Die neu gegründete Partei “Bündnis Sahra Wagenknecht” (BSW) hält von demokratischen Abläufen eher wenig und verhöhnt den Bundestag. In der letzten Woche stellte die Partei Anträge zur Regierungserklärung, nutzte die Bühne, um eine Rede zu halten und verließ dann den Bundestag, ohne auch nur an der Abstimmung über die eigenen Anträge (!) teilzunehmen. Ein Vorgeschmack auf den Populismus, der auf die deutsche Demokratie zukommt.
Sahra Wagenknecht ist schon länger bekannt dafür, dass sie den Bundestag, in den ihre Wähler:innen sie gewählt haben, nicht allzu ernst nimmt. Sie gehörte schon in ihrer Zeit bei der Linkspartei zu den Abgeordneten mit den meisten Fehltagen im Bundestag. Man hätte ja vorsichtig hoffen können, dass ihre Motivation, die demokratischen Prozesse ernster zu nehmen, mit der Gründung ihrer eigenen Partei (übrigens zusammen mit Sevim Dağdelen, die sogar noch häufiger fehlte) gestiegen wäre. Doch diese Hoffnung wurde schnell enttäuscht.
Wagenknecht und ihre Leute könnten eine Koalition etwa von aktiver Wohnungsbaupolitik, guter Gesundheitsversorgung oder Armutsbekämpfung abhängig machen. Lauter Dinge, die einen sozialen Anspruch bekunden würden und sich auf Landesebene anpacken ließen. Stattdessen fordern sie die Ablehnung von Waffenlieferungen an die Ukraine oder von US-Mittelstreckenraketen in Deutschland. Mit Landespolitik hat das nichts zu tun.
Offenkundig hat das BSW eine Anführerin, die gar nicht regieren will. Ihr Erfolgsmodell besteht darin, sich als einzig wahre Opposition und Friedensengel aufzuspielen. Es sollte sich kein BSW-Wähler und keine -Wählerin wundern, wenn das am Ende nicht zu sozialer Politik, sondern zu einer Blockade des politischen Systems in den Landtagen führt
Dann auch die gleiche Frage an Dich, wo Du es mit Ablenkung durch viele Links auf meine ganz konkrete Frage versuchst. Auf die vielen Links gehe ich bei Gelegenheit und Zeit noch ein. Aber auf den 1. Blick scheinen einige von ziemlicher Unkenntnis geprägt (nicht 1.). Natürlich hat BSW auch schon ein Programm zu sozialen Forderungen, Wohnung, Bildung und Armutsbekämpfung, was für die Länder relevant ist im Unterschied zu den verlinkten zitierten Behauptungen in Deinem Kommentar. Mindestlohnanträge gehören für mich zur Armutsbekämfpung, für Euch zum "Populismus". ?
@trivet und sabine-g: Welches sind jetzt aus Deiner / Eurer Sicht die konkreten populistischen Forderungen von BSW? Nennt bitte belegte Beispiele aus dem Programm oder Reden von Sahra Wagenknecht, damit man konkret darüber diskutieren kann. Ich verstehe, dass Euch eine Antwort schwer fällt, weil die von Euch verlinkten und offenbar konsumierten Medien darüber nicht informieren und sich lieber Diffamierungskampagnen widmen.
Ps. Wie weit sind eigentlich die Grünen mit der im Wahlkampf und in der Koalitionvereinbarung für diese Legislatur geforderten "Kindergrundsicherung"?
Du hast es doch gerne wissenschaftlich seriös, hier zB von der Deutschen Vereinigung für Politikwissenschaft:
[url="https://www.dvpw.de/blog/das-buendnis-sahra-wagenknecht-bsw-eine-populistische-partei-ein-beitrag-von-jan-philipp-thomeczek"]Reden und Pressemitteilung der Linksfraktion (2005-2023): Wagenknecht ist die populistische Politikerin
...
Naja, hast du mal zugehört was Kamala Harris so alles von sich gegeben hat? Tolle Versprechungen, keine Erklärungen. Man gibt sogar öffentlich zu, dass man auf das damalige Erfolgsrezept von Obama aufgesprungen ist.
Immerhin war sie jahrelang Vize-Präsidentin. Man könnte sich ja mal fragen, warum sie in dieser Zeit diese tollen Dingen, von den sie nun redet, nicht längst angetriggert hatte. Sie war ja nicht in der Opposition, sondern an der Macht.
Du hast es doch gerne wissenschaftlich seriös, hier zB von der Deutschen Vereinigung für Politikwissenschaft:....
Ja, das stimmt. Der Artikel ist ein persönlicher Blog-Beitrag auf dem Portal der Vereinigung, wie ihn jedes Mitglied dort verfassen kann.
Thomeczek legt seiner Einschätzung eine Populismus Definition zugrunde, nach der alle linken und sozialistischen Parteien per Definitionem weltweit als Populisten charakterisiert werden. Dass Reden von BSW / PdL im Bundestag empirisch mehr Merkmale dieser Definition aufweisen als die anderer Parteien, ist zu erwarten, weil die Anerkennung eines realen Klassenantagonsimus bzw. die Ungleichheit der Verteilung von Macht und Reichtum Teil der Weltanschaung bzw. Markenkern einer linken oder sozialistischen Partei darstellt.
Zitat:
Thomeczek: Populismus Definition.
"* Bevölkerungsbezug: Populismus steht auf der Seite „der Bevölkerung“, die rhetorisch maximal breit konstruiert wird (z.B. Volk, „die kleinen Leute“) und
* Elitenkritik: starke, verallgemeinernde Kritik an „der Elite“ oder „dem Establishment“, vorzugsweise aus Politik, Wirtschaft oder Medien (z.B. „die etablierten Parteien“, „die Top-Manager“). (qbz: eher Großkonzerne, Monopole.)
Zwischen beiden Gruppen besteht ein antagonistisches Verhältnis, weswegen manche von einem „manichäistischen Weltbild“ sprechen.
Kommunikation, die durch diese Elemente gekennzeichnet ist, kann als populistische Kommunikation bezeichnet werden. Nutzt eine Partei diese Rhetorik regelmäßig, kann diese Partei als populistische Partei klassifiziert werden."
Etwas "amüsant" finde ich den Teil, wo sich Thomeczek wundert, weshalb BSW / PdL sich für den unternehmerischen Mittelstand programmatisch engagieren. (qbz: weil der eben nicht die bestimmende Macht der Monopole und ihrer Lobbies besitzt.).
Diese Populismus Definition der Politikwissenschaft gehört selbst zur herrschaftsstabilierenden Ideologie, gut bezahlt mit Unijobs, um kritische politische Konzepte zu bekämpfen, z.B. Konzepte, welche die ungleiche und wachsende Reichtumsverteilung auf der Welt kritisieren. Wer letzteres tut, ist nach der obigen Definition Populist, wer die Klassenunterschiede übergeht oder ein Programm für die Reichen vertritt, keiner.
Wer als Politikwissenschafter nun BSW / PdL in der Öffentlichkeit "Populismus" vorwirft, kennt genau die exakte (herrschafts)wissenschaftliche Definition, erhebt den Vorwurf aber meistens in diffamierender Absicht, weil er genau weiss, das alltagssprachlich "Populismus" als Synonym für "Demagogie" verstanden wird, so wie es auch "sabine-g" und Du angewendet haben.
Zitat:
Thomeczek:
"Zunächst ist dabei festzuhalten, dass Populismus im politikwissenschaftlichen Sinne eine relativ klare Definition besitzt, die mit dem umgangssprachlichen Gebrauch (z.B. im Sinne von Demagogie) nur bedingt etwas gemein hat. Gemäß dem sogenannten ideellen Ansatz (engl. Ideational Approach), der durch Cas Mudde, Kirk Hawkins und Margaret Canovan maßgeblich geprägt wurde, ist Populismus ein spezifisches Weltbild, ein „Ideenset“. "
Ich sehe bei Sarah Wagenknecht ebenfalls eine Nähe zum Populismus. Aber ich finde gut, wenn es in Deutschland eine linke Partei gibt. Sie muss ja nicht gleich den Kanzler stellen.
Themen wie soziale Gerechtigkeit sind aus meiner Sicht wichtig für Deutschland. Wir können als Gesellschaft nur zusammenhalten, wenn die Schere zwischen arm und reich nicht zu weit auseinander driftet.
Früher war die SPD dafür "zuständig". Sie kann aber etwas Ansporn von links gebrauchen, finde ich.
Problematisch finde ich Wagenknechts Verhältnis zum Umweltschutz. In allen praktischen Fragen scheint ihr der egal zu sein.
Naja, ihre Nähe zum Populismus hast du ja erwähnt.
Wieviele Jünger du dir mit Umweltschutz einfängst und wieviele mit anderen Themen, die die persönlich und direkt mehr berühren, kannst du dir ausrechnen...
__________________
Living people eat dead mushrooms, living mushrooms eat dead people.
Problematisch finde ich Wagenknechts Verhältnis zum Umweltschutz. In allen praktischen Fragen scheint ihr der egal zu sein.
Mir scheint das mehr als problematisch.
Eine Person, die dieses Thema derartig in den Hintergrund stellt und vielleicht so tut, als ob man das nebenbei erledigen kann, der lebt nicht in dieser Welt.
Die Person und damit die Partei ist daher unwählbar und eine Gefahr für die Zukunft.
Vielleicht mögen das Leute anders sehen, die der Mauer hinterhertrauern oder das Zeitalter der Rente schon halb abgeschlossen haben.
Wer allerdings auf die Zukunft setzt, macht sich Gedanken und wählt was bzw. wen anderes.