Diese Saison sollte sich einiges ändern. Das Ziel: der Ironman 70.3 in Zell am See, Ende August, sehr spät! Die Kilometer auf dem Rad müssen deutlich mehr werden. Auch mit den 2500km aus 2011 war der Bike part nach wie vor meine schlechteste Disziplin. So meldete ich mich beim Dreiländergiro im Juni an. Damit musste ich mich zwingen viel zu radln. Nur wie soll ich das anstellen bei einem einfachen Arbeitsweg von knapp über 80km? Ganz einfach, dick anziehen, mit ordentlich Licht ausstatten (danke an dieser Stelle noch mal an sybenwurz für die super Beratung) und in die Arbeit radln. Der Plan sah vor, dass ich an einem Tag hin fahre, mit der Fahrgemeinschaft wieder zurückfahre und an einem anderen Tag mit dem Rad wieder heimfahre. Das würde auch mein Privatleben am Wochenende deutlich entzerren und auflockern.
Anfang März startete ich meinen Plan. 04:45 Uhr, der Wecker klingelt. Für mich als Langschläfer, der blanke Horror! Zwar weckt mich der Wecker normalerweise auch schon um 5 Uhr, aber Sport in der früh? No Chance! Mein Gesicht fühlt sich an als hätte ein Panzer auf selbigem gewendet.
05:30 Uhr: mit einem lauten Knacken klicken meine Schuhplatten in die Pedale. Ganz schön kalt so früh morgens. Ich pedalier los, der Puls viel zu hoch.
Daran muss ich mich erst gewöhnen. Eine Stunde dauert es in etwa bis die Sonne langsam aufgeht. Und plötzlich bin ich froh das Ganze durchgezogen zu haben.
Zwei weitere Stunden später biege ich aus einem Waldstück kommend auf die Straße ein in der sich das Werksgelände befindet. Stolz erfüllt mich. Wieso auch immer, fühle ich mich in diesem Moment durch und durch glücklich.
So sollte es weitergehen. Nach meiner dritten Fahrt bewegte sich endlich der Puls nach unten, die Strecke wurde "locker". Somit konnte ich mir wenigstens 1700km antrainieren ehe ich Ende April Richtung Riccione ins Trainingslager aufbrach. Eine herrliche Erfahrung war das Trainingslager. Man lernte die Leute in seinem Verein besser kennen und traf auch neue Leute. 600km schaffte ich in der einen Woche, dazu noch einige Schwimm und Laufeinheiten. Am letzten Samstag im April kam ich wieder zurück aus Riccione. Beim Verlassen der Autobahn öffnete ich das Fenster und traute meinen Sinnen kaum. Mir wehte eine Luft entgegen die gefühlt 500°C hatte. Und tatsächlich, das Thermometer zeigte über 30°C an. Na das wird ein Spaß, denn morgen ist der erste Wettkampf. Traditionell der MRRC Stadttriathlon im Münchner Olympiapark. Gott sei dank wurden es am Sonntag nur 25°C!
Stadttriathlon in München, Sprintdistanz, was gibt’s dazu zu sagen? Meine letzte Teilnahme war 2 Jahre her. Damals bin ich nach 1:10 im Ziel angekommen. Mein Ziel war also klar, unter 1:10 ist ein Muss, 1:06 wäre genial.
Was mir zu diesem Zeitpunkt noch nicht bewusst war, war der heftige Leistungssprung den ich über den Winter und mit dem Trainingslager hingelegt hatte.
Relaxt half ich einem Freund der hier seinen ersten Triathlon bestritt beim Einrichten der Wechselzone. Er startete im Jedermann Feld. Ich konnte mir noch genügend Zeit lassen. Meiner guten Schwimmzeit habe ich es zu verdanken Jahr für Jahr bei den "Top Leuten" bei den Sprintern zu starten. Ich richtete mich schon mal ein wenig drauf ein, dass wie jedes Jahr die Leute auf dem Rad an mir vorbeisegeln werden.
Das Rennen begann, alle 7 Sekunden sprang ein Athlet ins Wasser des Olympia Hallenbades. Das Schwimmen war hart, 425m muss man einfach zu hart schwimmen. Nur um 10 Sekunden schneller als meine Bestzeit betrat ich nach 06:46 min die Wechselzone. Ab zum Rad und raus aus der Wechselzone. Mein erster Wettkampf mit Aerohelm und Triabike, irgendwie ein geiles Gefühl. Der Kampf auf der Radstrecke konnte beginnen. Getreu dem vorher eingeprägtem Motto "Kotzen oder Ohnmacht" gab ich alles was ging. Und siehe da, der Kampf blieb aus. Kaum jemand überholte mich. Gerade als ich hinter dem Olympiastadion vorbeifuhr blickte ich auf den Tacho…40 km/h…das konnte ich kaum wahrhaben, fuhr ich bis letztes Jahr noch im 32er Bereich.
Nach 27 Minuten und somit um 11 Minuten schneller als bei meiner Bestzeit betrat ich T2. Gewechselt wurde in 1:05 Minuten.
Ich lief los und fand meinen Rhythmus. Noch nie habe ich es geschafft derart hart zu laufen. "Kotzen oder Ohnmacht, das Ding läufst du durch". Und so passierte es dass ich die 5km in sensationellen 20 Minuten und 3 Sekunden absolvierte und somit die Ziellinie in unglaublichen 57 Minuten erreichte. Fassungslosigkeit machte sich breit, panisch lief ich im Ziel zu meiner "Support-Crew". "Bin ich 5 Runden gefahren? Bin ich alle 5 gefahren?". Ich war mir auf einmal nicht mehr sicher wirklich alle 5 Radrunden gefahren zu sein. Der Leistungssprung war zu heftig.
Ziemlich schnell machte ich mich auf den Weg zur Wechselzone. Mein Garmin wird zeigen ob ich richtig gefahren bin. Als ich dort ankam sah ich einen Mann über meinem Rad hängen und auf meinen Tacho starren. Er sah mich an und sagte nur erstaunt "Krass, das war schnell!". Da wurde ich langsam irgendwie stolz. Mein Ziel der Saison endlich mal zweistellig zu finishen, hab ich schon bei meinem ersten Wettkampf geschafft. Irgendwas um Platz 50 rum lag ich, und das von 1300. Cooles Gefühl.
Die Form sollte weiter anhalten. Nur eine Woche später startete ich beim Frühjahrslauf in München. Halbmarathon. Zeitvorstellung? Schwierig! Niedrige 1:30er Zeit wäre cool.
Am Start regnete es. Und so sollte es auch bis zum Schluss bleiben. Erstaunlich nervös war ich vor diesem Halbmarathon. Warum? Weiß ich nicht. Ich nahm mir vor endlich mal konservativer los zulaufen und erst am Ende das Tempo zu erhöhen. Machte ich das bisher eigentlich kategorisch immer falsch.
800 männliche Starter standen mit mir am Start. Eingeordnet hab ich mich frecherweise einfach mal fast ganz vorne. Ich lief los und fand gleich nach 2 km eine etwas größere Gruppe aus ca. 10 Läufern. Ich hing mich dazu, aber merkte schon bald dass ich dieses Tempo jetzt gerade nicht mithalten kann und will. Also musste ich sie ziehen lassen. Nach ihnen zogen noch zwei drei weitere Läufer vorbei die sich bei mir kurz erholten um dann zur großen Gruppe aufzuschließen. "Lauft nur zu!" dachte ich mir, ich hol mir jeden einzelnen wieder. Und an dieser Stelle weiß ich bis heute nicht warum ich mir darin so sicher war.
Vier Runden und eine kleine Zusatzschleife musste gelaufen werden. Die Gruppe hielt ich immer in Sichtkontakt. Und dann nach ca. 14-15 km fühlte ich mich in der Lage das Tempo anzuziehen und die Aufholjagd zu beginnen. In großen Schritten näherte ich mich der Gruppe wieder an, die mittlerweile auf ca. 15 Läufer angewachsen ist. Ein einzelner Läufer lief ca. 200m voraus. Ich kämpfte mich Schritt für Schritt wieder ran. Einen neuen persönlichen Rekord den ich erst eine Woche früher aufgestellt habe, brach ich da bereits. Gefühlt lief ich die 21km noch härter als die 5.
Und so geschah es dass ich auf der letzten Runde die Gruppe erreichte. Ich fühlte mich so dermaßen "übermotiviert" und gut drauf, dass ich noch nicht genug hatte. Also fing ich an das Tempo noch weiter vorne weg zu verschärfen. Innerhalb kürzester Zeit gelang es mir die Gruppe komplett zu sprengen bis keiner mehr übrig war und ich wieder allein lief um mir als nächstes den einsamen Läufer 200m weiter vorne zu holen. Auch das gelang mir. Getrieben von dem Gedanken in der Altersklasse nach vorne zu rutschen kassierte ich 250m vor dem ziel noch einen weiteren Läufer.
Somit erreichte ich auf dem 32. Gesamtplatz und nach 1:26 Std das Ziel. Das Altersklassentreppchen war zwar noch ca. 12 Plätze entfernt, aber überglücklich war ich dennoch!
Das war mit Abstand das geilste Rennen dass ich je hatte. Mit anderen Mitstreitern taktisch "spielen", ein wahnsinniger Spaß!
Euphorisch von meinem verfrühten Formhoch, das ich aus dem Trainingslager mitbrachte musste ich mich jedoch zügeln und tat danach das einzig Richtige in meiner Situation: Ich trainierte die Form mit Grundlagentraining wieder kontrolliert runter.
to be continued...