Szenekenner
Registriert seit: 18.10.2006
Ort: Bei den Neandertalern...
Beiträge: 11.527
|
Brighton Marina Triathlon (1km/32km/8km)
Da ist er, der langersehnte Saisonabschluss. Wurde auch langsam Zeit. So richtig Lust auf Wettkämpfe hab ich im Augenblick nicht mehr.
Nach einer Woche Aktiv-Urlaub in Wales kommt Brighton als netter kleiner Wettkampf zum Saisonende gerade recht: 1km schwimmen im gestauten Teil des Yachthafens, 32 km radeln ins hügelige Hinterland und anschließend flache 8km entlang der weißen Steilküste laufen.
Samstagabend fahren wir noch kurz die Radstrecke ab, bevor wir beim Abendessen auf einer Restaurant-Terrasse oben auf den Klippen den spektakulären Sonnenuntergang bewundern. Die Kommentare zur Radstrecke: "Hier kannst Du doch fast rollen lassen", "Hier ist doch auch nicht schlimm", "Guck, das müsste doch auch noch locker gehen", während sich der Wagen im zweiten Gang die Steigungen hochquält. Mein Vorschlag, die Strecke doch eben noch mal mit dem Rad abzufahren wird aber dann doch abgelehnt.
Sonntag morgen, kurz nach sieben, strahlendblauer Himmel und 16,6°. Wir folgen einfach den anderen, die auch nicht genau wissen, wo die Wechselzone ist und landen schließlich auf dem McDonalds-Parkplatz. Direkt daneben ist ein kleines Areal abgesperrt, vor dem auch schon andere Athleten Schlange stehen. Das muss es sein.
Alles läuft ganz easy und unkompliziert ab: Einchecken, dann werden die Räder an die aufgebauten Absperrgitter gelehnt und davor der Wechselplatz aufgebaut. Hatte ich so auch noch nicht. Gut 150 Teilnehmer haben sich eingefunden, viele davon Neueinsteiger, wie ich so in den Gesprächen erfahre.
Dann die Wettkampfbesprechung. Irgendwo auf der Radstreckenbeschreibung verliert er mich dann. Macht aber nichts, denke ich mir, wird schon ausgeschildert sein.
Dann werden wir in drei Gruppen zum Schwimmstart geführt: Männer, Männer Veteran (sprich Ü40) und Frauen/Staffeln. Auf den gut 300m zum Schwimmstart frage ich mich, wann denn wohl die ersten Frauen über mich drüberschwimmen werden.
Es geht auf einen Steg, an dem mehrere Leitern angebunden sind, die ins Wasser ragen. Hier ist nachher der Schwimmausstieg. Das wird bestimmt spannend, wenn sich alle davor knubbeln und aus dem Wasser wollen.
Ab geht's ins Wasser. Wie immer hier in der Gegend 17° kaltes Salzwasser, also angenehm zu schwimmen. Das Wasser ist hier im aufgestauten Teil der Marina spiegelglatt und das Ganze wirkt wie ein überdimensionierter Seewasser-Pool. Wir schwimmen um eine Ecke zum Start. Hier erfahren wir, dass wir mit Frauen und Staffeln zusammen starten. Macht mehr Sinn, wird aber auch eng, da der Arm, in dem wir schwimmen, wohl nicht mehr als 25m Breite hat und für Hin- und Rückweg dient.
Drei, zwei, eins, los geht's. Ich schwimme links außen, so habe ich nur auf einer Seite Keile, muss allerdings darum kämpfen, nicht an die Kaimauer gedrückt zu werden. Ist doch ganz schön eng und da von hinten gedrängelt wird, bin ich gezwungen, über den ein oder anderen drüberzuschwimmen. Mach ich ja sehr ungern.
Das Wasser ist schön grün und fast kristallklar, dafür sehe ich nach vorne nichts, da ich direkt in die vorhin aufgegangene Sonne blicke. Da hilft auch die getönte Brille nicht viel. Aber so viel kann nicht schief gehen: Immer an der Wand lang und wenn die Boje kommt, drum herum und wieder zurück.
Nach gut 400m merke ich, wie es langsam, aber sicher anstrengend wird. Den ganzen Sommer einmal die Woche ein bisschen im Salzwasser zu baden, reicht offensichtlich nicht aus, um die Schwimmform vom Frühjahr zu konservieren. Dann taucht aber Gott sei Dank schon die Boje vor mir auf. Auch hier wird's wieder richtig eng, aber damit komm ich gut zurecht.
Nach 600m täuscht auch der Neo nicht mehr über fehlendes Schwimmtraining hinweg und die ersten fangen, an mich zu überholen. Also, noch mal verstärkt auf die Technik konzentrieren und siehe da, es hilft. Ein letzter Linksknick und dann stehe ich auch schon vor den Leitern. Greifen, Fuß fassen, hoch da. Geht deutlich besser, als ich gedacht habe.
Hatte ich eigentlich schon erwähnt, dass ich das mit dem Laufen noch mal üben sollte? So trabe ich die 300m in die Wechselzone. Neo aus, Brille auf, Helm auf, Schuhe an und Rad greifen. Ich bin zufrieden mit mir, dass ging doch ganz gut, wenn auch die Wechselzone irgendwie schon halbleer aussah. Offensichtlich muss ich nicht nur häufiger laufen.
Wir haben 400m Anlauf, dann geht es auf einer Rampe raus aus der Marina, hoch auf die Klippen. Und weil man hier nicht direkt auf die Küstenstraße kann, geht's weiter den Berg hoch, bevor dann die Abzweigung kommt. Mittlerweile fahre ich Wiegetritt und ersten Gang und denke, dass ich ganz klar mehr Berge fahren muss. Aber was will man machen, wenn zuhause die längste Steigung zweieinhalb Minuten dauert.
Dann geht es auf die Küstenstraße. Für mich die erste Gelegenheit, den Mund auszuspülen und einen Schluck Wasser zu trinken. Ich überhole ein paar andere und werde von ein paar anderen überholt. Gefühlt hält sich das die Waage. Dann links ab ins Hinterland und schon kommt das erste Dorf mit dem ersten Berg. Die erste Hälfte geht noch, dann wird's hart. Mit pfeifender Lunge komme ich oben an. Sowas mag ich ja gar nicht. Immerhin entschädigt die darauf folgende Abfahrt und ich komme mit Schwung über die nächste Kuppe.
So rollt es dann ein bisschen auf und ab, bis sie dann vor mir auftaucht, die Steigung, bei der ich gestern abend in der einen Kurve in den ersten Gang schalten musste. Ich gehe sie konservativ an, strample schon fast in Trance stetig bergauf entscheide dann doch, die Kurve zu Fuß zu gehen und gewinne damit zwei Plätze.
Oben angekommen bietet sich mir ein atemberaubender Blick über Brighton und das Meer. Alleine dafür hat sich das Kommen schon gelohnt. Noch ein bisschen geradeaus und dann geht's links ab wieder Richtung Küste. Ab hier nur noch bergab.
Irgendwann gehe ich vom Auflieger und greife den Untenlenker, denn langsam wird's mir bei den schlechten britischen Strassen doch ein bisschen zu heikel. Auf dem letzten Steilstück in die Stadt muss ich meine Knie doch schon ganz schön an das Oberrohr drücken, um auf dem hüpfenden Rad ein halbwegs sicheres Gefühl zu haben. Währenddessen bete ich, dass von den Autos, die ich überhole, keiner spontan abbiegt.
Wieder links ab, einen kleinen Anstieg hinauf und wieder hinunter und schon bin ich wieder auf der Küstenstraße. Ein Gel lutschen und ab auf die zweite Radrunde. Mittlerweile sind deutlich mehr Autos auf der Radstrecke, die sich ab und zu vor Abzweigungen stauen. Da die meisten versäumen, links eine Gasse zu lassen, ächze ich an den Steigungen links vorbei.
Ein letzter Kreisverkehr, dann geht's wieder zur Marina. Insgesamt habe ich wohl ein paar Plätze gutgemacht, da mich die wenigsten, die ich auf den bergab Stücken überholt habe, wieder eingeholt haben. Aber das ist eh alles Schönfärberei, denn gleich geht's ans Laufen und da hab ich ja bekanntermaßen noch Übungsbedarf.
Runter vom Rad, rein in die Wechselzone, Helm weg, Laufschuhe an und meine Wasserflasche gegriffen. Auf Socken verzichte ich heute das erste mal. Mal gucken, wie das geht.
Was soll ich sagen: Kaum bin ich auf der Promenade, höre ich sie schon, die Schritte von hinten. Ich beschließe, die Überholenden einfach zu ignorieren und mich an dem strahlenden Sonnenschein und der schönen Umgebung zu erfreuen. Draußen auf dem Wasser läuft eine Segelregatta. Finde ich ja auch spannend und vertreibe mir die Zeit mit Zugucken, was die da machen.
Als die 25. Läuferin an mir vorbeizieht, höre ich auf zu zählen. Das ist irgendwie nicht gut für die Motivation. Hatte ich schon erwähnt, dass ich das mit dem Laufen noch üben sollte?
Ein Blick auf die Pulsuhr zeigt eine Zeit von 1:40h und einen Puls von 162. Eigentlich könnte und sollte ich schneller Laufen, aber irgendwie ist die Luft raus. Die Kaffeebude an der ich vorbeikomme, stellt eine ernste Verlockung dar. Wenn ich Geld dabei hätte, würd' ich mir ernst mal einen Kaffee holen und den anderen applaudieren, bevor ich weiterlaufe.
So trotte ich vor mich hin und werde erst wieder von einem kleinen blonden Mädchen aus meinen Gedanken gerissen. Sie sitzt auf einem kleinen rosa Fahrrad mit weißen Stützrädern und schiebt sich langsam von hinten in mein Blickfeld. Also, das dann doch nicht. Ich straffe meine Haltung, sammle meine Gedanken und es gelingt mir, sie wieder aus dem Blickfeld fallen zu lassen. Aber das Geräusch bleibt. Dicht hinter mir.
Während ich noch überlege, wie und ob ich die Situation überhaupt in meinem Rennbericht erwähne, reicht mir ein Marshall einen Becher Wasser und weist mir den Weg in die umgekehrte Richtung. Ein Blick auf meine Pulsuhr zeigt mir, äh, nichts. Das ganze Display blinkt noch ein paar Mal, bevor das blöde Ding endgültig seinen Geist aufgibt. Ich bin sauer, mehrere hundert Euro teuer und dann das. Nach einer Reihe von Fehlfunktionen im letzten Jahr nun dies. Das Ding geht postwendend zurück, wenn ich wieder zuhause bin. Am meisten ärgert mich, das meine Raddaten weg sind.
Egal, mein Ärger währt ja im Normalfall nur kurz und ich stelle fest, das mir doch noch eine ganze Reihe Athleten entgegen kommt. Na gut, der ein oder die andere davon überholt mich noch vor dem Ziel, aber immerhin werde ich nicht nach ganz hinten durchgereicht.
Ich laufe wieder in die Marina ein und die ersten Zuschauer fangen an, zu klatschen und fordern einen Zielsprint. Was, hier schon? Ich verzichte auf den Sprint, denn hier gibt's nicht wirklich was schönzureden und bedanke mich artig für das Anfeuern.
Nach gefühlten zweieinhalb Stunden überquere ich die Ziellinie. Die genaue Zeit wird hinterher im Internet veröffentlich werden, sagt man mir. Ich greife mir eine Banane und ein Wasser und setze mich auf die Kaimauer, um die nach mir kommenden Athleten anzufeuern.
Alles in allem ein netter kleiner Wettkampf und schöner Saisonabschluss. Und das mit dem Laufen, dass mach ich diesen Winter ganz bestimmt...
__________________
.
One week without training makes one weak.
.
Die Rechte an eventuell eingebetteten Bildern oder Videos liegen immer beim jeweiligen Urheber.
|