reichen würde. Habe ich natürlich nicht gemacht, gehört sich ja nicht.
So trottete ich wieder rauf ins Dorf und dann endlich: die Abzweigung ins Ziel. Hier geht es in eine große halle, in der das Ziel auf einer Tribüne steht. Das bedeutet noch einmal einige Treppen rauf
und endlich – das Ziel. Nach 12:46 hatte ich meinen längsten Wettkampf geschafft – mit meinem besten Langdistanz Ergebnis.
Direkt im Ziel wurde ich interviewt und habe im Überschwang der Gefühle gleich versichert, dass ich im kommenden Jahr wieder komme. Damit steht die Planung für das kommende Jahr schon fest.
Und noch einige Glückwünsche:
Nach dem Interview und einigen Photos für die Presse gab es dann noch eine Medaille und anstelle eines T-Shirts eine nette Fleece Weste.
Die brauchte ich auch, da mir im Ziel schnell richtig kalt wurde, so dass ich alles anziehen musste, was ich dabei hatte, bzw. was in meinem Beutel war.
Geil!
Ärgere mich jetzt schon, dass ich morgen nur noch aufm Telefon mitlesen (und -gucken) kann!
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Erinnerst du dich an die Zeit vorm Internet, als wir dachten, die Ursache für Dummheit wäre der fehlende Zugang zu Informationen? DAS war es jedenfalls nicht!
Herzliche Gratulation und super Story, bin in 10 Tagen in den Sommerferien in den Corbières am Fuss der Pyrenäen, eine wunderschöne Gegend dort.
Gute Erholung
Wo biste denn da?
In meiner Jugend hatten wir Freunde in der Nähe von Narbonne, da sind wir immer eingefallen in den Sommerferien.
Jetzt war ich das erste Mal wieder in den Pyrenäen und meine Sommerplanung für die nächsten Jahre steht wieder fest
Absolut der Hammer, Nopogo! Erhol Dich gut
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Beim Rennrad-Kindertraining (10 jährige)
Kind1 (w): Darf ich dir mal was sagen?
Kind2 (m): Mhm
Kind1: Weißt du warum du langsam bist?
Kind2: Mhm???
Kind1: Du redest zu viel.