Ich bin etwas hin und her gerissen, wie ich hier am besten moderiere.
Einerseits möchte ich, dass wir uns möglichst sachlich und ohne unnötige persönliche Angriffe austauschen. Das gilt für beide Seiten. Dem entsprechend habe ich den Impuls, die Entgleisungen hier zu rügen und/oder zu entfernen. Manche von Euch haben mich per PN bereits dazu aufgefordert, und ich kann das gut nachvollziehen.
Andererseits denke ich, man sollte in einem Thread, in dem es um Alltagsdiskriminierung geht, diese in ihren verbalen Formen auch mal stehen lassen. Es ist möglicherweise ein typisches Kennzeichen der Debatte, dass man hier Begriffe wie Schwuchteln und Dschihad etc. findet. Es verdeutlicht eventuell das soziale Problem, um das es geht.
Im Moment überwiegt für mich knapp der zweite Aspekt. Es könnte aber sein, dass ich damit falsch liege und meine Meinung ändere. Input ist willkommen.
Merkel wird jetzt zwar in diversen Kommentaren z.B. auf SPON, Zeit usw heftig kritisiert für die Art und Weise, wie dieses Gesetz und die Abstimmung darüber zustande kam und auch wegen ihrer Nein-Stimme, aber für mich hat sie sehr viel politischen Instinkt bewiesen, denn gerade durch dieses Herumlarvieren macht sie es den Stammtischen und all den sonstigen latent homophoben Wählern (die es nunmal gibt und die gar nicht so wenig sind) und ihrer politischen Projektionsflächen AFD sehr schwer aus dieser Thematik politisches Kapital zu schlagen.
Selbst wenn es sich im Nachhinein herausstellen sollte, dass das jetzt durchgepeitschte Gesetz verfassungsfeindlich sein sollte und einer Grundgesetzänderung bedarf, wird das kaum auf Merkel zurückfallen, sondern wäre eher peinlich für den Koalitionspartner SPD, der das nahezu kategorisch ausschließt.
In meinen Augen hat Frau Merkel wieder mal gezeigt, wie clever sie ist.
Sie hat geschickt eben mal ein Wahlkampfthema der anderen Parteien aus der Diskussion genommen. Es wird ja gesagt, dass die Mehrheit der Deutschen nichts gegen Ehe von homosexuellen Paaren hat. Auch CDU-Wähler sind für die Gleichstellung.
Für ihre konservativen Wähler hat sie selbst mit "Nein" gestimmt und kann jetzt sagen, sie wollte ja nicht, aber die Mehrheit schon....nennt sich Demokratie.
Die Frau wird wirklich unterschätzt.
Was hat sich jetzt geändert?
Die steuerlichen Vorteile und den Versorgungsausgleich gab es schon bei der eingetragenen Lebensgemeinschaft.
Jetzt dürfen homosexuelle Ehepaare auch Kinder adoptieren und aufziehen.
Homosexuelle Paare ziehen schon seit Jahren Kinder groß, also weiß ich nicht, was die Aufregung soll.
Interessanterweise regte sich aber keiner darüber auf, dass eingetragene Lebensgemeinschaften Ehengattensplitting machen dürfen,obwohl ja sie Paare keine Kinder adoptieren durften. Während der geschiedene Vater, der Unterhalt für Frau und Kind zahlt, in Steuerklasse 1 hängt.
Nein, man diskutiert lieber, ob der homosexuelle Mann ein Kind groß ziehen kann.
Auch jetzt wird im Wahlkampf nur über fehlende Betreuungsplätze und der besseren Vereinbarkeit von Familie und Beruf geredet.
Keiner verliert aber ein Wort darüber, dass unterschiedlichen Familienformen so unterschiedlich besteuert werden.
Bei diesem Thema müsste mal richtig Dampf gemacht werden, weil eine Familie eine Familie ist, auch den die Partner nicht mehr zusammen leben.
Ich freue mich wirklich, dass jetzt alle Ehen gleichgestellt werden, weil alle Menschen vorm Gesetz gleich sind.
Ich bin mir sehr sicher, dass diese Gleichstellung noch vom Verfassungsgericht geprüft wird . Der besondere Schutz der Ehe ist nicht mehr zeitgemäß.
Hoffentlich wird jetzt bei dieser Gelegenheit auch das Grundgesetz geändert.
Es ist möglicherweise ein typisches Kennzeichen der Debatte, dass man hier Begriffe wie Schwuchteln und Dschihad etc. findet.
Ich fühle mich da angesprochen. Arne, du weisst sicherlich was ein richtig guter Freund aus Schul-Tagen ist. So etwas findet man heute nicht mehr, im Alter. Ich habe drei davon. Einer ist schwul, einer Bi und einer sonst irgend etwas. Am Wochenende war ich wieder in Berlin, muss mehrmals im Jahr mein urbanes Interesse befriedigen. War wieder wie immer viel im rosa Dreieck rund um den Nolli unterwegs. Mag die Szene wirklich, ohne selbst schwul zu sein. Was willst du mir da eigentlich unterstellen?
Ich denke mal, hier geht's dir vor allem um deinen Bruder.
In meinen Augen hat Frau Merkel wieder mal gezeigt, wie clever sie ist. Sie hat geschickt eben mal ein Wahlkampfthema der anderen Parteien aus der Diskussion genommen. Es wird ja gesagt, dass die Mehrheit der Deutschen nichts gegen Ehe von homosexuellen Paaren hat. Auch CDU-Wähler sind für die Gleichstellung. Für ihre konservativen Wähler hat sie selbst mit "Nein" gestimmt und kann jetzt sagen, sie wollte ja nicht, aber die Mehrheit schon....nennt sich Demokratie.
Die Frau wird wirklich unterschätzt.
Für mich hat sie an Wählbarkeit verloren. Ich habe bisher immer die Grünen gewählt. Merkels Haltung gegenüber den geflüchteten Menschen hat mir jedoch imponiert. Deshalb habe ich erwogen, sie diesmal an der Urne zu unterstützen. Trotz der Typen aus der CSU, die für mich persönlich völlig unwählbar sind.
An Merkel hat mich jedoch ihre Haltung zur Gleichstellung homosexueller Partnerschaften stets erheblich gestört. Jedoch wähnte ich sie auf dem linken, fortschrittlicheren Flügel ihrer Partei. Ihre Ablehnung der Ehe für alle hielt ich nicht für ihre persönliche Überzeugung, sondern für Kalkül im Umfeld ihrer konservativen Parteigenossen. Entsprechend passte es für mich gut ins Bild, dass sie zuletzt einen Weg fand, eine Abstimmung über das Thema zu ermöglichen.
Dass sie nun selber mit "Nein" votierte, und zusammen mit ihrem Statement danach, – das kostet sie (wahrscheinlich) meine Stimme. Ich könnte mir vorstellen, dass auch andere Wählerinnen und Wähler so empfinden.
Was hat sich jetzt geändert?
Die steuerlichen Vorteile und den Versorgungsausgleich gab es schon bei der eingetragenen Lebensgemeinschaft.
Jetzt dürfen homosexuelle Ehepaare auch Kinder adoptieren und aufziehen.
Homosexuelle Paare ziehen schon seit Jahren Kinder groß, also weiß ich nicht, was die Aufregung soll.
Ich glaube nicht, dass die Bedeutung des heutigen Tages in den rechtlichen Feinheiten begründet liegt, die Du beschreibst. Auch in den Bundestags-Reden kamen diese nicht vor.
Es geht darum, dass die Diskiminierung, also das Auf-Abstand-Halten, heute offiziell abgeschafft wurde, mit Brief und Siegel.
Darin liegt auch die Symbolkraft des Wortes „Ehe“. Es geht nur zweitrangig ums Heiraten. Erstrangig geht es um den gesellschaftlichen Stellenwert, den dieses Wort hat, und den eine „eingetragene Partnerschaft“ eben nicht hatte.
Deswegen war der katholische Flügel der CDU/CSU auch zu den allergrößten Zugeständnissen bereit (sogar die volle Adoption, obwohl es früher immer hieß: Denkt doch mal an die armen Kinder!), wenn es nur nicht „Ehe“ heißt: Macht, was Ihr wollt, aber nennt es nicht „Ehe“! Dahinter steckt die Idee, zur Not die rechtliche Gleichstellung akzeptieren zu müssen, aber nicht die menschliche. Aber eben diese menschliche Gleichstellung war das Ziel der Homosexuellen.