Dieser Populär-Artikel in der Zeit schildert die Versuche an menschlichen Embryonen in den USA 2017 und deren Problematik.
In dem Artikel kommt auch ein Theologe zu Wort, deshalb schadet es in meinen Augen nicht, präzise darzulegen, über was da gesprochen wird. Sonst entsteht schnell ein falscher Eindruck.
In den Forschungen, die der Artikel zum Anlass hat, geht es um Embryonen. Das sind keine kleinen Babys, die im Mutterleib am Daumen lutschen. Sondern es sind winzige, mit dem bloßen Auge nicht sichtbare Zellhaufen, die aus maximal 64 bis 128 Zellen bestehen. Zum Vergleich: Das Gehirn einer Stubenfliege besteht aus 100.000 Zellen.
Wenn deutsche Forscher fordern, künftig an "überzähligen Embryonen" forschen zu dürfen, dann geht es ebenfalls um kleinste Zellhaufen, die nur in der Petrischale existiert haben. Sie entstehen, wenn im Zuge einer künstlichen Befruchtung gleich eine ganze Reihe weiblicher Eizellen mit männlichen Spermien befruchtet werden. Nicht alle dieser mikroskopisch kleinen Zellhaufen werden anschließend in die Gebärmutter eingesetzt, sondern typischerweise nur zwei oder drei. Die überzähligen werden weggekippt. Die Forscher beziehen sich auf diese überzähligen Zellhaufen, die man erforschen könnte, statt sie wegzuwerfen. Es geht nicht um Babys.
Sicher kann man eine Kontroverse darüber führen, ob ein mikroskopisch kleiner Zellhaufen bereits ein Mensch ist oder nicht. Falls ja, wäre jede Abtreibung Mord*. Falls nein wird man sich auf eine geeignete Grenzziehung einigen müssen.
*Die Kirchen haben ihre Ansichten darüber, ab welchem Entwicklungsstadium ein Embryo als Mensch zu gelten habe, in ihrer Geschichte mehrfach geändert. Aktuell vertreten sie den Standpunkt, dass es sich ab dem Moment der Befruchtung um einen Menschen handelt.
Genau mein Punkt.
Ich wüsste keinen Grund, davon auszugehen, wieso die Menschheit ausgerechnet diese Kenntnisse, Möglichkeiten und Fähigkeiten nur zum Wohle einsetzen sollte.
Gibt es dafür Beispiele?
Wir blicken ja bereits auf eine ganze Reihe medizinischer Errungenschaften zurück. Herzschrittmacher, künstliche Hüftgelenke, angeschweißte Netzhaut, nach Unfällen wieder angenähte Gliedmaßen, Operationen am Gehirn, Mittel gegen Zahnschmerzen.
Unterm Strich ist es uns Menschen doch von Generation zu Generation besser gegangen – insbesondere in medizinischer Hinsicht. Ich sehe keinen Grund, für die künftige Entwicklung so pessimistisch zu sein.
Gibt es denn Beispiele, wo sich die Medizin in nennenswertem Ausmaß gegen die Menschen gerichtet hätte? Dein Argument müsste doch auch für die Vergangenheit gelten?
Naja die Frage nach "Wann sich Medizin im größeren Ausmaße gegen die Menschheit gestellt hat bzw. es versucht hat" ist in Europa ziemlich leicht zu beantworten:
Da fällt für mich die Eugenik ziemlich eindeutig darunter. Wobei diese "Bewegung" auch nicht auf Deutschland und Österreich zu beschränken ist sondern ein Weltweites Phänomen dargestellt hat, die Engländer im Burenkrieg (wollten bessere Soldaten züchten), die Japaner (Junketsu) usw.
Wobei es hier auch finde ich darauf ankommt wie man Anwendung gegen die Menschheit versteht. Zählt dazu auch wenn es Medikamente gibt, die aber nur für teuer Geld verkauft werden und somit nicht in der meist betroffenen Ländern der Welt verfügbar sind? Ist das eine Anwendung von Medizin gegen die Menschen oder eine Anwendung des freien Marktes gegen die Menschheit?
Gibt es denn Beispiele, wo sich die Medizin in nennenswertem Ausmaß gegen die Menschen gerichtet hätte? Dein Argument müsste doch auch für die Vergangenheit gelten?
Im Studium haben wir lernen müssen, dass die Grundlagen der menschlichen, funktionalen Neuroanatomie auf Versuchen am lebenden Objekt, namhaft KZ-Häftlingen, basieren. Noch heute ist die Lokalisationstheorie die Theorie über das menschliche Gehirn. Die Gehirne der Probanden wurden lädiert, um herauszufinden, was infolge der Läsionen noch funktioniert. So konnte auf die Funktionen der einzelnen Areale geschlossen werden usw. Es handelt sich um systematisch angelegte Versuche, die in keinem Lehrbuch stehen. Ohne diese Versuche der Medizin - Dr. Mengele usw. lassen grüßen - wüssten wir heute weit weniger über das menschliche Gehirn (heute muss die neuroanatomische Forschung auf Unfallopfer, deren Gehirne lädiert wurden, hoffen). Die "Terra Incognita" im Atlas der Neuroanatomie wären weitaus größer. Der Professor hatte dieses so expliziert. Er sagte, dass wir ohne die Nationalsozialisten nicht wirklich viel wüssten, wurde ganz offensichtlich verlegen, lief leicht rot an und wechselte dann das Thema.
Vielleicht ist es ja auch gut, Menschen mit vier Armen zu züchten? Oder welche mit Augen hinten? Man könnte alles ausprobieren, um das "Bestmögliche" zu finden. Was spricht dagegen?
Naja die Frage nach "Wann sich Medizin im größeren Ausmaße gegen die Menschheit gestellt hat bzw. es versucht hat" ist in Europa ziemlich leicht zu beantworten:
Da fällt für mich die Eugenik ziemlich eindeutig darunter. Wobei diese "Bewegung" auch nicht auf Deutschland und Österreich zu beschränken ist sondern ein Weltweites Phänomen dargestellt hat, die Engländer im Burenkrieg (wollten bessere Soldaten züchten), die Japaner (Junketsu) usw.
Ich weiß nicht, in welcher Weise man die Euthanasie als Argument gelten lassen kann. Ich denke noch darüber nach.
In der Euthanasie wurden Menschen mit Erbkrankheiten sterilisiert oder umgebracht. Kann man das vergleichen mit den Anstrengungen der Medizin, Menschen mit Erbkrankheiten zu heilen?
Wenn ich als Gedankenexperiment, also rein fiktiv, für einen Moment offen lasse, auf welche Weise die Medizin diese Heilung bewerkstelligen will, ob mit oder ohne Eingriff ins menschliche Genom – dann finde ich, dass man diesen Vergleich so nicht ziehen kann. Ein Mörder ist etwas anderes als ein Heiler, auch wenn beide eine Krankheit "beseitigen". Der eine durch Mord, der andere durch Heilung. Der Vergleich ist vielleicht einfach zu schräg.
Damit möchte ich jedoch nicht das grundsätzliche Potential zum Missbrauch klein reden. Dieses ist wie bei jeder Technologie zweifellos vorhanden.
Vielleicht ist es ja auch gut, Menschen mit vier Armen zu züchten? Oder welche mit Augen hinten? Man könnte alles ausprobieren, um das "Bestmögliche" zu finden. Was spricht dagegen?
Dagegen spricht, dass niemand vier Arme oder Augen hinten haben möchte. Ich kenne zumindest niemanden.
Wir sprechen doch hier über Krankheiten, die mit einem erheblichen Leidensdruck für die Betroffenen verbunden sind, und Forschungen, diese zu heilen. Das ist ein vernünftiges Anliegen. Man muss ihm mit vernünftigen Argumenten begegnen.
Dagegen spricht, dass niemand vier Arme oder Augen hinten haben möchte. Ich kenne zumindest niemanden.
Wir sprechen doch hier über Krankheiten, die mit einem erheblichen Leidensdruck für die Betroffenen verbunden sind, und Forschungen, diese zu heilen. Das ist ein vernünftiges Anliegen. Man muss ihm mit vernünftigen Argumenten begegnen.
Eben. Guter Punkt. Es gibt jedoch einen Unterschied. Niemand konnte die zwei Kinder fragen, ob sie die Manipulation überhaupt wollten. Ich sags mal auf fränkisch: vllt. haben die zwei Kids auch keine Lust "Versuchskarnickel" zu sein?
Du bist also dafür, Patienten ihr Recht auf Krankheit im Namen "richtigen und rechten" Medizin abzusprechen? Thema Sterbehilfe wurde ja schon involviert. Womöglich möchten betroffene Menschen u.U. gar nicht "geheilt" werden?Daher - wenn auch verspätet - an dieser Stelle ein dickes Dankeschön an Olli für den Post.
In welchen Bereichen Gentherapie zum Einsatz kommt wird von Ethikkommissionen festgelegt über deren Expertise ich mich nicht stelle. Daher akzeptiere ich das Gesetz. Olli schließt nicht aus an Versuchen teilzunehmen. Diese müssen vorher von entsprechenden Stellen genehmigt werden. Ich habe Vertrauen in die dt. Justiz, in den BGH und in die Verfassung und auch in die Ethikkommissionen. Die Gesetze sind gut. Am Gen herumzuspielen ist illegal.
Im Fall von Krankheiten gäbe es für mich als ultima ratio keine "Allzweckwaffe". Es müsste IMO, falls man Gentherapie breitbandmäßig erlaubte, von Fall zu Fall und von Bereich zu Bereich (Welche Krankheit ist wie schwer ausgeprägt usw) [Einzelfalldiagnostik]) entschieden werden im Einverständnis mit den Betroffenen.
Das führt zum nächsten Thema: Patientenverfügung. Wer von uns hier hat schon eine? Könnte ja sein, dass man einen Radunfall hat, im Koma liegt, und dann als eine Art "Frankenstein" aufwacht, weil diverse Gene eingesetzt wurden? Müsste nun auf Grund der aktuellen Ereignisse in die Patientenverfügung aufgenommen werden, dass man den Einsatz von Gentherapie als lebensverlängernde Maßnahme ablehnt?