So, vorbei.
Und nicht durchgefallen.
Aber ne Glanzleistung wars nicht.
Von vorne.
Freitag morgen: ein Prüfer fällt aus. Seine Anreise 140km, wollte zwei weitere Leute als Prüfer bzw. Mime mitbringen, die beide kein Auto zur Verfügung haben.
Wir lagen am Weg, waren aber voll und haben kurzfristig noch erfahren, dass wir erstens nen Luftrettungssack, Masse zusammengefaltet ca. 1x1x0,6m, mitnehmen sollten und zweitens ne weitere Mime aus unseren Reihen vergessen hatten, die auch irgendwie hin musste.
Das kam raus, als wir ne Lösung für die beiden Immobilen suchten, die aufzusammeln oder mitzunehmen.
Weiter kam raus, als ich mit unsrer Mime telefonierte deswegen, dass sie eigentlich noch Corona Positiv sei, aber mitm Lehrgangsleiter in Verbindung stehe, ob sie mitkomme oder nicht.
Als Laie tut man sich schwer zu verstehen, was es da zu fragen oder klären gäb, weil positiv ist positiv ist negativ und daran gibts nicht zu rütteln und auch keine Spekulation anzuzetteln, mit Gesunden ein Hüttenwochenende zu verbringen auf engstem Raum, zuzüglich Fahrt zu viert in einem Auto.
Keine Ahnung was ich da falsch verstanden habe, hab den Ball daher flach gehalten und nur für mich den Kopf geschüttelt.
Letztlich stellte sich dann raus, dass die zwei ohne Fahrmöglichkeit den Einsatzleitwagen ihrer Bereitschaft kriegten. Und weil eh ihr Erscheinen zu dritt angedacht war, fragten sie, ob ich nicht freitags schon mitkommen und die Ski mitnehmen wolle.
Mir gings ziemlich dreckig den Tag über, ich hatte mich an sich schon auf ne frühe Nachtruhe gefreut, konnt aber nicht widerstehn.
Also sammelten die mich am Frühabend auf und wir gondelten 100km quer durchn Spessart, der wegen der Gefahr von Glatteisbildung satt gesalzen war.
Haste Schice am Schuh, haste Schice am Schuh, daher checkten wir, zeitig ob für die ursprüngliche Dreierreisegruppe, nun halt mit mir, ne weitere Übernachtung auf der Hütte gebucht war.
Warse nicht, und auch keine Chance, noch was zu kriegen.
Rettender Anruf bei unsrer Pension von vor drei Wochen, obse a) noch was mit b) abgetrennter Toilette und Dusche hätten.
Hattense.
Lucky us, in mehrfacher Hinsicht.
Fehlte nur noch was zu Abendessen, da sich die Fahrt im nebelverhangenen Winterwald etwas zog.
Aber auch das wurde gestemmt, als wir 15 Minuten vor Sendeschluss beim Griechen eintrudelten.
Skitour anschliessend, negativ.
Und also schon vorab optimale Bedingungen, sich voll auf die anstehende Prüfung einzustellen und zu konzentrieren.
Aufgrund abartiger Müdigkeit hab ichs dann verpasst, die Notfallmedizinerin aus unsrer Runde noch zu Doktorspielen animieren zu wollen. Dumm gelaufen, die ist einfach zu gut in ihrem Job und brennt voll dafür, wäre also haargenau die richtige für Einzelunterricht gewesen.
Aber mei, kannst halt nedd ois hobm auf dera Wöid.
Samstag gabs dann sechs Stunden Fallbeispiele, praktische Übungen.
War auch weiterhin bitter nötig, wenngleich ich erneut, je weiter der Tag fortschritt, unsicherer wurde, was ich da eigentlich sollte.
Der einzige Lichtblick war, dass die Fallbeispiele nun strukturierter und, ich würds mal 'kompakter' nennen, waren. Also Praxis mit Praktikern, die dir nicht noch ne halbe Stunde Tips geben, die für dich schon deshalb wertlos sind, weil du sie dir (zum Glück eigentlich) eh nicht merken kannst, und ansonsten nur weitere Fragen aufwerfen und die Unsicherheit _noch_ mehr steigern.
Insgesamt so, wie ichs mir für die kompletten vier Vorbereitungswochenenden gewünscht hätte. Wär das alles so gelaufen, wär ich heut früh wohlgemut und mitm Liedchen auf den Lippen in die Prüfung gegangen.
So gings mir erneut nach ner unruhigen Nacht, in der der Sturm die komplette Hütte zerlegen wollte, ziemlich dreckig, das Wetter (immer noch Sturm) war auch nicht grad geeignet, einen freundlicher zu stimmen, aber da mir letztlich eh alles egal war, ausser vielleicht, als einziger ohne die Urkunde heimzufahrn, ich in gewisser Weise auch Mitverantwortung, dass mein neu zugeteilter Teampartner nicht durchfällt hatte und halt alles so seinen Weg ging, nahm die Prüfung ihren Verlauf.
Zuerstmal Sturz auf ner Eisplatte, mitten im Wind. Schulter, voraussichtlich Sprunggelenksfraktur, eiskalt.
Eigentlich ganz gut abgehakt, ich denk mir so, geht doch. Keine groben Schnitzer, nix verschlimmert, aber klar sind natürlich die Typen, die als Prüfer dabeistehn, immer raffinierter und routinierter, wie man in so nem Fall unter solchen Bedingungen nen Betroffenen am schnellsten vom Acker holt.
Ist halt nervig, weil wennst durchfällst, kriegste halt nie die Gelegenheit, diese Routine auch zu erlangen und wennst nicht durchfällst, hör ich mir die ganzen Stories ohne Druck im Nacken gerne später mal an.
Zweite Station direkt Reanimation.
Hätte ich mir, gleichmal schon durchgefroren, gerne als drittes gewünscht und nicht danach noch drei Prüfungsszenarien im Freien, aber gut, Leben ist kein Ponyhof.
Reanimation bedeutet hier inklusive intravenösen Zugang legen, Notarztassistenz mit Medikamente aufziehen und Intubieren.
Gestern das erste Mal als vollständigen Zyklus trainiert, eigentlich bis auf Kleinigkeiten perfekt, dementsprechend waren die Erwartungen eher nicht, ausgerechnet heute ausgerechnet diese Szenerie zu verkacken.
Mit tat das Kreuz weh, ich konnt mich bei den Brustkompressionen kaum auf ne saubere Technik konzentrieren sondern hauptsächlich darauf, nicht einfach auf die Puppe zu fallen. Kriegte die Beatmungsmaske nicht gescheit dicht, was gestern so perfekt klappte, dass auch der Ausbilder/Prüfer (von heute) es nicht glauben wollte und da mein Partner nur etwas unregelmässig seine Kompressionen laut anzählte, kam ich am Kopfende beim Beatmen, wo man nebenher in ca. 15Sekunden-Intervallen zwischem Beatmen die Infusion und die Intubation herrichten muss, gehörig ins Schleudern, weil ich noch im Rucksack kramte, eher er plötzlich 'acht, neun, zehn' zählte und ich nichtmal den Beatmungsbeutel in der Hand hatte.
Also alles so richtig kagge.
War natürlich im Nachhinein Glück, dass wir gestern so brilliert hatten, der Prüfer also wusste, dass wirs konnten, und nach ner kurzen Ausprache durften wir wie zwo andre Teams auch noch ein zweites Mal ran.
Erfuhren wir dann aber natürlich erst unmittelbar davor, hingen also den Rest der Prüfung über erstmal in der Luft.
Da biste natürlich dann erst recht nimmer so richtig locker, aber ich merkte glücklicherweise, dass mein Kreuz im zwoten Anlauf besser beinander war.
Vielleicht dank der drei anderen Stationen im Kalten.
Die Kommunikation klappte besser, das Gedöns mit Intubieren und Zugang legen liessen wir weg. Wassn Segen.
Nummer Drei, Kreissägemassaker hinter der Scheune.
Weggeschleuderter Holzscheit reisstn Arm auf.
Also eiligste Wundversorgung aka kritische Blutung mit Eskalation, sofort Zudrücken, Druckverband, nochn Druckverband, Turnikett.
Warm einpacken, Sauerstoffgabe was reingeht und Abfahrt.
Ganz ok gefühlt, sagen tuts einem keiner, es kommen immer nur Fragen, was hätteste wie gemacht wenn, was war der weitere Plan, aber stets ohne Regung, liegste nu richtig oder haste dir grad nen Genickschuss geholt.
So sieht so n Szenario übrigens beim DAV auf nem 'Erste Hilfe im alpinen Gelände'-Lehrgang für 30Öre s Wochenende aus (ok;- zwo Hüttenübernachtungen zahlste noch selber):
Nicht, dass ich was dagegen hätte, nicht auch noch mit roter Brühe eingeschlonzt zu werden, aber dass unsre Praxisbeispiele herzlich unrealistisch sind und nur der Beschreibung, was ich sehe, taste, fühle, messe vom Prüfer folgen, erwähnte ich bereits.
Damit zu Aktion 4, Skisturz mit Verdacht auf Schädel/Hirn- bzw. Polytrauma (Mehrfachverletzung, bei denen mindestens eine oder die Kombi aus zweien lebensgefährlich ist).
Michael Schumacher sagt wahrscheinlich den meisten was.
Trauma heisst immer schnellstens Wärmeerhalt was geht, schnellstens Sauerstoff auf die Goschn was geht, schnellstens in die Klinik was geht, weils nach einer Stunde, wennst den Kandidaten überhaupt so lang am Leben hältst, noch extrem kritischer wird als es eh schon ist und man dazu erstmal nur nen Rucksack hat, dessen Inhalt natürlich eher begrenzt ist.
Wobei man natürlich dem Patienten nicht ne Decke umhängt, ne Maske auf die Nase setzt und dann Däumchen dreht, sondern hundert Dinge gleichzeitig tun müsste.
In meinem Fall, direkt wieder n Griff ins Klo.
Manuelle Stabilisierung von Kopf und Hals.
Das an sich ist nicht das Thema, damit biste für alle weitern Massnahmen raus, weilst nimmer loslassen kannst, ehe das anderweitig mechanisch stabilisiert wurde, aber man sollte sich halt nicht mit einem Knie aufn nen Gitterrost knien und seinen fetten Kadaver nur darauf verlagern können mit der Aussicht, dass das nu die nächsten mindestens 10-15Minuten so bleibt.
Das lassen wir mal aussen vor, der Prüfer erklärt mir, was ich an Verletzungen bzw. am Patienten allgemein sehe, taste und messe, ins linke Ohr rein, ausm rechten raus.
Ging dafür eigentlich auch alles gefühlt relativ glatt, wie gesagt, Feedback gibts eher nicht und ich denk auch, ich hab hier viel meinem sehr nüchternen und besonnenen Teampartner zu verdanken, der das alles irgendwie problemlos verinnerlichen kann, alle, wirklich alle Schemata auswendig kennt und wahrscheinlich auch nachts um Zwo, wenn man ihn ausm Bett reisst, aufsagen kann und immer, wenn wir oder auch nur ich ins Schlingern komme, ein 10 for 10 einfordert, also ne kurze Bestandsaufnahme, Klärung, und was wir die nächsten 10Minuten so anstellen.
Damit und nach ner etwas längeren Pause drinnen zu Aufgabe Numero Fünf.
Es stellt sich relativ fix raus, dass die Patientin voraussichtlich grad nen Herzinfarkt erleidet.
Das geht recht gradlinig abzuarbeiten, weilst die halt schnellstens wohin bringen musst, wo du sie im Zweifelsfall reanimieren kannst, ohne dass sie dabei nebenher noch erfriert.
Und du sie möglichst nicht noch mit der Diagnose und damit, dass du ihr nu schonmal fix zwo Bäbberl an den Rumpf pappst, damit du schnellstens nen Stromstoss durch sie durchjagen könntest, so schockst, dass sie dir direkt abhanden geht.
Ja, damit waren wir durch und unser Schicksal lag nur noch in Gottes Hand.
Wir hatten geliefert, Frage war nur: reicht es auch?
Bei der Reanimation wie schon erwähnt nicht, das haben wir nach nem kurzen Mittagessen freundlicherweise noch ausbügeln dürfen.
Nu bin ich einerseits erleichtert, dass die Chose rum ist, aber nicht irgendwie auch nur im Ansatz happy, bestanden zu haben. Vielleicht kommt das noch wenn sich die Anspannung der letzten Tage und Wochen hinsichtlich der Geschichte gelegt hat, keine Ahnung. 'Hauptsache rum, egal wie'-Gefühl, das Bestandenhaben ist irgendwie komplett ausgeblendet.
Dann können wir langsam der Winterrettung entgegensehen. Wenn ich die nu auch irgendwann mal bestehen würde, wär ich tatsächlich fertig.
Den Vorbereitungslehrgang hab ich letztes Jahr ja schonmal mitgemacht, diesmal issn Typ dabei, der NOCH älter ist als ich und dann noch einer, der sich vor zwo Jahren so ruiniert hat dabei in der letzten Viertelstunde der Prüfung, dass er ein Jahr an Krücken ging. Mal sehn, ob das dazu beiträgt, die Bälle dieses Mal bei den Anforderungen etwas flacher zu halten.