Ich versuche gerade, mir selbst klar zu werden, was ich von den 2:26 halten soll?
Einerseits will ich niemandem etwas unterstellen und ich denke, grundsätzlich könnte das schon möglich sein. Allerdings stimmen mich einige Umstände doch nachdenklich. Ich finde nichts, das die Zeit für mich plausibel erklären würde.
Da wären mal die Schuhe: Ja die Schuhentwicklung geht derzeit rasant voran. Andererseits sind die bisherigen Bestzeiten ja auch nicht mit Material aus dem vorigen Jahrzehnt erreicht worden. Dass also ein neuer Schuh im Vergleich zu den Super-Schuhen anderer Firmen fast 4 Minuten ausmachen sollte, kann ich mir nicht vorstellen.
Andererseits die schon angesprochenen Vorleistungen: 1:13 in 70.3-Rennen und dann das selbe Tempo auf der Langdistanz? Da sehe ich Erklärungsbedarf.
Zum Beispiel wäre es denkbar, dass er sich gezielt auf den LD-Marathon-Rekord vorbereitet und die 70.3-Bewerbe im Rahmen der Vorbereitung im geplanten Marathon-Tempo gelaufen ist (HMs im geplanten M-Tempo hab ich vor Solo-Marathons seinerzeit auch gemacht).
Aber warum sollte er das dann nicht einfach sagen? Er muss es ja nicht ankündigen, aber wenn´s dann geklappt hat, könnte er ja den Plan offenlegen und sich freuen, dass der Plan aufgegangen ist.
Stattdessen lese ich aber lediglich irgendwelche Schwurbeleien: "Schon in der Woche zuvor hatte er sich gefragt, warum beim Ironman noch niemand einen Marathon unter 2:30 Stunden gelaufen ist. Dann im Rennen "Ich habe einfach weitergemacht. Dann habe ich mir gesagt: Bleib ruhig, atme, iss etwas." Dann trug ihn die Stimmung des Publikums – er konnte nicht mehr langsamer werden." (alles Zitate von trimag.de)
Ich weiß nicht ... eine Woche zuvor fliegt ihm ganz plötzlich die Frage zu: Warum ist eigentlich noch niemand so schnell gelaufen? Dann probiert er´s einfach so - offenbar ohne spezielle Vorbereitung. Und obwohl er selbst nicht daran glaubt ("Da dachte ich: Junge, du wirst einbrechen. Niemand läuft das so. Du wirst einbrechen.“), schafft er es. Hurra! Mit Publikums-Unterstützung und dem Gedanken: atme und iss etwas, ist der Fabelrekord geschafft.
Das ist mir ehrlich gesagt ein bisschen zu billig als Erklärung. Ich bin gespannt, ob der Rekordläufer selbst noch ein paar Infos nachschiebt, die seine Leistung erklären. Das, was ich bisher lese, wirft meiner Meinung nach mehr Fragen auf, als sie zu beantworten.
… von Messias soll ja Reinaldo Colucci sein, der wiederum mit einer Mariana Ohata verheiratet ist. Diese Frau gern mal googeln und dann seine eigene Meinung bilden…
Im TTH Podcast wird spekuliert, dass er sich auf dem Rad zurückgehalten hat, da er deutlich langsamer war als der Sieger, und so genug Körner für einen konstanten oder sogar progressiven Marathon übrig hatte. Aber klar, es können auch die Eier zum Frühstück gewesen sein...
Gerade der Vergleich mit dem klassischen Laufsport scheint mir ein paar Fragezeichen beim Triathlon aufzuwerfen. Denn beim Marathonlauf haben sich die Laufzeiten seit Haile Gebrselassie nur um rund zwei Minuten verbessert, vermutlich durch die Carbonschuhe...
Das stimmt. Der Vergleich eignet sich nicht besonders. Ich halte den Anteil der Schuhe für die rasante Entwicklung der Leistung für gering und als einen von mehreren. Meines Erachtens sind weitere Gründe ebenso oder sogar mehr ausschlaggebend:
Aerogains und infolgedessen niedrigere CdA-Werte
Höhere Intensitätstoleranz im Training (z. B. Double-Threshold-Training), HRV-gestützte Load-Anpassung
Verbesserte Regeneration durch 24/7-Überwachung der wesentlichen Körperfunktionen durch Einsatz von Wearables
Erhöhte Leistungsanreize durch deutlich höhere Preisgelder und verschärften Wettbewerb
Und vor allem: Ernährung. Galten vor 10 Jahren 60g Carbs/h als Maximalwert sehen wir heute viel höhere Oxidationsraten.
Früher konntest du als Langdistanzathlet zwei Rennen im Jahr machen. Heute macht fast jeder drei. Oder mehr. Weil es geht.
Mir scheint die grundsätzliche Entwicklung logisch. Ein passenderer Vergleich ist vermutlich eher im Radsport zu suchen.
: atme und iss etwas, ist der Fabelrekord geschafft.
Das ist mein Plan für den nächsten Wettkampf. Atmen, essen und einfach nicht langsamer werden, mal gucken ob es für einen Rekord reicht.
Im Vergleich zum Laufsport sieht man aber in den letzten Jahren schon viel Entwicklung und Professionalisierung. Kaum ein Pro der nicht selber im Windkanal ist, individuelle Cockpits, Anzüge, ... dazu deutlich gemäßigtere Sitzpositionen, mit angepassten KH-Mixen mehr Aufnahme pro Stunde möglich, ...
Darauf dass die Zeiten alle sauber entstanden sind möchte ich trotzdem nicht wetten.
Gerade der Vergleich mit dem klassischen Laufsport scheint mir ein paar Fragezeichen beim Triathlon aufzuwerfen. Denn beim Marathonlauf haben sich die Laufzeiten seit Haile Gebrselassie nur um rund zwei Minuten verbessert, vermutlich durch die Carbonschuhe.
Im Triathlon erklären wir dieselben Carbonschuhe zur Ursache für Leistungssteigerungen im Bereich von 10-15 Minuten. Eine Kate Matthews läuft durch die Hamburger Pfützen schneller als ein Jan Frodeno in Bestform.
Man darf nicht vergessen, dass wir hier von einem Leistungslevel sprechen, wo man nicht einfach mal so 10 Minuten schneller ist. Würde in drei Jahren ein Afrikaner den Solo-Marathon in 1:51 Stunden rennen, wäre das ebenfalls eine sehr bemerkenswerte Sache.
Danke jedenfalls für Deine ausführliche Antwort.
Der klassische Laufsport ist aber auch schon älter. Mach halt mal noch 60 Jahre Triathlon. Dann werden die Sprünge dort auch kleiner.
Der klassische Laufsport ist aber auch schon älter. Mach halt mal noch 60 Jahre Triathlon. Dann werden die Sprünge dort auch kleiner.
Wir sprechen hier vom Laufsplit des Triathlons.
Die angeblichen Innovationen, die für den Ironman-Marathon angeführt werden, müssten auch beim Solo-Marathon erkennbare Auswirkungen haben. Das ist aber nicht der Fall.
Beispielsweise wurde genannt, die Athleten und Athletinnen hätten heutzutage Wearables und würden ihre Herzfrequenzvariabilität zur Steuerung des Trainings einsetzen. Außerdem hätten sich die Gels und die Laufschuhe verbessert.
All das müsste auch im Laufsport im selben Jahr der Innovation zu Leistungssprüngen führen. Was wir jedoch sehen, sind nur sehr kleine Verbesserungen in den Laufzeiten. Haile Gebrselassie lief ohne das alles 2:03, heute läuft man 2:01 Stunden. Das spricht aus meiner Sicht gegen die These, wir hätten es mit Innovationen zu tun, die es einer Kate Matthews ermöglichen, so schnell zu laufen wie Jan Frodeno in Topform.
(Dass die afrikanischen Läufer, die den Marathonlauf international dominieren, praktisch flächendeckend gedopt sind, steht noch mal auf einem anderen Blatt. Allein in Kenia sitzen aktuell 81 (!) Sportler eine Dopingsperre ab, ähnliche Zahlen werden für Äthiopien vermutet. Das macht Quervergleiche mit dem Triathlonsport, den ich nicht gleichermaßen für verseucht halte, schwierig und schwächt meine Argumentation zweifellos. Fairerweise muss man aber einräumen, dass über ein Dutzend der Siege bei den großen Triathlons in Roth, Frankfurt, Klagenfurt und Zürich von Athleten und Athletinnen stammen, die später mit Doping in Verbindung gebracht wurden. – Allerdings suche ich nach Erklärungen, wie die aktuellen Leistungssprünge bei den Laufzeiten im Triathlon ohne Doping zustande kommen.)