Die gravierendste Lücke ist das Fehlen von nicht-fossilen Großspeichern die über Tage bis Monate funktionieren (Analogie zu Gasspeicher oder Brennstab-Reserven), je mehr wetterabhängige Stromproduktion, desto mehr braucht man davon. Diese Lücke kann das ganze Konzept zum einstürzen bringen, und leider gibt es dafür noch keine absehbare technische Idee.
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Ehrlich gesagt fühl ich mich durch Deine Ausführungen eher bestätigt. Es muß nichts mehr erfunden werden.
Diese Lücke existiert aktuell noch und ich bin gespannt in welchem Tempo wir es hinbekommen die zu füllen. Solange werden wir noch mit den Gaskraftwerken leben müssen, oder so wie im letzten Sommer geschehen Strom aus dem Ausland zu importieren weil Ökostrom aus Norwegen nunmal günstiger ist als Strom aus deutschen Gaskraftwerken. Es stürzt deshalb nichts zusammen.
Wenn der Strom erneuerbar und dadurch billig ist, fallen die Ineffizienze bei der Wasserstoffelektrolyse auch nicht so ins Gewicht.
Bezüglich Kosten muß ich ehrlich sagen, dass ich bisher immer meinem Bauchgefühl gefolgt bin, zum Einen dass Kosten eigentlich nicht so besonders wichtig sind im Vergleich zum notwendigen Ziel der Klimaneutralität, mir schien es aber auch immer logisch, dass Sonne und Wind im ganzen einfach billiger sind als ständig dieses Öl zu importieren.
Ich hab jetzt aber doch mal geschaut:
(Quelle1, Quelle2) In Deutschland wurden nur im letzten Jahr für 73,49 Milliarden Euro fossile Brennstoffe importiert (42,58 Öl, 24,84 Gas, 6,07 Kohle). Ich muß jetzt nicht wiederholen aus welch zweifelhaften Quellen die kommen auch ohne Rußland. Mit diesen Geldern werden Fracking in Nordamerika oder Bestechungsgelder für die FIFA finanziert, bei etwas Nachdenken fällt einem da bestimmt noch viel schlimmeres ein.
(Quelle) Der gesamte Netzausbau wird uns 55 Milliarden Euro kosten.
Klar, vom reinen Netzausbau, wird noch kein Windrad gebaut und keine PV Anlage, aber die sind ja privatwirtschlaftlich und produzieren nachgewiesenermaßen deutlich günstiger Strom als es je über Gas möglich sein wird.
So wie ich es sehe ist es einfach schlau, diese 73,49 Milliarden jährlich in Deutschland zu investieren als damit Terror und Umweltverschmutzung zu finanzieren. Ok, es kommt viel aus China, die auch nicht so toll sind, aber wesentliche Teile der Wertschöpfung bleiben eben auch bei uns.
Bezüglich der Gesamtmachbarkeit fand ich den Vortrag von Professor Goebel (Hochschule Hamm-Lippstadt) von Dez 2022 spannend. Er rechnet (so ca ab Min 46) beispielhaft vor, dass für die Deckung des Gesamtenergiebedarfs von Deutschland z.B. eine Verdreifachung der Windenergie sowie eine Verachtzehnfachung der Solarenergie hinreichend wäre. Beispielhaft deshalb weil man an der Verteilung von Windkraft zu PV natürlich drehen kann. Das mit dem Wind hört sich machbar an, das mit der PV erstmal herausfordernd. Man würde dafür 5% der landwirtschaftlich genutzten Fläche benötigen. Er sagt aber gleichzeitig, das heute schon 20% der landwirtschaftlichen Fläche für Biomasse verwendet werden, man bräuchte davon also nur ein viertel.
Ich bin tatsächlich kein Experte, mir scheint es tatsächlich aber einfach logisch zu sein, dass das gut ist. Klar, es gibt viel Arbeit, aber es wird hoffentlich großartig. In jedem Fall ist es richtig, dass wir uns auf diesen Weg begeben.
Rechnet Goebel wirklich den Gesamtenergiebedarf durch, nicht nur den gegenwärtigen Strombedarf?
m.
PS: Antwort: hatte erst keine Lust in YT hin- und her zu spulen:
Ja, macht er, und zwar sehr detailliert, nach 10 min ansehen: der Vortrag lohnt sich finde ich
Ehrlich gesagt fühl ich mich durch Deine Ausführungen eher bestätigt. Es muß nichts mehr erfunden werden.
Wirklich? Welche Lösung kennst Du für das Speicherproblem, wenn Strom nicht dann erzeugt werden kann, wenn es gebraucht wird, sondern erratisch mal mehr, mal weniger?
Zitat:
Zitat von walter
Bezüglich Kosten muß ich ehrlich sagen, dass ich bisher immer meinem Bauchgefühl gefolgt bin, zum Einen dass Kosten eigentlich nicht so besonders wichtig sind im Vergleich zum notwendigen Ziel der Klimaneutralität...
Das ist ein Werturteil, das von Investoren, die auf Wirtschaftlichkeit achten müssen, nicht unbedingt geteilt werden muß. Nach solchen Bauchgefühlen gefällte Entscheidungen haben schon so manche Firma und manche Volkswirtschaft ruiniert...
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“If everything's under control, you're going too slow.” (Mario Andretti)
Man kann natürlich auch überall nur die Probleme sehen, so wie Du. Dann kommt man aber eben auch nur sehr langsam vom Fleck.
Man kann aber auch die Probleme realistisch erkennen, um sie frühzeitig und effektiv anzugehen. Oder man kann Probleme ignorieren, wie viele Politiker, und dann sich wundern, wenn die schönen Pläne gegen die Wand laufen...
Zitat:
Zitat von Nepumuk
In der Rückschau waren alle diese wegweisenden Entscheidungen richtig und sind zum Wohle des Volkes getroffen worden,
Das ist eine mutige Behauptung. Nur ein paar Beispiel: Welche der wegweisenden Entscheidungen von Merkel war richtig und zum Wohle des Volkes: der Beschluß zur Verlängerung der KKW-Laufzeiten, oder der Beschluß zum Ausstieg? War etwas Blüms "die Rente ist sicher"-Verweigerung einer echten Rentenreform richtig? Wenn Schröders Hartz-Reformen richtig waren, warum das neue Bürgergeld? War die Entscheidung, stark auf Gas als Übergangstechnologie zu setzen, richtig?
Politiker treffen Entscheidungen auf Grund gewisser Annahmen, aber auch (hoffentlich) auf Grund dessen, was die Bevölkerung erwartet. Ob die Entscheidungen richtig sind, oder zu Problemen führen, zeigt sich über die Zeit, und sie können gleichermaßen falsch und schädlich sein, egal ob auf Grund von Mehrheiten oder auf Grund von "Experten-Meinungen" gefällt.
Gute Politik ist, wenn man die Wünsche der Bürger zusammen mit den erwartbaren Folgen und Risiken der Entscheidung berücksichtigt. Schlechte Politik ist, wenn man über die obigen beiden Punkten Ideale oder moralische Gesichtspunkte stellt. Es ist am Ende die Diskrepanz zwischen Verantwortungsethik (die ich bevorzuge) vor Gesinnungsethik (was aktuell gerne von Politikern, besonders von Grünen und Linken bemüht wird).
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Wirklich? Welche Lösung kennst Du für das Speicherproblem, wenn Strom nicht dann erzeugt werden kann, wenn es gebraucht wird, sondern erratisch mal mehr, mal weniger?
Flexibilisierung des Verbrauchs, Großbatterien, dezentrale Speicher zB in Haushalten, Pumpspeicher, Power-to-Gas, Heißwasserspeicher, synthetische Kraftstoffe, Ausbau des nationalen und internationalen Stromnetzes und vieles mehr.
Die Speichertechnologien entwickeln sich parallel zum Ausbau der erneuerbaren Energien.
Wirklich? Welche Lösung kennst Du für das Speicherproblem, wenn Strom nicht dann erzeugt werden kann, wenn es gebraucht wird, sondern erratisch mal mehr, mal weniger?
Die Lücke die geschlossen werden muß existiert, weil die Wasserstoffwirtschaft nicht so schnell hochläuft. Zumindest ist das die mir bekannte Strategie. Alle Punkte die Arne unten nennt gelten natürlich auch. Aber ich würde zustimmen, dass Dunkelflauten aktuell nicht ohne Gaskraftwerke oder Stromimporte gefüllt werden können.
Zitat:
Zitat von Schwarzfahrer
Das ist ein Werturteil, das von Investoren, die auf Wirtschaftlichkeit achten müssen, nicht unbedingt geteilt werden muß. Nach solchen Bauchgefühlen gefällte Entscheidungen haben schon so manche Firma und manche Volkswirtschaft ruiniert...
Hm, Bauchgefühl ist nicht ein Werturteil. Und ich habe das ja dann auch mit Zahlen hinterlegt. Im Zweifel werde ich mich trotzdem eher auf mein Bauchgefühl verlassen.
Dass ich das ganze natürlich ziemlich großartig finde ist schon ein Werturteil.
Investoren haben das übrigens weitgehend entschieden, man schaue nur die Marktkapitalisierungen entsprechender Firmen an z.B. VW vs Tesla, wobei mir schon klar ist, dass Tesla eher als Softwarefirma bewertet wird denn als Autobauer.
Gute Politik ist, wenn man die Wünsche der Bürger zusammen mit den erwartbaren Folgen und Risiken der Entscheidung berücksichtigt. Schlechte Politik ist, wenn man über die obigen beiden Punkten Ideale oder moralische Gesichtspunkte stellt.
Das Grundgesetz nennt moralische Gesichtspunkte als Grundlage unserer Verfassung. So ist die Würde des Menschen ein moralischer Wert, der unter allen Umständen und ohne Ausnahme zu achten und zu schützen ist.
Aus der Würde des Menschen leiten sich weitere moralische Werte ab, etwa der Schutz des Lebens und ein Recht auf eine intakte Umwelt.
Wenn Du behauptest, der Wille des Wählers oder pragmatische Gesichtspunkte müssten über der Moral stehen, bewegst Du Dich außerhalb unseres Grundgesetzes. Nicht ohne Grund wird das in Artikel 1 unmissverständlich klargestellt.
Zu den "erwartbaren Folgen und Risiken" politischer Entscheidungen:
Was darunter zu verstehen ist, hat das Bundesverfassungsgericht 2021 klargestellt. Maßgeblich ist der Wissensstand des Weltklimarates. Die dort prognostizierte Entwicklung des Klimas ist für Deutschland verbindlich handlungsleitend.
Das ist eine mutige Behauptung. Nur ein paar Beispiel: Welche der wegweisenden Entscheidungen von Merkel war richtig und zum Wohle des Volkes: der Beschluß zur Verlängerung der KKW-Laufzeiten, oder der Beschluß zum Ausstieg?
Ich habe nur eine Merkel-Entscheidung erwähnt und zwar die Flüchtlingsentscheidung 2015. Das ist die meiner Liste allerdings sicher die umstrittenste Entscheidung.
Zitat:
Zitat von Schwarzfahrer
War etwas Blüms "die Rente ist sicher"-Verweigerung einer echten Rentenreform richtig? Wenn Schröders Hartz-Reformen richtig waren, warum das neue Bürgergeld? War die Entscheidung, stark auf Gas als Übergangstechnologie zu setzen, richtig?
Das habe ich gar nicht aufgeführt. Ich habe nie behauptet, dass jede politsche Entscheidung der Vergangenheit richtig war. Das kann man realistischerweise nicht verlangen.
Zitat:
Zitat von Schwarzfahrer
Politiker treffen Entscheidungen auf Grund gewisser Annahmen, aber auch (hoffentlich) auf Grund dessen, was die Bevölkerung erwartet. Ob die Entscheidungen richtig sind, oder zu Problemen führen, zeigt sich über die Zeit, und sie können gleichermaßen falsch und schädlich sein, egal ob auf Grund von Mehrheiten oder auf Grund von "Experten-Meinungen" gefällt.
Ja, das sehe ich auch so.
Zitat:
Zitat von Schwarzfahrer
Gute Politik ist, wenn man die Wünsche der Bürger zusammen mit den erwartbaren Folgen und Risiken der Entscheidung berücksichtigt. Schlechte Politik ist, wenn man über die obigen beiden Punkten Ideale oder moralische Gesichtspunkte stellt.
Nein, das ist viel zu wenig. Natürlich sind Ideale (z.B. EU-Einigung) und moralische Gesichtspunkte (z.B. Menschenrechte oder Flüchtlingspolitik) extrem wichtig für politische Entscheidungen.
Zitat:
Zitat von Schwarzfahrer
Es ist am Ende die Diskrepanz zwischen Verantwortungsethik (die ich bevorzuge) vor Gesinnungsethik (was aktuell gerne von Politikern, besonders von Grünen und Linken bemüht wird).
Witzig, ich habe mich schon gefragt, wann du wieder mit so einem Unsinn kommst. Die Grünen sind sicher die Partei, wo du am wenigsten "Gesinnung" und am meisten "Verantwortung" findest. Von daher, herzlichen Willkommen bei den Grünen. Soll ich dir einen gleich einen Mitgliedsantrag schicken?