Keine Zahlen, keine Grafiken - Nur Gedanken...
Mein erstes DNF(did not finish). Vorher habe ich mich immer gefragt warum legen alle dermaßen viel Wert darauf zwingend zu finishen. Ich habe immer gesagt wenn es nicht geht höre ich einfach auf. Ist doch nicht so schlimm. Ich habe eine Verantwortung meinen Jungs, meiner Freundin und letztlich auch mir selbst gegenüber. Als ich dann aber mit meinem unbenutzten roten Laufbeutel zurück durch die Hintertür in den Zielbereich gegangen bin spürte ich dann doch wie groß die Enttäuschung in mir sitzt. Kein Finshershirt über das ich immer gewitzelt habe: „damit kann man gut das Rad putzen“, und auch keine 368g schwere Medaille auf die mein Sohn wieder unglaublich stolz gewesen wäre, merke ich erst dann was sie wert sind wenn man sie mal nicht bekommt. Zu selbstverständlich ist mir das „Ankommen“ geworden.
2013 die Hawaiiquali zu verpassen weil ich am Ziel vorbei gerannt war hatte mich nicht annähernd so enttäuscht wie das DNF gestern. Ich kann gar nicht sagen was es genau ist was mich jetzt wurmt. Das mein Ziel unrealistisch bis utopisch war war mir vorher klar und somit war ich auch auf „nichterreichen“ eingestellt. Ich bin mit meiner Schwimmleistung recht zufrieden auch wenn ich gerne unter einer Stunde geblieben wäre. Auf dem Rad lief es dann wirklich gut und ich war trotz Hitze genau im Plan. Auch mein Puls war völlig OK bis dann 20km vor dem Ende zu lange kein Wasser mehr gereicht wurde. Innerhalb von Minuten war ich völlig dehydriert, konnte nicht mehr tief einatmen ohne zu husten und die Leistung ist massiv eingebrochen. Es wurmt mich vielleicht deswegen so stark weil ich bis dahin auf Platz 4 lag und ich nicht die Gelegenheit hatte meine Laufstärke zu zeigen die ich eigentlich auch bei Hitze noch gut liefern kann. Mein Platzierungsziel ist für einige Zeit doch in greifbarer Nähe gewesen.
Ich hatte in dieser Saison schon so einige Tiefpunkte durchlebt. Meine Fußverletzung gepaart mit vielen privaten anderen Terminen machten es mir sehr schwer überhaupt Motivation für mein ambitioniertes Ziel zu finden. Ein mit Krankheit abgebrochenes Trainingslager war ebenfalls nicht hilfreich. Oft kreisten Gedanken gar nicht erst zu starten. Aber einmal wollte ich noch Gas geben und zeigen was möglich ist, dann aber das Leben wieder deutlich entspannter angehen und nicht jede einzelne freie Minute des Tages mit Training zu verplanen.
Kurz nach dem Wettkampf geistern dann schon wieder die ersten Gedanken im Kopf wie und wo und ob ich denn nun doch noch irgendwo einen drauf setzen kann.
Nein, natürlich ist das keine Sucht... Nur noch einmal und dann ist aber wirklich gut...
WARUM? Wem willst du etwas beweisen? Warum so unfassbar viel Zeit, mentale Energie, körperliche Kraft und letztlich auch Geld investieren um in irgendeiner 3000 Zeilen langen Liste statt einer 9h09 eine 8h59 stehen zu haben.
Ab irgendeinem Level geht einfach der Spaß an der Sache verloren um man ist nur noch auf der Jagd nach neuen Rekorden. Der sogenannte Spirit geht verloren. Mittags mit Kollegen zum Spaß laufen statt ständig auf den Puls zu achten. Beim Schwimmen auch mal 10 Minuten am Beckenrand quatschen können auch wenn die 3500m dann nicht voll werden. Am Sonntag wieder in der Gruppe fahren auch wenn der Rhythmus nicht 100% passt.
Ich habe nicht mehr dann trainiert wenn ich Lust dazu hatte sondern dann wann es im Trainingsplan stand. Ganz zu schweigen von Freiräumen für all die anderen schönen Dinge im Leben neben dem Sport.
Ich werde wohl noch ein paar Tage brauchen um dem Sport wieder einen vernünftigen Stellenwert in meinem Leben zu geben. Kann sein das es vorgestern meine absolut letzte Langdistanz war - kann aber genauso gut sein das ich mich in zwei Wochen wieder für eine Langdistanz anmelde.
Erstmal mache ich eine Weile Urlaub vom Triathlon und trainiere nur noch nach Lust und Laune. Am Wochenende ist mir bewusst geworden wie viele diesen Sport nutzen um vor etwas davon zu laufen.
Ich möchte den Sport aber nutzen um zu mir zu finden und als Ausgleich.
An dieser Stelle 1000 Dank an alle die mich unfassbar gut unterstützt haben. Meiner Freundin, meinen Jungs, meinem Mastersupporter-Bruder und dem ganzen Rest der Family, Michelle, Ute, meinem Chef, meinen Kollegen, meinen Vereinsfreunden, dem TS-Forum und allen die ich vergessen habe! An euch hat’s nicht gelegen.
Aims - der vielleicht durch das DNF mehr für sein Leben dazu gelernt hat als durch einfache Zielerreichung.
... manche Dinge lassen sich eben nicht berechnen.
