Szenekenner
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2008: Alles Käse - und nicht nur sportlich läuft’s schlecht …
Eine kurze Erläuterung zu den immer wieder auftauchenden ominösen Hinweisen von „negativen Folgen“ oder „dunklen Wolken“:
Wir hatten 2005 unser wunderbares Haus an eine Anwältin verkauft - ein Haus, das 70 Jahre problemlos existieren konnte, ohne dass es je zu irgendwelchen Problemen gekommen wäre.
Doch die neue Eigentümerin wollte ein Haus mit dem Flair der 30er Jahre und dem Kellerstandard von heute.
Daher ließ sie den Keller komplett fließen, veränderte die Ab- und Zuflüsse, baute zwei Heizungen in den Keller ein etc. usw. - und schon nach wenigen Monaten (nach dem Winter) gab es Feuchtigkeitsprobleme im Keller, da Stampfbeton (so nannte man den Beton aus den 30ern) die Feuchtigkeit von außen nach innen zirkulieren lässt.
Wird dieser Prozess, der, wie gesagt, 70 Jahre problemlos funktioniert hat, unterbrochen, staut sich die Feuchtigkeit, schlägt sich an den Wänden nieder und es entsteht Schimmel.
Anstatt sich an einen Tisch zu setzen und die Sache vernünftig zu regeln, pochte sie auf komplette Rückabwicklung (das hatte bei ihr wohl vor allem familieninterne Gründe, wie wir später erfuhren) mit zusätzlichen, nicht nachvollziehbaren Schadenersatzforderungen.
Der erste Prozess beim Landgericht im Sommer 2007 ging wie erwartet zu unseren Gunsten aus, daher konnte ich dann auch beruhigt nach Florida fliegen.
Doch die Gegnerin schlug zurück, ging in Revision, beschaffte sich einen „skrupellosen“ Anwalt, der kein Spezialist für Immobilien-, sondern für Strafrecht war und die schlimmsten zweieinhalb Jahre unseres Lebens sollten beginnen (zur Erläuterung von „skrupellos“: aus professioneller Sicht hat er einen perfekten Job gemacht, ich habe ihn sogar Jahre später in einer anderen Angelegenheit um Rat gefragt - aber als Gegner wusste er alle Register zu ziehen).
Wie hier manipuliert und betrogen, Recht gebeugt wurde und Seilschaften aktiviert wurden, war für uns und leider auch für unseren Anwalt, einen älteren, sehr braven Herr, der sich überhaupt nicht vorstellen konnte, dass jemand seines Standes zu so etwas fähig wäre, ein Schock.
So fegte gefühlt nahezu wöchentlich Anklageschrift nach Anklageschrift ins Haus, wir trauten uns schon gar nicht mehr, an den Briefkasten zu gehen.
In der Zeit machte ich mich ganz klein auf unserem Sofa und saß da wie der Hase vor der Schlange.
Leider sind dabei einige persönliche Kontakte und Freundschaften kaputt gegangen, denn ich hatte nun mal nichts zu erzählen, außer unserem Prozess - doch darüber wollte ich nicht dauernd reden, es genügte, dass ich quasi täglich mit unserem Anwalt konferieren musste. In dieser Zeit war ich nicht mehr der Starke, da hätte ich mal zur Abwechslung Support gebraucht und damit konnten anscheinend einige aus meiner Umgebung nicht umgehen.
DAS war der Hintergrund, vor dem ich 2008 aufgrund eines „Versprechens“ an einen Freund, mich auf Nizza vorbereitete - doch diese gestaltete sich vor allem mental schwierig, denn Sport genoss zu der Zeit keine größere Priorität.
Erwähnenswert sind noch zwei Ereignisse im Mai 2008:
Mitte Mai probierte ich das erste Mal diese seltsamen Intervalle eines Herrn Tabata aus, also acht mal 20 Sekunden volle Kanne mit nur 10 Sekunden Pause - sehr interessant und vor allem ungewöhnlich anstrengend.
Eine Woche später traf ich mich mit den besten Radlern von triathlon-szene zum Mannschaftszeitfahren - wir fuhren am Samstag die Radstrecke ab, ich verkühlte mich erwartungsgemäß so dermaßen, dass ich zwei T-Shirts und das komplette Bett nass schwitzte und am nächsten Tag schon nach 100 Metern aufgeben musste.
Zum Glück waren die Jungs um Nopogobiker und Hazelman so stark, dass sie auch mit einem Mann weniger ganz weit vorfuhren (weiß leider die Platzierung nicht mehr).
Mitte Juni fuhren wir dann nach Nizza, waren ganz begeistert von der Anmut, mit der Frauen jeden Alters durch die Strassen Nizzas flanierten, radelten ein bisschen auf der Radstrecke herum (nur ein paar KM) - und ich war sehr gespannt, ob ich überhaupt durchkommen würde.
Wie üblich, wollte ich mir für das Abendbrot etwas Fetthaltiges kaufen, z. B. Quark mit Mascarpone o. ä., doch das gab es so nicht, also kaufte ich eine Packung Camembert mit Weißbrot, legte mich um zehn, halb elf ins Bett und stand das erste Mal um halb zwölf auf = Klo. Dort blieb ich quasi ohne Unterbrechung bis zwei oder drei Uhr nachts, schlief beschi**ene zwei oder drei Stunden und fühlte mich viel zu schwach für eine LD.
Doch Martin meinte, dass könne nicht mein Ernst sein, ich solle wenigstens starten, vielleicht ginge es ja besser, na gut, mit einem Stück Weißbrot im Bauch schlug ich mich in 1.00.43 durchs Mittelmeer, wo mir so schlecht wurde, dass ich mich in der Wechselzone erst mal hinsetzen und ausruhen musste. 16 Minuten überlegte ich, was nun, entschied, es mit TUC (die hatte ich aus irgendeiner Vorsehung heraus aus D-Land mitgebracht) und Cola zu probieren, denn vom Isozeugs ging kein Tropfen rein.
Die Radstrecke von Nizza ist wirklich wunderschön (ich werde dort noch mal hinmüssen), aber in dem Zustand hat es halt doch 5.19 gedauert, bis ich wieder zurück war.
Da ich beim Radeln Martin überholt hatte (dem es kollegialerweise auch nicht gut ging), setzte ich mich in die Wechselzone, wartete auf ihn und schaute mir dabei das Treiben der Leute an.
Ich hatte so etwas ja noch nie von der Außenperspektive gesehen und war begeistert, wie völlig unterschiedlich die Athleten reinkommen, sich in der Wechselzone verhalten und zum Laufen gehen.
Inzwischen war auch Martin eingetrudelt und wir genossen gemeinsam das Schauspiel.
Nach einer Stunde, zwölf Minuten und siebenundvierzig Sekunden Wechselzeit beschloss ich, wenigstens eine Runde zu laufen, um das Boulevard-Feeling zu spüren; die ersten 5km waren auch noch ganz ok, aber auf dem Rückweg war ich froh, dass an dem Tag schon nach 10,5km Schluss war.
Mein drittes DNF auf der LD, von zwei WKs in 2008 keinen gefinisht und zu einem erst gar nicht hingefahren, weil es mir nicht gut ging (MD Erlangen) - wenn es eines Beweises bedurft hätte, zu zeigen, wie wichtig die Psyche für den Mensch ist: das Jahr 2008 als Tiefpunkt meines Sportlerlebens hätte dafür perfektes Anschauungsmaterial geliefert.
Doch während die Haussache im Herbst immer weiter eskalierte, öffnete sich sportlich eine Tür zu einer „ganz neuen“ Sichtweise, die vieles von dem, was ich am eigenen Körper gespürt hatte, widerspiegelte und vor allem meine Zweifel an der damals tradierten bzw. aktuellen Trainingsmethodiken für NICHT-Profis bestätigte.
Die Rede ist von Crossfit - und mein Dank geht dabei an Dirk/Mauna Kea, der damals unermüdlich Materialien, Daten, Übungen recherchierte und mit dem gemeinsam ich viel Prügel in diesem Forum einstecken musste. Viele witterten nur einen neuen, sinnlosen Trend aus Amiland, andere höhnten, mit „short cuts“ könne man sich nicht durchmogeln und wieder andere zitierten Lehrmeinungen/Studien, deren Grundlagen aus vergangenen Jahrzehnten stammten.
Für mich hingegen entsprach die Mischung aus knüppelharten Bodyweightübungen und ultrakurzen Intervallen genau dem, was ich brauchte:
Denn ich bin sowohl Ausdauer- als auch Kraftmensch - und diese Verbindung von Ausdauer und Kraft faszinierte mich von Beginn an.
Und sollte dafür sorgen, dass 2009 wieder ein sportlich gutes Jahr wurde.
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