Mich hat eure Diskussion spontan ans Rudern erinnert.
Hier unterscheide ich die Phase des Gleitens, die mit dem eintauchen der ruderblaetter in eine bremsphase übergeht, bevor mit dem Ruderzug das Boot in die Beschleunigungsphase kommt.
dann wieder gleitphase, danach bremsphase, beschleunigen und so immer wieder weiter.
Das Prinzip ist das Gleiche. Dann wirst Du sicher bestätigen können, dass es nicht hilfreich ist, das Paddel im Wasser hängen zu lassen.
Sorry, das ist esotherisch. Das Wasser interessiert sich nicht dafür, welchen Stil Du schwimmst, ob Du Overglider oder sonstwas bist. Was sich bewegt, wird gebremst. Je schneller es sich bewegt und je mehr Fläche es bietet, desto mehr wird es gebremst. Da gibt es keine Diskussion, es sei denn, Du willst die Physik neu erfinden.
Bei dir gibt's soviel Widerstände, man dürfte eigentlich nur rückwärts schwimmen.
Wo kommt denn netto überhaupt Vortrieb her in deinem Modell?
Natürlich gibt es Widerstände, die wesentlichen hab ich in meinem vorherigen Post ja aufgelistet, Wasserreibung auf der Haut noch dazu. Der Armzug FÜR SICH aber erzeugt netto jedenfalls massiv Vortrieb. Wenn ich sage "kein/kaum Widerstand" Beziehe ich mich auf den Arm. Der Rest: Widerstand.
Zitat:
Zitat von schnodo
Das Prinzip ist das Gleiche. Dann wirst Du sicher bestätigen können, dass es nicht hilfreich ist, das Paddel im Wasser hängen zu lassen.
Das verstehe ich nicht. Beim Armzug wie ich ihn verstehe hängt zu keinem Zeitpunkt irgendwas im Wasser, Hand und Unterarm bewegen sich vortriebswirksam nach hinten von Anfang an. Dank des separaten Handgelenkabklappensnsogar besser als mit Unterarm/Hand zusammen. Theoretisch noch besser: Finger vor Handgelenk vor Unterarm.
Der grösste Unterschied zum Rudern:
die beiden Arme beim Schwimmen agieren um ca 180 Grad versetzt, die Ruderblätter immer nur bei 360Grad sozusagen. Der Vortrieb beim Schwimmen ist sehr viel kontinuierlicher als beim Rudern.
Im Moment wo das Blatt eintaucht gibt es etwas Widerstand, analog dem nach vorne gestreckten Arm beim Schwimmen.
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Grüße
Tri-K
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Geändert von tridinski (04.06.2022 um 23:02 Uhr).
Grund: Finger
Bei dir gibt's soviel Widerstände, man dürfte eigentlich nur rückwärts schwimmen.
Wo kommt denn netto überhaupt Vortrieb her in deinem Modell?
Es ist nicht mein Modell, sondern ich halte es für das allgemein akzeptierte, aber ich glaube Du hast den Kern erkannt: Es ist schwierig voranzukommen. Deswegen sieht man auch so viele ungeübte Schwimmer, die sich abschuften wie verrückt, fast auf der Stelle stehen und von dürren Kindern alle zwei Bahnen überholt werden.
Der Vortrieb kommt daher, dass das Wasser, dem der Schwimmstil egal ist, sich auch nicht darum kümmert, in welche Richtung die Bewegung erfolgt: Es ist immer dagegen. Genau das machen wir uns zunutze, indem wir nach vorne möglichst schmal bleiben und somit die Angriffsfläche verkleinern, aber nach hinten mit so viel Armfläche und so kräftig wir nur können drücken und schieben. Das Wasser findet das überhaupt nicht gut und erzeugt Widerstand, je mehr wir drücken, desto heftiger. Es ahnt aber nicht, dass es uns dadurch hilft, den Schub in der gewünschten Schwimmrichtung zu erzeugen. Der Schlüssel ist, dass die Armgeschwindigkeit größer ist als die Körpergeschwindigkeit. Wenn der Arm vorne ist, machen wir dann wieder gemütlich und das Wasser denkt, es ist alles paletti und weil wir immer langsamer werden, sinkt auch der Widerstand.
Bildinhalt: Hier kommt der Vortrieb her: Die Hand bewegt sich tatsächlich nach hinten
Das ist auch der einzige Grund warum Total Immersion funktioniert: Es ist ein kontinuierliches austrudeln lassen. Man setzt einen kurzen Impuls, dann passiert lange Zeit nichts. Dafür interessiert sich das Wasser nur wenig und lässt es geschehen. Man darf es halt bei dieser Art des Schwimmens nicht eilig haben.
Zitat:
Zitat von tridinski
Natürlich gibt es Widerstände, die wesentlichen hab ich in meinem vorherigen Post ja aufgelistet, Wasserreibung auf der Haut noch dazu. Der Armzug FÜR SICH aber erzeugt netto jedenfalls massiv Vortrieb. Wenn ich sage "kein/kaum Widerstand" Beziehe ich mich auf den Arm. Der Rest: Widerstand.
Was soll ich sagen? Der Arm erzeugt immer Widerstand. Wenn er vorne ist, in die Richtung, mit der wir nichts anfangen können und wenn wir ihn nach hinten drücken, in die Richtung, die uns gefällt. Was den Unterschied macht, ist die Beschleunigung.
Zitat:
Zitat von tridinski
Das verstehe ich nicht. Beim Armzug wie ich ihn verstehe hängt zu keinem Zeitpunkt irgendwas im Wasser, Hand und Unterarm bewegen sich vortriebswirksam nach hinten von Anfang an.
Das ist der Trugschluss. Vortriebswirksam wird es erst, wenn es sich absolut betrachtet nach hinten bewegt. Such Dir in dem von mir verlinkten Speedo-Schwimmvideo einen Punkt an der Leine aus. Erst wenn irgendein Körperteil sich bezogen auf diesen Punkt nach hinten bewegt, wird Vortrieb erzeugt. Alles andere bremst.
Komplett bei dir.
Außer vielleicht dass Widerstand bei mir der Böse ist der uns bremst und ich den Guten der uns Abdruck schenkt Vortrieb nenne, dann kann man das auch besser auseinanderhalten
Den Bezugspunkt an der Leine sehe ich auch so, schaue ich mir noch mal genau an
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Tri-K
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Ja, gerade weil ich das prinzipiell gleich und anschaulich finde, habe ich das gepostet.
Die Analogie ist eine sehr gute. Aber auch hier führt natürlich das Wort "verankern", das im Video genutzt wird, auf eine etwas falsche Fährte. Es ist vielleicht ein hilfreiches Bild für die eigene Bewegung, sich im Wasser verankern zu können. Allerdings hat es mit der Realität nicht viel zu tun und erzeugt eine falsche Sicherheit bezüglich der notwendigen Dynamik. Verankern ist etwas Statitisches. Man hat ein Objekt und daran befestigt man sich. Das Wasser hat aber keine Balken, es sei denn, man erschafft sie sich selbst. Ohne Bewegung nach hinten gibt es keine Bewegung nach vorne.
Noch weniger als das Paddel, das man im Wasser "verankert", bleibt die Hand an derselben Stelle, an der sie eingetaucht ist. Sie bewegt sich aber bis zum Handaustritt wieder dahin wo sie herkam, während der Körper nach vorne geschoben wird. Wenn man sich das nicht vor Augen führt, dann begreift man auch nicht, warum der Arm im Wasser beschleunigt werden muss, um Vortrieb zu erzeugen.
Exemplarisch habe ich das vor einiger Zeit mal Frame für Frame anhand einer Aufnahme beim Schmetterling-Schwimmen aufgezeigt. (Weil mich die irreführenden Darstellungen in der Fachliteratur, die oftmals dann auch noch genauso unkritisch wie schlecht voneinander (bzw. von Ernest Maglischo) abgemalt waren, zuerst irritiert und letztendlich geärgert haben.)
Die Armbewegung unter Wasser ist der beim Kraulen sehr ähnlich. Hier erkennt man auch ziemlich genau, wie lange die Arme bremsen und wann Vortrieb erzeugt wird, nämlich dann, wenn sich die Bewegungsrichtung der Arme bzw. näherungsweise der verorteten Hände von vorne nach hinten umkehrt.
Meine Sicht:
1 Arm wird über Wasser nach vorne geführt
2 Hand taucht ein
3 Arm wird Unterwasser gestreckt
4 Arm liegt im Wasser
5 Hand klappt ab
6 Unterarm wird angestellt
7 Zug mit ganzem Paddel
8 Druck mit ganzem Paddel
9 Druck mit kleiner werdendem Paddel/Unterarm geht in die horizontale
10 Abdruck mit Hand
Phasen 2,3,4 hab ich Widerstand (Phase 4 sollte dabei sehr sehr kurz sein)
Ich denke dass ich bereits Vortrieb generiere ab 5
Wird das durch deine Analyse gestützt oder ab wo kommt da netto Vortrieb raus?
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Tri-K
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5 Hand klappt ab
6 Unterarm wird angestellt
7 Zug mit ganzem Paddel
...
Ich denke dass ich bereits Vortrieb generiere ab 5
Wird das durch deine Analyse gestützt oder ab wo kommt da netto Vortrieb raus?
Ich denke, es ist viel später, also in der Gegend von 7. In der Schmetterling-Darstellung irgendwo auf Höhe der orangenen Punkte, und das ist schon fett in der Druckphase (aka power phase).
Bildinhalt: Vermuteter Beginn des effektiven Vortriebs
Was muss geschehen, damit Vortrieb entsteht? Der Wasserwiderstand des drückenden Armes nach hinten muss größer sein als der Wasserwiderstand des ganzen Systems nach vorne. D.h. es reicht nicht, wenn der Arm im Wasser keinen Widerstand bietet, was in etwa bedeutet, dass man den Arm mit der gleichen Geschwindigkeit nach hinten drückt mit der sich der Schwimmer nach vorne bewegt, sondern der Arm muss sich deutlich schneller nach hinten bewegen als sich der Schwimmer nach vorne bewegt. Da die Armbewegung nicht konstant ist, sondern beschleunigt, wird dieser "Kipppunkt" vergleichsweise spät erreicht. Wahrscheinlich kann man das sogar berechnen, nur ich kann es nicht.
Ich habe mir mal Florian Wellbrock im Flume angeschaut, in der Hoffnung, dass man da was erkennen kann, aber die Unterschiede der Kopfposition (an der man erkennt, ob er verlangsamt oder beschleunigt) in der Einstellung sind nicht besonders gut erkennbar, zumal er dann auch noch atmet. Vereinfacht gesagt würde ich vermuten, dass alles, was sich vor dem Kopf abspielt, den Schwimmer nicht voranbringt.
Bildinhalt: Kopfposition von Florian Wellbrock im Flume Channel
PS: Spannend ist die Stelle zwischen dem zweiten und dem dritten Frame, wo es so aussieht, als hätte der Kopf mindestens die Position gehalten oder könnte sogar etwas weiter vorne sein. Das kann ich mir nur dadurch erklären, dass Florian Wellbrock einerseits sehr früh, sehr hoch, sehr gut anstellt und somit auch der Arm früher schneller wird und er gleichzeitig mit dem linken Bein einen massiven Kick, den Hauptkick des Armzyklus, gesetzt hat. Bei einem Schwimmer seines Kalibers ist womöglich der Kick alleine an dieser Stelle vortriebswirksam.