Schottland verbinde ich bislang nur mit importierten Vierbeinern. Selber bin ich noch nicht dorthin gekommen. Deine Erlebnisse machen echt Lust darauf. Aber ohne Triathlon, beim Schwimmen bin ich dann doch zu sehr Mimose.
Ich kann ja nach dem WK noch ein paar Reisetipps für dieses geile Land geben. Für sehr viele Outdooraktivitäten ist das hier ein Paradies und da gibts ja eine grosse Schnittmenge mit dem Triathlon.
Heutiges Highlight war die Navigation. Wie gesagt fährt man überall mindestens 1 Stunde hin, weil alles weitläufig ist. Manchmal dauert es auch länger. Zum Beispiel, wenn man in einem Kreisverkehr die richtige Abfahrt verpasst.
Oder man macht es so wie wir. Auf dem Weg nach Inverness, der städtischen Drehscheibe der Highlands, wo wir noch ein paar Sachen besorgen mussten.
Der Kreisverkehr hatte 4 Ausfahrten und wir hätten die dritte nehmen müssen, waren aber in der falschen Spur und ich konnte das mit Linksverkehrmalus nicht mehr korrigieren. Also falsche Ausfahrt genommen und wieder auf eine Bundesstraße.
Das Navi führte uns dann zur nächsten Abfahrt und einem neuen Kreisverkehr, diesmal mit 6(!) Ausfahrten, wo wir die 5te hätten nehmen müssen., was natürlich auch wieder nicht klappte.
Ich kürze ab. Irgendwann haben wir dann den Outdoorladen gefunden und den drohenden Ehestreit lieber dadurch befriedet, dass wir uns über die Situation kaputt gelacht haben.
Zwischendurch gabs bei mir immer wieder mal Carboloading mit Nudelsalat, Gummibärchen und Cola.
1 1/2 Fahrstunden später waren wir dann wieder in Torridon und haben uns registriert.
Davor wurde das Mountain-Kit gecheckt von mir und meinem Supportrunner( U.a. ordentliche Regenjacke und Hose, 2 langärmelige Wärmelagen, Kompass, Stirnlampe, Apotheke, Notfallbiwaksack, Mütze Handschuhe, Karte) , dann gabs Aufkleber fürs Auto und die üblichen für Rad und Runner.
Morgen ist noch ein social Swim morgens, den spare ich mir. Stattdessen noch Rad-und Laufaktivierungen. Am Nachmittag dann Racebriefing für Das Supportteam und Athleten.
Ich habe 3 Supporter. Mein bester Freund ist Supportrunner und Fahrer, meine Frau Mainsupporterin in den Wechselzonen und am Rad und Backup -RunnerIn und Fahrerin, wenn ich mit meinem Freund in den Bergen bin. Und die Frau meines Freundes sorgt für gute Stimmung.
Orgamässig und von der Logistik ist das ein echtes Brett. Hier stehen schon viele leere beklebte Taschen, neben den üblichen SWIM und T1 und T2 gibt es noch T2A und diverse Taschen fürs Auto ( Verpflegung für mich, fürs Team, für Werkzeug…)
Nachdem ich hier so nett über Monate moralisch unterstützt und begleitet wurde, schiebe ich natürlich gerne noch einen Rennbericht nach. Wem es zu ausfühlich ist, der kann ja auch nur die Bilder guggen. Und davon gibt’s einige. Da das Ganze durch Support-Car und Supportrunner ja wirklich ein Teamevent ist, hab ich meine Frau als Teamchefin dafür gewinnen können, jeweils ein paar Zeilen zu kommentieren. Damit wird auch die SupporterInnen-Perspektive erlebbar. Sie schreibt in kursiv.
An dieser Stelle vorab nochmal herzlichen Dank an mein großartiges Team. Mein bester Freund und seine Frau, das sind meine engsten und ältesten Freunde. Und meine Frau, die nun schon seit fast 34 Jahren an meiner Seite ist. Die mich immer unterstützt hat, in vielen guten und auch manchen schlechten Zeiten. Ohne Dich wäre das alles nur halb so schön und letztlich gar nicht möglich gewesen. Danke. Diesen Wettkampf gemeinsam bestreiten zu dürfen, war eine der Sachen, die den Celtman für mich zu etwas ganz Besonderem gemacht haben
Celtman! Extreme Scottish Triathlon 2025
Prolog
Der Wecker klingelt um 0:30 Uhr. Extremtriathlon halt, da ist schon das Aufstehen extrem (früh). Ich bin tatsächlich nicht aufgeregt, oder besser gesagt: nicht mehr. Entweder hab ich schon mein gesamtes Adrenalin verschossen, bin zu müde oder es überwiegt einfach die Freude. Gestern morgen hab ich mich noch kurz so gefühlt, als wenn ich zu meiner eigenen Hinrichtung muss und war mega aufgeregt. Aber nach der letzten kurzen Lauf- und Radaktivierung ist die Spannung dann plötzlich abgefallen und ich hatte einfach nur noch Bock, dass es los geht.
Die monatelangen Anspannungen und Mühen, vom ersten Losverfahren über die gute Nachricht des Startplatzes, Anmeldung, Buchen der Reise und insbesondere des Radtransports im Flugzeug und des Mietwagens, organisieren des Supportteams und 9 Monate Training mit den üblichen Höhen und Tiefen: Letztlich ging alles ziemlich gut und ich stehe fit an der Startlinie.
Naja, fast: Aktuell putze ich mir erstmal die Zähne und versuche kurze Zeit später, mehrere Toasts mit Marmelade und etwas Tee runterzubekommen. Das Auto haben wir glücklicherweise gestern schon beladen können. Einer der Vorteile, wenn man eine Cottage, mitten im Wald am Arsch der Welt, an der schottischen Atlantikküste bewohnt.
Ich habe kaum geschlafen, endlich klingelt der Wetter. Schnell runter in die Küche und Frühstück machen. Ein bisschen Toast quäle ich mir auch runter, wird auch für die Supporter ein langer Tag. Die Essenstasche für die Support-Crew muss noch gepackt werden, im Kühlschrank steht der Nudelsalat, den darf ich nicht vergessen. Man ist schließlich auch ein bisschen Gastgeber und viele Möglichkeiten um etwas unterwegs zu kaufen gibt es nicht. Immer wieder der Gedanke "habe ich an alles gedacht?" Also rein in die Klamotten, das Supporter T-Shirt darf ich nicht vergessen, das ist die Eintrittskarte in die Wechselzone und das "Original Bugshirt", meine Lebensversicherung gegen Insektenstiche.
Um 1:30 Uhr brechen wir auf, genau im Plan. Naja fast. Klogang war, trotz Kaffee, Treppensteigen und engagierten Bauchmuskeleinsatzes nicht möglich. Aber mach das mal um 1 Uhr morgens.
Es ist noch stockdunkel. Das erste Highlight des Wettkampftages ist die fast einstündige Fahrt nach Shieldaig, einem kleiner Küstenort und Location von T1. Es geht über kurvenreiche Singletrackroads mit Fernlicht. Genau drei mal muss ich schärfer bremsen, weil Rotwild auf der Strasse steht. Zum Glück haben wir Zeit. Das ist wirklich abenteuerlich, vor allem weil die Singletrackroads ja am Rand nicht selten Schlaglöcher haben oder einfach mal einen halben Meter abfallen in den Graben. Aber alles geht gut und wir erreichen Shieldaig ca. 10 Minuten vor dem offiziellen Einlass nach T1. Licht aus, Motor aus, warten.
02:30 Uhr morgens. Ein Mitglied der Celtmancrew schlurft langsam zum Schlagbaum am Eingang des Dorfes, das Gesicht in ein Mückennetz eingehüllt. Licht an, Motor an. Im Licht der Scheinwerfer begrüßen uns tausende schottische Midges und im Gegensatz zu uns haben sie noch nicht gefrühstückt. Midges sind kleiner als unsere Obstfliegen, beißen aber fast so mies wie richtig große Bremsen. Hölle.
Alles weiteren Szenen dieses Morgens muss man sich einfach eingehüllt in eine Mückenwolke vorstellen, ich erwähne das nur nicht immer gesondert. Wir sind durch gute Kleidung und das Netz ziemlich gut geschützt, Stiche gibt es trotzdem, aber irgendwann ignoriert man das, wie einen nervigen Nieselregen.
Wir haben einen Parkplatz direkt am Beginn der Wechselzone. Bepackt mit zwei großen Taschen (Schwimmsachen, Radsachen), Wärmemantel, Campingstuhl und Fahrrad machen wir uns auf den Weg. Die Wechselzone ist eher spartanisch, hat aber immerhin ein Rack fürs Rad (Spoiler: in T2 gibt es kein Rack, man legt das Rad in eine Wiese). Damit ist die schmale Dorfstrasse komplett ausgefüllt. Erstmal alles Geraffel an den Rand stellen, dann sehen wir weiter.
In einem kleinen Raum gibts den Zeitmesschip fürs Handgelenk und den GPS-Transponder, den man beim Rad und Laufen in der Tasche tragen muss „for savety reasons“ Rad ins Rack einhängen und Wechselplatz inklusive Campingstuhl einrichten ist der nächste Schritt.
Den Neo ziehe ich wegen der Midges im Auto an, draussen wäre das ein Massaker. Zusätzlich zum üblichen gibt es Neoprenfüsslinge und eine Weste. Immerhin schützt das auch gegen die Stiche. Mittlerweile dämmert es und die Sonne geht langsam auf.
Punkt 4 Uhr werden wir 212 Athletinnen mit 3 Bussen über eine sehr schmale und hügelige Küsstenstrasse auf die andere Seite der Bucht gefahren, was ebenfalls abenteuerlich ist. Das dauert ungefähr eine halbe Stunde. Der Bus ist auch voller Midges und die Stimmung der einzelnen Athletinnen ganz unterschiedlich, von angespanntem Schweigen bis überdrehtem Rumgehampel. Ich nerve mutmaßlich einen neben mir sitzenden,ziemlich stillen Spanier, indem ich ihn die ganze Zeit vollabere. Aber für minutenlanges Schweigen hab ich einfach zu gute Laune und einfach Bock, dass es endlich los geht. Die letzten Schwimmeinheiten und das Probeschwimmen hier im Atlantik liefen gut. Ich fühle mich bereit und nuckel noch etwas an meiner Maltoflasche.
Letzte Verabschiedung am Bus. Jetzt habe ich ca. 2 Stunden Zeit. Mit vielen anderen Supportern spaziere ich zurück in die Wechselzone. Viele legen sich nochmal ins Auto um ein bisschen zu schlafen. Andere bauen den Wechselplatz auf. So auch ich. Aber erstmal aufs Dixi....und das war das Beste Dixie auf dem ich je war: mega sauber, mit Spülung, Toilettenpapier und Desinfektionsmittel. Die Briten haben einfach Kultur! Danach Radcomputer, Rücklicht und Flaschen ans Rad, den Stuhl aufstellen Wärmemantel in den Stuhl. In jeder Tasche habe ich einen Notizzettel, damit ich nichts vergesse. Die Thermoskanne mit gesüßtem Tee stelle ich schon mal hin. Tasche mit den Radsachen neben den Stuhl, die Tasche für die Schwimmsachen hinter den Stuhl. Was mache ich mit dem Tracker und dem Handy, das dürfen wir nicht vergessen, wenn Sascha aufs Rad steigt. Mantra: ich darf den Tracker nicht vergessen, ich darf den Tracker nicht vergessen.... Kurz schnaufe ich durch und setzte mich hin. Sofort stürzen sich die Midges auf mich. Ein Offizieller meint dazu nur "keep moving". Dann kommt Igor wir bereiten das Auto vor und warten gemeinsam. Die Farben des Lichts und die Stimmung genießen wir und freuen uns, dass wir es warm und trocken haben. Es wird wieder wuseliger, die Spannung unter den Supportern steigt. Achja: ich darf den Tracker nicht vergessen, ich darf den Tracker nicht vergessen....
Dann sind wir endlich am Startplatz, dem Sheep Shit Field. Die Sonne geht auf, eine Band mit Drums und Dudelsack macht mächtig Stimmung und die Kulisse an dem von Bergen umgebenden Loch Shieldaig bei Sonnenaufgang ist schlicht atemberaubend, Gänsehautfeeling schon vor dem ersten Wasserkontakt.