Zitat:
Zitat von Klugschnacker
Warum liest Du Dir nicht einfach die Urteilsbegründung des Bundesverfassungserichts durch, anstatt Dich vor mittelalterlicher Jenseitsorientierung zu fürchten? Das sind 110 klar geschriebene Seiten, von denen Du zwei Drittel überfliegen kannst.
Dort sind auch Deine Fragen zur Verhältnismäßigkeit beantwortet.
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Ich fürchte mich nicht vor Jenseitsorientierung, ich vergleiche Weltsichten und Wertungsskalen. Ansonsten reicht mir die
Pressemeldung des BVG zum Thema, ist ausführlich genug, und ich könnte eine längere Abhandlung über die Punkte schreiben, die mir nicht einleuchten bzw. mich nicht überzeugen, oder die ich anders interpretiere als Du. Hier nur wenige Beispiele:
Zitat:
Die zum Teil in Bangladesch und Nepal lebenden Beschwerdeführenden stützen ihre Verfassungsbeschwerden vor allem auf grundrechtliche Schutzpflichten aus Art. 2 Abs. 2 Satz 1 GG...
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Hier fängt schon mein Unverständnis an: was geht unser GG Menschen an, die in Nepal oder Bangladesh leben? Es ist ein Grundgesetz für Deutschland, für deutsche Staatsbürger. Ich kann mir doch nicht beliebig aussuchen, welchen Landes Grundgesetz ich für mich in Anspruch nehme; wo ich lebe, danach muß ich mich richten.
Zitat:
Von diesen künftigen Emissionsminderungspflichten ist praktisch jegliche Freiheit potenziell betroffen, weil noch nahezu alle Bereiche menschlichen Lebens mit der Emission von Treibhausgasen verbunden und damit nach 2030 von drastischen Einschränkungen bedroht sind.
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Dieser Satz stellt jegliche Freiheit grundsätzlich in Frage, nur weil jede Tätigkeit mit Emission verbunden ist. Dafür finde ich keine glaubhafte und belastbare Aussage, wie nach 2030 diese angedrohten Einschränkungen zu vermeiden seien; ich würde also eher folgern, behalten wir zumindest bis dahin die Freiheit, wenn danach diese uns eh weggenommen werden.
zwei weitere Absätze finde ich bemerkenswert:
Zitat:
kann nicht festgestellt werden, dass der Gesetzgeber mit diesen Bestimmungen gegen seine grundrechtlichen Schutzpflichten, die Beschwerdeführenden vor den Gefahren des Klimawandels zu schützen, oder gegen das Klimaschutzgebot des Art. 20a GG verstoßen hat.
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Also kam der Staat auch ohne dieses Urteil seinen Schutzpflichten nach.
Zitat:
Der Gesetzgeber hätte Vorkehrungen zur Gewährleistung eines freiheitsschonenden Übergangs in die Klimaneutralität treffen müssen, an denen es bislang fehlt.
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Ziel muß also ein freiheitsschonender Übergang in die (zeitlich nicht absehbare) Klimaneutralität sein; diese "Freiheitsschonung würde ich natürlich für alle Menschen in Anspruch nehmen, d.h. jede Maßnahme muß entsprechend auf Wirksamkeit und Verhältnismäßigkeit verifiziert werden gegenüber der Freiheitseinschränkung.
Zitat:
Künftig können selbst gravierende Freiheitseinbußen zum Schutz des Klimas verhältnismäßig und verfassungsrechtlich gerechtfertigt sein
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Im Umkehrschluß heißt das für mich, das dies aktuell nicht der Fall ist (und was in Zukunft sein wird, entzieht sich meiner Kenntnis ebenso, wie der des BVG).
Zitat:
Wegen der nach heutigem Stand weitestgehenden Unumkehrbarkeit des Klimawandels wären Verhaltensweisen, die zu einer Überschreitung der nach dem verfassungsrechtlichen Klimaschutzziel maßgeblichen Temperaturschwelle führten, jedoch nur unter engen Voraussetzungen – etwa zum Schutz von Grundrechten – zu rechtfertigen.
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D.h. für mich, daß Grundrechte u.U. serh wohl über dem Klimaschutz stehen, und "klimaschädliches Verhalten" damit akzeptabel sein muß, wenn ansonsten Grundrechte verletzt werden.
So könnte man endlos über die Interpretation diskutieren; würde ich am liebsten mit den Richtern des BVG machen, um zu verstehen, was in deren Köpfen vorging; was wir alle dazu denken, ist unser Privatvergügen ohne Auswirkung, was Journalisten und Politiker dazu sagen, ist auch deren Privatmeinung, nur mit größerer Öffentlichkeitswirkung.