Ich antwortete auf einen Beitrag von QBZ. Mein Eindruck ist, dass er jeder Forderung von China und Russland nachgeben würde.
Wozu diese Polemik? Ich fände es besser, die Standpunkte anderer Diskussionsteinehmer:innen differenziert und zutreffend wiederzugeben, wenn man sie kritisieren möchte.
Ich wollte auch gerade nochmal schreiben, daß man es so eventuell noch formulieren könnte ...
So "ganz einfach" ist die ganze Angelegenheit einfach nicht ...
Warum? Ich verstehe wirklich nicht, wodurch der Anspruch der VR auf Taiwan legitimiert sein soll.
Taiwan hat nie zur VR gehört. Es besitzt eine funktionierende Demokratie und wäre ohne das Veto Chinas möglicherweise schon durch die UN als souveränen Staat anerkannt.
Ohne den Druck, den China ausübt, würden möglicherweise auch andere Staaten diplomatische Beziehungen zu dem Inselstaat aufnehmen.
Das Taiwanische Volk, vertreten durch die in freien und demokratischen Wahlen legitimierte Regierung, möchte mehrheitlich keinen Anschluss an die VR. Eine Partei, die einen solchen anstrebt, wäre ebenfalls wählbar, wer weiss, wie das 2024 ausgeht. Ich würde aber keine hohe Summe auf einen Wahlerfolg der Guomintang setzen.
Was für Konsequenzen ein Überfall Taiwans durch die VR nach sich zöge, steht auf einem anderen Blatt. Ich persönlich habe eine verdammte Scheißangst vor den meisten vorstellbaren Szenarien.
Ein Überfall der VR auf Taiwan und der Rest der Welt erhebt nur mahnend den Finger ohne wirtschaftliche oder militärische Intervention zieht als Folge nach sich, dass China die Erfahrung macht, dass ein solches Vorgehen offensichtlich niedrigpreisig durchzuführen ist. Ich denke nicht, dass es sich damit zufrieden geben würde, von den Taiwanischen Opfern und dem Ausbau der chinesischen Vormacht mit allen Konsequenzen mal abgesehen.
Ein Überfall der VR auf Taiwan mit US-amerikanischer militärischer Intervention zöge im geringsten Fall einen Seekrieg im Südchinesischen Meer nach sich und im schlimmsten Fall, bei Ausweiten des militärischen Konfliktes, einen Flächenbrand mit allen vorstellbaren weiteren Folgen.
Vielen mag diese Option als die weitaus schlimmere erscheinen, ist sie vermutlich global betrachtet.
Freiwillig, fürchte ich, wird die VR von ihrem Anspruch nicht abweichen. Daher muss klar sein, dass der Preis für China selbst so hoch wäre, dass es hiervon absieht.
Nach meiner persönlichen Einschätzung wird China bei der Zermürbungstaktik bleiben, da der wirtschaftliche Schaden einer militärischen Aktion zu groß wäre. China macht das ja schon lange, schickt mal 100 Schiffe die vor Taiwan Sand abbaggern, blockiert Seewege, führt Manöver durch, schickt Kampfflugzeuge über Taiwan, immer in der Hoffnung, dass Taiwan irgendwann mürbe wird und einknickt. Diese Strategie könnte langfristig auch erfolgreich sein.
Ich denke wir konzentrieren uns zu sehr auf das Symptom. Russland und China sind auch ganz prinzipiell davon genervt, dass die Vereinigten Staaten den Welthegemon im Sandkasten spielen, und wollen zeigen dass sie das nicht länger mit sich machen lassen. Und hier ist, insbesondere konventionell, China drauf und dran sich auch nix mehr gefallen lassen zu müssen.
Nicht umsonst versuchen die USA verzweifelt die Chiptech zurück ins Silicon Valley zu holen, sie wissen dass ein Eingreifen auch für sie sehr teuer werden kann.
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Haie schwimmen schneller als ich, aber ich renne schneller als die. Kommt also nur darauf an, wer die bessere Radperformance hinbekommt
Warum? Ich verstehe wirklich nicht, wodurch der Anspruch der VR auf Taiwan legitimiert sein soll.
Taiwan hat nie zur VR gehört.
Ich bezog mich auf den geschichtlichen Hintergrund. Festland und Insel waren eben sehr wohl mal "ein China".
"Legitimierte Ansprüche" sind ein anderes Thema, und ihre adäquate Ableitung wie die Gesamthematik meiner Meinung nach eben nicht unbedingt so "ganz einfach".
Im Licht des bisher Gesagten könnte man auch anführen, die jüngere VR habe sich von der älteren Republik China abgespalten, und daraus einen Anspruch Taiwans auf Festlandchina ableiten.
Oder das Ganze als einen bürgerkriegerischen Konflikt betrachten, der immer noch nicht final abgeschlossen ist.
Dazu gibt es sicherlich sehr viel Informationen, Ansichten, Verträge ...
qbz trägt hier dankenswerterweise reichlich Interessantes und Informatives bei und zusammen.
Ich selbst habe bisher recht wenig Ahnung von der Materie und möchte mich insofern mit Aussagen zu etwaigen Ansprüchen und Legitimitäten zurückhalten.
In deinem Beitrag lese ich in der Folge sehr viel Spekulation :
Zitat:
[...] wäre [...] möglicherweise [...] würden möglicherweise [...] wäre [...] wer weiss [...] würde [...]
Was [...] nach sich zöge, steht auf einem anderen Blatt. [...] würde,[...]
Daher muss klar sein, dass [...]
... mündend, nach meinem Empfinden, in mentaler, moralischer Mobilmachung gegen China.
Nichtsdestoweniger danke für die Ausführungen deiner Ansichten ...
Ich denke wir konzentrieren uns zu sehr auf das Symptom. Russland und China sind auch ganz prinzipiell davon genervt, dass die Vereinigten Staaten den Welthegemon im Sandkasten spielen, und wollen zeigen dass sie das nicht länger mit sich machen lassen. Und hier ist, insbesondere konventionell, China drauf und dran sich auch nix mehr gefallen lassen zu müssen.
Nicht umsonst versuchen die USA verzweifelt die Chiptech zurück ins Silicon Valley zu holen, sie wissen dass ein Eingreifen auch für sie sehr teuer werden kann.
Nicht nur Russland und China, auch Afrika und Südamerika. Wir sehen eine Entglobalisierung hin zur Regionalisierung. Die Dekarbonisierung führt in Deutschland/Europa wohl zu einer Deindustrialisierung. Man sollte diese aufstrebenden Regionen und ihre Interessen ernst nehmen.
Ich bezog mich auf den geschichtlichen Hintergrund. Festland und Insel waren eben sehr wohl mal "ein China".
"Legitimierte Ansprüche" sind ein anderes Thema, und ihre adäquate Ableitung wie die Gesamthematik meiner Meinung nach eben nicht unbedingt so "ganz einfach".
Im Licht des bisher Gesagten könnte man auch anführen, die jüngere VR habe sich von der älteren Republik China abgespalten, und daraus einen Anspruch Taiwans auf Festlandchina ableiten.
Oder das Ganze als einen bürgerkriegerischen Konflikt betrachten, der immer noch nicht final abgeschlossen ist.
Dazu gibt es sicherlich sehr viel Informationen, Ansichten, Verträge ...
qbz trägt hier dankenswerterweise reichlich Interessantes und Informatives bei und zusammen.
Ich selbst habe bisher recht wenig Ahnung von der Materie und möchte mich insofern mit Aussagen zu etwaigen Ansprüchen und Legitimitäten zurückhalten.
Zunächst einmal gleich eine Entschuldigung an Dich, Flow. Was ich jetzt schreibe, bezieht sich nicht konkret auf Dein Posting, aber Dein Posting ist ein Beispiel für eine Diskussionsperspektive, die ich gerne in Frage stellen möchte.
Wir diskutieren hier viel über die Vor-Geschichte des Taiwan-Konflikts und versuchen so herauszufinden, ob China Recht hat mit seinen Ansprüchen oder nicht. Das ist aber meiner Meinung nach zum Scheitern verurteilt.
In der Geschichte jedes Landes gibt es irgendwelche Änderungen des Staatsgebiets, auf die man sich dann völlig beliebig beziehen kann. Als Österreicher könnte ich zum Beispiel argumentieren, dass Südtirol rechtmäßiger Teil Österreichs sei. Als Italiener könnte ich aufs römische Reich Bezug nehmen und etwa Istrien als zum Land gehörend behaupten. Viele weitere Beispiele fallen Euch sicher selbst auch ein. So kommen wir daher meiner Ansicht nach nicht weiter.
Als einzige Möglichkeit, keinen Endlosstreit zu führen, der dann im schlimmsten Fall in einem Krieg mündet, ist mMn, den Status Quo der Landesgrenzen einfach zu akzeptieren. Keinesfalls aber darf ein Land unter Berufung auf die (tatsächliche oder geklitterte) Geschichte ein anderes Land überfallen. Das gilt für Russland in der Ukraine genau so wie für China und Taiwan. Usw...
Minderheitenrechte müssen darüber hinaus geschützt werden, das kann aber auch geschehen, ohne die Landesgrenzen zu ändern. Ich darf wieder auf Südtirol als Teil Italiens verweisen. Natürlich gibt es auch da immer wieder Diskussionen, aber die Landesgrenzen werden nicht in Frage gestellt.
Ich finde also, wir sollten die Diskussion unter einer anderen Perspektive führen. Nicht unter der von irgendwie (pseudo)legitimen Gebietsansprüchen, sondern ausgehend vom Status quo. Das mag vielleicht auch unbefriedigend erscheinen - aber jede Alternative, die mir dazu einfällt, wäre viel schlimmer.
So - und jetzt genug geträumt. Ich bin gerade aufgewacht und glaube leider selbst nicht daran, dass die Menschheit so eine Lösung zu Stande bringt ...