...Aus unserer dritten Position heraus können wir jedoch parallel darauf hinarbeiten, dass keine Soldaten mehr kommen, die sein Haus angreifen.
Und wie konkret machen wir das genau in diesem Konflikt mit den bekannten Rahmendbedingungen?
Eine Möglichkeit sind selbstverständlich die Sanktionen, die auf Schwächung der russischen Kriegswirtschaft zielen, aber leider nur sehr indirekt wirken.
Wie sorgen wir als Deutsche "aus unserer dritten Position heraus" dafür, dass Putin aufhört russische Soldaten zum Kämpfen in die Ukraine zu schicken?
"Es ist leicht, ein Pazifist zu sein, wenn dein Haus nicht von einer Granate getroffen wird. Wenn deine Frau nicht vergewaltigt oder dein Kind nicht ermordet wird. Und das passiert massenweise in der Ukraine. Und wenn du nicht einfach zusehen willst, dass sie auch zu deiner Familie kommen, dann musst du Widerstand leisten. Du machst alles dafür, damit das nicht passiert. Im Grunde ist das alles doch sehr einfach. Wie kann man da bloß Pazifist sein?"
"Was gibt es nach Butscha, Irpin und Mariupol noch zu verhandeln? Die Zeit für Verhandlungen ist vorbei. Wie sollen wir einen Friedensvertrag mit jemandem unterschreiben, der Zehntausende Menschen ermordet hat?"
Eigentlich lohnt sich das ganze Interview. Der Soldatenalltag wird anschaulich erklärt.
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OUTING: Ich trage Finisher-Shirts beim Training, auf der Arbeit, in der Disco, auf Pasta-Partys, im Urlaub und beim Einkaufen
Und wie konkret machen wir das genau in diesem Konflikt mit den bekannten Rahmendbedingungen?
Eine Möglichkeit sind selbstverständlich die Sanktionen, die auf Schwächung der russischen Kriegswirtschaft zielen, aber leider nur sehr indirekt wirken.
Wie sorgen wir als Deutsche "aus unserer dritten Position heraus" dafür, dass Putin aufhört russische Soldaten zum Kämpfen in die Ukraine zu schicken?
In dritter Position befinden sich alle Länder außer der angegriffenen Ukraine und dem Angreifer Russland. Deutschland gehört dazu, ist aber nur eine Stimme im Chor.
Ich möchte an dieser Stelle ungern meine Zeit damit verschwenden, näher zu skizzieren, wie ein Kompromiss aus meiner Sicht aussehen könnte. Ich denke, dass das niemanden interessiert, da es weit kompetentere Meinungen dazu gibt als meine. Daher nur in Umrissen:
Einen Kompromiss stelle ich mir vor wie einen Handel: Man gibt etwas und bekommt etwas dafür. Meine ersten Überlegungen gingen also in die Richtung, was die beteiligten Parteien gerne hätten. Was könnte man Russland anbieten, damit es auf einen Teil der eroberten Gebiete verzichtet? Was könnte man der Ukraine anbieten, das den Verlust von Territorium aufwiegt?
Russland hat seine Interessen im Bereich Öl, Gas und NATO-Osterweiterung. Die Ukraine hat Interesse an einer EU-Mitgliedschaft. Vielleicht könnte man hier diplomatisch ansetzen.
Falls sich dieser Zweig als unfruchtbar erweist, könnte man die Interessen Chinas nutzen. Wenn es gelänge, China in die Verhandlungen um einen Frieden einzubeziehen, wäre das ein sehr starker Verbündeter. Die Frage lautet auch hier, was können wir Europäer China anbieten, um dessen Einfluss zugunsten von Friedensverhandlungen zu verstärken? Mit anderen Worten: Wir reden vielleicht besser mit China als mit Putin.
Ob bei solchen politischen oder diplomatischen Bemühungen etwas herauskommt, ist ungewiss. Im Moment stehen die Chancen dafür zweifellos schlecht.
Was könnte man Russland anbieten, damit es auf einen Teil der eroberten Gebiete verzichtet? Was könnte man der Ukraine anbieten, das den Verlust von Territorium aufwiegt?
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Nur zwei Gedanken dazu:
erstens weiss kein Mensch was Putin wirklich will, da er in seiner alten Methode des Täuschens niemals seine Gedanken offen legt
zweitens, die Ukraine verliert nicht nur ein paar Quadratkilometer Land, sondern viele Städte und die Volkswirtschaft sind zerstört, dazu zig-tausend Todesopfer. Wie kann man das der Ukraine kompensieren?
Ich war ja auch längere Zeit ein Befürworter einer diplomatischer Lösung und der Meinung der Westen solle die Ukraine nicht weiter mit Waffen beliefern. Dadurch, so dache ich könnte man zukünftiges Blutvergießen reduzieren.
Aktuell bin ich aber der Meinung, nur ein militärischer Sieg der Ukraine, durch massive Unterstützung des Westens ist die einzige akzeptable Lösung.
Kompromisse bringen doch nur dem Angreifer was. Er bekommt zumindest einen Teil dessen, was er anfänglich angestrebt hat. Einen Kompromiss, so lange die Ukraine kampffähig bleibt, halte ich für einen schlechte Witz. Du würdest doch auch nicht deinem Nachbarn, der anfängt ein Haus in deinem Garten zu bauen, mit einem Kompromiss entgegen kommen. Ok, du darfst dein Haus im Garten bauen, dafür möchte ich aber xy von dir.
Ich bin auch jederzeit bereit an dem sogenannten "Wohlstandsverlust" zu partipizieren.
...Was könnte man der Ukraine anbieten, das den Verlust von Territorium aufwiegt?
...
Der Terminus Territorium ist mir viel zu abstrakt: In allen seit dem 24.2. von Russland neu besetzten Gebieten leben Menschen. Ukrainer.
Ein (demokratischer) Staat kann niemals Handel mit seinen Bürgern als Verhandlungsmasse treiben und im Rahmen eines wie auch immer gearteten Kompromisses ein paar hunderttausend Menschen an Russland verkaufen, gerade auch weil sich damit für die Menschen in derartigen Gebieten nicht nur die Staatsbürgerschaft ändern würden, sondern sie ihre Freiheit und demokratischen Mitwirkungsrechte verlieren würden.
Die Krim und die prorussischen Separatistengebiete, also die Gebiete, die auch vor dem 24.2. russisch kontrolliert waren, spielen eine Sonderrolle und hier wären im Rahmen von Friedensverhandlungen auch vereinbarte überwachte, echte Referenden über deren zukünftige Zugehörigkeit ähnlich wie vor 70 Jahren beim Saarland möglich.
Was aber Mariopol, Kherson und die vielen von Russland überrollten und aktuell besetzten Kleinstädte angeht, sehe ich nur minimalen Verhandlungsspielraum für die Ukraine im derzeitigen Stadium des Krieges, solange Putin seine Truppen nicht zurückgezogen hat bzw. bereit ist dies zu tun.
Das muss man sich einfach sehr kleinteilig und konkret bewusst machen, bevor man an die Adresse der Ukrainer nebulöse Forderungen stellt bzw. Wünsche nach Verhandlungslösungen heranträgt.
Zitat:
Zitat von Klugschnacker
...könnte man die Interessen Chinas nutzen. Wenn es gelänge, China in die Verhandlungen um einen Frieden einzubeziehen, wäre das ein sehr starker Verbündeter. Die Frage lautet auch hier, was können wir Europäer China anbieten, um dessen Einfluss zugunsten von Friedensverhandlungen zu verstärken? Mit anderen Worten: Wir reden vielleicht besser mit China als mit Putin.
Hier gebe ich dir in vollem Umfang Recht (und habe ja auch schon v.a. zu Beginn des Krieges und auch jedes mal, wenn Russland versucht die Atomkarte zu spielen, mehrere Male auf die wichtige Rolle Chinas hingewiesen) , aber gehe gleichzeitig davon aus, dass dieser Hebel (genauso wie der Hebel hinsichtlich der Rolle Indiens), nämlich China als Mittler zu nehmen, dem Putin einfach zuhören muss, längst diplomatisch so gut wie es nur geht genutzt wird.
Gerade weil das Verhältnis Russlands zum Westen so zerrüttet ist wie seit den 60er Jahren nicht mehr und sich daran auch in absehbarer Zeit nichts wesentlich mehr ändern wird, kann es sich Putin uinter gar keinen Umständen leisten, China zu brüskieren oder sogar als zukünftigen Absatzmarkt für seine Rohstoffe zu verlieren.
zweitens, die Ukraine verliert nicht nur ein paar Quadratkilometer Land, sondern viele Städte und die Volkswirtschaft sind zerstört, dazu zig-tausend Todesopfer. Wie kann man das der Ukraine kompensieren?
Das kann man nicht kompensieren. Es ist aus meiner Sicht auch nicht das Ziel eines Kompromisses, bereits erlittene Schäden zu kompensieren. Diese würden auch bei einer militärischen Lösung nicht kompensiert, etwa, wenn es gelänge, die Russen hinter die Grenze zu drängen.
Ein Kompromiss könnte aber die zusätzliche Zerstörung von Städten und Dörfern verhindern.
Den Russen könnte man im Rahmen eines Kompromisses jene Gebiete anbieten, die sie nach gegenwärtigem Stand des Krieges ohnehin bereits haben. Diese Gebiete würden aber nicht komplett an Russland abgegeben, sondern mit dem Status eines eigenen Staatsgebietes, für den man wieder Kompromisse aushandeln kann: Vielleicht mit der Garantie freier Wahlen nach 10 Jahren. Vielleicht mit ukrainischer Währung. Je nach dem, wie weit man die Verhandlungen treiben kann.
Im Gegenzug wird man mit Putin über die NATO-Osterweiterung sprechen müssen. Zum Beispiel, dass diese und jene Länder nicht in die NATO eintreten, befristet auf soundsoviele Jahre. Im letzten Halbsatz steckt wieder ein Kompromiss.
Mein erster Reflex nach Kriegsbeginn war ja auch zu denken, dass man Putin mit den Separatistengebieten und evtl. noch einem Landzugang zur Krim von weiteren Kriegshandlungen abhalten kann. Aber kurz nach Kriegsbeginn sind ja dann Einmarschpläne aufgetaucht, wo bereits der Durchmarsch nach Moldawien verzeichnet war und erst kürzlich hat ein russischer Militär auch die Landbrücke nach Transnistrien als Minimalziel formuliert. Für mich ist das alles viel zu undurchsichtig, aber da ich eh nichts zu melden habe muss ich mir da auch keine Gedanken machen. Für mich steht an erster Stelle immer noch der Wille des betroffenen Volkes. Solange die Ukraine den richtigen Weg in der Verteidigung sieht, so lange sollten wir die Hilfeleistung nicht verweigern.