Zufrieden habe ich meinen Radbeutel geholt und mich in die nächste Disziplin gestürzt. Schuhe an, Trikot an, ab zum Rad, Helm an Brille auf und mit dem Rad rauf auf die Radstrecke. Das ist ein sehr schöner Moment.
Die Beine sind noch ganz frisch der Wind kommt von hinten und es macht höllisch Spaß mit 40 bis 50km/h über den Highway zu fahren. Es war unglaublich viel los auf der Radstrecke. In einem Zeitfenster von ca. 20 Minuten waren 1000 Athleten unterwegs. Somit war es wirklich nicht möglich die vorgeschrieben 10m Abstand für die Windschattenbox einzuhalten. Noch am Vorabend hatte ich zu 3-rad gesagt das ich bei meinen bisherigen Rennen immer die Möglichkeit hatte absolut sauber zu fahren und ich teilweise nicht glauben konnte das man den Abstand nicht einhalten kann weil zuviel los ist. Das war hier leider so. Man kam sich vor wie bei einer RTF. Und obwohl ich eigentlich ständig überholt habe habe ich eine Zeitstrafe kassiert. Da ich aber den Tag genießen wollte hatte ich mich in dem Moment gar nicht so sehr aufgeregt. Jetzt im Nachhinein ärgert es mich mehr da ich schon versucht habe sauber zu fahren und andere die wirklich am Hinterrad des Vordermannes klebten keine 4min bekommen hatten. Ich habe während der 180km gut 300 Leute überholt und mich von Platz 931 auf Platz 609 vorgearbeitet. Die ersten 120km gingen sehr gut und ich hatte einen guten Schnitt von 38km/h. Auf den letzten 60km aber bekam ich die harte Seite von Hawaii zu spüren und musste frontal gegen heftigen Gegenwind treten. Das ist wie 60km am Stück bergauf fahren. Da ich es aber locker angehen wollte habe ich nicht übermäßig Druck auf die Pedale gemacht und mein Durchschnittspuls ist beim Radsplit 8 Schläge unter dem gewesen was ich in Kopenhagen leisten musste.
In der Wechselzone angekommen konnte ich mich dann dank meiner 4min Zeitstrafe ein wenig ausruhen. Leider hat mich das über 40 Plätze gekostet. Recht frisch bin ich aber dann auf die Laufstrecke und habe mir ausgerechnet welchen Schnitt ich Laufen muss um unter 10 Stunden zu bleiben. Das war dann 12km/h. Ich wusste dass ich das unter normalen klimatischen Bedingungen eigentlich sehr locker schaffe. So bin ich also erst mal mit 13km/h losgelaufen und habe ständig auf Kühlung geachtet.
Eis ins Trikot und unter die Kappe und ständig den gesamten Körper mit Eiswasser übergossen. Es gab jede Meile eine Verpflegungstelle und somit genug Wasser und Eis. So bin ich mit der Hitze eigentlich sehr gut klar gekommen. Einziger Nachteil war das ich schon nach wenigen Kilometern das Wasser in den Schuhen stehen hatte und meine Füße nach ca. 9 Stunden in nassen Schuhen richtig übel aussahen. Dazu kamen dann noch 3 blaue Zehennägel und zwei komplett gelöste Zehennägel. Das fühlte ich aber erst als der Wettkampf vorbei war. Nach den 3 Langdistanzen in 14 Wochen habe ich nun nur noch 2 Zehennägel die in Ordnung sind.
Mit dem Wissen das ich es voraussichtlich unter 10 Stunden ins Ziel schaffen würde habe ich den gesamten Wettkampf doch „genießen“ können und nur noch so viel gegeben wie nötig war. Der Zieleinlauf war dann überwältigend. Die Stimmung einfach unbeschreiblich und von Meter zu Meter wurde mir klarer das ich das Mission-Impossible schaffen könnte. Eine große Unbekannte war ob mir beim Laufen hinten heraus vielleicht die Ausdauer ausgehen würde weil ich ja schon 2 Langdistanzen in den Knochen stecken hatte. Aber es lief alles bis zum Ende perfekt. Plötzlich war der Zieleinlauf in sichtbarer Nähe. Habe jeden abgeklatscht der mir seine Hand hingehalten hat. Dann meinen Namen in den Lautsprechern gehört und groß auf der Anzeigetafel gesehen. Yeah, geschafft dachte ich – Ziel gefunden. Brille aus, Kappe aus und überglücklich über die „verdammte“ Ziellinie gelaufen.
Ich hatte das geschafft wovon so gut wie jeder Triathlet träumt. Ein gutes Finish bei der Triathlon Weltmeisterschafft auf Hawaii.
Ich bin genau den errechneten 12km/h Schnitt gelaufen und habe damit die 10 Stunden Marke unterboten.
Mit einer Gesamtzeit von 9h55 bin ich mehr als zufrieden. Knapp im ersten Viertel bei einer WM zu landen hätte ich mir vor einem Jahr nicht träumen lassen.
Es war das Happy-End einer ca. 2 Jahre langen Vorbereitungszeit in der ich mich in unzähligen Einheiten jedes Mal neu versucht habe mich zu verbessern und meine körperlichen und mentalen Grenzen immer weitern nach oben zu verschieben. In den Tagen danach ist mir dann immer bewusster geworden das sich der ganze Aufwand gelohnt hat und ich das Rennen und die Reise richtig habe genießen können. Nachdem Rennen ging es mir um Welten besser als in Kopenhagen. Mit meinem Vereinskameraden bin ich dann noch zur Finishline-Party gewesen. Wir haben die unbeschreibliche Stimmung in uns aufgesogen und auch die letzten Athleten ins Ziel gebrüllt.
Eine Minute vor 24Uhr läuft der Moderator dem letzten Athleten auf der Zielgeraden entgegen nimmt ihn in den Arm und bringt ihn über die Ziellinie. Leider gibt es ein hartes Zeitlimit bei genau 17 Stunden. Diesem Athleten fehlen gerade mal 45s, keine Urkunde, keine Medaillier, kein Finisher-Shirt und kein „You are an Ironman“. Letztes Jahr ist eine ältere Athletin mit 16h59m58s, also 2 Sekunden vor Schluß in Ziel gekommen.