Spass – Schmerzen – Hoffnung – Frust – Dickkopf – Freude und ein Kätzchen
Ich freue mich seit Oktober auf den 5. Juni. Das er dann so verlaufen sollte, damit habe ich allerdings nicht wirklich gerechnet, obwohl....dass es so kommen könnte war schon in den Hinterkopf verdrängt....
Zugegeben etwas knapp sind wir morgens los. Kurz werde ich etwas nervös, aber wir kommen bestens durch und sind nur 5 min später da, als ich geplant hatte. Schnell umgezogen und gleich zur Wechselzone. Dort werde ich überschwänglich von Belinda begrüsst. Sie war aus Neuseeland nun schon zum zweiten Mal angereist und wieder stehen unsere Räder direkt nebeneinander. Ein herrlicher Spass!
Konzentriert richte ich meine Wechselzone ein, kurz noch ein kleines Honigbrot und immer schön trinken. Bestens gelaunt begrüsse ich ein paar meiner Team-Kollegen. Hach, das ist toll, wenn man nicht so alleine ist!
Dann in den Neo und ab zum Schwimmstart. Dort treffe ich Esthi, die fürchterlich nervös ist. Ich bin es komischerweise immer noch nicht. Ich freue mich einfach riesig, dass es endlich los geht!
Kurz einschwimmen, alles sitzt, nix kneift und das Gefühl ist super. Ich entscheide mich mit Esthi fast rechts aussen zu starten. Da schwimmen wir zwar etwas mehr Weg, können uns aber vielleicht aus dem Getummel raushalten. Da ich das Schwimmen eh ganz locker angehen wollte, die richtige Entscheidung. Die Profis starten. Sieht cool aus. Und schon kommt der Count-Down. Schuss. Ich hänge mich an Esthis Füsse. Komme gut in’s Gleiten und überschwimme sie fast. Ok, dann weiche ich halt etwas aus. Natürlich finde ich dann keine Füsse mehr, die für mich passen, aber ich habe völlig freie Bahn. Kann es kaum glauben, aber die Richtung stimmt. Also von 2er auf 3er Zug wechseln, ruhiger werden und dann in meinen geliebten 4er Zug.
Konzentriere mich auf die Züge und gehe es locker bis zum Wendepunkt an. Der kommt dann auch schneller als ich dachte. Ok, nun etwas mehr Druck. Ich fange an zu überholen. Hey, das macht Spass und selten kommt mir jemand in den Weg. Ich geniesse das Schwimmen und überhole immer mehr. Kurz mal zwei Züge Brust, ja, die Richtung ist bestens. Also weiter... die da vorne hole ich noch. 10 m Vorsprung... Pirsche mich ran und dann wehrt sie sich. Sowas aber auch! Ok, nun geht’s in den Hafen. Gut, dass ich mich gestern dort noch eingeschwommen habe, somit weiss ich, dass ich die orange Boje links anpeilen muss und schwups, bin ich dran vorbei. Mit breitem Grinsen steige ich mit 42min aus dem Wasser. Etwas wacklige Angelegenheit. Nicht ausrutschen und dann kommt eine Premiere für mich. Ich kann das erste Mal direkt losrennen. Das ging noch nie. Durch die vielen Menschen durch, das macht Laune und da stehen unsere Coach’s! Cool!
Den Weg in die Wechselzone finde ich nun doch zu lange. Gehe noch ein paar Meter und finde mein Rad. Neo aus. Hinsetzen und natürlich bestens die Füsschen abtrocknen. Die Socken (innen eingestaubt mit Baby-Puder) rutschen bestens. Dann meine Radschuhe. Diesmal die geliebten mit Carbonsohle. Da brauche ich einen Schuhloeffel, aber besser als die ausgeleierten Tri-Schuhe. Startnummer, Helm, Brille. Alles bestens. Ich trabe mit meinem Rad los, aber das lasse ich gleich wieder. Geht mit den Schuhen nicht gut. Gehe also, dieses verfl.... lange Stück bis zum Startpunkt. Sicher auf’s Rad steigen, ja nicht blamieren... geklappt. Uff. Und locker loskurbeln. Nach ein paar Meter in die Aeroposition. Hm, fühlt sich noch nicht gut an, ok, wieder Oberlenker. Weiter locker kurbeln. Ich werde überholt und würde gerne mehr Druck geben, aber ich weiss ja, dass dies mein Knie gar nicht mag, also, egal wie geplant 20 min mind. 90 Umdrehungen kurbeln. Ganz locker. Fahre trotzdem mit über 30 das ist doch ganz gut! Nicht nervös werden. Der Gegenwind macht das ganze nicht einfacher. Nach 20 min das erste Mal trinken und dann Aeroposition und Druck!
Tja, so war es geplant. Aber mein Knie zickt. Sobald ich in die liegende Position gehe(die bei meiner quasi nicht vorhandenen Ueberhoehnung macht das ja eigentlich recht bequem...). Verd.... wie ich dieses Gefühl hasse! Ok, cool bleiben, ich weiss ja, es kann bis zu 60 min gehen, bis es aufhört... einfach weiter. Wow, sind die anderen schnell! Aber auch ich kann schon eine überholen... was ist denn da los ? Ein kleiner Lichtblick!
Nun wird’s ernst, es geht in den ersten Hügel. Ganz runterschalten und locker in den Hügel rein. Wie der Coach mir gestern noch eingebläut hat, soll ich langsamer als mein mögliches Tempo, hochfahren. Ich kurbel mich hoch, tolle Zuschauer, super Stimmung. Schön atmen. Es wird immer steiler. Ich gebe etwas mehr Druck und es schmerzt. Mist. Noch mehr rausnehmen... grrrr....ich WILL doch. Ruhig bleiben!
Selten habe ich so viele Selbstgespräche geführt.
Oben schön weiterkurbeln, verpflegen und schon gleich geht es in das nächste steile Stück. Da steht einer und schaltet mit hochgehaltenem Rad runter. Strecke wohl nicht gekannt... ich bin leider schon ganz unten. Maria hilf, hilft aber nicht die Schmerzen loszuwerden. Dieser Hügel ist zwar steil, aber kurz. Gleich überstanden.
Dann kommt ein von mir verhasstes Stück. Es zieht sich einfach nur nach oben, gerade, in voller Sonne (inzwischen ist schon ganzschön warm). Die Schmerzen werden stärker. Ok, da im Schatten des Bauernhofes, den letzten „Trick“ ausprobieren. Anhalten. Absteigen. Bein schütteln und etwas gehen.
Nun fühlt es sich besser an. Steige auf und fahre weiter. Leider hält das bessere Gefühl nicht lange an und, nun muss ich auch noch auf’s Klo. Vermutlich weil ich immer nervöser werde... ich könnte heulen. Nächste Verpflegungsstation anhalten Dixie aufsuchen. Durchatmen, beruhigen und weiter.
In Goldingen ein bekanntes Gesicht. Super. Das baut auf und nun ist es nicht mehr weit bis zur Abfahrt. Der Wind hat nun gewechselt und kommt nun von der anderen Seite, wie sollte es sein, als Gegenwind. Super! Und ich kann nicht drücken.
Auf der Abfahrt kommt Stefan an mir vorbei und ruft „Drücken“.... würde ich ja gerne.
Mist, vor lauter habe ich vergessen mein Gel zu nehmen. Also, schnell nachholen.
Wenigstens meine neuen Bremsgriffe lassen zu, dass ich viel später bremsen kann. Ich überhole ein paar Männer und Frauen (manchmal hat mehr Gewicht ja auch einen Vorteil), der Spass kommt kurz wieder. Und schon geht’s auf der Gerade wieder Richtung Wendepunkt. Wie sollte es anders sein, mit Gegenwind. Da steht unser Team und feuert an. Super!
Beim Wendepunkt habe ich laut meiner Uhr genau 2 Stunden für die Runde gebraucht. Viel zu lange. So kann ich die 6:59 bereits jetzt abschreiben, aber 7:30 sind immer noch drin. Also, reiss Dich zusammen und weiter. Irgendwann wird das Knie schon aufhören zu zicken.
Es hörte nicht auf. Die zweite Runde verlief gleich wie die erste. Ein innerlicher Kampf. Ich habe bestimmt 100 mal überlegt aufzuhören. Aber die Hoffnung stirbt ja zu letzt. Also, habe ich sie nicht viel langsamer zu Ende gefahren. Kurz vor Rappi kann ich dann tatsächlich noch drei Frauen überholen... ein bischen Freude!
Es wurde immer heisser. Die dunklen Wolken zogen immer mehr auf. Und ich hoffte auf einen Schauer. In Rappi angekommen waren dann auch die Strassen nass, aber ich habe nix abgekriegt. Keine schöne Abkühlung, nur Sonne! In die Wechselzone rein, da steht meine bessere Hälfte. Kurz berichten. Ein Kuss zur Aufmunterung und dann umziehen. Noch kann ich die 7:30 erreichen, wenn ich gut renne!
Neues T-Shirt (ohne Reissverschluss zum Rennen), ein Käppi, neue Socken und Schuhe. Da ich nun so lange gebraucht habe, fehlte ein Gel. Also, noch ein „Reserve-Honig-Brot“ in die Hand. Mein Getränk und Gels umgeschnallt und losgehen. Das ich noch nicht rennen konnte, wusste ich. Also, solange ich noch das Brot kaue, wird gegangen. Am Team vorbei. Grosser Jubel und dann antraben.
Ok, geht... die kleine Brücke hoch, wieder gehen. Dann antraben. Stich. Verd... Mist! Ich glaub das nicht! Ich könnte heulen (ok, ich tat es---), kämpfe gegen die Tränen und überlege aufzuhören. Nein, nicht wieder! Ich mache weiter. Da die Reste vom Schnupfen die Nase eh die ganze Zeit laufen liessen wie ein Bach, ist es keine gute Idee auch noch zu heulen... da kriegt man gar keine Luft mehr. Ich fange fange an zu keuchen als hätte ich Asthma. Hey, beruhig Dich. Geh weiter, tief durchatmen. Super, jetzt krieg ich von dem Sch.... auch noch Seitenstehen. Gehen, einfach weiter. Das wird das Mantra.
So ging das dann die ganzen 21 km... erst so ab Kilometer 8 konnte ich ein ganzes Stück traben. Aber vom Rennen, wie ich es geübt habe, war das weit entfernt. Zwischendrin immer wieder kurz gehen. Ich finde eine Engländerin der es genauso geht. Wir spannen zusammen. Immer wieder Schmerzen. Gehen ging meist fast ohne Schmerzen und am Wendepunkt stand das halbe Team und hat mich angefeuert.... dann gehe ich halt zur Not die letzten 11 km auch noch... die Zeit ist es futsch. Ralf meinte: „kein Problem, ich warte und dann gibt’s ne Massage für Dich und lecker Pizza bei unserem Lieblingsitaliener!“. Gut, Entscheidung gefallen. Ich ziehe durch...
Das habe ich dann gemacht. Und, der Zieleinlauf war schön! Das Team, viele Zuschauer, die Fotografen, Musik, alles war noch da! Hier habe ich nicht geheult! Immerhin was ;-)
Aber 8:29 für eine MD... da machen andere einen IM. Naja, Dickkopf siegt über Schmerzen... eigentlich beste Vorraussetzungen für eine LD.
Die Enttäuschung sitzt tief... ich weiss noch nicht was ich machen soll. Gestern hätte ich am liebsten hingeschmissen. Aber das Training macht mir andererseits soviel Spass... auf... ab... heulen... freuen. Die Berg- und Talfahrt geht gefühlsmässig weiter.
Mein Knie ist nun so, da kann ich nicht viel ändern, damit muss ich leben. Wochenlang super, keine Probleme und dann von einem Moment auf den anderen anderen geht nix...manchmal ist es ein Wetterwechsel, manchmal eine blöde Bewegung... und manchmal einfach nur keine Ahnung was. Frustrierend, aber muss ich so akzeptieren. Vor 3,5 Jahren waren die Schmerzen dauernd, bei jeder Bewegung. Beim Gehen, Sitzen, Liegen. Also sollte ich eingentlich nicht jammern ! Da war ich von 8:30 Sport soweit weg wie der Mond zur Erde.
Was jetzt ?
Erstes Projekt: weiter abnehmen und mehr Krafttraining. Das steht fest.
Noch ein WK versuchen dieses Jahr ? 8 Monate intensives Training abhaken und nichts mehr machen ?
Zürich mache ich den Team-Sprint mit der Firma als Schwimmer. Aber die 500m fordern nicht wirklich. Tessin, Walchsee, Uster ? Oder doch nur noch Radln ?
Ich bin hin- und hergerissen....
Achja, ich habe ein Kätzchen! Irgendwie unglaublich... 8,5 Stunden versucht Sport zu machen und gestern nur ein Muskel-Kätzchen. Kein Problem mit Treppen....So schlecht war das Training wohl doch nicht
