Zitat:
Zitat von Papst
"Die Frau ist zweiter Klasse", sagte Franziskus. "Es ist ein kulturelles Problem."
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Es ist ein kulturelles Problem, natürlich. Insbesondere ist es aber ein Problem des Christentums, vor allem des Katholizismus. Berührt sind nicht nur das Frauenbild, sondern auch das generelle Verhältnis zur Sexualität.
Letztere ist im Christentum eine äußert argwöhnisch behandelte und, sofern sie lustvoll vollzogen wird, verachtete Angelegenheit. Jesus konnte keinesfalls durch die sexuelle Umarmung seiner Eltern in die Welt gekommen sein, das wäre viel zu niedrig und unrein. Lieber verstieg man sich zu der absurden Theorie, ein Geist habe Maria geschwängert, und zwar, wie Papst Ratzinger herausfand, durch das Ohr (kein Witz).
Ähnlich panisch wie auf den Liebesakt reagierten die Theologen über viele Jahrhunderte hinweg auf das vollkommen harmlose Monatsblut der Frauen. Und so weiter.
Diese Saat geht bis heute auf, und zwar in Form von sexuellen Verklemmungen bis hin zu Neurosen, in Form von Beschneidungen bei Kleinkindern (männlich) oder zehnjährigen Mädchen, denen man mit einer speziellen Kneifzange die komplette Klitoris abschneidet (wären die Mädchen noch jünger, würde die Klitoris nachwachsen, deshalb sind sie später dran als die Jungs), oder dem Jungfrauen-Wahn in allen drei abrahamitischen Religionen.
Ich begrüße die Worte von Papst Franziskus. Angesichts der Vorfälle auf die er sich bezieht, spricht er jedoch auf äußerst niedrigem intellektuellem Niveau. Er wirkt mit seinen Worten onkelhaft, als spräche er zu kleinen Kindern. Aber immerhin. Er räumt die Existenz von Vergehen ein, die als Tatsachen ohnehin bereits feststehen. Und dass die Frauen kulturell diskriminiert würden. Ach? Das wussten wir bisher nicht (zwinker). Aber es ist gut zu wissen, dass er es auch weiß.
Vom Papst erwarte ich mehr. Die Diskriminierung von Frauen sowie die Diffamierung der Sexualität sind keine Verirrungen einzelner Priester, Mönche oder Theologen, welche den wahren Glauben missverstanden hätten. Sondern sie befinden sich im Kern des christlichen Glaubens selbst.
Frauen- und Sexualfeindlichkeit findet man in so grundlegenden christlichen Mythen wie dem Garten Eden und der Vertreibung der Menschen aus dem Paradies. Die Frau, ohnehin erst nachträglich aufgrund Adams Langeweile aus seiner Rippe geschaffen, hat’s verbockt. Unter Schmerzen soll sie fortan gebären (1). Die Entdeckung beider Nacktheit ist ein Moment der Scham und Unwürdigkeit, und nicht der Freude. In diese Kerbe schlägt auch der Kult um die Jungfräulichkeit Marias, obwohl diese vier oder fünf Kinder gebar.
Die Auseinandersetzung mit diesem Frauen- und Menschenbild aus der Antike hat Papst Franziskus zu führen. Die bloße Feststellung, die Frau sei zweiter Klasse, genügt nicht. Sondern er muss weitergehen zu den Ursachen, die auf seinem religiösen Spielfeld liegen.
(1) Und zum Weibe sprach er [Gott]: Ich will dir viel Schmerzen schaffen, wenn du schwanger wirst; du sollst mit Schmerzen Kinder gebären; und dein Verlangen soll nach deinem Manne sein, und er soll dein Herr sein. (1. Buch Moses 3)