Das kam so geil beim Inline-Start in der Frühe...Sonne geht grade so auf... dann der Herzschlag... die Begleitmotorräder starten... und dann gehts los.
Das kam so geil beim Inline-Start in der Frühe...Sonne geht grade so auf... dann der Herzschlag... die Begleitmotorräder starten... und dann gehts los.
Solche Momente gibt es beim Gigathlon öfter. Sonnenaufgang über der Felswand in Leukerbad, Schlussabfahrt von der Moosalp runter, Erreichen der Ziele auf dem Gornergrat und der Plaine Morte, Zermatt und das Matterhorn, die herrliche Kulisse beim Schwimmen in Crans Montana, die herrliche Rennradstrecke am Samstag...
Es ist Sonntag früh kurz nach Fünf. Knapp 300 Mountainbiker kämpfen sich in der ausklingenden Nacht schweigend die Steigung von Leukerbad in die darüber liegende Felswand empor. Alle sind seid halb vier auf den Beinen, haben wenig geschlafen und nur ein kurzes Frühstück im Festzelt genossen. Es ist empfindlich kalt, fast alle haben anfangs lange Hosen und eine lange Jacke an, trotzdem wird den meisten schon sehr warm. Zum Glück ist die Straße asphaltiert, so kann man sich ganz auf sich selbst konzentrieren. Die Gedanken gehen zurück an den Vortag und den Prolog dieses härtesten Ausdauermehrkampf Europas: Dem Gigathlon 2011.
Seit Freitag ist der Tross aus über 5500 Sportlern im Wallis, dem diesjährigen Austragungsort der Gigathlon. Neben den knapp 900 Teams haben sich auch 183 Einzelstarter für dieses Rennen angemeldet, das auf 345 km Streckenlänge mit 11.111 Höhenmetern über 10 Etappen in 5 Disziplinen führt. Viele der Singles, sonst deutlich über 200, haben sich gegen einen Start entschieden. Weitere 30 Prozent werden der Herausforderung nicht gewachsen sein. Schließlich ist nicht nur die vertikal zurückzulegende Strecke deutlich über dem, was sonst bei dieser Veranstaltung abverlangt wird. Es geht außerdem zu Fuß auf den höchsten, jemals angelaufenen Punkt, dem Gornergrat bei Zermatt mit 3084 Metern.
Jimmi, Chef der Salzunger Schwimmer und Multisportler aus Leidenschaft wollte eigentlich nach 2 geglückten Teilnahmen in St. Gallen und Bern nicht noch einmal starten. Aber die diesjährige Streckenführung versprach sowohl von der sportlichen Herausforderung als auch von der Landschaft her einmalig zu werden. Also stand er dann doch nach mehreren Monaten intensiver Vorbereitung zum Prolog am Start in Turtmann und begann eine lange Reise in die Bergwelt des Wallis.
Schon das Skaten als Auftaktdisziplin hatte es in sich: Die ersten Kilometer wurden noch neutralisiert gefahren, bis es rechts ab in die Steigung nach Leukerbad ging. Dort waren auf 10 Kilometern 750 Höhenmeter zu bewältigen und damit ein ganz anderes Kaliber als die Trainingsstrecken an der Wartburg oder Gollert. Der Veranstalter hatte ausnahmsweise Stöcke zugelassen und ein großzügiges Zeitlimit gesetzt. Aber schon jetzt zeigte der Wettkampf seine Zähne, auch in Form der extremen Hitze im unteren Streckenabschnitt. Unglücklicherweise verfing sich Jimmi in einem Gulli, konnte zwar gleich wieder aufstehen, zog sich aber eine Schnittwunde an der Hand zu, die Ihm das Leben am folgenden Tag sehr schwer machen sollte.
Welche Höhe die Teilnehmer erreicht hatten, wurde vielen wohl erst am nächsten Tag bewusst, als es mit dem Bus um halb fünf vom Single-Camp in Leukerbad zurück zum großen Team-Zeltplatz in Turtmann ging und weit unten im Talgrund Lichter und Häuser nur ganz langsam größer wurden und der Bus schier endlos durch die an Vortag erklommenen Serpentinen bergab fuhr.
Als schlechter Skater und nur mit besseren Freizeitskates ausgestattet nahm Jimmi wie üblich das Rennen von hinten in Angriff und startete mit den besten Wünschen seiner Frau, die als Staffelschwimmerin ebenfalls mit in der Schweiz war, über 33 km leicht bergab zu einer der leichteren Etappen des Tages. Von dort aus ging es auf das Rennrad mit 63 km und 2000 HM sowie einer wunderschöne Strecke durch das Val d’Herault mit seinen beeindruckenden Steinpyramiden und unglaublichen Aussichten. Die Morgenfrische half, die Kräfte gut zu konservieren, denn der Tag sollte noch lang werden. Schwimmen ist normalerweise eine Stärke von Jimmi, aber durch die Verletzung an der Hand konnte er nicht richtig durchziehen und musste auch sonst auf den 3 Kilometern mit angezogener Handbremse schwimmen, da durch die veränderte Belastung und Gleichgewichtslage die Krampfgefahr groß war. So kam es dann auch bei einem der 3 Landgänge, die über unebene Stufen an einer Verpflegungsstation vorbeiführten. Nach kurzer Dehnung ging es aber weiter und der nächste Wechsel stand an auf den zweiten richtigen Hammer der Veranstaltung: Berglauf über 15 km mit gesamt 1600 Höhenmetern, vom mittagswarmen See in Crans Montana bis auf fast 3000 Metern über NN mit eisigem Wind, riesigen Geröllfeldern und Gletscherresten. Dort verpasste Jimmi fast seinen Betreuer, einen Internetfreund und Zweiradmechaniker aus Regensburg, der im Stau vor der Gondel stecken geblieben war. Erinnerungen kamen auf an den verunglückten ersten Wechsel vor 2 Jahren in Stankt Gallen, als Jimmi eine knappe halbe Stunde in der ersten Wechselzone vergebens nach dem Supporter Ausschau hielt und das Rennen schließlich ganz von hinten aufrollen musste.
Auf der Plaine Morte fand man sich aber zum Glück und fuhr mit der Seilbahn wieder bergab zum letzten Wechsel des Tages. Auch auf dem MTB ging es zunächst schier endlos bergauf. Die Verletzung des Vortages war allerdings durch Schwimmen aufgeweicht und durch den Berglauf mit Handschuhen und den ausnahmsweise erlaubten Stöcken weiter malträtiert worden. Beim Radfahren, im wörtlichsten Sinne über Stock und Stein und über nicht enden wollende steile und technischen Trails, fuhr jede Erschütterung schmerzend durch die Hand. Verzicht auf den Handschuh und ein notdürftiger Verband durch einen Sanitätsposten halfen wenig, so dass diese Etappe zu einer echten Tortur wurde. So gehandicapt war auch nicht daran zu denken, alle Wege zu fahren und es wurde mehr bergab als bergauf geschoben. Kurz nach acht Uhr abends fand sich Jimmi dann nach 13,5 Stunden Wettkampfdauer und über 5000 Höhenmetern im Ziel in Leukerbad wieder. Hundemüde, nur kalt geduscht und mit schmerzender Hand ging es fast direkt in den Schlafsack. Sein Betreuer hätte nicht gedacht, ihn am nächsten Tag wieder am Start zu sehen.
Doch nach hinten raus konnte sich Jimmi bisher immer auf seine Stärke und gute Renneinteilung verlassen und stand müde, aber voller Adrenalin am kommenden Morgen um 5 Uhr wieder am Start. Die erste Etappe auf dem Bike verlief weitestgehend schmerzfrei und führte über wundervolle Alpenwiesen, Trails und herrlichem Wetter fast wie im Urlaub. Das Schwimmen über weitere 3 km war die letzte lockere Etappe des Tages. Schon die Fahrt mit dem Rennrad über weitere 1000 HM nach Zermatt hoch erwies sich als unrhythmisch, heiß und kräftezehrend. Zudem war Jimmi wegen der besseren Übersetzung auf das Rennrad seiner Frau umgestiegen und kleine Abweichungen in der Geometrie machten ihm das Leben schwer. Viele Starter waren nicht mehr zu sehen, als er wieder auf die Laufschuhe wechselte, um nochmals 1600 Höhenmeter auf den Gornergrat zurückzulegen. Noch vollkommen im Fluß, „in the flow“, wie man über das eins sein mit sich und der Situation sagt, wurde Jimmi rau auf den Boden des Wettkampf zurückgeholt, als ein schon überholter Läufer wieder aufkam und etwas von Kontrollschluß auf dem Gipfel in 40 Minuten sagte. Die letzten 400 Höhenmeter waren dann auch geprägt von extremer Tempohatz, um nur ja nicht aus dem Rennen zu fallen. Gerade noch rechtzeitig erreichte Jimmi die Zeitmessmatte und den vorerst letzten Zug zurück nach Zermatt um dort in Windeseile zurück aufs Rennrad zu wechseln. Mit Hochgeschwindigkeit ging es anschließend talabwärts bis Stalden, wo der letzte Prüfstein der Rennens lag: Die Moosalp, mit noch mal 1200 Höhenmetern Anstieg bei zunehmender Dämmerung. Hier galt es, selbst nach 30 Stunden Wettkampfdauer, genügend mentale Stärke für 90 Minuten Quälerei bergauf zu haben. Die 40 minütige Abfahrt in zunehmender Dunkelheit war auch alles andere als einfach zu fahren. Trotzdem erreichte Jimmi kurz nach Zehn Uhr abends erschöpft, aber überglücklich das Ziel in Turtmann.
prima Bericht - Gratulation zum Finish - hört sich nach einem weiteren Wahnsinn an
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Arbeitet, als würdet ihr kein Geld brauchen.
Liebt, als hätte euch noch nie jemand verletzt.
Tanzt, als würde keiner hinschauen.
Singt, als würde keiner zuhören .
Die Streckenführung und das Profil des Gigathlons 2011 ließen mir keine Ruhe, so dass ich mich im Dezember 2010 im Nachrückverfahren doch noch als „Single-Athlet“ angemeldet habe.
Der Gigathlon versprach, eine Reise durch´s Wallis zu werden, um dabei nach „japanischem Modell“ in kürzester Zeit möglichst viele Sehenswürdigkeiten zu besuchen – mir war der Besuch der Sehenswürdigkeiten vergönnt, meine Frau hatte den undankbaren Part der „Supporterin“. Der Streckenplan versprach Spannung und wenig Platz für echte Erholung, die Wetterprognose war perfekt.
Pauschalreise heißt Bustransfer, Doppelzimmer mit Aussicht und Vollpension – all diese Voraussetzungen waren erfüllt, so dass dem Start mit dem Prolog am „Rolling Friday“, 01.07.2011 nichts entgegen stand … außer, dass ich erst im November mit dem Inlinen begonnen habe….
… zum Glück durften Stöcke benutzt werden, angesichts 750Hm und 19km von Turtmann nach Leukerbad keine schlechte Unterstützung und so war die erste Disziplin (relativ) schnell absolviert.
Nach einer kurzen Nacht im Zelt begann der Gigathlon dann richtig mit dem „Samedi glacial“: der Tag versprach eine Reise bis in die schneebedeckten Regionen des Wallis. Nach schnellen 35km auf Inline-Skates, anschließender herrlicher Rennradfahrt entlang den Berghängen des Unterwallis (59km/2000Hm) folgte eine kurze Erfrischung (3km) im Wasser einer kleinen Pfütze in Crans Montana.
V.a. Powerwalking brachte mich dann (mit Schneekontakt) zum Highlight des Wettkampftages, auf die Plaine Morte (2882müM).
Nach Gondelfahrt (Zeit neutralisiert) und damit verbundener Erholung startete ich noch guter Dinge in die letzte Disziplin des Tages. Was dann kam war bezeichnend für die Härte des Gigathlons: Nach 500Hm wurden wir auf einen Singletrail geleitet: ca. 8-9km Abfahrt in extremer technischer Schwierigkeit (für die meisten Teilnehmer), und das nach der Vorbelastung. Im letzten Jahr hatte ich im Training wirklich keinen Singletrail ausgelassen und befand mich in einem „Flow“, anders ist nicht zu erklären, dass ich bis auf 2 Steilstufen alles gefahren bin - leider gab es auf dieser Strecke sehr viele Stürze. Auf die rasante Fahrt folgten zur Belohnung noch sehr anstrengende 800Hm von Varen nach Leukerbad und so war ich froh nach 11:11h Wettkampfzeit den Tag erfolgreich beenden zu dürfen.
Ein (kurzer) Abend des Gigathlon: Fahrradpflege, duschen, Vorbereitung des Materials und der Nahrung für den nächsten Tag, Abendessen, Massage,… leider sind wir erst gegen 23:00 Uhr ins Zelt gekrochen ….
… und nach 4 ½ Stunden mit schlechtem Schlaf war die Nacht vorbei. Nach schnellem Erdbeermarmeladenfrühstück (fast ½ Glas der guten von zu Hause) Start in den Abschlusstag den „Gguferhärta Sunntag“ (Steinharter Sonntag) … der Name war Programm.
Die Dunkelheit auf dem ersten Stück der Bikestrecke verbreitete eine besondere Atmosphäre, das Morgenlicht sorgte für eine einzigartige Kulisse. Nach fast 4 Stunden Biken Wechsel ins Wasser – 3km Schwimmen – hochmotiviert der „Ritt“ mit dem Rennrad nach Zermatt, um nach einem gemütlichen Wechsel den Höhepunkt des Gigathlons 2011, die Laufstrecke zum Gornergrat, anzugehen. Aufgrund der Hitze wurde die Ernährung zur Herausforderung, meine Erfahrung aus mehreren Inferno Teilnahmen (und den dabei gemachten Fehlern) zahlte sich aus.
Auf dem Gornergrat eine wahnsinnige Aussicht auf das Matterhorn und die anderen umliegenden Berge des Wallis, (m)ein Ziel der letzten Monate, Motivation für unzählige Trainingsstunden in Kälte, Regen, Schnee, bei Wind und Hitze ... und die Gewissheit, dass mir nur noch ein Defekt am Rennrad ein erfolgreiches Finish nehmen könnte – Übermut war angesichts der letzten Etappe trotzdem nicht angebracht: 1200Hm auf 12km hinauf auf die Mossalp forderten alle Teilnehmer nochmals gehörig.
In Turtmann ein unbeschreiblicher Empfang, gekrönt vom Zieleinlauf zusammen mit meiner perfekten „Supporterin“.
Was bleibt? Viele Geschichten, unendliche Erlebnisse, Erinnerungen an ein ausgefülltes Wochenende, an ein besonderes Abenteuer, an eine Pauschalreise ins Wallis.
Gesamtstrecke: 340km, 11111 Höhenmeter
Felö (mit Grüßen an Jimmi und Sybenwurz - habe mich sehr gefreut, dass wir uns wenigstens kurz getroffen haben)
Chapeau - eine wahre ultra Leistung mit einem schönen Bericht.
Klingt (und ist wohl) wie der ultimative
und extrem abwechslungsreiche Langwettkampf
in grandioser Umgebung.
Speicher die sensorischen Erlebnisse gut ab.
Nur sehr sehr sehr wenigen ist so etwas vergönnt.
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but you can live triathlon
and that is even better.
Tri addicted since 1987.
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