Bei diesem Thema vermischen sich leider immer die unterschiedlichsten Inhalte, Vorurteile und Affekte, was schade ist, denn eigentlich ist es ein "großes" Thema, über das wir Menschen uns viel Gedanken machen müssen, wollen wir unseren Kindern bzw. den nachfolgenden Generationen eine halbwegs lebenswerte Welt hinterlassen.
1. Die Mär vom Eiweiß- und B12-Mangel
Ich bin nun seit über 25 Jahren Vegetarier und mit meinen 47 Jahren nach wie vor muskulös, da eher der athletische Typ, also nicht der typische Läufer-Hungerhaken ...

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Vegetarische Ernährung produziert KEINEN Eiweiß- und B12-Mangel, sonst könnten alle sich pflanzlich ernährenden Lebewesen nicht überleben - man sehe sich einen Gorilla an, der nahezu 100%ig vegan lebt.
2. Die Mär von Soja und den Eiweißersatzstoffen
Ich habe in diesem Vierteljahrhundert ohne Fleisch vielleicht 1 Kilo Tofu in Summe gegessen, weitere Sojaprodukte und Seitan & Co überhaupt nicht. Auch Hülsenfrüchte wie Erbsen und Linsen stehen sehr selten auf dem Essensplan = max. 1x im Monat.
Eiweißshakes gibt's bei mir ebenfalls nicht, nur 2012 habe ich mal hier bei Sponsor eine Dose Recovery Zeug gekauft, allerdings nach einem Blick auf die Inhaltsstoffe beschlossen, dass dies die letzte war.
Die Punkte 1. und 2. beruhen meiner Meinung nach auf falschen oder bezahlten "wissenschaftlichen Erkenntnissen", die den Menschen angst machen wollten (heute hat das zum Glück abgenommen), sie könnten ohne Fleisch nicht leben.
Ich esse viel Obst und Gemüse, gerne Butter, Quark und Joghurt, paar Eier, wenig Käse - Getreide & Co gibt es in verschiedenen Formen 1x am Tag (manchmal auch nur alle zwei Tage).
3. Die Mär vom vegetarischen Überzeugungstäter
Weil es auch hier im Thread immer wieder anklang: Meiner Erfahrung nach werden in Gesprächen/Diskussionen nicht die Vegetarier aggressiv, sondern die Fleischesser.
Ich habe mir daher schon ganz früh angewöhnt, NICHT darüber zu reden, dass ich mich vegetarisch ernähre, es sei denn, mir wird Fleisch/Fisch angeboten - dann "muss" ich natürlich was sagen.
Aber die Diskussionen, die darauf folgten, will ich mir sparen, eben, weil man psychologisch zwar nachvollziehbar, aber in der Situation nervig sehr häufig blöd angemacht wurde und erstaunlicherweise immer noch blöd angemacht wird, wenn auch in den letzten Jahren seltener.
4. Die Mär vom Vegetarier als besserer Mensch
Vorab:
Leben bedeutet Energie verbrauchen und damit Vorhandenes "zerstören", um etwas Neues zu entwickeln und aufzubauen.
Alles befindet sich in der idealen Welt im Fluss, es herrscht ein Gleichgewicht von Nehmen und Geben.
Das ist eine Idylle, die der Mensch sich so denkt, die aber wenig mit der Welt an sich und vor allem der vom Menschen gemachten Welt zu tun hat.
Soll heißen:
Jeder von uns "zerstört" die Welt ein Stück - egal, ob er Fleisch isst oder nicht.
Und wie schon angesprochen: Wenn ich kein Fleisch esse, aber dafür 3x im Jahr in den Flieger steige etc., füge ich der Welt gleichen oder mehr Schaden zu, als wenn ich Fleisch esse, aber mein Dorf nie verlasse.
Es geht also nicht darum, dass ich "dank" meines Verzichts auf Tiere ein ethisch besserer Mensch bin, sondern lediglich darum, dass ich mir in DIESEM BEREICH unserer Welt Gedanken gemacht und eine Entscheidung getroffen habe.
Selbst wenn ich mir dann in den Bereichen Mobilität, Kleidung etc. Gedanken über eine minimal mögliche Beeinträchtigung meiner Umwelt mache, ist das meine persönliche Entscheidung und erhebt mich nicht über andere Menschen, die sich diese Gedanken nicht machen.
Denn wie auch schon jemand geschrieben hat:
Viele wollen einfach davon ausgehen können, dass die Dinge, die sie kaufen und tun, in Ordnung für sie, die Gesellschaft und die Umwelt sind.
Dass dies leider oft nicht der Fall ist, offenbart die Grundproblematik eines Marktes, der, angeblich von der berühmten "unsichtbaren Hand" regiert, zum allgemeinen Wohlbefinden führen würde.
Dies nur nebenbei, denn es würde die Tür zu einer ganz anderen Diskussion öffnen.
Zum Abschluss noch eine Art Disclaimer:
Der Mensch ist so "erfolgreich" als Lebewesen, weil er sich an quasi alle Klimazonen und das damit verbundene Essensangebot anpassen konnte.
Selbst wer nur von Gummibärchen lebt, aber noch Nachfahren zeugen kann, bevor er stirbt, hat evolutionstechnisch alles richtig gemacht ...
Es gibt also keine für DEN Menschen richtige Ernährungsweise - allerdings stellt sich natürlich angesichts von zu erwarteten 10 Mrd. Menschen in 2050 die Frage, ob der heutige Lebensstil der Menschheit noch funktionieren kann.
Zumindest, wenn man seinen Kindern und Enkelkindern keine Müllhalde hinterlassen will.
Gruß: Michel