Diese Betrachtung teile ich auch. Das ist aber eine gänzlich andere, m.M.n. viel rationalere Zielsetzung, als alles am Thema "Temperaturanstieg um jeden Preis verhindern" aufzuhängen...
Die Zielsetzung lautet nicht, "alles" und "um jeden Preis" gegen den Klimawandel zu unternehmen.
Das ist aus meiner Sicht eine groteske Übertreibung der tatsächlichen Verhältnisse. Wir hinken unseren selbst gesteckten Minimalzielen, die von einer CDU-geführten Regierung vereinbart wurden, meilenweit hinterher.
Zitat:
Zitat von Schwarzfahrer
für wie wahrscheinlich hältst Du, daß das Klima vom Menschen in der von dir gewünschten Richtung beeinflußt wird in den nächsten Jahrzehnten, wenn eben nicht alle, und nicht mal alle entscheidenden Länder mitziehen (letzteres scheinst Du so zu sehen, wie ich)?
100%.
Jede eingesparte Tonne Treibhausgas verbessert die Situation, außer wir erreichen einen Kipppunkt. Selbst wenn die globalen Anstrengungen nicht ausreichen sollten, um katastrophale Entwicklungen zu vermeiden, kommen diese entsprechend später – wir gewinnen Zeit.
Der Unterschied beispielsweise zwischen 1.5 und 2.0°C Erderwärmung ist in seinen Auswirkungen dramatisch. In der öffentlichen Debatte scheint es, als sei beides ungefähr dieselbe Sache. Das ist falsch.
Allein der sprunghafte Anstieg in der Aussterberate von Insekten bei +2.0°C ist beängstigend. Zur Erinnerung: 80% aller Lebewesen der Erde sind Insekten. Sie nehmen eine zentrale Stellung im gesamten Ökosystem und der Nahrungskette ein.
Bei 2 Grad globaler Erwärmung verlieren wir zudem 99% der Korallenriffe, die für ein Viertel aller Fischarten lebensnotwendig sind.
Wir beobachten derzeit eine reale Zunahme der Erderwärmung, die deutlich über den bisherigen Prognosen liegt. Bis zum Ende des Jahrhunderts liegen wir bei +2.9°C, selbst wenn wir das Pariser Abkommen einhalten. Ich bin sicher, dass unsere Kinder um jedes Zehntel Grad kämpfen werden.
Was wiederum die alte Frage aufwirft: für wie wahrscheinlich hältst Du, daß das Klima vom Menschen in der von dir gewünschten Richtung beeinflußt wird in den nächsten Jahrzehnten, wenn eben nicht alle, und nicht mal alle entscheidenden Länder mitziehen (letzteres scheinst Du so zu sehen, wie ich)?
China und die USA haben doch schon längst gigantische Investitionsprogramme aufgelegt, mit denen sie den Umbau ihrer eigenen Industrie voran treiben. Die warten nicht auf die zögerlichen Europäer sondern sichern sich den Technologievorsprung von morgen.
Zitat:
Zitat von Schwarzfahrer
Nur Deinen letzten Satz teile ich nicht:
Wir tun es nicht langsam, sondern brechen das eine oder andere übers Knie, zu teilweise zu hohem Preis, weil wir eben nicht die langfristige Transformation sondern ein zweifelhaftes kurzfristiges Klimaziel (s. erste Frage) priorisieren. (Wir ist natürlich die aktuelle Regierung, nicht wir als gesamtheit der Deutschen).
Ist mir schleierhaft, wo du das gesehen haben willst. Bislang treiben wir doch reinen Wohlfühlklimaschutz, ein bisschen Solar hier, ein bisschen Windkraft dort, garniert mit ein wenig eAuto-Förderung. Das war's sonst machen wir nichts, aber auch gar nichts. Das bezieht sich vor allem auf die Merkeljahre aber auch die Ampel macht dank SPD und FDP viel zu wenig.
Aus meiner Sicht haben wir nicht mehr die Zeit, um den Klimaschutz an Bedingungen zu knüpfen, die auf lange Sicht nicht erfüllbar sind. Es werden niemals alle Länder oder auch nur alle entscheidenden Länder auf gleiche Weise am gleichen Strang ziehen.
Sollen wir sehenden Auges in die Klimakatastrophe schlittern, nur weil Russland oder Katar nicht mitziehen?
Es sind doch eben nicht nur Russland und Katar. Schauen wir nur auf die neuen BRICS mit 37% der Weltwirtschaftsleistung (Tendenz steigend), über 50% der Weltbevölkerung und 80% der Ölförderungen. Wir sehen die Frontier Markets. Bei den USA bin ich unsicher was passiert. Es sieht aktuell nach einer Abschwächung der Wirtschaft aus. Das hat bis dato immer zu einem Regierungswechsel geführt. Es ist also wahrscheinlich, dass ein Republikaner Präsident wird. Trump hat uns gezeigt, was Vereinbarungen wert sind. Da ist die Einstellung zu bestehenden Gesetzen ein wenig flexibler.
Die sicher Bank ist Europa. Eine Region, die immer schwächer wird und immer mehr an Einfluss verliert. Wir beschleunigen das mittels diplomatischer Axt.
Es ist also sehr wahrscheinlich egal, was wir machen, wenn es uns nicht gelingt, die anderen zu Partnern zu machen.
Zitat:
Du sagst, es wäre ein Fakt, das sämtliche verfügbaren fossilen Brennstoffe auf dem Weltmarkt angeboten und dort Abnehmer finden werden, bis alles verbraucht ist. Das ist aber kein Fakt, sondern eine Prognose für die Zukunft. Sie kann zutreffen oder auch nicht.
Ich würde diese Prognose für genauso wahrscheinlich halten wie die Klimaprognosen. Es kann eintreten oder auch nicht. Es ist aber wahrscheinlich.
Zitat:
Die erneuerbaren Energien werden immer billiger. Die Produktionsprozesse, der Verkehr und die Haushalte stellen sich zunehmend auf elektrischen Strom als Energiequelle ein.
Richtig. Und die notwendige Backup Infrastruktur wird immer teurer. Unterm Strich muss aber beides bezahlt werden. Das wird leider immer in der Gleichung vernachlässigt.
Zitat:
Die Nachfrage nach fossilen Brennstoffen kann weltweit sinken, die Marktpreise können verfallen und die Förderung von immer schwieriger zu erreichenden Öl-, Gas- und Kohlevorkommen unrentabel machen.
Hier kann ich Dir in Teilen zustimmen. Insbesondere die Förderungen im Frackingbereich erfordern ca. 40 Dollar je Barrel um rentabel zu sein. Das ist zwar drastisch zurückgekommen, aber irgendwo wird ein Floor liegen. Die Saudis fördern zu 6$. Das ist extrem attraktiv. Aber für schwerer zu erreichende Vorkommen ist das ein Thema. Dann haben wir noch die Kohle. Die bietet vielen großen Volkswirtschaften Sicherheit, weil sie billig und vor Ort verfügbar ist. Sanktionsdrohungen machen diesen "Schatz" noch attraktiver. Unsere grüne Aussenministerin macht geradezu Werbung für die Kohle
Was noch erschwerend hinzu kommt: Öl hält vielleicht noch 100 Jahre. Die Prognose für Gas ist deutlich besser. Und bei der Kohle müssen sich die Nutzer wohl kaum Gedanken machen.
Zitat:
Ein Strukturwandel von den fossilen Energien hin zu den erneuerbaren Energien dauert Jahrzehnte. Ein Land kann nicht einfach Öl und Kohle verbrennen, bis die globalen Vorkommen dieser Ressource versiegen, um dann von heute auf morgen das ganze Land zu elektrifizieren. Sondern dieser Strukturwandel muss erfolgen, noch während es fossile Energien gibt. Genau das tun wir in Deutschland derzeit, wenn auch langsam. Je mehr wir dabei trödeln, desto härter wird das am Ende.
Auch hier stimme ich Dir zu. Nur geht der Übergang zu schnell. Das wird uns um Jahre zurückwerfen, weil die Unterstützung verloren geht. Dazu kommt, wie geschrieben, dass unsere Diplomatie die wesentliche Aufgabe in der Klimapolitik mit Füssen tritt. Wir reißen mit dem A... ein, was wir vorn mühsam aufbauen. So wie wir es gerade machen schafft hohe Kosten, Scherben und keinen Effekt, wo er gewollt ist.
China und die USA haben doch schon längst gigantische Investitionsprogramme aufgelegt, mit denen sie den Umbau ihrer eigenen Industrie voran treiben. Die warten nicht auf die zögerlichen Europäer sondern sichern sich den Technologievorsprung von morgen.
Bei China ist es eine Ergänzung. Die Kohle geht ebenso nach oben. Die Gründe sind klar. China macht sich unabhängig. Eine sinnvolle Quelle sind die Erneuerbaren. Das ist keine Transformation. Es ist eine Ergänzung. Die nehmen, was sie kriegen können.
Zitat:
Ist mir schleierhaft, wo du das gesehen haben willst. Bislang treiben wir doch reinen Wohlfühlklimaschutz, ein bisschen Solar hier, ein bisschen Windkraft dort, garniert mit ein wenig eAuto-Förderung. Das war's sonst machen wir nichts, aber auch gar nichts.
Jetzt mach uns keine Angst. Wenn das schon unsere Energiepreise durch die Decke schießen lässt, dann wird es ja noch viel übler
China und die USA haben doch schon längst gigantische Investitionsprogramme aufgelegt, mit denen sie den Umbau ihrer eigenen Industrie voran treiben. Die warten nicht auf die zögerlichen Europäer sondern sichern sich den Technologievorsprung von morgen.
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Die Amis würden aber niemals fix mit Datum das Aus des Verbrenners beschließen. In einer Technologie also, in der sie Weltmeister wären.
Und ich gehe davon aus, dass die Chinesen den deutschen Automobilmarkt zumindest angreifen, im mittleren und unteren Segment vielleicht sogar bestimmen werden.
China und USA verbinden den technolgischen Umschwung damit, gleichzeitig ihre Position zu stärken, schlau wie beide halt sind.
Die Amis würden aber niemals fix mit Datum das Aus des Verbrenners beschließen. In einer Technologie also, in der sie Weltmeister wären.
Remington war der Name einer bekannten Firma in den USA. Sie war seit 1873 weltweit führend beim Bau guter Schreibmaschinen. Hundertzehn Jahre lang lief das super, dann kam der Computer. Innerhalb weniger Jahre konnte sich diese Firma ihre gesamte Produktion, ihre Fabriken und das angesammelte Know-How in den verlängerten Rücken stecken.
Remingtons Kunden waren noch da. Der Bedarf an Schreibwerkzeugen war noch da. Aber Remington hatte das falsche Produkt und den Zug der Zeit verpasst.
Dass alle deutschen Autofirmen an elektrischen Antrieben arbeiten und die Verbrenner einstellen, liegt nicht an einem Datum, das ein Bundesministerium festgelegt hätte. Sondern weil die Zeit der Verbrenner zu Ende geht wie damals die Zeit der Schreibmaschinen.
Die Zielsetzung lautet nicht, "alles" und "um jeden Preis" gegen den Klimawandel zu unternehmen.Das ist aus meiner Sicht eine groteske Übertreibung der tatsächlichen Verhältnisse.
O.k., im Eifer des Gefechts überspitzt man mal. Objektiv sage ich, wir machen zu viel sehr wenig Wirksames zu einem viel zu hohen Preis (nicht nur monetär, sondern u.a. auch wegen Abwanderung von wichtigen Wirtschaftszweigen und wegen Wohlstandsverlust).
Zitat:
Zitat von Klugschnacker
100%.
Bewundernswerter Optimismus, den ich rein mathematisch schwer teilen kann.
Zitat:
Zitat von Klugschnacker
Selbst wenn die globalen Anstrengungen nicht ausreichen sollten, um katastrophale Entwicklungen zu vermeiden, kommen diese entsprechend später – wir gewinnen Zeit.
Hast Du nicht mal geschrieben, daß, wenn wir nicht schnell die Emissionen reduzieren, sich das CO2 Jahrhunderte hält, und daß deshalb langsame oder spätere Reduzierung nicht mehr hilft?
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“If everything's under control, you're going too slow.” (Mario Andretti)
Remington war der Name einer bekannten Firma in den USA. Sie war seit 1873 weltweit führend beim Bau guter Schreibmaschinen.
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Dass alle deutschen Autofirmen an elektrischen Antrieben arbeiten und die Verbrenner einstellen, liegt nicht an einem Datum, das ein Bundesministerium festgelegt hätte. Sondern weil die Zeit der Verbrenner zu Ende geht wie damals die Zeit der Schreibmaschinen.
Der Vergleich hinkt, denn Computer + Drucker haben überwältigende funktionelle Vorteile gegenüber der Schreibmaschine ohne im Vergleich wesentliche Nachteile für den Nutzer.
Das gilt für aktuellen BEV gegenüber einem Verbrenner so nicht. Da sind Vor- und Nachteile deutlich ausgewogener, weswegen eine Verdrängung rein aus Kundennutzen heraus nicht zu erwarten ist, sondern eine Koexistenz, je nach Nutzerprofil ist das eine oder andere im Vorteil. Ein Kommentar in der Welt sieht es ähnlich: