Wenn wir beim Faustkeil geblieben wären, hätten wir das Problem auch nicht. Der Homo sapiens war auch vor der Nutzung fossiler Energien völlig rücksichtslos unterwegs. Jeden Kontinent, den wir gefunden haben, hat diesen einen signifikanten Teil der großen Säugetiere gekostet. Harari hat diesem Thema ein ganzes Kapitel gewidmet. Da gab es noch keine industrielle Revolution. Die hat ab einem bestimmten Punkt das CO2 Thema forciert. Aber auch bei allen anderen Themenfeldern sind die externen Kosten nicht eingerechnet worden. Wie bewertest Du eigentlich die Geburt eines Kindes? Ist das ein Segen? Oder ist es eine Belastung für die CO2 Bilanz? Letzteres ist es tatsächlich. Die Frage ist, was man hier höher gewichtet.
Du tust so als hätten wir eine Wahl, die haben wir aber nicht (mehr).
Ansonsten der HS war natürlich schon immer rücksichtslos unterwegs, das ist aber doch kein Argument damit weiter zu machen. Das hat solange funktioniert, wie der HS so wenig Resourcen verbraucht hat, weil er technologisch noch nicht so weit war, dass die Natur das ausgeleichen konnte. In vielen Bereichen hat sie das vor 2000 Jahren aber schon nicht gekonnt. Spätestens im Mittelalter war Europa praktisch waldfrei, weil alles abgeholzt war. Da hat dann tatsächlich die Nutzung von Kohl und später Öl noch geholfen die Wälder wieder wachsen zu lassen, allerdings hat man halt den Teufel mit dem Belzebub ausgetrieben.
Es geht nicht mehr um Gewichten, es geht darum, dass wir das richtige tun können, also CO2 reduzieren oder unsere Lebensgrundlage stark zu schödigen und am Ende ein Großteil unserer Resourcen und Einkommen ins Reparieren der Schäden zu stecken.
...Ganz anderes Thema, aber aus meiner Sicht mittlerweile völlig am Ziel vorbei überreguliert. Oder auch in anderen Bereich des täglichen Lebens sehe ich solche Entwicklung, wo statt mehr Eigenverantwortung Regulierung gesetzt wird. Das halte ich auch nicht für gelungen, lehne aber deswegen Regulierung nicht grundsätzlich ab.
ich schrieb ja auch, daß ich neue Regulierungen kritisch betrachte, und nicht daß ich sie generell ablehne. Sicherlich werden wir aber manche Regulierungen unterschiedlich bewerten, das bleibt nun mal subjektiv.
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“If everything's under control, you're going too slow.” (Mario Andretti)
Interessante Rechnung. Wenn es so wäre, wäre die ganze fossile Wirtschaft schon immer ein Verlustgeschäft, und nur dank staatlicher Subvention überlebensfähig. Das glaubst Du wohl selber nicht ganz.
Informiere Dich halt mal, die Zahlen sind ja frei zugänglich. Die Zahlen stammen von der Weltbank und dem Internationalen Währungsfonds.
Der Gewinn (nicht Umsatz!) aus dem Verkauf von Öl und Gas betrug im Jahr 2022 weltweit 1,03 Billionen Dollar, also 3 Milliarden pro Tag.
Die direkten Subventionen für Öl und Gas sieht der Internationale Währungsfonds im selben Jahr bei 1,3 Billionen US-Dollar. Zusammen mit den indirekten Subventionen kommt der IWF auf 5,7 Billionen, hält das aber eher noch für unterschätzt. Indirekte Subventionen sind beispielsweise Steuererleichterungen für Kraftstoffe.
Kurz, die Subventionen für fossile Brennstoffe übersteigen die Gewinne. Du kannst das aber gerne weiterhin für einen freien Markt halten.
Aus meiner Sicht bilden in kapitalistisch funktionierenden Gesellschaftssystemen Bildung, Gesundheit, Lebenserwartung, saubere Umwelt, saubere Luft, Freizeitsport einen Teil der Erhaltung (Reproduktion) der Ware Arbeitskraft (neben Miete, Lebensmittel, Mobilität etc.). Für die Kapitalseite stellen sie Kosten beim Einkauf der Arbeitskraft dar und sie will selbstverständlich diese bzw. die Erhaltungskosten für die Ware Arbeitskraft möglichst niedrig halten. D.h. Klimaschutz bedeutet Konflikt (Klassenkampf) zwischen Kapital und Arbeit.
Der Staat, in seiner Funktion als ideeller Gesamtkapitalist, schafft in den Nationalstaaten und Wirtschaftsgemeinschaften wie der EU a) einheitliche Verwertungsbedingungen für das Kapital durch gesetzliche Regelungen (und Subventionen für die Mächtigen u. Monopole ;-) ) und b) vermittelt er zwischen Kapital und den Lohnabhängigen im Kampf um die Kosten für die Erhaltung der Ware Arbeitskraft (Konflikte um Gesundheits- / Bildungs-/Umweltkosten etc.)
Wegen der immensen Steigerung der produktiven Kräfte in kapitalistischen Systemen hat sich entsprechend der Produktivkraftfortschritte die Lebensqualität und Lebenserwartung der Lohnabhängigen seit der Industrialisierung auch gesteigert (Arbeitszeit, Gesundheit, Freizeit, saubere Umwelt usf.), ohne dass Wachstum und Profite geschmälert werden. Natürlich vollziehen sich diese Prozesse inform von Krisen verschiedener Art und mehr oder weniger ungesteuert hinter dem Rücken der Produzenten und unter Zersörung des Klimas, der Arten und der Umwelt.
Die zwei wichtigsten Besonderheiten beim Faktor Schutz des Klimas, der Atmosphäre im Unterschied zu anderen Teilen der Erhaltung der Ware Arbeitskraft sehe ich darin, dass a) er die ganze Menschheit betrifft, es aber kein legitimierter und handelnder Weltstaat als vermittelnder ideeller Gesamtkapitalist für regulatorische Gesetze zum Klima gibt und b) die negativen Wirkungen auf die Gesundheit und das Leben der Lohnabhängigen in der Zukunft (bei den Nachkommen) und jeweils sehr unterschiedllich verteilt spürbar auftreten bzw. jetzt nur vermittelt wahrnehmbar sind. Deshalb steht die Menschheit leider beim Klimaschutz da, wo sie gerade steht.
Du sagst, die Konsumenten seien keine Idioten, die zentral vom Staat an die Hand genommen werden wollen. Wie alle außer Dir wissen, nimmt der Staat aber die Konsumenten an die Hand, indem er Märkte nicht sich selbst überlässt, sondern sie reguliert. Ein aktuelles Beispiel ist die Debatte im Einfuhrzölle für preisgünstige Elektroautos aus China. Die Konsumenten hätten vermutlich ganz gern Elektroautos für 10.000 Euro, aber dieser Markt ist eben nicht frei. Durch eine bewusste Verteuerung dieser Fahrzeuge durch den Staat soll die freie Kaufentscheidung der Konsumenten gesteuert werden.
Ich weiß nicht ob dein Beispiel hier so glücklich gewählt ist. Die Argumentation für die Einfuhrzölle ist ja gerade, dass die chinesischen Autohersteller nur deshalb Autos für 10kEUR anbieten können, weil sie staatlich so stark subventioniert sind. Ohne Einfuhrzölle herrschat also kein freier Markt, da subventionierte eAutos aus China gegen deutlich weniger subventionierte eAutos aus europäischer Produktion im Wettbewerb stehen. Die Einfuhrzölle sollen einen Teil dieses Wettbewerbsnachteils ausgleichen, also für ein mehr an 'freiem Markt' sorgen. Einfacher wäre es natürlich wenn China auf die staatlichen Subventionen verzichten würde, aber das wird die EU nicht beeinflussen können.
Du tust so als hätten wir eine Wahl, die haben wir aber nicht (mehr).
Diese Meinung teilen nicht alle. Natürlich haben wir eine Wahl.
Zitat:
Es geht nicht mehr um Gewichten, es geht darum, dass wir das richtige tun können, also CO2 reduzieren oder unsere Lebensgrundlage stark zu schödigen und am Ende ein Großteil unserer Resourcen und Einkommen ins Reparieren der Schäden zu stecken.
Da bin ich voll und ganz bei Dir. Wenn wir hier das IPCC als Basis nehmen, haben wir diverse Szenarien, die wir wählen können. Und hier bin ich tatsächlich überzeugt, dass z.B. das schlimmste und häufig skizzierte Szenario völlig unrealistisch ist. Das liegt einfach daran, dass man nicht unendlich viel mehr Öl, Gas und Kohle aus der Erde holen kann. Das ist nun mal begrenzt. Das von uns allen propagierte Szenario halte ich wiederum für deutlich zu optimistisch. Von daher würde ich in den Zielen etwas weniger aggressiv angehen. Damit würde man deutlich mehr Rückhalt ernten.
Oder anders ausgedrückt halte ich den Weg, so düster wie möglich zu malen, um die Motivation hochzuhalten, für nicht richtig. Ich glaube eher daran, dass der Appetit beim Essen kommt.
Danke, jetzt verstehe ich die Rechnung. Der Schlüsselsatz ist hier
Zitat:
Implicit subsidies, which represent the “enormous” costs of the damage caused by fossil fuels through climate change and air pollution, made up 80% of the total.
Also 80 % sind nach meinem Verständnis keine reellen betriebswirtschaftlichen Kosten des Herstellers, die vom Staat bezahlt werden, sondern es werden Folgekosten dieser Industrie zugeordnet, die nach der obigen Definition nicht mal sicher alle ausgegeben wurden, sondern als "Schaden" definiert sind. Kann man so rechnen, aber das bleibt höchst vage, je nach Annahme des Rechners können sehr unterschiedliche Summen rauskommen. Diese Kosten hat auf jeden Fall weder der Betrieb noch der Staat konkret in dieser Höhe ausgegeben.
Über die anderen 20 % expliziter Subventionen kann und sollte man diskutieren; Subventionen abbauen ist grundsätzlich erstrebenswert; die Gelder wären z.B. in den Sozialsystemen sicher besser aufgehoben.
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