Zitat:
Zitat von Klugschnacker
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Weisbrands Argument vom imperialen Machtanspruch, der scheitern müsse, halte ich jedoch für einseitig und naiv. Warum steigen die USA denn in diesen Krieg ein, immerhin mit 30 Milliarden Euro, was die Hälfte des jährlichen russischen Wehretats ist? Um im Donbas die Demokratie zu sichern? Das ist doch lächerlich. Die USA verfolgen ihre eigene globale Machtpolitik. Ihnen geht es um Russland, nicht um die Ukraine. Seit dem Einstieg der USA geht es um globale Machtpolitik auf beiden Seiten der Frontlinie. ...
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Ich halte Weisbands Argument weder für einseitig noch naiv, sondern hoffnungsorientiert und zum Glück auch ein Stück weit realistisch.
Natürlich hast du recht, dass die USA ganz eigene Interessen verfolgen mit ihrer massiven Unterstützung der
Ukraine, die auch keineswegs deckungsgleich sind mit den Interessen der EU und der
Ukraine, wie man an den Diskussionen um das russische Energieembargo unschwer erkennen kann, mit dem sich Deutschland (neben Ungarn, Österreich und Rumänien) sehr schwer getan hat und beim Gas immer noch schwer tut.
Aber ist das so schlimm, wenn demokratische Staaten unterschiedliche Interessen verfolgen?
Die Schnittmenge der Gemeinsamkeiten von US-Interessen, EU-Interessen und den Interessen der
Ukraine ist beim jetzigen Angriff Russlands auf die
Ukraine auf jeden Fall riesig und das ist auch ein Grund, weshalb es im Handumdrehen schon kurz nach Beginn des Angriffs eine derartig große, konzertierte und auch durchaus wirksame gemeinsame Gegenreaktion von USA und EU zur humanitären, wirtschaftlichen und militärischen Unterstützung der
Ukraine gegeben hat. Nach der Krim-Anexion war die Schnittmenge nicht ansatzweise so groß (auch damals hätte die USA sowie die osteuropäischen NATO-Staaten gerne stärkere Sanktionen durchgesetzt, aber Europa war damals dagegen und das war rückblickend betrachtet ein schlimmer Fehler, der Putin überhaupt erst ermutigt hat, 8 Jahre später die gesamte
Ukraine anzugreifen.
Wenn es durch den Krieg gelingt, den russischen Vorrat an Präszisionsraketen, der jetzt schon nach nur zwei Monaten Krieg auf geschätzt 30% der Menge vor dem Angriff geschmolzen ist, weiter zu dezimieren (und die militärische Schwächung Russlands ist ja ein erklärtes Ziel der US-Unterstützung an die
Ukraine), dann profitiert davon vor allem auch die EU bzw. die an Russland grenzenden NATO-Staaten, die dann die eigenen Anstrengungen in kostspielige Raketen-Abwehrsysteme nicht so massiv betreiben müssen, wie wenn Russland weiterhin derartig viele Kurz- und Mittelstreckenraketen besitzt.
Wirksame Sanktionen können gleichzeitig flankierend dafür sorgen, dass die große russische Rüstungsindustrie, die verschossenen Raketen nicht in ausreichender Zahl nachproduzieren kann, denn Russland verfügt wie auch Deutschland über keine eigene Chip-Produktion und ist deshalb in diesem Bereich (zumindest für moderne Präzisionswaffen zwingend auf Importe angewiesen).