Unser guter Bekannte, der heute zum fünften Mal den Marsch mitmacht, warnte vor diesem Anstieg, knapp 800 Höhenmeter auf 5 Km. "Schaut auf keinen Fall nach oben, nehmt Euch nur Kurve auf Kurve vor und fangt an zu zählen".
Ich denke mir, bergauf schreckt mich doch nicht, sehe hinauf und erblasse. "Ach, du grüne Neune" entfleucht mir. Der Leidensgenosse, den ich gerade überholte, stimmt mir zu.
Ich fühle mich kreislauf- und kräftemässig fit, doch irgendwann mag ich auch nicht mehr. Ich hoffe auf die Scharte, denke an Herzblatt, die hier auch noch hoch muss.
"Es geht nur noch bergab" ruft uns oben die Bergwacht zu.
Ich verkneife mir ein"das ist eigentlich ja noch schlimmer"

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Die ersten 200Hm bergab läuft es sich ohne Schotter noch ganz gut, dann wird es herb.
Steil, rutschig, meine Hände hat es neben den geprellten Knie am Ärgsten erwischt. Die Pflaster lösen sich, ausgerechnet mit ihnen muss ich ja schon die ganze Zeit meine Gehhilfen festklammern.
Die Minuten steigen auf 18-25 pro km. Ich versuche es mit Humor, scherze mit Entgegenkommenden, freue mich, als sich andere bedanken, wenn ich sie vorbeilasse, denke wie in Roth, besser gesagt, ich denke gar nichts mehr

, schalte ab, konzentiere mich auf den nächsten Schritt, jeden Höhenmeter bergab, weiter, immer weiter.
Ein wackliges Holzbrett über einen Bach nehme ich mit Anlauf, schwanke rüber, die Hoffnung steigt.
Irgendwann ist der heikelste Abstieg geschafft. Jetzt sind es "nur" noch 9 Kilometer auf vermutlich breiten, leicht fallenden Wegen, Autobahn.
Ja, hätte, hätte Fahrradkette, Körper will nicht mehr. Ich blicke irgendwann auf die Uhr, rechne hoch. Mein Traumziel SUB 10 ist sogar noch machbar. Ich trabe jetzt mit schwingenden Stöcken, gehe zwischendurch, reiße andere mit, wie ich mich auch mitreißen lasse.
Viele sehe ich an diesem Tag öfters. Den braungebrannten Älteren mit Kompressionssocken, das weißgekleidete Pärchen, die Ultramädels vom Rennsteig und viele mehr.
Außer den Schmerzen fühle ich mich gut, die Zuversicht wächst mit der Nähe des Ziels.
Schmerzfrei geht bei mir wohl nicht mehr. Egal, aber es geht noch
Das zählt. Der Kampfgeist erwacht. Ich nehme mir Zwischenziele, einen Kilometer laufen dann bleibe ich unter 9.40. Ich steigere mich in einen kleinen Rausch, die Euphorie kehrt zurück. Ich überhole, sammle ein, laufe urplötzlich unter 7, fast 6er Abschnitte, erreiche Pertisau, überquere Straßen, Autos warten, Passanten jubeln, ich fliege(innerlich) ins Ziel, hochzufriedene 9.27 Std.

(Platz 307 bei den Marschierern).
Auch Herzblatt finisht erfolgreich. Meine Knie sind zwar nach der langen Busfahrt vollens steif und ich holpere seitdem wie ein uralter Mann(also noch älter als ich es eh schon bin

), das Schreiben mit den jetzt ordentlich verbundenen Händen fällt auch nicht ganz so leicht, aber egal, wir haben es wieder einmal geschafft, gemeinsam

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