Dabei schicke voraus, dass die (vielen verschiedenen) Religionen bzw. Kirchen (und kirchlichen Institutionen) in der Vergangenheit viele grausige Dinge getan haben und heute noch viel Anlass für berechtigte Kritik besteht.
Gleichzeitig geht heute in vielen Fällen unter, dass auch viel positive Leistung von Menschen im Rahmen von kirchlichen Organisationen und Gemeinden geleistet wird. Sie sind dabei weder für die vergangenen, noch die aktuellen Grausamkeiten verantwortlich. Dazu die Fundstelle (zit nach Dierck Schaefers).
Der Holländer Jaap van Sar schreibt am Ende seiner empirischen Analyse: "Schlussendlich ging es nicht um Arbeitsstunden oder um Geld, sondern um das Engagement der Menschen in ihrem Lebensumfeld. Ihr Einsatz kommt aus dem Herzen."
Van Sar untersucht den „Social-return-on-investement“(SROI) entlang des Engagements in den protestantischen Gemeinden von Utrecht zu Beginn des Jahres 2004. Was wird jeweils getan, wie viele Personen sind beteiligt, mit welchem Stundenaufwand im Jahr? Für jede Aktivität wurde ein Preis angesetzt, der dem der Tätigkeiten der staatlichen Einrichtungen für häusliche Pflege entspricht.
Nach dieser Studie haben die Hauptamtlichen und Freiwilligen der beteiligten Gemeinden und kirchlichen Einrichtungen in Utrecht einen Leistungsumfang erbracht, für den 258 Vollzeitstellen anzurechnen sind. Da in der Studie nur Tätigkeiten gewertet wurden, die sonst von anderen Einrichtungen der Gesellschaft hätten erbracht werden müssen, geht man nur von 136 Vollzeitstellen aus, die auf das Jahr gerechnet einem Wert in Höhe von 8.250.00 EUR entsprechen. Für diese Leistung hat die Protestantische Kirche in Utrecht deutlich weniger aufgewendet, nämlich 3.700.00 EUR. (Die Anrechnung aller 258 Vollzeitstellen würde fast 16.000.000 EUR ergeben.).
Staatliche Stellen waren durch die Unterstützung ausgewählter Aufgaben und durch ihren Beitrag zur Erhaltung kirchlicher Gebäude finanziell beteiligt. Die Studie belegt, dass der Staat bzw. die Gesellschaft dafür einen ansehnlichen Gegenwert erhielt. Es wurde auch deutlich, dass die Mitglieder der Protestantischen Kirche in Utrecht sich nicht nur in kirchlichen oder kirchennahen Organisationen engagieren, sondern aus ihrem Selbstverständnis heraus auch ehrenamtlich in anderen Zusammenhängen. Soweit die Studie. Ähnliche Untersuchungen gibt es für Apeldorn und Zürich.
Die Studie belegt, dass der Staat bzw. die Gesellschaft dafür einen ansehnlichen Gegenwert erhielt.
Das ist sehr begrüßenswert. Danke für das ausführliche Posting.
Wie könnte man das weiter verbessern? Beispielsweise, indem der Gegenwert nicht nur "ansehnlich" wäre, sondern die Investition übersteigen würde.
Denn im Moment scheint es mir so, dass der Staat mit den Kirchen ein großes Verlustgeschäft macht, selbst eingedenk der ehrenamtlichen Tätigkeiten (die sicherlich gut sind). Gibt es dazu eigentlich konkrete Zahlen, mit der man eine solche Gesamtbilanz schätzen könnte? Ich kenne ansonsten nur die Aufstellungen über die erstaunlichen Milliardenvermögen diverser Bistümer, als es im Rahmen der Tebarz-van-Elst-Berichterstattung aufgedeckt wurde. Mir sind solche Reichtümer bei nicht-christlichen Trägern ehrenamtlicher Tätigkeiten nicht bekannt.
Als Vorbild für weitere Verbesserungen könnten die vielen nicht-kirchlichen Ehrenamtlichen dienen, die nicht mit einer staatliche Gegenleistung in Form von Bischofsgehältern und goldverzierten Kirchenorgeln verknüpft sind, sondern die einfach eine gemeinnützige Arbeit verrichten.
Eine Sache fand ich noch interessant:
Zitat:
Zitat von zappa
Sie sind dabei weder für die vergangenen, noch die aktuellen Grausamkeiten verantwortlich.
Gibt es aktuelle Grausamkeiten? Jedenfalls, wenn die Kirchenmitglieder davon wissen und die für diese Grausamkeiten verantwortlichen Kirchenfürsten nicht aus ihren Ämtern jagen, oder zumindest ihre Stimme erheben, sind sie durchaus verantwortlich.
Wurden in der Studie denn auch die nicht-christlichen Ehrenamtlichen untersucht? Falls nicht, könnte man den Verdacht hegen, dass die Studie in einer bestimmten Absicht verfasst wurde. Genährt wird dieser Verdacht auch durch schmalzige Formulierungen wie "Ihr Einsatz kommt aus dem Herzen", und dem Ausruf "Von ganzem Herzen!" auf jeder Seite, was für eine wissenschaftliche Studie ungewöhnlich ist.
Es wäre ja wahnsinnig witzig, wenn im Verlauf der Debatte herauskommen würde, dass Finanzier und Auftraggeber für diese Studie tatsächlich die Kirche selbst wäre, etwa die "Evangelische Kirche der Niederlande". Oder dass die Studie nichts weiter tat, als 33 Kirchen-Angestellte zu befragen, und zwar in "Interviews". Das wäre schon sehr komisch.
Oder falls man herausfände, dass eine konkrete Botschaft verbreitet werden sollte. Hier die Einleitung: "Der Grund für diese Studie ist die Feier zur Vereinigung der drei Kirchen am offiziellen Kirchentag in Utrecht am 12. Juni 2004. Der Hintergrund ist, dass es wichtig ist, zu zeigen, was in den vielen Ortskirchen der evangelischen Gemeinden geschieht."
"Das Bundesverfassungsgericht hat das strikte Verbot von Tanz und Unterhaltungsveranstaltungen am Karfreitag in Bayern gekippt. Die Karlsruher Richter gaben einer Verfassungsbeschwerde des Bundes für Geistesfreiheit statt."
»Es sei zwar grundsätzlich gerechtfertigt, für bestimmte, auch christliche Feiertage einen „qualifizierten Ruheschutz“ zu schaffen, heißt es in dem Beschluss. Gar keine Ausnahmen zuzulassen sei aber mit der Weltanschauungs- und Versammlungsfreiheit unvereinbar.«
»Die Entscheidung bedeutet nicht, dass in Zukunft an Karfreitag jede Party stattfinden darf. Übliche Tanz- und Unterhaltungsveranstaltungen in Gaststätten oder Diskotheken bleiben an Karfreitagen in Bayern weiter verboten.«
»Ein Verbot jedenfalls von (nicht nach außen störenden) Veranstaltungen in geschlossenen Räumen, wie etwa der Vorführung des Filmes "Das Leben des Brian" an einem Stillen Feiertag, wie aber auch von anderen Feiern, dürfte damit für die Zukunft erledigt sein.«
Das ist in meinen Augen ein Urteil, mit dem die Katholiken Bayerns gut werden leben können. Es ist ohnehin schwer zu verstehen, warum sie ihre religiösen Bräuche auch andersgläubigen Menschen vorschreiben dürfen, und zwar per Gesetz. Wenn man sich die zahlenmäßige Entwicklung der Konfessionen in ganz Deutschland anschaut (Wikipedia), scheint es nur eine Frage der Zeit zu sein, wann weitere Privilegien hinterfragt werden müssen.
Disclaimer: Ich habe nichts gegen religiöse Bräuche jedweder Art, solange sie sich nicht über die Rechte anderer hinwegsetzen. Die Motivation der Katholiken im vorliegenden Fall ist mir ehrlicherweise nicht ganz klar. Sie haben doch genug damit zu tun, selbst nach den Geboten ihres Gottes zu leben. Ich kenne niemanden, der von sich sagen könnte, er lebte nach den Geboten seines Gottes. Warum es dann von anderen verlangen?