Abgesehen von den Lexikon-Definitionen ist Integration für mich, wenn man vom eigenen Gefühl her wie auch von dem Empfinden der Umgebung her "dazugehört". Daher sehe ich Integration nicht ohne Anpassung möglich. Anpassung ist nicht Assimilation, also nicht perfekte Angleichung.
Ich verstehe nicht, wie die Ausgliederung einer Kindergruppe aus der Schule am Samstag die Integration fördert. Integration ist, wenn in der Schule alle zusammen sind, und jeder am Nachmittag seiner religiösen Sonderveranstaltung nachgeht. Noch besser wäre es, wenn sie sich gegenseitig bei diesen Veranstaltungen besuchen.
Ich habe einen geistig behinderten Sohn, an dessen Erfahrungen ich gut erlebe, was gelungene Integration sein kann, und was nicht. Es hilft nie, das Anders-sein zu stark zu betonen, wenn man dazu gehören will - auch wenn man immer dazu stehen soll.
Ich denke, wer während meiner Schulzeit die Synagoge am Samstagmorgen besuchte, tat dies nicht, um ein Anders-Sein zu betonen, sondern wegen des Sabbatgebotes und um gemeinsam mit der Gemeinde den jüdischen Gottesdienst zu besuchen an ihrem Feiertag. Für praktizierende Gläubige scheint es mir oft ein existenzielles Anliegen zu sein, das Sabbatgebot einzuhalten. Daraus, aus der offiziellen Unterrichtsbefreiung wegen des Sabbats, ergaben sich automatisch Fragen von andersgläubigen Mitschülern und für das Judentum, spez. auch die Bedeutung des Sabbatgebotes und anderer Gebote in Religionen, ein Interesse, das sich sonst sicher nicht so eingestellt hätte. Den jüdischen Mitschülern / Familien wurde dadurch vermittelt, ihr gehört mit eurer Religon, dem Judentum, dazu, indem sich auch die Schulorganisation darauf einstellte (z.B. keine Prüfungsarbeiten am Samstag). So sähe IMHO die praktizierte Integration einer Minderheit aus. Anpassen muss sich die Minderheit sowieso, in sehr vielen alltäglichen Bereichen.
Alternative wie schon gesagt wäre gewesen: Besuch der jüdischen Separatschule.
Ich habe mal google gefragt, wie es sich mit der Sabbatbefreiung in DE verhält, und siehe da, auch zu meiner positiven Überraschung: Unterrichtsbefreiung an Samstagen.
Ganzkörperschleier würde ich nicht verbieten, außer an Schulen und anderen staatlichen Einrichtungen, die religionsfrei sein sollten. Kleidung sollte ansonsten Privatsache sein. Verbieten würde ich die religiös motivierte Forderung, dass Frauen komplett verschleiert zu sein haben. Kurz: Kein Verschleierungsverbot, aber auch keine Toleranz gegenüber einem Verschleierungsgebot.
Außerdem: Unbedingter Glaubensgehorsam ist in keinem Fall eine moralische Position. Ganz gleich, aus welcher Religion heraus er praktiziert wird. Nicht der Islam ist das eigentliche Problem, sondern das Prinzip des unbedingten Glaubens. Der Absolutheitsanspruch egal welcher Ideologie ist der Feind von Menschlichkeit und Frieden.
Ganzkörperschleier würde ich nicht verbieten, außer an Schulen und anderen staatlichen Einrichtungen, die religionsfrei sein sollten. Kleidung sollte ansonsten Privatsache sein. Verbieten würde ich die religiös motivierte Forderung, dass Frauen komplett verschleiert zu sein haben. Kurz: Kein Verschleierungsverbot, aber auch keine Toleranz gegenüber einem Verschleierungsgebot.
Für mich ist das ganz klar ein abwertendes Frauenbild. In Frankreich, Belgien und der Schweiz geht das ja auch nicht mehr. Ich habe heuer in Frankreich erlebt, als bei 35° eine Vollverschleierte mit ihrer halbverschleierten Tochter im Freibad ins Becken wollte (der Sohn und ihr Mann hatten nur eine schicke Badhose an). Da ging die Post ab....
...So sähe IMHO die praktizierte Integration einer Minderheit aus...
Schön, wenn es so reibungslos abläuft, allein mir fehlt der Glaube (und eine gewisse Erfarung als Minderheit sprictht auch dagegen), daß die Mehrheit immer so verständnisvoll und interessiert ist.
Dazu kommt sicher, daß mir jegliches Verständnis dafür fehlt, wenn religiöse Formalien so wichtig genommen werden. Ich hatte eine zutiefst gläubige Großtante, die ihr Leben als Diakonisse im dienste der Religion und der Mitmenschen verbracht hat. Sie hat mich gelehrt, daß wahrer Glaube sich nicht in der äußerlichen Befolgung von formalen Regeln zeigt, sondern einzig und allein darin, wie ich lebe und mit meinen Mitmenschen umgehe. Sie hat mir tiefen Respekt vor tiefer Religiosität beigebracht (auch wenn ich immer ein Ketzer blieb) - aber auch ewige Skepsis vor allen, die sich allzu starr an oberflächliche formale Gebote halten, wie Essens- oder Bekleidungsvorschriften. Übrigens, von ihr habe ich immer die besten Witze mit Gott und Jesus gehört - von dieser Form der Religiosität könnten viele gläubige Muslime sich eine Scheibe abschneiden, finde ich.
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“If everything's under control, you're going too slow.” (Mario Andretti)
Ganzkörperschleier würde ich nicht verbieten, außer an Schulen und anderen staatlichen Einrichtungen, die religionsfrei sein sollten. Kleidung sollte ansonsten Privatsache sein. ....
Grundsätzlich stimme ich zu: privat soll jede schwitzen, wie sie will. Aber: wir verändern unseren Sprachgebrauch (z.B. Roma statt Zigeuner) bloß weil ein Wort durch manche Leute in beleidigendem Sinne benutzt wurde; Aldi nimmt das ominöse Duschgel aus den Ragalen, etc.
Der Ganzkörperschleier und z.T. auch das Kopftuch werden von militanten Muslimen z.T. auch als Symbol benutzt für eine Stellung der Frau, die nicht unserem Wertesystem entspricht. Für viele in Europa wurde es zu einem negativen Symbol des Islam. Analog würde ich erwarten, daß in entsprechender Umgebung sensible Moslems schon allein deswegen sich von diesen Kleidungsstücken distanzieren - oder zumindest sich problemlos davon lösen, um nicht anzuecken. Das passiert aber äußerst selten. Ich frage mich, warum ich nicht auf der Benutzung der Worte Zigeuner und Neger als (in meiner Kindheit und für mich persönlich auf jeden Fall) wertfreie Begriffe bestehen soll, wenn andere sogar vor Gericht ziehen, um ihr Kopftuch nicht für ein paar Stunden (z.B. im Schuldienst) ausziehen zu müssen.
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“If everything's under control, you're going too slow.” (Mario Andretti)
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Dazu kommt sicher, daß mir jegliches Verständnis dafür fehlt, wenn religiöse Formalien so wichtig genommen werden. Ich hatte eine zutiefst gläubige Großtante, die ihr Leben als Diakonisse im dienste der Religion und der Mitmenschen verbracht hat. Sie hat mich gelehrt, daß wahrer Glaube sich nicht in der äußerlichen Befolgung von formalen Regeln zeigt, sondern einzig und allein darin, wie ich lebe und mit meinen Mitmenschen umgehe. Sie hat mir tiefen Respekt vor tiefer Religiosität beigebracht (auch wenn ich immer ein Ketzer blieb) - aber auch ewige Skepsis vor allen, die sich allzu starr an oberflächliche formale Gebote halten, wie Essens- oder Bekleidungsvorschriften. .....
Trug Deine Großtante keine Tracht und gab es Ordensregeln für das Tragen der Tracht? Die Diakonissen, welche ich kennen gelernt habe, sahen z.B. die Tracht nicht als religiöse Formalie an, selbst wenn sie nur bei bestimmten Anlässen getragen wurde. (Ist das Kopftuch bei Musliminnen nicht vergleichbar der Haube bei den Diakonissen?)
Und wie dachte sie über die Ehelosigkeit? Immerhin führte das Zölibat mal zur Reformation.