Du klingst als ob Du davon ausgehst, daß die Hitler-Zitate alles reine Erfindung sind. Worauf basiert dieser Verdacht?
Da sind viele Zitate extrem gekürzt, ohne jeglichen Kontext oder Referenz verwendet und stammen aus den Kriegsjahren, z.T. bis 1944, 45. Da stand Hitler bekanntlich schon unter Drogen und hat sich viele Monate in der Wolfsschanze verschanzt, sich mit Landkarten und Armeen auf dem Papier beschäftigt und fast jeden Bezug zur Realität verloren, eben halluzinatorisch. Ich mache mir jetzt nicht die Mühe, jedes einzelne Zitat kritisch zu untersuchen und beschreibe nur meinen persönlichen Eindruck beim lesen. Ich meine, mit der willkürlichen Auswahl und Verwendung von Zitaten und der "Methodik" könnte ich z.B. alles mögliche für Trumps Einstellung konstruieren, wie es mir gerade gefällt. Das "antikapitalistische" Element bei Hitler war immer antisemitisch, bezogen auf das raffende jüdische Kapital, und in der Praxis hat er dem deutschen Grosskapital enorme Gewinne versprochen durch die Unterdrückung der Arbeiterschaft und ihrer Organisationen und der imperialen Expansion (mehr Raum...), und den Juden alles genommen und umverteilt.
Zitat:
Zitat von Schwarzfahrer
Kriegswirtschaft mit staatlicher Lenkung ist m.M.n. nie rein kapitalistisch, sondern eine Form von Planwirtschaft, wie ihn auch linke Diktaturen praktizierten.
Kapitalistisch funktioniert eine Wirtschaft, per Definitionem, solange wie die Produktionsmittel im privaten Besitz sind und die Lohnabhängigen, frei von Produktionsmitteln, den PM-Besizern ihre Arbeitskraft verkaufen müssen, welche damit den Mehrwert sprich Profit für sich erzeugen, unabhängig vom Grad der staatlichen wirtschaftlichen Planung und Lenkung.
Deswegen ist auch die Wirtschaftsform Chinas z.B. kapitalistisch, wenn auch z.T. mit hohen Staatsanteilen. Nicht, welche Bereiche geplant werden oder nicht, (im 3. Reich vor allem die Rüstung) definieren kapitalistisch / sozialistisch, sondern allein der Besitz an den Produktionsmitteln.---- Deswegen: kapitalistische Kriegswirtschaft im 3. Reich. Auch Russland hat heute eine solche, (Ps. Die Ampel hat mit Rheinmetall auch feste Lieferverträge und Quoten vereinbart z.B..). Auch die USA hat während des 2. Weltkrieges ihre kapitalistische Rüstungsindustrie staatlich geplant, mit der die Besitzer immense Gewinne erzielt haben.
Zitat:
Zitat von Schwarzfahrer
Relativ reinen Kapitalismus hat z.B. die Pinochet-Diktatur in Chile praktiziert, mit wirtschaftlich sogar positiver Wirkung für die Bevölkerung.
Ich kenne die Chicago Lehre von Milton Friedman und die Umsetzung in Chile. Ich lese aber zum ersten Mal, dass es damit der Bevölkerung in Chiles Diktatur nach dem Militärputsch wirtschaftlich besser ging, mal vom Terror und den Morden Pinochets ganz abgesehen. Wikipedia meint dazu:
Zitat:
Diese erste Generation der Chicago Boys bestand aus Hardlinern. Sie führten auf Anraten Friedmans eine monetaristische Schocktherapie durch. Um die Inflation zu senken wurden die Staatsausgaben um 27 % reduziert und Zolltarife von 70 auf 33 % gesenkt. Die Zentralbank erhöhte die Zinsen von 49,9 auf 178 %. Die vorhergesehene und als unvermeidlich hingenommene Folge[119] war die Rezession von 1975, die zu einer Schrumpfung des Bruttoinlandsprodukts am Tiefstpunkt um 15 % führte. Die Reallöhne fielen um ca. 60 %, die Arbeitslosigkeit verdoppelte sich.Kurzfristig wurden 210.000 Menschen in öffentlichen Arbeitsprogrammen beschäftigt.[120] Im Rahmen einer radikalen Steuerreform wurden die Vermögens- und die Kapitalertragsteuer abgeschafft. Die Körperschaftssteuer wurde gesenkt, gegenfinanziert wurde dies durch Einführung der Mehrwertsteuer. Unter dem Strich erfolgte eine Entlastung höherer Einkommen und Vermögen zu Lasten der niedrigerer Einkommen und Vermögen.......
Im Vergleich zu 1970 (also noch vor Allendes Reformen) waren 1975 die Ausgaben für Gesundheit um 33 % niedriger, für Erziehung um 37 %, für Wohnungsbau um 26 % und für Versicherungen um 39 %. Deutlich wird die neue Prioritätensetzung des Diktators: Statt 59 % (1970) gab der Staat 1975 nur noch 32 % der Staatsmittel für Soziales aus. Die Löhne waren 1980 (also sieben Jahre nach dem Putsch) 17 % niedriger als vor Allende.Die scharfen Rezessionen und die Reformen führten zu einer Ausweitung der Armut und der Einkommensungleichheit:
Und auch "Terror- und Willkürstaat zur Unterdrückung und maximalen Ausbeutung der Arbeiterschaft und der gesamten Bevölkerung" ist nicht spezifisch rechts, sondern generell ein Merkmal von totalitären Diktaturen.....
China z.B. kann man aktuell als Einparteien Diktatur sicher als "totalitär" bezeichnen, aber nicht als Terrorstaat wie das 3. Reich und als aggressiver, imperialistischer Kriegsstaat wie das 3. Reich, das Europa ins Unglück stürzte. Es findet keine maximale Ausbeutung der Arbeiterschaft und der Bevölkerung statt wie im 3. Reich, allerdings eine Unterdrückung ethnischer Minderheiten wie die der Uiguren oder evtl. Tibeter. Insofern ist das in meinen Augen ein billiger Trick, um die spezifische Mordmaschinerie des 3. Reiches, seine imperialitischen Kriege, den Holocaust des deutschen Faschismus hinter dem abstrakten für beide zutreffenden Oberbegriff "totalitär" veschwinden zu lassen. Es macht doch keinen Sinn und ist echt albern, den deutschen Faschismus des 3. Reiches oder Stalins Terrorherrschaft heute durch die Brille von rechts / links Kategorien einer liberalen Demokratie kategorisieren zu wollen wie der verlinkte Artikel es tut. Das führt immer zu Verfälschungen, Verharmlosungen usf.
Nicht jeder will es. In einer Fake-News-Blase lebt es sich entspannt ohne das Ding in dem Hohlraum zwischen den Ohren zu sehr zu belasten.
Man muss aber auch sagen, dass dies jetzt auch nicht alles so straight-forward ist. Um das 3. Reich zu verstehen, muss man schon tiefer reinschauen. Das sieht man z.B. an qbz's Ausführung. Nicht jeder hat solche Detailkenntnisse wir er.
Und wenn es also zu schwierig ist, es zu kapieren und man muss auch sagen, man kann jetzt nicht auf jedem Gebiet Experte werden, dann fängt man an, entsprechenden Politikern zu vertrauen. Ob das bei Weidel die richtige Entscheidung ist, ist eine ganz andere Frage.
An den Verbrechen des dritten Reiches gibt es nichts zu relativieren, also versucht die *zensiert* Weidel sich über die Schiene zu distanzieren. Die AfD ist rechts, Hitler ist links, mit Hitler haben wir nichts zu tun. Die Taktik ist doch ganz offensichtlich.
@schwarzfahrer:
Lies mal diesen Absatz über Gregor Strasser. Er repräsentierte quasi zusammen mit Röhm (SA) den "antikapitalistischen", "sozialrevolutionären", "linken" Flügel in der NSDAP, jeweils im Konflikt / Streit mit Hitler gegen Ende der 20ziger Anfang der 30ziger Jahre. Seine Ideologie hat Hitler nie übernommen. Strasser schwenkte noch vor der Machtergreifung 1932 um auf die Hitler Fraktion in der NSDAP, indem er Kontakte zu deutschen Industriellen suchte (wie Hitler), um Spenden zu erhalten, und im Interview öffentlich erklärte (in Übereinstimmung mit Hitler):
Zitat:
„Wir erkennen das Privateigentum an. Wir erkennen die private Initiative an. Wir erkennen unsere Schulden an und unsere Verpflichtung, sie zu zahlen. Wir sind gegen die Verstaatlichung der Industrie. Wir sind gegen die Verstaatlichung des Handels. Wir sind gegen Planwirtschaft im Sowjetsinne.
https://de.wikipedia.org/wiki/Gregor..._Industriellen
Trotz dieser Kehrtwende wurde auch er 1934 von Hitler und seiner Gefolgsschaft im Zuge der Liquidierung und Säuberung der NSDAP von der SA und der Röhmgruppe, also Liqidierung des früheren (pseudo) antikapitalistischen Flügels, durch SS u. Gestapo ermordet, weil er nicht mehr gebraucht worden ist, um Wählerstimmen aus der Arbeiterschaft zu holen in Konkurrenz zur SPD/KPD. Goebbels gehörte ursprünglich auch zur Strasser Fraktion, wechselte allerdings schon gegen Ende der 20ziger nach dem Bamberger Parteitag 1926, wo Hitler die künftige Richtung bestimmend vorgab, zur Hitler Gefolgsschaft, um sie "propagandistisch", das "völkisch-arische", zu verstärken. Für ihn war der "Sozialismus jüdisch verseucht." (wie auch für Hitler)
In der "Heimat" (NPD) und "Freien Kameradschaften" wie bei anderen Neonazis sollen einzelne Gruppierungen sich wieder ideologisch auf sozialrevolutionäre Ideen von Strasser beziehen.
Vielleicht brauchen wir auch kein Seminar Geschichte des 20. Jahrhunderts.
der Dialog am Donnerstag war so etwa:
— hey, seid ihr eigentlich Nazis?
— Nein nein, mach Dir keine Sorgen, die waren links, wir sind rechts.
—Okay. frag mich etwas über den Mars.
Vielleicht brauchen wir auch kein Seminar Geschichte des 20. Jahrhunderts.
der Dialog am Donnerstag war so etwa:
— hey, seid ihr eigentlich Nazis?
— Nein nein, mach Dir keine Sorgen, die waren links, wir sind rechts.
—Okay. frag mich etwas über den Mars.
m.
Oberster Propaganda-Grundsatz für Hitler oder Goebbels war übrigens: "Lass deine Hö-
rer nicht zu kritischem Denken kommen, behandle alles simplistisch" ;-).