"Die Freiheit der Kirche ist das grundlegende Prinzip in den Beziehungen zwischen der Kirche und den öffentlichen Gewalten sowie der gesamten bürgerlichen Ordnung."
Dieser Anspruch, über dem Staat und über der gesamten Gesellschaft zu stehen, ist doch ziemlich identisch mit dem Anspruch des Islams (sofern man sich bei dieser Betrachtung auf die finstersten Ecken der islamischen Welt bezieht).
Es bedeutet, dass die Kirche keine Einschränkungen durch den Staat duldet.
Man stelle sich vor, es gäbe eine deutsche Partei, die derlei Unfug verfolgte. Oder eine islamische Gruppe in Deutschland, die so etwas in ihren Satzungen stehen hätte.
Zitat:
"ihre Aufgabe ist es, die Wahrheit (...) autoritativ zu erklären und zu bestätigen. (Quelle)
Bedeutet: Die Kirche denkt keineswegs an einen Dialog, weder mit den Bürgern, noch mit dem Staat, noch mit den Erkenntnissen der Wissenschaft. Sondern die Kirche hat die Autorität. Nur die Kirche weiß, was richtig ist. Es spielt keine Rolle, dass jede einzelne Wissenschaftsdisziplin den Behauptungen der Kirchen widerspricht. Die Kirche hat trotzdem recht. Es ist egal, welche Argumente vorgebracht werden. Das Ergebnis steht schon vorher fest. Die Kirche hat recht.
Meine Schlussfolgerung daraus ist, dass man sich mit diesen Leuten nicht einigen kann.
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Du siehst: Die Kirche glaubt tatsächlich, von Gott beauftragt zu sein. Sie legitimiert sich über einen universalen Wahrheitsanspruch. Die Toleranz ist reine Maskerade. Darum ist der oben verlinkte Text auch so elendig lang – ein Feuerwerk an Nebelkerzen.
Der Vatikan forderte damals von den Regierungen im Ostblock zentral die Religionsfreiheit ein, weshalb er selbst seine tausend Jahre alte Einstellung dazu formal in dem von KalleMalle zitiertem Konzilsbeschluss änderte, um nicht unglaubwürdig zu erscheinen.
Du schreibst, dass eine ernsthafte Kritik an Religionen sich nicht axiomatisch systemfremd annähern darf, sondern sich auf den Menschen beziehen und empirisch geprüft werden muss. Was bedeutet das konkret bzw. wie funktioniert das?
Ich würde mich der Frage anschließen. Außerdem ist mir nicht klar, inwiefern die Behauptung, es existiere ein Gott, der uns unsere Sünden vergeben will, überhaupt ein System von Axiomen darstellt.
Axiome müssen ein logisches System vollständig und widerspruchsfrei beschreiben. Davon kann bei der christlichen Gottesvorstellung aber keine Rede sein. Man denke nur an die Existenz des Teufels, zu dessen Bändigung Gott offenbar unsere Hilfe braucht (ausgerechnet!).
Auch das bis heute unlösbare Theodizeeproblem (warum lässt Gott das Leid auf der Welt zu?) spricht gegen den Rang der Gottesvorstellung als axiomatisches System.
Ist es nicht generell ein wenig überspannt, dass wir religiösen Mythen aus der Antike mit Quantenphysik, Erkenntnistheorie, Prädikatenlogik und formaler Axiomatik etc. zu Leibe rücken?
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Ist es nicht generell ein wenig überspannt, dass wir religiösen Mythen aus der Antike mit Quantenphysik, Erkenntnistheorie, Prädikatenlogik und formaler Axiomatik etc. zu Leibe rücken?
Für die materialistischen bz. physikalistischen Philosophen gibt es keinen Gott.
Ich fange mal mit Arnes Beitrag an. Zu wadens Frage schreibe ich dann morgen was. Hab wenig Zeit im Moment. Komme gerade vom Laufen, duschen, essen und dann Sohn vom Sport holen. Nur eins @waden: Ich schrieb nicht "muss" sondern "sollte".
Zitat:
Zitat von Klugschnacker
Axiome müssen ein logisches System vollständig und widerspruchsfrei beschreiben.
Das sind in vielerlei Hinsicht "alternative Fakten" .
Zunächst beschreiben Axiome kein System, sondern sind Grundlage für die Ableitung von Sätzen in dem System durch Regeln des Systems. Ein logische System wird also beschrieben durch Axiome und Regeln - durch ein sog. Kalkül.
Axiome sind in einem Kalkül, in Wissenschaften bzw. Theorien Grundsätze die weder begründet noch deduktiv abgeleitet werden.
Dann muss ein System weder vollständig noch widerspruchsfrei sein um Verwendung zu finden und schon gar nicht um aufgestellt zu werden. In der naturwissenschaftlichen Praxis ist das Gegenteil der Fall: Der Gödelsche Unvollständigkeitssatz (eigentlich sind es mehrere und der relevante für Folgendes ist der 2.) zeigt beweisbar, dass jedes hinreichend komplexe System entweder nicht vollständig oder nicht widerspruchsfrei ist. Auch die Zermelo-Fraenkel Mengenlehre mit Auswahlaxiom (ZFC) ist beweisbar nicht widerspruchsfrei. Auf ZFC basiert ein Großteil Mathematik. Problematisch ist es nicht, denn die empirische Erfahrung hat gezeigt, dass ZFC trotzdem ziemlich praktisch und gut ist. Soweit ich weiß sind trotzt der Widersprüchlichkeit in der Praxis noch keine Probleme aufgetreten.
Zitat:
Zitat von Klugschnacker
Ist es nicht generell ein wenig überspannt, dass wir religiösen Mythen aus der Antike mit Quantenphysik, Erkenntnistheorie, Prädikatenlogik und formaler Axiomatik etc. zu Leibe rücken?
Wenn man über Wahrheit und Beweisbarkeit etc spricht kommt man an den relevanten Grundlagen der Philosophie nicht vorbei. Es wird sonst recht ... naja ... "alternativ"
Ich sehe nicht, wozu dieser ganze Kauderwelsch notwenig ist.
Die Frage ist, ob man mit ausreichender Sicherheit beweisen kann, ob die Bibelgeschichten von Menschen erfunden und geschrieben wurden, oder ob sie vom "Heiligen Geist" verfasst/diktiert/inspiriert wurden.
Um die Frage zu beantworten, muss man nicht erst einen sehr weiten Umweg machen über die generelle Erkenntnisfähigkeit des Menschen. Sondern es reicht, wenn wir den Fälscher inflagranti erwischen.
Die verschiedenen Schriftfassungen und Vorlagen der Bibel sind ja bekannt. Wir wissen, welche Zwischenstufen sie hatten und wie nach und nach immer weitere Dinge hinzugefügt wurden. Wir kennen die verwendeten Motive aus anderen Religionen und wissen, wann sie wo in Mitteleuropa populär wurden. Wir können sehr genau verfolgen, wie sich dies in der Bibel niederschlägt. Wir wissen, in welchem Kloster eine Bibelstelle von den Mönchen verändert wurde, und welchen weiteren Weg sie danach nahm.
Manche Texte aus der Bibel stammen aus ägyptischen Liedersammlungen, andere aus babylonischen Sagen, teilweise wortwörtlich. Es ist nicht so, dass wir zu untersuchen hätten, ob sie möglicherweise vom Himmel gefallen wären und ob unsere Erkenntnisfähigkeit dazu ausreicht. Wir wissen, dass die Texte geklaut sind. Wir wissen, wer die Urfassung der Bibel zusammengestellt hat, wer die ersten Übersetzungen anfertigte, wie dadurch Fehler eingefügt wurden, was die Konzilien beschlossen, wer dort beteiligt war und welche Vorteile sie sich davon versprachen.
Wenn ich einen Dieb erwische, wie er die Finger in meiner Keksdose hat, dann fange ich doch nicht an, über Prädikatenlogik und Auswahlaxiome nachzudenken.
Ich sehe nicht, wie diese Komplexität das konkrete Problem der Glaubwürdigkeit der Bibel löst.
Ich sehe nicht, wozu dieser ganze Kauderwelsch notwenig ist.
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Wenn ich einen Dieb erwische, wie er die Finger in meiner Keksdose hat, dann fange ich doch nicht an, über Prädikatenlogik und Auswahlaxiome nachzudenken.