Ich bleibe dabei: ja, jeder muss einen kleinen Beitrag leisten, aber die richtigen Entscheidungen müssen auf politischer Ebene ganz oben gesetzt werden. Aktuell sehe ich das nicht - ganz im Gegenteil
Die politischen Anstrengungen in Deutschland reichen derzeit nicht aus, um die selbstgesteckten Ziele zu erreichen. Lediglich die Linke trat bei der letzten Bundestagswahl mit einem Wahlprogramm an, welches das Erreichen des Pariser Abkommens zumindest theoretisch ermöglicht hätte.
Uns bleibt in Deutschland ein festes CO2-Budget, welches wir bis 2045 noch verballern dürfen. Die Hälfte (!) dieses Budgets geht für die Kohleverstromung drauf, die bis 2038 fortgesetzt werden soll.
Eine Verflechtung von Politik und Industrie, wie sie im Bild beispielhaft für die Automobilindustrie dargestellt und in allen Ressorts ganz normal ist, wäre bei Bürgerräten und -rätinnen eher nicht zu befürchten, denke ich.
Ja, wozu auch?
Wer sollte so nem Bürgerrat (m/w/d) auch die Hände salben, wenn, egal welche Ergebnisse so ein Rat erarbeitet, diese eh keinerlei bindende Wirkung fürs Parlament haben?
Es reicht doch weiterhin die 'ganz normale' Lobbyarbeit, mit der die tatsächlichen Entscheidungsträger beeinflusst werden?
Wozu in ein völlig temporäres und belangloses Plenum ohne jeden Einfluss investieren?
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Erinnerst du dich an die Zeit vorm Internet, als wir dachten, die Ursache für Dummheit wäre der fehlende Zugang zu Informationen? DAS war es jedenfalls nicht!
...ein völlig temporäres und belangloses Plenum ohne jeden Einfluss ...
Bürgerräte sind europaweit nichts neues. Inwieweit sie tatsächlich politischen Einfluss entwickeln, wurde bereits untersucht. Die Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (OECD) hat folgendes festgestellt:
55 Bürgerratsentscheidungen wurden untersucht.
In drei Vierteln (76 %) dieser Fälle setzten die Behörden mehr als die Hälfte der Empfehlungen um.
In vier von zehn (36 %) dieser Fälle wurden alle Empfehlungen umgesetzt.
Nur in sechs (11 %) dieser 55 Fälle wurde keine der Empfehlungen umgesetzt.
Jou.
Klingt rein den Zahlen nach erstmal nach Werten, in denen man sich sonnen kann.
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Erinnerst du dich an die Zeit vorm Internet, als wir dachten, die Ursache für Dummheit wäre der fehlende Zugang zu Informationen? DAS war es jedenfalls nicht!
Jou.
Klingt rein den Zahlen nach erstmal nach Werten, in denen man sich sonnen kann.
Wir können freilich auch genauso weitermachen wie bisher und hoffen, dass sich im Ergebnis etwas ändert.
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Mal grundsätzlich: Der Klimawandel gefährdet nicht das Leben auf diesem Planeten. Sondern die Erde wird, in welcher Form auch immer, von zahllosen Arten bevölkert sein. Flora und Fauna werden sich langsam an jedes Klima anpassen. Auch der Mensch wird nicht aussterben. Vielleicht wird es in Zukunft weniger Menschen geben, vielleicht werden sie sich aus kaum bewohnbaren Gebieten zurückziehen usw.
Was vom Klimawandel wirklich gefährdet wird, ist die liberale Demokratie.
Eine große Krise nach der anderen wird unsere Gesellschaften in die Zange nehmen und sie spalten. Krisenzeiten sind Zeiten der Spaltung und des Populismus. Ohne Krisen keine AfD. Bankenkrise, Flüchtlingskrise, Corona-Krise haben unseren Zusammenhalt bereits strapaziert und europaweit rechte Parteien nach vorne gebracht. Demnächst kommt eine Wasserkrise, die sich nicht lösen lässt. Teile Spaniens, Frankreichs, Italiens und Deutschlands vertrocknen. In Griechenland brennen heute die Wälder. Eine Energiekrise und eine Wirtschaftskrise können bevorstehen. Mehr und mehr werden sich große Krisen gleichzeitig abspielen und unsere Politik überfordern.
Warum gefährdet das die liberale Demokratie? Weil jede dieser Krisen die politischen Entscheidungsspielräume verkleinert. Demokratie lebt davon, dass es mehrere Handlungsoptionen gibt, zwischen denen man wählen kann. Beispielsweise hatten wir vor dreißig Jahren die Wahl, wie wir unsere Energieversorgung gestalten: Mehr oder weniger Kohle, mehr oder weniger Atom, mehr oder weniger Öko, Veränderungen in diesem oder jenem Tempo: Die Parteien vertraten unterschiedliche Konzepte, der Bürger hatte die Wahl.
Heute haben wir diese Wahl kaum noch. Es gibt nur noch einen einzigen Weg, nämlich Strom aus erneuerbaren und klimaneutralen Energiequellen. Und zwar schnellstmöglich. Es gibt aktuell Streit um ein paar Jahre Atomstrom hin oder her, und das war’s dann auch schon an Entscheidungsfreiheit. Sachzwänge nehmen der Demokratie die politischen Optionen weitgehend aus der Hand. Heizungen: Auch hier bleibt fast nur die Wärmepumpe als künftige Option, quer über alle liberal-demokratischen Parteien. Wem das nicht passt, wählt AfD.
Wenn wir dabei nicht einfach zuschauen wollen, wie die Feinde der Demokratie immer mehr Zulauf bekommen (wie beispielsweise in den USA mit Donald Trump), muss sich meiner Meinung nach an der Demokratie etwas ändern. Sie muss handlungsfähiger werden und den künftigen Krisen, von denen sie gefährdet wird, etwas entgegensetzen. Und sie muss der Parteienpolitik, welche mehr von der gesellschaftlichen Spaltung als vom Zusammenhalt profitiert, ein Element des Zusammenhalts hinzufügen.
Ob Bürgerräte dabei hilfreich sind, weiß ich nicht. Vielleicht ja, vielleicht nein. Aber der Reflex, dass alle Veränderungen an der Demokratie vom Typ "Bundesrepublik Deutschland", den es weltweit nur einmal gibt, schlecht und in jedem Falle abzulehnen seien, halte ich für nicht richtig. Wir sollten offen sein für Veränderungen. Was sich vom Neuen bewährt, wird beibehalten, der Rest verworfen. Warum denn nicht?
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Mal grundsätzlich: Der Klimawandel gefährdet nicht das Leben auf diesem Planeten. Sondern die Erde wird, in welcher Form auch immer, von zahllosen Arten bevölkert sein. Flora und Fauna werden sich langsam an jedes Klima anpassen. Auch der Mensch wird nicht aussterben. Vielleicht wird es in Zukunft weniger Menschen geben, vielleicht werden sie sich aus kaum bewohnbaren Gebieten zurückziehen usw.
Was vom Klimawandel wirklich gefährdet wird, ist die liberale Demokratie.
... Wir sollten offen sein für Veränderungen. Was sich vom Neuen bewährt, wird beibehalten, der Rest verworfen. Warum denn nicht?
Die Demokratie muss vorallem in die Lage versetzt werden, sich selbst zu verteidigen.
Ein 'Das muss unsre Demokratie aushalten' ist nicht beliebig ausdehnbar, wenn die Demokratie in unbegrenztem Masse antidemokratische Kräfte akzeptiert.
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Erinnerst du dich an die Zeit vorm Internet, als wir dachten, die Ursache für Dummheit wäre der fehlende Zugang zu Informationen? DAS war es jedenfalls nicht!
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Eine große Krise nach der anderen wird unsere Gesellschaften in die Zange nehmen und sie spalten. Krisenzeiten sind Zeiten der Spaltung und des Populismus.
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Schaut man sich die Verteilung des Reichtums auf der Welt an, sind die meisten Gesellschaften objektiv (nicht subjektiv in ihren politischen Einstellungen) schon stark gespalten und die vertieft sich aktuell immer mehr zwischen sehr wenigen Menschen, die wachsenden Reichtum und Macht besitzen, und sehr vielen, die wenig besitzen vgl. die Oxfam Berichte zur sozialen Ungleichheit. In der Nachkriegszeit in Europa nahm dieses Ungleichgewicht ab (soziale Marktwirtschaften), um sich in den vergangenen 30 Jahren nach dem Zusammenbruch des Ostblocks wieder zu vertiefen (Thomas Piketty, "Das Kapital im 21. Jahrhundert").
Sieht die besitzende Klasse ihren Reichtum gefährdet und im politischen System zu wenig geschützt, unterstützen relevante Teile davon ohne Zögern andere als demokratische Regierungsformen wie z.B. autoritäre Systeme, Militärdiktaturen, faschistische Regierungen. Siehe Faschismus, die Geschichte zahlreicher Länder in Lateinamerika, Asien und Afrika. Die Hauptgefahr für die demokratische Ordnung in Europa sehe ich insofern weniger bei den Menschen, welche AFD- oder LePen aus Protest wählen, sondern bei denen, die den Parteiführungen rechtsradikaler Organisationen von oben die Macht übergeben, damit sie in ihrem Interesse handeln und soziale Proteste dann massiv repressiv unterdrücken, nachdem sie solche selbst zur Machtergreifung ausgenutzt haben.