Seit Roth sind jetzt nun schon ein paar Tage vergangen, dennoch gehört es sich, noch einen Bericht dazu abzuliefern, auch wenn das Endergebnis, welches ja unlängst bekannt ist, weit weg vom eigentlichen Ziel lag.
Zum Training davor hab ich genug geschrieben, darauf gehe ich deshalb auch nicht ein, und springe direkt zum Samstag, Bike Check-In.
Samstag, Bike Check In
Gegen Mittags machte ich mich zusammen mit Riccardo, Staffelläufer, auf zum Bike Check In. Das Wetter war wie vorhergesagt sehr warm. Schon Morgens waren es schnell über 25° und die 30° wurden ab Mittags locker geschlagen. An sich gar nicht mein Wetter, aber ich ließ keine schlechten Gedanken aufkommen und freute mich einfach auf das bevorstehende Ereignis.
Der Bike Check In war schnell erledigt. Das Rad bei den Staffelrädern abgestellt und danach noch etwas rumgeschaut was noch so rumsteht und ich war schon überrascht. 2011 waren da gefühlt noch deutlich mehr Rennräder oder „billige“ Räder am Start. Nur selten ragte mal ein Rad aus der Menge, was nach weniger als 4.000€ Wert aussah. Wenn da über Nacht die Russen Mafia kommt… da ist einiges zu holen!
Danach gingen wir noch kurz an den Rothsee. Da wir um 19 Uhr an der Messe für die Wettkampfbesprechung sein mussten, wollten wir gegen 17 Uhr vom großen Wiesenparkplatz neben dem Start abfahren. Tja… Die Idee hatten ganz viele andere auch. 4-5 Reihen des Parkplatzes wollten gleichzeitig weg, es gab aber nur einen Ausgang und leicht überforderte Ordner, so hat es eine geschlagene Stunde gedauert, bis wir die 200m vom Parkplatz geschafft haben. Danach ging es dann aber recht flott nach Roth, wir stöberten noch etwas auf der Messe und um 19 Uhr war dann WK Besprechung.
Danach ging es zurück zur Ferienwohnung, Abendessen war dann kalt mit Toasts. Ein Restaurant in Roth suchen ist an dem Tag eher ein Ding der Unmöglichkeit, daher haben wir das gleich gar nicht versucht.
Nach dem Essen habe ich dann meine Getränke für den nächsten Tag angerührt. 2x0,75l Sponser in Flaschen plus 2l Sponser im Camelbak sollten für die 180km reichen. Dazu noch eine Flasche für vor dem Start sowie eine Wasserflasche. Die beiden Extraflaschen kamen ins Gefrierfach, der Rest in den Kühlschrank, was meiner Meinung nach reichen sollte, so hatte ich das auch im Training schon einige male gemacht, ohne dass das Sponser sauer wird (was bei wärme wohl wegen den 5% Eiweiss, die da drin sind, gern mal passiert).
Danach ging es ins Bett und ich hab dann ganz gut geschlafen und um 4.30 klingelte dann der Wecker.
Sonntag – Raceday
Aufgestanden, 2 Toasts gegessen und mangels Hunger Butterkekse eingepackt, die vertrage ich immer ganz gut, und dann mit zwei Autos Richtung Start. Meines stellten wir in Roth ab, so war dies schonmal im Zielbereich, mit dem zweiten Auto ging es dann zum Startbereich.
Die Atmosphäre war wieder genial. Gänsehautfeeling!
Da ich erst um 7 Uhr in die Wechselzone durfte, konnte ich in Ruhe die ersten Starts verfolgen und das drumherum genießen. Noch war alles schön schattig, aber ich kam doch schon leicht ins Schwitzen, also immer schön an der Flasche genuckelt.
Um 7 Uhr ging ich dann zur Wechselzone und fand dank meines neongelben Helmes mein Rad schnell in der Menge, alle anderen hatten fast nur weiße oder schwarze Helme. Nun waren es noch etwa 3 Stunden bis Peter, unser Schwimmer, aus dem Wasser kommen sollte.
Rad fertig machen, fertig anziehen, Getränke im Schatten irgendwie kühl halten und chillen war dann angesagt.
Um 7.45 Uhr gingen dann die Schwimmer ins Wasser und es waren noch ca. 1:10h bis es für mich losging. Die Sonne stieg langsam auf und es waren nur noch wenige Schattenplätze, an denen sich fast alle Staffelfahrer tummelten, was sehr lustig aussah. Ich traf noch einige Bekannte Sportler, wir quatschten und kühlten uns mehr und mehr mit Wasser ab. Meines war noch schön kalt, auch wenn die gefrorene Flasche schon komplette aufgetaut war. Einmal kurz am Rucksack genippt war ich aber überrascht, dass das noch angenehm kühl war.
Um kurz vor 10 Uhr kam dann Peter nach 1:07h aus dem Wasser und kam angetrabt. Da die Wechselzeiten per Chip rausgestoppt wurden, haben wir uns da Zeit gelassen, es zählten ja letztendlich nur die Zeiten der Disziplinen. Ich nahm ihm dann erstmal den Chip ab, verstaute ihn unter meinem Schuhüberziehern, und dann joggte ich mit dem Rad durch die ziemlich enge Wechselzone, hier könnte man durchaus mehr Platz zwischen den Rädern haben, das war wohl im Vorjahr besser.
Vor der Matte ließ ich noch 3-4 andere Fahrer aufsteigen, ich wollte da ja keine unnötigen Sekunden verlieren ;-).
Ja und dann ging es los. Es war Wettkampf. Racemode war an und die ersten Meter bis zur Brücke war es relativ voll und eng zu überholen. Ich hatte gute Beine, fuhr die ersten Meter erstmal einfach los und war dann nach der Brücke doch etwas erschrocken da was über 300w stehen zu haben, also erstmal runter vom Gas.
Mein Zielwert für die erste Stunde war im Bereich 220-230w, „leider“ wusste ich recht schnell, dass ich soweit nicht mehr runterkommen würde. Es rollte super. Jeder Versuch mal im flachen mit 220w zu rollen scheiterte kläglich. Es fühlte sich zu locker an. Vielleicht kam dann auch ein blöder Gedanke wie „was sagen denn die anderen, wenn ich schreibe, ich bin da total locker und Eier schaukelnd gefahren“.
Bis zur ersten Herausforderung in Greding am Kalvarienberg wusste ich, dass die erste Stunde insgesamt sehr flach ist, wobei die erste Hälfte ein paar Anstiege hat, die zweite Hälfte überwiegend leicht nach unten geht.
Ich flog regelrecht an den anderen vorbei. Die ersten 17km hatte ich zwar definitiv zu viel Power gegeben mit etwa 260w im Schnitt, aber für den flachen Teil konnte ich mich dann endlich zügeln, am Fuß des Kalvarienberges hatte ich dann einen Schnitt von 38,3km/h bei 245w (wobei der Wattwert zu dem Zeitpunkt tendenziell fallend war, gewollt, im grünen Bereich).
Jede Stunde war die Laptaste am Garmin geplant, damit ich meine Wattwerte für die jeweilige Stunde sehe. Den Kalvarienberg bin ich im Schnitt mit 280w hochgefahren, mit Spitzen bis 400w, die von Zwischenzeitlichen Wiegetritten kamen. Ich hab zu keinem Zeitpunkt „einen rausgehauen“, es hat sogar für kleine Small Talks gereicht (2-3 Wort Sätze ;-) ).
Oben angekommen kamen noch zwei Wellen bis man dann wieder ordentlich Tempo aufnehmen konnte. Es fühlte sich alles super an. Die Beine waren nun so bei 200-220w im flachen eingependelt, bergauf versuchte ich nicht großartig über 240/250w zu kommen und bergab ließ ich mit leichtem Druck rollen. Der Kopf sagte „jetzt nur noch 2,5h so rollen und in der letzten Stunde richtig abschießen, dann ist die 4:49 im Sack“. Das war so etwa im Zeitfenster 1,5h nach dem Start.
Und dann ging es irgendwie doch recht schnell in eine zu dem Zeitpunkt nicht erwartete Richtung. Mein Magen machte sich bemerkbar. Ich musste ab und an aufstoßen, nix dramatisches. Bisher waren wohl ca. 1,5l Sponser weg und an den VPs hab ich mich schön abgekühlt, was mit dem Langarmanzug hervorragend war, denn die Kühlung hielt meistens genau bis zur nächsten Verpflegungsstelle.
Ich bekomm es gar nicht mehr genau hin, wann was vom zeitlichen Ablauf her passierte. Ich glaube, bis zum Solarer Berg war noch alles insgesamt gut. So gegen Kilometer 70 etwa fing es dann an, dass das Sponser den Weg nach draußen suchte. Das war doof, denn es waren gerade mal knapp 2 Stunden vorbei. Bei den ersten 1-2x kam nicht viel raus, ich dachte erstmal „gut, das war zu viel getrunken, machste mal 10-15min Pause“. Recht bald kam dann aber während der Fahrt alle 3-5 Minuten ziemlich viel raus… Jeder Versuch was neues zu trinken führte nur dazu, dass es kurze Zeit später wieder auf der Straße landete. Die Zweite Stunde war im Schnitt bei 220w und 35,4km/h (da war Kalvarienberg und Solarer Berg mit drin) mehr oder weniger nach Plan (Plan war eher 230+)
Anfangs dachte ich noch, dass wird schon irgendwie gehen, aber es hätte nicht gehen können, wie auch. Nach 2:25h waren 90km vorbei, immer noch mit dem Gedanken „jo, das reicht“. Eine halbe Stunde später (Stunde 3: 180w im Schnitt bei 35,6km/h) sah es dann aber schon eher so aus, dass ich mir dachte „ok, 5h ist nicht mehr drin. 5:05-5:15, auf jeden Fall schauen was noch geht“
Der Gedanke änderte sich binnen der nächsten 30 Minuten auf „ankommen. Nicht stehen bleiben. Oh, schon wieder ein Krankenwagen mit Blaulicht. Ankommen!!!“
Das war ab dann echt brutal. Ich konnte weiterhin nix zu mir nehmen, nicht mal Wasser. Da die Zeitintervalle von Verpflegung zu Verpflegung nun deutlich länger war als vorher, hat das mit der Kühlung mit dem Anzug und Handschuhen nicht mehr richtig geklappt. Ein paar Kilometer vor der Verpflegung (wir sprechen nun von einem Tempo von 30km/h im Flachen, Tendenz fallend!) war der Anzug trocken und bei über 30° zu dem Zeitpunkt deutlich zu warm. Zudem der Umstand, dass ich nix mehr zu mir nehmen konnte, war das echt kein Spaß. Das einzig positive an der ganzen Sache: Ich war nicht alleine mit dem Hitzeproblem (was an sich eigentlich keines war bis zu der Kotzerei).
Ich überholte sogar noch den ein oder anderen, manche überholten mich zurück, manche blieben im näheren Umfeld. Kalvarienberg, Solarer Berg etc. Irgendwie hab ich es hoch geschafft. Die vierte Stunde (ca. 150w Durchschnitt, 30,5km/h) war nach 140km vorbei. Also noch 38,5km für 60 Minuten (Roth ist ja bekanntlich keine 180km lang), unter normalen Umständen wäre das ja fast noch machbar gewesen unter 5h zu bleiben.
So hieß es aber definitiv nur noch sich ins Ziel zu schleppen. Mehr und mehr Radfahrer (Staffel und Einzelstarter) lagen am Straßenrand unter den Sanizelten. Wettkampfrichter mussten sich fast mehr um kollabierende Radfahrer kümmern als um Windschattenfahrer.
Kurzer Ausreißer zum Thema Windschattenfahrer: Es war zu fast jedem Zeitpunkt möglich nicht im Windschatten zu fahren. Ich selbst hatte nur einmal die Situation, wo ich nicht anders konnte. Ich wurde von einer 4er Gruppe überholt, mehr oder weniger eingekesselt und links neben mir blieb einer auf meiner Höhe und direkt hinter mir war noch einer, da kam ich für 2-3 Minuten einfach nicht raus (was zu dem Zeitpunkt, nach ca. 3h auch schon fast egal war). Irgendwann konnte ich mich nach hinten fallen lassen, dann war die Gruppe auch wieder weg. Ansonsten gab es hier und da schon ein paar unfaire Fahrer, direkt hinter mir bekamen 2 eine gelbe Karte vom Kampfrichter :-).
Weiter im Text. Die letzten 1,5h waren mehr oder weniger nur noch eine Qual. Komplett ausgetrocknet, heiß und quasi stehend (oder rollend) K.O.! Ich wollte einfach nur noch ins Ziel ohne ins Sanizelt zu müssen.
An der Verpflegungsstelle in Eysölden bei ca. 145km musste ich dann einen Moment stehen bleiben, wie viele andere es dort auch machten. 4-5 Flaschen Wasser als Dusche genutzt, eine konnte ich Tatsache zur Hälfte trinken und bei mir behalten und dann ging es weiter.
Mittlerweile war es dann so, dass ich direkt nach den Duschen erst mal richtig gefroren habe, hört sich zumindest mal nach einem Hitzschlag an.
Als ich von Eysölden wieder losfuhr, hatte ich ein komisches Gefühl, als ob das Hinterrad Luft verliert. „Auch das noch“. Ich war mir zwar sicher, dass da ein schleichender Plattfuß war, aber ich wusste auch, dass die Kraft für einen Schlauchwechsel zu dem Zeitpunkt nicht mehr da gewesen wäre und ich nicht ins Ziel gekommen wäre. Also weiter, schön ruhig und wenn es runter ging, etwas langsamer machen.
Nach einer gefühlten Ewigkeit kam dann endlich der Abzweig Richtung Roth. In der 5. Stunde kam ich sage und schreibe 25km weit, aber das war mir zu dem Zeitpunkt echt egal. Irgendwann hab ich es dann auch ins „Ziel“ geschafft und kam nach 5:30h in die Wechselzone zwei.
Etwas desorientiert stieg ich vom Rad, nahm noch den Garmin vom Rad runter und „lief“ in die Wechselzone rein, das Rad wurde ja von einem Helfer abgenommen. Dank meines gelben Anzuges fand mich Riccardo recht schnell, nahm mir den Chip ab und lief seinen Marathon. Auch er litt unter der Hitze (und einem flotten Anfangstempo ;-) ), und war froh 4:20h später mit Peter und mir gemeinsam ins Ziel einzulaufen.
In der Wechselzone brauchte ich ein paar Minuten um zu mir zu kommen, aber ich bin freudiger Weise nicht aus den latschen gekippt, hatte ich doch bei warmen Marathons schön des Öfteren Kreislaufprobleme. Es folgte eine eiskalte Dusche und danach ein paar belegte Brötchen mit saurer Gurke, konnte ich alles problemlos essen und behalten.
Letztendlich war es ein gebrauchter Tag, für mich persönlich haben die letzten 12 Monate aber dennoch viel auf dem Rad gebracht, auch wenn ich es an diesem Tag nicht beweisen konnte. Für einen zweiten Versuch über die Strecke fehlt mir aktuell aber definitiv die Lust. Wenn, dann würde das spontan und heimlich passieren, womöglich im Training. Wenns passiert, berichte ich. Wenn nicht, passierts auch nicht

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