Hallo Leute,
es war eine unglaubliche Rückreise, die gestern Abend um ca. 19 Uhr mit etwa 15 minütiger Verspätung des ICs noch ganz harmlos begann und dann kurz vor Dortmund, genauer gesagt in Lünen, recht abrupt zunächst endete. Wir hielten an und es kam eine Durchsage, dass wir wegen eines Schadens am Triebwagen im Moment nicht weiter könnten.
Das dauerte eine ganze Weile und die ersten Leute im Zug drehten schon am Rad. So 'ne ältere Blonde keifte die ganze Zeit: "Ich fahre NIE MEHR mit der deutschen Bahn!" Sie hatte auf der Hinreise wohl auch Pech und stand irgendwo lange herum.
Dann war die Lok wieder OK, aber dieses tierische Gewitter brach los und es hieß, dass der gesamte Bahnverkehr in NRW aktuell zum Erliegen gekommen sei. Da war es ca. 21 Uhr oder so.
Wir hatten eigentlich noch Glück, denn unser Zug, zumindest der größte Teil des Zuges, war im Bahnhof von Lünen zum Stehen gekommen, so dass nach einiger Zeit die Türen zum Bahnsteig hin entriegelt wurden und man an die frische, aber warme Luft konnte.
Denn mittlerweile hatte der Zug nicht mehr genug Strom von der Oberleitung oder gar keinen, keine Ahnung, und so gab's keine Klimanalage mehr und bald streikten die Türen, die sich dann nur noch von außen öffnen ließen.
Ich saß mit meinem psychoanalytischen Fachbuch draußen, las, verstand kein Wort, war genervt von der Keiferin und anderen Idioten, z.B. der Frau mit "Flockie", einer kleinen, weißen Töle und einem zweiten, braunen, etwas größeren, aber total beschissenem Köter. Beide Hundeviecher hörten Null, was die Besitzerin aber nicht daran hinderte, ihnen die ganze Zeit in ohrenbetäubender Lautstärke Kommandos entgegen zu brüllen, was sie völlig unbeeindruckt an sich abperlen ließen. Grauenhaft!
Es zeichnete sich bald ab, dass es ein längerer, nein ein sehr langer Stopp hier in Lünen werden würde. Irgendwann gab's offenbar wieder Strom, die Klimaanlage ging wieder und die meisten versuchten zu schlafen. Mir und dem Liebsten gelang das einigermaßen und um ca. 4:30 Uhr wurde ich von einer Durchsage wach, dass man nun plane, in Schrittgeschwindigkeit auf dem Gegengleis zum Dortmunder HBF zu fahren. Dazu habe man sich eine schriftliche Genehmigung holen müssen. Wie wohl? Per Pony-Express oder wie?
Um 5:30 Uhr oder so waren wir dann in Dortmund, vielleicht war es auch schon 6 Uhr. Dort ging gar nix mehr. Der Bahnhof stand voller Züge. Björn versuchte, in den Regionalexpress nach Krefeld zu kommen, in der Hoffnung, der würde fahren und ihn zur Arbeit bringen, aber der kam gar nicht erst. Es fuhren nur wenige Züge und die alle in die andere Richtung. Richtung Bochum/Essen/Düsseldorf/Köln oder weiter südlich: Nix!
Um 8 Uhr rief ich in der Klinik an, erfuhr, dass der Patient, mit dem ich ein Infotermin im Münsterland gehabt hätte, sich für eine völlig unrealistische Alternativplanung und gegen das Wohnheim entschieden hat und hatte damit eine Sorge weniger. Ich sagte, dass ich nicht wisse, ob's heute noch was wird mit der Arbeit.
Es wurde nicht und so musste ich meine wertvollen Überstunden dafür einsetzen, um mir den Tag im und um den Dortmunder Bahnhof um die Ohren zu schlagen.
Wir beschlossen, unsere Sachen im Schließfach zu deponieren und erst mal shoppen zu gehen. Dummerweise war es da erst 9 Uhr und die Läden öffneten erst u 10 Uhr.
Dann aber waren wir erfolgreich und ich habe nun endlich neue Handtücher, ein Sweatshirt und eine kurze Hose, Björn zwei Hemden und eine Jeans.
Dann mit dem ganzen Krempel um 12 Uhr zurück zum Bahnhof in der Hoffnung, dass die Züge nun wieder fahren. Von wegen! Am Bahnhof tobte weiterhin das Chaos, keine Züge in NRW und jede Menge Leute am Rande des Wahnsinns. Dazwischen bewundernswert ruhige und freundliche Bahnangestellte, die die immer gleichen Auskünfte gaben.
Wir erfuhren, dass ein paar Busse über Bochum und Essen nach Duisburg fahren sollten und ergatterten (ich verkürze hier stark, kann nur sagen, dass das Indien-Training in Sachen Einstieg in hoch frequentierte öffentliche Verkehrsmittel sich definitiv bezahlt machte...

) einen letzten freien Platz im Bus. Der Busfahrer trompetete aber lauthals. er werde keinesfalls losfahren, wenn Fahrgäste im Gang stünden, das dürfe er nicht. Björn hatte den letzten Platz erwischt und ich stand am Ende des Busses, wo in der letzten Reihe Eltern mit ihrer ca. 5 jährigen Mini-Tochter saßen, die gerade dabei war, sich mit dem Gurt ihres Sitzes zu befassen. Die Mutter schlug vor, Therese ("Thereesiiiee") könne sich ja auf ihren Schoß setzten, was Thereesiiiee entrüstet ablehnte. Ich setzte mich auf den Boden vor sie und sagte zu Mutter und Tochter in spaßigem Tonfall, aber natürlich voller Ernst: "Ich bleib' hier erst mal auf dem Boden sitzen, aber wenn der Busfahrer damit ein Problem macht, steige ich bestimmt nicht aus, weil du nicht auf Mamas Schoß sitzen willst."
Der Mutter war das dann unangenehm, dass ich auf dem Boden saß und wartete die Reaktion des Busfahrers gar nicht ab (die vermutlich nicht gekommen wäre, denn auch andere saßen auf dem Boden und er fuhr los). Jedenfalls nahm sie Thereesiiiee auf den Schoß, die das mit umgehendem Gebrülle kommentierte.
Und sich dran hielt. Egal, wie sehr die Mutter und auch der extrem gelassene Vater ihr zu erklären versuchten, warum sie sich jetzt ausnahmsweise mal nicht den Platz aussuchen könne, sondern auf dem Schoß sitzen müsse, es half nichts und sie steigerte sich in nervtötendes Gebrülle hinein. Björn zückte Ohrstöpsel. Ich hatte keine.
Als die Mutter dann die Strategie änderte und in - wie ich finde, leicht zickigem, in meine Richtung gewandtem Tonfall - Thereesiiiee beteuerte, dass sie ja Recht habe und dass sie das beim nächsten Mal sicher nicht so machen würden, reichte es mir und ich hockte mich wieder auf den Boden, damit die Göre zu brüllen aufhört. Das war der nun deutlich zickigen Mutter aber auch nicht recht und sie "bat" mich in bestimmten Tonfall: "Es wäre mir sehr recht, wenn sie sich wieder auf den Platz setzten!" Ich sagte ihr dann, dass ich den dann aber auch nicht mehr räumen würde und dass es mich schon irritiere, dass sie mir eben unterschwellig vorgeworfen habe, ihrer Tochter den Platz weg genommen zu habe und ihr nun verbiete, sich hinzusetzen, obwohl es für mich kein Problem sei, auf dem Boden zu sitzen. Ich hätte eben nur ein Problem damit gehabt, wenn ich den Bus hätte verlassen müssen, weil so eine Viertelportion einen Platz beansprucht. (In Indien hätten sich da drei Leute hingesetzt!).
Wie dem auch sei. Erst Sekunden vor dem Ausstieg der Familie in Bochum beruhigte sich Thereesiiiee und ich war ein bisschen froh, als die Mutter eine andere Mitreisende in wieder zickigem Tonfall anpfiff, sie sollte doch mal BITTE SCHÖN erst mal sie und ihre Tochter aussteigen lassen, so dass ich mir jetzt einreden kann, dass es ihr und nicht mein Problem war.
Naja, der Rest der Fahrt verlief ereignislos in brütender Hitze in diesem Drecksbus und so waren wir dann um kurz vor 15 Uhr in Essen und konnten sogar ein Stückchen mit der U-Bahn fahren (Busse und Straßenbahnen fahren nicht und vor'm Taxi-Stand war eine Schlange von ca. 200 Menschen).
Dann noch das durch's Shopping in HH und Dortmund vergrößerte Gepäck durch die Hitze geschleppt und um 15:xx Uhr war ich endlich zu Hause. Schlappe 13 Stunden nach der geplanten Ankunft...
Viel schlimmer als meine Reiseerlebnisse, die beim Liebsten und mir immer wieder eher für Erheiterung als für Ärger sorgten, ist, dass 6 Menschen in NRW in dem Sturm ums Leben gekommen sind. Als wir mit dem Bus durch Dortmund, Bochum und vor allem Wattenscheid gefahren sind, haben wir die krassen Schäden gesehen.
Zu Hause angekommen, stellten wir fest, dass Björns Auto und Günni (meins) OK sind, aber die Vespa war umgekippt, aber zum Glück nur gegen einen Stromkasten und es scheint nichts Schlimmes passiert zu sein. Wäre auch doof, zwei Wochen vor der Italien-Reise.
Viele Grüße
J.