Dear all,
wie dem einen oder anderen vielleicht aufgefallen ist, habe ich mich in den letzten Wochen hier nicht mehr zu Wort gemeldet, was leider einen unerfreulichen Grund hat.
Ich wollte das von Anfang an hier thematisieren, obwohl es eine recht private Sache auf der anderen Seite ist, aber die gerade von Dude angestoßene Diskussion und der Todesfall von Roth zeigen, dass es eindiskussionswürdiges Thema in unserem Sport ist, über das sich jeder seine Gedanken machen sollte.
Am 18. Juni bin ich beim Großen Spreewaldmann gestartet, einer mittlerweile traditionsreichen Mitteldistanz im Süden Berlins, bei der auch die Berlin/Brandenburgische Meisterschaft ausgetragen wird, weshalb der Wettkampf auch gut besetzt ist. Bei guten Bedingungen lief der Wettkampf für mich im Bereich meiner Erwartungen und ich finishte nach 4.40h und fühlte mich zwar erschöpft, aber gut und füllte erst einmal meine Speicher mit Flüssigkeit und diversen Kleinigkeiten.
Leider änderte sich das nach ca. 2h schlagartig: nachdem ich 15m geeilt war hatte ich ein unbekanntes Gefühl im Bereich des gesamten Brustkorbs, das ich erstmal auf möglich Problem aus dem Rücken nach dem Radfahren schob und weiterging um unsere Sachen vor vermeintlichen Regen in Sicherheit zu bringen. Da der Druck im Brustbereich nicht wegging versuchte ich es mit hinlegen in verschiedenen Positionen, ohne Erfolg. Da mich dabei jemand sah, fragte er ob ich Hilfe bräuchte, was ich sicherheitshalber bejahte. Kurze Zeit später kam eine Ärztin, die glücklicherweise den Wettkampf begleitete.
Ich bekam eine Infusion und anhand der beschriebenen Probleme auch Heparin. Im vorhandenen Sankra wurde ein EKG gemacht, das erstmal gut aussah, aber aufgrund von nur drei Ableitungen nicht so aussagekräftig war, so dass ein richtiger Rettungswagen geholt wurde. Mir ging's etwas besser, aber die Ärztin, die als Oberärztin am Herzzentrum Cottbus arbeitet, wollte ein richtiges EKG, was dann erstmal auch ok war, aber um einen Infarkt auszuschließen wollte sie, dass die Blutwerte gescheckt werden. Also ab ins KH Lübben.
Dort waren die Werte erhöht, besonders die Creatinkinase und Troponin, Indikatoren für absterbende Muskelzellen. Daher wurde ich ins Herzzentrum nach Cottbus verlegt, wo ich im Herzkatheterlabor untersucht wurde und ein weitgehender Verschluß in der LAD Arterie festgestellt wurde und mit einem Stent behandelt wurde. Der Infarktverdacht hatte sich also bewahrheitet. Anscheinend hatte ich in der Arterie einen Plaque, der durch die sportliche Belastung aufgeplatzt war und zum Verschluß führte.
Das war natürlich ein erschütternder Verlauf eines Triathlons und ich brauche sicher noch einige Zeit, um das alles für mich zu verarbeiten, obwohl es die ersten Tage am schwierigsten war.
Ich versuche die Sache positiv zu sehen und bin sehr froh hier wieder zu posten, es hätte auch leicht anders ausgehen können. Zum Glück ist mein Herzmuskel wohl so gut wie unbeschadet aus dem Infarkt hervorgegangen und mein Belastungs EKG war bis 200W bei 130HF ohne Befund. Bin gestern 20k langsam Rad gefahren...
Natürlich fragt man sich dann: "Warum"? Meine Cholesterin Werte sind sehr gut, Blutdruck eher niedrig, keine Beschwerden diesbezüglich. Ok, in der Familien gibt es Altersbluthochdruck, irgendwann hatte ich auch mal Druck in der Herzgegend, aber nur punktuell und das kam wohl eher von Verspannungen im Rücken und vom vielen Sitzen. Die Chancen, dass man vorher bei mir was gefunden hätte waren wohl minimal, wenn überhaupt gegeben.
Begünstigend war sicher mentaler Stress, der im Rahmen meiner Geschäftsgründung in den letzten zwei Jahren vorhanden war. Ich hatte zwar nie das Gefühl, dass dieser unnormal oder negativ wäre und habe gemeint das alles gut im Griff zu haben. Mein Körper war anderer Meinung und läßt sich nicht so leicht hinters Licht führen.
Warum schriebe ich das jetzt hier? Weil ich denke, dass wir das relevant vorhandene Risiko, das unser Extremsport mit sich bringt, gerne ignorieren und denken: "was geht mich das an, ich bin fit und gut trainiert. Das passiert mir nicht!"
Wir verdrängen allzu leicht, dass wir an unsere Leistungsgrenze und manchmal darüber hinaus gehen, wenn wir uns überlegen, wie wir die körpereigenen Schutzmechanismen austricksen können. Gerade die langen Belastungen, sagen wir ab Mitteldistanz, sind für den Körper, auch wenn er gut trainiert ist, Extremstress der die Stoffwechselprozesse an seine Grenzen bringt, der Körper übersäuert sehr stark. Wenn man sich die angesprochenen CK und Troponin Werte nach solchen Wettkämpfen, schon nach einem Marathon, anschaut, sind diese sehr alarmierend.
Das Risiko beim Triathlon zu sterben würde ich, grob geschätzt, anhand der Wettkämpfe, die ich vor Augen habe, vielleicht 0,1 Promille und die Realität zeigt, dass es nicht nur die schlecht Trainierten und Einsteiger sind, die es treffen kann. Wenn die Chancen so gut beim Lotto wären würde ich jede Woche spielen. Man kann sicher mit Checks vorbeugen, aber das Risiko bleibt. Ich will hiermit niemanden beunruhigen oder den Spaß am Sport nehmen, nur dafür werben, sich über die Risiken des Sports bewußt zu sein und für sich zu entscheiden, wie man damit umgeht.
Ich habe für mich entschieden keine Wettkämpfe mehr zu bestreiten, bei denen ich ans Limit gehe. Vielleicht mache ich noch mal einen Triathlon, aber nur aus Spaß und nicht um irgendwelche Zeiten zu erreichen. Das ist schade, weil ich schon noch ein paar Ziele hatte und mir Wettkämpfe viel Spaß bereitet haben. Aber nach Kona kann ich auch mal zum Surfen fahren und das Leben hat so viele andere tolle Seiten, auf die ich nicht verzichten mag.
Noch eine bitte in eigener Sache: um wieder richtig fit zu werden empfehlen mir alle eine Auszeit zu nehmen: Kur bzw. Anschlußheilbehandlung sind die Schlagworte.
Damit habe ich mich anfangs etwas schwer getan, da ich es mir gegenwärtig eigentlich nicht leisten kann, meinen Weinladen zu schließen, der nach knapp zwei Jahren nun ganz gut läuft, aber in der Startphase nicht das Anlegen von Rücklagen zuließ bzw. das Einstellen von Angestellten. Mir geht es zwar wieder ganz gut, aber eine Pause ist für mich sicher sehr hilfreich und wichtig. Vielleicht könnt ihr mich ja ein wenig unterstützen und den ein oder anderen Wein oder Whisky bei mir bestellen und mir so die Pause erleichtern, einige zufriedene Triathlon-Szene Besteller gibt es schon....Arne, ich hoffe es ist ok, wenn ich den Link zu
www.vino-phil.de hier poste. Vielen Dank und alles Gute! Im Forum bleib ich natürlich...hehe!